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Blinded by faith - Kapitel 3 - Teil 1

von Eva Nightingale

Es war Dezember und die Dunkelheit war schon seit Stunden über das Land gelegt.
Cassidy konnte schon die vielen Stimmen der Schüler hören. Ja, hier war sie richtig. Cassidys erster Auftrag war erfüllt: Sie hatte Hogwarts gefunden. Nun würde sie bald neue Instruktionen erhalten. Sie musste nur noch warten.
Langsam und vorsichtig schritt Cassidy durch die äußeren Mauern des Schlosses und die Stimmen wurden immer lauter. Eine kleine Aufregung erfasste sie, denn schon lange war sie nicht mehr unter solch vielen Menschen gewesen. Wenn ich ehrlich bin, dürfte das letzte mal vor meinem Tod gewesen sein, überlegte Cassidy und wurde ein bisschen betrübt, wie jedes Mal, wenn sie an die Zeit vor ihrem Tod dachte.
Sie hatte nie erfahren, was aus ihrem Sohn wurde. Nach zweihundert Jahren war es nicht schwer zu erraten, dass er bereits tot war. Hatte er ein erfülltes Leben gehabt? Hatte er vielleicht Kinder und Kindeskinder? Cassidy stellte sich häufig diese Fragen, aber Antworten darauf würde sie wohl nie bekommen. Als Iskanie, Kind der Nacht, dürfte sie diese Erinnerungen nicht einmal besitzen und sie täte gut daran, ihr altes Leben für immer zu vergessen. Iskana war ein Clan von Vampiren, der sich seit nun mehr acht Jahrhunderten an der Macht hielt. Die Herrschaft dieses Clans war grausam, aber sie sorgten für den Fortbestand ihrer Gattung und dafür, dass die Menschen selten etwas von den wahren Herrschern der Nacht erfuhren. Neben dem Iskana-Clan, gab es noch fünf weitere Clans, die allesamt versuchten die Herrschaftsfolge für sich zu bestimmen. Jedes zweite Jahrhundert wurde ein Kampf einberufen, der über die Herrscherposition entscheiden sollte – und die letzten vier Kämpfe gewann immer ein Iskanie. Konstantin war als haushoher Sieger der letzten drei Kämpfe hervorgegangen und in weniger als einem Jahrzehnt würde ein neuer Kampf um die Herrschaft der Vampire und Werwölfe beginnen.
Cassidy scherte dies jedoch wenig. Ihr war es egal, wer an der Macht war... Ein Fehler, wie sich in einigen Jahren herausstellen sollte. Doch noch war kein Gedanken daran zu verschwenden, es lag noch im trüben Licht der Zukunft.

Lautlos, wie nur ein Vampir vermochte zu gehen, schlüpfte sie durch das große Tor des Schlosses und fand sich in einer gigantischen Eingangshalle wieder. Der marmorne Boden glänzte und reflektierte das eindringende Mondlicht.
Da es schon spät am Abend war und alle Kinder entweder in den Gemeinschafträumen zugegen waren oder schliefen, fand Cassidy völlig freie Flure vor. Sie unterdrückte den Durst, wenn sie an all die blutjungen Kinder dachte, deren Blut noch so rein war. Wut über sich selbst erfüllte sie; sie hasste solche Gedanken, aber das Tier in ihr wollte einfach keine Ruhe geben. Es war Tage her, dass sie ein Tier ausgetrunken hat und der Durst wurde wieder stärker. Ihr Vorrat, den sie in Flaschen bei sich trug, war fast aufgebraucht, dennoch verschwendete sie keinen Gedanken daran, dass der Durst sie überwältigen und sie ein Massaker anrichten lassen könnte.
