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Fanfiction

Slytherin Hearts - Zukunft ist Vergangenheit und Gegenwart ist Fluch

von SaphiraMalfoy

Am nächsten Tag fühlte Saphira sich körperlich tatsächlich ziemlich angeschlagen, aber wegen einer kleinen Erkältung wollte sie nicht gleich zu Madam Pomfrey gehen. Sie mied grundsätzlich den übermäßigen Kontakt zu der Krankenschwester, um das Risiko zu minimieren, dass diese ihre Lügen durchschaute und sie womöglich wieder ins St. Mungo einwies.
Schon das schrille Klingeln ihres Weckers, das sie unsanft aus ihren Träumen von einer heilen Welt und hinein in die grausame Härte der Wirklichkeit riss, machte ihr deutlich, wie anstrengend der Tag werden würde. Hustend drehte sie sich auf die andere Seite und versuchte, noch ein paar Minuten vor sich hinzudösen, doch nun da sie wach war und ihr die unschönen Ereignisse der vergangenen Wochen wieder schmerzlich bewusst wurden, konnte die junge Hexe nicht mehr ruhig liegen bleiben. Zwar verspürte sie kein großes Verlangen danach, sich mit dem Trubel auseinander zu setzen, der jenseits der Vorhänge ihres Bettes auf sie wartete, doch alles erschien ihr besser, als hier in ihrem Kummer zu versinken.

Müde und mit geröteter Nase machte Saphira sich nach dem Frühstück, dem sie hauptsächlich beigewohnt hatte, um den schönen Schein zu wahren, gemeinsam mit Blaise, dem Einzigen, den sie noch an sich heran ließ, auf den Weg zum Klassenzimmer in den Kerkern. Der neue Lehrer hatte die Klasse bislang nur ein paar Tränke aus den vergangenen Jahren brauen lassen, mit denen er ihren Wissensstand überprüfen wollte, doch für den heutigen Tag hatte er ihnen, mit der Miene eines Weihnachtsmannes, eine besondere Überraschung angekündigt, für die Saphira sich in etwa so sehr begeistern konnte wie für ein Paar neuer Socken. Diese Nichtigkeiten waren ihr ungeheuer gleichgültig geworden und sie hatte Glück, dass Professor Slughorn kaum einen Hehl daraus machte, wer seine Lieblingsschüler waren, zu denen Saphira dank ihres Vaters auch zählte. Dadurch hatte sie zumindest einen kleinen Vorteil und er überraschte sie während des Unterrichts nicht mit lästigen Fragen, wie es manche Lehrer taten, denen auffiel, dass sie sich kaum noch konzentrierte.

Ohne Saphira auch nur eines Blickes zu würdigen, schritt Tracey an ihr und Blaise vorbei, gefolgt von ihrer guten Freundin Sophie Roper, einer Ravenclaw aus ihrem Jahrgang, die sich keine besondere Mühe machte, zu vertuschen, dass sie lesbisch war. Gekränkt beobachtete Saphira die beiden Mädchen, die sich prächtig miteinander zu amüsieren schienen und immer wieder tuschelnd und kichernd die Köpfe zusammen steckten. Mitansehen zu müssen, wie schnell Tracey sie ersetzt hatte und dass es ihr offensichtlich nicht das Geringste ausmachte, verletzte die junge Black mehr, als sie sich selbst eingestehen wollte. Zwar befand sie ihre Entscheidung, ein wenig auf Abstand zu gehen, noch immer für richtig, weil Tracey ihr emotional viel zu nahe war, ihren verzweifelten Versuch, die negativen Gefühle einfach auszublenden, zunichte machte, aber es kränkte Saphira, wie schnell ihre Freundin sie dieses Mal fallen gelassen hatte. Das war noch nie zuvor geschehen. Für gewöhnlich hatte Tracey immer vehement um ihre Freundschaft gekämpft; vermutlich war Saphira nun endgültig zu weit gegangen und hatte es für immer zerstört. Unglücklich ließ sie sich auf ihren Platz sinken und versuchte vergeblich, ihre Eifersucht auf Roper zu unterdrücken, während Slughorn der Klasse die Tränke vorstellte, die er in verschiedenen Kesseln in der Mitte des Raumes aufgebaut hatte. Dabei bekam er - wie könnte es auch anders sein - tatkräftige Unterstützung von Hermione Granger, die es sich nicht nehmen ließ, mal wieder die Streberin raushängen zu lassen und mit ihrem übermäßigen Wissen anzugeben.

Das war's dann also, dachte Saphira verbittert und verzog angewidert das Gesicht, als Roper ihren Kopf verträumt auf Traceys Schulter legte, während Slughorn den Deckel eines Kessels anhob, dessen angenehmer Duft sich augenblicklich im Raum verteilte. Für einige Sekunden schloss Saphira die Augen und ließ ihren Verstand von den Dämpfen umnebeln. Die Realität rückte in weite Ferne, nur noch ganz vage war sie sich des Kerkerraumes bewusst, in welchem sie sich befand. Stattdessen stahl sich ein kleines Lächeln auf ihre bleichen Züge, als die glücklichen Erinnerungen an längst vergangene Tage vor ihrem geistigen Auge aufblitzten, ehe sie zu Staub zerfielen.

Es ist ein unglaublich heißer Sommertag, den sie im letzten Jahr gemeinsam mit Draco am See verbringt, bis es plötzlich aus heiterem Himmel zu regnen anfängt. Ein richtiges Gewitter scheint im Anmarsch zu sein und die beiden Jugendlichen suchen eilig ihre Sachen zusammen, bevor sie Hand in Hand auf das Anwesen der Malfoys zu rennen. Ausgelassen lachend bleibt Draco auf halber Strecke stehen und zieht seine Freundin nahe an sich heran.
„Was zum Teufel soll das werden? Wir werden klitschnass!“, keucht Saphira und wischt sich die triefenden Haare aus dem Gesicht.
„Sind wir doch schon“, entgegnet Draco amüsiert und schließt die Kleinere fest in seine Arme. Aufgrund der absurden Situation nun auch kichernd, lässt Saphira sich darauf ein, schmiegt sich enger an ihn und erwidert seinen stürmischen Kuss. Der Geruch des kühlen Sommerregens, der auf die ausgedorrte Erde trifft und die schwüle Luft reinwäscht, weckt fortan stets die Assoziation an jenen romantischen Nachmittag in Saphira. Fast kann sie seine Lippen auf den ihren spüren, seine Hände, die überall zu sein scheinen. Das ohrenbetäubende Prasseln des Regens verschmilzt mit Dracos geflüsterten Liebesbekundungen und erfüllt sie mit dem Gefühl puren Glücks.

+

Sie sind fünfzehn und Saphira verbringt Weihnachten bei den Malfoys. Der süßliche Geruch nach Zimt und Bratäpfeln erfüllt das Manor, während Draco und Saphira unbeschwerte Abende vor dem Kamin verbringen. In eine Decke gekuschelt liegen sie auf dem Sofa, trinken Tee und unterhalten sich leise, während Dracos Eltern Besuch von seiner Tante Angelique und deren Ehemann Cornelius Fudge haben. In Anwesenheit der Erwachsenen tauschen sie nur schüchterne Berührungen, zaghafte Küsse und intensive Blicke aus, doch Saphira ist so glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben. Das Gefühl der Geborgenheit, welches sie bei den Malfoys schon immer empfunden hat, wächst in diesen Weihnachtsferien so stark an, dass Saphira glaubt, endlich irgendwo angekommen zu sein. So muss es sich anfühlen, wenn man einen Ort, nein, eher eine Familie sein Zuhause nennen kann.

