Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Verstand und Gefühl - Eis und Feuer

von MagicMarlie

Hallo ihr Lieben! Nach einer Eeeewigkeit melde ich mich mit einem neuen Kapitel zurück *beschämt schau* Irgendwie hatte ich einfach nicht die richtigen Ideen für die Geschichte, und so habe ich in der Zwischenzeit an einigen anderen Projekten gearbeitet.
Ich hoffe, dass einige von euch trotzdem noch Lust an der Story haben und mich wissen lassen, was sie von dem neuen Kap halten. Ich denke, ich kann euch versprechen, dass es in nächster Zeit wieder regelmäßiger weitergeht, und ganz ganz sicher kann ich versprechen, dass die Story auf jeden Fall fertig geschrieben wird.
Aber genug geschwafelt, viel Vergnügen mit dem neuen Kap - jetzt kommen wir der ganzen Sache endlich näher! ;-)
Lg, MM

***


Severus erwachte am zweiten Samstagmorgen im Dezember mit dröhnenden Kopfschmerzen. Als er leise stöhnend die Augen öffnete, war er nicht zum ersten Mal für seinen fenster- und somit lichtlosen Kerker dankbar. Fluchend setzte er sich auf und schlug die Decke zurück. Beinahe blind tappte er durch sein Schlafzimmer, bis er an der gegenüberliegenden Wand den Schrank erreichte, in dem er seine privaten Tränke aufbewahrte. Schnell nahm er sich einen gegen Kopfschmerzen und schüttete ihn seine Kehle hinunter, was ihm beinahe sofort Erleichterung verschaffte.

Nach einem kurzen Blick auf die Uhr stellte er fest, dass er spät dran war. Mit einigen sehr unanständigen Flüchen beeilte er sich, unter die Dusche und dann in seine Kleider zu kommen, ohne sie verkehrt herum anzuziehen. Er hatte wieder einmal die halbe Nacht wach gelegen und vor sich hin sinniert, und erst im Morgengrauen hatten es seine wirren Gedanken und die Schmerzen ihm erlaubt, in einen unruhigen Schlaf zu fallen.

Schließlich aber war er fertig angezogen und machte sich auf den Weg in seine erste Stunde, um den Erstklässlern der Slytherins und Rawenclaws zumindest etwas beizubringen. Für ein Frühstück blieb ihm keine Zeit mehr, was er zweifellos an seinen Schülern auslassen würde, beschloss er mit einer morbiden Genugtuung.

Doch auf halbem Weg ins Klassenzimmer kam ihm Hermine entgegen. Er unterdrückte ein Stöhnen, als sie mit besorgter Miene auf ihn zueilte.

„Guten Morgen, Severus! Wie geht’s Ihnen?“, fragte sie auch gleich und Severus war klar, dass sie nicht zufällig durch die Kerker streifte.

„Was geht Sie das an?“, blaffte er und sofort flackerte Überraschung und Enttäuschung in ihren Augen auf, was Severus zu seinem Missfallen ein leichtes schlechtes Gewissen einbrachte.

„Ich dachte bloß ...“, begann Sie, doch sie schien den Faden verloren zu haben, wieder einmal hatte er sie aus der Fassung gebracht.

„Am besten, Sie vergessen das Ganze so schnell wie möglich wieder und konzentrieren sich auf Ihren Unterricht.“, sagte er so sachlich wie möglich und rauschte an ihr vorbei. Ihm war wohl klar, dass sie ihm nachstarrte und sich fragte, was gerade geschehen war, doch Severus hatte in dieser wachgelegenen Nacht einen Beschluss gefasst. Er hatte es bereits einmal in seinem Leben zu weit kommen lassen, und es hatte alles ruiniert, was ihm wichtig gewesen war – das würde er nicht noch einmal zulassen.

+++

Den ganzen restlichen Tag verbrachte Hermine in einer Mischung aus Wut, Enttäuschung und Unsicherheit. Seit sie Severus am Morgen in den Kerkern getroffen hatte, schien er ihr nicht nur aus dem Weg zu gehen, sondern sie geradezu zu meiden. Selbst als sie beim Abendessen unweigerlich neben einander saßen, tat er so, als sei sie nicht anwesend, was sie nicht nur merkwürdig, sondern auch lächerlich fand.

Als sie beim Dessert angelangt waren und noch immer kein Wort miteinander gewechselt hatten, wurde es ihr zu bunt.

„Was zum Teufel ist los mit Ihnen, Severus?“, zischte sie, „ich habe Ihnen nichts getan!“

Der Zaubertränkeprofessor warf ihr einen kalten Blick zu. „Nein. Aber ich bin mir keinerlei Verpflichtung bewusst, mit Ihnen Smalltalk zu führen.“
Mit diesen Worten erhob er sich, und ohne sie noch eines Blickes zu würdigen verließ er die Halle.

Hermine spürte eine Welle der Wut in sich aufsteigen und in ihren Ohren begann es zu rauschen. Dennoch versuchte sie, sich zu beruhigen und kein Theater zu machen. Sie hatte zwar keine Ahnung, was plötzlich mit ihm los war, aber sie würde ihm nicht die Genugtuung gönnen, ihm zu zeigen, wie weh er ihr mit diesem Verhalten tat. Wenn er meinte, er müsse, aus welchen Gründen auch immer, sich wieder wie das größte Ekel der Welt verhalten, dann sollte er doch. Aber diesmal würde sie nicht klein beigeben.

Mit einem Schnauben zog sie seinen unberührten Teller an sich heran und machte sich über seine Siruptorte her.



Am Dienstagmorgen stand Hermine unschlüssig vor Severus’ Labortür. Sie wusste nicht, wie er sie beim Brauen behandeln, oder ob er sie überhaupt einlassen würde. Immer noch hatte sie keine Ahnung, was seinen Sinneswandel bewirkt haben könnte, immerhin waren sie doch schon fast gut miteinander ausgekommen.

Schließlich klopfte sie aber doch und beinahe sofort wurde die Tür aufgerissen, als habe der Zaubertränkemeister dahinter gelauert.

„Guten Morgen.“, sagte Hermine schlicht und neutral und trat an ihm vorbei in den kreisrunden Raum. Der Trank köchelte gemächlich vor sich hin und versprühte einen nicht ganz angenehmen Duft im Labor.

