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Fanfiction

Hat diese Finsternis einen Namen? - Feigling

von Buntstiftchen

So, endlich. Das neue Kapitel.
Tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat,
mein Laptop mit all meinen Notizen war kaputt und es hat etwas gedauert bis ich ihn wiederbekommen hab. Ich hoffe ich schaff es, dass ich wieder regelmäßig was neues hochlade ;)
Vielen vielen Dank für die vielen Reviews und viel Spaß mit dem neuen Kapitel.
Liebe Grüße an alle



Feigling

In seine Todeslohe hüllt dich das Licht.
Versunken, leidensblass stehst du da, ausgesetzt
den alten Dunstspiralen der Abenddämmerung,
die kreisend dich umringt.
Stumm, meine Freundin,
einsam in all der Einsamkeit dieser Stunde voll Sterben
und erfüllt vom Leben des Feuers,
reine Erbin des zerstörten Tages.


„Es tut weh“, flüsterte sie. „Es tut so weh.“
Ich grub meine Fingernägel in die Innenseite meines Unterarmes bis rote Blutstropfen unter ihnen hervorquollen und auf den Boden tropften, wo sie zerplatzten und wunderschöne klatschmohnfarbene Blüten hinterließen.
Ja, sie hatte Recht. Es tat weh.

„Mach dass es aufhört. Egal wie. Bitte!“
Ein letztes Flehen, so verzweifelt. Ein Flehen ohne jegliche Hoffnung, das wirkungsvollste Flehen überhaupt. Ich wünschte ich könnte es beenden. Ich wünschte ich könnte.
„Ich kann nicht mehr.“ Ihre Stimme brach. „Es geht nicht mehr.“
Ich verstärkte den Druck meiner Finger, hoffte ich würde bis zu den Pulsadern dringen und so endlich allem ein Ende bereiten.
Sie war nicht die einzige, die nicht mehr konnte. Denn auch ich konnte nicht mehr.

„Warum ist das alles passiert? Wie konnte es soweit kommen? Warum ich?“
Es ist meine Schuld. Es tut mir leid. Das wollte ich ihr sagen, aber ich brachte keinen Laut über die Lippen.

„Du hättest auf mich hören sollen“, stieß sie hervor.
Eine Blutblase an ihrer Lippe zerplatzte.

„Warum hast du mir nicht geholfen?“
Ich durfte nicht länger schweigen. Ich musste es ihr sagen. Ich öffnete den Mund, sah ihr in die Augen, doch sie waren starr und leer und ich erkannte, dass es zu spät war.
Es war immer zu spät.


In meine erste Nacht allein im Schlafsaal schlief ich beängstigend gut. Da waren keine Geräusche, die mich störten, mich aufschrecken ließen, keine Geräusche, die sich in mein Gehirn bohrten wie Gift und mich davon abhielten, träumen zu können.
Da waren nur noch ich und mein ruhiges Atmen.
Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich wieder ausgeruht und munter und als ich die Augen am nächsten Morgen aufschlug spürte ich ein Lächeln auf meinem Gesicht.
Ich schlüpfte in eine schwarze Stoffhose, wie sie damals in Mode gewesen waren und dann ertappte ich mich dabei, wie ich mit nacktem Oberkörper vor dem Kleiderschrank stand und tatsächlich überlegte, was dazu passen könnte.
Ich musste lachen und das erschreckte mich beinahe.

Ich entschied mich für eine weiße Bluse, und erst als ich meine Haare bürstete fiel mir auf, dass es nicht die meine war. Sie gehörte Tante Erin und musste unter meine Sachen geraten sein, als sie uns damals so überstürzt verlassen hatte. Ich riss mir das Kleidungsstück vom Körper, als hätte es meine Haut verbrannt.

Tante Erin war sehr hübsch gewesen und sich im Gegensatz zu meiner Mutter dessen stets bewusst gewesen. Sie hatte einen guten Geschmack gehabt und die Tatsache, dass sie gut aussah, hatte sie weit gebracht. Sie hatte gewusst, wie sie bekommen konnte, was sie wollte. Sie hatte es ganz genau gewusst.
Vielleicht hätte ich sie gemocht, wenn sie mir nicht den Vater genommen hätte. Und vielleicht wäre meine Mutter heute nicht so, wenn sie nicht gesehen hätte, dass ihr Mann sie mit ihrer eigenen Schwester betrog. Ein bitterer Geschmack machte sich in meinem Mund breit und ich fröstelte in der kalten Morgenluft.
Manchmal wünsche ich mir, ich wäre ebenso ahnungslos wie Deirdre geblieben. Aber ich bin es nicht und deshalb habe ich bezahlt.

