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Fanfiction

Die Ärgernisse des Severus S. - Lehrerdasein - 4

von käfer

Der Ärger geht weiter...


Geschafft! Snape verstaute die Pergamentrollen mit den Aufsätzen der Sechstklässler sorgfältig im Schrank. Die Kritzeleien würde er sich später anschauen; wenn er jetzt gleich anfing zu korrigieren, würde er bloß viel zu gute Noten verteilen, weil er vor lauter Müdigkeit die Fehler übersah. Er war erst heute morgen um vier Uhr ins Bett gekommen. Es war Neumond und er war auf der Suche nach Donnerkieseln in den Bergen herumgestrichen. Außerdem hatte er diese Woche die Abendaufsicht und das bedeutete, von neun Uhr an bis mindestens Mitternacht durch die Gänge zu patrouillieren und regelverletzende Schüler aufzuspüren. Es gab nicht viel, was er lieber tat und keiner der Kollegen war darin so erfolgreich wie er. Er war aber auch der Einzige, der Schuhe mit quietschfreien Gummisohlen hatte und völlig geräuschlos gehen konnte. Außerdem wusste er in der Schule besser Bescheid als alle anderen zusammen und tauchte für die Schüler so manchesmal anscheinend aus dem Nichts auf.
Vorgestern Abend war in Lockharts Büro so lange Licht gewesen, dass er schon nachsehen wollte, ob der Schwachkopf vielleicht vergessen hatte, die Lampe zu löschen. Aber dann hatte er sich daran erinnert, dass Potter seine Strafarbeit ableisten musste und genau aufgepasst, wann Schluss war. Kurz nach Elf kam Harry endlich aus dem Büro und sah irgendwie erschrocken aus. Snape folgte ihm bis vor den Eingang zum Wohnturm der Gryffindors. Nichts war passiert.
Damit er heute Abend wieder fit und wachsam war, würde Snape sich jetzt ein Mittagschläfchen gönnen…
Gerade als er zu seinem Büro hinauswollte, tönte der Schreibtischkalender: „Heute Sechzehn Uhr Dienstberatung! Heute Sechzehn Uhr Dienstberatung!“
Oh nein! Wenn Snape etwas am Lehrerleben hasste, dann waren das endlos lange Zensurenkonferenzen und Dienstberatungen. Wie viel Zeit wurde da mit sinnlosem Gelaber vertrödelt, weil jeder meinte, seine Meinung kundtun zu müssen, auch wenn er nur wiederholte, was andere längst gesagt hatten.

Inzwischen etwas ausgeruht, aber doppelt verärgert machte Severus sich auf den Weg ins Lehrerzimmer. So lange hatte er nicht schlafen wollen. Jetzt hatte er es noch nicht einmal geschafft, die Zutaten für den nächsten Tag bereitzustellen und er hatte noch keinen einzigen Aufsatz gelesen. Da würde er heute wieder keine Zeit für seine Übersetzung haben. So ein Mist aber auch! Dabei waren diese Tagebuchseiten, die er in dem Tränkewälzer aus Deutschland gefunden hatte, so interessant. Von verborgenen Gängen war die Rede, Kisten voller Gold und Gegenständen aus Bernstein. Was, wenn er fand, wonach Deutsche, Amerikaner und Russen jahrelang vergeblich suchten?
Träum nicht, Snape!
Im Lehrerzimmer waren schon fast alle da, nur Trelawney und Flitwick fehlten noch. Lockhart redete, wie immer laut und ständig in alle Richtungen lächelnd – so vergewisserte er sich, dass ihm auch wirklich jeder zuhörte. „…zur Brust genommen. Ich denke schon, dass er begriffen hat, wie unsinnig sein Verhalten war. Ich habe lange gebraucht, bis er es eingesehen hat, aber ich habe es geschafft. Nun ja, ich denke, ich bin schon ein Vorbild für Harry…“
Snape hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Nun wusste er, wie er die Dienstberatung nutzen konnte. Er suchte den Platz genau gegenüber von Lockhart, lehnte sich zurück und wartete ab, was Dumbledore zu vermelden hatte. Aha, das Ministerium wollte dafür sorgen, dass die Schüler von Zauberschulen mehr Bewegung und gesünderes Essen bekamen.
„Ich gedenke demnächst ein Kochbuch herauszugeben, ´Gesunde Küche für jede Hexe´ soll es heißen“, meldete Lockhart sich sofort zu Wort. „Ich stelle die Rezepte gern für die Schulküche zur Verfügung.“
Snapes Magen zog sich bedrohlich weit zusammen. Sinistra schlug für den Astronomieunterricht Nachtwanderungen vor (die machte Snape mit den Siebtklässlern schon lange – etliche Zutaten durfte man nur bei Dunkelheit sammeln), dann machten auch die anderen der Reihe nach einen mehr oder weniger sinnvollen Vorschlag. Beste Gelegenheit für Severus, seinen Blick auf Lockhart zu richten und den Gedankenfänger loszuschicken. Doch die ganze Sache erwies sich nicht als so einfach, wie Snape gedacht hatte. Zwar gelang es ihm recht schnell, die Erinnerung an den vorgestrigen Abend abzurufen. Lockhart hatte in den Huldigungen seiner Fans geschwelgt statt Potter ins Gewissen zu reden, aber das war eigentlich klar gewesen. Mit etwas mehr Mühe fand Snape heraus, dass das Kochbuch, das Lockhart gemeint hatte, weiter nichts war als eine handgeschriebene Rezeptesammlung seiner Tante.
Es war nicht zu erkennen, dass Gilderoy irgendetwas bemerkt hatte, er lächelte nach wie vor in die Runde und kommentierte die meisten Vorschläge, aber statt Erinnerungen fand Severus nur diffusen Nebel im Hirn. Mit viel Mühe lenkte er den Gedankenfänger ins Langzeitgedächtnis und konnte gerade noch sehen, dass Lockhart das Magical Arts College mit der Begründung, seine Studien anderswo fortsetzen zu wollen, ohne Abschluss verlassen hatte. Dann schirmte Lockhart seinen Geist ab, er konzentrierte sich wohl darauf, einen weiteren tollen Vorschlag zu machen. Aber Lockhart gab keinen neuen Vorschlag ab, sondern machte alle anderen nieder und wiederholte sein Angebot mit den Rezepten, ergänzt um Hinweise für den Sportunterricht. Hulda Hooch war ziemlich verärgert. „Vielleicht sollten Sie mal am Sportunterricht teilnehmen, Herr Kollege. Mein Unterricht ist nach neuesten sportwissenschaftlichen Erkenntnissen aufgebaut. Wenn Sie nach zwei Stunden noch keine Schweißperlen auf der Stirn haben, dürfen Sie Verbesserungsvorschläge machen, vorher nicht.“
Snape schickte Madam Hooch einen, wie er meinte, aufmunternden Blick zu.

