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REQUIEM - 1. Akt: Die Rückkehr der Finsternis - Prolog

von CyberneticNemesis

„Der Krieg ist die größte Seuche, die die Menschheit befallen kann. Er zerstört Religion, er zerstört Staaten, er zerstört Familien. Jede Plage ist ihm vorzuziehen.“

- Martin Luther



Der Wecker klingelte um 8 Uhr am Morgen des 30. Augusts 1991. John Franco, ein hagerer Dreizehnjähriger mit kurzen, rabenschwarzen Haar, streckte sich in seinem Bett. Es war ein sonniger Morgen. Die Strahlen der Sonne brachen durch die Krone der Bäume vor dem Fenster und berührten ihn angenehm. Er setzte sich auf und reckte seine Arme in die Luft, während er ausgiebig gähnte. Schließlich erhob er sich und klaubte seine Sachen zusammen, die er am Vorabend gleichmäßig im Zimmer verteilt hatte. Dieses war geräumig und mit zahlreichen Postern behangen. Einige davon waren magisch andere hingegen nicht. In einer Ecke des Zimmers lag sein Koffer für Hogwarts, den er gestern Abend fertig gepackt hatte. Zwar ging die Schule erst in zwei Tagen wieder los, doch jedes Jahr um diese Zeit folgte ein familiäres Ritual. Sie fuhren zwei Tage lang zu seinem Vater. Er wohnte am anderen Ende der Stadt und trotzdem schien ihm das immer wie eine Weltreise. Manchmal wohnte er auch bei ihnen, allerdings nicht oft. Auch die Zeiträume unterschieden sich. In manchen Jahren war er alle paar Wochen oder Monate gekommen. In anderen Jahren waren es nur wenige Tage im Jahr. Sicher, er war Lehrer in Hogwarts, aber das war nicht die ganze Wahrheit, wie John schon damals vermutete. Ebenso wenig hatte er jemals erklärt bekommen, warum er nicht bei ihnen wohnte, sondern am anderen Ende von London. Noch dazu in einer ziemlich ungemütlichen Gegend.

John verließ sein Zimmer und ging ins Bad, um sich zu waschen. Als er wenig später die Küche betrat fand er dort seine Mutter vor. Sie hieß Jennifer und war in den Augen ihres Sohnes die beste Mutter der Welt. Sie war groß, schlank und hatte kurzes, rotes Haar.

„Morgen.“, sagte sie.

„Morgen.“, brummte John müde.

Er schnappte sich eine Schüssel und Cornflakes aus dem Schrank. Seine Mutter hatte bereits gegessen und überflog den Inhalt der Times.
Sie sprachen nicht miteinander. Selten sprachen sie miteinander, wenn sie vorhatten zu ihm zu fahren. Es war, als würde sich sein Vater wie ein Schatten über ihr Leben legen. Es war merkwürdig, doch Jennifer duldete keine Kritik an ihm.

„Wann fahren wir?“, fragte John, um die Stille zu durchbrechen.

„Sobald du fertig bist. Hast du schon gepackt?“

„Ja.“, gab er pflichtbewusst zurück.

Wenig später machten sie sich fertig. John zog sich nur noch ein rotes Sweatshirt über. Immerhin war es Sommer und der Wind sehr mild. Er nahm seinen Koffer und ging mit seiner Mutter aus dem Haus. Es lag nicht direkt in London, sondern in einem der gutbürgerlichen Randbezirke. Ein ruhiges Fleckchen, aber sterbenslangweilig.

Sie stiegen ins Auto – einen blauen VW. John krachte den Koffer neben sich auf die Rückbank. Seine Mutter setzte sich hinters Steuer und fuhr los.

Während der Fahrt sprachen sie kaum ein Wort miteinander. John hatte wahrlich keinen Bock auf seinen Vater. Der Typ war nie da und trotzdem schimpfte er sich Vater. Er empfand nicht viel Zuneigung für ihn. Zwar sah er ihn in Hogwarts oft, doch selten genug sprachen sie aufrichtig miteinander. Außerdem war er das, was man im besten Fall als komischen Kauz bezeichnen konnte.

„Und sei nett zu ihm, ja?“, sagte seine Mutter unvermittelt.

„Ich bin immer nett zu ihm.“, entgegnete er.

„Genau das befürchte ich.“

John schnaufte ungehalten.

„John!“, ermahnte ihn Jennifer schon im Voraus.

„Er ist nicht mein Vater, denn wenn er mein Vater wäre, dann würde er sich um seinen Sohn kümmern und wäre nicht ständig auf Achse!“

Seine Mutter hielt den Wagen an und drehte sich zu ihm herum.

„Bitte, ich will diese Diskussion nicht jedes Jahr aufs Neue mit dir führen!“

„Du weißt, dass ich Recht habe, Mom. Er ist doch kaum da und wenn doch, dann …“

„John, hör’ auf!“, ermahnte sie ihn.

„Warum verteidigst du ihn immer?“

Seine Mutter atmete tief.

„Das ist kompliziert.“, sagte sie leise. „Wir sind gleich da.“

John hätte am Liebsten weiter rebelliert, doch seiner Mutter zuliebe ließ er es. Als sie weiterfuhren breitete sich erneut Schweigen zwischen ihnen aus.

---------------------

Das grelle Ring-Ring des alten Telefonapparats riss Severus aus dem Schlaf. Müde und verwirrt griff er nach dem Hörer – zumindest dachte er das und warf stattdessen seine Nachttischlampe geräuschvoll um. Sie landete auf dem Boden und nur ein lautes Scherbeln zeugte von ihrem Tod.

„Wer immer Sie sind, Sie schulden mir eine neue Lampe!“, meldete er sich, ohne ab-zuwarten, wem er hier eigentlich Sanktionen auferlegte.

„Severus, hier ist Albus.“, sagte eine tiefe, ruhige Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Verflucht können Sie nicht zu menschlichen Zeiten anrufen?“, giftete Severus, doch sein Gesprächspartner überhörte es gekonnt.

„Hagrid hat soeben den Brief an Harry übergeben. Der Junge wird pünktlich zum 1. September in Hogwarts sein.“

„Na, wenn das das nicht großartig ist, dann kann ich Ihnen auch nicht mehr helfen.“, kommentierte Severus zähneknirschend.

„Und ich möchte, dass …“

„… ich ihn überwache, ihn fair behandle, nett zu ihm bin und Sie sofort über verdächtige Vorkommnisse informiere. Habe ich noch etwas vergessen?“, beendete Severus Albus’ Leier gelangweilt. Das durfte er sich schließlich schon seit Wochen anhören.

„Genau. Und ich erwarte Sie dann pünktlich zu Schuljahresbeginn.“ Es schien als wolle Dumbledore auflegen.

„Warten Sie, ich muss Ihnen noch die Lampe beschreiben, die Sie mir schulden.“, wandte Severus ein. Dumbledore atmete am anderen Ende der Leitung tief durch.

„Na schön, schießen Sie los!“

„Nachttischlampe Eduard. Dreißig mal Dreißig Zentimeter.“

„Klingt nach schwedischen Möbelhäusern.“, bemerkte Albus.

„Ihre berühmte Auffassungsgabe beeindruckt mich immer wieder zutiefst.“, stichelte Severus.

„Ich kannte mal einen Magier, der bei IKEA gearbeitet hat und sich einen Spaß dar-aus machte das Mobiliar mit obszönen Zaubern zu belegen …“

Stop! Er durfte ihm keine Gelegenheit geben alte Geschichten auszugraben, sonst ging das jetzt noch über Stunden so weiter! Das hasste Severus auch immer so an den Lehrerkonferenzen, denn sobald der Alte vom Thema abkam konnte man sich ewig seine „tollen Geschichten von früher“ anhören. Dumbledore hörte es zwar nicht gern, aber der einstige, große Führer des Widerstandes gegen Voldemort war heute oft nur eine nervige, senile Ulknudel.
Sicher, Albus konnte auch anders, aber in den letzten 11 Jahren hatte er arg nach-gelassen.

„Ja, ja, sehr schön …“, versuchte Severus den alten Hexenmeister zu unterbrechen, doch dieser war völlig in sein Geschichtchen vertieft.

„Ich muss jetzt … Ich will …“

Severus biss verzweifelt in den Hörer.

„ALBUS!“, schrie er seinen Gesprächspartner schließlich an.

„Severus, was haben Sie denn?“

Er musste sich zusammenreißen, um zu verhindern, dass jene Gehässigkeit seinen Mund verließ, die ihm gerade auf der Zunge lag.

