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Fanfiction

Nicht nur ein Granger - Kapitel 24 - Teil II: Es braucht mehr als einen Namen

von Alea_Thoron

Not Only A Granger
Needing More than a Name (Part 2)

by ferporcel


SUMMARY: Mehr geplante Treffen, und einige durchaus nicht geplante.

DISCLAIMER: Nicht meines! Es ist alles von J. K. Rowling.

ORIGINAL BETA READERS: BastetAzazis, GinnyW und Indigofeathers – vielen Dank!

GERMAN TRANSLATION: Alea_Thoron

GERMAN BETA: DeepWater

________________________________________

Nicht nur ein Granger

Kapitel 24 - Teil II: Es braucht mehr als einen Namen


»Mum, ist das das, was ich denke, dass es ist?«, fragte Nathan, als Hermione aus ihrer Wohnung auftauchte, wobei sie zwei riesige Bücher mit sich schleppte.

»Ja.«

Nathan stöhnte auf, doch Hermione beachtete dies nicht. Sie hatte das Ganze während der Woche besonders sorgfältig geplant und war überzeugt davon, dass es zu einem guten Ergebnis führen würde.

Binnen kurzem erreichten sie Severus‘ Tür, wo sie durch den Meister der Zaubertränke persönlich in Empfang genommen wurden. Sie gingen hinein und wurden gebeten, auf der Couch Platz zu nehmen.

»Wie war deine Woche?«, fragte Hermione und versuchte damit, eine Unterhaltung zu beginnen.

»Ermüdend«, antwortete Severus nur.

»Unterrichten ist ermüdend«, stimmte Hermione zu, nachdem sie einen Moment abgewartet hatte, um zu sehen, ob er genauere Einzelheiten dazu ausführen würde. Sie musste sich selbst daran erinnern, geduldig zu sein, ansonsten würde dieses Abendessen ebenso wie das von letzter Woche ablaufen.

Sie sah, wie Severus auf die Bücher schaute, die sie mitgebracht hatte, als ob er zu erraten versuchte, was sich darin verbarg. Hermione entschied, dass dies ein guter Zeitpunkt wäre, ihn aufzuklären. »Ich habe ein paar Fotos mitgebracht. Ich dachte, dass wir sie uns vor dem Abendessen ansehen könnten.«

Nathan seufzte und ließ sich auf der Couch nach unten rutschen. Hermione wandte sich ihm zu. »Was ist daran eigentlich so schrecklich?«

Er bedachte sie mit »diesem Blick«. Sie lächelte ihn an und drehte sich dann Severus zu, der sie beide aufmerksam beobachtete. »Ich glaube, dass es besser ist, wenn du dich neben mich setzt, so dass ich die Fotos erklären kann«, schlug Hermione vor.

Severus zögerte, während er versuchte, einen guten Grund dafür zu finden, ihre Aufforderung abzulehnen. Er fand keinen, deshalb musste er zustimmen. Er setzte sich neben sie, wenngleich so weit entfernt, wie er konnte.

»Ich denke, wir sollten mit dem Muggel-Album anfangen. Was meinst du, Nathan?«, fragte Granger ihrer beider Sohn.

»Ich votiere für keines von beiden«, murmelte Nathan als Antwort.

Sie öffnete einfach das erste Album, ohne die Antwort des Jungen zu kommentieren. Drei sich nicht bewegende Bilder bedeckten die Seite.

»Dies sind die ersten Bilder von Nathan. Meine Eltern haben sie gemacht, als wir noch im Krankenhaus waren, nachdem er geboren war«, kommentierte sie. »Er war so süß.«

Die 'süß'-Bemerkung ließ Severus das Bedürfnis verspüren, mit seinen Augen rollen zu wollen. Nathan war nicht so zurückhaltend …

»Ich war nicht süß. Ich habe wie eine Alraunenwurzel ausgesehen.«

Severus lächelte spöttisch – ein unterdrücktes Lächeln.

»Du warst und bist immer noch sehr süß«, sagte Granger, und dies schien ein beständiger Disput zwischen ihnen zu sein. Sie blätterte die Seite um.

»Hier sind wir bereits im Haus meiner Eltern. Wir sind für die ersten Wochen bei ihnen geblieben«, erläuterte sie.

Severus dachte, dass Nathan mehr dem niedlichen Baby ähnlich sah, von dem sie behauptete, dass er es gewesen war. Er trug einen gelben Einteiler mit einem Bären darauf und lächelte zahnlos in die Kamera. Er war so winzig ... Auf dem anderen Bild wurde Nathan von Granger gehalten und schien zu schlafen. Der Gesichtsausdruck der Frau auf dem Bild, während sie auf das Bündel in ihren Armen starrte, konnte nur als zärtliche Ehrfurcht beschrieben werden. >Sie war so jung …<

Granger blätterte die Seite um. »Das bin ich bei dem Versuch, ihn zu baden«, erzählte sie ihm amüsiert. »Er hat es nie sonderlich gemocht, und es war immer ein Kampf. Sogar jetzt noch«, setzte sie hinzu, offensichtlich Nathan damit aufziehend.

Severus sah eine sehr junge und sehr nasse Granger, die versuchte, einen äußerst verärgerten Nathan im Inneren einer kleinen Badewanne zu halten. Severus starrte auf das Foto und begann sich zu fragen, ob er die Aufgabe bewältigt hätte. Es sah nach einer Schweinerei aus, und er war sich sicher, dass er nicht Teil der Aktivitäten hätte sein wollen.

»Ist es nicht bereits genug Erniedrigung, mich nackt zu zeigen?«, murmelte Nathan.

Granger seufzte und blätterte die Seite um. Nathan schien auf den jetzigen Fotos älter, und sie ebenfalls.

»Diese sind von seiner ersten Geburtstagsfeier.«

Nicht gerade viele Menschen waren auf den Fotos abgebildet, doch es war das erste Mal, dass er Potter und die Weasleys auf einem von ihnen sah. Nathan schien glücklich in Potters Armen; sie alle lächelten. Wenn man Potter ausklammerte – Severus war froh, dass Nathan zu seinem ersten Geburtstag eine Feier gehabt hatte.

Die folgenden Seiten waren ausgefüllt mit Fotos, auf denen Nathan stand, die ersten Baby-Schritte machte, eine Schweinerei anrichtete, als er zum ersten Mal selbstständig aß, und hauptsächlich, wenn er in der Nähe seiner Mutter lachte. Sie lächelte oder lachte ständig – immer glücklich. Wenn Severus auf jenen Fotos gewesen wäre –würden sie so glücklich gewesen sein? Wäre Severus glücklich gewesen?

Alles, was er wusste, war, dass er gern während jener glücklichen Momente hätte bei ihnen sein wollen.

Granger blätterte die Seite um, und da war ein merkwürdiges Bild. Severus neigte sich herüber, um es zu sehen, und wurde sich erst dann darüber bewusst, wie nahe er ihr im Laufe des Geschehens gekommen war. Es schien sie nicht zu kümmern.

»Ist das ein Gipsverband an seinem Arm?«, fragte Severus verdutzt.

»Ja«, antwortete sie. »Er fiel hin, während er auf dem Spielplatz der Schule spielte und brach sich seinen Arm. Als ich dort hinkam, hatte der Arzt bereits einen Gipsverband angelegt. Ich habe ihn geheilt, sobald wir zu Hause ankamen, aber er musste zu seiner großen Verärgerung den Gipsverband für die Zeit behalten, die der Arzt vorgeschrieben hatte, oder es wäre verdächtig erschienen.«

»Natürlich«, stimmte Severus zu.

»Es juckte«, fügte Nathan gequält aus der Erinnerung hinzu.

Mehr Seiten, mehr Lächeln, und ein anderes Foto verblüffte Severus. »Was soll das sein?«

Granger drehte sich herum, um ihn anzusehen, und ihre Arme berührten einander. Auch das schien sie nicht zu stören.

»Das war, als Nathan in der Schulaufführung John Darling aus Peter Pan spielte«, klärte Granger ihn auf. Ihr Arm ruhte immer noch an seinem.

Severus runzelte sowohl über ihre Behaglichkeit als auch über das nicht wiederzuerkennende Kostüm die Stirn.

»Mum hat das Kostüm gemacht. Das war das Schlimmste«, erklärte Nathan, sein Stirnrunzeln richtig interpretierend.

Severus lachte leise. »Hermione Granger ist bei irgendetwas schlecht? Die Hölle muss zugefroren sein!«, sagte Severus und bemerkte erst dann, was er tat. >Warum ziehe ich sie auf?<

»Es war nicht soooo schlecht!«, protestierte sie.

Nathan wölbte ihr gegenüber eine Augenbraue, obwohl, Severus schenkte den wechselseitigen Aktionen nicht mehr allzu viel Aufmerksamkeit. Bei ihrem Protest hatte sie den Zwischenraum zwischen ihnen verschwinden lassen, und jetzt berührten sich zusätzlich zu ihren Armen auch noch ihre Knie; der feine Stoff ihres Rockes ließ die Berührung noch intimer erscheinen.

»Es wird spät für das Abendessen«, stellte Severus in einem kühlen Ton fest und erhob sich von der Couch. Er konnte die Konfusion auf Grangers Gesicht sehen – schließlich war es noch nicht derartig spät – doch Severus würde es nicht ausführlich erklären. Er schnippte mit seinen Fingern und ein Hauself erschien mit einem Plopp im Zimmer. »Du kannst das Abendessen servieren«, befahl er.

Sie folgten ihm zum Tisch. Nathan schien die Veränderung nichts auszumachen, doch seine Mutter schaute Severus nach wie vor auf forschende Art und Weise an. Sie sprach ihre Gedanken nicht laut aus, was das Gute daran war. Sie begannen, schweigend zu essen, ein Schweigen, das nicht ganz so unbehaglich war wie das, welches sie letzte Woche begleitet hatte. Severus dachte gerade, dass sie die Mahlzeit in Schweigen beenden würden, als Granger es brach.

»Ich habe dich das ganze Wochenende über nicht viel gesehen. Was hast du gemacht, das dich sogar davon abgehalten hat, mir im Labor zu helfen?«, fragte sie Nathan.

»Ich war beschäftigt«, antwortete der Junge vage.

»Hast du für irgendeine Prüfung gelernt? Ich erinnere mich an keine, die am Anfang des Semesters ist«, beharrte sie.

»So etwas in der Art.« Wieder war Nathans Antwort unbestimmt.

Severus fand ihre Interaktionen interessant und wurde selbst neugierig. Nathan versuchte offensichtlich, etwas vor seiner Mutter und vielleicht auch vor ihm zu verbergen.