Hm, was nun? Ich bin Hogwarts... Cassidy blieb stehen und sah sich um. Die Bilder an der Wand bewegten sich und ihre Cassidys Aufmerksamkeit wurde auf die schlafenden Gestalten darauf gerichtet. Im rhythmischen Auf und Ab der Atmung bewegten sich die Brustkörbe der Bilderbewohner, als könnte man durch ein Fenster sehen. Es war das erste Mal, das sie so etwas sah, aber man hatte sie bereits gewarnt, dass sie hier Dinge sehen könnte, die sie nie für möglich gehalten hätte. Und diese Bilder gehörten zweifellos dazu. Vorsichtig näherte sie sich deshalb einem davon und vorsichtig griff sie zu der rauen Oberfläche. Die Person auf dem Bild schreckte vom Schlaf auf und sah sich erschrocken um. Da es dunkel war, konnte der Zauberer (und die Kleidung machte deutlich, dass es ein Zauberer war) nicht sehen, wer oder was, das Bild berührt haben könnte. Einen kreisenden Blick ins Nichts und die Gestalt schlief wieder ein. Merkwürdig, dachte Cassidy, aber schwor sich hier nichts mehr anzufassen.

Mit dem Gedanken, den Direktor aufzusuchen, machte sie sich ihren Weg durch die verworrenen Gänge der Schule. Sie wusste nicht mal, welchen Lehrer sie hier suchte, wie sollte die dann dem Direktor erklären können, warum sie hier war... Wozu auch noch kam, dass sie gar nicht wusste, warum sie denn hier war. Das Einzige, das man ihr bisher anvertraut hatte, war, dass sie hier einen Lehrer finden sollte. Nicht viel will man meinen, aber die Informationspolitik der Iskanie war von je her eher sparsam angehaucht.
Auch nach einer Stunde hatte sie das Büro des Direktors noch immer nicht gefunden und Cassidy wünschte sich ihre Fähigkeit nutzen zu dürfen. Aber es war undenkbar, da es Vampirjäger auf den Plan rufen würde und die brauchte sie beileibe nicht.
Es existierte ein Geheimkult, der sich darauf verschworen hatte, die Vampire zu jagen und zur Schrecke zu bringen – ohne eigentlich zu wissen, was die Vampire in Wirklichkeit steuerte. Dieser Kult gab es schon seit Jahrhunderten... nein, Jahrtausenden und dabei hatte es auf beiden Seiten hohe Verluste gegeben.

Plötzlich hörte Cassidy Schritte. Hat man sie vielleicht schon bemerkt? Kaum vorzustellen, aber vielleicht wäre es besser entdeckt zu werden. So lauerte sie mitten im Flur und wartete auf die Person, die immer näher kam. Erst wurde es heller, das Licht eines Zauberstabes leuchtete den Flur nur ein wenig aus, dann war ein schreckhaftes Einatmen zu hören.
„Ein Schüler! Um diese Zeit! Wer ist ihr Hauslehrer?“
Sie öffnete den Mund, aber kein Laut kam heraus. Die Stirn tief in Falten gelegt, grübelte Cassidy plötzlich über die Worte nach. Zu lange hatte sie nicht mehr gesprochen, zu lange hatte sie einfach still neben einem anderen gesessen, ohne zuzuhören oder dabei zu denken. Konnte man in dieser Zeit Sprechen verlernen? Was für einen Unfug, schimpfte sie über ihre dummen Gedanken. Natürlich kann ich noch reden!
„Was ist nun? In welchem Haus sind Sie untergebracht?“
„Kein... kein Haus, nein, ich bin auf der Suche nach dem Direktor dieser Schule!“ War das erste Wort gesprochen, fielen ihr wieder die Worte von selbst ein. Plötzlich erkannte sie, dass es nicht an der Sprache selbst, sondern an dem Wesen ihr gegenüber gelegen hatte. So nahe war sie schon lange keinem Menschen mehr gewesen und sie konnte das Blut unter der Haut pulsieren hören. Sie könnte den Geruch davon wahrnehmen. Ein schrecklicher Impuls zog sie nach vorne und sie hätte auch ihre Zähne in den weißen Hals des Mannes gebohrt, hätte sie sich nicht in letzter Minute zusammengerissen.
„Was soll das heißen?“
„Das soll heißen, dass ... ich keine Schülerin bin.“ Cassidy war nun viel gefasster. Wenn sie auch noch immer das Verlangen nach frischem Blut hatte, konnte sie sich doch dagegen wehren.
