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Fanfiction

Verstand und Gefühl - Unterredung

von MagicMarlie

Die Tage zogen dahin, und das Wetter wurde zunehmend kälter und nässer. Immer weniger Schüler wagten sich auf die Schlossgründe hinaus, um ihre Gesichter nicht dem unbarmherzigen und eiskalten Wind auszusetzen, und nicht in dem vom vielen Regen aufgeweichten Rasen zu versinken.

Hermine saß an ihrem Schreibtisch und korrigierte die Aufsätze der zweiten Klasse über die korrekte Verwendung von Mondkraut. Einige waren wirklich gut gelungen, bei anderen musste sie mehrere Dinge ausbessern. Unter jeden Aufsatz setzte sie die entsprechende Note und eine gut gemeinte Bemerkung. Sie bezweifelte, dass Snape ebenso geduldig seinen Lehrtätigkeiten nachging. Der Gedanke an ihn lenkte sie sogleich von den Aufsätzen ab. Sie hatte ihn in den letzten Tagen nicht oft gesehen, hauptsächlich im Lehrerzimmer, wenn sie gezwungene Unterhaltungen über den Lehrplan führen mussten. Hermine hatte das Gefühl, dass er ihr auswich, auch wenn sie sich nicht ganz sicher war, warum. Vermutlich war er immer noch zornig darüber, dass sie ihn belauscht hatte, aber dieser Vorfall lag nun beinahe drei Wochen zurück, und auch wenn er nachtragend war, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er sie jetzt so sehr hasste, dass er ihren Anblick nicht mehr ertrug.

Nachdenklich stand sie von ihrem Schreibtisch auf und wanderte in ihrem Büro herum. Just an diesem Morgen hatte sie einen Brief von Harry erhalten, aber ihre anfängliche Freude war sogleich verflogen, als sie den Grund seines Schreibens herausfand. Zuerst hatte er sich nach ihrem Befinden erkundigt und ihr mitgeteilt, dass sie von ihren Freunden vermisst wurde. Dann aber war sein Ton anders geworden, und seine krakelige Schrift verriet, wie aufgebracht und wütend er beim Schreiben gewesen war. Er berichtete ihr von einem Todesserangriff auf eine Muggelfamilie, deren elfjährige Tochter noch nicht einmal ein halbes Jahr lang in Hogwarts lebte. Hermine zog sich der Magen zusammen, und es war nicht schwer herauszufinden, woran auch Harry gedacht haben musste. Sie selbst war einst wie dieses Mädchen gewesen. Die einzige Hexe in einer nichtmagischen Familie, die völlig überwältigt von ihrem Glück mit elf Jahren nach Hogwarts gekommen war. Hermine mochte gar nicht daran denken, wie schrecklich es gewesen wäre, wäre ihrer Familie damals so etwas zugestoßen.

Doch je mehr sie von dem Brief gelesen hatte, desto tiefer war ihre Stimmung gesunken. Harry erzählte ihr in dem Schreiben, dass Arthur Weasley und Kingsley Shacklebolt zufällig zur Zeit des Angriffs in der Nähe gewesen, und zu Hilfe geeilt waren. Leider war jede Hilfe für die kleine Familie zu spät gekommen, und Hermine vermutete, dass Dumbledore bereits mit dem Mädchen gesprochen hatte, und dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sich der Vorfall in der gesamten Schule herumsprechen würde. Vermutlich würde es am nächsten Morgen im Tagespropheten stehen.

Das schlimmste an der ganzen Sache, und was Harry am meisten zu schaffen machte, war, dass Mr. Weasley und Kingsley berichtet hatten, dass Snape unter den maskierten Angreifern gewesen war. Harry schrieb einige wirklich gemeine Dinge über ihn und berichtete von den Hetzreden Moodys.

Betrübt hatte Hermine den Brief zusammengefaltet und in einer Schublade verstaut. Man hatte Snape also ein weiteres Mal zum Morden gezwungen. Und im Orden schien niemand daran zu zweifeln, dass er sich mit Freuden auf diese Aufgabe stürzte.

