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Fanfiction

James Potter und die Schwestern des Schicksals - Kapitel 17

von Jojoi

Auf der ganzen Welt brechen Dinge, Sekunde für Sekunde unzählige Sachen. Gläser und Porzellan, Spiegel und sogar Stein. Versprechen können gebrochen werden, ebenso wie Schweigsamkeit. Manche Dinge bereiten einem Kopfzerbrechen, bei Unfällen brechen Zähne und Knochen. Verbrechen werden verbrochen, Freundschaften zerbrechen und nicht zu vergessen Herzen, Zuversicht und auch der eisernste Wille.
Sirius Black hatte die meisten dieser Dinge schon hinter sich gebracht. Er hatte das feine Geschirr seiner Mutter zerbrochen, hatte in Hogwarts manchmal die Spiegel in den Toiletten in die Luft gejagt. Er hatte einmal ein Stück aus der Marmortreppe in Hogwarts herausgesprengt und sich schon einige Knochen gebrochen. Das eine oder andere Gesetz hatte er ebenfalls ignoriert, allen voran das Gesetz für Animagi und natürlich unzählige Schulregeln. Er hatte Versprechen gebrochen, auch manche, die er seinen Freunden gegenüber geschworen hatte, dennoch war ihre Freundschaft bisher noch nicht zerbrochen. Sirius glaubte daran, dass nichts und niemand diese Freundschaft zerstören könnte. Niemand konnte ihm, dem Frauenschwarm von Hogwarts, das Herz brechen, niemand konnte ihm seinen Lebensmut nehmen. Davon war Sirius jahrelang zutiefst überzeugt gewesen.
Aber Sirius hatte die Rechnung ohne Miriam Clarefield gemacht.
Sie nannte sich schon ein paar Monate seine Freundin, brachte ihn regelmäßig zur Weißglut und verstand es wie keine andere, ihn verrückt zu machen. Vermutlich weil sie selbst verrückt war.
Sie machte ihn verrückt, wenn sie wegging und sich nicht meldete, so wie in den letzten Monaten. Sie machte ihn verrückt, wenn sie da war und ihn beleidigte, obwohl Sirius sie küssen wollte, wenn sie ihn nicht beachtete, obwohl Sirius ihr etwas sagen wollte, wenn sie auf ihn einredete, obwohl Sirius sauer auf sie war, wenn sie mit anderen Jungen flirtete, obwohl Sirius im Zimmer war. Eigentlich machte sie ihn mit allem, was sie tat, verrückt.
»Sie passt nicht zu dir. Sie macht dich nur wahnsinnig. Du findest jemand anderes. Sie wird dir das Herz brechen.« All diese Dinge hatte Sirius einmal James versucht, klar zu machen, und er hatte nie verstanden, warum James trotzdem noch hinter Lily her gewesen war.
All diese Dinge hatte James zu Sirius gesagt, jedes Mal, wenn er sich über Miriam beschwerte.
Aber Lily und James waren jetzt ein Paar und eigentlich lief es doch ganz gut zwischen ihnen. Warum sollte Sirius das mit Miriam nicht auch hinbekommen?
Mit all dieser Hoffnung und Vorfreude auf das Mädchen, das ihm so Kopfzerbrechen bereitete, machte sich Sirius am Morgen des 2. Septembers zum Bahnhof King’s Cross auf, einen Blumenstrauß in einer Hand. Er wusste nicht so richtig, ob er die Idee gut oder schlecht finden sollte, aber Miranda hatte darauf bestanden, dass er Miriam die Blumen schenkte, und sie hatte Lily verboten, Sirius zu begleiten, obwohl sie Miriam genauso sehr vermisst hatte.
Als Miriam vor zwei Monaten zum Ausbildungslager aufbrach, hatte er ihr versprochen, sie abzuholen. Sirius würde dieses Versprechen nicht brechen und er war froh, ein Motorrad zu haben, das sich durch den recht zähen Verkehr schlängeln konnte. So kam er pünktlich und mit sogar einigermaßen intakten Blumen am Bahnhof an und lief schnell an den verschiedenen Gleisen entlang. Er kannte den Weg zum Gleis 9 ¾ in und auswendig, denn es war dasselbe Gleis, an dem für gewöhnlich auch der Zug nach Hogwarts abfuhr. Aber heute fanden sich keine wartenden Eltern, keine kleinen Geschwister an dem langen Gleis, das nur durch einen versteckten Eingang durch eine Steinmauer betretbar war. Überhaupt schienen nur sehr wenige Leute auf die zukünftigen Auroren Großbritanniens zu warten. Ein älteres Ehepaar, das vielleicht auf ihr Kind wartete. Ein paar gackernde Frauen, die vielleicht auf ihre Ehemänner warteten. Und natürlich die Longbottoms. Sirius erkannte sie schon von weitem, der grässliche Hut von Franks Mutter war unverwechselbar. Er war fleischfarben, rote Stofffetzen hingen daran herunter und ganz oben auf der Spitze prangte eine violette Glaskugel. Die Longbottoms unterhielten sich mit einem Ehepaar, das Sirius von den Fahrten nach Hogwarts kannte. Es waren bestimmt Alice’ Eltern, die ebenfalls auf die Ankunft ihrer Tochter warteten. Sirius war der einzige Anwesende mit Blumen und fühlte sich deswegen auch gleich etwas fehl am Platz. Möglichst lässig verbarg er die Blumen hinter dem Rücken und wartete darauf, dass sich endlich ein Zug näherte.
Zum Glück musste er nicht lange warten. Der große, dunkle Zug, der auch für den Transport von Schülern nach Hogwarts genutzt wurde, lief schon bald schnaubend und ratternd am Bahngleis an und die Türen sprangen auf. Sirius war es gewohnt, dass jetzt erst einmal die Erstklässer herausdrängen, um sich in die Arme ihrer Eltern zu werfen, aber nichts dergleichen geschah. Gesittet und ruhig stiegen die auszubildenden Auroren aus dem Zug und liefen mit ihren Koffern am Gleis entlang, bis sie ihre Angehörigen fanden. Sirius stellte sich auf die Zehenspitzen, um Miriam zu finden, konnte sie aber nicht entdecken. Seine Aufmerksamkeit wurde auf die Longbottoms gerichtet, als ein Mädchen mit schulterlangem, dunklem Haar auf sie zusprang und sofort wild gestikulierend auf sie einredete. Ein Lächeln schlich sich auf Sirius’ Gesicht. Alice hatte sich anscheinend kein bisschen verändert. Frank, den er jetzt auch erkannte, musste seinen und Alice’ Koffer tragen, was ihm scheinbar nicht besonders leicht fiel, während seine Verlobte sich bei ihm einhängte und immer noch auf ihre zukünftigen Schwiegereltern und Eltern einredete.