„Nun darf ich aber eine Frage stellen: Wer sind Sie?“ Der ältere Mann sah sie störrisch an und die Antwort kam prompt und misslaunig:
„Ich bin Mr. Crooks, Hausmeister von Hogwarts.“
„Nun denn, Mr. Crooks, bringen Sie mich zu Ihrem Direktor!“ Sein Gesicht wurde freundlicher und es entstand sogar ein seltsames Leuchten in seinen Augen.
„Erwartet Sie Professor Dippet?“ Er musterte sie und ließ seinen Blick einen Moment auf ihren Brüsten ruhen, ehe er ihr wieder ins Gesicht sah und gerade noch das Kopfschütteln wahrnahm.
Er leckte sich über die Lippen und antworte, dass er sie leider nicht zu ihm führen könnte, wenn sie keinen Termin hätte.
„Aber ich könnte mich vielleicht umstimmen lassen, wenn Sie... ein bisschen entgegenkommender wären.“ Cassidy unterdrückte das Ekelgefühl und den Zwang sein Genick zu brechen. Da sie das Aussehen einer Siebzehnjährigen hatte, war dieses Angebot noch erschreckender. Wer weiß, was der schon mit den Schülerinnen angestellt hat! Sein gieriger Blick ist richtig widerlich! Man sollte die armen Mädchen vor diesem Perversen schützen... aber es ist nicht an mir über diesen Menschen zu richten.
„Hören Sie, ich will mir nicht mal ausmalen, was Sie mit ``Entgegenkommender`` meinen, aber ich sollte Sie warnen: Ich könnte ihr Urgroßmutter sein und wenn Sie mich noch einmal so ansehen wie eben, dann sind Sie ein toter Mann!“ Ihre Stimme war nur noch ein Zischen. „Und noch eines: wenn ich mitbekommen sollte, wie Sie irgendeine Schülerin auch nur lüstern anblicken, dann garantiere ich Ihnen, dass Sie sich wünschten, Sie wären tot!“ Vielleicht kann ich nicht über ihn richten, aber ihm drohen kann ich allemal! Und die Einschüchterungsversuche hatten Erfolg. Cassidy konnte spüren, wie sein Herz schneller schlug und das Blut durch den gesamten runzligen Körper schoss.
„Gibt es hier irgendein Problem, Stanley?“ Ein weiterer Mann war aus dem Schatten getreten. Ein langer, kastanienbrauner Bart reichte bis an den Bauchnabel des Zauberers. Er hatte ein gütiges Gesicht, wenn es im Moment auch zu einer steinernen Maske gefroren war. „Sollten Sie nicht schon Ihre Sache gepackt und Hogwarts verlassen haben?“
„Ja, Professor Dumbledore,“ sagte Crooks unterwürfig und ging ohne ein weiteres Wort davon.
„Sie sind keine Schülerin von Hogwarts, nicht? Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?“ Sein Gesicht war entspannter, seit der Hausmeister verschwunden war und es entstand sogar ein freundliches Lächeln auf seinem Gesicht.
„Das können Sie sicher. Ich bin auf dem Weg zu Professor Dippet.“
„Nein, das sind Sie nicht.“
„Bin ich nicht?“ Verwirrt blickte sie ihn an und das schelmische Grinsen wurde breiter. „Nein, Sie laufen in die falsche Richtung.“

Professor Dumbledore zeigte sich durchaus charmant und nett, was gar nicht mal so selbstverständlich war, wie er ihr erklärte, da die Welt der Zauberer in der Knechtschaft eines schreckenverbreitenden Zauberer war. Grindelwald, so hieß dieser machthungrige Mann, der nicht vor Mord und anderen Gräueltaten zurückschreckte. Dumbledore schien verwundert, dass Cassidy dieser Namen nichts sagte, aber er stellte ihr keine quälenden Fragen.
Schließlich kamen sie bei einem gigantischen Wasserspeier an.
