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Fanfiction

Hat diese Finsternis einen Namen? - Welten

von Buntstiftchen

Der Samstag rückte schnell näher. Und mit ihm natürlich auch das erste Hogsmeade- Wochenende.

Es war damals mein erstes richtiges Treffen mit Tom Riddle gewesen. Das erste Mal, dass ich mich bewusst auf ihn zu bewegte, mich auf ihn einließ, ihm die Türen öffnete.
Er ist eingetreten, resolut und unaufhaltsam. Und er ist geblieben. Bis heute. Selbst wenn er nicht da war, dann haftete sein Geruch an allem, was sich um mich herum befand. Selbst an mir.

Aber ich darf mich nicht beschweren, schließlich war ich es selbst, die ihn mit offenen Armen empfangen hat.
Womit ich allerdings nie gerechnet hatte war, dass sich die Türen hinter Tom schließen würden und mich damit zur Gefangenen in meinem eigenen Haus machen würden. Eingesperrt- zusammen mit meinem Wärter, der mich zugleich unterdrückte, folterte, hasste und... liebte.

Ich hatte mir vieles überlegt, wie ich diesem Samstag entgehen könnte, stets mit dem Hintergedanken, dass ich, egal wie sehr ich es mir auch anders einredete, auf jeden Fall doch mit ihm gehen würde. Aber damals war ich noch nicht dazu bereit, mir das einzugestehen.
Eigentlich war mir mein Leben, bis ich ihn näher kennengelernt hatte, relativ klar gewesen. Ich wusste, dass ich zu niemandem gehören wollte, dass ich mich niemals auf jemanden einlassen würde können, dass niemand mir genügen würde. Ich wusste, dass es für mich keinen Platz auf der Welt gab.
In Tom Riddle hatte ich jemanden gefunden, der auf dieser Welt auch keinen Platz hatte.
Der Unterschied zwischen uns bestand darin, dass er sich seinen Platz in der Welt ganz einfach selbst schaffte.

Ich ging zu dem Treffen, weil ich es wollte.
Ja, es wäre zwecklos das zu leugnen. Ich wollte es. Ich wollte es, weil ich das Gefühl hatte, er würde mich verstehen. Er war intelligent, mit ihm konnte ich reden. Richtig reden. Er genügte mir. Er war anders. Und ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, einen Menschen zu treffen, der war wie ich.


Am Samstagmorgen um halb zehn saß ich auf meinem Bett und flocht sorgsam einen hübschen französischen Zopf. Emma saß mir gegenüber auf ihrem Bett und beobachtete mich. Ihre strubbligen schwarzen Haare standen in alle Richtungen ab und ihre nackten Zehen wippten rhythmisch, als würde sie einer für uns unhörbaren Musik lauschen. Lynn kam mit tapsigen Schritten aus dem Badezimmer und hüllte ihren dünnen, knochigen Körper eilig in ein großes Handtuch, ehe sie sich mit zusammengepressten Beinen an den Rand ihres Bettes setzte und an den Nägeln zu kauen begann.

„Ist irgendetwas?“, fragte ich Emma nach einer Weile und legte mir meine Hände in den Schoß.
„Nein, wieso fragst du?“
„Weil du mich anstarrst“, erklärte ich trocken und versuchte dabei Lynn zu ignorieren, die mich neugierig musterte.
„Naja, ich frage mich nur wie es kommt, dass du mit einem Jungen nach Hogsmeade gehst.“ Emma lächelte und zog ihre Füße zu einem Schneidersitz heran.
„Er muss… wie sag ich… etwas an sich haben. Sonst würdest du das niemals tun.“

„Mit wem gehst du denn?“, fragte Lynn.
Ich ignorierte sie und wandte mich wieder Emma zu.

„Ach ja?“, entgegnete ich und senkte den Blick. „Vielleicht versuche ich aber auch nur, irgendwie normal zu sein, weißt du.“

Emma schüttelte den Kopf.
„Erzähl das wem anderen Gwen. Ich weiß es besser“, sagte sie nur und ließ sich dann zurück in die Kissen sinken.
Ich seufzte und zog meine Kniestrümpfe höher und den Schuluniformrock etwas tiefer, dann schnappte ich mir meinen schwarzen Umhang und ging zu Tür.