»Warum hast du die ganze Zeit über Sachen mit Hilfe eines Levitation-Zaubers schweben lassen?«, fragte sie schließlich, und Severus wusste, dass es das war, worauf sie die ganze Zeit zusteuerte.

»Ich habe geübt«, sagte Nathan und ließ damit Severus’ kryptische Antwort auf dieselbe Frage früher an diesem Tag wieder aufklingen. »Werden wir mehr Fotos ansehen?«, setzte er schnell hinzu, das Thema wechselnd.

Severus schmunzelte, als Granger ihn wieder anschaute, forschend. Er wurde wieder ernst.

»Ich glaube nicht«, sagte sie, nachdem sie auf irgendeine Art Antwort von ihm gewartet hatte.

»Vielleicht sollten wir uns für den Abend zurückziehen«, schlug Severus vor.

Nathan nickte, stand vom Tisch auf und wartete darauf, dass seine Mutter dasselbe tat. Sie machte dies, widerstrebend, aber anstatt auf die Tür zuzusteuern, küsste sie Nathan und sagte: »Hab' eine gute Woche, Honey. Ich habe einige Dinge mit deinem Vater zu besprechen, bevor ich gehe.«

Nathan nickte, wünschte Severus gute Nacht und ließ ihn mit seiner Mutter allein.

»Was ist los?«, fragte Severus.

»Das war es, was ich im Begriff war zu fragen. Was ist passiert? Du schienst Spaß an den Fotos zu haben.«

»Wie ich sagte, wurde es spät, und wenn du nichts dagegen hast, möchte ich für die Woche gut ausgeruht sein«, versuchte er, sie zu verabschieden.

Granger starrte ihn für einen weiteren Moment an und entschied sich offensichtlich dafür, seinen Standpunkt zu respektieren. »Jedenfalls war dieser Abend eine große Verbesserung im Vergleich zu letzter Woche. Nathan war viel entspannter in deiner Nähe, und ich glaube, dass es etwas damit zu tun hat, was auch immer am Mittwoch passiert ist. Ich habe dir gesagt, dass du das schaffst. Gut gemacht, Severus«, lobte sie lächelnd.

Er konnte nicht verstehen, wieso das Treffen am Mittwoch etwas mit der Änderung von Nathans Verhalten zu tun hatte, abgesehen von der praktischen Übung des Zauberspruches, den er an jenem Tag geworfen hatte. Er beschloss, sich nicht dazu zu äußern und wartete darauf, dass sie ging. Ihr Glaube an ihn war noch immer beunruhigend.

»Ich werde die Alben hier bei dir lassen. Ich hoffe, dass du während der Woche ein wenig Zeit haben wirst, um dir den Rest der Fotos anzusehen«, erklärte sie ihm, und ihr Zögern, sich umzudrehen und zu gehen, war offensichtlich.

Severus’ Körperhaltung versteifte sich schützend; sie war immer unberechenbar, wenn sie ihn auf die Art ansah, wie jetzt. Granger schien die Änderung in seiner Haltung zu bemerken und wandte ihre Augen von seinem Gesicht ab. »Wir sehen uns nächste Woche«, sagte sie, bevor sie sich herumdrehte und seine Wohnung verließ.

Granger war gefährlich, entschied er.

*-*-*-*


Nathan hatte hart geübt. Er war zuversichtlich, dass er sich selbst jetzt als einen guten Zauberspruch-Werfer beweisen konnte. Er zählte die Stunden bis zu seinem Treffen mit seinem Vater an diesem Mittwoch. Nathan spürte, dass er nach so vielen ätzenden Bemerkungen von Malfoy darüber, dass er Professor Snapes Aufmerksamkeit nicht würdig sei, eine Art Bestärkung brauchte.

Bereits in der Wohnung seines Vaters, setzte sich Nathan in die Nähe des Kamins und akzeptierte den angebotenen Tee; es schien so, dass dies zu einem festen Programmpunkt bei ihren Treffen am Mittwoch werden würde. Sie schwiegen, während sie das heiße Gebräu genossen, doch sobald Nathan fertig war, erzählte er Professor Snape: »Ich habe den Schwebezauber geübt, wie Sie vielleicht bemerkt haben könnten, Sir.«

»Das habe ich in der Tat«, sagte Snape.

Nathan verstand dies als eine Ermunterung weiterzumachen. »Ich habe darüber nachdacht, was Sie letzte Woche sagten, und da gab es wirklich mehr zu dem Zauberspruch, als das, was wir in Zauberkunst gelernt haben.«

Nathan stand von der Couch auf und nahm seinen Zauberstab in seine Hand. Ohne weitere Erklärung intonierte er »Wingardium Leviosa«, und die Teetasse schwebte in der Luft. Ohne gefragt zu werden, wandte Nathan seine Augen von dem fliegenden Gegenstand ab und heftete sie auf seinen Vater, während er ein siegreiches Lächeln lächelte.

»Können Sie sprechen und den Zauberspruch aufrechterhalten?«, fragte Professor Snape, sein Gesichtsausdruck durch Nathans Demonstration von Magie ungerührt.

»Ja, kann ich«, antwortete Nathan, ohne auch nur einmal seine Augen zurück auf die Tasse zu richten; sein Lächeln verbreiterte sich, so dass es seine Zähne zeigte.

»Bewegen Sie die Tasse in der Luft«, sagte Professor Snape zu ihm.

Nathans Lächeln kam ein wenig ins Stocken; er hatte niemals versucht, den Gegenstand zu bewegen, ohne ihn dabei anzusehen. >Ich kann das<, überzeugte er sich selbst. Er konzentrierte sich darauf, die Tasse sich nach links bewegen zu lassen, so dass sie in seinem Sichtfeld auftauchen würde.

Nathan konnte die Tasse immer noch nicht sehen. >Was, wenn es nicht funktioniert?< Er konzentrierte sich härter und schloss für einen Moment seine Augen. >Beweg dich!<

Er seufzte beinahe auf, als die Tasse am Rande seines Sichtfeldes erschien. Nathan grinste triumphierend. >Ich habe es geschafft!< Sein Lächeln verblasste langsam, als er seine Aufmerksamkeit wieder auf Professor Snape richtete. Der Gesichtsausdruck des Mannes war auch jetzt noch derselbe: Immer noch neutral, beinahe gelangweilt, ungeachtet Nathans Darbietung von – dessen Meinung nach – bewundernswerter magischer Kontrolle.

»Stellen Sie die Tasse ab«, erklärte der Mann ihm.

Nathan tat, was ihm gesagt wurde, wobei irgendetwas in seiner Brust schmerzte. Er war dabei, seinen Zauberstab in die Tasche zu stecken und sich wieder auf die Couch zu setzen, als sein Vater ihn anwies: »Machen Sie es noch einmal, jetzt, ohne die Beschwörungsformel auszusprechen.«

>Ohne die Beschwörungsformel auszusprechen? Und wie soll ich das anstellen?<

Nathan schaute mit großer Ernsthaftigkeit auf seinen Zauberstab.

>Das ist nicht möglich.<

Er schaute zu seinem Vater. Professor Snape sah nicht so aus, als ob er ihn auf den Arm nehmen wollte, und er wartete.

Nathan ließ seinen Zauberstab wutschen und wedeln, wie Professor Flitwick es gelehrt hatte. Nichts geschah. Er tat es wieder und – nichts. Er würde wieder scheitern. Nathan riskierte einen flüchtigen Blick zu Professor Snape und zurück auf den Zauberstab in seiner Hand, wutschte und wedelte ihn erneut, ohne Erfolg. >Flieg, du dumme Tasse!<

Nach seinem fünften erfolglosen Versuch stand Professor Snape aus seinem Sessel auf und sagte: »Üben Sie weiter.« Der Mann ging zu seinem Schreibtisch in der Ecke des Raumes und ignorierte Nathan völlig!

>Wie soll ich das anstellen?<, dachte Nathan verärgert, äußerte jedoch die Frage niemals laut. Wutschen und wedeln, wutschen und wedeln. >Flieg! Flieg!< Er wollte in Frustration knurren.

Nathan setzte sich auf die Couch zurück und seufzte. Er würde seinen Vater nicht fragen, wie man das machte. Das würde er nicht! Er schaute sich in dem Raum um, betrachtete die vielen entlang der Wände angeordneten Bücher. Nathan war überzeugt davon, dass zumindestens eines davon über Schwebezauber handelte, und trotzdem hatte sein Vater nichts gesagt.

Er schaute zu dem Mann am Schreibtisch hinüber, und der Schmerz, den Nathan in seiner Brust fühlte, wurde zu überwältigend. Er stand wieder auf und versuchte noch ein letztes Mal, die dumme Tasse dazu zu bringen, in der Luft zu schweben. Abermals daran scheiternd, ging er mit großen Schritten zur Tür und verließ die Wohnung, wobei er die Tür in seinem Kielwasser mit einem Knall zuschlug.

Severus hob seine Augen bei dem Geräusch der zuknallenden Tür von dem, was er gelesen hatte. Er sah sich um, doch da gab es keine Spur von Nathan. Er runzelte die Stirn und angelte in seiner Tasche nach der Glasphiole, die den Stimmungszaubertrank enthielt. Er blitzte in rötlichen Schattierungen. »Er ist ärgerlich?«, murmelte Severus verwirrt. Sein Stirnrunzeln vertiefte sich.

Was hat Nathan erwartet? Dass er im Sessel sitzen bleiben und seine für ihn sicherlich frustrierenden Versuche beobachten würde, die Teetasse mit Hilfe eines Levitation-Zaubers schweben zu lassen? Obwohl bereits beträchtliche Kontrolle über seine Magie zeigend – Severus hatte nicht geglaubt, dass er imstande sein würde, das Ziel zu kontrollieren, ohne es dabei anzuschauen … und dass er die Teetasse vorwärts bringen konnte, war eine angenehme Überraschung – würde der Junge mehrere Wochen, sogar Monate brauchen, um bei einem nonverbalen Zauberspruch den richtigen Dreh herauszubekommen, was viel mehr war, als er von einem Erstklässler erwarten würde, selbst wenn all die Fähigkeiten, die er heute hier gezeigt hatte, dafür sprechen würden.

Die ärgerlichen Rottöne dauerten kontinuierlich an, sich in der Phiole zu zeigen, doch da gab es überhaupt nichts, was Severus tun konnte. Er kehrte zu seinem Text zurück, kam jedoch nicht umhin, jede zweite Minute auf den Stimmungszaubertrank blicken.

Severus entschied, dass er sich durch Nathans Demonstration von Bockigkeit nicht stören lassen würde, steckte die Phiole ein und setzte seine Lektüre mit starrköpfigem Eifer fort.