»Beglotzt du gerade Alice?«
Die Stimme ließ Sirius herumfahren. Miriam hätte ihren Koffer genau auf Sirius’ Fuß fallen gelassen, wenn er nicht schnell zurückgesprungen wäre. »Ich schwöre dir, Black, wenn du mich wegen Alice verlässt, dann drehe ich dir den Hals um. Und ihr auch. Dieses Mädchen hat mich in den letzten Wochen wahnsinnig gemacht, sage ich dir! Wahnsinnig!«
»Du meinst noch wahnsinniger als sonst?« Sirius lächelte schief und betrachtete seine Freundin von oben bis unten. Wie viel zwei Monate Trennung ausmachen konnten! Miriam kam ihm irgendwie größer vor, ihre schwarzen Haare waren schon wieder kinnlang und wirr. Sie trug eine ausgewaschene, blaue Jeanshose und ein T-Shirt unter einer schwarzen Regenjacke.
Um einen Streit gleich am Anfang ihrer Ankunft zu vermeiden, streckte Sirius ihr mit einem gemurmelten »Für dich« den Blumenstrauß entgegen. Verblüfft nahm Miriam ihm den Strauß aus der Hand und zog die Augenbrauen hoch.
»Wie romantisch Black.« Sie grinste amüsiert. »Aber ich mag keine Rosen.«
»Das kann ich ja nicht wissen.«, erwiderte er und nahm ihr den Blumenstrauß wieder aus der Hand. »Hättest du ja mal erwähnen können. Aber gut, wenn du ihn nicht willst, schenke ich ihn Alice!«
»Wehe!«, drohte Miriam, griff wieder nach dem Blumenstrauß, aber Sirius wollte nicht so leicht nachgeben. Zum Glück hatte Miranda alle Dornen von den Rosen entfernt, sonst wären die beiden aus diesem Rosenkrieg wohl mit ein paar Blessuren an den Händen hervorgegangen. Das Ende vom Lied war aber nur, dass der Strauß einige Blüten lassen musste und schließlich fast nur noch die Stiele der Blumen zusammen gebunden waren, während die Rosenblätter um Miriam und Sirius verteilt auf dem Boden lagen.
»Toll gemacht, Black!«, beschwerte sich Miriam, als er endlich los ließ und der Blumenstrauß nicht mehr als solcher erkennbar war.
»Du hast doch angefangen!«
»Sei still und lass uns endlich gehen.«, meinte Miriam, ließ den Blumenstrauß fallen und griff nach ihrem Koffer. Sirius wollte ihr den Koffer abnehmen, aber Miriam fragte nur, ob er sie denn für ein schwaches, hilfloses Mädchen hielte, woraufhin er nur: »Blöde Zicke!«, erwiderte und losmarschierte.
So war sie. So war sie immer gewesen. Sirius konnte sich an keinen Tag erinnern, an dem er nicht mit Miriam aneinander geraten war. Irgendetwas gab es immer zu meckern.
Der nächste Kommentar ließ auch nicht lange auf sich warten, als Miriam das Motorrad sah, mit dem Sirius hergekommen war. Sie warf dem Motorrad einen Blick zu, dann Sirius und dann ihrem Koffer und schüttelte über seine Blödheit den Kopf.
»Stell dich nicht so an!«, knurrte Sirius, holte seinen Zauberstab aus seiner Jackentasche, nahm den Koffer und verschwand damit für ein paar Sekunden auf die Herrentoilette. Als er zurück kam, hatte der Koffer die Größe eines Buches und Miriam stopfte ihn wiederwillig in ihre Regenjacke.
Die Fahrt zu ihm nach Hause war lang und Sirius ärgerte sich die ganze Strecke hinweg über seine Freundin, die hinter ihm saß und bei jeder roten Ampel laut stöhnte. Ja, vielleicht wäre Seit-an-Seit-Apparieren schneller gewesen, aber sein Motorrad hatte Stil. Außerdem war es endlich fertig und Sirius wollte es mal voll austesten. Er rief Miriam nur einen kurzes »Achtung!«, zu, als er auf einer recht leeren Landstraße den Unsichtbarkeitsknopf und danach den Flughebel betätigte.
Allerdings schien das Motorrad mit Miriam hinten drauf noch zu schwer zu sein, sodass es nur knapp zehn Meter über den Boden fliegen konnte.
»Was soll das denn?«, fragte Miriam verwundert und schlang jetzt doch einen Arm um Sirius’ Hüfte. Zuvor hatte sie sich nur immer am Motorrad fest gehalten.
»Das ist die Spezialvorrichtung.«, erklärte Sirius und flog um einen Baum herum. »Lehn dich zurück und genieß den Flug!«
Als sie in seiner Wohnung in Baldock ankamen, rümpfte Miriam wiedermal in ihrer üblichen Mannier die Nase und sah sich stirnrunzelnd in dem Wohnzimmer um. Überall, an den Tapeten, auf der Tischdecke, auf dem Geschirr, auf einer Kommode und auf einem Wandteppich, überall waren Motorräder.
»Ich dachte, deine Wohnung wäre von Blumen infiziert.«, murmelte Miriam, holte den Koffer aus ihrer Jackentasche und legte ihn auf den Boden.
»Motorräder sind cooler, findest du nicht?«, erwiderte Sirius achselzuckend und wenn Lily hierüber Bescheid wüsste, bräuchte sie James nicht mehr fragen, was Sirius in seiner vielen Freizeit trieb.
»Unter anderen Umständen würde ich dir zustimmen.«, erwiderte Miriam, hexte ihren Koffer groß und ließ sich dann auf das ebenfalls mit Motorradstoff bezogene Sofa fallen. »Aber das hier ist einfach too much.«
»Motorräder können nicht too much sein!«, erwiderte Sirius und ließ sich ebenfalls auf das Sofa fallen. »Es sind MOTORRÄDER. Die sind einfach cool, egal wie viele!«
»Bei diesen Tapeten bekommt man doch Alpträume, Black!«
»Ich schlafe hier wunderbar.«
»Du meinst, wie ein Toter, der von einem Motorrad überfahren wurde?«
»Den Schlaf der Gerechten!«
»Wohl eher den Schlaf der Vollidioten.«
»Du musst ja nicht hier schlafen!«, knurrte Sirius, zückte den Zauberstab und zauberte sich ein Glas und Gin herbei. »Ich kann dich auch zu deiner Mom fahren!«
Das Verhältnis von Miriam zu ihrer Mutter war kompliziert. Sirius selbst hasste seine Eltern einfach und wollte nichts mit ihnen zu tun haben, er konnte es also verstehen, wenn man seine Eltern nicht leiden konnte. Aber auch wenn Miriam immer wieder behauptete, ihre Mutter sei so schrecklich glaubte Sirius doch zu wissen, dass sie sie insgeheim doch lieb hatte. Aber Miriam Clarefield war nicht gut darin, Zuneigung zu zeigen, noch etwas, das Sirius auch wahnsinnig machte. Er hatte ihr schon ›Ich liebe dich‹ zugeflüstert. Und sie hatte noch nicht darauf geantwortet.