Severus nickte zur Begrüßung und setzte sich hinter seinen Schreibtisch, um einige Unterlagen zu ordnen. Wieder einmal ignorierte er sie einfach, und Hermine presste vor Ärger die Lippen zusammen. Nun, dieses Spiel konnte sie auch spielen ...

Den ganzen Vormittag über arbeiteten sie still vor sich hin, ohne auch nur ein einziges Wort miteinander zu wechseln. Allerdings fiel Hermine auf, dass er ihr immer wieder kurze Blicke zuwarf, wenn er dachte, sie würde es nicht bemerken. In diesen Augenblicken wirkte er nicht wütend oder genervt, sondern eher nachdenklich und beinahe etwas bedauernd. Hermine konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf machen, beschloss aber, ihm nicht entgegenzukommen. Wenn er nicht mit ihr reden wollte, sollte er es eben sein lassen.

Als sie am späteren Nachmittag ihre Sachen zusammenpackte, fiel ihr auf, dass es Severus nicht gut zu gehen schien. Seine ohnehin schon fahle Hautfarbe sah ungesünder aus als sonst, und ein dünner Schweißfilm bedeckte seine Stirn. Seine Augen wirkten ebenfalls etwas glasig, und Hermine vermutete, dass er ein wenig Fieber hatte. Es war wahrscheinlich, dass es immer noch auf seine Verletzungen vom Wochenende zurückging, und sie konnte nicht verhindern, dass ein Teil von ihr sich unweigerlich Sorgen machte. Ein anderer, im Moment sehr viel größerer Teil, sagte ihr jedoch gehässig, dass es sie nichts anging und dass es sein Problem war, also ging sie einfach zur Tür und verabschiedete sich mit einem kühlen „Guten Abend“.

+++

Als die Tür hinter Hermine ins Schloss fiel, ließ Severus seine Barrieren fallen und rieb sich müde mit beiden Händen über das Gesicht. Vielleicht hätte er einmal im Leben tatsächlich auf Poppy hören und im Bett bleiben sollen – doch diese Schwäche würde er sich niemals eingestehen wollen.

Er wusste, dass sein Verhalten Hermine verwirrte und wütend machte, und zu einem gewissen Grad vielleicht auch verletzte, und dennoch schien es ihm das Beste zu sein. Vermutlich dachte sie, es wäre ihm peinlich, dass sie ihn am Wochenende in so bemitleidenswerter Verfassung gesehen hatte, und das stimmte auch, aber auch wenn sie andere Gründe für sein Verhalten fand, so war das Wichtigste, dass sie sich von ihm fern hielt und sich nicht in sein Leben einmischte – denn das war einfach das Sicherste, für alle.

Ein gar nicht mal so kleiner und beunruhigend lästiger Teil in ihm schrie ihn jedoch an, sich nicht so blöd anzustellen und damit aufzuhören. Hermine war seit langem die erste und einzige Person, die auf ihn zukam und sich um ihn sorgte. Selbst nach allem, was er bereits zu ihr gesagt hatte, was er ihr in ihrer Schulzeit angetan, und was sie über Umwege über ihn erfahren hatte. Nach dem Todessertreffen war sie die ganze Nacht an seinem Bett gesessen, wenn vermutlich auch nur auf Anweisung von Poppy hin, aber sie hatte es getan. Niemand sonst hatte das jemals für ihn gemacht.

Mit einem leisen Seufzen stand er schließlich auf und kehrte in seine privaten Räume zurück. Während er sich wider besseren Wissens einen Whiskey einschenkte, verfluchte er sein dummes Herz und generell alle menschlichen Gefühle. Es half nichts, wenn er sich selbst belog, er mochte Hermine Granger, und vermutlich mochte er sie sogar ein bisschen mehr, als notwendig war. Aber es musste aufhören. Er konnte sie nicht in sein Leben lassen, es war einfach zu gefährlich. Der Dunkle Lord hatte bereits von dem Trank erfahren, weil er sich nicht hatte auf das Wesentliche konzentrieren können. Er hatte es zugelassen, abgelenkt zu werden, weil es einfach eine nette Abwechslung gewesen war, mit jemandem Kontakt zu haben, der nicht nur klug, sondern auch nett zu ihm war. Aber wenn er Hermine in sein Leben ließ, machte er sich angreifbar, und damit machte er auch Dumbledore, Hermine selbst und dieser Folge auch Potter angreifbar. Und damit die ganze Zaubererschaft. Nein – soweit durfte es niemals kommen.

+++

Beim Abendessen glänzte Snape wieder einmal mit Abwesenheit, und Hermine konnte nicht verhindern, dass ihr Blick immer wieder zum Eingang der Großen Halle schweifte, als hoffte sie, dass er doch noch jeden Moment hereinkommen würde. Was, wenn es ihm wirklich nicht gut ging, wenn er hohes Fieber bekommen hatte ...

Dann kann er sich selbst helfen, Hermine! Er ist immerhin nicht irgendein hilfloses Kind! rief sie sich selbst zur Vernunft. Langsam nahmen ihre Gedanken wirklich eine morbide Neigung an.

„Geht es Ihnen nicht gut, meine Liebe?“, riss sie plötzlich Dumbledore aus ihren Gedanken, und erst jetzt bemerkte sie, dass sie ihre Gabel krampfhaft umfasst hielt und verbissen auf ihren Teller starrte.

„Doch, doch, alles in Ordnung, Albus. Ich war nur in Gedanken.“

Dumbledore neigte den Kopf und schenkte ihr ein warmes Lächeln, wieder ganz der nette alte Professor, der er sonst auch war. Hermine musste schlucken.



Die nächsten Tage flogen für Hermine nur so dahin. Im Unterricht galt es vor den Weihnachtsferien noch einmal das Wichtigste durchzunehmen, und auch sonst war sie sehr beschäftigt. Zusätzlich zu ihrer Schularbeit verbrachte sie viele Stunden in der Bibliothek, um weiter an dem Trank zu forschen. Zugegeben, dies bereitete ihr im Moment nicht ganz so viel Freude, denn es war doch schwierig, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der sie einfach die meiste Zeit ignorierte. Dennoch steckte sie wie immer ihr ganzes Herzblut in die Sache und bemühte sich, Severus zumindest keinen Grund zu geben, wütend zu werden.