„Mit wem gehst du denn nun?“, rief Lynn mir hinterher, aber da war ich schon zur Tür hinaus.

Auf dem Weg hinunter in die Eingangshalle begegnete mir fast niemand. Die Gänge waren wie ausgestorben. Wie es schien blieben die meisten Schüler an so einem eiskalten, stürmischen Vormittag wohl lieber in ihren Betten, als nach Hogsmeade zu spazieren. Völlig unverständlich für mich, aber ich war froh darüber. Ich hasste es, wenn das Dorf erfüllt war von lauten Lachern und übermütigen Schülern, die sich aufführten, als hätte sie die Zeit ihres Lebens.

In der Eingangshalle angekommen, erwartete mich schon Tom Riddle.
Vielleicht klinge ich wie ein kleines Mädchen, das verzückt von seiner großen Liebe erzählt, aber er war einfach unglaublich schön. Das dämmrige Licht in der Halle ließ seine Haut blass und marmorhaft aussehen und er stand so regungslos da, wie eine Statue. Sein Ausdruck war wie immer das schönste an ihm. Es wäre sinnlos ihn weiter zu beschreiben. Wer ihn damals nicht gesehen hat, dem kann man diese Aura, die ihn umgab einfach nicht beschreiben.

„Wie schön, dass du gekommen bist“, begrüßte mich Tom und lächelte dabei so kalt und gefühllos, dass ich sofort erkannte, dass es in seinen Augen ein großer Fehler gewesen wäre, wäre ich nicht gekommen. Meine Wut auf ihn wuchs.

„Ich freue mich auch“, sagte ich und blieb einige Schritte vor ihm stehen.

Er sah mich von oben bis unten an und sein Blick blieb schlussendlich bei meinen Augen hängen. Unser Spiel schien ihn zu amüsieren.

„Wollen wir?“, fragte er nach einigen Sekunden und wendete sich ohne eine Antwort abzuwarten um.
Er bot mir nicht seinen Arm an, wie es damals üblich gewesen war. Er ging in sicherem Abstand zu mir, genauso, wie ich mich am wohlsten fühlte, soweit man sich in seiner Gegenwart überhaupt jemals wohlfühlen konnte.

Draußen war es eiskalt und Schneeflocken peitschten mir ins Gesicht. Wir schwiegen und schlugen den verschneiten Weg Richtung Dorf ein. Es war kein peinliches Schweigen, das herrschte. Es war einfach nur still und so war es gut. Der Weg war rutschig und eisig und nach wenigen Minuten begann ich zu frieren.

„Ist dir kalt?“, sprach ich Tom schließlich an und wandte ihm mein Gesicht zu.

Er sah mich mit leicht gesenktem Kopf ebenfalls an und schien überrascht darüber zu sein, dass ich ein Gespräch begann.

„Nein“, sagte er und sah mir dabei seltsam lange in die Augen. „Warum fragst du mich das?“

„Weil du vor einiger Zeit auf der Wiese sagtest, dir wäre nicht zu warm, weil du es so wolltest. Da stellt sich mir die Frage, ob es sich mit Kälte genauso verhält.“

Ich unterbrach mühevoll den Blickkontakt und senkte den Kopf um meine Augen vor dem wilden Schneetreiben zu schützen. Ich spürte seinen Blick und zog unwillkürlich meinen Schal höher.

„Ja“, sagte Tom nur und beschleunigte seine Schritte.

Ich musste beinahe laufen, um mit ihm Schritt zu halten. Das war mir allerdings zu blöd, und deshalb fiel ich bald einige Schritte zurück. Tom schien anfangs gar nicht zu registrieren, dass ich nicht mehr direkt neben ihm ging, er schien tief in Gedanken versunken. Vielleicht fragte er sich, was er da eigentlich tat. Wo es hinführen sollte, was er sich von diesem Treffen überhaupt erwartete.
Aber plötzlich fuhr sein Kopf herum. Er sah mich ungeduldig an.

„Geh schneller“, herrschte er mich genervt an und drehte mir rückartig wieder seinen Rücken zu.

