von ChrissiTine
11. Dezember: Kaffeeklatsch
„Dein Mann hat sie nicht alle", sagte Ginny und ließ sich in den freien Stuhl an Hermines Tisch sinken, den sie ihr frei gehalten hatte. Sie gab der Kellnerin ein Zeichen, die ihr gleich darauf eine Tasse dampfenden Tee brachte, ihre übliche Bestellung. „Heute isses ja richtig voll hier", sagte sie kopfschüttelnd und schälte sich aus ihrem Mantel. „Weihnachten ist doch schon vorbei, jetzt muss doch niemand mehr Geschenke kaufen."
„Aber umtauschen", erwiderte Hermine augenverdrehend. Ginny und sie trafen sich seit Jahren in dem kleinen Muffelcafé in der Nähe der Winkelgasse. Anfangs hatten sie sich in der Winkelgasse getroffen, aber sie hatten sich nie ungestört unterhalten können, ohne dass nicht irgendwelche Passanten die Köpfe in ihre Richtung gedreht hatten, und auch wenn es meistens nur um ganz banale Sachen ging, waren sie doch lieber ungestört, wenn sie die Wahl hatten. Und so hatten sie sich abseits der Zauberwelt einen Ort gesucht, der ihnen gefiel und dieses Café war ein wahrer Glücksgriff gewesen. Doch in der letzten Zeit war es auch hier immer voller geworden. Zunehmend mehr Touristen trieben sich hier herum und Hermine befürchtete, dass sie sich bald etwas Neues würden suchen müssen.
„Ich würde nie ein Geschenk umtauschen", erwiderte Ginny verständnislos und nippte an ihrem Tee. „Wie dreist muss man sein? Da muss man ja sogar die Quittung verlangen."
Hermine seufzte. „Ich weiß ja nicht, ich hab schon manchmal das eine oder andere Geschenk gekriegt, das ich gerne umgetauscht hätte." Und das waren noch nicht mal die Geschenke von Ron gewesen, der war meistens überraschend gut darin, etwas zu finden, das sie sich zwar nie selbst gekauft hätte, das ihr aber dennoch gut gefiel. Nein, George machte ihnen immer dreistere Geschenke, um ihr „eingeschlafenes Sexleben mal ein bisschen aufzupeppen" (was überhaupt nicht nötig war). Anfangs waren es ja noch Sachen gewesen, die sie ganz gut gebrauchen konnten, wie die essbare Unterwäsche oder das essbare Massageöl, das nach Schokolade schmeckte, aber sie brauchte wirklich keine vibrierenden Handschellen oder eine Peitsche, die selbst Kommentare abgab. Hermine fragte sich, ob George seinen anderen Geschwistern auch solche Geschenke machte, aber da traute sie sich dann doch nicht, zu fragen. Ginny hatte zumindest nichts erwähnt.
Ginny schnaubte. „Das glaub ich gerne. Ron kann manchmal so ein Idiot sein."
„Ihn hab ich gar nicht gemeint", verteidigte Hermine ihren Mann, runzelte dann aber die Stirn. „Warum soll er sie denn nicht mehr alle haben?"
Ginnys Gesichtsausdruck verdüsterte sich. „Er hat Harry vorgestern gesagt, dass er bescheuert ist, weil er zugelassen hat, dass Al Scorpius zu uns einlädt. Weil Scorpius ein Spion und angehender Todesser ist. Ein Zwölfjähriger! Dein Mann leidet eindeutig an Realitätsverlust."
Hermine seufzte. Sie hatte sich das Ganze auch mehr als einmal anhören müssen, seit Ron wusste, dass Al mit Scorpius befreundet war und ihn im Haus der Potters haben wollte. „Ich gebe ja zu, dass er in dieser Hinsicht ein bisschen über das Ziel hinausschießt-"
„Ein bisschen? Kilometerweit! Und es ist richtig beschämend, wo wir doch alle, Ron eingeschlossen, so hart daran gearbeitet haben, dass diese verdammten Vorurteile nicht den Rest des Lebens bestimmen sollten. Außerdem kennt er Scorpius überhaupt nicht. Al ist ganz begeistert von ihm und auf Harry und mich hat er einen netten, aufgeschlossenen Eindruck gemacht. Er hat uns weder beleidigt noch ausspioniert. Er hatte eher Angst, uns überhaupt zu begegnen und das ist doch wirklich traurig. James' Freunde haben sich nie so verhalten."