Nach einer knappen Stunde beendete der Direktor die Dienstberatung mit der Feststellung, dass die Hogwartsschüler weder überdurchschnittlich oft krank noch überdurchschnittlich dick waren und deshalb kein Handlungsbedarf bestehe. Voller Ärger über die vergeudete Zeit drängte Snape nach draußen. Vor ihm schloss Lockhart zu McGonagall auf, von hinten stupste Trelawney ihn an.
„… Sorgen um Potter.“
Nanu? Severus blieb hinter den beiden und hörte zu.
„… Abend eine Stimme gehört, die gar nicht da war. Er war wohl etwas müde, das ist wahrscheinlich auf die vielen Hausaufgaben zurückzuführen. Hauptsächlich Severus überschüttet die Schüler mit Arbeiten; vielleicht könnten Sie in Ihrer Position als Stellvertretende Schulleiterin mit ihm reden?“
„Ja, das kann ich tun.“
„Das ist nicht nötig!“, mischte Severus sich ins Gespräch ein. „Ich gebe genau so viele Hausaufgaben auf wie in Hogwarts üblich und für das Verständnis der tränkekundlichen Grundlagen notwendig ist.
Ein gewisses Maß an Selbststudium ist wohl in jedem Fach notwendig und im Lehrplan vorgesehen, auch in Verteidigung.“
Lockhart rief: „Meine Unterrichtsmethoden sind vielleicht etwas anders als deine, Severus, lockerer, interessanter, mit viel weniger Zwang, aber ich befähige die Schüler durchaus zur Selbstverteidigung.“
„Das werden die Prüfungsergebnisse am Schuljahresende zeigen.
Wie mir von den Zöglingen meines Hauses übereinstimmend berichtet wird, verzichtet Professor Lockhart außer auf die Anleitung zum Selbststudium auch auf die im Lehrplan vorgeschriebenen praktischen Übungen und Demonstrationen. Vielleicht sollten Sie mit IHM sprechen statt mit mir, Professor McGonagall! Ich habe ernsthafte Bedenken, was die Prüfungen der Fünft- und Siebtklässler in diesem Jahr angeht. Guten Tag!“
Zornig wandte Snape sich ab und marschierte mit wütenden Schritten in sein Büro. Einem mit verheultem Gesicht durch die Gänge trottendem Ravenclaw-Mädchen zog er dreißig Punkte ab, weil sie ihn am Ärmel streifte. Die Kleine heulte gleich noch mehr, Snape hatte schon „Und noch zehn“ gesagt, als Dumbledore ihn bremste. „Das reicht völlig, Severus, lass Deine Wut nicht an denen aus, die nichts dafür können, dass du dich geärgert hast.“
Snape zischte etwas und beschleunigte seine Schritte. In seinem Büro fegte er den Kalender vom Schreibtisch. Er hatte das Gefühl, zu ersticken, riss das Fenster und seinen Hemdkragen auf.
Snape klatschte den Packen Aufsätze auf den Tisch, setzte sich aber nicht, sondern wanderte wie ein Tiger im Käfig auf und ab. Dieser Lockhart war so ein unverschämter Idiot!
Warum zum Teufel hatte Dumbledore diesen Spinner eingestellt? Warum hatte er nicht längst mit dem Direktor gesprochen und ihm seine Bedenken mitgeteilt?
Weil Dumbledore im Moment alles abblockte, das war es. Womit beschäftigte sich der Alte? Die praktische Leitung der Schule, der ganze Verwaltungskram, lag schon lange in den Händen von Minerva McGonagall.