Ich schlüpfte in ein altes Hemd, flocht mir die Haare und ging durch das menschenleere Schloss hinunter zum Frühstück, allerdings nicht ohne vorher noch die Bluse ins Feuer im Gemeinschaftsraum geworfen zu haben, wo sie sich langsam schwarz verfärbte und schließlich löchrig wurde und zerfiel wie verwesendes Fleisch.

Flynn erwartete mich bereits am Gryffindortisch. Da an meinem eigenen Tisch nur drei kichernde Erstklässler, einige tuschelnde Mädchen aus der Fünften und ein stiller Siebtklässler saßen, setzte ich mich zu ihm. Flynn sah gut aus, an diesem Morgen.

Manchmal tut mein Herz ein wenig weh, wenn ich ihn heute dort sitzen sehe. Die Haare, die etwas zu lang und unordentlich waren für die damalige Zeit standen in alle Richtungen ab und ließen ihn aussehen, als wäre er gerade eben erst aufgestanden und dann ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen direkt in die Große Halle spaziert.
Wie er so dasaß, mit leicht verschlafenen Blick und Marmeladenklecksen auf dem Hemd erinnerte er mich mehr denn je an unserer Kindheit. Unschuldig sah er aus und völlig unvorbereitet auf das, was die Welt ihm später noch antun würde.
Er trug einen hässlichen roten Strickpullover und an seinem hektischen Kratzen am Hals erkannte ich, dass er nicht nur kratzig aussah, sondern es auch war.
Aus den Augenwinkeln entdeckte ich Tom Riddle am Slytherintisch sitzen. Ich sah ihn nicht direkt an, aber ich bemerkte trotzdem, dass er genau beobachtete, wie ich mich am Gryffindortisch niederließ.

„Morgen“, begrüßte mich Flynn mit vollem Mund, während er auf die Holzbank neben sich klopfte. Ich ignorierte die Aufforderung und ließ mich ihm gegenüber nieder.
„Was ist das für ein Pullover?“, fragte ich, ohne seinen Gruß zu erwidern.
Flynn verzog das Gesicht.
„Frag nicht. Das willst du nicht wissen, glaub mir.
Ich zog den Krug mit Kürbissaft näher zu mir und füllte meinen Kelch damit.
„Wenn du jemandem etwas nicht sagen willst, dann sag niemals: Das willst du nicht wissen“, erklärte ich Flynn gut gelaunt, während ich mir einen leeren Toast schnappte und darauf herum zu kauen begann.
„Ich hab ihn von Deirdre. Sie hat ihn anscheinend selbst gestrickt.“
Ich grinste und bemerkte wie immer nicht Flynns darauffolgenden Blick.

Einen Blick voller Sehnsucht, so tief und reißend, dass er sich nirgends mehr halten konnte und einfach mitgezogen wurde.
Weshalb es ausgerechnet mein Lächeln war, das der Auslöser dafür war habe ich nie verstanden. Vielleicht weil ich es so selten tat. Lächeln.

Ich beruhigte mich wieder und fuhr mir mit der Hand über den Mund, wie um das Lächeln von dort fort zu wischen, fast als würde ich mich schämen diesem banalen Lachtrieb überhaupt je nachgegangen zu sein.
„Deirdre’ s Geschmack ist wohl noch lächerlicher, als ich gedacht hatte“, sagte ich leise und blickte auf meinen Teller hinunter.
Flynn verzog den Mund.
„Ich finde die Idee mit dem selbstgestrickten Pullover… gut.“
Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Ach wirklich?“
„Nein. Naja, besser als mein Geschenk ist es allemal.“
„Wieso? Was hast du ihr geschenkt?“

Flynn zog schuldbewusst den Kopf ein.
„Eine große Packung Schokofrösche und einen Schal.“
Ich verzog spöttisch das Gesicht.
„Wie originell. Da hast du dir wohl echt Mühe gegeben was?“
„Naja du wolltest mir doch nicht helfen etwas auszusuchen.“
Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern und Flynn lächelte matt, dann drehte er sich um und blickte sich in der Großen Halle um.

