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Fanfiction

James Potter und die Schwestern des Schicksals - Kapitel 20

von Jojoi

Ihr Atem ging stoßweise und in ihren Augen prangte Panik, als Lord Voldemort das Kellerabteil betrat, in dem Madam Blanchard festgehalten wurde. Zwei weitere Todesser folgten ihm, doch sie hatte nur Augen für den Dunklen Lord. Seine kalte, eisige Aura umgab ihn wie ein Windhauch aus dem tiefsten Norden. Madam Blanchard versuchte sich zu befreien, doch die Zauber, mit denen man sie an die Wand gefesselt hatte, ließen nicht locker. Ihre Haare hingen ihr wirr ins Gesicht von den unzähligen Versuchen, sich zu befreien, sie hatte sich den Hinterkopf an der Wand blutig geschlagen und war mehrmals schon beinahe ohnmächtig geworden vor Angst.
Jetzt stand er vor ihr, der Mörder, dem sie bisher nur in Lily Evans Traum gegenüber gestanden hatte, und schon damals hatte sie seine Aura überwältigt.
»Madam Blanchard, nicht wahr?« Seine Stimme klang ganz anders, als man sie sich vorstellte, viel höher und sanfter. Dafür waren seine Augen genauso stechend rot, wie sie es in Erinnerung hatte, rot und durchdringend, blutrünstig.
»Lasst mich gehen.«, flüsterte Blanchard und suchte in den roten Augen nach irgendeiner menschlichen Regung.
»Aber meine Liebe, wir haben dich doch gerade erst willkommen geheißen.« Lord Voldemort grinste. Bildete sie es sich nur ein, oder hatte er spitz geschliffene Zähne? Ein böser Geist musste Besitz von ihm ergriffen haben, eine unmenschliche, böswillige Kreatur, ein…
»Ich dachte, wir könnten uns doch mal unterhalten.« Voldemort zog seinen Zauberstab aus seinem Umhang und strich Blanchard damit die Haare aus dem Gesicht. Sie zitterte.
»Was wollt Ihr von mir?« Selbst ihre Stimme zitterte, als sie sprach.
»Weißt du das nicht, kleine Prophetin? Kannst du es mir nicht voraussagen, was ich dir zu sagen habe?« Er lächelte immer noch, doch seine Augen wurden dunkel vor Wut.
»I-ch… Weiß nicht…« Die Angst lähmte ihren Verstand und ließ sie sogar ihren so mühevoll antrainierten Akzent vergessen.
»Soll ich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen?« Voldemort hob den Zauberstab und Madam Blanchard schüttelte heftig den Kopf.
»Nein! Nein, bitte lasst mich! Ich habe nichts getan, ich…«
»Lügen zu verbreiten nennst du nichts tun?« Voldemort war jetzt so nah, dass sie seinen fauligen Atem riechen konnte. In den Reihen der Todesser hinter ihm gab es einen kleinen Tumult und ein Junge trat zögerlich nach vorne. Madam Blanchard kannte ihn noch aus Hogwarts, ihre Schülerin Lucinda Talkalot hatte ständig von ihm geredet, wie von einem Gott.
Der junge Black traf ihren Blick, er schien entsetzt zu sein, nicht so kalt und belustigt wie die anderen Todesser. Madam Blanchards Stimme klang viel zu hoch und schrill, als sie nach ihm rief. »Regulus! Regulus Black, hilf mir! Regulus!«
Für einen Moment schien der Junge vor Schreck erstarrt zu sein, dann drehte er sich um und verließ eilig den Raum. Madam Blanchard sah, wie ihre letzte Hoffnung so plötzlich verschwand, wie sie gekommen war.
»Meine liebe Madam Blanchard«, Voldemort griff nach ihrem Gesicht und zwang sie mit seinen kalten, glatten Fingern, sie anzusehen, »es tut mir wirklich leid, aber Lügen müssen bestraft werden. Ich hoffe, Sie können mir das verzeihen.«
Und dann hob er ihr den Zauberstab mitten unter die Nase und flüsterte, fast so zärtlich wie ein feiner Windhauch den Folterfluch.

James erwachte davon, dass fremde Stimmen durch das Haus schallten. In den alten Gemäuern des Potterhauses konnte man fast alles durch die Decken und Wände hören, wenn sie nicht gerade durch Stillezauber schallisoliert waren. Lily war in einen leichten Schlaf gefallen, nachdem sie sich fast die ganze Nacht immer wieder von der einen Seite auf die andere umgedreht hatte. James konnte es ihr nicht verübeln, er hatte selbst kaum schlafen können, und wenn doch, hatten ihn sofort Alpträume voller Todesser, Maispflanzen und Toten heimgesucht.
Das ging nun schon drei Tage so. Drei Tage lang raubten Lily und James sich gegenseitig den Schlaf. Aber ohne Lily zu schlafen, kam James noch viel schlimmer vor. Es war immer wieder aufs Neue tröstlich, aus einem Alptraum aufzuwachen und dann die Nähe des anderen spüren zu können. Vielleicht war es genau das, was sein Vater gemeint hatte, als er sagte, dass Lily und James nicht mehr einfach nur Händchen hielten.
Vorsichtig, um Lily nicht zu wecken, schlich sich James aus dem Zimmer und tapste auf Zehenspitzen zur Wendeltreppe. Wenn Besuch zu solch früher Zeit kam, konnte es kein Anstandsbesuch sein.
»Wenn dieser Pettigrewjunge nicht meine arme Dora gerettet hätte… Ich will mir das gar nicht vorstellen!«, meinte ein Mann, dessen Stimme James ganz bestimmt kannte.