Ich schnaubte auf.
„Nein, weil ich wirklich keine Lust habe hinter dir herzulaufen, wie ein dressiertes Hündchen.“

Tom drehte sich wieder zu mir um und fuhr sich mit der Hand durch die dichten schwarzen Haare, in denen sich bereits weiße Flocken niedergesetzt hatten.

„Gwendolyn?“, fragte er mich unvermittelt und wartete, bis ich vor ihm stand.
Ich hob das Gesicht zu ihm und zog die Augenbrauen hoch.

„Ja, Tom?“

Sein Name kam mir nur sehr schwer über die Lippen denn in diesem Moment erinnerte ich mich an das Gespräch der beiden Slytherin- Jungen zurück. Er mochte es nicht, wenn man ihn Tom nannte. Er hasste den Namen. Ich beschloss, ihn ab sofort öfter zu gebrauchen, auch wenn er sich auf meinen Lippen komisch anfühlte.

Toms anderen Namen, den hasste ich ebensosehr, wie er seinen richtigen Namen verabscheute.
Ich hasse diesen Namen so sehr. Ich habe ihn niemals in den Mund genommen. Ich habe es tief in meinem Inneren nie akzeptiert, dass der Mann, neben dem ich jede Nacht schlief, der Mann, der mich küsste, der Mann der mein Herz schneller schlagen ließ, dass dieser eine Mann der grausamste Mensch war, den ich kannte. Dass die Hände, die mich täglich berührten, über meinen Körper fahren durften mit rotem Blut befleckt waren, der Mund, die Lippen, die meine berührten, Flüche ausstießen, die Tod bedeuteten. Die Augen, die manchmal überliefen vor Gefühlen, dass diese Augen für alle anderen kalt und erbarmungslos die Welt verhöhnten. Für mich heißt er Tom. Tom Vorlost Riddle. Tom. Mein Tom.

Ich sah auch damals in seinem Gesicht, dass er den Namen verabscheute. Aber er sagte nichts, sondern sah mich nur an.

„Du solltest besser das tun, was ich dir sage“, erklärte er ruhig und brannte seinen Blick in meinen.

Er sah gefährlich aus, genau das dachte ich in diesem Moment. Ich war allein mit ihm, hier draußen würde mich niemand hören, wenn ich schrie. Er könnte tun mit mir, was er wollte.
Das dachte ich in diesem Moment und trotzdem zögerte ich nicht ihn zornig anzublicken.

„Ich tue was ich will“, antwortete ich und ging an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
Ich hörte seine Schritte nicht, aber plötzlich war er wieder neben mir.
Ich spürte seinen Zorn und er war mir absolut gleichgültig.

Ich frage mich, warum er sich das damals gefallen ließ. Warum er mich nicht einfach gefügig machte, wie er sich alle anderen gefügig machte.
Ich glaube er wollte einfach mit der Beute spielen, bevor er sie verspeiste. Und ich war eine willige Beute. Ich spielte mit, wohl wissend, dass das Ende unweigerlich auf mich zu kam.

Wir gingen schweigend weiter und ich wickelte meinen Mantel enger um mich. Der Wind blies mir in mein vor Kälte starres Gesicht und ich zog die Schultern hoch.

Unserer Schritte knirschten im Schnee.

„Ich weiß zwar, dass du es verabscheust, über dich zu sprechen, aber ich hätte da ein paar Fragen, Gwendolyn“, nahm Tom das Gespräch wieder auf, als wir gerade um eine Kurve bogen. Das Dorf kam in Sicht.

„Tatsächlich?“, fragte die sarkastisch. „Wenn das so ist, dann habe ich auch ein paar Fragen.“

Tom sah mich von der Seite her an und lächelte trocken. „Dann werde ich mir Mühe geben, sie ehrlich zu beantworten“, sagte er mit demselben Sarkasmus in der Stimme wie ich.

Ich spürte, dass er mich noch immer ansah und wendete ihm mein von der Kälte leicht gerötetes Gesicht zu. Seine Augen erschienen dunkler als sonst, was durch die weißen Flocken in seinem Haar und auf seinem schwarzen Umhang nur noch mehr verstärkt wurde.

„Wer hat dich Okklumentik gelehrt?“, fragte mich Tom und strich sich über seine roten Lippen.

