In Ginevra Molly Potters Worten - 12. Dezember: Das Mädchen, das liebte - Teil 5
von ChrissiTine
12. Dezember: Das Mädchen, das liebte, Teil 5
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Ich stieg über einen leblosen Körper. Ich linste nach unten. Harry auf dem Boden, blutend, sterbend, tot.
Ich schaute mich um und erkannte, dass ich wieder zurück in der Kammer des Schreckens war.
Ich hörte, wie ein unheimliches Lachen um mich pulsierte.
Ich schaute nach vorne und sah, dass Harry dort stand, aber wie konnte er das? Er lag tot zu meinen Füßen, aber dieser Harry war durchsichtig. War er ein Geist? Eine Seele, die in Form eines Phantoms auf der Erde herumspazierte? "Ginny", rief Harry mir zu, "du hast mich sterben lassen. Voldemort hat mich getötet."
"Nein! Es war nicht mein Fehler."
"Du hast mich nicht gerettet!"
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"NEIN!"
Ich schreckte in meinem Bett auf. Hermine kam vorsichtig auf mich zu und ich sah sie verwirrt an. "Was ist los?", fragte ich und versuchte, ihren neugierigen Blick zu verstehen. "Ist er hier?" Ich schrie, dachte zurück an meinen Albtraum und versuchte die Realität von der Phantasie zu trennen. "Ist Voldemort hier?"
"Nein." Sie schüttelte den Kopf und gab mir ein kleines Fläschchen. "Harry möchte, dass du das trinkst. Er hat mir gesagt, dass ich die grüßen soll, weil -"
"Grüßen?", kreischte ich und bekam Panik. "Was meinst du? Wo ist Harry? Was geht hier vor sich?" Mein Verstand konzentrierte sich auf das, was ich gesehen hatte, Harry tot am Boden und ich war nicht in derr Lage gewesen, ihn zu retten.
"Beruhig dich!", schrie Hermine. "Trink das und folge mir. Ich erklär dir so viel wie ich kann."
Stunden später war die eine Harrsträhne, die nie blieb, wo sie bleiben sollte, nicht die einzige, die nicht an ihrem Platz war. Dunkle Schmutzflecken waren in meinem Gesicht. Ich untersuchte meine Uniform, nur um mehrere Brandlöcher zu finden, die von Sprüchen herrührten, die mich verfehlt hatten. Dank Harry. Immer dank Harry.
Hundert Meter über mir war das Dunkle Mal zu sehen. Ich nahm das Geschehen vor mir in mir auf. Harry war zusammengekrümmt neben einem Körper, einer bekannten Gestalt mit silbernem Haar und Bart, purpurnem Umhang und Halbmondbrille, die immer noch auf der gebrochenen Nase war. Der bewegungslose Körper sah aus, als wäre er von weit oben gefallen. Hagrid stand neben Harry, eine Hand auf seiner Schulter, und versuchte den Jungen dazu zu bewegen, mit ihm zu kommen.
Für einen Moment lang vergaß ich, wer mich hierher geschickt hatte und warum. Der Schock, meinen Schulleiter so verrenkt wie eine Puppe auf der nassen Erde zu sehen, gewann die Kontrolle über mich. Jemand sprach und erst jetzt erkannte ich, dass sich eine kleine Menschenmenge gebildet hatte.
"Komm her, Harry ...", sagte Hagrid und zog an Harrys Ärmel, um ihn von der schrecklichen Szene wegzubringen. Er sah so hilflos aus, obwohl er Harry ohne Probleme hätte hochheben können.
"Nein." Seine Worten waren kalt und weit weg, so ähnlich, aber auch so anders, wie die, die er damals nach Cedrics Tod gesprochen hatte und die, die er gesprochen hatte, nachdem Sirius durch den Schleier gefallen war. Das waren nicht die Worte des Jungen, den ich in den letzten Wochen geküsst hatte.
"Du kannst nich hier bleiben, Harry", sagte Hagrid verzweifelt, während faustgroße Tränen auf den Rasen fielen. "Nun komm schon ..."