Severus wusste genau, was ihm fehlte. Aber Sinistra hatte im Moment kein Auge für ihn, sie turtelte mit Lockhart herum. Zu Linda konnte er nicht, wenn er Abendaufsicht hatte. Am Tag waren ihre Kinder da und nach Mitternacht brauchte er nicht mehr bei ihr aufzukreuzen. Linda ging arbeiten und musste früh aus dem Bett; er respektierte das.
Also würde er wohl oder übel bis zum Wochenende warten müssen. Oder – in die Flamingobar gehen. Dorthin konnte Mann rund um die Uhr kommen, die Mädchen arbeiteten im Dreischichtsystem. Allerdings – die neue Besitzerin achtete viel mehr darauf, ihre Taschen zu füllen als die Kunden zufrieden zu stellen. Service und Sauberkeit hatten nachgelassen, im Gegensatz zu den Preisen. Die besten Mädchen waren schon fort und es gingen Gerüchte um, der eine oder andere Kunde habe sich mit komischem Zeug infiziert.
Kurz entschlossen ließ Snape die Arbeit Arbeit sein, verschwand durch eine Geheimtür und betrat eine Etage unter dem Büro den schalldichten Wutraum. Er entledigte sich seiner Kleider, streifte T-Shirt und Turnhose über, legte vierzig Pfund auf und begann, die Gewichte zu stemmen.
Nach einer Stunde ging er schweißgebadet und schnaufend in einen Nebenraum. Sauber, in frischen Kleidern und etwas entspannt kam er wieder, stieg nach oben und machte sich an die Arbeit.

Snapes Laune besserte sich, als er am Freitag von Linda die Nachricht erhielt, dass ihre Kinder übers Wochenende bei den Großeltern waren. Sie verbrachten zwei sorgenfreie Tage in Lindas Berghütte.
Am Samstag gab sie ihm mit Freuden alles, was sein Körper brauchte; er zahlte mit gleicher Münze zurück. Dennoch bemerkte er , dass Linda angespannt war. Am Sonntag, als sie nach einem rustikalen Mittagessen vor der Hütte in der Sonne saßen, rückte sie mit der Sprache heraus. „Ich habe diese Woche im Büro etwas Merkwürdiges gehört. Mein Chef hatte einen Geschäftspartner zu Gast, er stand als ´Mr. Malfoy´ im Terminkalender. Und der hat gesagt, dass er einen Schritt weiter wäre mit der Auferstehung des Meisters. ´Ich habe sein Tagebuch in die richtigen Hände gegeben, es fängt an, zu wirken. Hogwarts wird bald zittern vor Angst. Der nächste Schritt wäre dann, den alten Trottel wegzujagen.´ Das hat dieser Malfoy wörtlich gesagt und Maddox fand es gut. Was geht bei Euch vor?“
„Nichts“, antwortete Severus, „wahrscheinlich NOCH nichts.“ Er sah Linda an. Sie hatte Angst.
„Was wird, wenn er wirklich wiederkommt?“
„Es wird schlimmer werden als es damals war.“
Linda schluckte und kämpfte gegen die Tränen an. Snape starrte in die Ferne, aber er sah nicht das Panorama, sondern Hogwarts. ´… hat vorgestern Abend eine Stimme gehört, die gar nicht da war…´, erinnerte er sich an Lockharts Worte. Potters Narbe war eine Verbindung zu ihrem Urheber, das meinte zumindest Dumbledore, und der hatte meistens Recht, wenn es um die Mysterien der Magie ging. Was, wenn die Stimme nur in Potters Kopf war und von Voldemort stammte? Das Dunkle Mal hatte in den vergangenen Tagen an Deutlichkeit gewonnen. Malfoy hatte das Tagebuch des Meisters – in wessen Hände gegeben? Das musste er herausfinden. Und er musste mit Dumbledore darüber reden. Darüber und über Lockhart.
Linda entspannte sich, als seine Hand unter ihr T-Shirt wanderte und aufwärts kroch. Wenig später lagen sie auf dem Dachboden in einem Nest aus Heu und spielten miteinander.


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