»Ich weiß, was du meinst. Für einen Moment hatte ich auch Angst um James. Und Lily.« Die Stimme seines Vaters klang noch müde, der Besucher konnte noch nicht lange da sein. »Hast du irgendetwas aus Yaxley heraus bekommen?«
»Bei allen Zaubereren, nein! Bist du verrückt, James?« Die Stimme des Fremden schauderte. »Was hätte ich auch sagen sollen? Na, Wölfchen, in letzter Zeit ein paar Wahrsagerinnen verspeist?«
Mr Potter lachte leise.
»Und auf Andromeda können wir auch nicht zählen. Ihre Schwestern erzählen ihr gar nichts, sogar noch weniger als gar nichts. Vermutlich würden sie sie sogar umbringen, wenn sie versuchen würde, zu ihnen Kontakt aufzunehmen. Nein, James, ich muss dich enttäuschen, ich kann dir nicht weiterhelfen.«
»Schon gut, Ted.« James’ Vater seufzte leise. »Ich habe mir um ehrlich zu sein auch überhaupt keine Hoffnungen gemacht.«
Ted? James ging plötzlich ein Licht auf. Der Fremde, der da im Wohnzimmer mit seinem Vater redete war vermutlich Ted Tonks. Seine Eltern kannten ihn aus dem Ministerium. Soweit James wusste, stammte er aus einer Muggelfamilie und hatte Sirius’ Cousine geheiratet. War es wirklich Ted? James ging auf die Knie und versuchte einen kurzen Blick auf den Mann zu werfen, aber er saß wohl auf dem Sofa, also nicht in dem Bereich, den James sehen konnte.
»Ich habe gehört, Charlus versucht sich Lewis’ Stelle unter den Zauberhut zu reißen.«
»Das wundert mich nicht, Charlus hat schon immer versucht, sich alles unter den Zauberhut zu reißen.«
Charlus? Redeten sie von James’ Onkel Charlus? James hatte schon ewig nichts mehr von ihm gehört…
»Meine Schwester sich gestern bei mir gemeldet.«, sprach Mr Potter weiter und James hob die Augenbrauen. »Sie hat mich gefragt, ob es wirklich sicher ist, ihre Tochter nach Hogwarts zu schicken. Kannst du dir das vorstellen? Nachdem ich drei Jahre nichts mehr von ihr gehört habe, schickt sie mir gestern eine Eileule.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. Die ganze Welt steht ja auf dem Kopf, seit dem diese Verrückten aufgetaucht sind!«
Ein Stuhl wurde verschoben, Schritte näherten sich der Wendeltreppe und James lehnte sich schnell zurück. Doch er hatte sich geirrt, das leichte Scharren und Kratzen zeigte ihm, dass jemand versuchte, das Feuer im Kamin wieder in Gang zu bekommen. James beugte sich wieder weiter nach unten. Vielleicht konnte er jetzt einen Blick auf die Sprechenden erhaschen?
»Nur aus Neugier, was hast du deiner Schwester geantwortet?«
»Dass ich Jamie jeden Moment wieder nach Hogwarts schicken würde, wenn ich dürfte. Es wäre verrückt, die Kleine zu Hause behalten zu wollen. Hogwarts gehört mit Sicherheit zu den sichersten Orten in der Zauberwelt.«
»Solange dein Bruder nicht Lewis’ Stelle kriegt und auch noch seine Forderungen durchsetzt…«
»Charlus wird nicht Minister. Er ist skrupellos, aber nicht so skrupellos.«
»Was meinst du damit?«
»Er wird nicht nach Voldemorts Zauberstab tanzen, so gut kenne ich meinen Bruder hoffentlich noch. Und deswegen wird er an die Stelle gar nicht erst rankommen.«
James überlegte. Musste man wirklich schon Anhänger Voldemorts sein, um sich eine gehobene Stellung im Ministerium zu sichern? War es schon so weit gekommen?
»James, warum gehst du nicht runter und begrüßt unseren Gast, statt hier auf dem Boden herum zu robben?«
James fuhr herum. Seine Mutter stand direkt neben ihm und sah auf tadelnd auf ihn herunter. Wie hatte sie sich nur unbemerkt an ihn heranschleichen können? Sie konnte doch nicht mal mehr richtig laufen! War er so unachtsam gewesen?
Schnell rappelte sich James auf, räusperte sich leicht und wusste nicht, wo er hinsehen sollte. Seine Mutter grinste schadenfroh und begab sich mit majestätisch erhobenem Haupt die Treppe hinunter. James’ Dad erschien im unteren Stockwerk und sah fragend hinauf.
»Ich… Ich geh mich nur schnell umziehen.«, murmelte James und verschwand eilig in seinem Zimmer. Als er schließlich ordentlich bekleidet das Wohnzimmer betrat, war von Ted Tonks keine Spur zu sehen.
»Er musste gehen.«, erklärte seine Mutter, als habe sie James’ Gedanken gelesen. »Wir sehen ihn aber auf einer der Beerdigungen bestimmt wieder.«
James schluckte. Die Beerdigungen… Die hatte er völlig verdrängt. Gleich vier Stück waren für heute angesetzt: Die von Alice’ Eltern, von Emily und ihrem Vater, von Franks Großvater und einem Freund von James’ Eltern den er zum Glück nicht so gut kannte. Anfangs hatte James nicht begriffen, warum die Longbottoms und Masons ihre Lieben am gleichen Tag bestatteten, doch sein Vater hatte ihm gesagt, dass es doch besser war, sich an einem Tag zusammen reißen zu müssen, statt an zweien. Sie würden danach schließlich noch Monate ungestört trauern können.
Müde und noch im Schlafanzug wankte Lily die Treppe herunter und sah sich schläfrig im Wohnzimmer um. James konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, anscheinend hatte sie doch zumindest ein paar Stunden Schlaf gefunden.