"Nein", sagte Harry und verstärkte seinen Griff um Dumbledores Umhang.
Er braucht dich, dachte ich mir. Reiß dich zusammen! Der Schock verließ mich, ich trat aus der Menge hervor und nahm seine Hand. "Harry", flüsterte ich in sein Ohr, "Komm mit." Ich zog ihn hoch und er folgte mir, genau wie ich es erwartet hatte.
Nachdem alle Geschichten erzählt worden waren, verscheuchte uns Madam Pomfrey aus dem Krankenflügel, damit die Verletzten sich erholen konnten. Aus purer Neugier ging ich nicht sofort zurück zum Gryffindorturm, sondern zurück an den Ort, an dem heute alles passiert war.
Ein Teil der Decke lag auf dem Boden. Es gab Löcher in der Wand wo Sprüche ihr Ziel verfehlt hatten und abgeprallt waren. Ich stieg über Pfützen aus Blut hinweg, die am Boden waren und lief vorsichtig den Gang entlang. An der Treppe blieb ich stehen.
Der schwarzmagische Schutz war schon vor Stunden aufgehoben worden, aber ich erinnerte mich lebhaft daran, wie Neville davon zurückgeworfen worden war. Trotzdem zögerte ich, auf der Hut vor einem Todesser, der zurückgeblieben war, um das Chaos fortzuführen, vielleicht sogar, um Harry zu finden und einen zweiten Mord in dieser Nacht zu begehen. Ich ignorierte die Angst und stieg die Stufen nach oben.
Es war totenstill dort oben und es wurde keine Geschichte erzählt. Was auch immer hier passiert worden war, der Ort weigerte sich, darüber zu sprechen. Keine Anzeichen von einem Kampf, keine Kratzer, die darauf hindeuteten, dass hier etwas schwerwiegendes passiert war und keine Symphatie für die Gefallenen. Die Sterne leuchteten über mir am Himmel. Wenn sie sich nur ein bisschen interessierten, zeigten sie es nicht. Ich fröstelte, obwohl hier oben kein Wind wehte.
Ich war mir nicht sicher, was ich erwartete, hier zu finden. Vielleicht suchte ich nach einer Antwort, einem Schlupfloch, dass jemand übersehen hatte. Vielleicht Trost, den gleichen Zuspruch, den die Trauernden suchten, wenn sie Godric's Hollow besuchten und Nachrichten auf das Potterhaus schrieben.
Ich stellte mir vor, dass hier irgendwann eine Tafel sein würde, die zukünftigen Schülern erklärte, was passiert war. "Hier fiel der größte Zauberer und Schulleiter von Hogwarts, Albus Dumbledore, der einzige, den Lord Voldemort jemals gefürchtet hatte ..."
Es war nicht mehr wichtig. Der einzige, den er je gefürchtet hatte, war gegangen, und jetzt fürchtete er sich vor niemandem mehr. Was würde ihn jetzt noch davon abhalten, die Macht zu ergreifen? Der Zauberer, der so auf der anderen Seite gestanden war, war ohne viel Aufwand gebrochen worden. Wer würde jetzt auf der anderen Seite stehen?"
Ich wusste die Antwort, bevor ich die Frage gestellt hatte. Harry würde auf der anderen Seite stehen. Voldemort war für so viele Verluste in Harrys Leben verantwortlich und ich wusste, dass Harry keine Ruhe finden würde, bis er etwas dagegen getan hatte. Was immer Dumbledore auch geplant hatte, Harry würde es nun auf eigene Faust machen müssen und er würde es mir nicht erlauben, mit ihm zu kommen.
Ich rutschte an der Wand herunter und begann zu weinen. Heiße Tränen quollen aus meinen Augen, während ich über Dumbledore nachdachte und Harry und über das, was kommen würde, was bevorstand. Ich wollte diese unvermeidbare Realität nicht anerkennen. Harry würde sich nicht nur weigern, mich folgen zu lassen, er würde ...