»Die glaubt, ich komme erst in einer Woche wieder.« erwiderte Miriam und nahm Sirius das Glas aus der Hand, das er gerade an die Lippen setzten wollte. Grimmig sah Sirius zu, wie sie einen großen Schluck nahm. Warum klaute ihm nur jeder seine Nahrung vor der Nase weg?
»Warum glaubt sie das?«
»Weil ich es ihr gesagt habe.«
»Und warum hast du das getan?«
Miriam grinste leicht, gab Sirius das Glas zurück und strich sich dann die Haare aus dem Gesicht. Sie waren wirklich schon recht lang geworden und der Schnitt raus gewachsen. Aber keine Frisur der Welt konnte Miriams Aussehen entstellen. Sie hatte ein sehr weiches Gesicht, große, braune Augen (obwohl Sirius behauptete, sie seien grün), eine gerade Stupsnase und hohe Wangenknochen. Aber der meist kühle und selbstsichere Ausdruck in ihren Augen verschaffte ihr eine gewisse Unnahbarkeit, die Sirius von keinem anderen Mädchen kannte.
Und auch das machte ihn verrückt.
»Weil ich noch ein bisschen Zeit für mich haben wollte.«, meinte sie, stützte den Kopf auf den Arm, den sie auf die Sofalehne legte, und musterte Sirius noch einmal. »Hast du eigentlich deinen Rasierer verloren oder was soll das Stoppelfeld auf deinem Gesicht?«
Sirius zuckte mit den Schultern. »Seit wann muss ich mich bei dir rechtfertigen, wie ich meinen Bart behandle?«
»Seit dem ich mir die Lippen an ihm aufkratze.«
»Bis jetzt hast du das ja noch nicht getan.«
»Ja.« Miriam grinste wieder. »Noch nicht.«
War das ein Signal von ihr gewesen? Eine Aufforderung, sie zu küssen? Sirius war sich nicht sicher. Ein paar Sekunden lang sah er sie an, versuchte in ihren Augen zu lesen, irgendetwas, aber Miriam sah ihn so unverwandt und durchblickend an, als wäre sie ein Spiegel seiner selbst.
»Kommst du mit auf Alice’ Hochzeit?«, fragte Sirius irgendwann und trank sein Glas aus. Er wusste, dass Alkohol ihn meistens zu dummen Sachen verleitete, weil er sich dann fühlte, wie der Herr über alles und jeden. Und genau dieses Gefühl brauchte er jetzt.
»Erinnere mich bloß nicht daran.« Miriam stöhnte genervt auf und lehnte den Kopf zurück. »Alice ist so… Bei Merlin, sind sogar auf deiner Lampe Motorräder?«
Sirius folgte ihrem Blick zur Esstischlampe, auf der noch vor ein paar Tagen rote Tulpen geprangt hatten.
»Man kann nie genug Motorräder haben.«
»Hast du auch eine Motorradbettdecke?«
Sirius grinste nur als Antwort und Miriam verdrehte die Augen.
»Ich werde nicht mit dir in einem Bett schlafen, das aussieht, wie das eines zwölfjährigen!«, knurrte sie und setzte sich in den Sofa wieder etwas auf.
»Ich kann auch die Blümchen zurück zaubern, wenn du willst.«, meinte Sirius achselzuckend. Miriam sah sich in dem Zimmer um, stellte es sich mit Blümchen statt Motorrädern vor und schüttelte dann seufzend den Kopf.
»Mit Motorradtapeten kann ich leben. Aber nicht mit Motorradbettwäsche.« Miriam stand auf, aber als Sirius ihr folgen wollte drückte sie ihn wieder ins Sofa zurück. »Also müssen wir das Ganze wohl hier her verlagern.«
Im ersten Moment wusste Sirius gar nicht, was sie meinte, aber dann begann sie sich auszuziehen und sein Puls schnellte augenblicklich in die Höhe. Miriam überraschte ihn immer wieder, sie war so schwer einzuschätzen, und auch das machte ihn wahnsinnig, fast genauso sehr, wie ihre Bewegungen, ihre Küsse, ihr Körper…
Als sie mit dem Fuß gegen den Couchtisch stieß, fiel das Glas herunter und zerbrach. Sirius sah nicht einmal hin, er hörte nur das Geräusch des splitternden Glases. Ein Geräusch zwischen dem Knarren des Sofas, Miriams Atem, dem Raschen der Kleidung, dem Streichen seiner Hand auf ihrer Haut. Es war nur ein Geräusch von vielen.
Nur ein Bruch von vielen.

Die lachenden Kinder liefen davon. Sie waren so schnell weg, wie sie gekommen waren, nur ihr Lachen blieb zurück, ihr Kichern und Gackern.
Brendley drehte sich zu Lily um und lächelte leicht. »Du wirst sie nicht retten können.«
»Wen?«, fragte Lily verwundert und runzelte die Stirn.
»Sie.« Brendley breitete die Arme aus, als ständen unzählige Menschen um ihn herum, doch tatsächlich waren sie allein auf dem Spielplatz, der mitten im Wald stand auf einer kleinen Lichtung. Das Licht der Sonne schien blau und ließ Brendley blass erscheinen, die Blätter, deren Schatten sich auf sein Gesicht legten, malten Muster auf seine Haut.
Lily sah sich um. Das Lachen der Kinder hallte im Rauschen der Bäume wieder. Kein Vogel zwitscherte. Es war alles so friedlich.
»Du wirst sie nicht retten können.« Brendley setzte sich auf die Schaukel, die leise zu quietschen begann. »So wie du mich nicht retten konntest.«
»Ich hab es versucht!«, meinte Lily schnell.
»Du hast versagt.«
»Ich konnte doch nicht ahnen, dass…«
»Du konntest nicht ahnen?!« Brendley lachte auf. »Du wusstest es doch am allerbesten! Du hast es immer gewusst.«
Einen Moment lang dachte Lily über seine Worte nach. Hatte sie versagt?
»Es tut mir leid.«, flüsterte sie schließlich.
»Das sollte es auch.« Brendley erhob sich wieder, die Schaukel schwang weiter im Wind. »Du bist eine Versagerin. Du bist eine Mörderin.«
Lily holte scharf Luft. »Ich bin keine Mörderin!«
»Du hast schuld.« Brendley trat so dicht an sie heran, dass sie sein Aftershave riechen konnte, süß und herb zugleich.
»Ich habe es nicht gewollt.«, flüsterte Lily den Tränen nahe.