+

Unzählige Tage und Nächte verbringen sie zusammen und es ist doch nicht genug, niemals ausreichend, um ihr unbändiges Verlangen nacheinander zu stillen.
„Ich liebe dich.“
Ständig gesagt und doch viel zu selten; leise ins Ohr geflüstert, wenn sie sich nahe sind; wütend in den Raum geworfen, wenn sie sich streiten; verzweifelt beteuert, weil diese Worte nicht ausreichend sind, um ihre Gefühle zu erklären, das stetige „Verlass mich nicht, ich brauche dich doch so sehr!“-Gefühl zu beschreiben, ohne sich dabei so dermaßen lächerlich auszudrücken.
Die Nase in seinem Haar vergraben schmiegt Saphira ihren nackten Oberkörper an den ihres Freundes, küsst begierig seinen Hals und wünscht sich, dieser Moment würde nie enden, ihre Beziehung könnte ewig halten-

-doch der perfekte Augenblick des Glücks dauerte nicht für immer an und ihre Beziehung hatte ein Ende gefunden. Jäh holte sie die Realität wieder ein und Saphira riss erschrocken die Augen auf, als sie Blaise` Hand an ihrer Taille spürte. Für den winzigen, wunderbaren Bruchteil einer Sekunde hatte sie die schrecklichen Ereignisse verdrängt und tatsächlich geglaubt, es wäre Draco, der sie gerade fest in seine Arme geschlossen hatte, doch die Wahrheit sah anders aus.
Nur verschwommen nahm sie die nervige Stimme Hermione Grangers wahr, die gerade berichtete, dass es sich bei dem Teufelszeug um einen Liebestrank handelte, dessen Duft durch den Kerker waberte und sämtliche Schüler in seinen Bann zog. Unsicher sah sie zu Blaise auf und vermied es von nun an entschieden, durch die Nase zu atmen, denn die lebhaften Phantasien, die dieser Trank in ihr auslöste, bohrten sich schmerzhaft in ihr Herz und drohten sie mit einer Welle der Trauer zu überschwemmen, in deren Flut sie zu ertrinken fürchtete. Keinen einzigen Atemzug durfte sie mehr nehmen, solange dieses Gebräu offen stand, sonst würde der süßliche Duft ihre Lungen wie Wasser füllen und sie erneut in den Strudel der Erinnerungen an ihre einst so glückliche Beziehung reißen. Natürlich war es der jungen Hexe nicht möglich, das Atmen gänzlich einzustellen, doch sich den Schal vor das Gesicht zu pressen half gewaltig, da sie nun kaum mehr etwas von dem verführerischen Geruch wahrnahm. Sie konnte es nicht zulassen, unter den neugierigen Blicken ihrer klatschsüchtigen Klassenkameraden zusammenzubrechen.

Im letzten Schuljahr hatte Saphira die leise Ahnung beschlichen, dass Blaise eventuell mehr für sie empfand, als ihm guttat, doch da sie nicht gewusst hatte, wie sie damit umgehen sollte, wurde dieser Umstand von ihr einfach ignoriert, in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins geschoben und nicht weiter beachtet. Sein klammernder Griff schien diese Vermutung nun zu bestätigen, aber seltsamerweise fixierte er jemanden, der einige Tische von ihnen entfernt saß. Saphira folgte seinem Blick in der Hoffnung, er würde nicht einfach nur Draco böse anstarren. Verwundert erkannte Saphira, dass es Tracey war, auf der seine Augen fest ruhten und ihre ehemals beste Freundin diesen Blick auch noch eisern erwiderte.
Verbittert biss die Schwarzhaarige die Zähne zusammen und fragte sich, weshalb die beiden Menschen, die sie momentan gleichermaßen verabscheute wie vermisste, ihre Aufmerksamkeit nicht einfach jemand anderem zuwenden konnten. Warum um alles in der Welt gaffte Zabini nicht Saphira an wie ein sabberndes Hündchen? Auf sie war er doch schon immer scharf gewesen und nun da sie und Malfoy nicht mehr zusammen waren... War es nicht das, wovon er immer geträumt hatte? Da war seine Chance! Sollte er sie doch endlich ergreifen, dieser elende Bastard. Aber der intensive Blickkontakt zwischen Tracey und Blaise brach nicht ab. In ihren Gesichtern regte sich nichts, sie blieben glatt und ausdruckslos, doch in ihrem Inneren verspürten sie die gleiche Sehnsucht.

„Amortentia erzeugt natürlich nicht wirklich Liebe. Es ist unmöglich, Liebe herzustellen oder nachzubilden. Nein, er verursacht nur starke Schwärmerei oder Besessenheit. Es ist der wohl gefährlichste und stärkste Zaubertrank in diesem Raum - oh ja*“, sagte Slughorn und bedachte den jungen Malfoy, der ein ungläubiges, hämisches Lachen vernehmen ließ, mit einem ernsten Blick.
„Dieser Blödsinn soll stärker sein als Veritaserum oder Vielsafttrank? Was kann es schon ausrichten? Überhaupt nichts! Das ist doch nur eine Spielerei für kleine Mädchen“, spottete er, doch seine Aussage verlor beträchtlich an Wirkung, wenn man sah, dass er den rechten Handrücken fest unter die eigene Nase gepresst hatte, um nicht in Versuchung zu geraten, dem betörenden Duft dieses Gebräus zu verfallen. Neben ihm stand Pansy, die mit ausdrucksloser Miene ins Leere blickte, scheinbar gar nicht mehr mitbekam, was um sie herum geschah.
„Wenn Sie so viel vom Leben gesehen haben wie ich, werden Sie die Macht besessener Liebe nicht unterschätzen...*“, erwiderte Slughorn weise und wandte sich nun wieder der gesamten Klasse zu.

Wie recht der Lehrer mit dieser Aussage behalten sollte, würde Draco Malfoy früher begreifen, als ihm lieb war.

Der kurze Anflug von Liebeskummer, den Draco in dieser Stunde verspürt hatte, war jedoch rasch verschwunden, denn endlich präsentierte Slughorn ihnen die unglaubliche Überraschung, die er seinen Schülern in der vergangenen Woche versprochen hatte. Derjenige, der den besten Trank ablieferte, erhielt am Ende der Stunde ein volles Fläschchen Felix Felicis, ein Gebräu, das einem ein paar Stunden schenkte, in denen einem jegliches Vorhaben mühelos gelang. Diese Worte klangen wie Musik in Dracos Ohren. Was konnte er sich Besseres wünschen? Das war doch exakt das, was er benötigte. Ein wenig Glück, das ihm auf die Sprünge half, und im Handumdrehen wäre Dumbledore Geschichte!
Verzweifelt hielt er sich strikt an die Anweisungen im Buch. Ein einziges Mal nur musste er besser sein als dieses Schlammblut und der Triumph wäre sein! Das anerkennende Nicken, welches Slughorn ihm im Vorübergehen zuwarf, stachelte ihn nur noch mehr an. Wie besessen achtete Draco peinlich genau darauf, keinen Fehler zu begehen und fauchte Pansy, die ihm eine Frage stellte, gereizt an, sie sollte die Klappe halten, er müsste sich konzentrieren.
Am Ende waren all seine Anstrengungen jedoch vergebens, denn unfassbarerweise war Potter seit Beginn des neuen Schuljahres offensichtlich ein Genie in diesem Fach. Irgendetwas stimmte da nicht, dessen war Draco sich absolut sicher. Auch Granger passte es ganz und gar nicht, dass dieser Troll plötzlich solch perfekte Zaubertränke ablieferte. Entweder mogelte er, oder Slughorn bevorzugte ihn schlicht und ergreifend. Das war einfach unglaublich! Er war so wütend über diese offensichtliche Schummelei, dass er sich nicht einmal an Grangers griesgrämiger Miene erfreuen konnte, die ebenfalls pikiert zu sein schien, dass Potter besser war als sie selbst.
Der Junge, der überlebt hat... Der Auserwählte... König der Schlammblüter und Blutsverräter! Widerwärtig.
Draco hing es zum Hals heraus und es kribbelte ihn in den Fingern, Potter eine erneute Abreibung zu verpassen. Scheinbar hatte er aus ihrer Begegnung im Hogwartsexpress rein gar nichts gelernt. Nur der Gedanke daran, dass er nach dem Triumph des Dunklen Lords endgültig als Sieger aus diesem kindischen Wetteifern hervorgehen würde, hielt ihn davon ab, Potter aufzulauern und ihn ein weiteres Mal zu demütigen.