„Nimosa,“ sagte er schlicht und der Wasserspeier schob sich zur Seite und machte Platz für eine Wendeltreppe, die nach oben führte. Cassidy folgte dem Lehrer und hörte schon eine Stimme, nachdem Dumbledore kurz angeklopft hatte und dann eingetreten war:
„Albus, womit verdiene ich Ehre dieses späten Besuches?“
„Unser Gast hier (Er trat zur Seite und den Blick auf Cassidy freizumachen) wollte mit dir sprechen.“ Der Direktor nickte, wenn man ihm auch ansah, dass er nichts mit der Gestalt vor sich anfangen konnte.
„Bitte setzten Sie sich, Miss...?“
„McAladair. Vermutlich wird das ziemlich seltsam klingen, was ich jetzt sage, aber...“ Cassidy fing an zu erklären. Als sie die nicht ganz unbedeutende Kleinigkeit erwähnte, wer sie denn geschickt habe, wurde Dippet ganz weiß im Gesicht und der ohnehin schon hagere Mann wirkte um Jahre gealtert.
„Vampire,“ fragte er schockiert. Sie nickte, während sie sich durchs Jahr fuhr.
„Normalerweise untersagt und der Kodex, dass wir über unsere Art sprechen, aber da ich zu Ihnen geschickt wurde, nehme ich an, dass es schon in Ordnung geht. Sie wissen jetzt, was ich bin und ich hoffe auf eine fruchtbare Zusammenarbeit.“ Wann habe ich so gelernt zu reden, fragte sie sich und gab sich der Versuchung hin darüber nachzudenken. Jedoch nicht lange, denn der alte Professor war von seinem Stuhl aufgestanden und lief mit den Armen hinten auf dem Kreuz verschränkt durch den Raum. Er hätte einen würdigen Nachfolger von Napoleon geben – fehlte jetzt nur noch die typische napoleonische Kopfbedeckung. Cassidy hatte die Laufbahn des selbsternannten Kaisers verfolgt und seinen Tod auf Sankt Helena miterlebt... Zumindest war sie in der Nähe, denn dies war Cassidys Zeit der Wanderung. Sie hatte weite Strecken zurückgelegt und besuchte Orte, von denen sie als Sterbliche nicht geträumt hätte.
Vergiss die Vergangenheit für einen Moment und widme dich endlich deiner Aufgabe, ermahnte sich Cassidy.
„Aber ich soll Ihnen helfen. Die Vampire wurden in diesen Krieg hineingezogen, ohne überhaupt zu wollen. Grindelwald ist nicht der erste Zauberer, der auf die Stärke der Vampire zählt, aber er scheint nicht zu verstehen, dass die Vampire keine unzivilisierten Monster sind. Wir haben Strukturen, Hierarchien, sind in Clans aufgeteilt – und Grindelwald kam wohl an den falschen. Wir, die Iskanie, wollen diesen Krieg beenden.“
„Warum?“ Der Direktor sah sie eindringlich an. „Ich verstehe bei der ganzen Sache nicht, warum ihre Meute den Krieg beenden will. Warum kümmert euch ein Krieg der Zauberer?“ Er war stehen geblieben und sein Haar stand wild in alle Richtungen. Mit einer ausladenden Geste deutete er ihr an sich zu setzen und Cassidy nahm auf einem unbequemen Stuhl vor dem Schreibtisch Platz.
„Nun, um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht. Ich sollte hier mehr erfahren. Aber ich kann Ihnen sagen, dass nicht alle Vampire mit diesem Krieg einverstanden sind; viele verstehen nicht, warum sie für die Zauberer –egal welcher Seite sie angehören wollen– kämpfen sollen.“ Dippet setzte sich ebenfalls wieder zurück auf seinen Stuhl. Seine Mine veränderte sich und wurde undurchsichtig.
„Warum hab ich das böse Gefühl, dass die Vampire etwas im Schilde führen? Ich traue Ihnen nicht und ich trau Ihrem ganzen Volk nicht. Sie töten Menschen...“
„Um zu leben,“ presste Cassidy zwischen ihren Zähnen hervor. Seine Äußerung hatte sie wütend gemacht und sie wusste, wie leicht sie die Kontrolle über sich verlieren könnte, würde sie sich der Wut hingegeben.