Mittlerweile ging es in Hogwarts auch stark auf Weihnachten zu. Die Tage waren beinahe unerträglich kurz, und die wenigen Stunden Licht, die sie bekamen, wurden getrübt durch einen aschgrauen, wolkenverhangenen Himmel, der nur wenige Sonnenstrahlen durchließ.

Doch zumindest einer schien sich mit diesem Wetter wohl zu fühlen. Severus’ Stimmung war genauso trüb und seine Blicke genauso finster wie er Himmel draußen. Hermine sah ihn zwar nicht oft, denn die meiste Zeit über verschanzte er sich in den Kerkern, doch wenn sie ihm zufällig über den Weg lief, sah er sie mit einer solchen Kälte an, dass es ihr jedes Mal die Haare aufstellte. Auch wenn sie immer noch wütend auf ihn war, musste sie sich doch die ganze Zeit fragen, was seinen Sinneswandel wohl bewirkt haben könnte. Doch so sehr sie auch darüber nachgrübelte, sie konnte sich einfach keinen plausiblen Grund zusammenreimen. Nicht einmal nachdem sie ihn und Poppy im Krankenflügel belauscht hatte, war er so abweisend gewesen.

Eine Weile spielte sie sein Spiel auch mit, sie verhielt sich reserviert und antwortete kurz angebunden. Doch Hermine war von je her ein friedliebender Mensch und irgendwann wurde sie dieser Farce überdrüssig, und so rückte sie sich eine Woche vor Weihnachten ihre Roben zurecht und machte sich mit entschlossener Miene auf in die Kerker, nicht gewillt, ohne eine befriedigende Antwort wieder zu gehen.

Severus öffnete ihr nach mehrmaligem Klopfen und trug wieder einmal eine Miene zur Schau, die Milch sauer werden ließ.

„Sie sind’s.“, murmelte er zur Begrüßung und machte keinen Hehl aus seiner Genervtheit.

„Ja, ich bin’s“, schnappte Hermine, „wen haben Sie denn erwartet? Darf ich nun reinkommen?“

Ohne eine Antwort abzuwarten schob sie sich an ihm vorbei in sein Büro. Severus schlug mit einem lauten Knallen die Tür zu und verschränkte in ablehnender Haltung die Arme vor der Brust.

„Wollen wir uns nicht setzen?“, fragte Hermine aufmüpfig und ahmte seine Haltung nach. Ihr ehemaliger Professor verdrehte übertrieben die Augen und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.

Als sie sich beide gesetzt hatten, lehnte Severus sich zurück und taxierte sie mit scharfen Blicken.

„Nun, dann machen Sie es kurz.“, sagte er schlicht und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, endlich anzufangen.

Plötzlich wusste Hermine nicht mehr so recht, was sie sagen sollte. Eigentlich hatte sie ihm einfach entgegen schleudern wollen, dass sie sein Verhalten wirklich lächerlich fand, doch nun, da er ihr gegenüber saß, konnte sie es einfach nicht.

„Nun, wenn das alles ist, ich habe noch zu tun.“, sagte Severus scharf und machte Anstalten, sich von seinem Platz zu erheben.

„Nein, Severus, warten Sie.“, beschwichtigte sie ihn und fing ihre Unterlippe mit den Schneidezähnen ein, während sie angestrengt nachdachte.

„Hören Sie, ich weiß wirklich nicht, was mit Ihnen los ist, aber ich denke, Sie tun mir Unrecht“, begann sie und knetete ihre Hände im Schoß, „ich ... ich meine, wir sind doch eigentlich gut miteinander ausgekommen. Und plötzlich behandeln Sie mich, als wäre ich irgendein lästiges Insekt, das es nicht wert ist, beachtet zu werden.“ Hermine rang verzweifelt die Hände, „warum sagen Sie mir denn nicht einfach, was los ist?!“

Einen Moment lang schien es, als wolle Severus zu einer heftigen Antwort ansetzen, doch letztendlich sagte er nichts und zog nur die Augenbrauen zusammen. Langsam wurde es Hermine zu bunt.

„Wenn es um diese Nacht geht, in der Sie verletzt wurden, dann kann ich Ihnen versichern-“

„Darum geht es nicht.“, unterbrach Severus sie. Er sprach mit völlig ruhiger Stimme, doch einen Augenblick lang glaubte sie ein seltsames Flackern in seinem Blick zu sehen, doch im nächsten Moment war es auch schon wieder vorbei.

„Wenn das alles ist, was Sie mir zu sagen haben, bitte ich Sie, nun zu gehen. Ich habe wirklich zu tun.“

Mit diesen Worten erhob er sich und wies mit kaltem Blick auf die Tür. Hermine war von seinem Verhalten so perplex, dass ihr keine passende Erwiderung einfallen wollte, und so ging sie wie in Trance durch sein Büro und trat hinaus in den Gang.

„Auf Wiedersehen.“, sagte Snape kurz angebunden und warf die Tür vor ihrer Nase ins Schloss.

Mehrere Minuten lang stand Hermine einfach nur da und starrte mit großen Augen auf die eichene Kerkertür. Das konnte doch wohl nicht wahr sein!

Irgendwann fasste sie sich wieder und lenkte ihre Schritte zur Treppe. Dieser gemeine Bastard hatte sie doch gerade tatsächlich vor die Tür gesetzt, ohne ihr in irgendeiner Weise ihre Frage zu beantworten. Mit einem Schnauben erreichte sie hell erleuchtete Eingangshalle. In den letzten Wochen hatte sie doch beinahe vergessen, wie unfreundlich dieser Mann sein konnte. Nun, er hatte sie erfolgreich wieder daran erinnert, so viel stand fest.