„Ja, weil die es wahrscheinlich gar nicht erwarten konnten, den Auserwählten zu treffen", wandte Hermine ein. Die meisten Menschen brauchten eine Weile, bis sie sich in Harrys (und auch ihrer und Rons) Gegenwart normal verhalten konnten. „Ich sag ja gar nicht, dass Ron Recht hat, aber ich kann verstehen, warum er Probleme hat, seine Vorurteile zu überwinden, wenn es um die Malfoys geht."
„Ich weiß, dass Malfoy ihn beinahe vergiftet hätte, aber das war keine Absicht gewesen. Und ich müsste mich da eigentlich viel mehr aufregen, immerhin hat Lucius mir Riddles Tagebuch untergeschoben."
„Aber darum geht es nicht, Ginny", erwiderte Hermine leise und trank einen Schluck ihres Tees, damit ihre Hände etwas zu tun hatten. Rons Vergiftung hatte sie mehr mitgenommen als ihn, er hatte die meiste Zeit ja bewusstlos verbracht. Er war sogar eher glücklich darüber gewesen, weil sie endlich wieder mit ihm gesprochen hatte. „Es geht darum, dass Bellatrix Lestrange mich in seinem Haus beinahe bis zum Wahnsinn gefoltert hätte. Und alle Malfoys daneben gestanden und zugesehen haben, ohne etwas zu tun. Draco eingeschlossen." Er sagte es zwar nie, aber sie wusste, wenn er schweißgebadet aus einem Albtraum aufwachte, dann träumte er in fast allen Fällen genau davon. Sie brauchte immer Minuten, um ihn aus seinen Träumen zu reißen und musste sich mit Tränen in den Augen anhören, wie er jemanden anflehte, ihr nicht wehzutun und stattdessen ihn zu nehmen. Sie konnte sich kaum daran erinnern, wie sie gefoltert worden war, da war immer nur ein gleißender Schmerz und dann Rons Arme, die sie fest umschlossen und in Sicherheit brachten, aber er hatte ihre Schreie gehört und sie verfolgten ihn noch immer.
„Oh." Ginny schaute sie konsterniert an und schluckte. „Aber – Malfoy hätte doch nicht wirklich etwas tun können. Ich meine, Bellatrix hätte ihn wahrscheinlich ebenso gerne gefoltert wie dich. Ich meine, er hat viele Sachen gemacht, die man ihm vorwerfen kann, aber das …" Sie hieß es nicht gut, aber sie konnte zumindest nachvollziehen, warum er so gehandelt hatte.
„Aber man hat doch immer eine Wahl. Und Ron hätte nie so tatenlos daneben gestanden. Und das wird er nie vergessen können. Sicher, Scorpius kann dafür am allerwenigsten, aber du weißt doch genauso gut wie ich, dass man seine Gefühle nicht so einfach abstellen kann."
„Ja, sicher. Aber so, wie ich Scorpius kennen gelernt habe, und was Al alles von ihm erzählt, kann ich kaum glauben, dass er so untätig daneben stehen würde wie sein Vater. Al hat schon oft erwähnt, dass er kein gutes Haar an Lucius lässt. Und er ist fasziniert von Muggeln. Würde er seinem Vater nicht so ähnlich sehen, dann würde ich glatt bezweifeln, dass er wirklich ein Malfoy ist."
„Ach wirklich?", fragte Hermine lächelnd. Das passte nur allzu gut zu den Dingen, die Rose manchmal in ihren Briefen erwähnte. Auch wenn Ron die nur zu gerne ignorierte.
Ginny nickte. „Seine Mum muss einen guten Einfluss auf ihn haben. Wusstest du, dass sie Hagrids beste Schülerin war? Hat sogar ihren UTZ bei ihm gemacht."
„Nein!" Es tat ihr schrecklich Leid, da Hagrid ein wirklich guter Freund war, aber sie hatte sich kaum vorstellen können, dass er den Unterricht so gut gestalten würde, dass jemand tatsächlich so lange dabei bleiben würde. Aber Parvati und Lavender waren auch schwer von Trelwaney begeistert gewesen und das hatte Hermine nie verstanden.
TBC...
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