„Eigenartig, dass so viele Slytherins noch da sind, nicht? Normalerweise können die es doch gar nicht erwarten von hier weg zu kommen“, bemerkte er dann wie nebenbei.
Ich machte den Fehler seinem Blick zu folgen.
Tom hätte in diesem Moment vieles tun können, mit dem er mich keinesfalls überrascht hätte.
Er hätte mich anstarren können, er hätte mich mit einem bösen Blick bedenken können, er hätte mich ignorieren können.
Er tat aber nichts dergleichen.

Er saß drei Tische entfernt, am anderen Ende der Halle und als sich unsere Blicke trafen, stellte er das Gespräch welches er eben noch mit seinem Nachbarn geführt hatte ein.
Seine Mundwinkel hoben sich und dann lächelte er. Einfach so, als wäre es das Normalste der Welt dort zu sitzen und sich zu freuen mich zu sehen.
Ich starrte ihn an und das schien ihn nur noch mehr zu amüsieren.

Er hob die Hand, ganz kurz und ganz schnell und grüßte er mich quer durch den Raum. Ich war zu perplex um zu reagieren, zu verwirrt um etwas anderes zu tun, als zu starren.
Einen Augenblick blieben unserer Blicke noch verschränkt, dann wandte Tom sich ab und ich sah schnell zurück zu Flynn, der glücklicherweise nichts bemerkt hatte.

Nach dem Frühstück spazierte ich mit ihm über die mit Schnee bedeckten Ländereien. Wir wanderten am Ufer des teilweise zugefrorenen Schwarzen Sees entlang und jedes Mal wenn der schneidende Wind eine Welle ans Ufer trieb, klang es wie klirrende Glasscherben.

Heute, wenn ich wieder einmal das Gefühl habe unterzugehen, laufe ich nach draußen ans Ufer des Meeres und versuche im Tosen der Brandung jenes Geräusch wieder in mir heraufzubeschwören.
Manchmal gelingt es mir, aber wenn ich dann versuche mir Flynn vorzustellen, wie er dort steht, am Seeufer, Flocken von weißem Schnee im Haar wie Puderzucker auf Karamelltorte, ein schiefes Grinsen im noch immer leicht gebräunten Gesicht, dann wird das Klirren der Glasscherben lauter und irgendwann zerspringt das Glas und die Scherben bohren sich tief in meine Haut.

Gegen Mittag verschwand Flynn widerwillig ins Schloss, um Deirdre und seiner Mutter einen letzten Brief zu schreiben, damit sie nicht misstrauisch wurden und so spazierte ich allein weiter über die schneebedeckten Ländereien.
Zumindest so lange, bis Tom mich fand.

„Guten Tag“, sagte er freundlich und ich fuhr zusammen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich noch ein anderer außer mir an einem so kalten Tag nach draußen wagen würde.
„Ich begleite dich ein Stück, wenn du einverstanden bist.“

Tom trat neben mich auf den schmalen Trampelpfad im Tiefschnee und sah auf mich herab.
Er trug einen schönen, schwarzen Mantel und unwillkürlich fragte ich mich, woher er das Geld für so etwas hatte. Schließlich hatte er keine Familie mehr und lebte in einem Waisenhaus.
„Ich habe dich gar nicht kommen sehen“, sagte ich stirnrunzelnd und schlang meinen Umhang enger um mich, da der Wind immer stärker und schneidender wurde und es mittlerweile leicht zu schneien angefangen hatte.
Tom lächelte und schwieg und ich seufzte.

„Ich muss jetzt eigentlich wieder ins Schloss. Wir sehen uns aber am Donnerstag wieder.“
„Ihr verschwindet wohl heute noch“, sagte Tom leise und etwas trat in sein Gesicht, das ihn menschlicher wirken ließ. Was es war konnte ich nicht sagen, aber seine Augen wurden weicher und der schwarze Vorhang, der seine Gefühle sonst immer so geschickte verbarg, lüftete sich.
Ich nickte.
„Nun, das geht nicht“, sagte Tom ruhig.
Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Ach? Und warum sollte das nicht gehen? Unsere Abmachung war, dass du Flynn und mich in Ruhe lässt, wenn ich dafür mit dir komme und keine Sorge: Das werde ich auch.“
Tom verschränkte gemächlich die Arme hinter dem Rücken und verlangsamte seine Schritte etwas.