»Wann hat man dich schon mal nach deinem Willen gefragt?« Brendley lachte auf. »Hat man dich gefragt, ob du ein Mädchen sein willst? Hat man dich gefragt, ob du eine Hexe sein willst? Du bist eine Mörderin. Dazu wird man geboren und du kannst das nicht ändern.«
»Das ist nicht wahr!«, schrie Lily und spürte, wie ihr die Tränen übers Gesicht rannen. »Ich bin keine Mörderin!«
»Du wirst es noch früh genug einsehen.« Brendley beugte sich zu ihr herunter und packte ihre Schultern. Plötzlich konnte Lily sich nicht mehr bewegen, alles stand still, selbst die Schaukel hing in der Luft fest. Nur Brendley bewegte sich, als wäre er der Herr über Zeit und Raum. »Und ich werde auf dich warten, hier, in dieser Hölle. Du wirst einsehen, dass es kein Entrinnen gibt.«
Dann küsste er sie, fest und unnachgiebig.
Lily fuhr hoch. Es war morgen, die Sonne schickte warme Strahlen in ihr Zimmer, ein sanfter Wind blähte die Vorhänge des geöffneten Fensters. James, der neben ihr lag, hatte die Augen geöffnet und zog besorgt die Stirn in Falten.
»Ein Alptraum?«, fragte er und setzte sich etwas auf.
»Ja.« Lily atmete tief durch. Ihr Herz hämmerte zwar immer noch in ihrer Brust, doch als James sie in den Arm nahm, ließ ihre Aufregung etwas nach. Aber Brendleys braune Augen ließen sich nicht aus ihren Gedanken verbannen.
»Ich kann sie nicht retten.«, flüsterte Lily leise und betrachtete die feinen Narben, die James’ Brust zierten.
»Wen?«
»Ich weiß nicht.« Lily strich mit dem Zeigefinger eine Schramme nach. »Ich weiß nur, dass ich es nicht kann.«
Der seltsame Traum war schnell vergessen als Julia kam, um sich mit Lily auf die Hochzeit vorzubereiten. Während die Mädchen sich in Lilys Zimmer einquartierten, hörten sie James auf dem Flur immer wieder mit seiner Mutter streiten und kicherten. James gehörte nicht zu der Sorte Männer, die gerne Abendkleidung trugen, geschweige denn zu denen, die sich von ihrer Mutter einkleiden ließen. Ohne Krawattenbindezauber wäre er in Hogwarts wohl aufgeschmissen gewesen.
Mit dem Ausruf »Hilf mir, sie will meine Haare schneiden!« platzte James auch schon in Lilys Zimmer und versiegelte eilig die Tür hinter sich. Julia, die gerade an Lilys Augenmake-up saß, stieß einen genervten Seufzer aus, weil sie Lily vor Schreck einen völlig krummen Liedstrich gemalt hatte.
»Hmm.«, machte Lily nachdenklich, ohne die Augen zu öffnen. »Das wäre vielleicht auch mal nötig.«
»Ich lass mir von ihr doch nicht die Haare schneiden!«, empörte sich James, wobei er ›ihr‹ ganz besonders betonte, als wäre seine Mutter ein Scheusal, und ging in Lilys Badezimmer, wo er sich seinen Festumhang richtig anzog.
»Von wem sonst?«
»Das mach ich selber!«
»Das erklärt einiges.«, murmelte Julia und Lily konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
Doch schließlich saßen sowohl James ›Frisur‹ als auch Lilys Augenmake-up und die Zauberer konnten mithilfe eines Portschlüssels, den Mr Potter von den Longbottoms bekommen hatte, zur Hochzeit aufbrechen.
Als Lily gehört hatte, dass die Longbottoms hunderte von Gästen zu sich nach Hause einluden, hatte sie sich ein rappelvolles, kleines Zaubererhaus vorgestellt, wie es die Potters hatten.
Als sie aber in einer großen Einfahrt mit Springbrunnen ankamen und sich vor ihnen ein regelrechtes Schloss auftat, klappte nicht nur Lily der Mund auf.
»Da muss Franks Dad aber gute Freunde beim Ministerium haben, dass ihm das genehmigt wird.«, meinte James und sein Dad stieß einen leisen Pfiff aus.
»Das muss Tage gedauert haben, um das alles so hinzuzaubern.«, stimmte Miranda ihm zu und dann begaben sie sich alle in das riesige Gebäude. Kurz bevor sie durch die großen, geöffneten Eichentore gingen, sah Lily noch einmal über die Schulter. Hinter der Einfahrt und einem weitläufigen Garten konnte sie ein großes, dichtes Maisfeld erkennen, einen Wald und am Horizont eine kleine Stadt. Lily hatte keine Ahnung in welchem Teil von England sie sich gerade befand.
In der pompösen Eingangshalle wurden sie von zwei Hauselfen begrüßt, die ihnen ihre Jacken abnahmen und wurden in einen großen Saal weitergeleitet, in dem ein Meer von Stühlen aufgestellt war. Ganz vorne unter einem kleinen Dach aus bunten Blumen sollte wohl die Trauung stattfinden.
Außer ihnen waren erst wenige andere Gäste anwesend, sowie Franks und Alice’ Eltern. Franks Mom erkannte Lily sofort an der Beschreibung, die Sirius und James ihr geliefert hatten. Sie trug einen fürchterlich großen Spitzhut, der über und über mit Fell bezogen war. Lily wollte gar nicht wissen, wie viele Tiere dafür ihr Leben hatten lassen müssen.
Als sie die Neuankömmlinge bemerkte, rauschte sie sofort auf die Potters zu, umarmte Mr Potter und Miranda fünf Mal und kniff James in die Wange. Lily und Julia mussten sich auf die Zunge beißen, um nicht los zu lachen.
Dann wandte sich Mrs Longbottom den Mädchen zu und behauptete, Alice habe ja schon so viel von ihnen erzählt, bis die nächsten Gäste kamen und Mrs Longbottom diese in Empfang nehmen musste.
»Stell dir vor, SIE hätte dir die Haare schneiden wollen.«, raunte Miranda ihrem Sohn ins Ohr und Lily lachte leise auf. Sie konnte sich regelrecht vorstellen, wie Mrs Longbottom um James herum wuselte, hier und da unsystematisch Haare abschnitt und quasselte und quasselte und quasselte…
Langsam aber sicher begann sich der Saal zu füllen. Auch Remus ließ nicht lange auf sich warten und gesellte sich zu seinen Freunden. Er sah gut aus, obwohl sein Festumhang ganz offensichtlich nicht der neueste war. James hexte ihn ihm ein paar Zentimeter länger, weil Remus seit dem letzten Fest schon daraus hinausgewachsen war, wofür Remus ihm nur ein verlegenes Grinsen schenkte. Lily hatte sich noch nie über die Vermögensverhältnisse ihrer Freunde Gedanken gemacht. Sie hatte immer nur an ihre eigenen Geldprobleme gedacht.