Hermine verdrängte diese Gedanken und wandte sich wieder ihren Aufsätzen zu. Allerdings kam sie nicht weit, zu weit schweiften ihre Gedanken. Müde rieb sie sich die Augen und trat von ihrem Büro in ihr angrenzendes Wohnzimmer. Sie entzündete ein Feuer im Kamin und trat sich streckend ans Fenster. Träge ließ sie ihren Blick über die Ländereien schweifen, bis eine dunkle Gestalt ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie sah genauer hin und erkannte Snape in der Gestalt, die im fahlen Licht am See stand und sich keinen Millimeter zu rühren schien.

Einer inneren Eingebung folgend, und sich wohl daran erinnernd, dass Snape, laut Poppy, wie jeder andere Mensch hin und wieder jemanden zum Reden brauchte, zog sie sich ihren Winterumhang über und schnappte sich dickte Handschuhe. Angemessenen Schrittes verließ sie ihre Räume und das Schloss und wanderte über den matschigen Rasen auf den See zu. Durch den Nebel sah sie, dass Snape noch genau dort stand, wo sie ihn vor wenigen Minuten durch ihr Fenster beobachtet hatte. Er trug ebenfalls einen wärmeren Umhang als sonst, hatte einen schwarzen Schal um den Hals geschlungen und seine Hände tief in den Taschen vergraben.

Leicht keuchend näherte sich Hermine. Als sie neben ihn trat, schenkte er ihr keine Beachtung, und wirkte auch nicht erstaunt, also vermutete sie, hatte er sie kommen hören.

„Kalt heute, nicht wahr?“, sagte Hermine, um einen ungezwungenen Ton bemüht, und hätte sich kurz darauf am liebsten selbst geohrfeigt. Sie sprach hier immerhin mit Snape.

Dieser warf ihr nur einen missbilligenden Blick zu, blieb aber zumindest stehen.

Eine Weile schauten sie beide einfach nur auf den See hinaus, bis Hermine es schließlich nicht mehr aushielt.

„Wissen Sie, ich habe von dem Angriff auf die Muggelfamilie gehört“, begann sie und hasste sich selbst dafür, aber irgendwie musste sie das Thema einfach ansprechen. Snape sagte wieder nichts und zeigte mit keinerlei Geste, dass er ihr überhaupt zugehört hatte.

„Es tut mir leid, dass Sie-“

Snape unterbrach sie, indem er ihr einen kalten und misstrauischen Blick zuwarf. Obwohl seine Haltung wie immer war, fiel ihr auf, dass seine Augen nicht so leer waren wie sonst. Anscheinend fiel es ihm heute schwer, seine Barrikaden aufrecht zu halten.

„Was wollen Sie?“, knurrte er, und Hermine fiel auf, dass Wut nicht das einzige war, was sie aus seiner Stimme heraushörte.

„Ich-“

„Es geht Sie zwar eigentlich nichts an, aber ich bin mir sicher, Ihre kleinen Freunde haben Ihnen bereits alles brühwarm erzählt, immerhin war Weasley-Senior ja zugegen. Und bevor Sie hier sinnlos herumstammeln, ja, ich habe geholfen, diese Menschen zu ermorden, ich war es, der das Haus in Brand steckte, ich war es, der mit Bellatrix Lestrange und Walden McNair diese unschuldigen Leben ausgelöscht hat.“

Hermine starrte ihn mit aufgerissenen Augen an und bemerkte, wie sehr seine ansonsten so beherrschte Stimme zitterte.

„Na los“, fuhr er fort, „schreien Sie mich an, verfluchen Sie mich, rennen Sie zu Dumbledore – tun Sie, was alle anderen auch tun.“

Hermine schluckte, sie brachte kein Wort heraus. Zwar hatte sie gewusst, was er getan hatte, aber es aus seinem eigenen Mund zu hören, verlieh dem ganzen einen noch schrecklicheren Charakter. Und allein die Tatsache, dass er es ihr ins Gesicht sagte und offensichtlich erwartete, dass sie ihm mit Wut und Abscheu begegnete, brachte sie aus der Fassung.

Immer noch kam kein Wort über Hermines Lippen, aber Snape war ihr Schweigen anscheinend Antwort genug. Er drehte sich von ihr weg und stapfte davon. Ohne nachzudenken hastete Hermine ihm hinterher und packte ihn am Ellbogen.

„Warten Sie, Severus. Bitte.“

Zu ihrer Überraschung blieb er stehen, auch wenn er ihr einen wütenden Blick zuwarf.