„Davon bin ich überzeugt. Es geht aber nicht darum, dass ich dich nicht gehen lasse. Ich muss nur noch mit dir sprechen, ehe du gehst.“
Seine Stimme klang eindringlich und ungeduldig und… irgendwie wütend.
Ich sah ihm verwirrt in die Augen, verstand nicht, warum er plötzlich zornig wurde.
„Das kann warten. Ich muss noch einige Sachen zusammensuchen. Ich…
Tom packte meinen Ellenbogen.
„Ich sagte, ich muss mit dir sprechen.“

Seine Stimme war kalt, wie ein Eiszapfen bohrte sie sich in meine Haut.
Ich zuckte zusammen. Eigentlich hätte ich mich mittlerweile daran gewöhnen müssen, dass er blitzschnell von verständnisvoll und freundlich zu jähzornig und grausam umschalten konnte.
Vielleicht klingt es schrecklich, aber diese Unberechenbarkeit, die ihn so sehr ausmachte, dieser ständige, faszinierende Wechsel in ihm übte einen unglaublichen Reiz auf mich aus und deshalb bin ich froh, dass ich mich nie daran gewöhnt habe. Mein ganzes Leben lang nicht.

Wütend starrte ich auf Toms Hand die wie ein Schraubstock um meinen Oberarm lang. Ich hob die Hand und legte sie auf die seine, um mich befreien zu können.
„Fein und ICH sagte, ich muss…“
Tom ließ mich unwillkürlich los, riss seine Hand so heftig zurück, dass ein Zischlaut durch die Luft fuhr. Als hätte ich ihm weh getan. Er kniff die Augen zusammen und atmete tief ein. Seine Nasenflügel bebten.
„Gut, dann begleite ich dich“, sagte er tonlos und schob mich von sich, als wäre ich ihm lästig, dabei war er es gewesen, der so nahe gekommen war.
„Ich wollte schon immer einen Blick auf den Ravenklaw- Gemeinschaftsraum werfen.“

Ich kniff die Augen zusammen, widersprach aber nicht. Es hätte sowieso keinen Sinn gehabt, hätte nur seine und auch meine Zeit verschwendet und im Endeffekt wäre es sowieso darauf hinausgelaufen, dass er mitgekommen wäre. Ich konnte wenigstens den Schein aufrecht erhalten, dass ich mitentscheiden konnte. Ich bog falsch ab und wählte den einfacheren Weg.


Tom ging langsamen Schrittes durch meinen Schlafsaal und sah sich neugierig um. Seine Augen fuhren gelassen durch den Raum, aber ich sah das Blitzen in ihnen, das diese Gelassenheit Lügen strafte. Er nahm jedes Detail auf, bis sein Blick schlussendlich an mir hängen blieb.

„Nett“, meinte er und kam näher. Langsam, bewusst, sehr konzentriert.
Ich strich mir fahrig einige losgelöste Strähnen hinters Ohr und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Anders als unsere Räumlichkeiten“, fuhr Tom langsam fort, während er gemächlich auf meine Kommode zutrat und darüber strich, als wäre sie aus feinster Seide.

Immer wenn ich Tom in einem Raum stehen sah, ihn Dinge anfassen sah, ihn mit Menschen sprechen sah, dann kam es mir so vor, als wäre er nie wirklich da. Er verhielt sich, als wäre er aus einer anderen Materie, als würde er nicht hierher passen in unsere Welt. Er war unwirklich und sanft und ruhig. Er war ein Schleichen, ein Hauch, ein etwas. Aber dann war er auch ein einziger Schrei, ein Schmerz, eine Gewalt. Wenn er wollte dann war er unnahbar und wenn er das nicht wollte, dann war unglaublich präsent und intensiv. Wie ein Naturgewalt.
Es ist schwierig zu beschreiben wie er war, wie seine Gegenwart alles und jeden in einem Raum zutiefst veränderte, beeinflusste. Wer ihn nicht gekannt hat, dem wird man es kaum jemals richtig erklären können.