*-*-*-*


Hermione probierte das dritte Kleid an, verärgert mit dem, was sie im Spiegel sah. >Was stimmt nicht mit mir?< Selbstredend zerbrach sich Hermione nicht über ihr Spiegelbild den Kopf, sondern viel mehr über ihr Verhalten. Dies war keine Verabredung, um Himmels willen!

Sie ließ sich auf das Bett fallen und barg frustriert ihr Gesicht in ihren Händen. Seit dem letzten Wochenende hatte Hermione mehr und mehr über Severus nachgedacht. Sie wusste, dass sie etwas für ihn empfand, doch sie dachte, dass sie dies unter Kontrolle hatte. Hermione hatte so viele Dinge für Nathan zurückgestellt; dieses Bedürfnis, Severus zu erobern, war beinahe besorgniserregend. Sie dachte an ihn, wenn sie es am wenigsten erwartete, fragte sich selbst, was seine Meinungen und Reaktionen auf die alltäglichsten Dinge sein würden; sie würde sich selbst dabei ertappen, sich für ihn schick zu machen, und dies erschreckte sie.

Gleichzeitig spürte sie die Aufgeregtheit des Verliebtseins, zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben über ihre Zuneigungen sicher, doch es fühlte sich an, als ob sie an Nathan Verrat beging. Jetzt – mehr als jemals zuvor – sollte sie sich auf ihn konzentrieren, sein Glück an erste Stelle setzen. Aber was sie daran wirklich faszinierend fand, war die Tatsache, dass sie Nathan dabei nicht außer Acht ließ, nur, dass dieses Mal ihre eigenen Interessen mit seinen übereinstimmten. Und dennoch fühlte es sich nicht richtig an, an sich selbst als eine Frau statt nur als eine Mutter zu denken.

Sie konnte allerdings nicht anders. Severus war der Mann, auf den sie die ganze Zeit gewartet hatte, da war sie sich jetzt sicher. Hermione wusste es, noch bevor sie es vor sich selbst zugab. Er hatte, was kein anderer hatte, und sie hatten es nicht, weil sie es niemals haben würden. Es gab nur einen Severus Snape, und Hermione hatte vergeblich ihr ganzes Leben lang unbewusst nach einem Weiteren gesucht. Die Männer, von denen Hermione geglaubt hatte, dass sie gut genug sein würden, waren tatsächlich gute Männer, einige zu gut, andere nicht gut genug … die einen zu glatt, zu reizlos, die anderen intelligent, doch nicht geistreich genug. Sie würden niemals all die Eigenschaften in sich vereinigen, die sie sich bei einem Mann vorstellte, und sie hatte sich damit abgefunden, zu wählerisch zu sein, zu wissen, dass ein solch komplexer und vollkommener Mann nicht existierte, nur, um ihm von Angesicht zu Angesicht in einem Zaubertränke-Klassenzimmer gegenüber zu stehen.

Allein bei der Erinnerung an dieses Wiedersehen rann ihr ein Schauder das Rückgrat herunter.

Wie sie jene Gefühle so meisterhaft vor sich selbst verborgen hatte, setzte Hermione immer noch in Erstaunen. Es schien jetzt so offensichtlich, so natürlich … Vielleicht war es der Krieg gewesen, und die Art, wie ihr Leben damals wenig Raum für Beziehungen ließ. Oder vielleicht war sie zu jung und zu unreif gewesen, als sie bei der Zerstörung der Horcruxe zusammengearbeitet hatten, um zu verstehen, dass das, was sie für Severus empfunden hatte, mehr als nur Bewunderung war. Hermione wusste, dass sich die Modalitäten für sie verändert hatten, als er sie gerettet hatte, dass es allerdings in ihrem Leben keinen Platz für Romantik gab, nach dem Horror, den sie während des Krieges durchlitten hatte, während jener Nacht … Niemals wegen demjenigen, der es getan hatte, sondern wegen der Tat ansich. Keine Frau würde nach solch traumatischen Ereignissen an Männer denken.

Doch andererseits – warum hatte sie nichts davon begriffen, als ihre Entscheidung, Nathan zu behalten, um so viel leichter getroffen worden war, weil sein Vater Severus war? Das hätte doch auf der Hand liegen müssen!

Kein Grund, die Vergangenheit länger zu diskutieren. Hermione verstand es jetzt und hatte entschieden, dass sie diese neue Gelegenheit, herauszufinden, ob sie auch als Frau glücklich sein könnte, nicht vorübergehen lassen würde. Doch ihr Glück musste noch ein wenig länger warten. Sie konnte ihre Träume nicht ihren gesunden Menschenverstand überwältigen und die Kontrolle über ihrer Handlungen übernehmen lassen. >Diese Abendessen sind keine Verabredungen, KEINE Verabredungen<, leierte sie in ihrem Kopf herunter, >sie sind für Nathan, und für Nathan allein. Keine Verabredungen!<

Aber sie wünschte, es wären welche – natürlich tat sie das.

Hermione seufzte. Letzte Woche hatte er an ihrer Seite kein Unbehagen verspürt, während er sie berührte, obwohl sie dies als sein Motiv dafür vermutete, schon so früh das Abendessen zu bestellen, wie er es getan hatte. Allerdings schien er sich wohl zu fühlen, solange er keine Notiz von ihrer beiderseitigen Nähe nahm. Natürlich hatte Hermione jeden Zentimeter an Berührung gespürt, die sich zwischen ihnen an diesem Abend abgespielt hatte. >Habe ich mich an ihn herangeschmissen?< Sie schüttelte, die Augen vor der Wahrheit verschließend, ihren Kopf; so etwas würde sie nicht tun.

>Nicht bewusst<, rief sie sich stirnrunzelnd in Gedächtnis zurück. Hermiones Kontrolle war sehr dürftig gewesen, als er sie berührte, als er ihr viel zu nahe gewesen war … Wenn er sie heute wieder berührte, wenn sie eine Gelegenheit hatte, ihn zu berühren – Hermione wusste nicht, ob sie es schaffen würde zu widerstehen.

Und dies würde eine verfluchte Katastrophe sein.

Severus war nicht bereit dafür. Hermione konnte nur hoffen, dass die Zeit zu ihren Gunsten arbeiten würde, indem sie Severus mit ihrer beständigen Anwesenheit mürbe machen würde. Hoffnung war das Letzte, das starb. >Und er hat letzte Woche deine Nähe genossen<, fügte ihr sehnsüchtiger Verstand hinzu. Sie lächelte wider Willen.

Hermione konnte beinahe spüren, wie sich Severus’ Körper auf derselben Couch, die sie sich letzte Woche geteilt hatten, gegen ihren lehnte, nur, dass sie gemeinsam ein gutes Buch lesen würden. Ihr Lächeln wurde breiter. >Welche Art von Buch würden wir gemeinsam lesen?<, dachte sie, von dem Bild in ihrer Vorstellung ablenkt, das ihr verräterischer Verstand heraufbeschwor.

Sie schüttelte verärgert ihren Kopf. »Reiß' dich zusammen, Granger!«, ermahnte sie sich murmelnd und schob sich vom Bett, um sich fertig anzukleiden. Nathan würde bald hier sein. Dies war alles für Nathan und niemanden anderen.

Insbesondere jetzt, wo sich die Dinge an dieser Front bezahlt zu machen schienen. Als sie mit ihm über Severus sprach, war Nathan augenscheinlich aufgeregt gewesen und traurig, etwas, von dem sie nicht geglaubt hätte, dass er dies noch einmal sein würde. Er war kurz davor gewesen zuzugeben, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, nur, um ihr dann zu erklären, da wäre nichts. Severus sagte allerdings unverfroren, es sei nichts gewesen, und reagierte verärgert, als sie auf dem Gegenteil beharrt hatte.

Als Nathan an diesem Abend ankam, bot Hermione ihm eine weitere Gelegenheit, darüber zu sprechen, was ihn beunruhigte, bei der er sagte: »Nichts!«

»Benutze nicht diesen Ton bei mir«, antwortete Hermione sanft.

»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Nathan.

»Ich wünschte, du würdest mir vertrauen, Nathan. Ich werde nicht Partei ergreifen oder Urteile fällen«, bestand sie ein letztes Mal auf einer Erklärung.

»Es ist nichts, wirklich!« Sein Ton war flehentlich.

Hermione schaute ihn an, während sie analysierte, ob sich Beharrlichkeit auszahlen würde. Sie kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sein würde, so gab sie ihm ein Zeichen, ihr voran aus ihrer Wohnung zu gehen, und legte einen Arm um seine Schultern. »Dann komm. Lass uns gehen.«

Sie gingen schweigend. Hermione war von den sie beherrschenden vorherigen Sorgen vorübergehend abgelenkt, da sie sich auf ihr trauriges Baby konzentrierte. Wenn er ihr nicht erzählen wollte, was ihn so aufgebracht hatte, war das Einzige, was sie tun konnte, sich zu bemühen, diesen Abend angenehm zu gestalten, um zu versuchen, ein ungekünsteltes Lächeln zu sehen, ein frohes Lachen zu hören.

Mutter und Sohn erreichten ihren Bestimmungsort, um durch ihren sonntäglichen Gastgeber in Empfang genommen zu werden. Severus offerierte Tee, den Nathan sofort ablehnte. Severus betrachtete ihn mit großer Eindringlichkeit. Hermione beobachtete die wechselseitigen Aktionen mit zunehmender Sorge. Nathan sah grimmig entschlossen aus, je länger sich das Schweigen ausdehnte, und sie blickte, in der Hoffnung auf irgendeine Art von Erklärung, zu Severus zurück.

Als niemand Anstalten machte, ihr eine Erklärung anzubieten, fühlte sich Hermione gezwungen zu sagen: »Severus, was ist—«

»Ich habe einen Zaubertrank in Arbeit, der meine Aufmerksamkeit braucht. Wenn ihr mich entschuldigen würdet; ich werde nicht lange weg sein«, sagte er, womit er ihre Frage unterbrach, und stand auf, um den Raum zu verlassen.

Hermione konnte ihn nur erstaunt anblicken und ihm mit ihren Augen folgen, bis das Einzige, was sie sehen konnte, die geschlossene Tür war. Als sie ihre Aufmerksamkeit wieder zurück auf ihren Sohn richtete, schaute dieser sie neugierig an.

»Ich dachte nicht, dass er das auch mit dir macht«, sagte Nathan amüsiert.

»Was?«, fragte sie.

»Aus dem Raum hinausstürmen oder dich wegschicken«, erklärte er, wobei er eine spöttische Geste in Richtung der Tür machte.