„Ich ... es tut mir leid.“

„Ich frage Sie noch einmal. Was wollen Sie von mir?“

Als Hermine ihn einfach weiterhin anstarrte, seufzte er resigniert und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, bevor er sie wieder in die Taschen steckte.

In etwas versöhnlicherem Tonfall fuhr er schließlich fort: „Ich habe Ihnen gesagt, was passiert ist, und das war ja wohl der Grund, weshalb Sie überhaupt hergekommen sind. Was wollen Sie noch? Sie sollten wissen, dass man meine Gegenwart normalerweise nicht sucht.“ Er lachte freudlos. „Und hören Sie auf, mich so anzustarren. Werden Sie endlich wütend oder schockiert oder angeekelt, aber starren Sie mich nicht an wie ein Ufo.“

Hermine registrierte, dass er wusste, was ein Ufo war, schüttelte diesen Gedanken aber gleich wieder ab. Schnell wandte sie den Blick ab und schaute wieder über den See.

„Ich bin weder wütend noch angeekelt“, sagte sie schließlich leise, „schockiert vielleicht schon, ja, aber ... ach, es ist einfach so verdammt ungerecht!“

Hermine spürte Snapes verwunderten Blick auf sich. Ihr wurde bewusst, dass er sie wohl nie zuvor hatte fluchen hören.

Zu ihrem Erstaunen setzte er zu einer Erwiderung an, und als er sprach, schien er sich ehrlich zu bemühen, seiner Stimme etwas Sanftheit zu geben.

„Ja, das ist es, Hermine, aber ich kann Ihnen versichern, dass sie nicht gelitten haben. Ich habe es schnell gemacht, sie haben es nicht gespürt. Und das Mädchen ist in Hogwarts sicher-“

„Was?“, unterbrach Hermine ihn und sah ihn wieder an, „Das meinte ich doch nicht.“

Snape kniff die Augen zusammen und wirkte verunsichert.

„Es ist so verdammt ungerecht, dass Sie zu solchen Dingen gezwungen werden, Severus“, erklärte Hermine sich, „Niemand sollte so etwas tun müssen. Ich weiß, dass Sie diese Menschen nicht leiden lassen, und dass Sie es verabscheuen, und es ist einfach so verdammt ungerecht, dass das im Orden niemand zu begreifen scheint.“

Sie sah ihn offen an und war ein wenig erschrocken über seine Reaktion. Er starrte sie an, als sei er eben mit dem Kopf gegen eine Wand gerannt, und brauchte erst etwas Zeit, um wieder Ordnung in das Chaos in seinem Gehirn zu bringen.

„Nun ...“, begann er schließlich, schien dann aber nicht zu wissen, was er darauf erwidern sollte. Er schien sich in seiner Haut sichtlich unwohl zu fühlen, und Hermine konnte nicht umhin festzustellen, dass seine Unsicherheit und seine Verlegenheit geradezu süß wirkten. Sie musste sich auf die Lippen beißen, um ein unangebrachtes Kichern zu verhindern.

„Nun, so ist das eben.“, sagte er schließlich leise und sah sie beinahe forschend an. Hermine fühlte sich mit einem Mal schrecklich, als sie das ganze Ausmaß seiner Reaktion erkannte. Er fügte sich den Dingen, weil er ohnehin nicht umhin kam, sie zu tun, und er schien sich selbst dafür zu verachten. Von seinen Mitmenschen erwartete er anscheinend dieselbe Verachtung für seine Taten, er erwartete, dass sie ihn dafür hassten und sich voller Abscheu von ihm abwandten. Im Laufe der Jahre hatte er wohl nie etwas anderes als Ablehnung erfahren, und so betrachtet, waren seine Gefühle wohl nicht verwunderlich. Aber Hermine schmerzte es, dass er es anscheinend nicht für möglich hielt, dass sich jemand auch um ihn sorgte, um sein Wohlergehen, und um die Schäden, die seine Seele bei diesen Aktionen davontrug. Es war ihm anscheinend völlig unbekannt, dass jemand ihn nicht für seine Taten verachtete, ihm nicht die Schuld daran gab, sondern Zorn denen gegenüber hegte, die ihn zu solchen Taten zwangen.

Hermine musste an ihr Gespräch nach der Ordensversammlung vor über einem Monat denken, und an seinen überraschten und misstrauischen Blick, als sie ihn gefragt hatte, wie es ihm ginge. Sie erinnerte sich auch an die Nacht, in der sie ihn mit der Slytherin-Schülerin beobachtet hatte, und an seine freundliche und tröstende Geste, als er dem Mädchen geholfen hatte.