Ich zögerte. Es stimmte, was er gesagt hatte. Ich hasste es, über mich zu erzählen. Es tat weh, über Tante Erin zu sprechen. Aber ich hatte begriffen.
Antwort gegen Antwort. Ein einfaches Spiel.

„Von meiner Tante“, sagte ich schließlich zögernd, als wir die ersten schneebedeckten Häuser erreichten.

Tom sagte nichts, aber ich sah an seinem eindringlichen Blick, dass er noch nicht zufriedengestellt war.

„Sie hat sich als ich klein war immer einen Spaß daraus gemacht, in meinen Geist einzudringen“, erklärte ich ruhig und tonlos und blickte dabei auf die menschenleeren Straßen vor uns. „Irgendwann hat es mir gereicht und ich habe es eines Tages geschafft, sie zurückzustoßen. Niemand hat es mir beigebracht. Das war ich selbst.“

Tom hatte kein Mitleid mit mir, als ich ihm das erzählte, dass sah ich sofort. Ganz im Gegensatz zu Flynn, der Tante Erin‘ s Verhalten furchtbar gefunden hatten. Ich war froh darüber, dass Tom mich nicht bemitleidete. Ich hasste Mitleid. Ich wollte es nie.
Mitleid ist eines jener Gefühle, die Tom Riddle nie empfunden hat. Mit niemandem. Mitleid und Gnade kannte er nicht.

„Wo ist sie jetzt?“, fragte Tom mich nur, ohne den Blick von mir zu nehmen.

„Ich weiß es nicht“, antwortete ich ehrlich und blinzelte die Schneeflocken in meinen Wimpern fort. "Eines Tages hat sie es auch bei meiner Schwester versucht und da hat es meinem Vater gereicht. Sie haben gestritten und seither habe ich sie nicht mehr gesehen."

"War sie die Schwester deines Vaters?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, mein Vater war kein Zauberer."

Tom schien vollkommen gebannt von meiner Geschichte und das verwirrte mich und brachte mich aus dem Konzept.
"Wo ist dein Vater jetzt?", fragte er mich mit einem Glitzern in den Augen.

„Wo sind deine Eltern?“, entgegnete ich, ohne auf seine Frage einzugehen.

Tom runzelte die Stirn.
„Wo sollen sie denn sein?“

„Das frage ich dich. Du warst immer allein, am Bahnsteig.“

Ich sah, wie sich etwas in Tom Riddle‘ s Gesicht veränderte. Es wurde plötzlich zu einer verzerrten Maske.

„Sie sind tot“, sagte er ruhig und lächelte dabei so falsch und grausam, dass ich unwillkürlich den Atem anhielt. Da lag absolut kein Schmerz, keine Trauer in seinen Augen. Da lag blanker Hass in ihnen.
So unverständlich es auch klingen mag, aber ich hatte das Gefühl ihn zu verstehen. Ich nickte und beobachte ihn genau als ich weitersprach.
„Wo lebst du?“, fragte ich, ohne noch weiter auf seine Eltern einzugehen.
Unwillkürlich beschleunigte Tom seine Schritte, aber diesmal hielt ich Schritt.

Dick eingemummte Gestalten kamen uns entgegen und Tom wartete, bis sie an uns vorbeigeeilt waren, ehe er weitersprach.
„Ich lebe hier auf Hogwarts“, sagte er und ich hatte Mühe ihn durch das laute Heulen des Windes überhaupt zu verstehen.
Er wich mir aus, das war mir klar, aber ich wusste wie es war, wenn man sich hier auf Hogwarts mehr zu Hause fühlte, als irgendwo sonst auf dieser Welt. Und deshalb fragte ich nicht weiter nach. Wenn er Hogwarts als sein Zuhause erklärte, dann hatte er kein anderes. Ich verstand ihn. Er brauchte es nicht auszusprechen.

"Mein Vater ist auch tot", sagte ich, anstatt weiter in ihn zu bohren.

Eine Weile gingen wir durch das Dorf und ich hörte Tom ab und zu verächtlich zischen, wenn wir vereinzelten Schülergrüppchen begegneten, die uns ungeniert anstarrten.
Als wir über einen kleinen Abhang spazierten zog es mir plötzlich die Füße weg und ich rutschte aus.