»Lily!« Sein Vater sprang auf und klatschte voller Freude in die Hände. »Ich hab eine Überraschung für dich!«
»Ach ja?«, fragte Lily, die unter dem lauten Klatschen zusammen gezuckt war und auch James wandte sich neugierig zu ihm um.
»Tadaaa!«, machte Mr Potter und zog Lilys Koffer hinter einem Sessel hervor. Lilys Augen blitzten so freudig auf, wie schon seit Tagen nicht mehr und automatisch breitete sich ein Lächeln auf James’ Gesicht aus. Strahlend brachte Lily ihren Koffer hoch in ihr Zimmer, um ihn auszuräumen. James versüßte ihr diesen schrecklichen Tag noch ein bisschen, indem er ihr ihr Frühstück ans Bett brachte und dann mussten sie sich schon fertig machen für die Beerdigungen.

Miriam wusste, dass man von ihr erwartete, dass sie zu den Beerdigungen von Alice’ Eltern und Franks Großvater ging. Aber was sollte sie dort? Sie könnte weder Alice noch Frank trösten, nicht mal, wenn sie es wollte, und gekannt hatte sie keinen der Toten. Wozu also seine Zeit verschwenden?
»Weil es… Es der Anstand uns vorschreibt, Miriam!«, hatte Sirius geantwortet und Miriam lachte kalt auf.
»Der Anstand? Hör mal, Black, wann waren wir bitte schön mal anständig?«
Sirius seufzte und schüttelte genervt den Kopf. »Lass es mich anders formulieren: Miranda schreibt es uns vor und wenn ich nicht hingehe, bin ich drei Köpfe kürzer.«
»Oh, Blacky«, murmelte Miriam und strich Sirius sanft über die Wange, »meinst du nicht, es ist langsam an der Zeit, dich von deiner Pflegemama abzunabeln? Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, aber du musst erwachsen werden. Mommy wird dir nicht ewig die Flasche geben können.«
Sirius sah sie genervt an, drückte ihr dann ihr schwarzes Kleid in die Hand und meinte: »Keine Widerrede, Kratzbürste! Wir müssen auch noch Remus abholen.« Er seufzte noch einmal tief. »Das wird heute vielleicht ein lustiger Tag…«
Zu Sirius’ Überraschung, wartete Remus nicht allein auf ihn und Miriam. Seine Mutter, eine schwarz gekleidete Dame um die vierzig, stand neben ihm und hatte eine Hand auf seine Schulter gelegt. »Hallo Sirius.«, grüßte sie und schenkte ihm ein aufmunterndes, leichtes Lächeln, das Sirius nicht erwidern konnte.
»Hallo Mrs Lupin. Bist du bereit, Remus?«
Remus antwortete nicht, schwang sich nur auf seinen Besen und seine Mutter machte es ihm gleich. Zu viert flogen sie los zu der Beerdigung von Alice’ Eltern. Keiner von ihnen sagte ein Wort, den ganzen Flug über nicht, als hätte sich Remus’ Schweigsamkeit wie ein Virus übertragen. Als sie runter gingen, belegten sie sich alle für kurze Zeit mit einem Unsichtbarkeitszauber, versteckten ihre Besen in einem Gebüsch der Friedhofsmauer und betraten dann die weitläufige Totenstätte, auf der sich seit Jahrhunderten das Familiengrab der Longbottoms befand. Es war ein schöner, sonniger Herbsttag, viel zu schön für eine Beerdigung. Die Vögel zwitscherten und ein sanfter Wind ließ die ersten bunten Blätter aus den Bäumen regnen. Auf dem Friedhof hatten sich schon einige Leute versammelt, einige Zauberer waren in ihren dunklen Umhängen gekommen und ein paar Friedhofsbesucher warfen den seltsamen Gestalten neugierige Blicke zu.
Auch Professor Dumbledore war in einem tiefschwarzen Umhang gekommen, von dem sich sein glänzend weißer Bart stark absetzte. Er saß in einer der ersten Reihen, den Zaubererhut auf dem Schoß, und unterhielt sich leise mit dem kleinen Mann, der sich letztens so um Lily gekümmert hatte.
Miriam wusste nicht so recht, was sie von Dumbledore halten sollte. Sie vertraute darauf, dass er sich niemals Voldemort anschließen würde und mit aller Macht gegen ihn kämpfen würde. Doch der alte Zauberer war ihr zu glatt, zu undurchschaubar, zu perfekt. Was wusste sie eigentlich über Albus Dumbledore? Er war ihr Schulleiter, liebte Süßigkeiten und Scherze und er war mächtig. Reichte das, um ihr Leben in seine Hände zu legen?
Nein, dachte Miriam und sah zu den Prewettbrüdern hinüber, die sich gerade einen Platz suchten. Fabian war ihr durch seine Ansprache letztens sehr sympathisch geworden. Für einen Moment begegnete er Miriams Blick und nickte ihr zu. Dumbledore und seinen Orden zu hinterfragen war vielleicht gar nicht so doof, obwohl Miriam aus anderen Gründen Dumbledores Angebot abgelehnt hatte, als Fabian. Auch sie war Aurorin, hatte an ihrem ersten Tag einen Eid ablegen müssen, dem Ministerium zu dienen. Miriam hatte schon vor langer Zeit beschlossen, sich immer nur selbst etwas zu schwören und jedes Versprechen, das sie anderen gab, vor allem dem Ministerium, konnte man gleich wieder vergessen. Sie war nicht Aurorin geworden, um das Ministerium zu beschützen. Sie wollte überhaupt niemanden beschützten. Sie wollte Rache, und wenn sie das zugeben würde, hätte man sie schon lange aus dem Aurorenteam geschmissen.