Mein Fuß streifte etwas am Boden, aber nichts war da. Ich streckte meine Hände aus und fühlte den bekannten glatten Stoff von Harrys Tarnumhang. Ich umklammerte ihn fest und nur eine Sache war wichtig für mich. Es war vielleicht nur ein ganz kleiner unwichtiger Sieg, wenn ich Harry den Umhang zurückbrachte, aber ich musste ihn zurückbringen, fast so, als würde ich Harry etwas von dem zurückgeben, was er heute Nacht verloren hatte.
Ich schlang den Umhang um meinen zitternden Körper, obwohl ich bezweifelte, dass sich irgendjemand darum scherte, wenn ich jetzt durch das Schloss spazierte. Es war wegen mir, denn ich wollte mit niemandem sprechen oder irgendwelche Fragen beantworten. Die Neuigkeit, dass Harry Zeuge der nächtlichen Ereignisse war, würde sich schnell verbreiten und weil ich seine Freundin war, würden die Leute annehmen, dass ich auch wusste, was passiert war.
Es waren noch ziemlich viele Leute im Gemeinschaftsraum, als ich durch das Porträtloch hereinkam. Falls sie bemerkt hatten, dass niemand hereingekommen war, dann zeigten sie es nicht. Dean schaute nur einmal kurz zum Eingang, bevor er sich wieder seiner Unterhaltung mit Seamus zuwandte. Lavender und Parvati saßen zusammen weinend am Boden.
Ich hörte Rons Schnarchen, als ich mich in Harrys Zimmer schlich. Ich hörte kein anderes tiefes Atmen und wusste, dass Harry noch nicht eingeschlafen war. Bevor ich mich bemerkbar machen konnte, flüsterte Harry in der Dunkelheit: "Hallo, Ginny." Ein Zauberstab fing an zu leuchten und ich sah sein angespanntes Gesicht.
Ich zog den Umhang aus. Halblächelnd fragte ich schwach: "Woher hast du gewusst, dass ich es war?"
"Ich hab dich gespürt", sagte er einfach. Er öffnete die Schublade seines Nachttisches und legte etwas hinein. Metal traf auf Holz, nachdem er es losgelassen hatte und er winkte mich zu sich.
"Ich hab dir deinen Umhang zurückgebracht", sagte ich, legte ihn auf den Boden und kuschelte mich auf dem Bett an ihn. Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und er machte ein verständnisvolles Geräusch. "Ich musste dich sehen."
"Ich kann nicht schlafen."
Ich nickte verständnisvoll. Die Bilder, diese schrecklichen Bilder, mussten immer wieder in seinem Kopf auftauchen. Ich wollte seinen Kopf so gerne von allen Gedanken befreien, sodass er in Ruhe schlafen konnte, aber die Welt würde sich nicht geändert haben, nachdem er wieder aufgewacht war.
"Nachdem du mich in der Kammer gerettet hast", sagte ich und wusste nicht, woher ich die Kraft nahm zu sprechen. "Hat Dumbledore mich im Krankenflügel besucht. Ich hab gedacht, dass ich schwach war, weil ich dem Tagebuch vertraut habe, aber er wollte nicht, dass ich sowas denke. Er hat gesagt, ich wäre für große Dinge bestimmt ... und er hat gesagt, dass du das auch bist."
Ich spürte, wie eine Träne auf meinem Kopf landete, die seine Wange heruntergerollt sein musste. "Er wusste immer, was er sagen musste, damit ich mich besser fühle.", flüsterte Harry. "Bei ihm hat immer alles einen Sinn ergeben. Wie kann das alles ohne ihn einen Sinn ergeben?"
Ich zog ihn näher zu mir, weil ich Angst hatte, dass er mir entgleiten würde, wenn ich ihn losließ und dass ich ihn nie wieder würde halten können. Er hielt mich fester als jemals zuvor: Zu verängstigt um zu entspannen, weil er keinen weiteren Menschen verlieren wollte, den er liebte. Die Umarmung zerstörte unsere Mauern und bevor wir uns dessen bewusst waren, schluchzten wir unkontrolliert. Es flossen so viele Tränen, dass ich nicht glaubte, dass ich sie jemals würde stoppen können.