„Ich möchte jetzt weiterschlafen, wenn Sie erlauben? Denn ich habe morgen noch einiges zutun.“

„Sie? Seit wann haben Sie denn ein Privatleben?“, fragte Albus spitzzüngig.

Ach, fick dich doch!

„Das geht Sie herzlich wenig an!“, entgegnete Severus kaltschnäuzig.

„Geht es um eine Frau?“ Dumbledore schien teils skeptisch, teils neugierig.

„Gute Nacht, Albus!“, sagte Severus und legte auf. Er konnte seinen Arsch darauf verwetten, dass Albus ihn deshalb später wie einen gefangenen Partisanen verhören würde, doch Severus kannte mittlerweile die Tricks des Schulleiters nur zu gut.

Severus Snape legte sich wieder hin, seine zerdepperte Tischlampe ignorierend, und vergrub sein Gesicht in seinem Kissen.

--------------------

Einige Stunden nach der nächtlichen Ruhestörung schlabberte ihm eine große Zunge und der Geruch verwesten Fleisches aus dem Schlaf.

„Argh, geh’ weg!“, entfuhr es Severus, doch die Zunge hörte nicht auf ihn.

„Leia, aus!“, befahl er schließlich seiner alten, auf einem Auge blinden, deutschen Schäferhündin. Sie hatte sich schon vor Jahren angewöhnt sein Kindermädchen zu spielen und war mit ihrem schlabbernden Weckkommando exakter als jede elektronische Uhr.

Leia drehte sich beleidigt um.

„He, meine Süße, ich habe es nicht so gemeint!“, sagte Severus und krauelte sie hinter den Ohren.

Er wischte sich den Speichel aus dem Gesicht und ging ins Bad, wo er unter die Dusche stieg. Nachdem er sich gründlich gewaschen hatte zog er Jeans und ein einfaches, weißes T-Shirt an. Seine Sachen wirkten einige Nummern zu groß, da er sehr hager war. Manch einer hätte auch gesagt er sei nur Haut und Knochen.

Anschließend frühstückte Severus in der kleinen, unaufgeräumten Küche und ging anschließend ins Wohnzimmer, welches gleichzeitig auch als Arbeitszimmer herhalten musste. Wie der Rest des Hauses versprühte es eine gewisse Düsternis, doch war es gleichzeitig auch gemütlich und von einer unterschwelligen Chaotik. Die Regale waren berstend voll mit Büchern gestopft, wovon die eine Hälfte aus Fachliteratur (muggelige wie magische) bestand und die andere zu Severus’ Unterhaltung diente. Er hatte sich im Laufe der Jahre eine regelrechte Bibliothek für Comics, klas-sische Fantasy, Sci-Fi und Populärliteratur angelegt.

George Orwell, H.G. Wells, J.R.R. Tolkien – obwohl er den erst nach dem fünften Anlauf geschafft hatte -, Alan Moore und natürlich Stephen King zierten die Schränke.

(King! Er liebte King!)

In einer Schrankwand stand ein Fernseher, der von einer ebenfalls stattlichen Sammlung von VHS-Kassetten umrahmt wurde – in der sein geliebtes „Star Wars“ einen Ehrenplatz einnahm.
Die meisten Magier besaßen keine Bücher von Muggelschriftstellern und erst recht wussten sie nicht, was VHS war, doch Severus stand dazu.

Er wusste, dass ihn einige Leute unweigerlich als Muggelfreund beschimpft hätten, wenn sie das hier gesehen hätten – was auch durchaus der Wahrheit entsprach –, doch war er Halbblüter und kam somit auch nicht in die Verlegenheit besonders ma-gisch und reinblütig tun zu müssen.

Diese Reinblutbanausen wissen gar nicht, was ihnen entgeht!

Sorgen musste er sich deswegen kaum machen, denn für geschäftliche Treffen nutzte er schon seit Jahren das Haus seiner Kindheit in Spinners End. Er wusste auch nicht, warum er ausgerechnet dieses Haus bevorzugte, wo er dort doch bloß bis zu seinem 12. Lebensjahr gelebt hatte. Gegenüber lag eine zerfallene Fabrik, in der sein Vater früher gearbeitet hatte. Sie waren erst fortgezogen als sein alter Herr versetzt wurde.

Severus sah förmlich noch vor sich, wie er als kleiner Junge mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft spielte. Einem Mädchen …

Nein, Severus durfte nicht zulassen, dass die Vergangenheit einmal mehr ihre un-heilvolle Sogwirkung offenbarte. Und doch schien die Vergangenheit gerade dieser Tage unglaublich lebendig zu sein.

Dumbledores Anruf letzte Nacht war nur einer von vielen in den letzten Monaten gewesen. Und das erste Mal seit Jahren fürchtete sich Severus vor etwas so sehr, dass er Alpträume davon bekam.

Harry Potter.

Dieser Name verfolgte ihn seit 11 Jahren, wie ein Fluch. Er hatte den Jungen das letzte Mal als Baby gesehen. Und tief in seinem Inneren wusste Severus, dass Harry ein unschuldiges Kind war, das nichts von der Bürde wusste, die ihm auferlegt wurde. Selbst nach über einem Jahrzehnt empfand er noch tiefe Reue für seine Tat, die den Jungen zum Waisen werden ließ. Severus hatte sich diese Schuld selbst zuzuschreiben – mehr oder weniger.

Und dennoch hegte er eine merkwürdige Mischung an Gefühlen für Potter: Hass, Angst, Wut und eine tiefe, unerklärliche Abneigung.

Oder hegte Severus diese Gefühle in Wirklichkeit nur für sich selbst?

Er raufte sich sein schulterlanges, schwarzes Haar. Severus hatte nicht die geringste Ahnung!

Sich im Klaren, dass er womöglich durchdrehen würde, wenn er sich hinsetzte und darüber nachgrübelte verließ er mit Leia das Haus.

Severus musste sich noch einwenig ablenken, bevor Jennifer und John kamen und er als Gastgeber seine unzureichenden Kochkünste einmal mehr zum Besten geben musste.

Viele Leute fanden es ja unglaublich witzig, wenn sie herausfanden, dass der große Meister der Zaubertränke, Severus Snape, zwar so ziemlich jeden Trank herstellen konnte, aber selbst für Spaghetti mit Tomatensauce jemanden als Hilfe brauchte.

Mein Gott, was es die Leute interessiert? Dann kann ich eben nicht kochen! Na und!

Sollte sich deshalb eine Katastrophe zusammenbrauen konnte er immer noch Jenny um Hilfe bitten.

Severus schlug den Weg zum Gartenschuppen ein, in dem ein altes Motorrad stand. Genauer gesagt; eine Java aus dem Jahre 1985. Er bastelte ab und zu an dem Gefährt herum. In den Jahren hatte sich Severus einiges angelesen und war zum be-geisterten Tüftler mutiert. Die Muggel standen den Magiern in Sachen Erfindungsreichtum in nichts nach, auch, wenn Letztere das nur ungern zugaben.

Severus ging zur Werkbank, auf der auch ein schwarzer Motorradhelm lag, der mit rotgelben Blitzen bemalt war. Neben diesem Stand ein Radio und ein kleiner Stapel MC-Kassetten.

„Was soll’s heute sein?“, fragte Severus seine Hündin.

„Bob Dylan?“

Leia ließ die Ohren hängen.

„Ozzy Osbourne?“

Leia begann zu winseln.

„Na schön, wie wär’s damit? Jimi Hendrix?“

Leia bellte ihn an.

„Wusste ich doch, dass der dir wieder gefällt. Also Hendrix!“, sagte Severus, suchte die passende MC heraus und schon tönte Mr Hendrix mit „All Along The Watchtower“ aus den Lautsprechern.

Anschließend räumte er den Schuppen auf und spürte, wie er sich innerlich entspannte. Sein Geist konnte sich wunderbar fallen lassen, wenn er etwas tat, das ihn nicht im Geringsten an die magische Welt erinnerte. So war er auch bei Motorrädern und Mechanik gelandet.

Plötzlich bellte Leia und stellte die Ohren auf.

„Was ist los?“, fragte Severus und brachte Jimi Hendrix zum Schweigen.

Die Hündin rannte hinaus und er folgte ihr. Ein blauer VW fuhr vor dem Haus vor.
Leia stürmte freudig bellend zum Gartenzaun vor, stellte sich schließlich auf die Hin-terbeine und legte die Pfoten auf den Querbalken des Zauns.

Severus ging zur Haustür, um Jennifer und seinen Sohn zu empfangen.