Nach dem Unterricht und der schier endlosen Lobeshymne, die sie sich über Potters Braukünste hatten anhören müssen - die das Narbengesicht angeblich von seiner dreckigen Schlammblutmutter geerbt hatte - stopfte Draco sein Buch zornig in die Tasche, leerte seinen Kessel mittels eines Zaubers und wollte den Raum zusammen mit Pansy verlassen, als sein Blick auf den Vielsafttrank fiel und ihn eine wahrhaft geniale Idee durchzuckte. Was sich damit wohl alles anstellen ließe... Er könnte unauffällig Leute ausspionieren, oder Crabbe und Goyle könnten sich als jemand anderes tarnen, damit sie nicht so deutlich auf ihn hinwiesen, wenn er sie Wache stehen ließ. Er könnte sich sogar als Lehrer ausgeben und sich somit eventuell Zutritt zu Dumbledores Büro verschaffen. Anderseits bräuchte er dafür das Passwort... Dennoch waren die Möglichkeiten, welche sich ihm plötzlich boten, nahezu grenzenlos und er musste nur zuschlagen, die Gelegenheit war zum Greifen nahe, tanzte förmlich vor seiner Nase herum.
„Warte“, raunte er Pansy zu und zog sie am Arm zurück.
„Lass die anderen vorgehen und pass auf, dass mich niemand beobachtet“, flüsterte er.
„Warum? Was hast du vor?“, fragte sie, doch Draco schüttelte nur den Kopf und legte einen Finger an die Lippen.
„Das erkläre ich dir später“, sagte er schnell und beobachtete ungeduldig Ernie Macmillan, der noch am Verschluss seiner Tasche herum nestelte. Hufflepuffs waren eben in allem etwas langsamer...

Endlich war der Raum leer, bis auf Harry, der von Slughorn zurückgehalten worden war und nun von diesem zugeschleimt wurde. Das barg zwar ein Risiko, doch zumindest war der fette, alte Sack dadurch abgelenkt. Hastig griff Draco nach einem leeren Gefäß, das auf dem Lehrerpult stand, und befüllte es bis zum Rand mit dem dickflüssigen Zaubertrank. Unauffällig ließ er es in seine Tasche gleiten, schnappte sich Pansys Hand und verließ dann betont lässig den Raum. Im Vorübergehen heuchelte er noch freundlich: „Bis Übermorgen, Professor Slughorn.“


„Was hast du denn nun damit vor?“, hakte Pansy ungeduldig nach, als sie den Gemeinschaftsraum durchquerten und sich in den Schlafsaal der Jungen begaben, wo sie auf Crabbe und Goyle stießen.
„Gut, dass ihr hier seid“, stellte Draco fest und überging seine Freundin damit fürs Erste.
„Sonst noch jemand anwesend? Zabini? Nott?“, fragte er und sah sich um, aber Vincent schüttelte den Kopf.
„Theodore wollte mit Crouch in die Bibliothek gehen“, sagte Pansy. „Und Zabini habe ich eben noch mit Saphira rumturteln sehen.“
„Sehr gut.“ Dracos Gesicht nahm einen harten Ausdruck an und er musste sich arg zusammenreißen, um seine Eifersucht zu beschwichtigen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Eben deshalb hatte er sich schließlich von Saphira getrennt, um sich nicht von ihr ablenken zu lassen.
„Also, hört zu“, begann er und verriegelte vorsichtshalber die Türe, damit sie gewarnt sein würden, sollte einer der anderen Jungen plötzlich doch hier auftauchen.
„Wie ihr wisst, habe ich einen Auftrag zu erfüllen.“ Um seinen Worten Ausdruck zu verleihen, krempelte er mit bedeutungsschwerer Miene seine Ärmel hoch und entblößte damit das Dunkle Mal, welches tief in den linken Unterarm eingebrannt worden war.
„Ja, aber du willst uns nicht sagen, was genau du für den Dunklen Lord tun sollst!“, beschwerte sich Gregory und stemmte beleidigt die Arme in die Seiten.
„Ich kann es euch nicht sagen, verdammt nochmal. Ich musste schwören, darüber Stillschweigen zu bewahren.“ Eine gebieterische Aura umgab den blonden Magier, die seine Freunde zum Verstummen brachte.
„Es gibt etwas, das ich im siebten Stock erledigen muss, doch das Problem besteht darin, dass Potter diesen Ort ebenfalls kennt. Und ich gehe nur ungerne das Risiko ein, von ihm überrascht zu werden. Deswegen brauche ich euch beide“, er deutete auf Crabbe und Goyle, „als Wachen.“ Sie nickten ergeben.
„Leider seid ihr nicht besonders unauffällig und jeder, der nicht gerade auf den Kopf gefallen ist, wird ahnen, dass ich in der Nähe bin, wenn er euch sieht“, sprach Draco weiter und genoss die ehrfürchtigen Blicke, die Pansy ihm zuwarf. Saphira hatte ihn nie so angesehen, voller Bewunderung... Das kleine Biest hätte höchstens abfällig gelacht und ihn für größenwahnsinnig erklärt. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wozu er eigentlich fähig war, hatte ihn nie für voll genommen, doch sobald er mit Dumbledore fertig war, würde sie sich noch wundern.
„Und deswegen habe ich das hier besorgt.“ Grinsend griff er in seine Tasche und zog die gläserne Flasche mit der schlammfarbenen Flüssigkeit daraus hervor.
„Was ist das?“, wollte Vincent wissen und begutachtete das Gebräu misstrauisch.
„Vielsafttrank. Der verwandelt dich in jemand anderes“, erklärte Pansy und wandte sich dann wieder an Draco. „An wen hast du dabei eigentlich gedacht?“
„Mal sehen, ein paar jüngere Schüler vermutlich und am besten jedes Mal andere. Irgendwer, der kein Aufsehen erregt, nichts mit mir zu tun hat“, murmelte Draco und musterte seine Freundin nachdenklich. Er war sich nicht ganz sicher, ob es eine gute Idee war, sie dies alles mitanhören zu lassen. Was, wenn sie sich verplapperte, oder ihre Beziehung schließlich scheitern sollte und sie sich an ihm würde rächen wollen? Bei Crabbe und Goyle machte er sich weniger Gedanken darum. Ihre Väter saßen ebenfalls in Askaban und er hatte ihnen versprochen, dass auch sie freikämen, wenn er tat, was Voldemort von ihm verlangte. Natürlich war dies eine Lüge gewesen, denn Draco hatte absolut keinen blassen Schimmer davon, was der Dunkle Lord mit den anderen Todessern vorhatte, die seine Missgunst auf sich gezogen hatten, und es blieb ihm nur zu hoffen, dass Crabbe und Goyle sich an diese Möglichkeit klammerten. Aber das würden sie schon.
Pansy hingegen hatte eigentlich keinen Grund, ihm gegenüber dauerhaft loyal zu sein, weshalb er sich dringend etwas einfallen lassen musste, womit er die Gefahr, dass sie ihm irgendwann in den Rücken fiel, bis auf ein Minimum reduzieren konnte.