„Wie dem aus sei: Ihr seid Monster...“
„Sind wir nicht! Wir sind Lebewesen wie auch alle anderen. Ja, wir ernähren uns von dem Leben anderer, aber tun das nur, um weiter existieren zu können.“
„Dann seid ihr nicht besser als Tiere.“ Die Stimme des Direktors war kalt und berechnend. Wollte er sie etwa provozieren, oder sprach nur die Ignoranz und Intoleranz aus ihm?
„Ihn Ihren Augen vielleicht nicht, Direktor, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir keine mordende Horde Irrer sind... zumindest nicht alle.“ Cassidy musste schmunzeln. Diese Diskussion führte sie schon einmal und die gleichen Argumente wurden gegen die Vampire gebracht, aber damals war es ein junger Bursche, der sie vortrug. Es war zur Zeit von Kriegen und Revolten. Sie reiste durch die Lande und versuchte mit ihrer Existenz zurecht zu kommen. Eines Nachts traf sie auf einen Jüngling, nicht älter als achtzehn, aber er faszinierte Cassidy.

12. Juni 1791 Saint-Dizier (Frankreich)

„Komm raus, ich weiß, dass du da bist!“ Cassidy war ganz leise und war sicher, dass er sie nicht gehört haben konnte.
„Komm raus, sagte ich!“ Sie wurde langsam nervös. Hörte er sie tatsächlich, oder bildete er sich das nur ein? Vielleicht ein armer Verrückter?
In der Hocke war sie hinter einem Baum versteckt und beobachtete einen jungen Mann, der unweit von ihr auf den schmalen Treppen eines kleinen Klosters saß. Das Kloster war schon seit Jahrhunderten verlassen und Moos bedeckte die steinerne Treppe.
„Ich weiß, dass du da bist,“ sagte er noch einmal und seine Stimme wurde fordernder. „Wenn du nicht sofort hinter dem Baum hervorkommst, komme ich dich holen!“ Drohend stand er auf und kam ein paar Schritte auf den Baum zu, hinter dem Cassidy Schutz suchte.
Sie wusste nicht wie, aber irgendwie musste er gehört oder gesehen haben, wo sie war und so beschloss Cassidy das Versteckspielen aufzugeben. Sie stand auf und kam hinter dem Baum hervor.
„Warum nicht gleich so?“, grinste der Junge frech. Cassidy wusste, dass sie ihn einfach hätte töten können und ohne einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden zu müssen, aber etwas ließ sie still, ja sogar fast schüchtern ihm gegenüber stehen.
„Wie ist dein Name?“, fragte er in wohlklingenden Französisch und auch wenn Cassidy die Sprache nicht sehr gut beherrschte verstand sie was er wollte.
„Cassidy,“ antworte sie deshalb folgsam und schüchtern. „Cassidy McAladair.“
„So so, Cassidy McAladair, was treibt ein so junges Mädchen allein in einem Wald? Die Zeiten sind rau, Mädel, du solltest vorsichtiger sein.“
„Ich kann auf mich selbst aufpassen. Aber sagt mir, was treibt ein so junger Bursche allein auf den Stufen eines vermoderten Gotteshauses?“, giftete sie in Englisch zurück. Seine Augen weiteten sich vor Belustigung.
„Ihr gefällt mir, Mädchen.“ Wenn der wüsste, wie alt ich bin, würde er mich wohl nicht mehr so nennen, dachte Cassidy.
„Aber nichtsdestotrotz bleibt meine Frage: was treibt eine Britin allein in einem Wald und dazu noch mitten in der Nacht?“ Sein Englisch war fast so gut wie sein Französisch und Cassidy wurde klar, dass sie einen gebildeten Mann ... Jungen vor sich haben musste. Ein Adliger mit großer Sicherheit, denn kaum ein Bauer könnte in der Sprache der Engländer antworten.
„Unterschätzt mich nicht, my lord, ich mag klein und zierlich sein, aber mein Rechte tut ganz schön weh!“ Der Fremde lachte schallend auf und stämmte seine Hände auf die Hüften.