Sirius zog sie alle zu der Reihe, in der die Potters und Lily saßen und sich leise flüsternd unterhielten. Lily trug wieder ihre übliche rote Lockenpracht, vermutlich wollte sie Emily als Lily die letzte Ehre erweisen und nicht als Parkers Versuchskaninchen. Miriam wies jeglichen Umarmungsversuch zurück aus Angst, dann von dem großen Heulen ebenfalls angesteckt zu werden. Niemand sah an diesem Tag wirklich fit oder gut aus, bei jedem, den Miriam ins Gesicht sah, entdeckte sie entweder Augenringe, oder eine sorgvoll gerunzelte Stirn, verquollene Augen, ungepflegte Haare oder andere Makel, die sonst nicht da waren.
Alice, die bei ihrer Hochzeit noch so gestrahlt hatte, wurde jetzt von einer tiefen Traurigkeit umhüllt, die Miriam überhaupt nicht von dem sonst immer gut gelaunten Mädchen gewohnt war. Alice war die größte Nervensäge, die Miriam je kennen gelernt hatte, aber so was hatte sie nicht verdient. Niemand hatte so was verdient.
Wie erwartete zogen sich die Beerdigungen in die Länge und sie mussten sich beeilen, um noch pünktlich zu Emilys zu kommen. Viele von der kleinen Gemeinde versammelten sich erneut auf dem Friedhof, auf dem die Familie Lewis seit Jahren beigesetzt wurde. Miriam erkannte einige Politiker wieder wie Bagnold und Crouch. Sie saßen ganz vorne, eine Reihe hinter Emilys Mutter. Miriam fragte sich, wie sie das jetzt wohl aushielt in ihrem Haus ohne Mann und Kind.
Auch viele ehemalige Hogwartsschüler hatten sich versammelt, unter anderem auch Christin Cornwall, der Lily zur Abwechslung mal keinen hasserfüllten Blick zuwarf. Vermutlich bemerkte sie sie gar nicht, Lily stand nur da, starrte auf den Sarg, in dem ihre beste Freundin lag und umkrampfte mit ihrer Hand James’. Miriam stand mit Sirius und Peter direkt hinter ihnen, beobachtete wie Lilys Hand vor Anstrengung zu zittern begann und James keine Miene verzog.
Zu Miriams Überraschung spürte sie plötzlich etwas an ihrer Hand und drehte sich zu Sirius herum. »Alles okay?«, fragte er sie leise ins Ohr und sein Atem kitzelte ihre Wange.
»Vollidiot.«, murmelte Miriam nur trocken. Ihre beste Freundin war tot und er fragte, ob alles okay war. Ihre Beleidigung schien Sirius nicht zu stören, denn er atmete tief durch, verschränkte seine Finger mit ihren und blieb dann still.
Miriam ließ ihre Gedanken wieder schweifen. Sie dachte daran, wie Emily ihr gesagt hatte, wie süß Miriam mit Sirius zusammen aussah, und wie Emily nachts in ihr Bett gekrochen war, nur um ihr zu erzählen, wie toll sie es fand, wenn Remus sie küsste. Lauter Dinge, die Miriam nicht hatte hören wollen, aber davon hatte Emily sich nie abhalten lassen. Emily war Lilys Freundin gewesen, von Beginn an, während Miriam die Zicke gewesen war, die niemand leiden konnte, weder die anderen Mädchen, noch die meisten Jungs. Miriam war schon immer eine Einzelkämpferin gewesen, während Emily und Lily nur in der Gruppe stark gewesen waren.
Bis zu dem Tag, an dem Miriam Lily vor Mulciber beschützt hatte. Plötzlich war Lily ihr überall hin gefolgt, hatte im Unterricht neben ihr sitzen, mit ihr nach der Schule was unternehmen wollen. Miriam wusste, dass Lily nicht nur aus purer Dankbarkeit so gehandelt hatte, sie hatte Schutz gesucht und Miriam hatte es gefallen, plötzlich nicht mehr die Böse, sondern die Gute zu sein.
Erst so hatte sie Emily als Freundin gewonnen, sie wegen ihrer Gutgläubigkeit ausgelacht und ihre Art, alles in ein gutes Licht zu rücken nach und nach schätzen gelernt. Emily hatte ihr immer vertraut, obwohl Miriam sogar heimlich ihr Tagebuch gelesen hatte. Woher hatte sie nur dieses Vertrauen gewonnen? Dieses dämliche Vertrauen auf das Gute in der Welt, auf ihre Freunde, auf ihre Familie. Sirius hatte es Miriam erzählt, obwohl sie es gar nicht wirklich hatte wissen wollen. Emilys Vater hatte die Todesser zu der Hochzeit geschleust, er hatte sich Voldemort verkauft und mit seinem Leben bezahlt, das war es zumindest, was James’ Vater behauptete. Miriam hatte noch nie ein Wort mit Mr Lewis gewechselt, alles, was sie über ihn wusste, hatte sie von Emily oder den Zeitungen. Und obwohl sie ihn nicht persönlich gekannt hatte, hasste Miriam ihn aus tiefsten Herzen, ihn, die Todesser, die Verräter und alle anderen, die Schutz in den Grauzonen suchten.
Zwei Särge, ein kleinerer und ein größerer aber beide aus dunklem, schwerem Eichenholz wurden durch die Mitte der Trauernden zu den zwei ausgehobenen Gräbern getragen. Miriam warf noch einen Blick auf Emilys Mutter, die das Gesicht in ihren Händen verbarg. Hatte sie die Särge ausgesucht? Miriam hätte für Emily einen weißen Sarg genommen oder ganz, ganz helles Holz, keine erdrückende Eiche. Emily war viel zu zierlich, sie würde in dem Holz völlig unter gehen, von ihm erbarmungslos zerquetscht werden, wenn es erst unter der Erde anfing zu faulen und die Maden und Käfer sich durch Holz und Körper fraßen.
Miriam wurde schlecht.