Emily kam nur ein paar Minuten später in den Raum. Sie trug ein glänzendes, altrosa Kleid und ein Handtäschchen, dessen Umhängegurt aus Pflanzen mit weißen Blüten bestand. Kurz umarmte sie Lily und ihre Freunde, sogar Remus, und erklärte, dass es noch so viel zu machen gäbe und sie gar keine Zeit zum Plaudern habe. Alice hatte sie wohl spontan zur Brautjungfer ernannt, weswegen Emily schon zwei Stunden mit Alice in ihrem Anziehzimmer verbracht hatte.
Julia fragte, ob sie die Braut vor der Hochzeit noch einmal sehen durften und Emily führte sie zu Alice’ Ankleidezimmer. Die Braut hatte jedoch keine Augen für Julia und Lily. Nur ganz kurz bewunderte sie Lilys neue Frisur und die Kleider der Mädchen, dann war sie schon wieder von ihren eigenen Problemen eingenommen.
»Emily, ich glaube, ich kann meinen Schwur noch nicht! Heißt es ›für immer‹ oder ›bis in alle Ewigkeit‹? Oh Merlin, ich werde mich so blamieren! Sitzen meine Haare richtig? Wo sind eigentlich die Blumen?! Nein, wo sind die verfluchten Blumen?! Hat meine Mom die etwa vergessen? Das darf doch nicht- Ah, da sind sie ja…« Alice wuselte noch in Unterwäsche durch das Zimmer und schien nicht mehr zu wissen, wo oben und unten war.
»Wir gehen wohl besser.«, raunte Julia Lily ins Ohr und die beiden verabschiedeten sich schnell, obwohl Lily sich nicht sicher war, ob Alice es überhaupt mitbekam.
Als sie den Saal wieder betraten, hatte er sich bereits mit einer ordentlichen Anzahl an Gästen gefüllt. Zuerst entdeckte Lily Frank in einem teuren Festumhang bei James und Sirius stehen. Sie lachten laut und klopften Frank immer wieder auf die Schulter. Lilys Herz machte einen Hüpfer. Wenn Sirius hier war, dann war doch bestimmt auch…
»Sekt?« Ein großes, schlankes Mädchen in einem dunklen, violetten Kleid hielt Remus mit perfekt manikürten Nägeln ein Sektglas hin. Ihr breites Grinsen wurde von ihrem violetten Lippenstift perfekt in Szene gesetzt und sanfte Grautöne umrahmten ihre Augen. Miriam sah so schön aus, dass Lily sich sofort ein bisschen vorkam, wie das hässliche Entlein. Das Gefühl verstärkte sich noch ein bisschen, als Miriam sie entdeckte und entsetzt die Augen aufriss.
»Bei Merlin, Lily, wer hat dir das angetan?« Miriam rammte Remus das Sektglas in den Magen und ging mit schnellen Schritten auf ihre Freundin zu. Statt auf die Frage zu antworten, umarmte Lily grinsend ihre Freundin. Miriam konnte sich so elegant und vornehm kleiden, wie sie wollte, sie blieb einfach immer das rücksichtslose Biest, das Lily so gern hatte.
»Miri, ich hab dich so vermisst!«, murmelte Lily in ihr Haar und drückte sie noch ein bisschen fester an sich.
»So sehr, dass du dich selbst verstümmelst?«
Lily lachte auf und löste sich von ihrer Freundin. »Ist es denn so schlimm?«, fragte sie nervös und fuhr sich durch die blonden Haare.
»Nun ja…« Miriam warf einen kurzen Blick auf Julia, die beleidigt die Lippen schürzte und Miriam von oben bis unten musterte. »Du siehst geparkerd aus.«
»Ge-was?«
»Geparkerd.« Miriam nickte zu Julia rüber, die daraufhin die Augen verdrehte.
»Solange Lily nicht geclarefield aussieht, ist ja wohl alles in Ordnung.«, zischte sie, drehte sich auf dem Absatz um und ging mit stolzen Schritten zu den Jungen hinüber, um Frank zu gratulieren.
»Das war nicht nett, Miri.«, meinte Lily und strich sich die Haare hinter die Ohren. »Juli hat mir sehr geholfen.«
»Bevor ich abgereist bin, hab ich zu dir gesagt, du sollst keine Dummheiten anstellen! Und eine Akademie in die Luft zu sprengen und sich mit Parker anzufreunden sind mit die größten Dummheiten, die ich mir vorstellen kann!«
»Nicht so laut!«, beschwor Lily ihre Freundin und sah sich schnell um, doch niemand schien die Freundinnen belauscht zu haben. »Das mit der Akademie war Notwehr! Und Julia ist nicht so schlimm, wie du denkst!«
Miriam schüttelte nur grinsend den Kopf. »Weißt du, als bei uns im Aurorenlager die Meldung ankam, dass eine Muggelstämmige die Zaubertrankakademie gesprengt hat, da hab ich gleich zu Frank gesagt, das kann nur Lily gewesen sein!« Miriam hakte sich bei Lily unter und führte sie aus dem Saal hinaus. »Wie genau hast du es gemacht? Ich will alles wissen! Sirius hat zwar schon was erzählt… Aber nach dem Sex ist er nie so gesprächig, also war es doch nicht ganz so viel.«
Lily konnte sich ein Lächeln nicht unterdrücken. Wie sehr hatte sie Miriams direkte Art vermisst! Keine Geheimniskrämerei, kein Drum-herum-Gerede, Miriam haute Fakten meist präzise formuliert knallhart auf den Tisch.
Also hielt auch Lily mit ihren Informationen nicht hinter dem Berg und erzählte ihr alles von der Akademie, beschrieb ihr die Todesser bis ins kleinste Detail und flüsterte ihr auch zu, dass sie seitdem von zwei Auroren rund um die Uhr bewacht wurde.
»Genug von mir.«, meinte Lily schließlich und sah Miriam neugierig an. »Wie ist es dir ergangen? War das Aurorenlager so schlimm, wie alle immer sagen?«
Miriam zuckte mit den Schultern. »Es war… Nichts für Amateure. Aber es war auch nicht die Hölle. Meistens war es sogar ganz lustig, wenn wir gegeneinander kämpfen mussten. Das war eigentlich unsere Hauptaufgabe: miteinander kämpfen und üben. Wir haben neue Flüche gelernt, wurden im Wald ausgesetzt und von unseren Ausbildern gejagt… Wer unverwundet ins Lager zurückkam, hat ein Eis bekommen.«
Lily grinste. »Klingt perfekt für dich.«
»Na ja.« Miriam wiegte den Kopf leicht hin und her. »Es hat Spaß gemacht. Die Realität hat aber nichts mit Spaß zu tun.«
In diesem Moment betrat ein Mann in einem schicken grünen Umhang die Eingangshalle, in Begleitung einer kleinen, zierlichen Frau. Er hatte einen dichten, braunen Schnauzer für sein sonst feines Gesicht und er kam Lily sofort bekannt vor. Sie runzelte die Stirn und auch Miriam heftete ihren Blick auf die beiden.