Aber wir schafften es trotzdem, aufzuhören. Mein Haar war nass und seine Brust war feucht. Wir brauchten keine Worte mehr, die Stille war angenehmer.
Ich hickste, unterbrach so die Stille und fand es angebracht, wieder etwas zu sagen. "Ich hab alle Geschichten über dich gehört, als ich aufgewachsen bin.", flüsterte ich. "Darüber, dass du ein toller Zauberer warst und eine außergewöhnliche Macht hast."
"Hast du deshalb für mich geschwärmt?", fragte er sanft.
"Vielleicht am Anfang", sagte ich, schüttelte dann aber leicht meinen Kopf. "Aber das konnte es nicht sein, denn ich hab nicht gewusst, wer du warst, als ich dich das erste Mal gesehen habe."
Er schluckte den Kloß in seinem Hals herunter und versuchte zu lächeln. "Ich war an dem Tag so verloren", flüsterte er.
"Du hast hinreißend ausgesehen", neckte ich ihn und erinnerte mich daran, als wäre es erst gestern gewesen. "Als du mich das erste Mal angesehen hast, hat mein Herz einen Sprung gemacht." Die Erinnerung gab mir Hoffnung. "Es war nicht deine Narbe, es war nicht deine Macht und es war nicht, weil du berühmt warst ..." Ich legte mich anders hin, um sein Gesicht zu sehen. "Ich glaube, dass es deine Augen waren."
Seine Augenlider sahen schwer aus und seine Atmung wurde ruhiger. Auf sein Gesicht schlich sich langsam ein Lächeln. Bevor er seine Augen ganz geschlossen hatte, murmelte er noch: "Bleib ... heute Nacht bei mir." Er sagte nichts mehr.
"Natürlich bleibe ich", flüsterte ich meinem schlafenden Freund zu. Ich nahm ihm vorsichtig seine Brille von der Nase. Ich öffnete die Schublade seines Nachttisches und legte sie neben ein Medaillon, das ich neugierig anschaute. Ich nahm es in die Hand und ließ es zwischen meinen Fingern baumeln. Hatte er das umklammert, als ich heute Nacht hierher gekommen war? Ich hielt Harrys leuchtenden Zauberstab näher zum Medaillon und öffnete es vorsichtig. Es war ein Stück Perfament drin. Ich schluckte schwer, nahm es heraus und las die Notiz.
An den Dunklen Lord
Ich weiß, ich werde tot sein, lange bevor Ihr dies lest, aber ich will, dass Ihr wisst, dass ich es war, der Euer Geheimnis entdeckt hat. Ich habe den echten Horkrux gestohlen und ich will ihn zerstören, sobald ich kann. Ich sehe dem Tod entgegen in der Hoffnung, dass Ihr, wenn Ihr Euren Meister findet, erneut sterblich sein werdet.
R.A.B.
Da war das Wort wieder: Horkrux. Ich verstand allerdings kaum etwas anderes, aber der Satz "dass Ihr erneut sterblich sein werdet" jagte mir Schauer den Rücken runter. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um mir darüber Sorgen zu machen. Wenn ich mich mehr zusammenreißen würde können, dann würde ich über die Informationen mehr nachdenken. Ich steckte die Notiz zurück in das Medaillon, legte es wieder in die Schublade und löschte Harrys Zauberstab.
Ich küsste meinen Freund sanft auf die Lippen und kuschelte mich näher an ihn. Er war eingeschlafen und das verdiente er mehr als alles andere heute Nacht. Ich seufzte schwer, warf den Tarnumhang über mich und schlief in seinen Armen ein.
In den nächsten Tagen verbrachten Harry, Hermine, Ron und ich unsere ganze Zeit zusammen. Zwei Tage vor Dumbledores Beerdigung wachte ich auf und fand Harry im Gemeinschaftsraum vor, wo er ins Feuer starrte und etwas in seiner Hand umklammert hielt. Ich vermutete, dass es das Medaillon war.