Es war reiner Reflex, dass er nach mir gegriffen hatte. Wäre es nicht so schnell gegangen, dann hätte er mich hinfallen lassen, das weiß ich ganz genau. So aber schoss seine Hand nach vorne und schloss sich wie ein eiserner Schraubstock fest um meinen Oberarm.
Obwohl er nicht direkt meine Haut berührte, durchzuckte mich ein heftiger Stromschlag.

Tom riss mich unsanft zurück auf die Füße und kaum dass ich das Gleichgewicht wiedererlangt hatte, war sein Arm auch schon wieder fort. Die Stelle an der er mich gepackt hatte schmerzte und pochte.
Ich hob überrascht den Blick und zuckte zurück, als ich seinen sah. Seine Nasenflügel und seine Pupillen waren geweitet und seine Lippen fest zusammengepresst.

„Pass auf wo du hintrittst!“, spie er mir entgegen und brachte eilig etwas Abstand zwischen uns. Ich starrte ihn an, dann zuckte ich mit den Achseln.

„Lass mich doch das nächste Mal hinfallen, wen du dich sowieso nur über mich ärgerst“, entgegnete ich ihm kalt und rückte meinen Mantel zurecht.
„Das mach ich auch“, sagte Tom ruhig und wendete sich zum Weitergehen.
„Verlass dich darauf.“

Er setzte seinen Weg fort und ich zog meinen Zopf fester und folgte ihm.

„Wohin gehen wir?“
Tom ignorierte meinen Blick und beschleunigte seine Schritte.
„Ich meine mich daran zu erinnern, dass du sagtest du würdest es verabscheuen Butterbier zu trinken und durch die Straßen zu spazieren. Deshalb dachte ich, ich zeig dir was, was deinen Ansprüchen genügen dürfte.“
Ich starrte auf seinen Rücken und blieb stehen.
„Das klingt, als wäre ich vollkommen egozentrisch und unzufrieden mit allem anderen.“
Tom lachte auf. „Bist du das etwa nicht?“
Ich blickte stumm in den grauen Himmel und Tom drehte sich grinsend um.
„Na?“, fragte er und zog die Augenbrauen hoch, während er mich musterte

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass DU jetzt damit einverstanden wärst, dich in die Drei Besen zu setzten. Ich bin nicht die einzige, die egozentrisch und unzufrieden ist.“

Tom lächelte mich nachsichtig an.
„Ich stimme dir zu“, sagte er höflich und machte eine winkende Handbewegung. „Und nun komm.“

Wir spazierten einige Zeit schweigend und ich hielt meinen Blick starr nach vorne gerichtet, wohl wissend, dass er mich unentwegt ansah. Mittlerweile hatten wir die Häuser wieder hinter uns gelassen und gingen über schneebedeckte Hügel Richtung Wald. Von weitem konnte ich den zugefrorenen Schwarzen See zwischen den Bergen glitzern sehen. Der Wind wurde stärker.

„Du bist speziell“, richtete Tom wieder seine Worte an mich, als wir die ersten Bäume erreicht hatten.
„Du gehst mit einem Fremden, den du überhaupt nicht kennst, in einen dunklen Wald, fernab von jeder Zivilisation und du machst dir nicht die geringsten Gedanken darüber, dass dieser Fremde vielleicht nicht der ist für den du ihn hältst.“
In Toms Augen blitzte etwas auf.

„Ich bin mir sicher, dass du nicht der bist, für den ich dich halte“, antwortete ich und lächelte. „Und falls du es wissen willst: ich bin garantiert auch nicht die, für die du mich hältst.“

Seine Augen waren beängstigend und ich musste kurz die Augen schließen, um sie aus meinem Kopf zu bekommen.