Dieser Mann riskierte tagtäglich sein Leben für sie alle, und diese Morde gehörten zu dieser Farce dazu. Vermutlich hatte ihm nie auch nur eine einzige Menschenseele gedankt, und Hermine schloss sich selbst nicht aus, viel zu sehr waren sie alle mit sich selbst beschäftigt, oder damit, ihn für seine Taten zu verachten. Natürlich gab es da Dumbledore, und auch Poppy, aber erstgenannter war es, der ihn immer wieder erst zu Voldemort schickte, und letztere war Heilerin und es war ihr Beruf, dafür zu sorgen, dass es ihm einigermaßen gut ging.

Hermine konnte nur ahnen, wie sehr ihm das alles wirklich an die Substanz ging, und sie schämte sich für ihrer aller Verhalten.

„Hermine“, holte Snape sie schließlich aus ihren Gedanken, „Sie starren schon wieder.“

„Oh, verzeihen Sie.“, Verwirrt wandte sie den Blick ab und betrachtete stattdessen ihre Schuhspitzen. Sie hätte ihm gerne gesagt, was sie dachte, aber sie fand weder die richtigen Worte, noch glaubte sie, dass es ihm überhaupt recht wäre.

Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte er: „Wir sollten zurück ins Schloss gehen, es wird langsam dunkel.“

Als Hermine sich nicht vom Fleck rührte, seufzte er.

„Ich habe Ihnen bereits viel zu viel erzählt, außerdem hätten Sie gewisse Dinge niemals erfahren, hätten Sie nicht gelauscht-“

Hermine warf ihm einen erschrockenen Blick zu, wollte er sie jetzt wieder tadeln? Doch er schien anderes im Sinn zu haben.

„Ich bin ein Doppelagent, und deren Leben sieht nun einmal so aus, wie Sie sehr wohl wissen, Hermine. Ich bitte Sie, hören Sie auf, sich zu viele Gedanken darüber zu machen.“

Hermine setzte sich schließlich doch noch in Bewegung und ging neben ihm her hinauf zum Schlossportal.

„Aber irgendjemand muss sich doch Gedanken darüber machen“, sagte sie leise, „ich meine, niemand kann von Ihnen verlangen, dass Sie all das auf sich nehmen, ohne mit irgendjemandem darüber sprechen zu können, und-“

„Ich bin es gewohnt, Hermine“, sagte Snape eindringlich, „und außerdem ist da auch noch Dumbledore. Glauben Sie mir, es ist besser, wenn Sie all das schnellstens wieder vergessen und sich Ihren eigenen Angelegenheiten zuwenden.“

Hermine fühlte einen Stich in ihrem Inneren, als er ihr zu verstehen gab, dass sie sich nicht für sein Leben zu interessieren hatte.

Snape schien ihre Gedanken zu erraten, und als sie das Portal erreichten, blieb er stehen und sah ihr in die Augen. Er wirkte erschöpft und müde, und Hermines Inneres zog sich zusammen. Wie sollte sie ihm denn jemals helfen können, wenn er sie nicht ließ?

„Hören Sie, es ist nicht so, dass ich Ihre ... Sorge ... nicht zu schätzen weiß“, begann er und wirkte dabei ziemlich unsicher, „aber je weniger Sie darüber nachdenken, und je weniger Sie wissen, desto weniger kann im Ernstfall aus Ihnen herausgefoltert werden. Sie wissen genauso gut wie ich, dass es Potter ist, den es zu beschützen gilt, und da Sie eine seiner engsten Vertrauten sind, sind Sie ein Ziel. Man wird versuchen, über Sie, Weasley, und noch einige andere an ihn heranzukommen, wenn die Zeit da ist, und es ist unumgänglich, dass meine Rolle als Todesser bestehen bleibt. Ich weiß, Sie arbeiten an Ihren Okklumentikschilden, aber wenn es wirklich soweit kommt, ist es unwahrscheinlich, dass Sie dem Dunklen Lord standhalten. Und je weniger er findet, desto besser. Lassen Sie sich ihren Blick auf ihre Aufgabe durch nichts trüben, Hermine, machen Sie weiter wie bisher. Meine Rolle muss so lange wie möglich unentdeckt bleiben, nur so erhält Dumbledore die Informationen, die er braucht, um Potter einen angemessenen Schutz zu ermöglichen. Verliert er diese Informationsquelle, können die Folgen für Sie alle verheerend sein.“

Hermine schluckte nach dieser kleinen Rede. Er hatte ja Recht, mit dem, was er sagte, aber dennoch war sie nicht gewillt, schon aufzugeben.