„Hallo.“, sagte er freundlich, als er die Tür öffnete. „Schön euch zu sehen.“

Seine Worte klangen irgendwie mechanisch. Er hatte bei solchen Begrüßungen im-mer seine Schwierigkeiten. Selbst, wenn es sich bei den Empfangenen um seine Familie handelte. Das letzte Bisschen Familie, das er besaß. (Seine Verwandten in Cardiff zählte er nicht dazu, denn bei ihnen hatte er sich noch nie besonders geborgen gefühlt.)

Jenny umarmte ihn liebevoll und plötzlich wusste er wieder warum sie ihm so gefehlt hatte.
Sie küsste ihn sanft auf die Wange und trat ein. John hingegen blieb stehen und steckte die Hände in die Hosentaschen. Er warf seinem Vater einen berechnenden Blick zu.

„Wie geht’s dir? Hattest du schöne Ferien?“, fragte Severus, um die Nervosität, die dieser Blick verursachte zu übertünchen.

„Bis jetzt super!“, antwortete John unerwartet bissig und folgte seiner Mutter.

Severus schloss die Tür hinter ihnen und biss sich auf die Unterlippe.
Womit hatte er denn diese eindeutige Bemerkung jetzt schon wieder verdient?
Er folgte ihnen in die Küche.

„Wie geht es dir?“, fragte Jennifer und ließ sich auf einem Stuhl nieder.

„Ich hatte in den letzten Woche eine Menge zutun.“, sagte Severus. „Papierkram.“, fügte er noch hinzu.

Severus legte keinen Wert darauf den genauen Inhalt seiner Arbeit vor ihr und John auszubreiten. Er mochte es nicht sie zu belügen, doch je weni-ger sie wussten desto besser.

„Und ihr? Alles in Ordnung?“, fragte Severus in die Runde.

„Bei uns ist alles ruhig.“, sagte Jennifer. „Insofern dein Sohn seinen Zauberstab zügeln kann.“

„Warum? Was stellst du denn an?“, sagte er an John gewandt.

„Ach nichts.“ John wollte lässig klingen, doch ihm war anzumerken, dass es ihm unangenehm war.

„Er hat die Katze von Mrs Bergman in einen Kaktus verwandelt.“, sagte Jennifer mit einem stechenden blick auf ihren Sohn.

„Was denn?“, empörte sich John. „Professor McGonagall sagte wir sollten in den Ferien üben, also habe ich das!“
Severus untergrub sogleich die Autorität seiner Frau, indem er anfing zu kichern.

„Das ist überhaupt nicht witzig!“, sagte Jennifer.

„Doch, ist es!“, antworteten Vater und Sohn gleichzeitig. Es war schon selten genug, dass sie einer Meinung waren.

„Wenn es so furchtbar witzig ist, dann kannst du ja auch seinen Mahnbescheid unterschreiben!“
Severus lehnte sich zurück. Er wusste, dass sie bluffte, denn sie waren trotz allem nicht miteinander verheiratet. Jennifer war offiziell Johns Erziehungsberechtigte, weshalb die Bescheide auch alle an ihr hingen blieben.

„Solange er bloß Bergmans Katze verwandelt ist doch alles im Rahmen.“, sagte Severus und bekam sofort die Schelte ab.

„Sev!“, entfuhr es Jennifer. „Das ist alles andere als im Rahmen!“

„Tja, ich schätze, er meint damit, dass er früher viel schlimmere Sachen angestellt hat.“, warf John ein.

Wie Recht er damit doch hatte. Severus hatte ein Talent dafür sich in Schwierigkeiten zu bringen – selbst heute noch.

„Was macht ihr sonst noch so?“, fragte er und wollte „Mrs Bergmans Kaktus-Katze“ so schnell wie möglich hinter sich lassen. „Außer Katzen zu verwandeln, meine ich.“
Ab da sprachen sie über dieses oder jenes. Über Jennifers Arbeit, ihre Familie und Verwandten. Severus konnte nicht immer sofort alle Namen zu den richtigen Ge-sichtern zuordnen. Sein Gedächtnis ließ ihn diesbezüglich regelmäßig im Stich.

Unterdessen wurde es Mittag und Jennifer und John brachten ihre Koffer ins Haus. Seinen Sohn quartierte er in einem Gästezimmer im oberen Stock ein.

Damit ihnen eine kulinarische Katastrophe erspart blieb half ihm Jennifer bei der Zu-bereitung des Essens.
Der restliche Tag verlief so ruhig, wie er begonnen hatte. Keine nervigen Anrufe von Albus oder einem seiner Adjutanten.

Die Einschulung von Potter hatte die höchste Alarmstufe im Orden ausgelöst – welcher heutzutage nur noch aus drei Mitgliedern bestand: Aus ihm, Severus Snape, der guten Minerva McGonnagall und natürlich Albus Dumbledore.

Schergen des Bösen nehmt euch in Acht! Hier kommen die Drei Fragezeichen!

Wahrlich war es vielleicht nicht der richtige Augenblick für derartigen Sarkasmus, aber es mutete doch absurd an, dass der Orden schon seit Jahren nur aus drei Leuten bestand. Vor allem, wenn man bedachte, dass es einst Tausende waren, die Albus in aller Herren Länder zusammengetrommelt hatte.

Sicher, sie hatten mittlerweile seit vielen Jahren Frieden und die Zahl der Todesser war nach Voldemorts Sturz stark dezimiert worden. Dennoch war es einfach irrwitzig!

Sollte Voldemort jemals zurückkehren – und diese Tatsache war mehr als nur „im Rahmen des Möglichen“, wie es Albus immer so schön formulierte –, dann würden sie einen Intakten Widerstand brauchen.

Severus hatte das gegenüber dem alten Ochsen schon tausendfach zur Sprache gebracht, doch Dumbledore war sturer als eine Herde Ziegen, wenn es drauf ankam.

Und so war es an ihm, einem greisen Hexenmeister und der ebenso greisen und mit jedem Tag reizender werdenden Minerva auf Potter aufzupassen und nach den Überbleibseln des dunklen Lords Ausschau zu halten. Hallelujah!

Severus gab es offen zu: Er hätte sich mit einer Armee bis an die Zähne bewaffneter Kriegsmagier – oder wenigstens Marines – wesentlich sicherer gefühlt. Aber nein, der große Dumbledore hatte ja beschlossen, dass drei Mann völlig genügten, um die Gefahr zu bannen.

Severus wurde das Gefühl nicht los, dass bei Albus langsam der Altersschwachsinn einsetzte.
Insgeheim hasste er Potter jetzt schon – allein der Scherereien wegen, die er verursachte.

Severus versuchte möglichst wenig daran zu denken, was ihm bevorstand. Und vor allem für wie lange? Er hoffte inständig, dass er nicht bis zum Ende seines Lebens hinter dem Jungen herräumen musste. Das konnte nicht einmal Albus von ihm verlangen! Er war schließlich kein verdammtes Kindermädchen!

-----------------

Am Abend suchte Severus bereits seine Sachen für Hogwarts zusammen. Er hasste es zu packen! Zum einen, weil er nie wusste, was er mitnehmen sollte – was schließlich darin fußen würde, dass er die Hälfte vergaß – und zum anderen, weil er dann mit ein paar hundert Schülern und Albus zusammengepfercht sein würde.

Jenny wäre wieder ganz allein und John – tja, John würde einzig im Unterricht auf ihn hören. Severus wusste, dass ihr Verhältnis zueinander alles andere als in Butter war. Hass konnte man es nicht nennen, was sein Sohn ihm entgegen brachte, doch es war ganz offensichtliche Verachtung.

Er wusste auch, dass John ihn nicht als seinen Vater akzeptierte. Für ihn war er immer „Severus“, aber niemals „Vater“ oder „Dad“ gewesen. Obwohl sie die selben Gene in sich trugen waren sie sich nie so nahe gekommen, wie es ein Vater und sein Kind normalerweise tun sollten. Severus war als Fremder in Johns Leben eingedrungen, und er fürchtete für immer ein Fremder für ihn zu sein.

Er wurde jäh aus den Gedanken gerissen als er laute Stimmen vernahm. Severus ging zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Er blieb stehen und lauschte.

„John, ich warne dich!“, hörte er Jennifer sagen. „Ich will mich nicht schon wieder darüber streiten!“

„Ich streite doch gar nicht! Ich habe nur gesagt, dass es mir scheißegal ist, was Se-verus dazu sagt!“

„Er ist dein Vater …!“

„Ein Vater, der seinen Sohn nicht kennt, weil er ständig etwas Besseres zutun hat, als sich mit seiner Familie abzugeben.“, antwortete John ärgerlich.