»Das sind doch Emilys Eltern.«, stellte Miriam fest und beobachtete unauffällig, wie der Hauself Mrs Lewis die Jacke abnahm. »Wenn die eingeladen sind, lassen andere Politiker bestimmt nicht auf sich warten.«
»Armer Remus.«, murmelte Lily und beobachtete, wie die Lewis gemeinsam durch die große Tür in den Saal traten. »Das könnte noch in einem Dilemma enden.«
»Warum?«
Mit kurzen Sätzen raunte Lily ihr die Ereignisse zwischen Emily und Remus zu und Miriam verdrehte immer wieder demonstrativ die Augen. »Bei Merlin, da hat sich Emily mal wieder so geschickt angestellt, wie ein Guhl beim Waschen. Manchmal ist sie so naiv, dass ich kotzen könnte.«
Lily hätte es zwar nicht so ausgedrückt, aber insgeheim gab sie Miriam schon recht.
»Ich hatte gehofft, du könntest ihr den Kopf waschen.«
»Ich bin zwar eine Hexe, Lily, aber versprechen kann ich nichts.«, seufzte Miriam. »Gegen Emilys Dickköpfigkeit kommt manchmal nicht mal die stärkste Kanonenkugel an.«
Sirius würdigte Lilys neue Frisur wieder mit einem breiten Grinsen, ersparte sich jedoch jeglichen Kommentar. Lily fiel auf, dass er schon in diesen wenigen Minuten auf der Hochzeit so fröhlich zu sein schien, wie in den letzten Wochen nicht mehr, was ganz bestimmt an Miriam lag. Miranda freute sich, das Mädchen endlich kennen zu lernen, das Sirius so den Kopf verdrehte, tauschte aber später mit ihrem Mann zweifelnde Blicke, als Miriam Andrew Howe mit einer langen Umarmung begrüßte, woraufhin sich Sirius dreist dazwischen drängte und Howe ebenfalls umarmte, was alle Umherstehenden sichtlich verwunderte, Howe allen voran.
Natürlich blieben sie nicht die einzigen ehemaligen Hogwartsschüler, die eingeladen waren. Christin Cornwall nickte den Freunden nur kurz zu und schenkte James ein flüchtiges Lächeln, bevor sie in der Menge verschwand. Betty Burton erzählte Lily eine halbe Ewigkeit lang von dem Segelausflug mit ihrer Familie. Während sie so tat, als würde sie Betty zuhören, bemerkte Lily Professor Dumbledore, der in Begleitung von Professor McGonagall den Longbottoms und Masons die Hand schüttelte. Neben ihm tauchte ein vergleichsweise kleiner, hagerer Mann auf, den Lily sofort wieder erkannte.
»Mr Fenwick!«, rief sie, ließ Betty stehen und suchte sich durch die Menge hindurch einen Weg zu den Herrschaften. Der kleine Mann, der sie nach ihrer Flucht aus der Akademie versorgt hatte, erkannte die junge Hexe im ersten Moment gar nicht wieder. Doch als Lily sich vorstellte, hellte sich sein Gesicht sofort auf und er schüttelte der jungen Hexe heftig die Hand.
»Miss Evans! Wie schön, Sie hier zu sehen! Ich habe in letzter Zeit oft an Sie denken müssen. Man sagte mir, sie haben den Weg zu den Potters doch noch gefunden?«
»Ja, aber nur dank Ihnen.« Lily schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, während Mr Fenwick Professor Dumbledore in die Seite stieß.
»Siehst du, Albus? Das ist die Hexe, von der ich dir erzählt habe!«
Die Professoren Dumbledore und McGonagall wandten sich erwartungsvoll zu Mr Fenwick um und konnten beide ein erstauntes Blinzeln nicht unterdrücken. Lilys neue Frisur war wohl tatsächlich mehr als nur ungewohnt.
»Miss Evans, wie schön, Sie wiederzusehen. Sie sehen vortrefflich aus.« Professor Albus Dumbledore hatte über die Ferien nichts an Ausstrahlung verloren. Er war alt, sehr alt, aber dennoch kein bisschen gebrechlich. Seine eisblauen Augen funkelten stets wissend und amüsiert, der lange, weiße Bart hing in glatten, gepflegten Strähnen herunter.
Auch Lilys ehemalige Verwandlungslehrerin Minerva McGonagall begrüßte die junge Hexe höflich. Als sie jedoch James entdeckte, der mit seinem üblichen arroganten Grinsen auf sie zu schlenderte, konnte sie in leises Seufzen nicht unterdrücken. McGonagall betonte immer wieder, dass ihr solche Tunichtgute wie James und Sirius noch nie untergekommen waren,
Aber eigentlich wurde es dann doch noch ein ganz nettes Gespräch mit den Professoren. James legte Lily den Arm um die Mitte und erzählte von seinem Quidditchverein und dass Lily jetzt bei ihm wohnte. Besonders Professor McGonagall begann sich für die Quidditch-Thematik zu interessieren, während Lily sich mit Professor Dumbledore und Mr Fenwick über allerlei andere Dinge unterhielten. Die Gespräche wurden von Franks Mutter unterbrochen, die die Gäste bat, Platz zu nehmen, damit die Trauung endlich beginnen konnte. Frank stand schon ganz aufgeregt neben seinem Vater ganz vorne und redete mit einem alten Zauberer, der wohl die Trauung durchführen sollte. Lily war noch nie auf einer Zaubererhochzeit gewesen, doch sie bezweifelte, dass es hier so etwas wie Priester gab nach all dem, was sie von James’ Religiosität wusste. Sie setzte sich zu ihm und Sirius in die Mitte der Stuhlreihen und tauschte kurz einen Blick mit Julia, die sich zu Andrew setzte.
Plötzlich stand Emily neben ihr und packte Lilys Arm. »Alice hat dich spontan zur zweiten Brautjungfer erkoren, weil ihr aufgefallen ist, dass ich nicht Fotos vom der Ringübergabe machen kann, wenn ich gleichzeitig den Ring übergeben muss, es sei denn, ich hexe mir einen dritten Arm und das fand Alice dann doch nicht so berauschend.«
»Was?« Verwundert sah Lily sie an, aber Emily zerrte schon an ihrem Arm.
»Na los, komm, Alice ist kurz vorm Durchdrehen!«
»Aber ich hab doch gar nichts vorbereitet!«, wandte Lily noch einmal ein, stand aber schon auf, weil Emily so unnachgiebig an ihrem Arm zog.
»Du musst ihr nur den Ring geben, wenn darum gebeten wird, mehr nicht.«, meinte Emily und führte Lily davon. Mit einem leicht verzweifelten Blick drehte Lily sich noch zu James um, der ihr verwundert nachsah.
»Das sieht Alice ähnlich, dass sie sich über die wirklich wichtigen Dinge erst in der letzten Minute Gedanken macht.«, brummte Sirius kopfschüttelnd.