Die kurze Pause neigte sich ihrem Ende zu und es klingelte zur nächsten Stunde. Pansy, die als Einzige von ihnen keine Freistunde hatte, verabschiedete sich von Draco und machte sich auf den Weg zu Wahrsagen.
Gähnend streckte Gregory sich auf seinem Bett aus und griff nach einer Schachtel Schokofrösche, die auf seinem Nachttisch lag, doch Draco verpasste ihm mit der flachen Hand einen gewaltigen Schlag auf den Hinterkopf.
„Keine Müdigkeit vorschützen!“, blaffte der Blonde den um einiges größeren und muskulöseren Jungen an, gegen den er rein körperlich machtlos war.
„Los, aus dem Bett! Wir suchen uns jemanden, dessen Identität ihr annehmen könnt.“
„Was? Jetzt?!“, mischte Vincent sich stöhnend ein und zog eine lustlose Miene.
„Natürlich JETZT“, giftete Draco und sah die beiden Idioten eindringlich an. „Wann denn sonst? Ich habe einen Mord zu planen, es gibt viel zu tun und wir haben keine Zeit zu verlieren, oder wollt ihr etwa, dass unsere Väter in Askaban verrotten?“
„Einen Mord also?“, rief Gregory aus, als hätte er Draco endlich durchschaut, doch dieser verdrehte nur genervt die Augen.
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wer weiß...“, sinnierte der junge Malfoy mit gewichtiger Miene. „Woran hast du denn sonst noch so gedacht? Gänseblümchen pflücken steht nicht gerade an oberster Stelle der Dinge, die der Dunkle Lord seine Anhänger erledigen lässt.“

Hoch erhobenen Hauptes verließ er den Schlafsaal und hörte voller Genugtuung, wie Crabbe und Goyle ihm grummelnd folgten. Er hatte sie voll und ganz im Griff. Die Situation war unter seiner Kontrolle, alles hörte auf sein Kommando und dies war nur ein Vorgeschmack zu dem Leben, das er führen würde, wenn die Malfoys erst wieder an der Spitze der Gesellschaft stünden. Überheblich grinsend schritt Draco zur Tat; er fühlte sich großartig.

* * *

Saphiras stundenlanger Spaziergang durch den Dauerregen und der plötzliche Essensentzug, mit dem sie ihr ohnehin schon angeschlagenes Immunsystem vollends Schachmatt gesetzt hatte, forderten schließlich erbarmungslos ihren Tribut. Mit hohem Fieber lag sie im Bett und schaffte es kaum, sich ins Badezimmer zu schleppen, während sie röchelnd und hustend vor sich hin litt. Insgeheim genoss sie es fast schon, einen plausiblen Grund gefunden zu haben, um sich verkriechen und ungestraft jammern zu können.

Obwohl Tracey sich geschworen hatte, die Freundin vorerst links liegen zu lassen und sich nicht mehr um sie zu kümmern, ehe Saphira den ersten Schritt tat und sich entschuldigte [selbst wenn dies bedeuten konnte, dass sie nie wieder miteinander sprachen], brachte Tracey es nicht übers Herz, nur zuzusehen und gar nichts zu tun. Wann immer die Blonde schlief, oder zumindest die Decke über den Kopf gezogen hatte und so tat als ob, kochte Tracey ihr einen Tee und brachte ihr ein wenig Obst und Brot von den Mahlzeiten mit. Es fiel ihr schwer, einzuschätzen, inwiefern Saphira wusste, von wem diese kleinen Gesten stammten, aber Tracey konnte sich leider nur zu gut vorstellen, dass ihre ehemalige Freundin wie selbstverständlich davon ausging, dass die Hauselfen dafür verantwortlich waren. Um genau zu sein, konnte man es ihr nicht wirklich verübeln, denn Traceys Heimlichtuerei erinnerte in der Tat stark an das Verhalten der versklavten Geschöpfe. Saphira sollte sich ihr gegenüber nicht zum Dank verpflichtet fühlen und eigentlich wäre es das Beste, sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen, damit sie sich entweder selbst aus ihrem Elend herauszog oder endlich zugab, dass sie alleine nicht zurecht kam und Hilfe brauchte. Es täte ihr mit Sicherheit mal ganz gut, auf sich gestellt zu sein und zu begreifen, wie es sich anfühlte, niemanden mehr zu haben, der sich um sie sorgte. Schließlich hatte die junge Black diese Situation selbst zu verantworten, aber Tracey konnte es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, sie im Stich zu lassen. Dafür hing sie noch viel zu sehr an der kleinen Zicke.

*

„Hey, Davis“, erklang die markante Stimme Zabinis hinter ihr, als sie auf dem Weg in die Bibliothek war, um dort ihre Hausaufgaben zu erledigen.
„Was willst du?“ Genervt blieb Tracey stehen und drehte sich zu ihm um.
„Wie geht es Saphira?“, fragte er, denn er hatte seine beste Freundin bereits seit zwei Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Angeblich lag sie mit einer Grippe im Bett, doch er war sich dessen nicht so sicher. Schließlich konnte die Schulkrankenschwester solche Lappalien innerhalb von Minuten beseitigen.
„Erkundige dich bei jemandem, den es interessiert!“, blaffte Tracey ihn an.
„Was ist denn los bei euch? Ihr wart doch früher unzertrennlich.“ Verständnislos schüttelte Blaise den Kopf und musterte Traceys zornfunkelnde Miene. Früher wäre er froh gewesen, wenn Saphira dieses Halbblut endlich aus ihrem Freundeskreis eliminiert hätte, aber zum jetzigen Zeitpunkt hielt er es für eine echt miese Idee, dass die Blonde sich mit ihrer einzigen Freundin zerstritt. Und das lag nicht ausschließlich daran, dass er um Saphiras Wohl besorgt war; auch er selbst fühlte sich in ihrer Gegenwart - nein, diesen Gedanken wollte er nicht fortführen!
„Warum fragst du sie nicht einfach selbst? Mit DIR spricht sie schließlich noch und mal ganz ehrlich: Es ist so erbärmlich wie offensichtlich du dich an sie ranmachst, nun da sie endlich nicht mehr Malfoys Spielzeug ist“, spie die Schwarzhaarige ihm entgegen und setzte ihren Weg in Richtung der Bibliothek fort.
„Das ist überhaupt nicht wahr!“, sagte Blaise eher zu sich selbst als zu Tracey und war überrascht darüber, wie sehr es ihn störte, dass sie so über ihn dachte. Eigentlich konnte es ihm doch egal sein, was im Hirn dieses Halbblutes vor sich ging.
„Tracey!“, rief er plötzlich und Davis blieb wie angewurzelt stehen. Langsam ging er ein paar Schritte auf sie zu, ohne so recht zu wissen, was er eigentlich vorhatte.
„Was denn noch?“ Darum bemüht, möglichst gleichgültig zu klingen, blickte sie ihn herablassend an, stumm hoffend, er möge wenigstens ein nettes Wort für sie übrig haben.
„Nichts“, antwortete er tonlos, denn ihre abfällige Miene zeugte unmissverständlich von der Abneigung, die sie ihm gegenüber empfand, und wozu sollte er sich lächerlich machen, indem er versuchte, ein vernünftiges Gespräch mit ihr zu führen? Es wäre besser, wenn Tracey niemals von den merkwürdigen Gefühlen erfuhr, die er seit einigen Monaten für sie hegte.
Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, Enttäuschung in ihren blauen Augen aufflackern zu sehen, doch ehe er sich dessen sicher sein konnte, hatte Tracey nur gelangweilt mit den Schultern gezuckt und war weitergegangen.