Als die Särge langsam in die Gräber hinabgelassen wurden, hielt sie es nicht mehr aus, sprang auf und bahnte sich rücksichtslos ihren Weg aus der Sitzreihe und dann nur weg, weg, weg. Es gab eine kleine, unscheinbare Friedhofskapelle, die Miriam mit schnellen Schritten ansteuerte. In ihr wurden vermutlich Trauerfeiern gehalten und wo öfters viele Menschen waren, gab es bestimmt auch Toiletten.
Sie hatte Glück. Die Toiletten lagen gleich neben dem Eingang und Miriam ging auf die erste Tür zu, ohne darauf zu achten, ob es die Toilette für Männer oder Damen war. Sie übergab sich schon ins Waschbecken, und fragte sich, wo das Essen herkam, dass sie keuchend und würgend in den Abguss spuckte. Sie hatte nichts gefrühstückt, nichts zu Abend gegessen, eigentlich musste sie völlig ausgehungert sein, aber der Würgereiz nahm einfach nicht ab.
Sie hatte gar nicht gemerkt, dass ihr jemand gefolgt war, bis man ihr die Haare aus dem Gesicht strich. Miriam sah in den Spiegel und begegnete Sirius’ besorgen Blick, aber auch nur eine Sekunde lang, dann krümmte sie sich wieder unter Schmerzen.
Es war so erniedrigend. Sie wollte sich nicht übergeben, aber ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen, es hörte einfach nicht mehr auf. Sirius legte ihr nasse Papiertücher in den Nacken, hielt ihr die Haare zurück und streichelte ihren Rücken. »Geh weg!«, keuchte Miriam, kniff die Augen zusammen und versuchte, ein erneutes Würgen zu unterdrücken. Sirius antwortete nicht einmal und blieb wo er war. Es war so erniedrigend. Sie wollte nicht, dass er sie so sah. Sie wollte für ihn sexy sein, zeigen, dass sie unabhängig und taff war, nicht so wie Lily, die James brauchte, um überhaupt noch gerade stehen zu können. Miriam wollte nicht, dass Sirius ihr half, sie wollte stark sein, ihn beeindrucken wie jeher.
Irgendwann schien dann auch endlich ihr Magen begriffen zu haben, dass er restlos leer war, und der Würgereiz hörte auf, aber da war Miriam schon fast am Ende ihrer Kräfte, zitterte und krampfte die Hände in das Waschbecken, um sich auf den Beinen halten zu können. Sie traute sich gar nicht richtig, den Blick zu heben und Sirius über den Spiegel hinweg anzusehen. Was dachte er jetzt von ihr? Fand er sie eklig, erbärmlich, lächerlich?
»Hier.« Sirius reichte ihr ein feuchtes Papier, mit dem sie sich den Mund abwischen konnte.
»Du sollst doch gehen!«, jammerte Miriam und stieß seine Hand fort. Ihr wurde ganz schummrig vor Augen.
»Ich sollte eigentlich auch schon lange einen Job haben.«, Sirius grinste und packte Miriams Schultern, als ihre Knie nach zu geben drohten, »Aber ich scheiß drauf. Jetzt komm her, ich bring dich nach Hause.« Sirius legte ihren Arm um seine Schultern und stützte sie so gut es ging.
Nach Hause. Miriam hob den Kopf, betrachtete kurz sein angespanntes Gesicht, und schloss dann wieder die Augen, weil sie Angst hatte, dass ihr schwindelig wurde. Bezeichnete er seine Motorradtapetenwohnung schon als ihr Zuhause, als ihr gemeinsames Zuhause?
»Ich will da nicht raus, das ist so peinlich.«, murmelte Miriam und aus irgendeinem Grund vergrub sich ihr Gesicht wie von selbst in seiner Brust und ihre Arme schlangen sich fest um ihn. Was ist nur los mit mir?, fragte sie sich und drückte gleichzeitig noch ein bisschen fester zu, als Sirius ihr den Rücken auf und ab strich.

James und seine Eltern unterhielten sich nach Emilys Beerdigung recht angeregt mit einem Zauberer, den Lily nicht kannte, aber von Mr Potter Ted genannt wurde. Er war groß und blond und strahlte eine undefinierbare Ruhe aus, die Lily auf seltsamer Weise an Remus erinnerte. Lily selbst schenkte er ein aufmunterndes Lächeln, das sie so gut sie konnte erwiderte. Der Unterhaltung folgte sie nicht, ihre Gedanken konnten sich noch nicht von Emily und der Frage nach dem Warum losreißen.
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu der nächsten Beerdigung und wieder folgten ihnen einige Trauergäste, darunter auch Professor Dumbledore und Mr Fenwick. James hatte Lily immer wieder gesagt, wie der Freund ihrer Eltern hieß, der heute beerdigt wurde, aber sie hatte es stets vergessen. Als sie den neuen, fremden Friedhof betrat und das Portrait eines braunbärtigen Mannes sah, glaubte sie, ihn von der Hochzeit wiederzuerkennen, war sich allerdings nicht sicher, ob ihr ihr Gehirn auch nur einen Streich spielte. Moody, griesgrämig wie immer, wartete schon in einer Bankreihe auf die Truppe und begrüßte sie alle nur mit einem kurzen Grunzen. Als sie zwischen James und Miranda Platz nahm fiel ihr auf, dass Remus, Julia, Sirius und Miriam ihnen nicht gefolgt waren. Nur die Pettigrews saßen einige Reihen hinter ihnen, Peters Eltern klopften ihrem Sohn beruhigend auf den Rücken und Lily konnte sich vorstellen, dass er genauso gerne wie sie jetzt wo anders wäre.
»Alles okay?« James beugte sich zu ihr rüber und tätschelte ihre Hände, die völlig verkrampft in ihrem Schoß lagen. Sie sparte sich die Antwort, wandte sich nur um und senkte den Blick auf ihre Hände.