„Ich würde gerne wissen, wie es ist wenn deine Freundinnen hier sind“, sagte Tom und drehte sich wieder zu mir um näher zu kommen.
„Das würde ich wirklich gerne einmal sehen.“
„Das sind nicht meine Freundinnen“, gab ich knapp zurück. „Und jetzt muss ich mich beeilen, also was wolltest du?“
„Die Statue unten in dem Gemeinschaftsraum, ich nehme an das ist Rowena Ravenklaw? Richtig?“, fragte Tom unvermittelt.
„Ja, war es das, was du mir so unbedingt sagen musstest?“
„Und das hübsche Schmuckstück, das sie trug?“

Es schien, als hörte Tom mich nicht, seine Augen waren begierig und glänzend, wie damals als er mir das Einhornjunge gezeigt hatte.
Ich mochte sie nicht. Diese nackte, tiefe, simple Gier in seinen Augen. Sie kam immer dann hervor, wenn der Wahnsinn in ihm Oberhand gewann. Wenn er tötete, folterte, wenn er Leid sah und auch wenn er mich sah.
Ich schloss die Augen.

„Was ist damit?“, fragte ich ungeduldig, während ich langsam begann, einige Kleidungsstücke in meine Tasche zu legen.
„Ihr verschollenes Diadem. Ich habe es mir immer anders vorgestellt. Nicht ganz so schlicht und nichtssagend. Gut, dass ich jetzt weiß, wie es aussieht“, sagte Tom.
Ich nickte nur und blickte über meine Schulter zurück zu Tom, der mittlerweile einige Briefe aus meiner Nachttischschublade hervorgeholt hatte und in ihnen las.
Ich schritt wütend auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen, in die er nach kurzem Zögern und mit einem zufriedenen Lächeln die Briefe fallen ließ ohne mich zu berühren.
„War es also das, was du so unbedingt mit mir besprechen wolltest?“
Tom lächelte.

„Nein. Nicht direkt jedenfalls. Stimmt es, dass euer Hausgeist eine Nachfahrin von Rowena Ravenklaw ist.“
„Eine Nachfahrin? Helena Ravenklaw? Sie ist ihre Tochter. Warum fragst du das?“
Tom nickte nachdenklich, dann kam er auf mich zu und sah freundlich auf mich herunter.
„Die Wahrheit?“, fragte er und ließ seine Augen mein Gesicht erkunden.
„Ich bitte darum.“
„Gut, es ist so, dass ich die Zeit nutzen möchte, solange hier nicht überall Schüler herumstreifen.“
Ich zog die Augenbraue hoch.
„Du suchst das Diadem?“, fragte ich, ignorierend, dass Tom näher trat. Er legte die Fingerspitzen sanft aneinander und nickte.
„Ja. Und ich denke, dass ich es finden könnte.“
„Und was hast du dann damit vor, solltest du es finden?“

Tom war mittlerweile vor mir angekommen und ließ seinen Blick ungeniert über mich gleiten.
„Die Wahrheit?“, fragte er abermals und dieses Mal glänzte der Schalk in seinen Augen.
„Ich bitte darum“, wiederholte ich, während meine Finger am Saum meines Hemdes tanzten.
„Auch wenn ich dann dein Gedächtnis verändern müsste?“, fragte Tom lächelnd, tastend, sehr neugierig darauf wie ich reagieren würde.

Er spielte wieder.
Bis zu diesem Augenblick hatte ich mich, oder zumindest meine Gedanken in Sicherheit gewähnt.
Tom hatte lange nicht mehr versucht, in meinen Kopf zu dringen. Ich hatte geglaubt das, woran mir am meisten lag, meinen Verstand, meine Erinnerungen und mein Innerstes schützen zu können.
Aber nun wusste ich, dass ich das nicht konnte. Wer in den Köpfen anderen Menschen herumpfuschte, wer die Macht dazu hatte, ihre Gedanken zu vergiften, wer keine Skrupel hatte so etwas zu tun, der war gefährlich, denn er konnte mit einem tun, was auch immer er wollte und es würde keine Konsequenzen haben. Nie.

Ich drückte meine verschränkten Arme enger gegen meine Brust.
„Hast du das denn schon mal gemacht?“, fragte ich, so ruhig, wie es mir nur möglich war. Tom lächelte und sah über meinen Kopf hinweg aus dem Fenster in das wilde Schneetreiben.
„Nein“, antwortete er und ich glaubte ihm.