»Warum hast du den Tee abgelehnt? Das war unhöflich von dir.« Sie wechselte das Thema, wog jedoch immer noch ab, was er über Severus gesagt hatte, darüber, dass er sie einfach sitzen gelassen hatte.

»Ich will keinen Tee«, antwortete er.

»Du solltest dich bei ihm wenigstens für das Angebot bedanken. Das ist nicht die Art und Weise, wie ich dich erzogen habe«, entgegnete sie.

»Mach dir keine Gedanken darüber, Mum. Das kümmert ihn nicht.«

»Wovon redest du?« Vielleicht würde sie am Ende doch eine Erklärung bekommen.

»Ich denke, dass wir diese Treffen sein lassen sollten.« Nathan schaute ihr in die Augen, während er dies sagte, und sein Ernst bestürzte sie. »Es funktioniert nicht.«

»Ich dachte, letzte Woche wäre ein Fortschritt gewesen, oder nicht?« Hermione war vorsichtig. »Aber irgendetwas ist während der Woche geschehen«, äußerte sie es nun doch laut – letztendlich.

»Es ist in Ordnung, Mum. Wir müssen keine besten Freunde sein«, sagte Nathan. »Ich weiß, dass er mein Vater ist, und das reicht mir.«

Sie runzelte die Stirn, wobei ihr Herz aufgrund der Traurigkeit in seiner Stimme brach. »Wie kann das genug für dich sein, Honey? Ich glaube nicht, dass du ehrlich zu dir selbst bist.« Sie ließ diese Worte erst einmal in sein Bewusstsein einsinken. »Im Übrigen glaube ich nicht, dass dein Vater dem zustimmen würde.«

»Und wo ist er?«, hielt ihr Nathan zutreffend entgegen.

>Hol dich der Teufel, Severus!<, dachte sie. »Ich weiß, dass die Umstände kompliziert sind, Honey; sie sind für keinen von uns leicht. Aber das bedeutet nicht, dass wir aufgeben sollten«, erklärte sie ihm.

Nathan senkte seinen Kopf.

»Gibst du wirklich auf? Willst du dich wirklich fragen, was hätte sein können, wenn du nicht locker gelassen hättest?«, setzte sie hinzu.

Nathan runzelte die Stirn, während er über ihre Worte nachsann, wie sie hoffte.

»Hab' Geduld, Honey. Ich weiß, alles, was wir brauchen, ist Zeit«, versicherte Hermione ihm, strich sein Haar aus seinen Augen und drückte einen Kuss auf seine Stirn. Sie lehnte ihre Stirn gegen seine. »Sei nicht traurig«, sagte sie, hob dabei die Ecken seines Mundes mit ihren Daumen an und lächelte ihm zu.

Nathan leistete immer noch Widerstand.

»Wenn du nicht lächelst, werde ich dich kitzeln müssen, das weißt du«, drohte sie ihm spielerisch an. »Ich warne dich.«

Er blieb immer noch ernst, so dass Hermione einen Finger benutzte, um in die Seite seiner Rippen zu pieksen. Er zuckte als Reaktion zusammen und ließ ein halbes Lächeln erkennen, bevor er sie warnte: »Hör auf.«

Hermione piekste ihn erneut, jetzt auf der anderen Seite, wobei sie schelmisch lächelte. Er zuckte abermals zusammen, während er lächelte und versuchte, ihre Hände zurückzudrängen. Doch es gelang ihm nicht, und bald lachte Nathan, wie er es schon seit einer geraumen Weile nicht mehr getan hatte. Hermione lachte mit ihm zusammen aus purer Freude darüber, ihn sich in scherzhafter Heiterkeit entspannen zu sehen. Sie bemerkten nicht, wie sich die Tür öffnete.

Severus stand in der Tür und beobachtete staunend die Szene vor sich. Alles war so fremd: die Geräusche, der Anblick, diese Umgebung … Nichts schien zu passen, und dennoch schien es richtig, es fühlte sich richtig an.

»Mum!«, sagte Nathan, atemlos vor lauter Lachen. »Hör auf!«

Sein Sohn, der vor dem Abendessen in seinem Wohnzimmer lachte … Ja, es fühlte sich merkwürdig richtig an, und seine Entscheidung von Minuten zuvor war völlig vergessen. Severus würde mit den Treffen weitermachen.

Granger schien ihn dort wahrzunehmen. »Ist alles okay mit deinem Zaubertrank?«, fragte sie, zog ihre Bluse wieder zurecht und stellte sicher, dass ihr Haar noch von dessen Band zusammengehalten wurde. Sie war rot im Gesicht, wie Severus bemerkte. Es war ein interessanter Anblick.

»Ja«, antwortete er, während er sich der Couch näherte und seinen Platz im Sessel wieder einnahm. Er schaute mit neugierigem Interesse auf Nathan und bemerkte dessen Derangiertheit mit heimlichem Vergnügen. »Ich stelle fest, dass ihr euch in meiner Abwesenheit nicht gelangweilt habt.«

Er hatte sich bereits gemütlich niedergelassen, als …

»Sag' mir, Severus, bist du kitzlig?«

Die Frage traf ihn völlig unvorbereitet. »Was?« Severus blickte erstaunt. Ihre volle Aufmerksamkeit war darauf ausgerichtet, was er sagen würde, und das war verstörend. Er begann, sich unter ihren forschend-neugierigen Augen unbehaglich zu fühlen, so blickte er flüchtig auf Nathan, der darüber ebenfalls amüsiert und interessiert daran zu sein schien, was seine Antwort sein würde.

Doch Severus konnte sie nur groß ansehen.

»Mum ist fast überall kitzlig, aber besonders an den Füßen und seitlich am Bauch.«

Nathans Worte waren etwas, von dem Severus ebenfalls nicht erwartet hatte, sie zu hören. Diese ganze Unterhaltung war surreal. Er schaute wieder zu Granger hinüber, und sie errötete.

»Mein Slytherin-Verstand wird sicherstellen, dass diese Information gespeichert wird.« Er sah, wie sie sich plötzlich unbehaglich zu fühlen begann, wie sie auf ihrem Platz herumrutschte und, zu seiner Bestürzung, schüchtern lächelte.

Sie wurde schnell wieder ernst. »Wie auch immer«, sagte Granger, »was braust du? Ich habe im Labor nichts gesehen.«

»Ich habe damit begonnen, als du gegangen bist«, erklärte er ihr und fiel mit dem mit Zaubertränken in Zusammenhang stehenden Thema in bekannte Pfade zurück. »Der Wolfsbane.«

»Für Professor Lupin?«, fragte Nathan.

»Ja.«

»Ich habe darüber gelesen, was geschieht, wenn ein Werwolf den Wolfsbane nicht nimmt. Es ist schrecklich«, kommentierte Nathan ernsthaft.

Das war der Punkt, bis zu dem die wechselseitigen Aktionen zwischen Severus und Nathan gingen. Bezüglich der Mutter des Jungen … sie handelte für Severus' Geschmack in seiner Gegenwart immer noch ein wenig zu sorgenfrei. Manchmal war er dabei zu vergessen, mit wem er da sprach, und sich selbst dabei erwischen, wie er ihre Unterhaltung genoss, sehr zu seiner eigenen Überraschung. Das war so – mit Unterbrechungen – den ganzen Abend weitergegangen, und jetzt, während sie ihren Pudding aßen, begriff Severus, dass ihr Verhalten für ihn – gelinde gesagt – beunruhigend gewesen war. Noch verstörender, wenn man die Vergangenheit ihrer Beziehung in Betracht zog.

»Ich dachte, dass ich dich schon früher Schokoladenkuchen hätte essen sehen. Magst du ihn nicht?«, sagte genau dieser Gegenstand seiner Grübeleien zu ihm, und bewies damit, dass jeder einzelne Gedanke der Wahrheit entsprach.

Severus hatte sich dafür entschieden, mit den Treffen weiterzumachen, doch einige Dinge würden sich ändern müssen …

»Es ist kurz vor der Sperrstunde«, wies er Nathan hin, ihre Bemerkung ignorierend. »Sie sollten in Ihren Gemeinschaftsraum zurückgehen.«

»Ja, Sir.« Der Junge stand auf und die Erwachsenen ebenfalls.

»Wir werden uns am Freitag sehen, Honey.« Granger küsste Nathans Stirn, verabschiedete sich und beobachtete, wie er die Wohnung verließ, um selbst zurückzubleiben, genauso, wie Severus wusste, dass sie es tun würde – eine weitere Gepflogenheit, die enden musste. Er verschränkte seine Arme über seiner Brust und wartete, um ihre volle Aufmerksamkeit zu haben.

Die Tür hatte sich kaum mit einem Klicken geschlossen, als Severus sagte: »Was ist heute hier geschehen?« Er wollte von ihr hören, was sie sich davon versprach, mit einem solchen Verhalten zu erreichen.

Zu Severus’ Bestürzung schien sie von seiner Frage verwirrt. Dies verstärkte nur seine Verärgerung, die jetzt an Wut grenzte.

»Es ist eine hinreichend einfache Frage, Granger«, beharrte er auf einer Erklärung, als alles, was sie tat, war, ihn anzusehen.

»Was meinst du, Severus?«

Ihre Heuchelei würde ihn schnell seine Geduld verlieren lassen. »Stell’ dich mir gegenüber nicht dumm«, sagte er mit gefährlich leiser Stimme.

Offensichtlich erkannte sie eine Drohung, wenn sie von ihm kam, wenn ihre Änderung in der Körperhaltung etwas war, das man in Erwägung ziehen konnte.

»Severus«, begann sie und machte einen Schritt in seine Richtung, »ich stelle mich nicht dumm. Ich habe wirklich keine Ahnung, worüber du sprichst.« Sie machte einen weiteren Schritt, schien jedoch bei einem Dritten zu zögern. »Ich dachte, dass wir uns heute Abend gut unterhalten haben. Ich war gerade dabei, genau darauf hinzuweisen—«

»Worauf hinzuweisen, Granger?«, unterbrach Severus sie. »Wie lästig du bist? Wie neugierig du bist?« Er wollte, dass sie sich so unbehaglich wie möglich fühlen sollte, dass sie ihre persönliche Sicherheit verlor, genau so, wie sie es mit ihm den ganzen Abend gemacht hatte.

Sie hatte ihren Mund leicht geöffnet, allerdings kein Wort gesagt.

»Letztendlich still, wie ich sehe«, kommentierte Severus.

»Ich hatte den Eindruck, dass du den Abend genießt, Severus, aber es scheint, dass ich vollends im Irrtum war.« Sie runzelte die Stirn und machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, hielt jedoch inne, als er abermals sprach.