„Wenn man Sie enttarnt, wird man Sie umbringen, oder?“, fragte Hermine leise und konnte ein leichtes Zittern aus ihrer Stimme nicht verbannen.

„Dann, und wenn man mich nicht mehr benötigt, und wenn es den Dunklen Lord gerade danach gelüstet – ja, dann wird man mich umbringen. Nun schauen Sie doch nicht so schockiert“, sagte Snape und rang sich ein kleines Lächeln ab, „in nächster Zeit werde ich noch benötigt werden, Sie schweben also noch nicht in unmittelbarer Lebensgefahr. Ich rechne nicht damit, enttarnt zu werden, noch nicht, und wenn alles so läuft wie geplant, kann ich die nötigen Informationen rechtzeitig beschaffen.“

Hermine spürte, wie sich etwas Scharfes in ihr Herz bohrte.

„Es geht nicht immer nur um alle anderen, Severus. Es geht nicht immer nur um den Orden, oder um Harry, oder um Dumbledore. Als ich Sie gerade fragte, ob man Sie umbringen wird, wenn man Sie enttarnt, habe ich eigentlich an Sie gedacht, und an niemanden sonst, wie unwahrscheinlich Ihnen das auch vorkommen mag.“

Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme einen trotzigen Ton bekam. Snape seufzte zum wiederholten Mal.

„Ach kommen Sie, Hermine, menschlich wäre es ja wohl kein allzu großer Verlust, nicht wahr?“

Hermine starrte ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? War das seine eigene Meinung von sich selbst? Nun, vermutlich schon. Wut und Traurigkeit stiegen gleichzeitig in ihr auf, und mit einem Mal musste sie die Tränen zurückdrängen. Man hatte diesen Mann auf ein Instrument für den Krieg reduziert, dem sein eigenes Leben nicht allzu viel zu bedeuten schien.

„Nun“, sagte sie leise und um Fassung ringend, „vermutlich nicht, nein. Aber dennoch will ich nicht, dass Sie sterben.“

Ihre Stimme zitterte nun unüberhörbar. Snape schenkte ihr etwas, das ein aufmunterndes Lächeln hätte sein können.

„Noch werde ich auch nicht sterben. Also hören Sie auf, darüber nachzugrübeln. Und was am Ende geschieht – das kann ich genauso wenig beeinflussen wie Sie. Im echten Leben bekommen Agenten kein Happy End, Hermine, es ist nicht so, dass sie in traditioneller James-Bond-Manier die hübsche Heldin abbekommen, in ein luxuriöses Auto steigen und Sprüche klopfen.“

Hermine musste lachen und hickste.

„Sie kennen James Bond?“

„In dieser Hinsicht bin ich nicht ganz so ignorant wie die meisten Zauberer.“

Hermine lächelte und fasste sich langsam wieder.

Snape öffnete schließlich die Schlosstore und trat hinter ihr in die angenehm warme Eingangshallte. Erst jetzt bemerkte Hermine, wie kalt ihr geworden war. An der Kerkertreppe trennten sich ihre Wege, doch Hermine hielt ihn noch kurz zurück.

„Ich weiß, dass Ihnen nicht sonderlich viel an uns allen liegt, und auch nicht an Ihnen selbst, und dass Sie nur ihre Aufgabe machen – aber passen Sie bitte trotzdem auf sich auf, ja? Ihretwegen.“

Snape warf ihr einen Blick zu, der einfach alles hätte bedeuten können, schließlich aber nickte er kurz, bevor er mit wehendem Umhang die Steintreppe hinunterging und die Dunkelheit ihn verschluckte.



Als Hermine sich an diesem Abend ins Bett legte, fühlte sie sich so ausgelaugt, als wäre sie einen Marathon gerannt. Snape hatte ihr viel zum Nachdenken gegeben, auch wenn er nicht wollte, dass sie sich darüber Gedanken machte.