„Das bezweifle ich“, widersprach Tom und bleckte die Zähne. „ Ich glaube ich habe dich bereits bei unserer ersten Begegnung vollkommen durchschaut. In so etwas bin ich nämlich sehr, sehr gut, musst du wissen.“

Die Bäume um uns herum wurden dichter und der Weg war mittlerweile so schmal, dass ich hinter Tom gehen musste. Wir schwiegen eine Zeit lang und während ich hinter ihm ging, fiel mir erstmals auf, dass er einen ganz eigenen Gang hatte. Sein Nacken und sein Rücken waren kerzengerade, sein Kopf merkwürdig hoch erhoben, sodass es aussah, als würde er schreiten. Aber wenn man genauer auf seine Füße sah, dann war es eher ein Schleichen, ein geschmeidiges Voranbewegen. Sein Oberkörper bewegte sich kaum.

„War es dein erstes Mal?“, fragte mich Tom unvermittelt, ohne sich umzuwenden.
Ich verstand nicht sofort. „Was meinst du?“

Er seufzte ungeduldig auf. „War es dein erstes Mal, dass du versucht hast, in jemandes Geist einzudringen?“

Ich senkte den Blick auf den schneebedeckten Boden. „Ja, das war es. Und ich hätte es nie getan, wenn du es nicht ständig bei mir tun würdest. Es ist grausam und falsch. Es ist, als würdest du vergewaltigen.“

„Vergewaltigen?“

„Ja, seelisch vergewaltigen.“

Ich war mir nicht hundert prozentig sicher, aber ich glaube er hat gelächelt, als er antwortete.

„Das ist eine interessante Beschreibung, die du da hast. Seelisch vergewaltigen…“ Er verlangsamte seine Schritte und strich sich übers Kinn. „Das kling schön. Wirklich schön…“

Jeder normale Mensch hätte spätestens jetzt begriffen, dass Tom Riddle kein guter Mensch war. Jeder normale Mensch hätte sich gefürchtet und versucht von ihm loszukommen.
Mein Problem allerdings war, dass ich nicht wirklich normal war. In keiner Hinsicht. Mein Interesse an ihm wuchs ebenso, wie seines an mir.

"Du bist wütend auf mich", stellte Tom überrascht fest.
"Warum?"

Ich schnaubte. "Wenn du so ein guter Menschenkenner bist, dann wirst du das wohl herausfinden."

"Du bist wütend, weil ich dich gezwungen habe, heute zu kommen", sagte Tom ohne Zögern. "Dabei wärst du ohnehin gekommen, wenn du ehrlich bist."
Ich presste die Lippen aufeinander.
"Ich bin wütend auf dich, weil ich wütend auf mich bin. Und ich bin wütend, weil ich dich davonkommen ließ, als du Flynn verhext hast. Ich hätte es melden sollen. "

"Was hätte es dir denn gebracht, Dippet einzuschalten? Glaubst du, das hätte mich abgehalten?"

"Gerechtigkeit, das hätte es gebracht", stieß ich hervor und presste die Kiefer zusammen.

Tom lächelte versonnen und einen Moment schien alles um uns herum still zu stehen.
An diesem Tag kam ich mir ohnehin wie auf einer fremden Welt vor. Alles um mich herum erschien mir surreal und überflüssig. Er entführte mich irgendwohin und ich ging kritiklos mit ihm, wohl wissend, dass er mir den eigentlichen Weg zurück nicht zeigen würde. Ich würde mein restliches Leben damit verbringen, irgendwo umher zu stolpern, von Stürmen und Gewittern getrieben, auf der Suche nach etwas, das es nicht gab.

"Irgendwann wirst du erkennen, wie naiv du bist", sagte Tom leise flüsternd, während er an seinem Kragen zupfte. "Gerechtigkeit! Das ich nicht lache."

Die Bäume um uns herum wurden immer dichter und der ohnehin schon dunkle Himmel verfinsterte sich immer mehr. Wir stiegen über morsche Bäume, die unter den Schneemassen umgestürzt waren, wir kletterten über vereiste Felsenstellen und duckten uns unter tief hängenden Ästen durch.
Und plötzlich blieb Tom stehen. So unvermittelt und überraschend, dass ich gerade noch anhalten konnte, ohne ihn zu berühren.
Ich folgte seinem Blick und hielt den Atem an.