„Ihr redet wie ein Mann und dabei seid ihr nichts als ein rotznäsiges Mädchen. Kommt mit, ich führe euch in die nächste Taverne.“ Cassidy weigerte sich zunächst, aber schnell ließ sie sich jedoch zu einem kleinen Umtrunk überreden.
In der Taverne war es laut und stickig. Eine Rauchwolke schwebte über den Köpfen der Rauchenden und der süßliche Geruch von Tabak lag in der Luft.
„Wenn hast du denn da mitgebracht, Sebastién?“
„Eine Engländerin,“ sagte er stolz und präsentierte seine Beute mit einem fetten Grinsen. „Ich habe sie draußen im Wald gefunden.“
„Ich hätt’ sie dort gelassen!“, sagte ein runder Mann, dem der faulige Geruch verrottender Zähne aus dem Mund schlug. „Sieh dir mal an; an der ist doch nichts dran. Nichts vorne, nichts hinten... Die könnte als Kerl durchgehen... Sag mal Bastién, kanns sein, dass du auf Knaben stehst?“ Sebastién lachte auf, aber da war nichts fröhliches in der Stimme.
„Nicht das ich wüsste, Jacques. Aber spätestens wenn ich mir dich ansehen würde, wäre meine Liebe für Frauen wieder geweckt.“ Einen Moment herrschte betroffene Stille, dann aber lachte der widerliche Jacques auf und präsentierte die Rückbleibsel seiner Zähne.
„Das dürfte nicht jeder zu mir sagen, mein Junge. Hast Glück, dass deine Eltern meine Sauferei bezahlen, sonst würdest du jetzt auf dem Boden liegen und winseln.“
Cassidy verstand nur Bruchteil der Unterhaltung, aber trotz der heiterscheinenden Situation, konnte sie fühlen, dass die beiden Männer sich aufs Blut hassten.
„Monsieur d’ Agen, soll ich ein Zimmer für Euch vorbereiten?“, fragte eine junge Frau mit blonden Haaren schüchtern. Cassidy sah die lüsternen Blicke, die man dem etwa sechszehnjährigen Mädchen zu warf.
„Nein Marie, ich werde bald wieder aufbrechen.“ Schon mit ihren jungen Jahren war sie mehr als fraulich gebaut und Cassidy konnte die gierigen Blicke der betrunkenen Männer verstehen, wenn sie auch mehr als angewidert davon war.
„Und was ist mit Eurem Gast?“, fragte Marie wieder. Ihre Stimme war fast zu einem Flüstern geworden.
Cassidy schüttelte den Kopf.
„Ich bleibe auch nicht.“, sagte sie mit schwerem britischem Akzent und wollte zur Bestärkung ihrer Aussage aufstehen und gehen.
„Nicht so schnell, Mademoiselle, Ihr seid mir immer noch eine Antwort schuldig... Marie warte noch einen Augenblick. Kannst du meinem Gast und mir vielleicht eine ruhige Ecke suchen?“
„Eines der Zimmer ist noch frei, ansonsten kann ich Euch leider nichts anbieten.“
„Gut, dann nehme ich doch ein Zimmer.“ Marie nickte und führte die Vampirin und den jungen Mann aus dem Schankraum eine Treppe hinauf.
„Hier, Monsieur.“ Sie öffnete die Tür und ließ die beiden anderen eintreten. „Ich gehe wieder runter, wenn Ihr mich sucht.“ Kaum hatte sie das gesagt, verschwand Marie und schloss die Tür hinter sich.
Sebastién deutete Cassidy an sich zu setzen.
„Nun, ich bin neugierig. Wie kommt Ihr hierher?“
„Gelaufen,“ kam die knappe Antwort von Cassidy.
„Gelaufen... So, so. Nun, gleich vorweg: ich weiß was Ihr seid.“
„Ach und was bin ich?“ Einsilbigkeit gehörte schon immer zu ihren Stärken. Mit einer arroganten Geste warf sie ihr Haar nach hinten und blickte ihn überheblich an.