Müde strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und zog die Bettdecke bis an ihr Kinn. Sie wusste, es wäre besser, es einfach auf sich beruhen zu lassen – immerhin gingen ihr Snapes Worte nicht aus dem Kopf; Je weniger Sie wissen, desto weniger kann aus Ihnen herausgefoltert werden.
Damit hatte er vermutlich recht, und dennoch konnte sie an nichts anderes denken als an Snape und alles, wofür er stand, alles, was er für sie alle tat.

Hermine machte sich nichts vor, morgen früh schon würde er sein wie immer, kaltherzig und missgelaunt, und nichts würde auf ihr Gespräch vom Vorabend hindeuten, und trotzdem wusste Hermine nun, dass er auch anders sein konnte. Vermutlich würden noch Jahrhunderte vergehen, bis Snape im Unterricht lächelte, Hauspunkte zusprach und Schokolade verteilte, aber die wenigen Male, die sie miteinander gesprochen hatten, ohne sich auseinanderzunehmen, hatten ihr einen kleinen Einblick in den Mann hinter der eiskalten und steinharten Fassade gewährt.

Sie dachte an ihr Gespräch von vorhin zurück. Es war offensichtlich gewesen, dass er sich für seine Taten schämte, dass er sich vor sich selbst ekelte, auch wenn er sie letztendlich ausführen musste. Es schmerzte Hermine, zu wissen, dass ein Mensch solche Dinge ertragen musste, und sie einfach nichts dagegen tun konnte.

Hinzu kam, dass er sein Leben als absolut entbehrlich ansah, und anscheinend nur für das Wohl anderer lebte. Die Vorstellung, jemand könnte sich wirklich um ihn sorgen, schien ihm völlig fremd zu sein, und Hermine fragte sich, wann er das letzte Mal wirklich jemandem etwas bedeutet hatte. Da war natürlich Dumbledore, der ihn vermutlich mochte, schätzte Hermine, aber Poppys Anspielungen ließen sie die Sache überdenken. Dann war da Poppy selbst, die ihn auch zu mögen schien, aber die Krankenschwester kümmerte sich um all ihre Patienten gut, und war vermutlich nicht gerade Snapes Lieblingsansprechpartnerin. Zu guter Letzt fiel ihr noch McGonagall ein. Sie kabbelte sich häufig mit Snape, doch sie schien ihren kleinen Schlagabtauschen nicht abgeneigt zu sein, und dann und wann fand man die beiden sogar bei einer Partie Schach im Lehrerzimmer.

Hermine starrte grübelnd an die Decke. Sie wusste von keiner Frau, und dass er jemals eine eigene Familie gehabt hatte, glaubte sie nicht. Allein die Vorstellung von Snape, wie er gut gelaunt vor einem Kamin saß und einem kleinen Jungen oder Mädchen auf seinem Schoß Geschichten vorlas, entlockte ihr ein Schmunzeln. Nein, dieses Bild konnte nicht der Wahrheit entsprechen.

Diese Überlegungen führten sie wieder zu ihrem ursprünglichen Gedanken zurück, und ihr Lächeln verschwand. Sie wusste, solche Gedankengänge waren gefährlich, aber nun, da sie gesehen hatte, dass er, wenn er denn einmal wollte, auch jemand anders sein konnte als die mürrische Kerkerfledermaus, und da sie zumindest erahnte, was er durchmachte, wollte sie einfach mehr über diesen Mann erfahren.

Bevor ihre eigenen Augen zufielen, beschloss sie, hinter die Barriere der seinen zu blicken, irgendwie, und den Mann hinter dem Vorhang aus schwarzem Haar kennenzulernen.

+++

Unruhig lief Severus in seinem Wohnzimmer auf und ab. Er hatte die Hoffnung aufgegeben, schlafen zu können, und sich lieber ein Glas Feuerwhisky eingeschenkt. Er nippte daran, während er schließlich vor seinem Kamin stehen blieb und sich auf seine Couch fallen ließ. Er hatte an diesem Abend das Essen ausfallen lassen und lieber versucht, seine Mauern um sich herum wieder aufzubauen, doch so ganz wollte es ihm einfach nicht gelingen. Er war wütend auf sich selbst, und auf Granger, und er begriff nicht, warum er dem Dunklen Lord ohne mit der Wimper zu zucken standhalten konnte, aber diese junge Frau andauernd im Begriff war, seine Barrikaden niederzureißen.