Was ich sah war das wundervollste, das ich je im Leben sehen durfte.
Das Einhorn war golden und etwas kleiner, als ein normales Fohlen. Es lag allein unter einem mit Schnee beladenen Strauch und blickte uns unglaublich wissend und interessiert entgegen. Seine Mähne, die beinahe über den ganzen Rücken floß, sah aus wie flüssiges Gold und seine Hufe scharrten gleichmäßig über den Boden. Ich weiß nicht wie lange ich es anstarrte, aber plötzlich trat Tom hinter mich und ich spürte seinen heißen Atem an meinem Ohr.

„Geh hin“, flüsterte er mir zu.

Ich drehte mich halb um und sah ihn stumm an. Sein Blick lag auf dem Einhornfohlen und ich erkannte die Gier in seinem Blick sofort. Damals hatte ich freilich noch nicht verstanden, was das zu bedeuten hatte, aber ich spürte, dass er in dem Einhorn nicht dasselbe sah wie ich. Das spürte ich sofort.
Ich wendete mich wieder um und ging langsam auf den Strauch zu. Das Einhorn ließ mich gewähren und blickte mir mit großen Augen entgegen. Ich spürte Toms lauernden Blick im Rücken und straffte die Schultern. Vor dem golden schimmernden Bündel, das den Schnee um sich herum funkeln ließ, ging ich in die Knie, sodass ich mich auf Augenhöhe mit ihm befand. Es sah mich mit so einer Intelligenz in den Augen an, dass ich mich beinahe unwohl zu fühlen begann. Ich wollte es anfassen, aber ich konnte nicht. Es war so wunderschön, dass ich es nicht über mich gebracht hätte diese Schönheit zu stören. Ich saß einfach nur stumm vor dem Tier und konnte mich nicht bewegen. Der Zauber des kleinen Einhorns fesselte mich vollkommen. Ich spürte Wärme in mir, anstatt der eisigen Kälte. Nach endlosen Minuten, die mir wie ein ganzes Leben vorkamen, erhob ich mich und ging zu Tom zurück, der weiter zurückgetreten war und mir durch wirres Geäst hindurch entgegenblickte.

„Danke.“
Tom zog die Augenbrauen hoch. „Wofür?“
Ich stieß ein raues Lachen aus und blieb vor ihm stehen.

„Dass du mir das Einhorn gezeigt hast.“
Ich blickte zurück du versank abermals in seinem Anblick. „Woher wusstest du von ihm?“, fragte ich und wandte mich wieder Tom zu, der mich nachdenklich betrachtete.
„Professor Ceallaigh hat mir davon erzählt. Nun ja, viel mehr haben es mir seine Gedanken verraten, aber das willst du sicher nicht hören“, antwortete Tom, während er sich über die zusammengepressten Lippen strich.
„Es ist nur ärgerlich, dass Einhörner, zumindest was Männer betrifft, so unbarmherzig sind. Wirklich sehr ärgerlich.“
„Dass du Einhörner so faszinierend findest passt nicht zu dir.“
„Findest du?“
„Ja finde ich.“
„Nun, zu dir passt das auch nicht.“
Ich lächelte und ging an ihm vorbei. Er folgte mir.

„Das Blut von Einhörnern erhält einen am Leben, selbst wenn man kurz vor dem Tod steht. Wusstest du das?“ fragte mich Tom leise und schwach konnte man einen lauernden Unterton in seiner Stimme hören. In meinem Nacken stellten sich die Haare auf.

„Ja, wusste ich. Und wusstest du, dass das Leben für einen dann nie wieder dasselbe ist? Dass man verflucht ist, wenn man ihr Blut trinkt? Wusstest du das?“

Er lächelte mich unbeschwert an und ging zügigen Schrittes den Weg, den wir gekommen waren, zurück.

„Ein verfluchtes Leben ist immer noch besser, als gar kein Leben“, sagte er laut und blickte kurz über die Schulter zurück zu mir. „Ist etwas?“

Ich schloss kurz die Augen und dachte einen Moment lang nach. Dann schüttele ich den Kopf.
„Nein. Du erfüllst nur das Klischee eines typischen Slytherin.“ Ich ging langsam neben ihm her. „Obwohl, eigentlich bist du in den meisten Punkten ganz anders, als die meisten aus deinem Haus.“
„Das kann ich nur zurückgeben.“ Tom blickte mich mit leicht schräg liegendem Kopf an.