"Ziemlich nachdenklich, oder?", fragte ich, kam zu ihm und umarmte ihn. "Du bist letzte Nacht wieder aufgewacht, oder?"
Harry nickte und steckte das Ding in seine Jeanstasche. "Kurz nachdem du gegangen bist."
Ich nickte und dachte an Ron. Er hatte sich die ganze Nacht hin und her geworfen und ich war mir nicht sicher, dass es schlau gewesen wäre, in Harrys Bett zu schlafen, wenn der große Bruder aufwachte. Ich bin in mein Zimmer geschlichen, nachdem Harry eine halbe Stunde geschlafen hatte.
Ich hob meine Hand und strich ein paar Haare aus seinen Augen. Meine Finger glitten über die Narbe und Harry zuckte zusammen. Er schloss seine Augen und atmete schwer, vielleicht dachte er an das, was er tun musste. Er schluckte schwer, öffnete sie wieder und schaute mich an.
Ich hatte diesen Blick erwartet, seit Dumbledore gestorben war. Er würde mit mir Schluss machen, weil er dachte, dass es sein Fehler war, dass Cedric gestorben war, dass Sirius gestorben war und dass Dumbledore gestorben war und er weigerte sich, mich noch mehr in Gefahr zu bringen, weil er mein Freund war.
"Ginny, ich -"
Ich legte meinen Finger auf seine Lippen. "Noch nicht", flüsterte ich.
Er schloss seine Augen und nickte. Er zitterte, versuchte stark zu sein, denn wenn er mich gehen ließ, dann ließ er die Quelle, die ihm am meisten Trost spendete, gehen, die einzige, die ihn zum Einschalfen bringen konnte, ohne auf magische Hilfsmittel zurückzugreifen, die Liebe, nach der er sein ganzes Leben lang gesucht hatte.
Als Hermine und ich später alleine waren, wollte ich zum millionsten Mal alles wissen, was sie über Harry und die Horkruxe wusste. Aber wie ich erwartet hatte, weigerte sie sich und sagte, dass sich nichts geändert hatte, auch wenn Dumbledore jetzt gegangen war.
"Er wird mit mir Schluss machen, Hermine", sagte ich geradeheraus.
Hermine nickte, sie hatte den gleichen Blick in seinen Augen bemerkt. "Dumbledore hat ihm einen Auftrag hinterlassen", sagte sie. "Ich glaube nicht, dass er in die Schule zurückkommen wird."
"Dann gehe ich mit ihm", sagte ich sofort.
Hermine schüttelte ihren Kopf. "Du weißt, dass Harry das nicht zulassen wird.", sagte sie sanft.
Ich wollte etwas erwidern, ließ es dann aber bleiben. Wenn es nicht Harry gewesen wäre, auf niemand anderen würde ich hören. "Ich will nicht zurück bleiben.", sagte ich leise. "Ich wurde immer zurückgelassen."
"Du musst hier bleiben", erwiderte sie. "Du musst ihm etwas geben, auf das er hoffen kann, etwas, zu dem er zurückkehren kann."
"Wenn er mich nicht gehen lässt, dann dürft ihr ihn nicht im Stich lassen", bat ich sie. "Ich kann ihn nicht verlieren."
"Ron und ich haben schon darüber gesprochen", sagte sie. "Wir werden gehen, egal, ob er uns fragen wird oder nicht."
Ein großartiger Mann war dieses Jahr gestorben. Albus Dumbledore, der mächtigste Zauberer, den ich je gekannt hatte, wurde diesen Juni vor tausenden von Menschen begraben. Dumbledore, ein Mann, der immer zuhörte, ein Mann, der immer ermutigte, ein Mann, der immer da war, um uns zu retten, konnte nicht selbst gerettet werden.