Als er an diesem Nachmittag am See gewesen war, hatte er eigentlich versuchen wollen, die Gedanken an den Angriff auf die Muggelfamilie vom Vorabend zu verdrängen. Als dann aber wie aus dem Nichts Granger aufgetaucht war und ihn darauf angesprochen hatte, war es damit vorbei gewesen. Er war ohnehin schon etwas neben sich gewesen, da sein Gehirn es sich seit einiger Zeit zur Gewohnheit gemacht hatte, jedem Opfer das ihn flehentlich anblickte, Grangers Gesichtszüge zu geben, wodurch die Morde nicht gerade leichter wurden. Ihre Worte während ihrer Unterhaltung hatten ihn weiter aus der Spur gedrängt, und als er schließlich begriffen hatte, dass sie sich wirklich Sorgen um ihn machte, selbst jetzt noch, da sie um seine Taten wusste, oder eigentlich gerade deshalb, und dass es ihr anscheinend egal war, was er ihr in dieser Hinsicht sagte, hatte ihn vollends aus der Fassung gebracht.

Er wusste, dass er sie dafür eigentlich genauso verachten müsste, wie er sich selbst verachtete. Und er wusste auch, dass sie eine leidige Gryffindor war, die ihr Herz auf der Zunge trug, dass sie mit Sankt-Potter befreundet war und anscheinend ein ausgeprägtes Helfer-Syndrom besaß – aber er war ihr dennoch dankbar.

Severus nahm einen tiefen Zug aus seinem Whiskyglas und stellte es dann beiseite. Langsam fuhr er sich durch die Haare und blieb mit geschlossenen Augen und angezogenen Beinen sitzen. Ihm war wohl bewusst, dass er sich viel zu viele Gedanken machte, und sollte der Dunkle Lord ihn jetzt zu sich rufen, wäre es um ihn geschehen. Er musste Granger davon überzeugen, sich ein anderes Projekt als ihn zu suchen, und ihre Gedanken wieder auf wichtigere Dinge zu lenken. Sie mussten mit dem Trank vorankommen, und sie musste dringend besser in Okklumentik werden. Er selbst sollte tun, was er am besten konnte; den Dunklen Lord an der Nase herumführen, den Orden und Dumbledore verärgern und seine Schüler piesacken.

Doch während er aufstand, das Glas mit einem Wink seines Zauberstabes verschwinden ließ und sich schließlich doch in sein Schlafzimmer zurückzog, wurde ihm bewusst, dass sich Granger bereits viel zu tief in seine Gedanken geschlichen hatte, als dass er sie nun so einfach wieder daraus verbannen könnte.



Der nächste Morgen brach genauso kalt und regnerisch an wie der letzte, und in dem zugigen Schloss wurde es von Tag zu Tag ungemütlicher. Severus rieb sich vor Kälte die Hände und entzündete ein wärmendes Feuer in seinem Labor. Unauffällig warf er einen Blick hinüber zu Granger, die konzentriert vor dem großen Kessel stand und seine Zutatenliste studierte.
Amüsiert stellte er fest, dass ihr buschiges Haar durch die Dämpfe, die aus dem Kessel emporstiegen, noch ungezähmter aussah als sonst. Wild stand es in alle Richtungen ab, und er beobachtete, wie sie eine Hand hob, um es ungeduldig nach hinten aus ihrem Gesicht zu streichen. Anscheinend spürte sie seinen Blick, denn im selben Moment sah sie ihn fragend an.

Rasch wandte Severus sich ab und verfluchte sich selbst. So etwas sollte ihm nun wirklich nicht noch einmal passieren.

Schnell setzte er sich hinter seinen Schreibtisch und holte einige Unterlagen hervor. Er hatte dem Trank an diesem Morgen eine äußerst wertvolle Pflanze aus Südamerika beigemischt, die die dickflüssige grüne Masse in eine zartrosane verwandelt hatte. Ihm persönlich hatte die vorherige Färbung mehr zugesagt, aber Granger schien sich gefreut zu haben, immerhin rochen die Dämpfe jetzt um einiges erträglicher.