»Wenn du gehen willst…« Aber er wurde jäh unterbrochen, als ein großer, schlanker Mann an ihre Reihe trat und sich vernehmlich räusperte. James’ Vater wandte sich um und sprang dann verblüfft auf.
»Charlus!« Der Anflug eines Lächelns schlich über seine Lippen. »Du hier?«
»Ich war schon auf Lewis’ Beerdigung.«, antwortete der Mann. Er hatte eine näselnde Stimme, und sah Mr Potter nicht wirklich an, als er mit ihm sprach, sondern ließ seinen Blick über die anderen Trauergäste schweifen. »Hast du mich nicht bemerkt?«
»Nein.« Mr Potter quetschte sich durch die Reihe und umarmte seinen Bruder kurz zur Begrüßung, als er ihn sah. »Aber es war eine schöne Beerdigung, oder?«
»So schön, wie eine Beerdigung eben sein kann.« Charlus Potter machte einen Schritt zurück, um etwas Abstand zwischen ihn und Mr Potter zu bekommen, ließ dann seinen Blick über die Angehörigen seines Bruders schweifen. Miranda hob matt die Hand zur Begrüßung und Mr Potter gab James ein kurzes Zeichen, dass er aufstehen sollte.
»Hey Onkel Charlus.«, sagte James, stand auf und schüttelte ihm kurz die Hand. »Lange nicht gesehen.«
»Allerdings.« Charlus’ Blick fiel auf Lily und sie bemerkte, welch tiefe Augenringe James’ Onkel hatte. Seine Augen waren eisblau wie die von James’ Dad und sie fragte sich, ob ihn der Tod seiner Freunde so sehr mitgenommen hatte, dass diese Augen in den Augenhöhlen verschwanden. Er nickte ihr kurz zu und Lily wandte den Kopf ab, sie hatte schon wieder aufgehört, sich für den Fremden zu interessieren. Als Charlus nach einem kurzen Gespräch wieder ging und die Potters ihre Plätze wieder einnahmen, flüsterte James ihr kurz zu, dass er seinen Onkel Charlus nicht mehr gesehen hatte, seit dem er sechzehn gewesen war.
»Er sah mitgenommen aus.«, stellte Lily kurz fest. Sie hatte keine wirkliche Lust, über James’ Verwandten zu reden, oder hier auf diese Beerdigung zu sein, oder überhaupt zu existieren.
»Seine Frau, meine Tante, ist vor zwei Jahren gestorben, seit dem hat er sich ziemlich verändert. Mein Dad vermutet, dass er ziemlich oft an der Flasche hängt. Ich frage mich, ob mein Cousin auch da ist…« James ließ den Blick über die Trauergemeinde schweifen, aber kein Gesicht, das ihn an seinen Cousin erinnerte, blickte ihm entgegen.
»James, ist es schlimm, wenn ich gehe?«, fragte Lily plötzlich, aber ohne ihn anzusehen.
»Nein.«, meinte James sofort und warf über ihren Kopf einen fragenden Blick zu seiner Mutter, die leicht nickte. »N-Nein, natürlich nicht, wir müssen nicht hier bleiben.«
»Okay.« Lily erhob sich und James tat es ihr gleich, aber Lily drückte ihn wieder in den Sitz zurück. »Ich würd gerne ein bisschen allein sein, wenn’s geht.«, murmelte sie, ließ aber zu, dass James sich doch mit einem erstaunten Gesicht erhob.
»Ja ähm«, er räusperte sich kurz, nichtwissend, wie er mit der Situation, wie er mit Lily umgehen sollte, »das kann ich verstehen, aber… Ohne mich kommst du nicht ins Haus.«
»Ich will gar nicht nach Stonegrave.« Lily strich sich die Haare aus dem Gesicht und richtete den Blick auf James’ Krawatte, die etwas zu lose saß. Sie wollte ihm nicht ins Gesicht schauen.
»Wohin dann?«
»Irgendwo hin. Ich brauch ein bisschen Abstand.«
»A-Abstand?«, wiederholte James etwas atemlos und griff instinktiv nach ihren Händen.
»Bis heute Abend bin ich wieder da. Versprochen.«
Verwirrt und hilflos drehte James sich für einen Moment zu seiner Mutter um, die aber auch nur ein Schulterzucken für ihren Sohn übrig hatte. James räusperte sich noch einmal und drehte sich zu Lily um.
»Bist du sicher?«, fragte er leise und beugte sich zu ihr herunter. »Wenn dir etwas passiert…«
»James, ich kann auf mich selbst aufpassen.«, behauptete Lily, aber richtig überzeugt sah James nicht aus, als er schließlich leicht nickte, ihren Kopf anhob und ihr einen kurzen Abschiedskuss gab. »Bis heute Abend sieben Uhr, okay? Pünktlich zum Essen.« Er lächelte leicht und strich ihr das Haar hinter die Ohren. »Wenn du nicht da bist, komm ich dich suchen.«
Lily nickte nur kurzangebunden, machte ihre Hände los und ging, ohne sich von irgendjemanden sonst zu verabschieden, eigentlich auch ohne sich richtig von James zu verabschieden. Sie ließ ihn einfach stehen, verließ den Friedhof, ging die Straße ein paar Meter entlang und blickte dabei immer wieder über die Schulter. Folgte ihr ihre Leibgarde noch, oder waren McKenzie und sein Kollege noch zu verletzt, um sie weiter zu beschatten?
Sie wusste es nicht, ihr Bauchgefühl gab ihr auch keine Antwort darauf und so ging sie einfach weiter und disapparierte in einer dunklen Gasse.
Auf dem Friedhof, den sie jetzt betrat, fand zum Glück keine Beerdigung statt, noch eine hätte Lily nicht ertragen können. So viele Tote, so viele Trauernde und alles war nur ihre Schuld.