*

Hemmungslos schluchzend lag Saphira nun bereits den dritten Tag in Folge in ihrem Bett und ließ sich von ihren negativen Emotionen und den Erinnerungen an Dracos Verrat immer tiefer in die Depression hineinreißen. Undeutlich verschwamm die Zeit vor ihren Augen; Minuten zogen sich in die Länge wie Stunden und sie fürchtete sich schon fast davor, wieder gesund zu werden. Denn das bedeutete zwangsläufig, dass sie dieses Bett wieder verlassen, die Kraft finden musste, den normalen Alltag zu bewältigen und so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung. Um jeden Preis wollte sie verhindern, durch ihr Verhalten aufzufallen und zurück ins St. Mungo geschickt zu werden. Im Augenblick lag es ihr so unglaublich fern, kam ihr so utopisch vor, dass es Zeiten gegeben haben sollte, in denen dies ihre leichteste Übung gewesen war. Egal wie düster es in ihrem Inneren ausgesehen hatte, nach außen hin war sie stets ein reizendes, junges Mädchen gewesen. Höflich und taktvoll, das perfekte Vorzeigepüppchen.
Solange du ihnen keine Angriffsfläche bietest, können sie dir nichts anhaben. Erzähl deine auswendiggelernten Lügenmärchen so glaubhaft wie möglich. Erfülle die Erwartungen deiner Umwelt und lächle. Lächle, verdammt nochmal, du musst lächeln!
Doch all dies schien so lange her zu sein, gar nicht wirklich zu ihr zu gehören. Wenn sie daran zurück dachte war es, als würde Saphira sich an das Leben eines anderen erinnern. An einen Menschen, den sie früher einmal gekannt hatte und der seit Ewigkeiten verschollen war.
Draco Tag für Tag vor Augen zu haben, ihm dabei zusehen zu müssen, wie er schamlos in aller Öffentlichkeit an Pansy herum fummelte - ausgerechnet ihre beste Freundin aus Kindertagen hatte er sich dafür aussuchen müssen! - machte sie krank und zwar buchstäblich. Er hatte ihren eisernen Willen gebrochen und obwohl Saphira sich geschworen hatte, ihm diese Macht nicht zuzugestehen, spürte sie, dass sie nahezu machtlos gegen ihren Schmerz war.


„Zabini regte sich nicht darüber auf, dass ich ihm seine Feder mit einem Klebe-Fluch an die Finger gehext habe, sondern guckte mich nur an wie ein vernachlässigtes Hündchen und fragte, wie es dir geht.“ Die gereizte Stimme Crouchs riss Saphira aus ihren melancholischen Grübeleien, während die Schwarzhaarige ohne Vorwarnung die Vorhänge des Bettes beiseite schob.
„Meine Güte, sogar was meine Eule manchmal auskotzt sieht besser aus als du“, stellte Aria kopfschüttelnd fest.
„Was willst du? Ich bin krank, lass mich in Frieden“, murrte Saphira, verkroch sich noch ein wenig tiefer unter ihrer Decke und hielt sich schützend eine Hand vor die Augen, da das helle Tageslicht sie blendete.
„Was ich will? Das gewohnte Umfeld dieses Bastards wiederherstellen, da ich es gelinde gesagt unbefriedigend finde, nicht diejenige zu sein, die ihn am meisten quält. Du machst mir meinen Rang streitig“, erklärte Ariadne und hielt der Kränkelnden ein Glas voll übelriechendem Zaubertrank unter die Nase.
„Ach, schickt der Anstandsdrachen - Verzeihung, ich meinte natürlich Miss Steel - dir auch ganze Kataloge voll mit Anweisungen und Regeln, die du zu befolgen hast?“, fragte Ariadne abfällig, als sie die feinsäuberliche Handschrift ihrer Ziehmutter auf einem Brief erkannte, der unter Saphiras Kopfkissen hervorlugte. Die Blonde antwortete nicht, sondern riss das Pergament an sich und ließ es blitzschnell in der obersten Schublade ihres Nachttisches verschwinden.
„Sag Blaise, ich bin in Ordnung. Das ist nur ein kleiner Schnupfen“, krächzte Saphira und konnte sich glücklich schätzen, wenig bis gar nichts zu riechen.
„So siehst du auch aus, du Bazillenschleuder. Was für eine grandiose Ausrede, um im Selbstmitleid zu versinken... Tzz, Grippe. Als könnte Madam Pomfrey das nicht im Handumdrehen beseitigen. Den hättest du dir schon längst im Krankenflügel besorgen können. Pomfrey stellt das Zeug um diese Jahreszeit literweise her.“ Auffordernd hielt Crouch ihr den Heiltrank hin, den Saphira nur höchst widerwillig entgegennahm und unangetastet auf ihrem Nachtschränkchen abstellte.
„Du trinkst das jetzt sofort aus, damit wir wieder zur Tagesordnung übergehen können“, verlangte Ariadne, die offensichtlich nicht verschwinden wollte, ehe Saphira ihrem Befehl Folge geleistet hatte, doch die Blonde starrte nur mit leerem Blick auf ihre verschränkten Finger und seufzte mitleiderregend, was Ariadne allerdings kalt ließ.
„Ernsthaft, Saphira?“, schnaubte sie genervt und riss die Vorhänge nun endgültig auf, sodass ihre Stiefschwester in spe nicht länger im Halbdunkeln saß. „Sag mir nicht, dass ich recht habe und du deine Erkältung nur ausnutzt, um unauffällig in deinem Liebeskummer zu versinken. Das ist so erbärmlich, schau dich nur an, wie du aussiehst. Lass dich doch nicht so gehen. Du bist nicht die erste Hexe, die verlassen wurde, und noch lange nicht die letzte, du wirst es überleben und einen anderen finden.“
„Was geht es dich an?“, fragte Saphira mit schwacher Stimme und fuhr sich mit einer Hand unbeholfen durch die zerzausten Haare. Leider vergaß sie völlig die Schnitte an ihrem Unterarm, die sie sich in einem schwachen Moment der vergangenen Nacht selbst zugefügt hatte und nun deutlich zu erkennen waren.