Zu absurd war die Vorstellung, dass er es doch getan haben könnte. Lieber verschloss ich die Augen vor der Wahrheit, als dass ich sie ertragen hätte.
„Aber ich kann dir nicht sagen wofür ich das Diadem brauche, außer du wärst damit einverstanden, dass ich es dann doch tue.“

Ich stieß ein verächtliches Lachen aus.
Ich war es leid. Ich war es leid, diese Spielchen mit ihm zu spielen, in denen er sich mit mir maß, mit denen er mir zeigte, dass ich lediglich sein persönlicher Zeitvertreib war und mehr nicht.
Was ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht wusste war, dass es nicht mehr lange dauern würde und Tom würde begreifen, dass das Blatt sich gewendet hatte, ohne dass er es gemerkt hatte.

„Du solltest jetzt gehen“, sagte ich kalt und senkte den Kopf, da spürte ich plötzlich zwei Hände auf meinen Schultern. Zwei kalte, große Hände.

Mein Herz tut manchmal weh, wenn ich mich an ihren Druck dort zurückerinnere.
Ja, Tom Riddle legte seine Hände auf meine Schultern. Diese Geste erschien mir so vertraut, so intim, dass ich keine Luft mehr bekam. Es war so viel vertrauter als jede Umarmung die ich bisher bekommen hatte und es fühlte sich so unglaublich falsch an, dass ich nur noch allein sein wollte, allein in einer dunklen Kammer, geschützt vor meinen schrecklichen, unmöglichen Gefühlen.
Wir rührten uns beide nicht.

Der Moment senkte sich auf uns herab wie ein unwiderstehlicher Duft, der über unseren Köpfen schwebte, die Sinne betörte und den Verstand vernebelte. Ein Duft der verhinderte, klar denken zu können, in Toms Gegenwart.
Dann schien Tom bewusst zu werden, was er da gerade tat. Er nahm sofort die Hände von mir und trat zurück. Entsetzen und Wut in den Augen.

Später habe ich das noch öfter bei ihm beobachtet. Wenn er mir zu nahe kam und das dann realisierte, dann wurde er wütend. Auf sich selbst, aber zum größten Teil auf mich, fast so als wäre es meine Schuld, dass er meine Nähe suchte wie ein Glühwürmchen das Licht.

„Gwendolyn ich weiß nicht warum, aber es ärgert mich dich gehen zu lassen. Irgendwie will ich, dass du hierbleibst, weißt du.“, sagte Tom ruhig.
Ich sammelte meine Gefühle und sperrte sie wieder sicher ein, dann trat ich zurück von ihm und holte meinen wärmsten Mantel aus der Kommode.

„Was wir wollen ist nicht immer entscheidend. Vielleicht erkennst du das auch einmal“, antwortete ich.
Tom lächelte milde, während seine Augen jeder meiner Bewegungen folgten.
„Mag sein, dass es nicht immer entscheidend ist, aber manchmal ist es alles was zählt weißt du. So wie in meinem Fall.“
„Ach tatsächlich? Dann bin ich wohl keine gute Gesellschaft für dich.“
„Wie kommst du darauf?“, fragte Tom.
Ich warf mir meine Tasche über die Schultern und legte mir den Mantel auf den Arm, dann trat ich wieder vor Tom und sah zu ihm empor.
„Nun ich mag Menschen nicht, die nur darauf bedacht sind, sich ihren Bedürfnissen hinzugeben.“
„Gwendolyn, du solltest mich kennenlernen, wenn ich wirklich eines Tages ungeniert all meinen Bedürfnissen nachgehen werde. Denn das werde ich zweifelsfrei irgendwann. Aber noch ist es zu früh. Schließlich lasse ich dich fort, oder nicht? Das würde ich nicht tun, wenn ich meinen Bedürfnissen voll und ganz ausgeliefert wäre.“

Tom biss sich auf Lippe, lächelte verschmitzt und senkte den Blick.
„Und nun solltest du gehen, bevor ich mich doch noch dazu entscheide dich hierzubehalten.“
„Mich hierzubehalten?“
Ein Schauer lief über meinen Rücken bei seiner Wortwahl, doch ich zog nur die Augenbrauen nach oben.
„Wie kommst du nur immer darauf, dass du irgendetwas im Bezug auf mich entscheiden könntest?“
Tom tippte sich gespielt nachdenklich gegen das Kinn. „Nun ja ich habe immerhin ein Druckmittel: Den Gryffindor, du erinnerst dich.“