Nachdenklich zog er ein Buch aus seinem Regal hinter dem Schreibtisch und blätterte darin bis zur gesuchten Seite. Neben sich hatte er ein Blatt Pergament liegen, das Granger ihm gegeben hatte. Sie hatte sich in die Bibliothek gesetzt und nach Zutaten gesucht, die die gewisse heilende Wirkung, die sie für den Trank anstrebten, verstärken könnten. Er las die in ihrer feinsäuberlichen, etwas schrägen Handschrift verfassten Notizen und konnte nicht umhin, festzustellen, dass sie ganze Arbeit geleistet hatte. Ihre Gedanken hatte sie neben ihre Ausführung über die Wirkstoffe der seltenen Zutaten an den Rand gesetzt, und Severus musste schmunzeln. Es erinnerte ihn an ihre Schulaufsätze von damals.

Während der Lektüre bemerkte er ihren Blick, verfinsterte automatisch den seinen und sah sie direkt an. Ertappt senkte sie den Kopf und zufrieden bemerkte er, wie eine leichte Röte ihre Wangen hinaufkroch. Es war offensichtlich, dass sie nervös auf ein Urteil über ihre Nachforschungen wartete, und widerwillig musste er zugeben, dass er nichts daran auszusetzen hatte. Nun, das würde er ihr aber nicht sagen.
Er erhob sich, legte die Unterlagen beiseite, strich seinen Umhang glatt und kam auf den Kessel zu.

„Sie rühren ein wenig zu schnell, Hermine“, sagte er, um seinen besten Lehrertonfall bemüht, „was dazu führt, dass sich das Goldhorn zu schnell auflöst.“

Sie hob den Kopf und verlangsamte ihre Bewegungen.

Er stöhnte und verdrehte die Augen.

„Und nun schlafen Sie förmlich ein. Geben Sie her.“

+++

Hermine überließ ihm die Kelle, auch wenn sie seinen Tonfall ärgerlich fand, wollte sie immerhin nicht, dass der Trank misslang. Er kam um den Kessel herum und griff nach der Kelle, wobei sich ihre Hände kurz berührten. Hermine wusste nicht, wie ihr geschah, als plötzlich ein kleiner Elektroschock von ihren Fingerspitzen aufwärts durch ihren ganzen Körper schoss. Ihr Herz schien plötzlich doppelt so schnell zu schlagen und ihr Mund fühlte sich schrecklich trocken an. Snape starrte sie an und ihre Berührung schien einen Augenblick zu lang zu dauern. Schließlich zog er die Kelle an sich, heftete seinen Blick starr auf den Trank und begann gleichmäßig darin zu rühren. Hermine zog sich zu dem Bücherregal zurück und gab vor, einige Buchtitel zu entziffern. Ihr Verstand fühlte sich schrecklich benebelt an, und sie versuchte vergeblich, einen klaren Gedanken zu fassen. Es war nicht das erste Mal, dass sie Snape berührt hatte, aber noch nie hatte sie so etwas gefühlt. Sie warf einen raschen Blick zu ihm hinüber. Er schien völlig konzentriert zu sein, doch sie bemerkte, dass er die rechte Faust um die Kelle herum so heftig geballt hatte, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Hatte auch er etwas Seltsames gefühlt?

Hermine sah noch einmal zu ihm hin, als er gerade mit der Linken ein blaues Pulver in den Trank streute. Sie kam nicht umhin, seine langen schlanken Finger zu beobachten, zwischen denen er danach Alraunenblätter zerrieb und sie vorsichtig in den Kessel fallen ließ. Seine Hände waren ihr bereits in ihrem eigenen Unterricht vor all den Jahren aufgefallen, und sie hatte immer bewundert, wie geschickt er beim Brauen war. Er schien wirklich ein Naturtalent zu sein, und seine geschmeidigen Finger schienen wie für diese Arbeit gemacht.

Erschrocken schüttelte Hermine den Kopf und wandte sich wieder dem Bücherregal zu. Was, bei Merlin, dachte sie da nur?! Lullten die Dämpfe des Trankes sie etwa so sehr ein, dass sie mit verklärtem Blick bald irgendwelchen albernen und unrealistischen Tagträumen nachhing?

Schnell zog sie einen vielversprechenden Band über Heilkräuter in Mitteleuropa aus dem Regal und vertiefte sich darin. Sie musste diese Gedanken schleunigst loswerden.


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Luna ist auch eine Person, in die ich mich von Anfang an verliebt habe. Sie gibt der Handlung einen wichtigen, neuen Anstrich und sie lässt Harry Dinge anders betrachten. Ich war ihr wirklich von Anfang an verfallen.
Michael Goldenberg