Entgeistert starrte Aria auf die beiden tiefen Wunden an Saphiras Unterarm und erblickte die zahlreichen, anderen Narben. Für gewöhnlich pflegte Saphira es, langärmlige Kleider und Umhänge oder spießige Seidenhandschuhe zu tragen, und nun verstand Ariadne auch, wieso sie dies tat. Sie wusste zwar, dass Black psychisch nicht ganz richtig tickte, aber bislang hatte sie geglaubt, es beschränkte sich auf ihre Essstörung und ihre melancholische, fast schon depressive Grundeinstellung zum Leben; aber dass sie sich auch noch selbst verletzte, konnte Aria nicht im Geringsten nachvollziehen.
„Sag mal, bist du irre?“ Fassungslos deutete sie auf den verwundeten Arm, den die Blonde hastig unter der Bettdecke versteckte.
„Was kümmert es dich?“, erwiderte Saphira tonlos und ohne sich die Mühe zu machen, ihren schmerzenden Kopf nach einer Ausrede zu durchforsten. Ihr fehlte sogar die Motivation, Crouch eine bissige Antwort zu geben, so müde und ausgelaugt fühlte sie sich.
„Mich? Mich persönlich kümmert das wenig“, ätzte die Schwarzhaarige und grinste dann diabolisch. „Aber ich schätze, es gibt etliche Mädchen, die nach solchen Neuigkeiten lechzen. Stell dir den neusten Klatsch nur vor... Malfoys abgelegte Freundin, die letzte Black, verkriecht sich halb wahnsinnig vor Schmerz in ihrem Bett und verstümmelt sich selbst, weil sie ach so traurig darüber ist, dass ihr Dracilein sie nicht mehr will. Damit besiegelt sie das Schicksal dieser untergehenden Familie und raubt ihr das letzte bisschen Ansehen. Das wäre gigantisch. Toria würde sich den Mund fusselig schwatzen.“ Erschrocken von dieser Imagination setzte Saphira sich kerzengrade auf und machte große Augen.
„Das würdest du nicht tun, du würdest das nicht herumerzählen“, sagte sie plötzlich scharf, während die demütigende Selbsterkenntnis allmählich durch ihre Lethargie sickerte, sich einen Weg in ihr Bewusstsein bahnte. Es musste ein wahrhaft lächerliches Bild abgeben, wie sie hier lag und vor sich hinvegetierte. Wenn Crouch tatsächlich die Frechheit besitzen sollte - was Saphira ihr durchaus zutraute - Leuten wie Astoria oder Pansy davon zu berichten, dann würde sie diesen Ruf nie wieder loswerden. Panik kroch in ihr hoch, breitete sich in ihrem Körper aus und beschleunigte ihren Puls, der sich seit Tagen im Scheintodmodus befand.
„Glaube mir, Schätzchen, ich würde“, bestätigte Ariadne ihre Angst. „Vor allem, weil du dann wenigstens einen Grund für dein desolates Verhalten hättest. Meinst du, ich hätte mich damals nicht auch liebend gerne lachend vom Astronomieturm geworfen, als Zabini mich so übel ausgenutzt hat? Stattdessen genieße ich es lieber mitanzusehen, wie der elende Mistkerl jedes Mal in höchster Alarmbereitschaft ist, wenn er mich sieht, weil er stets damit rechnen muss, dass ich mich ein weiteres Mal an ihm rächen werde. Ich lasse ihn dafür büßen, was er mir angetan hat, und heule nicht rum wie ein kleines Mädchen. Reiß dich zusammen, Saphira, oder die anderen werden mit ihrem Geschwätz dafür sorgen, dass es dir noch miserabler geht.“
„Schön für dich“, zischte die Blonde und zuckte hilflos mit den Schultern. „I-ich wollte mich beherrschen, aber... Ich kann nicht, es zerfrisst mich, es tötet mich. Ich komme damit nicht zurecht, ich...“ Resigniert ließ sie ihren Kopf in die Hände sinken und schluchzte trocken auf.
„Hör doch endlich auf, deine jämmerlichen Ausreden herunter zu beten. Lass mich raten, du bist so einsam und dein Schmerz ist unendlich tragisch. Niemand kann dich verstehen, denn du bist die Erste und Letzte, die so fürchterlich leidet. Kein Mensch hat so intensiv geliebt wie du, dein Leben hat keinen Sinn mehr, bla bla bla. Ich kenne das Gefühl, glaub mir, ich kenne es nur zu gut. Aber du wählst den einfachen Weg, indem du dich deinem Schicksal hingibst, die Hände in die Taschen steckst und nichts an deiner Situation änderst, sondern nur heulst. Das ist leicht, das kann jeder. Nun kannst du dich in aller Ruhe darüber beschweren, wie ungerecht und gemein die Welt doch zu dir ist. Aber so ist das Leben, Saphira. Es ist nicht fair, ist es nie. Fast niemand bekommt, was er verdient, und das Einzige, was du dagegen tun kannst ist, es selbst in die Hand zu nehmen. Nur du hast die Möglichkeit, etwas Besseres daraus zu machen und solange du hier rumliegst und dich in deinem Kummer suhlst, verändert sich nichts. Dafür kannst du keinen anderen Menschen außer dir selbst verantwortlich machen. Fein, Malfoy hat dir wehgetan. Wirklich tragisch, das war auch absolut nicht vorherzusehen.“ Ariadne lachte spöttisch auf, ehe sie weitersprach. „Natürlich war das scheiße, aber das kommt vor, sowas passiert täglich tausenden von Mädchen, deren Leben trotzdem weiter geht. Komm darüber hinweg, oder tu wenigstens so, damit es nicht noch schlimmer wird“, sagte sie hart und Saphira biss sich beschämt auf die Unterlippe. Eigentlich musste sie Crouch vollkommen recht geben, doch wenn sie dies eingestand... In welch schlechtes Licht rückte sie sich selbst damit?

„Trink es, oder lass es bleiben.“ Mit einem kurzen Kopfnicken deutete Ariadne auf den Heiltrank, der noch immer unberührt auf dem Nachtschränkchen stand, und entfernte sich von Saphiras Bett, während sie deutlich vernehmbar murmelte: „Von mir aus kannst du dort verrotten, aber wirf mir niemals vor, ich hätte dich nicht gewarnt, du Heulsuse.“

Ein paar Minuten starrte Saphira ihr nach und war mehr als froh darüber, nun alleine im Schlafsaal zu sein, während sie langsam aber sicher aus ihrer Trance erwachte und sich scheußlich fühlte. Mit wild pochendem Herzen und zittrigen Fingern griff sie nach dem Glas, das Crouch ihr gebracht hatte, und kippte den widerwärtig schmeckenden Inhalt in einem Zug herunter. Augenblicklich breitete sich ein wohlig warmes Gefühl in ihr aus und binnen Sekunden merkte sie, wie der Trank zu wirken begann. Endlich verschwand der Hustenreiz, die Hitze des Fiebers ließ rasch nach und ihre Nase schwoll ab.
„Das kann doch alles nicht wahr sein“, hauchte sie, schlug die Bettdecke zurück und hastete ins Badezimmer, bevor noch eines der anderen Mädchen den Raum betreten und sie so vorfinden konnte. Sorgfältig verriegelte sie die Türe von innen, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und atmete tief durch, um sich zu beruhigen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Immer wieder rasten Ariadnes Worte durch ihren Kopf und langsam aber sicher begriff auch Saphira, dass sie der unangenehmen Wahrheit ins Auge blicken musste, sich nicht ewig davor verstecken konnte. Wohl oder übel würde sie die Flucht nach vorne antreten, sich ihrem Elend erhobenen Hauptes stellen müssen und je eher sie damit anfing, desto besser.

Als sie sich dem Waschbecken näherte und ihr Gesicht im Spiegel darüber musterte, wich sie erschrocken zurück.
„Um Merlins Willen!“, stieß sie entsetzt aus und schüttelte sich, angewidert von ihrem eigenen Anblick. Crouch hatte bei ihrer Schilderung über Saphiras äußeres Erscheinungsbild deutlich untertrieben. Es war verheerend.
„Das ist also aus dir geworden, Saphira Bellatrix Black“, sagte sie abfällig zu ihrem eigenen Spiegelbild und benutzte dabei ihren vollen Namen, den normalerweise nur ihre Mutter gebrauchte, wenn sie wütend war.
„So weit hast du es also tatsächlich kommen lassen. Das ist unfassbar, Saphira, unfassbar. Wo zum Teufel ist dein Stolz hin? Du wolltest immer eine eigenständige Person sein. Jemand, der seine eigene Meinung vertritt und nicht nur nachplappert, was andere ihm vorbeten. Unabhängig wolltest du sein, dich nicht von einem Mann einengen und bestimmen lassen, dein eigenes Leben führen. Und nun lässt du dich nach einer Trennung so sehr gehen, dass du deine komplette Würde einfach so wegwirfst, als wäre sie nichts wert? Sie ist alles, was dir noch bleibt, verdammt!“ Die Wut und die Abscheu, welche Saphira gegen sich selbst empfand, wuchsen mit jeder Silbe, die sie ihrem Spiegelbild entgegenschleuderte.
„Gib Draco nicht die Macht, dich kaputt zu machen, das hat er nicht verdient. Er ist nichts, gar nichts im Vergleich zu deiner Selbstachtung. Er hat sein Anrecht auf dich verspielt. Es ist vorbei, aber du bist immer noch hier, immer noch eine Black, oder etwa nicht? Diese Familie ist stolz, rein und ehrwürdig. Bedeutet dir das denn gar nichts mehr? Du, als letzte noch lebende Namensträgerin, bist ihm etwas schuldig. Bring nicht noch mehr Schande über die Familie, als deine missratenen Verwandten es bereits getan haben.“ Verbittert musterte Saphira ihr verheultes Gesicht und verzog angeekelt den Mund.
„Wach endlich auf und kämpfe!“, sagte sie laut und schlug mit der Faust auf den Rand des Waschbeckens. „Sei stark, benimm dich einfach wie früher. Du kannst das doch. Bevor Draco dein Leben auf den Kopf gestellt hat, wusstest du auch mit deinen Emotionen umzugehen, sie zu verbergen, niemals in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen.“ Sie atmete tief durch und dachte verbittert an den Brief ihrer Mutter, den sie vor Ariadne versteckt hatte.
„Leb dein Leben jetzt, denn es wird schneller vorbei sein, als du geahnt hättest“, flüsterte Saphira und ihre Züge verhärteten sich. „Nutze die letzte Möglichkeit, über dich selbst bestimmen zu können. In nicht allzu ferner Zukunft bist du endgültig die Marionette eines anderen.“