Hermine beschloss, noch eine Runde über die Ländereien zu drehen, um ihren Kopf zumindest ein wenig freizubekommen. Es war bereits dunkel und ein frischer Wind war aufgezogen, doch Hermine genoss die kühle Nachtluft auf ihrem erhitzten Gesicht. Die Hände in den Taschen vergraben stapfte sie über das feuchte Gras einfach drauflos. Ihre Füße führten sie an Hagrids Hütte vorbei hinunter zum See. Am Ufer angelangt blieb sie stehen und betrachtete die glatte, schwarze Oberfläche. Sie war genauso schwarz wie seine Augen ... und seine Seele, rief Hermine sich ins Gedächtnis. Es war doch wirklich unglaublich, was dieser Mann sich manchmal einbildete.

Um ihrem Ärger ein wenig Luft zu machen, schritt sie weit aus und zerfledderte mit ihrem Zauberstab die Büsche am Rand des Weges.
Nach etwa einer Stunde begann es ihr kalt zu werden und sie machte sich auf den Rückweg. Doch noch bevor sie das Schlossportal erreichte, schwangen die großen Flügeltüren auf und heraus kam gerade die Person, die sie am wenigsten sehen wollte.

Als Severus sie bemerkte, stockte er, doch beinahe sofort nahm sein Gesicht wieder einen Ausdruck völligen Gleichmutes an. Während Hermine ihren Weg fortsetzte, kam sie nicht umhin zu bemerken, dass er einen anderen Umhang trug als zuvor, und als sie die Maske sah, die er unter dem Arm trug, wurde ihr auch klar, wohin er unterwegs war. Obwohl sie immer noch wütend auf ihn war, konnte sie nicht verhindern, dass sich ihre Eingeweide einen Moment lang schmerzhaft zusammenzogen.

Als sie ihn erreichte, blieb sie vor ihm stehen und suchte nach den richtigen Worten. Da ihr allerdings nichts einfallen wollte, fragte sie schließlich einfach nur: „Müssen Sie schon wieder zu ihm?“

Severus sah sie daraufhin mit einem kalten Blick an und schenkte ihr ein spöttisches Lächeln.

„Das geht Sie wirklich überhaupt nichts an, Miss Granger.“

Hermine schnappte nach Luft. Sie fühlte sich, als hätte er ihr gerade eine schallende Ohrfeige verpasst.

„Fein!“, fauchte sie, „Dann eben nicht. Sie haben völlig recht, es geht mich nichts an. Einen schönen Abend noch, Professor!“

Sie drehte sich auf dem Absatz um und stürmte die paar Stufen zum Schlossportal hinauf. Gerade noch rechtzeitig schlug sie die Tür hinter sich zu, bevor sie auch schon in Tränen ausbrach. Lieber hätte sie sich die rechte Hand abgeschnitten, als dass sie gewollt hätte, dass Severus sah, wie nah ihr seine Worte wirklich gegangen waren.

Mit müden Schritten ging sie hinauf in den ersten Stock und schloss sich in ihren Räumen ein. Zittrig wischte sie sich die tränenfeuchten Wangen trocken und machte sich bettfertig, nicht gewillt, an diesem Tag auch nur noch einen einzigen Gedanken an diesen Mann zu verschwenden.

+++

Severus war erleichtert, sich die Todessermaske anlegen zu können, erlaubte sie es ihm doch, seine Gesichtsmuskeln endlich zu entspannen. Es hatte ihm gerade einiges an Mühe gekostet, Hermine diese Worte so kalt entgegen zu schleudern. Er hatte wohl gesehen, wie er sie damit getroffen hatte, wie sehr er sie die ganze Zeit schon mit seinem Verhalten traf. Und doch war es nötig. Nötig, damit er sich nicht in irgendetwas verrannte, das die Mühe nicht wert war. Und das nebenbei auch die gesamte Zaubererwelt gefährdete. Er wusste nicht, was genau Hermine in ihm sah, aber er vermutete, dass sie glaubte, irgendwelche guten, menschlichen Seiten an ihm entdeckt zu haben. Und nun war es seine Aufgabe, sie davon zu überzeugen, dass es diese Seiten an ihm nicht gab.

Mit einem letzten erschöpften Seufzen verließ er die Schlossgründe und presste den Zauberstab auf sein Dunkles Mal, um sich wieder einmal diesem Wahnsinn zu stellen.

+++

Hermine erwachte am Morgen mit einer verstopften Nase und Kopfschmerzen. Gähnend und mit schmerzenden Gliedern quälte sie sich aus dem Bett und stellte sich unter die Dusche. Das angenehm warme Wasser weckte ihre Lebensgeister und schien auch die schlechten Gedanken und Gefühle fortzuspülen. Als sie wenig später vollständig wach und angezogen in die Große Halle zum Frühstück ging, fühlte sie sich wie neu geboren.

An diesem Morgen schien in der Halle besonders viel los zu sein. Die Schüler waren lauter als sonst und generell schien mehr Bewegung zu herrschen. Hermine setzte sich auf ihren Platz neben Severus’ leeren Stuhl und tat sich gerade Rührei auf, als sie Professor Sprout und McGonagall neben sich aufgeregt tuscheln hörte.

„Es ist wirklich eine Katastrophe“, sagte McGonagall leise mit angespannter Stimme, „gerade die Lovegoods. Xenophilius wollte doch nur die Wahrheit ans Licht bringen ...“

Professor Sprout nickte nachdenklich. „Wie es wohl Luna damit geht? Das arme Mädchen ...“

Hermines Hand erstarrte mit der Gabel auf halbem Weg zum Mund. Worüber sprachen die beiden da?

Zu ihrem Glück lag direkt neben ihr eine aktuelle Ausgabe des Tagespropheten, den sie auch sogleich aufschlug. Allerdings musste sie nicht lange suchen. Direkt auf der ersten Seite prangte das Bild eines zerstörten Hauses, das ihr schrecklich bekannt vorkam. Mit grausiger Vorahnung begann Hermine, den Artikel zu lesen.

Weiterer Todesserangriff: Heute Nacht stürmte eine Gruppe Todesser das Haus von X. Lovegood, Herausgeber des Klitterers. Bislang ist unklar, was das Motiv des Angriffs war, die Ermittlungen laufen. Das Haus wurde heute morgen völlig zerstört von einem Muggel vorgefunden, von den Bewohnern fehlt nach wie vor jede Spur.