Ich weinte, nicht für Dumbledore, denn sein Kampf war vorbei, sondern für die, die zurückgelassen worden waren, die weiter kämpfen mussten ohne seine Führung, für die Schüler von Hogwarts, die nie erleben würden, was er unter ein paar Worten verstand und für Harry, dem eine Reise bevorstand, die seinen Verstand bis auf's Äußerste beanspruchen würde. Ich weinte, weil ich, wie jeder um mich herum, nicht verstand.
Und in diesem Moment passierte das, was ich seit Tagen befürchtet hatte. Harry schaute mich mit Tränen in den Augen an, nachdem die Zeremonie vorbei war. Ich hatte aufgehört zu weinen und versuchte seinen Blick mit dem Blick zu erwidern, den er so mochte. Ich konnte es ihn nicht weiter hinauszögern lassen. Es würde jetzt sein müssen.
Ich wusste, dass er Recht hatte und ich wusste, dass es keine andere Möglichkeit gab, aber das machte es nicht weniger schwer. Ich hörte ihm zu und wusste ganz genau, dass ich die Macht dazu hatte, dass er seine Meinung änderte, dass er, wenn ich ihn nur lange genug küsste, vergessen würde, was er tun musste, und mit mir weglaufen würde. Aber obwohl ich diese Macht hatte, weigerte ich mich, sie zu gebrauchen.
Ich schaute ihm nach, als er von mir wegging, ohne Kuss oder eine Umarmung oder auch nur einen Handschlag. Nur die leichteste Berührung von mir würde das in Trümmer legen, was er mutig geschafft hatte. Es gab so viel, zu dem ich nie die Gelegenheit gehabt hatte ... ihm Glück zu wünschen, unsere Leben im Detail zu diskutieren, oder ihn sogar wissen zu lassen, dass ich ihn liebte.
Luna setzte sich neben mich, legte mir eine Hand auf die Schulter und wischte eine Träne von meiner Wange. Sie warf einen Blick auf meinen neuesten Exfreund und fragte: "Wartest du auf Harry?"
Ich wusste, was sie meinte. Er war damit beschäftigt, mit Rufus zu sprechen, sich vielleicht ein weiteres Mal mit ihm zu streiten. Luna fragte nur, ob ich hier wartete, bis Harry damit fertig war, mit ihm zu sprechen. Aber für mich ging die Frage tiefer, war bedeutsamer. Ich lächelte. "Ja", antwortete ich. "Ich warte auf Harry."
Und ich weinte, nicht, weil ich ein gebrochenes Herz hatte, sondern weil Harry vielleicht sterben würde. Und ich war stark, weil es das war, was ich für ihn sein musste. Und ich verstand, denn alles andere wäre selbstsüchtig.
Sie nannten ihn den Auserwählten, die eine Person, die dazu bestimmt war, Voldemort zu zerstören, aber für mich war er Harry. Sie nannten ihn auch den Jungen, der überlebte, obwohl er nie die Chance dazu gehabt hatte, frei zu leben.
Und ich liebte ihn und würde ihn lieben, während ich auf ihn wartete und ich würde ihn lieben, bis ich starb. Und falls er in diesem Krieg sterben sollte, dann würde ich jeden Tag sein Grab besuchen und Blumen und mein Herz auf die feste Erde legen. Ich würde nie wieder jemand anderen lieben und wenn ich sterben würde, dann würde ich verlangen, dass man mich neben ihm begrub und alle würden wissen, dass Ginevra Molly Weasley verliebt gestorben war.
Sie nannten ihn den Jungen, der überlebte ...
... Nennt mich das Mädchen, das liebte.
TBC ...
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Ü/N: Ich habe mir hier erlaubt, die offizielle deutsche Übersetzung etwas zu verändern, da ich bezweifle, dass Regulus Black in dem Brief an Voldemort per du mit ihm gewesen ist. Ich hoffe, das stört euch nicht, aber mir erschien es passender.
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Samstag, 01.07.
Freitag, 02.06.
Mittwoch, 24.05.
Schauspielern ist schwerer, als die Leute denken, aber es ist fantastisch. Ich liebe jede Sekunde davon.
Daniel Radcliffe