Mit diesem Vorsatz begab sich die junge Black unter die Dusche, um die restlichen Überbleibsel ihrer dreitägigen Dauerdepression von ihrem Körper abzuwaschen und mit dem Fieberschweiß, dem Blut und den Tränen auch ihre Scham fortzuspülen. Erstaunlicherweise verflog das Gefühl der Hoffnungslosigkeit ungewöhnlich schnell und an dessen Stelle trat etwas, das sich am ehesten mit vorfreudiger Euphorie vergleichen ließ... Eine Unruhe breitete sich in Saphira aus, die in ihr den Wunsch weckte, etwas Tollkühnes zu unternehmen, sich gegen ihre Gewohnheiten zu stellen und beispielsweise auszugehen, wie sie es in den Sommerferien zusammen mit Tracey und Augustus getan hatte. Dieses unpassende Gefühl der Leichtigkeit und die sich überschlagenden Gedanken über die zahllosen Möglichkeiten an verrückten Dingen, die sie tun konnte, ließen Saphira keine Ruhe und sie konnte sich nicht im Geringsten erklären, woher dieser plötzliche Sinneswandel stammte. Das konnte nicht alleine Ariadnes Verdienst sein, nein... Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihr, so hatte sie zuvor noch nie empfunden und sie wurde die dunkle Vorahnung nicht los, das dies nichts Gutes zu bedeuten hatte. Doch sie konnte sich nicht dagegen wehren. Der Tatendrang packte sie, riss sie mit sich fort und verwandelte Saphira in ein seltsam manisches Mädchen, das ihr selbst vollkommen fremdartig vorkam.

* * *

Schlecht gelaunt saß Draco eines Abends am Fuße der Treppe, die zu den Schlafsälen der Jungen hinaufführte, und wartete auf Crabbe und Goyle, die noch beim Abendessen waren, denn er wollte die letzten zwei Stunden bis zur Ausgangssperre nutzen, um im Raum der Wünsche am Verschwindekabinett zu arbeiten. Da Potter ihn schon den ganzen Tag über misstrauisch beobachtet hatte, wollte Draco lieber auf Nummer sicher gehen, indem er Vincent und Gregory mitnahm und sie Wache stehen ließ. Wenn sie sich nur beeilen würden...
Überrascht blickte er auf, als er ein hohes Lachen vernahm und eine ihm viel zu vertraute Stimme höhnisch rief: „Oh, Astoria, Liebes... Da ist wohl etwas gewaltig schief gegangen beim Blondieren, wie mir scheint. Urin-Gelb sollte das vermutlich eher nicht werden, oder etwa doch?“, frohlockte Saphira und kicherte bösartig. „Aber mach dir nichts draus, mein Exfreund hat seine Ansprüche stark zurückgeschraubt und weiß deine Mühe bestimmt zu schätzen. Offensichtlich hat er erkannt, dass er sich jemanden in seiner eigenen Liga suchen muss, und die ist niveautechnisch betrachtet nicht allzu hoch. Wenn du nett lächelst und es schaffst, Pansy für ein paar Minuten von seiner Seite loszueisen, gibt er dir mit Sicherheit eine Chance.“

Ihre Worte trafen ihn fast so heftig, als hätte Saphira ihn soeben ein zweites Mal geohrfeigt. Wütend starrte er ihren Hinterkopf an. Sie schien nicht einmal bemerkt zu haben, dass Draco ebenfalls anwesend war; oder es interessierte sie schlicht und ergreifend nicht. Kurz erhaschte er einen Blick auf Astoria, die neuerdings tatsächlich herum lief wie eine billige Kopie des Mädchens, das er immer noch liebte.
Doch Daphnes jüngere Schwester war nicht die Einzige, die sich in den vergangenen Wochen verändert hatte, denn Saphira selbst hatte eine weitaus größere Wandlung vollzogen als die kleine Greengrass-Zicke, die lediglich ihr Haar und ihren Kleidungsstil verändert hatte, wohingegen sich Saphiras gesamter Charakter ins Gegenteil zu verkehren schien.
Ein paar Tage lang hatte Draco ihr deutlich ansehen können, wie sehr sie unter ihrer Trennung litt. Ihre Augen waren gerötet und zeugten von den zahlreichen Tränen, die sie vergossen haben musste, während die tiefen Ringe unter ihren Augen erahnen ließen, dass sie kaum eine Nacht durchschlief. Zu dieser Zeit war sie äußerst schreckhaft gewesen, stets in Gedanken versunken und extrem mies gelaunt; aber nun schien sie sich beängstigend schnell von dem Schock zu erholen und zu einem vollkommen anderen Menschen zu entwickeln. Jemandem, der Draco ganz und gar nicht geheuer war.
Plötzlich schminkte sie sich täglich. Merlin, wann hatte sie sich früher schon geschminkt? Höchstens zu besonderen Anlässen wie dem Weihnachtsball oder einem förmlichen Abendessen, aber doch nicht zur Schulzeit. Saphira war überhaupt nicht der Typ dafür, zumindest empfand Draco dies so.
Aufgrund des viel zu dunklen Rouges, den sie verwendete und der ihre eingefallenen Wangen unnötig betonte, wirkte sie nun noch blasser als gewöhnlich. Selbst ihre Augen hatte sie schwarz umrandet, was sie bedeutend älter aussehen ließ. Fremdartig und seltsam. Es stand ihr überhaupt nicht, sah einfach zum Fürchten aus; als stünde man einer leibhaftigen Banshee gegenüber.

Die äußerliche Veränderung war allerdings nicht das, was Draco so sehr ängstigte; viel eher war es ihr Benehmen, das kaum noch an seine süße, zurückhaltende Phibs erinnerte. Wenn er ihr jetzt auf den Fluren begegnete, spürte er allzu deutlich die abweisende Kälte, welche sie ausstrahlte. Es war viel intensiver als damals, bevor er es geschafft hatte, die schützende Mauer zum Einsturz zu bringen, die sie um ihr Gefühlsleben herum aufgebaut hatte, um ihre Mitmenschen von sich fernzuhalten. Kein bisschen traurig wirkte sie mehr, viel eher abgeklärt und kalt. Tatsächlich benahm sie sich, als wäre ihr mit einem Mal alles und jeder buchstäblich scheißegal geworden.
Saphira legte eine sarkastische Art an den Tag, die er in dieser extremen Form überhaupt nicht von ihr kannte; keine Gelegenheit ließ sie mehr aus, um anderen Mädchen eine Gemeinheit an den Kopf zu knallen. So gehässig und hinterhältig schätzte Draco sich selbst nicht einmal ein. Es war nahezu gruselig, wie seine Exfreundin, die ihm gegenüber früher so liebenswert gewesen war, sich nun benahm. Am meisten beunruhigte den jungen Magier ihr eisiges, fast schon hysterisches Lachen, das ihm durch Mark und Bein ging, ihm selbst zu gelten schien, als würde sie ihn verhöhnen, ihm unmissverständlich zeigen wollen, wie gut es ihr ohne ihn ging und dass sie längst über ihn hinweg war.
Draco ertrug das alles nicht.
Es zerstörte die hoffnungslose Illusion, an der er sich so verzweifelt festzuklammern suchte; den absurden Wunsch, dass er seine geliebte Saphira eines Tages zurückerobern könnte, wenn dieses ganze Fiasko ein angemessenes Ende gefunden hatte. Unrealistisch, natürlich... Doch der reine Gedanke daran war zumindest schön gewesen. Etwas, das er sich hatte ausmalen können, wann immer ihn der Mut verließ und er seine Entscheidung bereute, Saphira aus seinem Leben verbannt zu haben.
Durch die emotionale Gleichgültigkeit, die sie an den Tag legte, wurden seine ohnehin schon aussichtslosen Träume endgültig zunichte gemacht.
War er ihr wirklich so egal, wie sie vorgab? Empfand sie tatsächlich nichts als Abscheu für ihn?