Du bist eine Mörderin.
Als sie den kleinen Friedhofweg entlang ging, sackte ihr Herz immer tiefer und ihre Schritte wurden schwerer und schwerer. Schließlich waren es nur noch ein paar Meter zu dem Grab von Amanda und George Evans, aber es fiel Lily unendlich schwer, die letzten Schritte zu gehen.
Das Grab hatte noch keinen Grabstein, nur ein hölzernes Kreuz mit einer ausgewaschenen Gravur. Lily fragte sich, ob ihre Schwester überhaupt schon einen Stein in Auftrag gegeben hatte, oder besser gesagt Vernon Dursley, ihr Mann. Lily selbst hatte keinerlei Mitspracherecht an der Beerdigung ihrer Eltern gehabt, im Gegenteil, Petunia hatte sie beinahe in der Kirche vor die Tür gesetzt, weil sie zu spät gekommen war.
Hatte Petunia ihr damals überhaupt eine Uhrzeit gesagt?
Lily sah sich kurz um. Sie war allein, zumindest konnte sie niemanden sehen, und so zog sie ihren Zauberstab aus ihrer Handtasche und zauberte ein paar weiße Lilien herbei, die sie ganz vorsichtig, so als wären sie aus Glas, auf das Grab legte. Weiße Lilien standen schon seit der Antike für das Symbol von Reinheit und Schönheit, aber auch für den Tod. Lily fragte sich plötzlich, ob ihre Eltern geahnt hatten, welch ein Unglücksbringer ihre zweite Tochter sein würde, als sie ihr ihren Namen gaben.
Plötzlich begann Lily zu zittern. Sie kniete sich nieder in das von der Sonne gewärmte Gras und biss sich auf die Lippen, um ein Schluchzen zu unterdrücken, aber die Tränen flossen ihr trotz allem über die Wangen. Sie hatte das Grab ihrer Eltern nicht mehr besucht, seit dem sie beerdigt worden waren. Sie hatte es sich diesen Sommer so fest vorgenommen und es doch nicht geschafft.
»Ich wollte nicht, dass ihr sterbt.«, flüsterte Lily und fuhr mit den Fingerspitzen über das frische, grüne Gras. Ihre Blumen waren die einzigen auf der Grabstelle, Petunia konnte nicht vor allzu kurzer Zeit dagewesen sein.
Ob sie jemals da gewesen war?
Plötzlich erinnerte sich Lily an ein Wiegenlied, dass ihre Mutter ihr vorgesungen hatte, wenn sie als kleines Mädchen nicht hatte schlafen wollen. Leise summte sie die Melodie, den Text kannte sie nicht mehr. Ob Petunia ihn noch konnte?
Der Ring an ihrem Finger, der Verlobungsring ihrer Mutter, den sie mit ihrem Koffer wiederbekommen hatte, wog plötzlich Tonnen. Lily umfasste ihn mit beiden Händen und sah zu, wie sich das Sonnenlicht in dem kleinen, weißen Stein brach.
All der Schmerz, den sie in diesem Jahr gelernt hatte, tief in sich drinnen zu vergraben, hatte plötzlich wieder einen Weg an die Oberfläche gefunden, ließ jeden Atemzug schmerzen und ihr jeder Herzschlag wie einen Verrat vorkommen.
Ihre Eltern. Ihre Familie. Brendley. Mr Lewis. Emily. Sie hatte keinen von ihnen retten können. Warum Severus Snape? Warum hatten ihr ihre Träume ermöglicht, ihn zu retten und all die anderen hatten sterben müssen? Warum? Hatte sie nicht genug versucht?
Du bist eine Mörderin.
Vielleicht hatte Brendley recht?
Was sollte sie nur tun?
--
»Lily?«
Die junge Hexe zuckte zusammen und fuhr herum. Die Sonne war am untergehen und malte einen roten Schimmer auf Professor Dumbledores und Mr Potters weißes Haar. Lily hatte gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen war, dass sie überhaupt vergangen war. Gerade eben war es doch noch Vormittag gewesen und jetzt wurden die Schatten der Grabsteine immer länger und länger. Der Schatten des Holzkreuzes ihrer Eltern fiel auf ihren Schoß und Lily sprang schnell auf, als hätte er sie verbrannt.
»Es ist kurz vor Sieben.« Mr Potter sah sie besorgt an, während Lily sich die Tränen von den Wangen und aus den Augen wischte. »Wir dachten, wir schauen mal nach dir.«
Lily nickte nur kurz. Sie fragte gar nicht nach, wie die beiden Zauberer sie gefunden hatten, vermutlich war ihre Leibgarde immer noch in ihrer Nähe und hatte ihnen über jeden Schritt, den sie machte, genauste Informationen gegeben.
»Miss Evans, nichts liegt mir ferner als Sie in ihrer Trauer zu stören.« Professor Dumbledore machte einen Schritt auf sie zu und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Aber ich brauche trotz allem noch eine Antwort von Ihnen.«
Lily nickte leicht, blickte zurück auf das Holzkreuz mit den Namen ihrer Eltern und nickte dann noch einmal, dieses Mal entschlossener. Brendley hatte unrecht, sie war keine Mörderin, denn sie würde alles Menschenmögliche versuchen, um die zu beschützen, die sie liebte. Und noch mehr.
»Die Antwort ist Ja, Professor.«, sagte sie mit leiser Stimme, sah Dumbledore aber fest ins Gesicht. Sein Handschlag war warm und fest und auf seinen Lippen lag ein leichtes Lächeln.