»Stimmt, sie sollte sich ein Beispiel an uns nehmen.«, meinte James und schüttelte genauso tadelnd den Kopf.
»An euch?«, fragte Remus nach und nickte Peter kurz zu, der aufgeregt zu den Jungen stieß und sich auf den freien Platz neben James setzte.
»Klar, an uns. Für mich steht schon immer fest, dass Sirius mein Trauzeuge wird, da gibt es überhaupt keine Diskussion.«, meinte James.
»Genau. Und für mich steht schon immer fest, dass ich nicht heiraten werde.« Er grinste Miriam kurz zu und wandte sich dann zu Peter um. »Warum kommst du erst jetzt?«
»Hab mich verfloht.« Peter wischte sich aufgeregt den Schweiß von der Stirn und atmete einmal tief durch. »Hab ich was verpasst?«
»Anscheinend ist Alice gerade am durchdrehen. Aber das ist ja nichts neues…«
Plötzlich erhoben sich alle Hochzeitsgäste und die Jungen machten es ihnen schnell nach. Die Braut betrat mit einem glücklichen Lächeln den Saal, am Arm geführt von ihrem Vater. Alice’ Kleid bestand aus einem recht engem Korsett aus Drachenhaut, die im Tageslicht hell funkelte. Ein weiter, ausladender Rock gab der Braut einen gewissen Hauch von Märchenprinzessin und Emily seufzte bei dem Anblick zugegeben etwas neidisch.
»Alice kann einfach alles tragen und es sieht perfekt aus.«, meinte sie und hob ihre Kamera. Die beiden Brautjungfern gingen langsam hinter Alice her, Lily versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie unangenehm ihr die Situation war. Sie hasste es im Mittelpunkt zu stehen und sah schnell weg, als sie James’ breites Grinsen sah. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, was für eine Tortur es für sie war. Tief durchatmen und an etwas anderes denken, ermahnte Lily sich selbst und heftete ihren Blick an Alice’ Rücken. Sie dachte einen Moment über Emilys Worte nach und betrachtete vorne angekommen die Braut noch einmal.
Alice hatte kinnlange, schwarzbraungelockte Haare und ein lustiges Lachen. Ihre Lippen waren heute ungewohnt rot, sonst waren sie zumeist nur zartrosa, aber ihr Teint war so blass wie sonst auch, vielleicht vor Aufregung sogar noch etwas blasser. Ihre schmale Statur war trügerisch, denn Lily wusste, dass sich unter Alice’ Klamotten trainierte Muskeln befanden. Sie liebte Sport und so ein paar Sit-ups oder Liegestützte vor dem Unterricht waren in Hogwarts bei Alice nicht selten gewesen. Dafür konnte sie aber auch essen wie drei Männer, was sie heute bei der Hochzeit natürlich mal wieder unter Beweis stellen könnte. Als Lily mit James an der Speisekarte vorbei geschlendert war, fielen ihr beinahe die Augen aus. Nudeln im Drachenmantel, Krabben mit Seeteufelsoße, Minikürbis mit Pfefferminzfüllung. Scheinbar gab es nichts, das Zauberer nicht aßen.
Der alte Mann begann mit zitternder Stimme die Trauung und Emilys Kamera schoss ein Bild nach dem anderen. Von seiner Mutter wusste James, dass der Alte Franks Großvater war. Frank selbst strahlte von einem Ohr zum anderen und James konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, besonders als er einen Blick auf Lily warf, die sich immer wieder unbehaglich umschaute und schließlich seinen Blick kreuzte.
Dachte sie auch gerade daran, wie es wohl wäre, selbst da vorne zu stehen, nicht als Brautjungfer, sondern als Braut?
Sie schenkte James ein Lächeln, das er aufmunternd erwiderte und beobachtete, wie sich die leichte rötliche Färbung auf ihren Wangen vertiefte.
Wenn er sie fragen würde, würde sie ja sagen?
James war sich nicht sicher.
Die Ringe wurden getauscht, Ehegelübde geschworen und ein langer Kuss getauscht. Die Menge applaudierte, allen voran Mrs Longbottom, der die eine oder andere Träne über die Wange kullerte.
Und dann begann das stundenlange Beglückwünschen und Feiern. Lily konnte dem frisch vermählten Paar als eine der Ersten gratulieren und reichte der überglücklichen Alice ein Taschentuch, um ihre Freudentränen zu trocknen. Währenddessen bildete sich eine lange Schlange von Hochzeitsgästen, die dem jungen Paar gratulieren wollte und Lily betrachtete mit Staunen die unzähligen Menschen, die den Saal füllten. Aus Angst, James und die anderen nicht mehr finden zu können, blieb sie bei Alice und Emily stehen, bis die anderen endlich an der Reihe waren und das Brautpaar umarmten.
»Frank, als du mir damals sagtest, dass du mit Alice Mason ausgehst, hab ich dir gleich gesagt, du wirst die nicht mehr los.«, grinste Sirius und umarmte seinen alten Schlafsaalkollegen fest. »Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!«
Miriam hingegen versuchte sich irgendwie aus der Umarmung zu befreien, die Alice ihr erteilte und tätschelte ihr schließlich unbeholfen den Rücken, bis Alice sie los ließ. Dann drückte sie Alice ihr Geschenk in die Hand und ging auf direktem Weg zur Sektbar.
Als Lily sich den Kopf nach Julia verrenkte, fielen ihr plötzlich die zwei Gestalten auf, die in schlichten, dunklen Umhängen in einer Ecke des Saales standen, dicht beieinander aber sich nicht zu unterhalten schienen. Lily kniff dich Augen zusammen.
»Hey, was ist?«, fragte Remus, der plötzlich neben ihr Stand und überflog kurz die vielen fremden Gesichter.
»Ich glaube, meine Leibgarde ist auch anwesend.«, murmelte Lily und wandte den Blick ab.
»Deine Leibgarde?«
»Du weißt genau, wovon ich rede.«
Plötzlich hörte Lily eine laute, schrille Stimme mit französischem Akzent, die sie überall wiedererkennen würde. Madam Blanchard, die Wahrsagelehrerin von Hogwarts, gratulierte Alice und Frank mit einem ausführlichen Händedruck und sagte den beiden einen kleinen Jungen voraus, was sie anscheinend an Franks Hand ablas. Als Lily sie sah, lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter.
In Hogwarts hatte sich Lily ihrer Wahrsagelehrerin anvertraut, hatte ihr von ihren Träumen erzählt und eingewilligt, eine Nacht bei ihr im Büro zu schlafen, wo Blanchard sie überwachen wollte.
Es wurde eine schreckliche Nacht, nicht nur für Lily, sondern auch für ihre Professorin. Noch nie hatte Lily einen Lehrer von Hogwarts so angsterfüllt erlebt. Blanchard hatte nur bestätigt, was Lily schon gewusst hatte: Ihre Träume waren grauenvoll. Und sie wurden wahr.