„Du hast nicht das Recht zu machen, was du willst, nur, weil du nicht mit ihm klar kommst!“

„Nicht ihm klarkommst?“, wiederholte John ungläubig. „Mom, er ist es doch, der mit niemanden klarkommt! Ich bin nur froh, dass er in der Schule nicht mein Hauslehrer ist, sonst würde ich vermutlich wahnsinnig werden.“

„John!“, sagte Jennifer empört. „Sag so was nicht!“

„Wieso nicht?“

„Du hast mehr von ihm als du denkst.“

In diesem Augenblick überkam Severus etwas und er trat aus dem Zimmer. Jennifer diskutierte mit John an der Schwelle seiner Zimmertür.

„Was ist denn hier los?“, fragte Severus mit gespielter Naivität.

„Überhaupt nichts.“, antwortete John matt, drehte sich herum und ging in sein Zimmer.
Jennifer blickte ihn daraufhin entschuldigend an.

„Severus …“

„Lass uns unten weiterreden.“, sagte er und sie gingen ins Wohnzimmer.

„Du musst dich nicht entschuldigen.“ Severus wusste, dass sie sich für das Verhalten ihres Sohnes schämte.

„Er hat es nicht so gemeint!“

„Doch, hat er Jenny!“ Severus ließ sich auf dem Sofa nieder. Sie setzte sich zu ihm. „Und er hat Recht. Du weißt, dass er Recht hat!“

„Ich wollte nicht, dass er wieder damit anfängt.“

Severus winkte ab.

„Ich konnte ihm nie der Vater sein, den er gebraucht hätte. Ich bin derjenige, der sich entschuldigen sollte.“

Er wusste, dass er ein schlechter Vater und ein ebenso schlechter Mann war. Obwohl sie nie geheiratet hatten, so waren sie es im Geiste. Hätte Severus nicht in Dumbledores Diensten gestanden, dann hätte er Jennifer schon vor Jahren gehei-ratet. Und ja, er hätte ein ruhiges Leben an der Seite seiner Frau und seines Sohnes durchaus bevorzugt. Er hasste den Krieg. Er hasste das Kämpfen. Und er hasste Albus dafür, dass er ihn zwang immer wieder sein Leben zu riskieren.

Leider war es nicht so einfach bei Dumbledore zu kündigen. Erst recht nicht, wenn ein Wort von ihm reichte, um Severus für alle Zeiten hinter Gitter zu bringen. Er war schon einmal in Askaban Gast gewesen und er hatte nicht vor dieses Erlebnis zu wiederholen.

Severus liebte Jennifer ebenso wie John. Und er hasste es sie wegen seines „Jobs“ zu vernachlässigen. Er hakte das Thema ab – vorerst – und ordnete noch einige Akten.

In der Zwischenzeit bereitete Jennifer das Abendbrot und auch John hatte sich inzwi-schen wieder von seiner Streitsucht erholt.

Schließlich aßen sie zusammen – wobei Severus und John sich nicht einmal die Schädel einschlugen.

Nach dem Essen ließ sich sein Sohn vor dem Fernseher nieder und zog sich dort mit ungeahnter Euphorie seine Lieblingsserie rein: „Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI“

Severus’ Meinung nach war die Serie ja Edeltrash, aber er wollte sich darüber nicht auch noch mit seinem Sohn streiten.

Als Severus endlich alle wichtigen Sachen – die sich über die Sommerferien wieder einmal quer durch das gesamte Haus verstreut hatten – zusammengesucht hatte packte er sie per Hand in den Koffer.

Ja, per Hand! Ein Reinblüter würde jetzt womöglich in Ohnmacht fallen, aber ja Severus bevorzugte es seine Sachen auf Muggelart zu packen. Denn Erstens führte es bekannter Maßen zu einem übersteigerten Ego, wenn man für jeden noch so banalen Mist den Zauberstab benutzte und Zweitens hatte Severus keine Ahnung von diesen hoch gepriesenen Haushaltszaubern.

Er könnte jedes Mal aus der Haut fahren, wenn seine Schüler im Unterricht anfingen ihre Reagenzgläser mit Schwebezaubern bewegen zu wollen. Was, gottverdammt noch mal, sprach eigentlich dagegen sie einfach in die Hand zu nehmen und so Unfälle zu vermeiden? Wahrscheinlich die liebe Eitelkeit einiger Magier.

Mittlerweile hatte sich Severus angewöhnt die Zauberstäbe zu Beginn jeder Stunde einzusammeln. Etwas, das bei einigen Eltern für großen Unmut sorgte. Wie er es nur wagen konnte ihren ach so lieblichen Sprösslingen die Zauberstäbe wegzunehmen?! Selbst Dumbledore hatte versucht ihn weich zu kochen, doch jetzt war es an Severus stur zu sein.

In seinem Unterricht würde es keine Zauberstäbe geben! Und zwar so lange nicht bis diese reinblütigen Fatzken einsahen, dass man nicht für jeden Mist mit Magie um sich werfen musste!

Allein der Gedanke daran brachte Severus in Rage. Und so knallte er seinen Koffer schließlich wütend zu und stellte ihn zur Seite. Die bevorstehende Reise nach Hogwarts nervte ihn auch dieses Mal schon lange bevor er sie antrat. Er setzte sich auf das Bett und raufte sich das Haar.

Das durfte doch alles nicht wahr sein! Warum war er heute nur verdammt grüblerisch? Und warum landete er bei all seinen Überlegungen ständig in Hogwarts, bei Dumbledore und Potter?!

Severus erhob sich abrupt und ging runter in die Küche. Dort öffnete er den Schrank über der Spüle und holte eine Tafel Schokolade heraus. Er öffnete sie, brach ein Stück ab und schlang es hinunter. Ihn hatte viel weniger der plötzliche Heißhunger überkommen, sondern Schokolade beruhigte aus irgendeinem, mysteriösen Grund seine flatternden Nerven.

„Hast du Stress?“ Jennifer kam gerade durch die Tür.

„Nein, es ist nichts.“, sagte Severus, woraufhin sie ihn mit einem durchdringenden Blick taxierte. Es hatte ja doch keinen Zweck sie anzulügen. Jenny konnte in ihm lesen, wie in einem offenen Buch und dafür brauchte sie nicht einmal Okklumentik.

„Was ist los?“, fragte sie.

„Mir geht nur wieder einiges durch den Kopf.“

„Wann fängst du endlich an ehrlich zu sein? Ist es wegen John?“

„Es hat nichts mit ihm zutun.“ Severus holte tief Luft und kniff sich ins Bein. Er wollte nicht darüber reden. Sie brachten das Thema so wenig wie möglich zur Sprache und er fürchtete sich vor jedem Gespräch, das sich um seine Vergangenheit drehte. „Erinnerst du dich an diese Geschichte von der ich dir erzählt habe? An Harry Potter?“

„Ja, Sev, das tue ich.“

„Er kommt dieses Jahr in die Schule.“

Und ich darf den elenden Babysitter für ihn spielen!, fügte er im Gedanken hinzu.

Sie antwortete nicht, sondern umarmte ihn bloß und legte ihren Kopf an seine Schulter. Jenny kannte seine Geschichte – nicht in allen Details, aber im Großen und Ganzen. Sie wusste, was er getan hatte.

„Musst du immer noch daran denken? Nach all den Jahren?“

„Manchmal.“, sagte Severus leise. „Heute, zum Beispiel.“

Er hielt inne und drückte Jennifer sanft von sich. Severus hatte einen spontanen Ent-schluss gefasst von dem er genau wusste, dass er alles andere als klug war, doch er musste es jemanden sagen.

„Ich möchte, dass du John nichts davon erzählst. Es könnte sein, dass es gefährlich wird.“

„Harry ist ein Kind, Sev.“, wandte Jenny ein.

„Es gibt seit einigen Monaten Gerüchte, dass der Dunkle Lord versuchen könnte an die Macht zurück zu gelangen.“

„Du sagtest doch er sei besiegt worden. In der Nacht als …“ Sie brach ab. „Tut mir leid.“

„Dir muss das nicht Leid tun, sondern mir.“, sagte Severus nüchtern. „Mir war klar, dass er nicht tot ist. Er hat Mittel und Wege sich am Leben zu erhalten, auch ohne physische Hülle. Es könnte sein, dass er hinter dem Jungen her ist.“

„Und dein Freund Dumbledore hat dich als Wache abgestellt?“, zählte Jennifer eins und eins zusammen. Sie hatte Albus nie persönlich getroffen, doch Severus hatte in seinen Erzählungen nie an Details über den guten, alten Dumbledore gespart.