Meine Hände begannen zu zittern, so wütend wurde ich. Aber ich hatte gelernt, dass es gefährlich war zu zeigen was man fühlte und deshalb lächelte ich nur milde und schüttelte leicht den Kopf.
„Wir hatten eine Abmachung“, sagte ich nur.
„Ja, ja da hast du Recht. Die hatten wir in der Tat. Und damit kommen wir zum eigentlichen, was ich dir sagen wollte.“
Tom trat auf mich zu und diesmal blieb ich, wo ich war, sah nur mit zusammengepressten Lippen zu ihm hoch.

„Gwendolyn, wenn ich dir nochmals einen Handel vorschlage, wenn ich dir noch einmal sage, dass ich einen Kompromiss mit dir eingehen werde, wenn ich noch einmal so tue, als wärst du mir ebenbürtig, gleichberechtigt, dann solltest du wissen, dass ich lüge. Lüge. Lüge. Ich bin ein Lügner und finde es zwar äußerst amüsant, dass du tatsächlich glaubst, wir hätten ein Art Deal, aber ich denke du solltest einfach wissen, dass wir das nicht haben, nie hatten, nie haben werde. Das alles passiert so, weil ich es will, nicht weil ich es gestatte, nur damit du mit mir kommst. Ich will es und deshalb passiert es. Und nun gehst du besser, oder ich entscheide mich tatsächlich dafür, dass du hier bleibst.“
Tom machte eine vage, kaum zu erkennende Geste Richtung seiner Manteltasche, in der ich seinen Zauberstab vermutete.

Ich starrte ihn nur an, ausdruckslos und stumm und mir wurde klar, dass ich es gewusst hatte. Ich hatte gewusst, wie er war. Hatte mir eingeredet, dass es eine Abmachung war, dass ich selbst entschied, aber tief in mir drinnen da hatte ich gewusst, dass er es war, der entschied in welche Richtung dieses Spiel verlief.
Ich hatte es gewusst, ja. Und dann hatte ich den einfacheren Weg gewählt. Hatte mich einer Illusion hingegeben, die Augen verschlossen.

Ich nickte, lächelte, zerfetzte mein Gesicht während ich es tat, zog blutige Striemen darin und riss meine Haut auf dabei.
Ich nickte und ich lächelte. Und dann holte mit meiner Hand aus und schlug Tom ins Gesicht.
Fest und gezielt, mit Nachdruck und mit all meiner Wut.

Die Luft erzitterte und meine Haut vibrierte. Etwas fegte durch den Raum. Ich wusste nicht was es war, aber es ließ mich unwillkürlich frösteln. Der Raum kippte.
Tom sah mich ausdruckslos an und seine Augen gingen über vor Intensität.
Es war als würde die Welt den Atem anhalten. Sie stand still wie ein Karussell und ich, ich sprang hinunter von ihr, von der Welt.
Dann drehte sie sich wieder, aber ich war nicht mehr da. Stand nur da und sah zu, wie sie kreiste.
Stand nur da und wartete, dass sie vielleicht eines Tages wieder anhalten würde, damit ich wieder aufsteigen konnte, doch sie tat es nicht und als ich das begriff drehte ich mich um und lief aus dem Raum.
Ignorierte meinen Verstand, der mir immer wieder ein einzelnes Wort ins Ohr brüllte, solange, bis ich neben Flynn im Kamin stand und seine Hand die meine umfasste.
‚Feigling’, brüllte es in meinem Kopf.
Feigling, Feigling und immer wieder Feigling.

Manchmal tut mein Herz ein wenig weh, wenn ich mich an diesen Tag zurück erinnere, aber das ist gut.
Ich mag das, mag den Schmerz, denn dann spüre ich es. Mein Herz. Dann spüre ich, dass es da ist, dass es schlägt, dass es lebt. Noch immer. Nach allem, was passiert ist lebt es noch. Es ist unfassbar. Würde ich an Wunder glauben, dann wäre das eines.

Ich frage mich, wie das möglich ist. Wie kann es noch leben? Wie belastbar ist es? Wie belastbar ist der Mensch?
Meine Antwort: Der Mensch ist unglaublich belastbar.


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