Die Schrift schien vor Hermines Augen zu verschwimmen und sie schlug die Zeitung schnell zu. Plötzlich spürte sie eine Hand auf der Schulter, und als sie aufsah, blickte sie in McGonagalls besorgtes Gesicht.

„Ist alles in Ordnung, meine Liebe? Sie sehen ja ganz blass aus.“

Da fiel ihr Blick auf den Tagespropheten und sie seufzte. „Dann haben Sie es also auch gesehen? Schrecklich, nicht wahr? Aber seien Sie unbesorgt, zumindest Miss Lovegood wissen wir in Sicherheit. Sie befindet sich im Moment im Hauptquartier.“

„Und was ist mit Mr. Lovegood?“, fragte Hermine mit belegter Stimme.

„Nun“, murmelte die ältere Lehrerin, „wir vermuten, dass er von den Todessern gefangen gehalten wird. Es ist unwahrscheinlich, dass er ... tot ist, ansonsten hätte man seine Leiche gefunden.“

Hermine nickte, doch sie fühlte eine schreckliche Kälte in sich. Sie hoffte inständig, dass es Luna und ihrem Vater gut ging.

Plötzlich kam ihr ein anderer Gedanke.
„Minerva, wissen Sie, ob die Todesser identifiziert werden konnten?“, fragte sie und konnte nicht verhindern, dass ihr Blick zu Severus’ leerem Platz hinüberflackerte. McGonagall entging das nicht.

„Wir können es nicht mit Sicherheit sagen.“, antwortete sie mit leiser Stimme.

Hermine verstand nun vollkommen, warum Severus nicht zum Frühstück erschienen war. Den misstrauischen und anklagenden Blicken von manchen der Kollegen und Schüler würde sie auch entgehen wollen.



Etwas später am Vormittag ging Hermine hinunter in die Kerker, um sich aus den Vorräten schnell einen Kopfschmerztrank zu holen, da ihre eigenen ausgegangen waren. Doch als sie am Zaubertränkeklassenzimmer vorbeikam, stockte sie. Obwohl bereits ein Drittel der Stunde vergangen war, standen die Schüler immer noch am Gang und schnatterten aufgeregt durcheinander.

Mit einem Räuspern machte Hermine auf sich aufmerksam und fragte eine Schülerin, was hier los war.

„Wir warten auf Professor Snape, Madame, aber er ist noch nicht da.“, sagte das Mädchen und errötete leicht. Hermine erstarrte. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?

Einer Eingebung folgend schickte sie die Schüler, die ihr Glück gar nicht fassen konnten, zurück in ihre Gemeinschaftsräume und eilte mit raschen Schritten zu Severus’ Büro.

Mehrmals klopfte und rief sie, doch niemand öffnete. Eilig hastete sie weiter zu seinen Privaträumen. Es sah Severus gar nicht ähnlich, einfach seinen Unterricht ausfallen zu lassen, und ein eisiges Gefühl machte sich in ihr breit, als sie die Passwörter sprach und die Tür zu seinen Räumen aufstieß.

„Severus, sind Sie hier irgendwo?“

Sie erhielt keine Antwort, und sie spürte ihr Herz wild in ihrer Brust klopfen, als sie schließlich seine Schlafzimmertür aufschloss. Erleichtert atmete sie auf, als sie keinen blutverschmierten Körper auf seinem Bett liegen sah, doch dieses Gefühl war nur von kurzer Dauer. Wenn er hier nirgends war, dann hieß das unweigerlich, dass er noch nicht zurückgekehrt war. Hermine spürte, dass ihr schwindlig wurde. Normalerweise dauerte ein solches Treffen längstens eine Nacht ...

Sie beschloss, am besten gleich zu Dumbledore zu gehen. Während sie im Eiltempo die Treppen nach oben sprintete, versuchte sie vergeblich, nicht in Panik zu geraten. Unermüdlich sagte sie sich, dass alles in Ordnung sei und dass es bestimmt eine logische Erklärung für sein Fortbleiben gab. Außerdem, so sagte sie sich trotzdem, wird er dich ja doch wieder nur anfauchen, wenn er wiederkommt. Aber andererseits konnte ihm auch etwas passiert sein, und Hermine wusste, sie würde es sich niemals verzeihen, wenn ihre letzten Worte zu ihm im Zorn gesproochen worden waren, auch wenn er hundertmal angefangen hatte.

Ihre Gedanken kamen jäh zum Stillstand, als sie Dumbledores Bürotür erreichte. Sie klopfte er bat sie mit freundlicher Stimme herein.

„Hermine, was für eine freudige Überraschung! Was kann ich für Sie tun?“

„Professor, Severus ist noch nicht zurückgekehrt!“, begann Hermine ohne Umschweife und völlig außer Atem.

„Wie bitte?!“ Dumbledores Lächeln erstarb augenblicklich, als er sich erhob und um seinen Schreibtisch herumkam. „Was sagen Sie da?“

„Die Schüler sagten mir, er sei nicht zum Unterricht erschienen und in seinen Räumen ist er auch nicht.“, berichtete Hermine aufgeregt.

„Folgen Sie mir.“, sagte Dumbledore nur und ging mit langen Schritten voraus in die Kerker. Dort angekommen suchte er nach irgendeinem Hinweis, nach einer Notiz, doch er fand nicht mehr als Hermine zuvor. Beunruhigt ging er in Severus’ kaltem Wohnzimmer auf und ab.

„Ich weiß nicht, wo das Treffen stattgefunden hat“, sagte er und schien angestrengt nachzudenken, „Hermine, am besten Sie bleiben hier, falls er zurückkommt, ich versuche in der Zwischenzeit etwas herauszufinden.“

Hermine stimmte ihm zu und setzte sich in einen Ohrensessel, doch schon bald sprang sie wieder auf, nicht fähig, stillzusitzen.

„Professor, glauben Sie, dass ihm etwas passiert ist?“, fragte sie mit belegter Stimme.

Dumbledore, bereits an der Tür, sah sie ratlos an. „Hoffen wir es nicht – denn ansonsten sind wir alle in großer Gefahr.“

Mit diesen Worten ließ er Hermine in dem stillen und dunklen Zimmer zurück. Einen Moment lang hatte diese das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Severus war verschwunden und womöglich schwer verletzt, wenn nicht gar tot, doch Dumbledore schien dieser Umstand nur so weit zu interessieren, wie er nicht seine Spionagetätigkeit beeinflusste.