„Hast du Angst vor den Slytherins, Gwendolyn?“

Ich versuchte den Blick von ihm zu nehmen, aber ich konnte nicht.

„Nein“, antwortete ich ruhig.

Tom lächelte kurz, dann schüttelte er den Kopf.
„Und hast du Angst vor mir Gwendolyn?“

„Vor dir nicht, nein.“

Toms Augen blitzen. „Sondern?“, fragte er ruhig und betrachtete mich eingehend.

„Das kann ich dir nicht sagen, ohne dass du mich anschließend für total absonderlich halten wirst.“
Ich war beinahe vorbereitet auf die Kälte an meiner Stirn. Mühelos verdrängte ich sie.

„Dieses Spiel langweilt mich“, sagte ich nach einigen Sekunden und begann schneller zu gehen.

Tom hatte nicht die geringste Mühe, mit mir Schritt zu halten. Wir liefen schweigend den ganzen Weg zurück, bis wir über eine kleine Abkürzung an der Seitenwand des Schlosses aus dem Verbotenen Wald traten. Zu meiner großen Verwunderung verdunkelte sich der Himmel bereits, dabei war mir die Zeit, die ich mit Tom Riddle verbracht hatte, sehr kurz vorgekommen. Es musste sicherlich schon nach vier Uhr sein.

Wir stapften noch immer schweigend durch den Schnee zum Schlossportal. Wir traten ein und gingen Seite an Seite Richtung Treppe, wo wir beide gleichzeitig stehen blieben.
Toms Haare waren nass und nicht ganz so ordentlich gekämmt, wie sonst immer. Ich spürte, dass auch mein Zopf sich fast aufgelöst haben musste, aber mir war egal, wie ich aussah. Tom fixierte mich und schien tief in Gedanken versunken.

„Wir sollten die Regeln ein wenig ändern. Dann wird dir deine ‚Langweile‘ schon vergehen“, sagte er leise und ein seltsamer Schleier, der über seinen Augen lag, ließ ihn plötzlich unberechenbar und irr wirken.

Wir sahen uns stumm an, dann wandte ich mich ab und ging davon. Ich drehte mich zwar nicht um, aber ich spürte, dass er mir nachsah, bis ich am oberen Ende der Treppe um eine Kurve bog. Sein Blick tat beinahe weh und als ich ihn nicht mehr fühlte, entspannte sich meine Muskulatur schlagartig. Plötzlich spürte ich den Hunger und die Erschöpfung, die ich den ganzen Tag nur am Rande meines Bewusstseins wahrgenommen hatte. Und ich fühlte den Schmerz in meinem Oberarm, genau an der Stelle, an der Tom Riddle mich gepackt hatte.

Im Schlafsaal war ich allein und darüber war ich sehr froh. Ich schlüpfte aus meinen klammen Kleidern und ging über die eiskalten Steinfließen Richtung Badezimmer. Die Stille war angenehm, nur das gelegentliche Tropfen eines Wasserhahns durchbrach die Stille. Ich öffnete mit starren Fingern den Verschluss an meinem Rücke und zog mir die steife Unterwäsche vom Körper.
Ich betrachtete meinen nackten Körper im verblichenen, milchigen Spiegel und fuhr gebannt die Umrisse des rot- blauen Flecks auf meinem Arm nach.

Ich hatte keine Ahnung, dass dieses Mal nicht das letzte Mal auf meinem Körper bleiben würde, dass Tom Riddle mir zufügte. Ich hatte keine Ahnung, dass ich Jahre später ein weiteres Mal auf meinem Körper tragen würde. Ein Mal, gegen das ich mich lange widersetzt hatte. Im Endeffekt hatte es keinen Sinn gemacht, mich dagegen zu wehren. Mein ‚Nein‘ war für Tom Riddle noch nie relevant gewesen.
Er hatte es trotzdem getan. Einfach so. Er hatte mich gekennzeichnet. Als die Seine. Für immer die Seine.

Heute brennt das Mal fast jeden einzelnen Augenblick. Ich spüre es, wo immer ich bin, wohin ich auch gehe, was ich auch mache. Es schmerzt und macht es für mich unmöglich auch nur eine Sekunde lang zu vergessen.

Vergessen wäre so leicht.


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