Grimmig starrte der Blonde auf seine Hände hinab, in denen er ein zerknittertes Foto hielt. Es war über ein Jahr alt und zeigte Saphira, die mit zerzausten Haaren auf seinem Bett saß, ein viel zu großes T-Shirt trug, das eigentlich Draco gehörte, und ihn lachend tadelte, er solle bloß kein Bild von ihr machen. Ihr unbeschwertes Lächeln zu sehen, tat fast körperlich weh und der Gedanke daran, dass er dieses unbeschreibliche Funkeln in ihren Augen nie wieder wahrhaftig zu Gesicht bekommen würde, brannte wie Säure in seinen Eingeweiden. Eigentlich war es belanglos, wie es Saphira ging, was sie empfand, tat, sagte, von ihm hielt. Es sollte ihm schlichtweg egal sein, doch das war es nicht. So sehr er sich auch darum bemühte, sie aus seinem Herzen zu verstoßen, nichts änderte sich an der abscheulichen Tatsache, dass er Saphira Black immer noch liebte.

Die grauen Augen zu Schlitzen verengt fixierte er das Bild seiner Exfreundin und knirschte mit den Zähnen.
„Verschwinde aus meinem Leben, Saphira“, zischte er leise und stellte bestürzt fest, dass seine Stimme brüchig klang. Wütend über seine eigene Schwäche und Unfähigkeit, dieses Mädchen zu vergessen, packte er das Foto fest mit beiden Händen, als wollte er es zerreißen, doch er tat es nicht. Seine Finger zitterten und sein Herz schlug wild in seiner Brust, während er versuchte, sich zusammenzunehmen und das verfluchte Engelslächeln ein für alle Mal zu zerstören, und sei es nur auf dem Papier.
Aber Draco war nicht dazu in der Lage, seinen Vorsatz in die Tat umzusetzen.
„Saphira ist weg“, murmelte jemand zu seiner Rechten und riss den blonden Jungen ruckartig aus seinen Grübeleien. Blitzartig drehte er den Kopf zur Seite und erblickte Davis.
„Was?“, fragte er stirnrunzelnd, da er ihre Worte nicht wirklich begriffen hatte.
„Saphira ist nicht mehr da“, sagte sie tonlos und sah zwischen dem Foto, das Malfoy umklammerte, und der echten Saphira, die wenige Meter von ihnen entfernt stand und sich angeregt mit einer Siebtklässlerin unterhielt, hin und her.
„Da steht sie doch!“, entgegnete Draco unwirsch und funkelte Davis wütend an. Warum sprach sie ihn überhaupt an? Was wollte dieser Abschaum von ihm?
„Ich meinte das nicht im geographischen Sinne, Malfoy.“ Ihre Stimme wirkte seltsam kraftlos, nicht einmal annähernd so enthusiastisch wie sonst. Stumm nickte Draco, während Tracey verschwand, ohne ein weiteres Wort an ihn zu verlieren. Auch wenn er es vor ihr nicht zugeben würde, verstand er ganz genau, was Davis gemeint hatte.

*

Alles woran Draco in den folgenden Tagen denken konnte war, nicht an Saphira zu denken, was gewissermaßen einen Widerspruch in sich darstellte und nach der heutigen Stunde Verteidigung gegen die Dunklen Künste absolut unmöglich geworden war. Nur durch Zufall hatte Draco mitbekommen, wie Professor Snape sie nach dem Unterricht angesprochen und ihr gesagt hatte, dass der Schulleiter sie heute um neunzehn Uhr in seinem Büro erwartete. Mit einem misstrauischen Blick auf den lauschenden Draco hatte Snape etwas auf ein Stück Pergament geschrieben und ihr mitgeteilt, dass dies das Passwort für den heutigen Abend war. Draco wusste ganz genau, dass der Lehrer absichtlich betonte, das Passwort wäre nur für einen begrenzten Zeitraum gültig und weshalb er es nicht aussprach, sondern lediglich aufschrieb. Deutlicher könnte es nicht sein, dass Snape ihm zuvorkommen wollte, um jeden Preis zu verhindern suchte, dass es Draco gelinge, Dumbledore zu töten. Von wegen, er habe einen Unbrechbaren Schwur abgelegt, um ihn zu beschützen... Dieser selbstsüchtige Verräter hatte seiner Mutter nur etwas vorgemacht und wollte den ganzen Ruhm selbst einheimsen. Was aus Lucius wurde, war ihm ganz egal, solange er nur der Liebling des Dunklen Lords blieb. Die Abneigung, welche Draco seit seinem Gespräch mit Bellatrix gegen Snape hegte, wuchs mit jedem Tag an...
Andererseits war es gar keine so schlechte Idee... Ein Unbrechbarer Schwur könnte beispielsweise Pansy davon abhalten, seine Pläne zu verraten.

Viel größer war im Augenblick jedoch die Panik davor, was Saphira dem Schulleiter erzählen könnte. Wusste sie wirklich rein gar nichts? War es nicht möglich, dass Cecilia ihr irgendetwas berichtet hatte? Immerhin war sie daran beteiligt gewesen, Amelia Bones zu entführen. Ahnte Dumbledore, was er vorhatte? Konnte Snape selbst ihn womöglich verraten haben? Das traute er der alten Fledermaus durchaus zu! Aber was war mit Saphira... Wie passte sie in dieses Puzzle? Konnte sie ihm gefährlich werden?
Nervös lief Draco im Raum der Wünsche auf und ab, während sein Blick immer wieder zur Uhr an seinem Handgelenk wanderte. Er würde sie unbedingt darauf ansprechen müssen, sobald sie zurückgekehrt war. Wenn man ihn nicht auf der Stelle festnahm, weil sie ihn verraten hatte...


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*was Slughorn sagt ist wörtlich aus HP Band 6 übernommen.
Oha, wie spannend. Nicht.
Jetzt passiert aber endlich mal was anderes =P
Dumbledore... und... HARRY :`D Ja, Harry.


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Zwischen Harry, Ron und Hermine gibt es Unterschiede, zum Beispiel im Vokabular. Ron ist der britische "lad", etwas bildungsfern, wie wir hier sagen würden, jedenfalls der Welt der Theorie und Metaphysik nicht sonderlich zugetan. Sein Vokabular ist etwas gröber und eingeschränkter als das Hermines, die mehr die Intellektuelle ist und sehr elaboriert sprechen kann, jedenfalls wenn sie in Laune ist. Harry liegt dazwischen, mit Sympathien für Ron, wenn es darum geht, vermeintlich hochgestochenes Gerede zu verulken. Aber keiner spricht wirklich lax oder fehlerhaft.
Klaus Fritz