»Das freut mich Lily, es freut mich wirklich.«
Dann tauschten Professor Dumbledore und Mr Potter einen kurzen Blick. »Wir äh warten am Ausgang auf dich«, meinte Mr Potter und nickte zu dem großen, eisernen Friedhofstor hinüber, »falls du noch Abschied nehmen willst.«
Lily nickte leicht und die beiden Zauberer setzten sich in Bewegung, doch noch im selben Moment sagte sie: »James, warte.«
Überrascht blieb Mr Potter stehen, Professor Dumbledore warf nur noch einen kurzen Blick über die Schulter und lief dann weiter. »Ja?«, fragte Mr Potter verunsichert, es passte nicht, wenn sie ihn ›James‹ nannte. Bei ihr lag zu viel Zärtlichkeit in jedem einzelnen Buchstaben.
»Ich glaube doch nicht, dass du sterben wirst.«, sagte Lily und richtete ihren Blick auf das Grab ihrer Eltern. Mr Potter hob die Augenbrauen und kratzte sich verunsichert am Hinterkopf.
»Das äh freut mich zu hören.«, meinte er, »Und was bringt dich zu der Annahme?«
»Ich glaube, er hat nicht mich gesucht. Er hat Blanchard gesucht. Und der ›Möchtegernlehrer‹ war Rockwill. Er ist tot.«
»Ja…« Mr Potter versuchte sich jedes Wort, das Lily ihm über ihren Traum anvertraut hatte, zurück ins Gedächtnis zu rufen. »Vermutlich hast du recht, das würde einiges erklären. Weißt du auch, warum er sie gesucht hat?«
Lily schüttelte den Kopf. »Ich verstehe auch nicht, was Regulus Black mit der Sache zu tun hat. Er hatte Unterricht bei ihr, aber nicht lange…«
»Nun, das wird sich schon noch klären.«, gab sich James Potter zuversichtlich und machte einen Schritt auf Lily zu.
»Voldemort hat Emilys Vater getötet.« Es war keine Frage und er nickte, fragte sich aber, woher sie das wusste. Er hatte nur Dumbledore und seiner Frau erzählt, dass der Dunkle Lord persönlich anwesend gewesen war.
»Er hat für ihn gearbeitet.«, fügte Lily hinzu und das konnte sie eigentlich nicht wissen.
»Woher weißt du-«, setzte Mr Potter an, aber Lily sah ihn mit einem so seltsamen Lächeln an, dass er verstummte.
»Ich weiß es nicht.«, sagte sie und ihr Lächeln wurde trauriger. »Ich ahne es. Er hat um Emilys Leben gebettelt.«
James Potter nickte kraftlos. Dieses Mädchen… Es bereitete ihm plötzlich eine Gänsehaut.
»Lewis hat den Todessern wahrscheinlich ermöglicht, sich an der Security der Longbottoms vorbei zu mogeln. Anders ist nicht zu erklären, wie sie auf die Hochzeit gelangen konnten. Aber…« Mr Potter runzelte die Stirn. »Eins verstehe ich nicht: Wenn sie hinter Blanchard her waren, warum haben die Todesser dann dich verfolgt?«
»Weil ich in der Akademie war. Und er mich wiedererkannt hat.«, antwortete Lily und stricht sich die Haare hinter die Ohren. »Trotz meiner Verkleidung.«
»Welcher von ihnen?«, fragte Mr Potter nach. Langsam aber sicher ergab fast alles einen Sinn.
»Der, der dich zum Duell gefordert hat.«
»Mulciber?!«
Lilys Kopf fuhr herum und Mr Potter fiel plötzlich wieder ein, was James ihm erzählt hatte.
»Ayden Mulciber, sein Sohn muss in Jamies und deinem Abschlussjahrgang gewesen sein.«, murmelte Mr Potter ganz unschuldig und richtete seinen Blick auf eine nahe gelegene Eiche, damit Lily nicht bemerkte, wie viel er wusste.
»Ja.«, sagte sie mit tonloser Stimme. »Alec war in unserem Jahrgang.«
»Also, Mulciber war in der Akademie? Und das, obwohl er Chef der Aurorenzentrale ist?« Mr Potter konnte sich ein ungläubiges Lächeln nicht verkneifen. »Bei allen Zauberern, wie blind sind wir nur?!«
»Ich wusste nicht, dass er…«
»Das war kein Vorwurf, Lily.« Er richtete seinen Blick wieder auf die junge Hexe und machte noch einen Schritt auf sie zu. »Wenn wir nur beweisen könnten, dass er es war… Das er auf der Hochzeit war… Aber außer uns hat ihn bestimmt niemand erkannt. Sie haben ja diese Verkleidungen getragen…«
»Wenn wir es beweisen könnten«, Lily sah Mr Potter aufmerksam in die Augen, »was wäre dann?«
»Nun, dann könnten wir ihm den Prozess machen. Er käme nach Askaban.«
»Und wer würde seine Stelle im Ministerium übernehmen?«
Mr Potter zuckte mit den Schultern. »Derjenige, der im Moment am längeren Hebel sitzt natürlich.«
Die Sonne war untergegangen und ohne ihre wärmenden Strahlen, fröstelte Lily sofort. Mr Potter zog einen Umhang aus, legte ihn ihr über die Schultern und ließ die Hand ganz leicht an ihrem Rücken liegen.
»Lass uns gehen, bevor Jamesie noch einen Suchtrupp nach uns aufstellt. Über alles weitere können wir uns auch noch später unterhalten.«, meinte Mr Potter und führte sie zu dem Friedhofstor, an dem Professor Dumbledore auf sie wartete. Als Lily kurz in die Gesichter der beiden Männer sah, waren sie angespannt und nachdenklich. Nervös kaute Lily auf ihrer Unterlippe herum. Hatte sie zu viel gesagt?
»James?«
»Ja, Lily?«
»Ich glaube, wir brauchen noch einmal Kampfunterricht bei dir.«


~ to be continued in april 2013 ~


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