„So was in der Art. Hör zu, wenn mir etwas passieren sollte, dann …“

Jenny nahm seine Hände und schüttelte den Kopf.

„Severus, jetzt fang’ nicht so an!“

Er antwortete nicht. Sicher wollte er ihr keinen unnötigen Kummer bereiten. Severus hätte nicht davon gesprochen, wenn er geglaubt hätte, dass es ungefährlich sein würde. Alles, was auch im Entferntesten mit Voldemort zutun hatte, war gefährlich.

„Weißt du, ich …“, setzte Severus gerade an, als ihn ein Klopfen am Fenster ablenkte. Auf dem Fensterbrett saß ein großer, rotgoldener Vogel mit prächtigem Gefieder, der einen Brief im Schnabel hielt.

„Dieser elende …!“, fluchte Severus und öffnete das Fenster und riss dem Phönix wütend den Brief aus dem Schnabel. Das Tier schrie entrüstet auf. „Tu bloß nicht so!“

„Dumbledore?“, fragte Jenny.

„Wer sonst!“, gab Severus zurück und las den Brief.


Severus,
kehren Sie unverzüglich nach Hogwarts zurück. Es gibt beunruhigende Entwicklungen.

PS: Ich habe zwar nicht die Lampe ersteigern können, die Sie wollten, aber ich schätze sie wird Ihnen trotzdem gefallen.

Albus



Er knüllte den Brief zusammen und warf ihn in den Papierkorb.

„Was ist?“, fragte Jennifer.

„Ich soll sofort zurück nach Hogwarts, aber ich schätze, das hat auch noch bis morgen Zeit.“, sagte Severus. Er wusste zwar, dass „beunruhigende Entwicklungen“ bei Albus soviel hieß wie „Die Kacke ist am dampfen!“, aber das war ihm im Augenblick gerade mal scheißegal! Ob der Alte nun acht Minuten oder acht Stunden auf ihn wartete war ohnehin bedeutungslos. Albus würde ihn dann sowieso nur wieder um „kleine Gefallen“ bitten, die am Ende darin fußten, dass ihm der Urlaub gestrichen wurde – das würde er zwar auch so, aber wenigstens musste Severus sich dann nicht wieder Dumbledores große Kampfreden anhören. Er musste nicht motiviert werden, war er doch mit der größten Motivation bei der Sache, die man sich vorstellen konnte – oder etwa doch nicht?

„Ich glaube, ich geh’ dann mal ins Bett.“, sagte Severus, dessen Laune schon wieder im Keller war. Ob er nun versuchte sich noch mit irgendetwas zu beschäftigen oder versuchte zu schlafen spielte keine Rolle – beides würde ihm nicht gelingen! Mit schlechter Laune war er zu nichts nutze. Nicht einmal zum schlafen.

Einige Zeit später kam Jenny zu ihm und legte sich neben ihn. Er konnte – so wie erwartet – kein Auge zutun. Severus hatte wahnsinnigen Ärger auf Albus, dass er ihm eines seiner wenigen, freien Wochenenden
gestrichen hatte.

Erst klingelt er mich mitten in der Nacht aus dem Bett und dann streicht er mir auch noch den Urlaub! Seniles Arschloch!

Er hatte sich auf der Seite eingerollt und spürte wie Jennifer sich an ihn schmiegte und ihren Arm um ihn legte.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie.

„Hmm.“, machte Severus im Wissen, dass überhaupt nichts in Ordnung war. Er drehte sich auf den Rücken blickte Jenny fast einwenig entschuldigend an.

„Ich erinnere mich nur.“, sagte er.

„Woran?“ Jennifer legte ihren Kopf auf seine Brust.

„An alles.“

Severus war überzeugt, dass die Vergangenheit jeden Menschen eines Tages einholte. Ihn hatte sie schon einige Male eingeholt und jede Begegnung mit ihr endete mehr als nur schmerzhaft. Die eigene Vergangenheit war wie ein winziger Glassplit-ter, der sich bei jedem Versuch ihn herauszuziehen nur noch tiefer ins Fleisch grub.
Und er wusste, dass seine Vergangenheit viele Splitter bot an denen er sich verlet-zen konnte.

Jenny antwortete nicht auf seine kryptische Andeutung, sondern strich ihm sanft durch sein Haar, woraufhin Severus sie umarmte. Jetzt, da sie ihm wieder so nah war verdammte er Albus umso mehr. Sie küsste ihn und legte ihren Kopf wieder auf seine Brust. Seine Hände glitten zu ihrem Nacken und er fuhr durch ihre Haare. Jennifer schmiegte sich dichter an ihn und strich mit ihren Finger über seine Schultern.

In diesem Augenblick spürte er wie etwas in ihm erwachte. Das langsam ansteigende Gefühl einer lange verdrängten Begierde. Und in jenem Moment wurde ihm schmerzlich bewusst wie wenig Zeit er mit ihr verbringen konnte. Noch einmal verdammte er den alten Zausel und erinnerte sich an Johns Worte: „Ein Vater, der seinen Sohn nicht kennt, weil er ständig etwas Besseres zutun hat, als sich mit seiner Familie abzugeben.“

Severus wünschte sich dabei fast, dass sein Sohn die Sache nicht so klar durchblicken würde wie er es tat. Wieso konnte er bloß nie bei ihnen sein? Weil Albus ihn zu dieser Arbeit zwang? Ja, womöglich war es so.
Doch er nötigte sich das Thema vorerst zu vergessen. Er würde noch genügend Zeit haben, um auf Albus wütend zu sein. Und so widmete sich Severus lieber intensiv seiner Frau und so lang wie es diese eine Nacht zuließ.

-----------------

Als Severus am nächsten Morgen erwachte spürte er, dass etwas absolut nicht in Ordnung war. Es war eine Art flauer Vorahnung, die von ihm Besitz ergriff. Ein Gefühl in der Magengrube, dass ihn warnte. Er kannte diese Ahnungen nur zu gut und meist behielten sie Recht. Etwas geschah oder war geschehen, aber er wusste nicht was es war.

Er drehte sich zu Jennifer herum, die sich neben ihn eingerollt hatte und noch tief und fest schlief. Severus stich ihr die Strähnen aus dem Gesicht und küsste sie zärt-lich auf die Wange. Anschließend erhob er sich leise, warf sich seinen blau-grün karierten Bademantel über und verließ das Zimmer. Es war noch nicht einmal sechs Uhr und er wusste, dass er keinen Schlaf mehr finden würde. Dieses unbestimmte Gefühl von ebenso unbestimmter Angst fraß sich jedes Mal in die Tiefen seines Gehirns und ließ ihn nicht ruhen.

Severus ging ins Wohnzimmer – wobei er im Flur über die dösende Leia vorsichtig hinweg stieg –, kramte seine Zigaretten und ein Feuerzeug aus einem Schubfach seines Schreibtischs und ging hinaus in den Garten. Er setzte sich auf einen alten Eisenstuhl hinter dem Haus, der schon teilweise mit Rost überzogen war. Eine frische Brise umspielte ihn als er sich eine Zigarette anzündete und einen tiefen Zug nahm.

Er saß so eine ganze Weile da und rauchte zwei, drei Kippen nacheinander. Eigentlich wollte Severus sich das schon seit Jahren abgewöhnen, aber wie bei den meisten schlechten Angewohnheiten erlitt er auch hier immer dann Rückfälle, wenn es ihm mies ging. Seit elf Jahren bereitete Severus sich auf Potters Ankunft vor und jetzt drohte er die Nerven zu verlieren. Es war nicht der Junge, der ihn zu schaffen machte, sondern vielmehr das, was er mit ihm verband.

„Severus?“ Jennifer hatte sein Verschwinden offenbar bemerkt. Severus reagierte kaum merklich auf ihren Ruf. Erst als sie neben ihn stand und ihm ihre Hand auf die Schulter legte erwachte er aus seiner Trance.

„Denkst du schon wieder darüber nach?“

„Ja.“, antwortete knapp.

Jenny umarmte ihn von hinten und küsste sanft seinen Nacken. Er genoss es, denn es erinnerte ihn an die letzte Nacht.

„Manchmal wünsche ich mir wohl ich wäre nicht der Mensch, der ich bin.“, sagte Severus und streichelte ihren Arm. Und er wünschte sich er könnte endlich aufhören über die Vergangenheit nachzugrübeln!