»Du glaubst, nur weil wir ein gemeinsames Kind haben, hast du das Recht, mich mit Fragen nach Dingen zu belästigen, die dich nichts angehen?« Dieses Mal war er an der Reihe, sich ihr zu nähern, während er sprach. »Und dass du, nur, weil ich diesem albernen Plan von dir zugestimmt habe, uns jede Woche zu treffen, ein Recht darauf hast, dir Freiheiten herauszunehmen?«
Sie wich einen Schritt gegen seinen Vormarsch zurück. »Severus, ich kann nicht versteh—«

»Erzähl' mir, Granger, du hast nicht wirklich gedacht, dass wir plötzlich beste Freunde werden und alles vergessen würden, was geschehen ist, oder?«

»Doch, das dachte ich«, antwortete sie unverfroren, während sie seinen Blick suchte. »Ich denke das«, verbesserte sie sich. Es schien so, als dass sie mehr sagen wollte, aber es kam nichts über ihre Lippen.

Severus lachte kurz hart auf und rückte einen weiteren Schritt auf sie zu, so dass sie einen weiteren Schritt zurückwich und damit an die Rückseite der Couch gelangte. Jetzt war er an dem Punkt, von dem er wusste, dass er am bedrohlichsten wirkte.

»Nathan«, erklärte er ihr. »Er ist der Grund, warum wir uns jede Woche zu diesen pathetischen Abendessen treffen.«

Er machte einen weiteren Schritt — nur, um sicher zu sein — und sie war zwischen ihm und der Couch gefangen.

»Ich habe zugestimmt, dass ich ein Teil seines Lebens sein würde.« Severus neigte seinen Kopf auf Augenhöhe mit ihrem, so dass er es ihr direkt ins Gesicht sagen konnte. »Was willst du noch?«, zischte er.

Das war der Moment, an dem er es fühlte — als ihre Lippen die seinen berührten. Die Vernunft sagte ihm, außer Reichweite zu gelangen, doch er bewegte sich nicht. Ihre warmen Lippen blieben fest auf die seinen gepresst. Er konnte sich nicht bewegen, er konnte nicht denken; Severus konnte einfach nur hier stehen, erstarrt in Passivität. Ihre Lippen bewegten sich gegen ihn — er konnte es fühlen. Das sanfte Abtasten, gefolgt von der Minderung des Druckes auf seine teilnahmslosen Lippen wurde in seinem vernebelten Gehirn registriert — er wusste dies, konnte jedoch nicht mehr tun, als die Tatsache zur Kenntnis zu nehmen. Bis ihre Hände sein Gesicht berührten, was seinen Verstand durch einen elektrischen Schlag zurückstürzen ließ, und er von den hypnotischen Einflüssen ihrer vorherigen Handlungen frei war.

Severus packte ihre Handgelenke und ging auf Abstand zu ihrem Gesicht. Er starrte sie mit einem Stirnrunzeln an, wobei er sich wünschte, dass sein Verstand ihm zu Hilfe kommen würde.

»Ich will dich ebenso als einen Teil meines Lebens«, sagte Miss Granger im Flüsterton. Severus konnte ihre Worte gegen seine feuchten Lippen fühlen.

Bevor er es registrieren konnte, berührte sie ihn erneut, küsste ihn zärtlich. Sie … Miss Granger. Severus stieß sie weg, hielt sie dabei trotzdem nachdrücklich fest. Sein Verstand kehrte schließlich mit einem Schlag zurück und brachte dabei die Information mit sich, auf der seine Vernunft basiert hatte.

»Miss Granger«, sagte er, und mit dem Namen kam die Vergegenwärtigung ihrer beider Vergangenheit, des Krieges, jener Nacht … Er ließ augenblicklich ihre Handgelenke los und entfernte sich, sich von ihr zurückziehend, finster blickend, während er eine Hand hob, um sein Haar aus dem Gesicht zurückzustreichen.

»Severus.«

»Du hast deinen Verstand verloren«, erklärte Severus ihr. »Du bist komplett wahnsinnig.« Er drehte sich zu ihr herum, um sie anzufunkeln.

Sie begegnete seinem Funkeln ohne ersichtliches Zögern, beobachtete ihn mit … Hoffnung? Wie konnte sie …? >Was stimmt nicht mit dir, Frau?<, dachte er, verärgert und immer noch verwirrt.

»Ich hab' meinen Verstand nicht verloren«, widersprach sie. »Ich … du … Verdammt, Severus! Warum musstest du mir so auf den Pelz rücken?« Sie drehte sich herum, ihre Hände an die Rückenlehne der Couch geklammert.

Severus’ Funkeln intensivierte sich, selbst wenn er der Einzige war, der sich dieser Tatsache bewusst war. Sie gab ihm die Schuld? »Du küsst mich, und ich bin derjenige, der dir auf den Pelz rückt? Du hast mich berührt! Warum, zum Teufel, hast du das getan?«

Bevor ihr Schweigen den sich in seinem Inneren formenden Wunsch, sie zu verhexen, in eine reale Handlung verwandeln konnte, drehte sie sich herum, um ihm in die Augen zu sehen; und von ihrem vorherigen Zögern war nichts mehr zu erkennen. Ihre Augen waren zwingend und derartig mit Emotionen angefüllt, dass er sich wünschte, sie würde wegschauen.

»Weil du mich dazu bringst, das zu tun; du hast es herausgefordert. Ich sollte dich nicht geküsst haben, aber jetzt ist es passiert, und ich werde es nicht rückgängig machen. Das ist es, was ich außerdem will, Severus.« Sie gestikulierte zwischen ihnen. »Ich will dich in meinem Leben. Da hast du deine Antwort.«

»Hast du ein Problem mit deinem Gedächtnis?«, knurrte er, während er mit jeder Minute, die er sich zwang, über die absurde Situation nachzudenken, immer verärgerter und jetzt wütend auf die Hexe wurde. »Kannst du dich erinnern, wer—«

»Spar dir deine Ansprache, Severus«, erklärte sie ihm, und obwohl ihre Augen immer noch mit Emotionen überflutet waren, war ihre Stimme ruhig und fest. »Ich versichere dir, ich habe nichts davon vergessen. Ich weiß, dass dies eine Überraschung für dich ist—«

»Ich habe nicht die Absicht, meine Worte an dich zu vergeuden, du verrückte Frau!«, unterbrach er sie mitten in ihrer Erklärung. »Verschwinde aus meinen Räumen!«, verlangte er.

»Severus, es gibt—«

»Ich sagte RAUS!« Sein ganzes Gesicht bebte bei diesem letzten Wort.

»Ich gehe nirgendwo hin, nicht, bevor du mir zugehört hast!«, entgegnete sie. »Jetzt, wo ich angefangen habe, werde ich das auch zu Ende bringen!«

»Ich werde das nicht tu—«, versuchte er zu sagen, aber sie ließ es nicht darauf beruhen.

»HÖR ZU! Hör nur zu

Severus verschränkte ungeduldig seine Arme vor sich. Er sagte sich selbst, dass er weder zuhören wollte noch musste, doch er spürte, dass er wissen wollte, was sie dazu genötigt hatte zu tun, was sie getan hatte.

»Zuallererst, ich bin nicht verrückt, also hör' bitte auf damit, das zu behaupten.« Granger funkelte ihn an, doch er spürte ihre Unsicherheit. »Zweitens, dies ist nicht irgendein momentaner Mangel an … Urteilsvermögen meinerseits. Möglicherweise war es die Art und Weise, wie die Dinge heute Abend abgelaufen sind, aber nicht, was geschah, und nunmehr gibt es keinen Grund, dies zu verleugnen. Du hast gefragt, und du bist mir sehr nahe gekommen, und ich wusste nicht, wie ich die Wahrheit in meiner Antwort zurückhalten kann, obwohl ich wusste, dass es genau dazu führen würde.«

»Ist das deine Vorstellung von Rache, Granger?« Severus machte sich den Moment zunutze, in dem sie Atem holen musste, um zu fragen – um seine eigene Version ihrer Gründe laut auszusprechen, warum sie das getan hatte, was sie tat.

Sie seufzte. »Ich wusste, du hast nicht … dass du es im Augenblick nicht verstehen würdest, und ich will, dass du es verstehst. Ich habe keinen Grund, an dir Rache üben zu wollen, ganz im Gegenteil. Ich habe ausschließlich Gründe dafür, dich wegen all dem zu respektieren und zu bewundern, was du für mich und meine Freunde … für die gesamte magische Welt getan hast. Was mich dazu veranlasst hat, dich zu küssen, ist jedoch kein spontaner Impuls. Ich war—«

»Frau!« unterbrach er sie. »Hör' dir selbst zu! Du verlangst von mir, dass ich dir glaube, dass ich dir niemals einen Grund zur Rache gegeben habe?«

»Würdest du—«

»Bist du folglich zurückgekommen, weil du nicht genug davon bekommen kannst? Möchtest du, dass ich dich am Arm packe und auf den Fußboden werfe? Willst du, dass ich dir den Slip herunterreiße …«

»Hör' auf.«

» … um meine Hose aufzumachen und …«

»Hör' auf.«

»â€¦ mich auf dich werfe, in dich eindringe, wie in einen leblosen Gegenstand—«

»Hör' auf!«, schrie sie. »Ich bin nicht unbeeinträchtigt von dem, was geschehen ist!«

Sie hatte Tränen in ihren Augen, und Severus spürte, dass er zu weit gegangen war. Er sollte sich entschuldigen, aber er wollte auch, dass sie den Wahnsinn dessen verstand, was sie für sich in Anspruch nahm, für ihn zu empfinden, für ihn — ihren Vergewaltiger. Bevor er sich entscheiden konnte, sprach sie abermals.

»Ich wurde von meinen Freunden weggerissen, musste dieses Monster in meinen Kopf eindringen lassen.« Sie hob eine zittrige Hand und strich sich in einer nervösen Geste das Haar zurück. »Sie folterten mich, um an Information zu gelangen, die ich nicht hatte. Ein Cruciatus ist etwas, das ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünschen würde, und sie warfen Flüche auf mich, über eine Zeitspanne hinweg, die mir wie eine gefühlte Ewigkeit erschien.« Ihre Stimme war aufgrund der durch diese Erinnerung provozierten Traurigkeit gedämpft.

Severus wusste nur zu gut, worüber sie sprach und fühlte, wie seine eigenen Erinnerungen in seinen Verstand eindrangen.