Sie hatte Lily die Karte eines Freundes gegeben, der Lily anscheinend helfen könnte. Die Karte lag irgendwo in Lilys Koffer und der war in irgendeiner Ministeriumsabteilung. Nicht, dass Lily je zu dem Freund hätte gehen wollen, er war bestimmt genauso unheimlich und durch geknallt wie Blanchard. Aber was sollte sie ihr sagen, wenn Blanchard sie auf ihre Träume ansprach? Es war am besten, ihr einfach aus dem Weg zu gehen. Vielleicht erkannte sie Lily mit ihrer blonden Haarpracht ja auch nicht wieder?
Die vielen Stühle wichen innerhalb von Sekunden mehreren gedeckten Tafeln. Lily hakte sich bei Remus unter und schlenderte durch die Tische, bis sie endlich den fanden, auf dessen Tellern ihre Namenskärtchen lagen. Lily sollte zwischen James und Peter sitzen, Remus zwischen Emily und Sirius. Remus tauschte kurzerhand die Tischkarten von Emily und Peter und ließ sich seufzend auf den Stuhl neben Lily fallen.
»Immer noch so schlimm?«, fragte sie und nahm Remus’ Hand.
»Keine Ahnung.« Remus seufzte leise. »Ich weiß überhaupt nicht mehr, woran ich bin.«
Lily schwieg betroffen und drückte Remus’ Hand. Sie hatte sich schon oft genug mit James gestritten um zu wissen, wie Remus sich jetzt fühlte.
»Guck mal, Pad«, hörte sie James plötzlich sagen und drehte sich erstaunt um. »Moony und meine Freundin halten Händchen. Was soll ich davon nur halten?«
James stand hinter ihnen mit vor der Brust verschränkten Armen und sah Remus tatsächlich so missbilligend an, dass dieser seine Hand aus Lilys löste.
»Solange er nicht an Lily festklebt...«, meinte Sirius, der plötzlich neben Lily auftauchte und sein Sektglas auf den Tisch stellte. Er zwinkerte Lily zwar zu, aber sie war schon verstimmt und wandte sich genervt an James.
»Was soll das?«
»Ich dachte nur, es wäre vielleicht mal hilfreich meinen Standpunkt klar zu machen.« James lächelte charmant und ließ sich auf den Platz neben Lily sinken. »Also, wovon habt ihr zwei hübschen geredet?«
»Das geht dich nichts an, James.«, fauchte Lily, woraufhin Sirius und James nur amüsierte Blicke tauschten.
»Tatsächlich?«
»Ja, tatsächlich!« Lily sprang auf und griff nach Remus’ Arm. »Komm, wir gehen.«
»Lass gut sein, Lily.«, murmelte Remus und ließ die Serviette durch seine Hände gleiten. Offensichtlich war er nicht in der Stimmung, sich mit seinen Freunden zu streiten, also nahm Lily ihr Sektglas und ging alleine davon. Julia stritt sich gerade mit Andrew am Büffet, Peter lief mit Emily durch die Menge und machte mit ihr Fotos, James’ Eltern unterhielten sich angeregt mit Dumbledore und Mr Fenwick. Zwei junge Männer traten hinzu, beide mit dichtem, rotem Haar und einem breiten Grinsen. Mr Potter umarmte sie wie gute, alte Freunde, dabei schätzte Lily sie gerademal auf Mitte zwanzig. Neugierig trat sie näher.
»Wie geht es Molly?«, fragte Mr Potter gerade und Lily runzelte die Stirn.
»Sie versorgt die Kinder, die sie im Eiltempo produziert.«, kicherte der eine junge Mann, wofür der andere ihm in die Seite stieß. Miranda bemerkte Lily und winkte sie mit einem Lächeln zu sich. Schüchtern trat Lily näher, begegnete dem aufmunternden Lächeln von Professor Dumbledore und ließ zu, dass Miranda ihr einen Arm um die Mitte legte, als wäre sie ihre Tochter, die sie stolz präsentieren wollte.
Der Gedanke ließ Lily für einen Moment beinahe die Tränen in die Augen treten.
»Fabian, Gideon, das hier ist Lily Evans, Jamies Freundin.«, stellte Miranda vor und die beiden Jungen schüttelten Lily vielleicht ein bisschen länger als notwendig die Hand. »Lily, das hier sind Fabian und Gideon Prewett. Sie haben vor vier Jahren bei meinem Mann die Aurorenausbildung abgeschlossen und sind erst seit ein paar Tagen wieder im Land.«
»Soll das heißen, Jamie wird sesshaft?«, kicherte der eine, der wohl Fabian hieß und bekam schon wieder einen Kniff von seinem Bruder, der etwas größer war.
»Das will ich doch hoffen.«, meinte Miranda und pflückte ein herum schwebendes Sektglas aus der Luft. »Wo ist Jamie?«
»Blödsinn reden.«, antwortete Lily und sah Mr Potter an. »Es sind ja recht viele Auroren auf dieser Hochzeit.«
»Nun, Franks Dad war ja auch lange Zeit Auror. Frank und Alice haben im Lager bestimmt auch noch welche kennen gelernt.«, meinte Miranda schlicht, doch Mr Potter hatte Lilys Worte durchschaut. Er nickte leicht, wandte dann den Blick ab und Lily atmete unauffällig tief durch.
»Zumindest sind die meisten verbliebenen Auroren anwesend, nach alldem, was passiert ist.«, murmelte Gideon und steckte die Hände in die Hosentasche. Er hatte eine tiefe, raue Stimme und heftete den Blick auf Lilys Schuhe.
»Eine Freundin von mir hat gerade die Erstausbildung hinter sich gebracht. Sie ist auch hier.«, meinte Lily und Gideon hob den Blick. Es war zwar Fabian, der ihr antwortete und von seinen Erlebnissen im Aurorenlager erzählte, doch die ganze Zeit haftete Gideons Blick auf Lily, was allerdings niemandem außer ihr aufzufallen schien. Lily wünschte sich plötzlich, sie wäre nicht zu der Gruppe gestoßen, doch irgendwann wurde es ihr zu blöd und sie erwiderte Gideons starren Blick. Er hatte intensive, blaue Augen, die Augenbrauen kritisch zusammengezogen. Worüber dachte er nach? Warum sah er sie so an? Kannte sie ihn? Hatte sie ihn schon mal gesehen? In der Winkelgasse? In der Akademie?
Plötzlich bemerkte Lily eine Person hinter Gideon, die sie genauso anstarrte, allerdings nicht so fordernd, sondern bleich und ängstlich. Als Lily zu ihr hinüber sah, wandte Madam Blanchard den Blick ab und ging mit schnellen Schritten auf den Ausgang des Saales zu.


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