„Dann wärst du aber nicht der Mann, den ich liebe.“, sagte Jennifer und nahm seine Hand. „Komm wieder mit rein, okay?“

Severus nickte ihr zu, drückte seine Zigarette auf dem Boden aus und folgte ihr ins Haus. Er ging ins Bad, wusch sich und zog sich an. Währenddessen bemerkte er einmal mehr wie er jede Regung seines Körpers hinauszögerte, nur damit sich seine Reise verzögerte. Severus wusste selbst das es eigentlich absolut kindisch war. Er benahm sich wie ein Kind, das einfach nicht ins Bett wollte und daher absichtlich trödelte.

„Willst du auch einen?“, fragte Jennifer als Severus die Küche betrat. Sie deutete auf die Kaffeemaschine.

„Ja, gern.“

Er setzte sich an den Tisch und warf einen Blick auf die aktuelle Ausgabe des Tagespropheten. Auch wenn er dieses Schmierblatt hasste hatte er es dennoch abonniert, da er hier immer als Erster sah wie die offizielle „öffentliche Meinung“ aussah. Es war kein Geheimnis, dass die Redakteure ministeriumstreu waren. Das waren sie schon zur Zeit des Krieges gewesen, weshalb die politische Ausrichtung des Blattes immer mit den amtierenden Ministern wechselte. Er überflog die Titelseite.


Weitere Ermittlungen im Fall Gringotts – Das Werk von Schwarzmagiern?

Wie Sprecher der Koboldvereinigung heute bestätigten gelang es den mysteriösen Einbrechern am 30. Juli nicht mit ihrer Beute zu entkommen. Das Verlies, das Opfer des Diebstahles werden sollte, war bereits am Vortag geräumt worden. Da die Einbrecher es schafften ohne Aufsehen in die Bank einzudringen und die Sicherheitsanlagen zu überwinden wird zurzeit davon ausgegangen, dass es sich um Mitglieder einer schwarzmagischen Vereinigung handelt.
Das Ministerium wollte auf Anfrage unsererseits keinen Kommentar dazu abgeben. Allerdings beobachteten Augenzeugen erhöhte Aktivitäten der Auroren innerhalb der Nocturnegasse.
Einzig der Vorsitzende des Ausschusses für Strafverfolgung wandte sich an uns mit den Worten: „Die Ermittlungen laufen noch und wir bitten alle möglichen Zeugen sich im Ministerium zu melden. Wir gehen jedem Hinweis nach.“



Severus hatte die Sache auch schon verfolgt, denn er wusste – wie der Rest des Ordens – sehr genau, was sich in jenem Verlies in Gringotts verborgen hatte: Der Stein der Weisen. Ein uraltes Artefakt, das Unsterblichkeit verlieh.

Nachdem Anfang des Jahres Gerüchte aufkamen, dass die Überreste des Geistes des Dunklen Lords wieder an Macht gewannen sorgte eine Meldung der Küstenwache bei Severus und Albus für gerechtfertigte Nervosität. Man hatte einen herrenlosen Tanker vor der Küste von Jersey aufgebracht. Die 35 Mann starke Besatzung war wie vom Erdboden verschluckt und es gab keinerlei Anzeichen eines Kampfes. Das Schiff war albanischer Herkunft. Jenem Land in das Voldemort angeblich nach seiner Niederlage geflüchtet war.

Albus hatte ein paar alte Kontakte spielen lassen, um die Sache näher zu untersuchen, doch bis jetzt ergebnislos.

Unter dem Artikel befanden sich nur noch einige Schlagzeilen mit Verweisen auf die entsprechenden Seiten:

Rita Kimmkorn enthüllt – Teil 285: Was steckt unter der Robe? Dementoren hautnah!


Severus war sich ziemlich sicher, dass Kimmkorn Dementoren nur von Bildern kannte. Hätte sie sie je „hautnah“ erlebt, dann wäre sie gar nicht erst auf die Idee für diese „Enthüllung“ gekommen.

Kampfhundalarm im Ministerium! Pudel beißt Beamten [68] Nase ab!

So schützen sie sich vor ungebetenen Besuch: 10 Tipps für Schutzbanne von Gilderoy Lockhart (Brandaktuelle Leseprobe aus seinem neuen Buch!)

Qudditsch-Krawalle: Schwere Randale bei Spiel von Drittligisten!


Das schöne am Propheten war, dass das was irgendwie relevant schien immer als Artikel auf der Titelseite landete. Somit konnte man den Rest getrost als Feueranzünder verwenden. Zu dumm, dass er keinen Kamin hatte.

Er wollte die Zeitung gerade zusammenfalten und in den Papierkorb werfen – eigentlich der einzig vernünftige Gedanke, den man beim Propheten haben konnte – als ihm noch eine miniaturische Eilmeldung am unteren Rand auffiel:

Was geschah mit Quirinius Quirell?
Hogwartsprofessor nach Auslandsreise nicht mehr der alte? Eltern beunruhigt. Minister drängt Direktor zur Aufklärung. Albus Dumbledore will keinen Kommentar abgeben.


Severus zog erstaunt die Augenbrauen hoch.

Er wusste, dass sein Kollege eine Auslandsreise nach Osteuropa gemacht hatte, um praktische Erfahrung zu sammeln. Sah ganz danach aus als habe er das nicht so recht vertragen. Nicht das hier noch Stellen im Kollegium frei wurden? Natürlich tat es ihm um den Knilch einwenig leid, aber seine Hintergedanken waren rein beruflicher Natur. Severus hatte nicht vor für den Rest seines Lebens Zaubertränke zu unterrichten. Zumal er die Dreißig bereits überschritten hatte und auf die Mitte seines Lebens zusteuerte. Irgendwann wäre er zu langsam, um sich in Deckung zu werfen, wenn einer seiner Schüler mal wieder beschloss das Labor in die Luft zu jagen. Und es war ja nicht das erste Mal, dass die Stelle für Verteidigung gegen die Dunklen Künste spontan wechselte. Wenn Severus sich für den Posten bewarb, dann wimmelte Albus ihn ständig mit dieser lächerlichen Geschichte vom „Fluch der Stelle für Verteidigung gegen die Dunklen Künste“ ab. Für so abergläubig wollte er den alten Zausel eigentlich nicht halten. Wahrscheinlich wollte er einfach niemanden wie ihn auf diesem Posten haben. Jemanden mit einer etwas … nun ja … sagen wir fragwürdigen Vergangenheit.

Und das wo Severus doch eine Schwäche dafür hatte neuen Kollegen mit dieser Geistergeschichte auf die Pelle zu rücken. Okay, zugeben er hatte sie Quirell ein paar dutzend Mal öfter erzählt als anderen Neuankömmlingen. Albus würde ihm das jetzt sicher unter die Nase reiben. Herrgott, was konnte er dafür, dass der Junge so verdammt empfindlich war?

Jennifer setzte sich ihm gegenüber und schob ihm seine Tasse hin.

„Nimmst du Leia mit?“

Severus nickte. Leia war die zahmste Hündin auf dem gesamten Planeten. Sie hätte womöglich sogar ein Baby an ihrer Brust nuggeln lassen. Die Schule und die vielen Menschen machten ihr auch kaum etwas aus. Bissig wurde Leia nur, wenn sie ihn mit Leib und Leben zu beschützen versuchte. Und das war bis jetzt nur ein paar Mal vorgekommen. Immer in Situationen, in denen Severus Hilfe bitter nötig hatte. Leia hatte ihm als junger Hund einmal das Leben gerettet und damals auch ihre Blessuren davongetragen. Seitdem war sie auf einem Auge blind und hinkte leicht auf dem rechten Hinterbein. Als Wachhund war sie deshalb nicht mehr zu gebrauchen, doch er mochte ihre Gesellschaft über alles. Und er hätte sie in den kommenden Monaten wohl auch notwendig.

Severus versuchte seine Abreise nicht noch weiter hinauszuzögern. Er Frühstückte mit Jennifer, nahm seinen Koffer und ging zusammen mit Leia in den Garten.

„Pass auf dich auf!“, sagte Jenny und umarmte ihn innig.

„Du kennst mich doch.“

„Genau deshalb sage ich es.“ Jennifer beugte sich zu Leia hinunter und graulte sie hinter den Ohren. „Du beißt ihn in den Hintern, wenn es nötig wird, verstanden?“

Die Hündin bellte zur Antwort.

„Unfassbar! Jetzt verbünden sich die Frauen wieder gegen mich.“

Jennifer versetzte ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Hinterkopf, woraufhin Severus nicht umhin kam sie anzugrinsen.