»Als ich glaubte, dass Sterben eine angenehme Alternative wäre, als all meine Hoffnung mich verlassen hatte, hörte ich deine Stimme«, erzählte sie ihm und hob ihre Augen, um seinen Blick zu suchen. »Ich wusste, was du tun würdest, aber ich wusste auch, warum du im Begriff warst, dies zu tun. Ich habe an nichts davon Gefallen gefunden, genauso wenig wie du. Ich weiß, dass du kein Vergnügen daran hattest, Severus.«

Er hatte es nicht genossen, doch ein Mann kann nicht das machen, was er gemacht hatte, ohne selbst wenigstens für einen Moment sein eigenes Vergnügen dabei zu finden, und das hatte er. Das war es, was für ihn notwendig gewesen war, um sie dort herauszuholen, und er trug diese Bürde jeden einzelnen Tag seines jämmerlichen Lebens mit sich herum.

»Du hast mein Leben bei mehr Gelegenheiten gerettet und auf mehrere Arten als das. Du hast dein Leben unzählige Male für uns riskiert.« Sie hielt inne und machte einige Schritte in seine Richtung. »Was ich dir verständlich machen will, ist die Tatsache, dass ich sehen kann; ich lasse mich nicht durch den äußeren Schein deiner Handlungen täuschen. Was du getan hast, war, eine mutige Wahl in einer schwierigen Situation zu treffen. Wenn du stattdessen … stattdessen, was getan werden musste … ich weiß nicht, wenn du stattdessen mein Bein hättest abtrennen müssen, oder … Flüche auf mich hättest werfen müssen, um mich zu befreien … Ich weiß, dass du es getan haben würdest, und ich würde nicht weniger dankbar sein, aber du würdest hoch angesehen als Held sein, genau wie diejenigen, die unter anderen Umständen dasselbe gemacht haben.«

Severus begnügte sich damit, die Frau vor sich bloß anzuschauen, außer Stande, ihre Argumente zu ignorieren, sich jedoch immer noch dafür schuldig fühlend, sich nicht dafür entschieden zu haben, sich selbst zu opfern, als er es getan haben sollte. Er erschrak, als sie seine Hand berührte, entzog sich jedoch nicht dieser warmen, sanften Berührung.

»Es tut mir leid, dass du eine solch schreckliche Wahl treffen musstest, aber ich bin wirklich, wirklich froh, dass du es getan hast. Danke, Severus, ich werde auf ewig dankbar sein, und ich wünsche mir, dass du dir selbst verzeihen kannst, ein sehr mutiger Slytherin gewesen zu sein.«

Er starrte auf ihrer beider Hände, während sie das sagte, und es war das zweite Mal an diesem Abend, dass er seinen Gefühlen nicht traute. Es kam nicht häufig vor, dass er sich selbst dabei wiederfand, verwirrt zu sein. Seine Selbstbeobachtung wurde dadurch unterbrochen, dass sie seine Hand drückte.

»Ich hoffe, dass dir das dabei helfen kann zu verstehen, warum Nathan niemals eine Last sein konnte«, setzte sie hinzu und ließ seine Hand los.

Sie ging kurz darauf, und Severus folgte ihr mit seinen Blicken, die Stirn gerunzelt, mit widerstreitenden Gefühlen. Seit Hermione Granger zum dritten Mal in sein Leben eingedrungen war, hatte Severus einen Kampf mit sich selbst ausgefochten. Als sie nur eine weitere muggelgeborene Schülerin gewesen war, wusste er, dass er sie schlecht behandeln und gleichgültig gegenüber ihre Fähigkeiten sein musste, und das war kein Problem gewesen – sie war kein Problem gewesen – abgesehen von ihrer Verbindungen zu Potter. Als sie im Krieg dabei zusammengearbeitet hatten, die Horcruxe zu zerstören, war er frei gewesen, ihre Fertigkeiten und Intelligenz, sogar die Ungezwungenheit anzuerkennen, mit der sie zusammenarbeiteten, und das war möglicherweise der Grund dafür, warum er dazu verpflichtet gewesen war, sie in jener Nacht zu retten. Als sie allerdings als die Mutter seines Sohns zurückkehrte … seitdem hatte Severus keine eindeutige Meinung über sie gehabt, über ihre Handlungen, ihre Absichten, und jetzt ebenso über ihre Gefühle. Die Tatsache, dass sie ihn seine eigenen Handlungen, Absichten und Gefühle infrage stellen ließ, die vorher in ihm so hart zementiert waren, ließ seinen Kopf schmerzen.

Die Art und Weise, in der seine Gedanken darauf bestanden, dass sich seine Haut an ihre Berührung erinnerte, war auch nicht gerade hilfreich. Wie konnte er sich selbst derartig gefangen nehmen lassen? Und von keiner Geringeren als ihr ...

*-*-*-*


»Du solltest vorsichtiger sein, Granger«, sagte Malfoy voller Verachtung, nachdem er praktisch Nathan überrannt hatte und ihn auf den Steinfußboden des Kerkers stieß.

Nathan stand schnell wieder auf und stieß Malfoy vor die Brust, was den Blonden dazu veranlasste, einige Schritte zurückweichen, um sein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.

Malfoy gab den Stoß zurück. »Was stimmt nicht mit dir? Nur, weil du plötzlich mit Professor Snape verwandt bist, bedeutet das nicht, dass du die Herrschaft über die Kerker hast.«

»Ich hab' genug von dir, Malfoy!«, antwortete Nathan und stieß den Slytherin noch einmal, nur dieses Mal war Malfoy darauf vorbereitet, und der Kampf eskalierte nur deshalb nicht zu einer wirklichen Schlägerei, weil eine tiefe Stimme vom Ende des Korridors wütend knurrte.

»Was ist hier los?«

Sie ließen voneinander ab, fuhren jedoch damit fort, einander wütend anzufunkeln. Professor Snape war augenblicklich bei ihnen.

»Ich dachte, dass ich mich letztes Mal klar ausgedrückt hätte!« Er war sichtlich verärgert. »Dieses Muggel-Benehmen wird nicht geduldet!« Professor Snape richtete seinen Blick erst auf Nathan und dann auf Malfoy. »Zwanzig Punkte Abzug von Gryffindor, und weitere zwanzig von Slytherin!«

Nathan war daran gewöhnt, von Professor Snape Punkte abgezogen zu bekommen, und genoss den Ausdruck von Ungläubigkeit auf Malfoys Gesicht. Sein Amüsement war jedoch nur von kurzer Dauer, als er seinen Vater knurren hörte: »Folgen Sie mir.«

Er hob seine Büchertasche vom Fußboden auf und gehorchte, indem er neben Malfoy die Korridore des Kerkers entlang zu Professor Snapes Büro ging. Sie gingen hinein und warteten, bis Professor sich zu ihnen herumdrehte, um wieder das Wort an sie zu richten.

»Ich weiß nicht, und ich will es auch gar nicht wissen, warum Sie wiederum wie zwei Muggel im Korridor miteinander gekämpft haben. Was ich will, ist, Ihnen klar zu machen, dass das genau jetzt aufhört! Irgendwelche Frage?«

»Onkel Severus, ich habe ihm gar nichts getan. Er hat nicht geschaut, wo—«

»Devon, hast du irgendetwas von dem gehört, was ich gerade gesagt habe? Ich habe keinerlei Interesse daran!«, schnitt Professor Snape Malfoy das Wort ab, und Nathan war die ungezwungene Vertrautheit in der Art und Weise, wie sie einander ansprachen, nur allzu gewahr. »Habe ich mich dieses Mal klar und deutlich ausgedrückt?«

»Ja«, antwortete Malfoy und senkte seinen Blick auf seine Schuhe.

Nathan beobachtete das alles sehr aufmerksam.

»Na schön. Vergess' einfach nicht, dass ich mich absolut nicht daran erinnern werde, wer du bist, wenn dies noch einmal geschieht.« Sein Vater wandte schließlich seine Aufmerksamkeit von Malfoy ab und ihm zu. »Muss ich mich wiederholen, Mr. Granger?«

»Nein, Sir«, antwortete Nathan kleinlaut, während er die Förmlichkeit in der Anrede wie ein scharfes Messer in sich hineinbohren spürte. Er hatte nicht das Verlangen zu streiten, nachdem er erlebt hatte, wie familiär das alles zwischen Malfoy und seinem Vater klang. Dies gab ihm das Gefühl, als ob alles, was Malfoy jemals gesagt hatte, der Wahrheit entsprach, und Nathan hasste diesen Gedanken.

Für einen Moment herrschte Schweigen, bis Professor Snape zufriedengestellt schien. Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich dahinter. Nathan wusste, dass dies bedeutete, dass sie entlassen waren, doch er bewegte sich nicht; er würde nicht gehen, bevor Malfoy ging. »Worauf warten Sie? Auf eine schriftliche Erlaubnis, das Büro zu verlassen? Bewegen Sie sich!«

Malfoy wandte sich zur Tür um, und bevor Nathan ihm folgte, tauchten seine Augen in die seines Vaters ein, fand dort jedoch nichts außer Verärgerung. Er unterdrückte einen enttäuschten Seufzer und ging. Die Enttäuschung verwandelte sich schnell in Zorn, als Malfoy draußen auf ihn wartete.

»Nicht einmal ein Nachsitzen ... Du liegst noch tiefer in seiner Wertschätzung, als ich dachte«, höhnte der Slytherin amüsiert.

»Er hat dir zwanzig Punkte abgezogen«, hielt Nathan ihm entgegen, sich dumm dafür fühlend, ausgerechnet dies als Argument zu benutzen, doch er konnte Malfoy nicht davonkommen lassen, ohne nicht wenigstens einen Versuch zu unternehmen zurückzuschlagen. Nathan weigerte sich, sich den Schmerz über die Gleichgültigkeit seines Vaters anmerken zu lassen.

»Die gleichen zwanzig Punkte, die er dir abzog«, grinste Malfoy böswillig, wohl wissend, dass Nathan darauf keinerlei Entgegnung hatte. »Pass auf, wo du hingehst; die Kerker können für Gryffindors, deren Aufmerksamkeit abgelenkt ist, ein gefährlicher Ort sein.«

»Dann lass uns uns irgendwo anders treffen?«, forderte Nathan ihn heraus, während er näher an den Slytherin heranrückte, so dass seine Stimme nicht die Ohren seines Vaters gleich hinter der Tür erreichen würde.

»Was lässt dich glauben, dass das irgendetwas verändern wird?«, spottete Malfoy. »Du gehörst nicht hierher, in Onkel Severus' Leben, Granger – das ist etwas, was ich dir hier oder auch irgendwo anders verklickern kann.«

»Ich will sehen, wie du deinen leeren Worte Beweise folgen lässt, Malfoy.« Nathan verringerte in seiner Wut die Lautstärke seine Stimme sogar noch weiter.