„Verdammt schwierig, wenn Ihr mich fragt... Verdammt, Mädchen, ich weiß, welcher Fluch auf Euch lastet und Ihr wisst selbst, dass der Tod die Erlösung wäre.“
„Von was redet Ihr?“ Ihre Selbstsicherheit fing langsam an zu bröckeln. Was wollte der junge Herr vor ihr? Wollte er, dass sie ihm erlaubt sie zu pfählen? Der Junge ist verrückt, schoss Cassidy für einen Moment durch den Kopf.
„Ich habe noch nie so einen jungen wie euch gesehen. Aber Alter zählt für euch ja nicht, hab ich recht? Der Teufel hat euch mit ewigen Leben beschenkt und nahm sich dafür eure Seele, damit ihr auf Ewig vom Leben anderer euch nährt,“ sagte Sebastién leidenschaftlich und Cassidy war still und musterte ihn aufmerksam. Sie war sich unsicher, was sie von seinen Worten halten sollte. Aber sie tat das, was jeder halbwegs Intelligente getan hätte: Sie spielte die Unwissende.
„Ich bin nur ein Mädchen. Was bezweckt ihr mit diesen unsinnigen Worten?“
„Erklärungen,“ schloss er lahm und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Sein Gesicht vergrub er in seinen Händen – ein tödlicher Fehler! Cassidy hätte ihn ganz leicht überrumpeln können, hätte sein Hals wie der einer Gans brechen können. Hätte. Doch Cassidy blieb sitzen und lauschte dem ruhigen Atem des Jünglings.
„Meine Schwester... sie war so wie Ihr. Zumindest später. Tot und doch lebendig. Am Anfang wurde sie gegen das Licht empfindlich, konnte nur noch nachts sich frei bewegen. Aber das Seltsamste war ihr Verhalten: von Tag zu Tag wurde sie launischer und manchmal fauchte sie auch wie eine Katze. Ihr Gesicht wurde immer blasser und ihre Augen verloren Ihren Glanz. Meine Mutter ordnete an, dass sie das Bett nicht verlassen dürfe, da sie Fieber vermutete. Eines Tages, meine Mutter spinnte gerade etwas mit dem Spinnrad, stach sich mit der spitzen Nadel in den Finger. Ein kleiner Blutstropfen bildete sich an der Stelle, wo die Nadel die Haut durchstochen hatte. Der feine Geruch des Blutes muss meine Schwester wahrgenommen haben, denn plötzlich erwachten ihre Lebensgeister. Ich hatte neben ihrem Bett gesessen und sah vom Buch aus, aus dem ich ihr vorgelesen hatte, als ich das Rascheln der Bettdecke vernahm...“ Sebastién lachte traurig auf und schüttelte den Kopf dabei. „Ich sah gerade noch wie Marie – so hieß meine Schwester – sich über meine Mutter beugte und dabei mit ihren Nüstern blähte, wie ein Jagdhund, der die Fährte des Wilds aufgenommen hat. Als ihre langen Reißzähne ausfuhr und in den Hals meiner Mutter bohrte, kippte ich mit meinem Stuhl nach hinten. Irgendwie muss ich mir dabei den Kopf angestoßen haben, denn ich wurde bewusstlos. Wenig später wachte ich jedoch wieder auf. Von Marie war keine Spur, aber meine Mutter lag tot, mit weit aufgerissenen Augen, auf dem Boden. Sie hatte sich nicht wehren können, wusste nicht wie ihr geschah und ihr Todeskampf hat sicherlich auch nicht lange angedauert.“ Er stand vom Stuhl auf und sah aus dem Fenster.
„Seit jenem Tag versuche ich alles über Vampire in Erfahrung zu bringen. Ich folgte ihnen durch halb Europa... Mein Vater dachte, ich wolle mit die Hörner abstoßen – der Verlust von Mutter hat ihn nur kurz geschmerzt, denn schon den Sommer darauf nahm er sich eine neue Frau. Niemand interessierte sich dafür, was wirklich geschehen war. Niemand wollte wissen, warum meine Mutter tot und meine Schwester verschwunden war. Dem zehnjährigen Sohn nahm man seine abenteuerliche Geschichte nicht ab...“ Er machte wieder eine Pause. Die Erinnerung hatte sich über ihn gelegt wie ein schwerer Mantel. Der Zorn, die Wut, die Trauer – alles brach erneut auf und schmerzte ihn wie damals.