„Mach’s gut.“ Er nahm seinen Koffer fest in die Hand und hielt Leia mit der anderen am Halsband. Apparieren ohne Zauberstab war schon recht hohe Magie, wenn man bedachte, dass es den meisten Menschen schon mit Zauberstab gern mal Probleme bereitete.

Severus löste sich von diesem Ort und ließ sich in den Strom der Magie fallen. Er wurde nach hinten gerissen und an den Ort katapultiert, den er in seinen Gedanken festhielt.

Als er sich jedoch wieder materialisierte steckte er bis zu den Knöcheln im Schlamm eines Tümpels. Fluchend ließ er Leia los und kämpfte sich durch den mit hohem Schilf bewachsenen Sumpf zu seinen Füßen. Warum konnte er sich einfach nicht merken wo in Aberforths Garten dieser verfluchte Pfuhl lag?

„Haben wir uns mal wieder verlaufen?“ Aberforth saß auf einem alten Klappstuhl, umgeben von seinen geliebten, blökenden und wiederkauenden Ziegen und grinste Severus an. Er war groß und hager, hatte kurzes, graues Haar und trug nur ein recht verschlissenes Unterhemd und Jeans.

Severus fluchte nur vehement und alles andere als lautlos.

„Albus hat schon nach dir gefragt.“

„Das kann ich mir vorstellen.“, grollte Severus. „Weißt du was passiert ist? Ich hoffe dein Bruder hat mir nicht wegen Quirell den Urlaub gestrichen!“

„Und wenn es so wäre?“, fragte Aberforth.

„Dann würde ich ihn umbringen!“

„Wen? Albus oder Quirell?“

„Das muss ich mir noch überlegen.“

Aberforth lachte.

„Ach Severus … glaub mir, ohne dich wäre es mir todlangweilig hier.“

„Hmpf. Ja, klar.“

„Nimmst du deine Süße mit hoch?“, fragte Aberforth und deutete auf Leia, die sich gerade genussvoll im feuchten Gras herumwälzte.

„Ich denke, ich werde mir erstmal bei Albus meine Standpauke abholen. Kannst du sie mir später hochbringen? Ich möchte Albus’ Handikap nicht unnötig provozieren.“, sagte Severus.

Dumbledore tat gern so als würde er sich vor absolut nichts fürchten, doch er hatte panische Angst vor Hunden, unabhängig von ihrer Größe. Er hatte selbst einmal erlebt wie ihm im Angesicht eines Yorkshire Terriers der Schweiß ausbrach. Mit dieser Geschichte zog Severus den alten Zausel bis heute immer wieder auf.

„Mach ich. Kein Problem.“, bestätigte Aberforth.

Severus ging ins Haus. Es war zugleich eine Kneipe mit dem klangvollen Namen „Der Eberkopf“. Zugegeben es war nicht das sauberste Gasthaus und gewiss auch nicht das mit dem besten Bier, aber dafür waren die Preise billig und man hatte seine Ruhe.

Er ging zur Vordertür hinaus und stampfte durch das Dorf hinauf zum Schloss. Oben angekommen wartete Minerva bereits in der Eingangshalle auf ihn. Sie ging mittlerweile schon auf die Ende Sechzig zu, hatte rotes Haar, das jedoch langsam grau ansetzte und trug eine lange, grüne Robe.

„Severus, wo waren Sie? Ich stehe mir hier schon seit Stunden die Füße wund, weil Albus wegen Ihnen die Wände hoch geht!“ Sie stemmte die Hände in die Seiten – so wie es nur eine Frau tun konnte, die gerade einen Mann nach allen Regeln der Kunst zurechtstutzen wollte.

„Ich habe im Stau gesteckt.“, antwortete Severus gelassen.

„Im Stau?“ Minerva blickte ihn zweifelnd an. Wie eine Lehrerin, die ihren schwierigsten Schüler gerade wieder bei einer billigen Ausrede ertappte.

„Apparierstau, meine Liebe. Recht heimtückisch. Taucht immer dann auf, wenn man ihn am wenigsten erwartet.“

„Hoch ins Büro mit Ihnen!“ Da arbeitete er nun schon seit 11 Jahren hier und sie tat immer noch so als sei er ihr Schüler. „Wenn Sie nicht gehen trage ich Sie hoch!“

„Das würden Sie tun?“, fragte Severus hoch interessiert, woraufhin er einen stechenden Blick erntete.

„Gehen Sie schon!“

„Na schön.“ Severus drückte Minerva seinen Koffer in die Hand. „Würden Sie den in mein Büro stellen, wo Sie doch jetzt von ihrer mühseligen Arbeit erlöst sind?“

„Sehe ich etwa aus wie ein Hauself, Snape?“, giftete Minerva.

„Ich schenke Ihnen auch etwas zum Geburtstag. Wann war der? Im November?“

„Januar!“

„Na ja, fast.“ Bevor Minerva etwas entgegnen konnte rannte Severus die Treppe hinauf, doch er spürte wie ihr beißender Blick ihm folgte.

Er schlug den Weg zum Büro des Schulleiters ein.

„Passwort?“, fragte der Wasserspeier vor dem verborgenen Zugang schließlich.

„Halt die Klappe!“

„Das ist nicht das Passwort!“

„Krimskrams.“

„Das ist auch nicht das Passwort!“

„Quabbelspeck.“

„Das auch nicht! Warum weißt du es nicht? Ich dachte, du bist Lehrer? Hahaha!“

„Hahaha! Ich kann auch nichts für Albus’ Faible für sinnlose Wortkreationen. Jetzt lass mich rein oder ich hol den Vorschlaghammer!“

„Oh Mann, verdammte Ellenbogengesellschaft! Da versucht man seinen Job zu machen und wird zum Dank mit Körperverletzung bedroht.“ Beleidigt gab der Wasser-speier die Tür zum Büro frei.

„Sie sind zu spät!“, bellte Dumbledore Severus an, kaum dass er den Raum betreten hatte. „Einen ganzen Tag zu spät!“ Der Schulleiter saß hinter seinem Schreibtisch und tätigte wieder einmal allerhand wichtigen Schreibkram auf mindestens ebenso wichtigen Papieren.

„Sagte nicht Albert Einstein Zeit sei relativ?“, antwortete er trocken auf die Anschuldigung seines Chefs.

„Sparen Sie sich das, Severus! Sie wissen wie wichtig das kommende Jahr für uns wird.“

„Sie meinen wohl eher: Wie wichtig das nächste Jahr für Sie wird.“, sagte Severus angriffslustig. Dumbledore lehnte sich zurück und warf seinem Lehrer einen jener seltenen, finsteren Blicke zu, die ihm verrieten, dass der sonst so beherrschte Albus Dumbledore gerade einige wirklich bemerkenswert bösartige Worte hinunterschluckte.

„Lassen wir das.“, sagte der Direktor schließlich. „Der Grund, warum ich Sie hierher gerufen habe ist, dass ich Sie um etwas bitten muss.“

Bitten! Bitten hieß bei Dumbledore so viel wie einen Auftrag zu erteilen.

„Noch mehr süße, kleine Erstklässler beschatten?“, fragte Severus. Dumbledore verdrehte jedoch nur genervt die Augen.

„Ich möchte, dass Sie ein Auge auf Quirell werfen.“

„Wieso? Weil ihm sein Auslandsurlaub nicht besonders bekommen ist?“

„Mittlerweile haben selbst die Dilettanten beim Propheten Wind davon bekommen, dass einem unserer Kollegen etwas nicht ganz harmloses zugestoßen ist. Und ich darf jetzt die Post besorgter Eltern beantworten.“

„Nichts, was Sie nicht hinkriegen würden, oder?“, bemerkte Severus im locker-lässigen Tonfall.

„Severus!“

„Ach kommen Sie, was erwarten Sie, Albus! Ich habe Ihnen schon lange gesagt, dass Quirell schwach auf der Brust ist. Hat mich immer einwenig an den guten Professor Trademark erinnert. Sie kennen Trady sicher noch.“

„Oh ja, das tue ich.“, meinte Dumbledore ruhig. „Aber ich habe den Eindruck, dass das keine gewöhnliche Angstpsychose ist an der unser werter Professor leidet. Etwas gefällt mir daran nicht. Ich weiß bloß noch nicht was.“

„Ich wusste gar nicht, dass Sie Doktor der Psychologie sind, Albus. Man lernt aber auch immer wieder Neues über Sie.“, kommentierte Severus die Bemerkung über die Angstpsychose.