Ein lautes Geräusch aus dem Büro von Professor Snape schreckte sie auf; es schien so, als ob der Mann im Begriff war, sein Büro verlassen zu wollen. Malfoy wartete nicht ab, um eine Bestätigung dafür zu erhalten, und machte sich auf den Weg zum Slytherin-Gemeinschaftsraum. Auch Nathan wollte nicht mit seinem Vater zusammentreffen, und floh eilig in Richtung der Eingangshalle.

Nathan schaffte es, sowohl seinem Vater und als auch Malfoy aus dem Weg zu gehen, bis Professor Snape ihn am Mittwoch während des Mittagessens in der Großen Halle aufsuchte.

»Mr. Granger«, Nathan drehte sich herum, um den Mann vor sich zu finden, den er gemieden hatte, »ich habe heute Abend keine Zeit für ein Treffen, also streiche ich es ersatzlos.« Ohne ein weiteres Wort ging er mit großen Schritten zur Tür, während er missmutig auf die Welt im Ganzen blickte.

>Er hat unser Treffen gestrichen?< In Nathans Kopf überstürzten sich die Gedanken, auf der Suche nach Gründen. Diese Absage wurde zum letzten Stein auf seinem bedrückten Herzen. >Er hält mich von sich fern.<

»Snape ist diese Woche nicht gerade in der besten seiner Stimmungen. Er hat so viel Nachsitzen verhängt, dass es nach einer Gruppenaktivität auszusehen beginnt«, hörte Nathan einen Fünftklässler sagen, der einiger Schritte entfernt saß, während sein Vater die Große Halle verließ. Die Gruppe aus älteren Gryffindors lachte über den Witz, doch Nathan konnte auch jetzt noch nicht verstehen, was daran so komisch war.

»Letztendlich ein freier Mittwoch für uns«, kommentierte Kevin. »Wir könnten den fünften Stock erforschen. Wir wissen mit Sicherheit, dass Snape uns nach der Sperrstunde nicht draußen erwischen wird, so beschäftigt, wie er ist.« Sein Freund lächelte schelmisch.

»Ja, vielleicht«, sagte Nathan niedergeschlagen. Irgendwie wollte er keinen freien Abend. Nun, er wollte schon, aber nicht so, und dann war er beinahe überzeugt davon, dass Professor Snape ihn mied, weil er … langweilig war? Lästig?

Unwürdig?

Sie gingen zum Nachmittagsunterricht, und nicht einmal die Rückversicherung, dass er seine Freunde hatte, ließ seine pessimistischsten Mutmaßungen verschwinden; und Nathan versuchte, sie durch die wenigen optimistischen Vermutungen zu ersetzen, die er zugetragen bekam. Andy versuchte, ihm zu helfen.

»Er hat Nachsitzen zu beaufsichtigen«, hatte sein Freund ihm erzählt, bevor sie mit dem Mittagessen begannen und Nathans offensichtliche Enttäuschung über den freien Platz am Lehrertisch verschleiert wurde.

»Das ist zumindest, was ich gehört habe«, antwortete Nathan wegwerfend.

»Glaubst du, dass er mit irgendetwas anderem beschäftigt ist?« ließ Andy nicht locker.

Nathan zuckte die Schultern und stopfte Kuchen in seinen Mund. Er wollte nicht mehr darüber sprechen. Sie aßen relativ schweigend; der ganze Tag hatte sich auch auf andere als nur Nathan emotional ausgewirkt – Zauberkunst war an diesem Nachmittag sehr anspruchsvoll gewesen.

Als er glaubte, dass sein Tag bald zu Ende sein würde, hörte er Malfoy. »Ich habe gehört, dass Professor Snape deine Gesellschaft gegen Strafarbeiten eingetauscht hat«, provozierte er ihn. »Nun, es überrascht mich nicht«, setzte Malfoy hinzu.

»Ich bin nicht an deinen dämlichen Kommentaren interessiert, Malfoy.«

»Das beweist eindeutig meine Theorie über deine Unwürdigkeit. Ich denke, dass es hier jetzt keinerlei Zweifel mehr daran gibt«, fuhr Malfoy fort, damit vor seinem Slytherin-Publikum protzend. »Aber wenn du noch immer nicht davon überzeugt bist, weil, nun ja – du bist ein Gryffindor«, das sorgte für eine gewisse Aufmerksamkeit entlang des Tisches, »könntest du mich später in der Bibliothek treffen, da du offensichtlich an diesem Abend frei bist, und ich all das klarstellen kann, selbst für einen unbedeutenden Gryffindor wie dich.«

»Pass auf, was du sagst, Malfoy«, drohte Kevin, sich von seinem Platz erhebend, um seine Absichten zu unterstreichen.

»Sag' mir nur, wo und wann«, antwortete Nathan, die anderen ignorierend, die sich zur Verteidigung der Ehre von Gryffindor erhoben hatten.

»Ich werde dich dort finden, wenn wir die Einzelheiten diskutieren werden.« Malfoy drehte sich herum und ging, während einige Gryffindors immer noch ihr Haus in seinem Rücken verteidigten.

»Wie kann er es wagen, hierher zu kommen und solche Dinge zu sagen?«, sagte Kevin empört. »Wer denkt er, der er ist?«

»Er ist nur ein blöder Slytherin. Du wirst nicht gehen, oder?«, fragte Andy Nathan.

»Na klar werde ich gehen«, bestätigte Nathan ernsthaft.

»Wir werden gehen«, verbesserte Kevin ihn. »Dieser Snob braucht eine Lektion – oder zwei.«

»Nathan, du solltest nicht gehen. Was würde Professor Lupin dazu sagen? Oder Professor Snape?«, beharrte Andy.

»Das ist eine Sache zwischen Malfoy und mir, und es ist weit genug gegangen. Wenn er glaubt, dass er beweisen kann, dass ich meines Vaters nicht würdig bin, dann möchte ich erleben, wie er das macht.« Nathan war mit seinen Worten stärker, als dass er es in seinen Emotionen war. Er hatte begonnen zu glauben, dass Malfoy Recht hatte, und vielleicht, wenn der Slytherin dies bewies, konnte Nathan diese ganze Vater-Sache ein für allemal sausen lassen.

Nur – er wollte sie nicht sausen lassen. Nathan wollte nicht, dass Malfoy Recht hatte. Er schob jene Gedanken beiseite und machte sich einfach auf den Weg zur Bibliothek. Andy hatte Recht – es war dumm – doch Nathan musste das tun. Kevin folgte ihm natürlich, und Andy ebenfalls, selbst wider besseres Wissen.

Sie mussten nicht allzu lange warten, bevor Malfoy auftauchte. Er hatte seine üblichen Begleiter bei sich. Sie blieben am Eingang zur Verbotenen Abteilung stehen, und Nathan ging hinüber, um sie zu treffen, flankiert von Andy und Kevin.

»Ich sehe, dass du dir Zuschauer mitgebracht hast«, sagte Malfoy zu Nathan.

»Genau wie du.« Kevin kam jeglicher Antwort zuvor, die Nathan dazu hätte haben können.

»Komm endlich zur Sache, Malfoy«, sagte Nathan, während die Feindseligkeit zwischen den Gruppen eskalierte, die einander anfunkelten.

»Geh' in die Verbotene Abteilung und bring' uns ein Buch über Dunkle Künste«, forderte Malfoy ihn heraus.

»Nathan, mach' das nicht. Wir sollen nicht in die Verbotene Abteilung gehen, schon gar nicht, um ein Buch über Dunkle Künste zu holen. Madam Pince wird dich erwischen, und du wirst ganz tief in Schwierigkeiten geraten«, sagte Andy zu seiner Linken eindringlich.

»Was ist nun …?« Malfoy forderte eine Antwort.

»Ich mach' es«, antwortete Nathan, wobei er seinen Kopf die Herausforderung betreffend hoch erhoben hielt und jegliche Vernunft ignorierte.

Malfoy lächelte affektiert.

»Was beweist das schon, Nathan? Nichts!« Andy versuchte immer noch, ihn davon abzuhalten.

Wenn Nathan nachgedacht hätte, hätte er mit Andy übereinstimmen müssen. Die Verbotene Abteilung zu betreten, um ein Buch zu holen, konnte schwerlich irgendetwas beweisen, doch offensichtlich schien dies für Malfoy der Fall zu sein. Gerade jetzt war dies Ansporn genug.

Nathan ging zu den Türen hinüber, die zum verbotenen Bereich der Bibliothek führten, und ließ seine Freunde und Feinde draußen zurück. Er hatte sich immer gefragt, was sich wirklich hinter jenen Türen befand, und jetzt war er hier, den Zauberstab mit seiner leuchtenden Spitze vor sich in seiner Hand haltend, während er seine Umgebung beobachtete.

Zuerst bemerkte er nichts Außergewöhnliches, doch während er sich weiter vorwärts bewegte, sich weiter von den Türen entfernte, konnte er irgendetwas Drückendes in der Luft spüren. Was erst nur eine Empfindung war, wurde greifbarer, als Nathan einen gedämpften Schrei hörte. Er blieb stehen und sah sich um, weil er erwartete, jemanden direkt hinter sich zu finden. Sein Herz schlug schneller, und er wollte hier nicht viel länger bleiben. Vielleicht war das letztendlich doch nicht solch ein alberner Test.

Nathan zwang sich, sich den Bücherregalen zu nähern. Die Bücherrücken verrieten, wie alt und dunkel sie waren; einige wiesen dort einen Titel auf, andere zeigten nichts weiter als ein Symbol, wieder andere noch nicht einmal das. Viele der Bücher waren in Sprachen verfasst, die Nathan nicht verstehen konnte.

Ein qualvolles Wimmern erreichte seine Ohren, und Nathan wandte sich erschrocken wieder um, nach dessen Ursache suchend. Ein Buch bewegte sich auf dem oberen Bord und zog damit seine Aufmerksamkeit auf sich, was Nathan einen Schritt zurück machen und gegen die Bücher hinter sich stoßen ließ. Irgendetwas definitiv nicht Menschliches knurrte als Antwort darauf.

Es war an der Zeit, ein Buch zu fassen zu bekommen – irgendein Buch – und von hier zu verschwinden. Nathan griff nach dem ersten Wälzer, den er packen konnte, und lief im Eiltempo vor den Schreien und dem Stöhnen der Bücher davon. Erst als er spürte, dass er sicher genug war, dachte er daran nachzuschauen, ob das Buch, das er in den Händen hielt, den Anforderungen von Malfoys Herausforderung entsprach.

Der Anima-Kodex, las er. Sein rudimentäres Latein übersetzte es in 'Die Entschlüsselung von Seelen'. Nun, jegliche Magie die Seele betreffend gehörte zu den Dunklen Künsten, also würde dies genügen. Nathan kam wieder im Hauptsaal der Bibliothek zum Vorschein, um dort nur seine Freunde vorzufinden.