„Mit fünfzehn verließ ich also Saint-Dizier und reiste nach England. Dort spürte ich nach drei Jahren eine Gruppe von Vampiren auf und konnte einen isolieren. Meine Falle war einfach und doch erfolgreich. Zwei Dorfbewohner, der Vampir und ich; das war alles. Ein Dorfbewohner spielte das Opfer und der andere und ich saßen auf Bäumen um ein Netz über die Kreatur zu werfen. Als er die Falle erkannte war es bereits zu spät und er war gefangen. Die Dorfbewohner erkannten was er war und wollten ihn töten, aber ich ließ es nicht zu. Ich wollte die Bestie leiden sehen für das, was sie meiner Familie und mir angetan haben. Ich hatte viel in den Jahren gelernt und wusste, was den Vampir umbringen und was ihm nur Qualen bereiten würde.“ In Sebastiéns Augen entstand ein gefährliches Glitzern. Er fuhr mit einem hasserfülltem Grinsen fort, drehte sich zu Cassidy und erzählte, wie er dem Vampir Wunden zu fügte und diese wenig später wieder verheilt waren.
„Es war verblüffend, aber trotz der enormen Heilkräfte, wurde der Vampir immer schwächer, denn jeder verlorene Tropfen Blut entzog ihm Lebenskraft und es dauerte länger, bis die Heilung einsetzte. Ich kam auf eine waghalsige Theorie, dass das Blut den Vampir versorgte und heilte. Ich musste Antworten haben, deshalb... trank ich vom Blut des Vampirs.“ Entsetzt starrte Cassidy den jungen Mann vor sich an. Sie wusste nicht viel über Vampirismus, aber sie wusste, dass das eigentlich nicht sein sollte. Einmal hatte sie solch eine Kreatur gesehen, die vom Blut eines Vampirs genährt wurde. Zuvor war es totes Fleisch, aber daraus entstand ein Ghul, ein Diener und Fußsoldat. Mit der Zeit hatten sich die Vampire ein ganzes Heer von Untoten aufgebaut um ihre jeweiligen Territorien zu schützen. Die Lebenserwartung – wenn man es so nennen mochte - war ziemlich hoch, da im diesem Wesen nur das Blut des Vampirs zirkulierte und nicht das eigene, denn dieses konnten Ghule nicht selbst produzieren. Es waren nur leere Hüllen ohne Willen, davon besessen ihren Herren zu Dienen... Aber das je ein Lebender vom Blut eines Vampirs gekostet hat? Unvorstellbar!
„Was glaubt Ihr, wie alt bin ich?“
„Nicht älter als achtzehn,“ lautete Cassidys wahrheitsgemäße Antwort.
„Ich bin siebenundzwanzig! Im Körper eines Jünglings gefangen, weil ich vom Blut eines Vampirs getrunken habe! Das ist die gerechte Strafe des Herrn für diese frevelhafte Sünde!“ Sebastiéns Stimme klang ächzend und in Cassidys Innerem regte sich was. Es war zu schwach um zu erkennen, was es war, aber die Geschichte von Sebatién weckte etwas, das zuvor tief in Cassidy schlummerte.
„Aber die Wirkung des Blutes läst allmählich nach. Ich kann es spüren.“
„... deshalb konntet ihr mich auch an der verlassenen Klosterruine hören! Es war das Blut der Meinen,“ murmelte sie im Monolog.
„Ja, deshalb. Meine Sinne sind geschärft... oder sie werden es gewesen sein.“ Cassidy nickte zwar, aber sie hatte ihm nicht zugehört.
„Ein lebender Ghul... ein denkendes Wesen,“ murmelte sie noch immer zutiefst schockiert.


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