Severus dachte für sich zwar, dass Quirell eher in eine Nervenheilanstalt gehört hätte als in eine Schule, aber Albus wertete das dann wieder als Versuch seinerseits an die Stelle für Verteidigung gegen die Dunklen Künste heranzukommen. Und wer weiß, vielleicht würde sich sein Kollege langsam wieder beruhigen, wenn ihm explodierende Reagenzgläser und Kessel um die Ohren flogen. Albus selbst betonte doch immer die kühle Romantik, die Zaubertränke ausstrahlte. Da gab es keine gefährlichen Monster und Flüche – insofern man untalentierte Schüler, die es fertig brachten einen Kessel mit harmlosen H2O in eine tickende Zeitbombe zu verwandeln, nicht mitzählte.

„Um ehrlich zu sein, DAS hätten Sie mir auch am Telefon sagen können!“

„Es geht nicht nur darum. Der Schutz des Steins und Potters haben oberste Priorität, verstehen Sie das?! Und Sie Severus sind mein bester Mann, wenn es um … fragwürdige Recherchen geht.“

Severus verschränkte die Arme und zog die Augenbrauen hoch. Sein bester Mann? Seit wann das? Sonst war er doch nur Severus Snape, der Depp, der einmal in seinem Leben richtig Scheiße baute und dafür seit elf Jahren büßen musste! Severus Snape, der Idiot, den man vorschickte, wenn es dem guten, alten Hexenmeister zu gefährlich wurde. Ach ja, das große Gehirn musste geschützt werden, aber ihn durfte man ruhig in tausend Teile sprengen!

Verdammt, er war doch kein verfickter Fußsoldat! Na ja, zumindest nicht mehr als früher.

„Ganz zu Ihren Diensten, Eure großmütige Göttlichkeit!“

„Werden Sie jetzt bloß nicht frech!“, ermahnte ihn Dumbledore, doch Severus hörte gar nicht hin.

Ja ja, bloß nicht frech werden, sonst verwandelt sich Albus in Godzilla und zertrampelt dich zu Muß!

„Und noch etwas: Bitte, behandeln Sie Harry möglichst unparteiisch.“

Severus schwieg sich über diese Forderung aus. Wie oft hatte er das in den letzten Wochen gehört: „Seien Sie nett zu ihm! Seien Sie unparteiisch!“

„Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn er nach Slytherin käme.“, sagte Dumbledore. Severus prustete los und erntete dafür einen scharfen Blick seitens des Schulleiters.

„Ich bitte Sie, diese Familie ist seit Generationen in Gryffindor verankert. Ich habe mit den anderen Hauslehrern im Übrigen eine Wette laufen. Sie können noch einsteigen, wenn Sie wollen, Albus. Der Einsatz liegt bei fünf Sickel.“

„Sie sind unmöglich, Severus!“, meinte Dumbledore zähneknirschend, bevor er hinzufügte: „Ich steige ein! Der Junge wird ein Gryffindor. Genau wie sein Vater.“

„Genau das befürchte ich auch.“, bemerkte Severus.

Er selbst hatte aus politischen Gründen auf Potters Aufnahme in Slytherin gewettet, obwohl er davon ausging diese Wette zu verlieren. Obwohl er zu gern Albus’ und Minervas Gesichter gesehen hätte, wenn der Junge aus der Reihe gefallen wäre. Vielleicht wurde er ja ein Hufflepuff? Allerdings hoffte er inständig er würde nicht in Slytherin landen. Er wüsste wirklich nicht, was er dann tun würde. Vielleicht schreiend aus der Großen Halle rennen und den Sprechenden Hut verbrennen?

Severus verließ das Büro und ging hinunter in die Kerker. Dort unten lagen unweit des Gemeinschaftsraumes der Slytherins seine privaten Räumlichkeiten. Es handelte sich um eine Art kleine Wohnung im Schloss, die in drei Räume aufgeteilt war. In der Mitte ein Wohnzimmer mit allerhand Bücherregalen, Sesseln, einem kleinen Tisch und einem Kamin. Den Boden hatte er mit einem dicken, braun-grau gestreiften Teppich belegt. In den Kerkern war es immer kalt, egal ob es nun Sommer oder Winter war. Und gerade im Winter fror er sich hier unten regelmäßig sämtliche Knochen ab, was zur Folge hatte, dass er Weihnachten oder Silvester oft genug mit Angina im Bett verbrachte. Davon wollte Albus freilich nichts hören, sondern regte sich lieber über ausgefallene Unterrichtsstunden auf.

Vor dem Kamin stand sein Koffer, den nun entweder Minerva – was er nicht glaubte – oder ein Hauself hierher gebracht hatte. Auf dem Tisch lag zudem ein hohes Päckchen an dem ein Zettel angebracht war.


Ihre Lampe, Severus. Ich hoffe, sie gefällt Ihnen.


Severus war sich für einen Moment unsicher, ob er das Päckchen wirklich öffnen sollte. Immerhin kannte er Albus’ Geschmacksverirrungen zur genüge.

Allen Befürchtungen zum Trotz riss er das Paket auf und enthüllte eine Nachttisch-lampe wie sie furchtbarer nicht hätte sein können. Sie war knallpink und der lila Schirm war mit neongrünen Bärchen, eidottergelben Bienchen und türkisen Blümchen versehen. Das Ding hatte er garantiert aus der Kinderabteilung geholt.

Severus stand davor und schüttelte entgeistert den Kopf.

Manchmal denke ich er macht das mit Absicht.

Na ja, vielleicht fand er ja eine Gelegenheit sie Albus über den Kopf zu ziehen?

Nachdem Severus den farblichen Schock überwunden hatte versteckte er die Lampe in einem Schrank und packte seine Sachen aus dem Koffer.

Es klopfte an der Tür.

„Herein.“, rief er laut.

Minerva McGonagall trat ein und blickte ihn einen Augenblick etwas gelangweilt an, während sie zusah wie er seine Sachen in die Schränke räumte.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte Severus.

Dieser spontane Besuch passte gar nicht zu ihr. Normalerweise mieden sie sich in ihrer Freizeit. Hatten sie während des Schuljahres doch mehr als genug Zeit, um sich gegenseitig auf den Wecker zu gehen.

„Darf ich mich setzen?“

Severus sah sie irritiert an.

„Ähm … ja.“, antwortete er zögernd. Was wollte sie von ihm?

„Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?“

Severus hörte auf seinen Koffer auszuräumen und sah Minerva nun offenkundig verwirrt an. Über was wollte sie denn jetzt reden? Mit ihm? Wenn sie jetzt mit Potter anfing würde er sie ohne zu zögern rausschmeißen!

„Worüber?“, fragte Severus misstrauisch.

„Wie stehen Sie zu dieser ganzen Geschichte mit dem Stein?“

Also das überraschte ihn jetzt.

„Ich denke, dass die Sache stinkt.“

„Und Potter?“, fragte Minerva.

„Potter!“, spie Severus aus. Er konnte dieses verfluchte Thema einfach nicht mehr hören! „Gott, Minerva! Sie und Albus liegen mir damit nun schon seit Wochen auf den Ohren! Was wollen Sie denn noch von mir? Soll ich ab jetzt vor dem Jungen auf die Knie fallen und ihm huldigen? Oh, ich wette, dann gehe ich sofort als Autoritätsperson bei ihm durch!“

„Sie müssen nicht gleich wieder aggressiv werden.“, meinte Minerva gelassen. „Es ist eben nur, dass ich und Albus uns Gedanken wegen Ihrer … Voreingenommenheit … machen und über das, was Sie mit Potter verbindet.“

„Mich verbindet GAR NICHTS mit dem Knirps!“, rief Severus. So langsam gingen Sie ihm alle aber gehörig auf die Nerven!

„Tja, und weil Sie nichts mit ihm verbindet fangen Sie jetzt an cholerisch zu werden?“

Ich kann ja mal richtig cholerisch werden, liebe Minerva! Da haben Sie mich noch nicht erlebt …!

„Raus!“ Er packte die stellvertretende Schulleiterin am Arm und zerrte sie in Richtung Tür. „Ich will kein Wort mehr davon hören! Sagen Sie das auch Dumbledore! Wenn er es auch nur noch einmal erwähnt kann er sich sicher sein, dass ich kündige!!!“

„Sie können nicht kündigen.“, widersprach ihm Minerva. „Nicht bei dem, was Sie ihm …!“

Doch Severus hörte nicht mehr hin. Er riss die Tür auf und schubste sie auf den Flur, um die Tür anschließend so zuzuknallen, dass die Angeln erzitterten. Rasend vor Wut schob er den Riegel vor und trat anschließend gegen die Wand, um sich seine Zehe zu verstauchen.

Wenn Albus so weitermachte würde er ihn doch noch umbringen!


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