Hermine hielt es nicht länger in diesen bedrückenden Räumlichkeiten aus, also ging sie nach draußen und positionierte sich an den Toren, die die Ländereien von der Umgebung abgrenzten, immerhin konnte Severus nicht auf die Schulgründe apparieren und musste zuerst hier her.

Doch Stunde um Stunde verging, ohne dass irgendjemand auftauchte. Langsam sank die Sonne gen Horizont und Hermine wurde mit jeder verstreichenden Minute nervöser. Sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben, doch ihr Verstand sagte ihr, dass er einfach schon viel zu lange fort war.

Als es langsam dunkel wurde, hatte sie ihre Fingernägel vollständig abgekaut und ihre Unterlippe blutig gebissen. Er war jetzt schon beinahe vierundzwanzig Stunden weg ...

Hermine hätte sich nie träumen lassen, dass es ihr einmal so viel bedeuten würde, was mit dem griesgrämigen Zaubertränkeprofessor geschah. Und doch tat es genau das. Es bedeutete ihr etwas. In diesem Moment, wo sie an den Toren Hogwarts’ stand und darauf wartete, dass Severus endlich wiederkam, wurde ihr eines plötzlich mit erschreckender Gewissheit klar – egal wie unnahbar, gemein, herabschauend und verletzend dieser Mann auch war, egal wie oft er sie mit seiner Art schon in den Wahnsinn getrieben hatte – sie mochte Severus Snape wirklich. Angefangen hatte es, weil sie neugierig gewesen war, zuerst auf seine Spionagetätigkeit, dann, weil sie hinter die kratzige Fassade hatte blicken wollen. Sie hatte es nicht gerecht gefunden, wie Moody, Dumbledore und auch andere mit ihm umgingen, auch wenn sie wohl wusste, dass Severus bei weitem kein einfacher Zeitgenosse war, und viele von den Reaktionen anderer von ihm selbst verschuldet waren. Aber mittlerweile war es nicht mehr nur das. Mittlerweile war er für sie mehr als nur ‚Snape’, mehr als ihr Kollege ... was genau, wusste sie nicht so recht, aber eines war sicher. Sie mochte ihn wirklich, und sie wollte nicht, dass ihm etwas passierte.

Der Abend kroch dahin und Hermine ging vor den Toren auf und ab, um sich irgendwie die Zeit zu vertreiben. Es musste schon ziemlich spät sein, und nun begann es auch noch zu schneien. In dichten Flocken fiel der Schnee, verfing sich in ihren Haaren und hatte in kürzester Zeit den Erdboden bedeckt. Mit dem Schnee kamen auch die Wolken und schoben sich langsam vor Mond und Sterne. Je dunkler es wurde, desto mehr schwand auch Hermines Hoffnung. Sie fühlte sich fürchterlich ohnmächtig, immerhin wusste niemand, wo das Treffen stattgefunden hatte, und so war es unmöglich, ihn zu suchen, und Dumbledore hatte anscheinend auch noch nichts herausgefunden, sonst hätte er ihr doch Bescheid gesagt, vermutete sie.

Langsam aber sicher spürte Hermine, wie die Tränen in ihren Augen brannten. Irgendetwas musste schief gelaufen sein, und unweigerlich tauchten schreckliche Bilder in ihrem Kopf auf. Egal, ob sie die Augen geöffnet oder geschlossen hatte, alles was sie sah war ein blutüberströmter, zerfetzter Körper und schwarze, blicklose Augen.

Ein nur schlecht unterdrücktes Schluchzen brach aus Hermine hervor und sie presste sich eine Hand auf die bebenden Lippen. Ihre Sicht verschleierte sich durch die Tränen, doch sie hatte nicht die Kraft, sie fort zu wischen.

Gerade als sie mit zitternden Händen in ihrem Umhang nach ihrem Zauberstab suchte, ertönte plötzlich ein lauter Knall und ließ sie beinahe aufschreien. Als neben ihr aus dem Nichts ein Mann in schwarzen Roben auftauchte, hatte sie das Gefühl, ihr Herz würde für einen Moment aussetzen.

Hermine starrte ihn an, unfähig, sich zu bewegen. Severus schien sie noch nicht bemerkt zu haben, und sie beobachtete, wie er auf das Tor zuging. Er humpelte leicht und als er näher kam sah sie eine Platzwunde an seiner linken Schläfe, aber ansonsten schien er weitgehend unverletzt zu sein. Hermine konnte nicht länger an sich halten.

Mit einem lauten Schrei sprang sie auf ihn zu.

„Severus!“

Sie erschreckte ihn vermutlich zutiefst, als sie ihm ohne Vorwarnung die Arme um den Hals schlang und ihn fest an sich drückte. All die Anspannung brach mit einem Mal aus ihr heraus und so presste sie einfach schluchzend das Gesicht an seine Schulter.

„Hermine?“, fragte Severus ungläubig, machte aber keine Anstalten, sie von sich zu schieben. Schließlich sah Hermine zu ihm hoch, allerdings ohne ihn loszulassen.

„Severus, oh, Severus, Sie leben! Danke Gott, oh, danke Gott dafür ...“

Völlig fertig ließ sie sich gegen ihn sinken.

Nach einer Weile befreite Severus sich sachte aus ihrem Klammergriff.

„Hermine – was ... was ist denn los?“

„Was los ist?!“, hickste Hermine, „Ich sage Ihnen, was los ist! Sie verschwinden zu Voldemort, tauchen über vierundzwanzig Stunden nicht auf und niemand hat auch nur ein Lebenszeichen von Ihnen! Haben Sie eigentlich eine Ahnung, welche Sorgen ich mir gemacht habe?!“

„Ich-“

„Sie hätten tot sein können! Ich war schon beinahe überzeugt davon, Sie nie wieder zu sehen! Wie können Sie es wagen, mir eine solche Angst einzujagen?!“, rief sie und wieder traten Tränen in ihre Augen.