»Wo ist Malfoy?«

»Er ist auf die Suche nach Madam Pince gegangen, um sie herzuholen, dieser Dreckskerl«, fluchte Kevin. »Was hast du so lange gebraucht?«

»Kommt schon, wir müssen hier raus, bevor sie zurückkommen!«, drängte Andy und griff Nathan am Ärmel seiner Roben.

Unvernünftig, wie er war, wollte Nathan bleiben und Malfoy das Buch zeigen, um es ihm unter die Nase zu reiben und zu beweisen, dass … Was beweisen? Es bewies nicht das Geringste … Verdammt! Malfoy hatte ihm eine Falle gestellt, und Nathan war in seinem inneren Kampf derartig verloren, dass er es nicht einmal bemerkt hatte!

In die Verbotene Abteilung zu gehen, diente nur dazu, um zu beweisen, was für ein Schwachkopf er war. >Dämlich! Bescheuert! Was habe ich mir dabei gedacht?<, dachte Nathan, während er automatisch seinen Freunden zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum folgte. Er lief in Kevin hinein, als dieser vor der Fetten Dame stehen blieb, so abgelenkt war er von seinen Grübeleien.

»Tut mir leid«, entschuldigte sich Nathan.

Kevin murmelte eine Antwort und tauschte einen flüchtigen Blick mit Andy aus, wie Nathan bemerkte. Er seufzte.

»Ich war abgelenkt, okay?«, setzte Nathan verärgert hinzu, bellte das Passwort und stürmte in den Gemeinschaftsraum und geradewegs hinauf in den im oberen Stockwerk gelegenen Schlafsaal. Nathan war erleichtert, als ihm niemand folgte, und ließ sich auf sein Bett fallen; er war des Gefühls leid, sich miserabel zu fühlen. Morgen war sein Geburtstag, und er war überzeugt davon, dass sich niemand daran erinnerte oder sich dafür interessierte – sein Vater am allerwenigsten.

Was war schief gelaufen? Welche Götter hatte er beleidigt, um das zu verdienen? Nathan drehte sich auf der Matratze auf den Bauch und vergrub sein Gesicht im Kissen. >Ich werde nicht weinen, nein!< Er sollte keine weitere Träne daran verschwenden. Er drehte sich wieder herum, um die karmesinroten Vorhängen anzuschauen, und spürte irgendetwas unter seinem Rücken – die Büchertasche, die er auf das Bett geworfen hatte, bevor er selbst darauf zusammengebrochen war.

Nathan setzte sich auf, zog seine Schuhe aus, öffnete seine Tasche, und angelte nach dem Buch, das er dort hinein geschoben hatte, während er aus der Bibliothek geflohen war. Da war es; der Anima-Kodex. Er stellte seine Büchertasche aus dem Weg und saß im Schneidersitz mit dem Dunklen Buch in seinen Händen. Nathan wusste nicht, warum er das tat, sondern nur, dass er es tat.

Er durchforstete das erste Kapitel mit wachsendem Interesse. Es war ein altertümliches Buch, doch das schwierige Englisch schreckte ihn nicht ab. Über Seelen zu lernen, war äußerst fesselnd und interessant, genau das, was Nathan in diesem Augenblick brauchte. Er arbeitete sich immer weiter durch das Buch hindurch, ging die Theorien zum Ursprung einer Seele, ihrer ätherischen Konsistenz und ihrer Verbindung mit einem Körper ungeachtet ihrer unabhängigen Existenz davon durch, wofür er immer mehr Raum in seinem Verstand benötigte. Er ordnete das Wissen darüber dort ein, wo sich vorher seine Frustrationen und Enttäuschungen über seinen Vater, seine Mutter, Onkel Harry und Professor Lupin, und auch sein Hass auf Malfoy versteckt gehalten hatten.

Seine Freunde waren vor Stunden gekommen und schlafen gegangen, und Nathan war immer noch von dem verbotenen Buch gefangen genommen. Niemand hatte ihn damit gesehen – er war vorsichtig gewesen; Nathan wollte nicht hören, dass er es eigentlich nicht lesen durfte, insbesondere jetzt, wo es wirklich interessant wurde. Da gab es Zaubertränke, die die Seele direkt beeinflussten, zum Guten und zum Schlechten, Zaubersprüche, die Seelen binden oder sie freigeben würden, bis hin zu Erwähnungen über die Existenz von Horcruxen und was sie waren, genau so, wie Nathan es aus vielen Berichten über den Verlauf des Krieges erfahren hatte.

Einige dieser Zaubertränke waren kompliziert, zu kompliziert sogar, um das Rezept zu verstehen, ganz zu schweigen davon, sie tatsächlich zu brauen. Nathan fragte sich, ob Professor Snape in der Lage sein würde, sie herzustellen, und erinnerte sich dann daran, dass er sich nicht für Professor Snape interessierte. Einige der Zaubersprüche waren ebenso schwer wie viele der Zaubertränke, aber andere erschienen leicht genug. Seinen Blick auf einem der Zaubersprüche der letzteren Kategorie ruhen lassend, begann sich Nathan zu fragen, ob er ihn werfen könnte.

Dieser spezielle Zauberspruch schien ziemlich harmlos zu sein, und Nathan verspürte das Bedürfnis, es zu versuchen. Bestimmt konnte die Befreiung von jemandes Seele, um die Erfahrung einer Astralreise zu machen, nicht schädlich sein. Er würde ihn nicht auf jemand anderen, sondern auf sich selbst werfen. Nathan dachte über die Konsequenzen eines solchen Unterfangens nach und konnte keinen Grund finden, es nicht zu versuchen. Es würde Spaß machen! Er wollte sich selbst ein wenig Spaß verschaffen!

Nathan übte die Bewegung des Zauberstabes und dachte dabei gründlich über das Werfen des Zauberspruchs nach. Jede weitere Minute, die verging, wuchs seine Überzeugung, dass den Zauberspruch nicht zu werfen, albern zu sein schien, sogar töricht. Er war dazu fähig, das zu schaffen, und dies würde ihm selbst beweisen, dass alles, was sie über ihn sagten und dachten, falsch war. Einige weitere Wiederholungen der einfachen Zauberstab-Bewegung zementierten seine Entschlossenheit.

Äußerst leise las er den Zauberspruch und las ihn nochmals, die Worte lernend, die er als Singsang würde sprechen müssen. Nathan würde es tun, weil er es meistern könnte, weil niemand hier war, um ihm zu erklären, dass er nicht dazu in der Lage war. Tief durchatmend bewegte Nathan seinen Zauberstab, während er den Zauberspruch intonierte, und berührte sein drittes Auge. Er spürte ein Schwindelgefühl, das binnen kurzem verschwand. Nathan schaute nach unten und sah seine Beine dort, weiterhin eine sehr solide Masse aus Fleisch und Knochen, und begann zu glauben, dass er versagt hatte, als er flüchtig zurückblickte und seinen Oberkörper auf dem Bett liegen sah.

Nathans Augen weiteten sich, obwohl sich seine echten Augen nicht bewegten, sondern geschlossen blieben. Er stand auf, und der Körper – sein Körper – lag noch immer auf der Matratze. Schließlich dachte er daran, auf sein ätherisches Selbst herabzusehen, und seine Augen weiteten sich erneut, begleitet von einem Aufkeuchen – Nathan konnte durch sich selbst hindurchsehen, als ob er einer der Geister des Schlosses wäre.

Der Schock über seinen Erfolg ließ schlussendlich nach, und Nathan grinste, sah er doch sein anderes Selbst friedlich schlafen, während seine Seele hellwach war. Das könnte sich als äußerst nützlich erweisen! Er würde in der Lage sein, Ausflüge zu unternehmen und das perfekte Alibi dafür haben – seinen Körper in einem Bett. So viele Möglichkeiten …

Jetzt brauchte er dennoch etwas echten Schlaf. Dieses Ereignis hatte seine Seele abheben lassen, wortwörtlich und auch im übertragenen Sinn, und er fühlte sich bereit, selbst seinem einsamen Geburtstag am Morgen entgegensehen. Nathan warf den Zauberspruch, der seine Seele in seinen Körper zurückbringen würde, schloss seine Augen und wartete auf irgendeine unangenehme Empfindung, die die Wiedervereinigung begleiten würde. Als er nichts davon spürte, öffnete Nathan seine Augen und fand sich dem Anblick von sich selbst im Bett gegenüber, wie vorher. Der Zauberspruch hatte nicht funktioniert.

Nathan sprach sorgfältig den Singsang der Worte erneut und öffnete seine Augen, um dasselbe Szenario zu erblicken. Ein dritter Versuch und – es geschah ebenso nichts. Nathan begann, sich Sorgen zu machen. Noch einige Versuche mehr, und noch immer keine Veränderung – Nathans Seele war der Rückkehr in seinen Körper nach wie vor nicht näher gekommen. Er fing an, Variationen desselben Zauberspruches zu versuchen, während er sich näher an sein ruhendes Selbst heranschob und versuchte, es zu berühren, während er den Singsang sprach, doch nichts, nichts, nichts … nichts.

Nach einer Stunde voller vergeblicher Versuche, wieder unversehrt zu sein, wurde er von Panik ergriffen.
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A/N: So, das war's! Ich hoffe, dass die Dinge jetzt interessanter sind. Sie hat ihn geküsst, und Nathan ist in Schwierigkeiten. Severus ist kein glücklicher Zauberer, oder?

JuneW hat um die Farben des Anhängers der Kette und ihre Bedeutung gebeten. Hier sind sie – sortiert. Es ist nur ein Führer, dem ich folge.:0)

Blau: ruhig, kalt, förmlich, vergeistigt, rein, ehrlich, deprimiert
Orange: anregend, fröhlich, lebhaft
Rot: aggressiv, leidenschaftlich, blutig, ärgerlich, stark
Gelb: fröhlich, glücklich, jugendlich, feige,
Rosa: phantasievoll, romantisch
Grün: jugendlich, ewig, neugeboren, eifersüchtig
Hellgrün: erholsam, beruhigend, ruhig
Purpur (Lila): traurig, mystisch, majestätisch
Grau: neutral, deprimierend, negativ, düster
Braun: erdig, gewöhnlich, ärmlich
Schwarz: melancholisch, tragisch, düster, totenähnlich
Weiß: ehrlich, pur, jungfräulich, unschuldig, friedlich

ferporcel

Im nächsten Kapitel … Nathan ist aus seinem Körper ausgesperrt und beunruhigt damit seine Eltern.


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