Severus starrte sie erschrocken an. So eine Szene hatte ihm vermutlich noch nie jemand gemacht. Hermine trat schniefend einen Schritt zurück und betrachtete ihn eingehend. Als sie in seine schwarzen, lebendigen Augen sah, musste sie unweigerlich an diese schrecklichen Bilder in ihrem Kopf denken, und abermals schlang sie einfach die Arme um ihn.

„Oh, Severus, ich bin so froh, dass es Ihnen gut geht!“, sagte sie und spürte, wie sich Erleichterung in ihr ausbreitete.

Severus schien mit der ganzen Situation jedoch ein wenig überfordert zu sein.

„Vielleicht sollten wir reingehen?“, schlug er vor und Hermine löste sich von ihm. Langsam wurde ihr ihr Verhalten selbst peinlich, aber sie war einfach so unendlich froh, dass ihm nichts passiert war.

Nebeneinander machten sie sich auf den Weg durch den frisch gefallenen Schnee. Hermine verlangsamte ihre Schritte ein wenig und passte sich den seinen an, die durch sein Humpeln ein wenig ungeschickt wirkten.

„Was ist mit Ihrem Bein passiert?“, fragte Hermine um die unangenehme Stille zu brechen.

Severus zuckte merkwürdig leger mit den Schultern. „Nur ein blöder Unfall, nichts weiter.“

Sie verfielen wieder in Schweigen und Hermine nutzte die Zeit, um Severus heimlich zu beobachten. Das Blut, das an seiner linken Gesichtshälfte klebte, war bereits eingetrocknet, doch die Verletzung schien nicht allzu schlimm zu sein. Aber dafür wirkte er so erschöpft, wie sie ihn lange nicht mehr gesehen hatte. Seine Augenringe konnte sie in der Dunkelheit nicht erkennen, aber sie sah wohl seine hängenden Schultern und seine nur mühsam offen gehaltenen Augen.

Irgendwann erreichten sie die warme Eingangshalle, und Hermine bemerkte, dass ihr gar nicht aufgefallen war, welche eisigen Temperaturen draußen eigentlich herrschten.

„Wollen Sie zuerst zu Dumbledore, oder zu Poppy?“, fragte Hermine und rechnete halb mit einer beleidigenden Antwort, aber Severus murmelte nur: „Zu Dumbledore.“

„In Ordnung.“

Gemeinsam stiegen sie die Treppen bis in den siebten Stock hinauf und Hermine bat den steinernen Wasserspeier um Einlass. Sie fühlte sich ziemlich hibbelig, als sie dreimal an die schwere Eichentür klopfte
.
Dumbledore bat sie mit angespannter Stimme herein, und als sie eintraten sahen sie ihn an seinem Schreibtisch sitzen und in irgendwelchen dicken Büchern herumblättern. Er sah auf, als die Tür ins Schloss fiel und sprang augenblicklich auf. Rasch kam er um seinen Schreibtisch herum, aber zu Hermines Überraschung währte sein erleichterter Gesichtsausdruck nicht allzu lang.

„Warum hast du nicht Bescheid gegeben, Severus?!“, fuhr er den Jüngeren an und baute sich vor ihm auf. Hermine klappte der Mund auf.

„Ich hatte bis eben nicht eine Sekunde Zeit dafür!“, schoss Severus zurück, ohne sich von Dumbledore einschüchtern zu lassen. „Albus, was glauben Sie, wie es ausgesehen hätte, wenn ich vor versammelter Mannschaft einen Patronus losgeschickt hätte, um Ihnen Bescheid zu geben?! Ich war nicht eine Minute allein, es gab keine Möglichkeit.“

Dumbledore warf ihm einen missbilligenden Blick zu, verfolgte dieses Thema aber nicht weiter, sondern setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.

„Nun, und was war der Grund für dein Fortbleiben?“, fragte er und legte in gewohnter Weise die Fingerspitzen aneinander. „Was ist nach dem Angriff auf die Lovegoods passiert?“

Severus setzte zu einer Antwort an, doch plötzlich schien Dumbledore zu bemerken, dass Hermine auch noch im Raum stand.

„Meine Liebe, ich bin Ihnen äußerst dankbar, dass Sie so geduldig auf Severus gewartet haben. Aber wie Sie ja wissen, unterliegt der Inhalt der Todessertreffen strengster Geheimhaltung, weshalb ich Sie leider bitten muss, uns nun allein zu lassen.“

Hermine schwindelte, Dumbledores Worte fühlten sich an wie eine Ohrfeige. Sie warf Severus einen Blick zu, doch er sah sie nicht an.
„Ich ... ja, natürlich, Professor. Gute Nacht.“

Rasch verließ sie das Büro und lehnte sich neben dem Wasserspeier an die kühle Wand, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Was war das denn eben gewesen?!

Nicht nur, dass es Dumbledore völlig egal zu sein schien, wie es seinem Spion ging, nun warf er sie auch noch einfach raus, nachdem sie stundenlang in der Kälte gestanden und gebangt hatte, durfte sie nicht einmal mitanhören, was denn nun wirklich geschehen war.

Müde, erleichtert, verwirrt und wütend zugleich fuhr sie sich mit den Fingern durch die Haare. Das war wirklich ein nervenaufreibender Tag gewesen.

Sie beschloss, einfach vor dem Büro des Schulleiters zu warten, bis Severus herauskam und ihn dann ganz einfach zu fragen, was passiert war. Vermutlich würde er ihr zwar nichts erzählen, aber einen Versuch war es wert. Mit diesem Gedanken ließ sie sich an der Wand hinabgleiten und streckte die Beine vor sich aus.



„Hermine?“

Die Stimme klang seltsam entfernt, als würde sie durch einen dichten Nebel zu ihr hingetragen werden. Aber irgendwie kam sie ihr bekannt vor, und Hermine erinnert sich daran, dass sie eigentlich etwas Wichtiges vorgehabt hatte, irgendetwas, wenn sie sich nur erinnern könnte ...

„Hermine, wachen Sie auf!“, erklang die Stimme nun eindringlicher, aber nicht unfreundlich. Mit einer gewaltigen Willensanstrengung gelang es ihr dann auch tatsächlich, langsam die Augen zu öffnen und ein paar Mal zu blinzeln, und nach und nach lichtete sich der Nebel wieder.

Doch als sie endlich wieder klar sehen konnte, brauchte sie erst mal ein wenig Zeit, um sich zu orientieren. Sie lag in einer fürchterlich unbequemen Position auf dem kalten Steinboden und neben ihr kniete kein anderer als Severus und sah sie mit einer Mischung aus Besorgnis und Missbilligung an.

„Was zum Henker machen Sie hier?“, fragte er und sah dabei zu, wie sie sich umständlich aufsetzte. Hermine unterdrückte ein Gähnen.

„Auf Sie warten, was sonst?“

„Schon wieder?“

Hermine verbiss sich eine Antwort und gähnte nun doch. Severus erhob sich aus seiner knienden Position und verzog kurz das Gesicht, als irgendetwas in seinem Bein laut knackte. Dann streckte er die Hand aus und zog Hermine hoch.

„Wie spät ist es?“, fragte sie und strich ihre zerknitterten Roben glatt.

„Kurz vor Mitternacht“, antwortete Severus, „haben Sie die ganze Zeit hier draußen gesessen?“

Hermine nickte nur und unterdrückte abermals ein lautes Gähnen. Es war wirklich an der Zeit, dass sie ins Bett kam.

„Nun, dann könne Sie froh sein, dass Sie sich auf diesem Steinboden nicht den Tod geholt haben.“, murmelte Severus düster und bedeutete ihr, mit ihm mitzukommen.

Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her, bis Hermine ihre Gedanken geordnet hatte.

„Was ist denn nun wirklich geschehen, dass Sie so lange fortbleiben mussten?“, fragte sie und warf ihm einen raschen Seitenblick zu.

„Das ist eine lange Geschichte.“, murmelte Severus und machte keine Anstalten, weiter darauf einzugehen. Hermine unterdrückte ein Stöhnen.

„Ich habe Zeit.“

„Nun, ich aber nicht.“ Severus seufzte und fuhr sich erschöpft mit der Hand durchs Haar. Sie waren mittlerweile in der Eingangshalle angelangt. „Nicht jetzt, Hermine, bitte. Sie werden zu gegebener Zeit die offizielle Variante bei einem Ordenstreffen hören.“

„Ich will aber nicht die offizielle Variante, Severus. Ich will Ihre.“, sagte sie sanft und sah ihn ehrlich an.

Severus warf ihr einen beinahe gequälten Blick zu. „Nein, wollen Sie nicht, glauben Sie mir.“ Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Tonfall angenommen.

Schließlich seufzte er und ging die paar Schritte zur Treppe, die in die Kerker hinabführte.

„Gute Nacht, Hermine. Und ... danke.“

Einen Moment schien er noch etwas sagen zu wollen, aber nicht die richtigen Worte zu finden, und so wandte er sich um und machte sich auf den Weg in seine Räume.

„Warten Sie!“, hielt Hermine ihn zurück, „Sollten Sie nicht noch zu Poppy in den Krankenflügel?“

Severus drehte sich wieder um. „Nein, ist nicht so schlimm. Das kann ich selbst behandeln.“

Hermine gefiel das zwar nicht, aber sie wollte ihm jetzt nicht widersprechen.

„Ja, wenn Sie das sagen ... dann gute Nacht, Severus.“

Er nickte und verschwand endgültig in der Dunkelheit. Hermine starrte noch einige Sekunden lang auf den Punkt, wo er verschwunden war und stieg dann wieder die Treppe hinauf um ebenfalls schlafen zu gehen.

+++

Ein dümmliches Halblächeln lag auf Severus’ Lippen, als er trotz aller Müdigkeit nicht einschlafen konnte. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte an den Baldachin seines Bettes, doch was er wirklich sah, war Hermine Grangers Gesicht, das über den schwarzen Stoff zu tanzen schien. Es waren mehrere Stunden vergangen, seit er zurückgekehrt war, aber noch immer konnte er nicht glauben, was passiert war. Immer wieder spielte er die Szenen in seinem Kopf noch einmal durch, versetzte sich zurück auf die Ländereien, wo sie ihm ganz einfach in die Arme gefallen war. Severus war, als würde er ihre Umarmung, ihre Haut auf der seinen, immer noch spüren, es fühlte sich an, als stünde sein ganzer Körper in Flammen. Diese junge Frau löste etwas in ihm aus, dass ihm nicht ganz geheuer war, doch das er unmöglich zurückhalten konnte. Sie hatte doch tatsächlich stundenlang in der Kälte ausgeharrt, voller Sorge, dass ihm etwas passiert sein könnte. Severus konnte sich nicht erinnern, wann jemand so etwas zum letzten Mal für ihn getan hatte.

Später hatte sie auch noch vor Dumbledores Büro gewartet und war vor lauter Erschöpfung auf dem kalten Steinboden eingeschlafen, nur um seine Version der Dinge zu erfahren. Er wusste, normalerweise würde er sich einreden, dass sie sich nur für die Auswirkungen des Treffens interessierte, doch dieses Mal wollte ihm das nicht gelingen. Die Sorge in ihren Augen, die Frage nach seinem Befinden waren einfach zu echt gewesen.

Er drehte sich auf die Seite, doch nach einer Weile gab er es auf, einschlafen zu wollen, es würde ihm ja doch nicht gelingen. Immer wieder sah er Hermines tränenüberströmtes Gesicht vor sich, wie sie ihn an sich gepresst hatte, froh, dass er noch am Leben war, dass es ihm gut ging ...

Severus bemühte sich, zumindest seine Mundwinkel wieder nach unten zu ziehen, doch auch das wollte ihm nicht gelingen. Wissend, dass er einen sehr großen Fehler beging, erlaubte er sich, seine Mauern ein wenig einstürzen und seine Gedanken schweifen zu lassen. Zumindest in den paar Stunden, die ihm noch bis zum Morgengrauen blieben, wollte er endlich wieder einmal frei sein.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Soundtrack: Der Hobbit 3
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Die Entschlüsselung der Namen ist gut und schön, aber manchmal habe ich den Eindruck, dass dem zuviel Bedeutung beigemessen wird. Überspitzt gesagt, könnte Malfoy auch Müller-Lüdenscheid heißen, er würde aber dieselbe finstere Figur bleiben.
Klaus Fritz