von ChrissiTine
18. Dezember: Geburtstag in Hogwarts
2041
"Happy Birthday to you, Happy Birthday to you, Happy Birthday lieber Frank, Happy Birthday to you!"
"Was ist denn los?" Frank Cooper, der jüngste Sohn von Molly und Justin, setzte sich verschlafen in seinem Bett auf und rieb sich die Augen. "Ist irgendwas passiert?" Vor seinem Bett standen seine große Schwester Michelle und seine Cousine Diana Malfoy und strahlten ihn an. Die beiden waren bisher noch nie in seinem Schlafsaal gewesen, was auch die anderen Jungen, die hier schliefen, mittlerweile bemerkt hatten. Glücklicherweise hatte in ihrem Alter noch keiner Interesse an Mädchen, deshalb zogen sie alle schnell die Vorhänge zu, um ihre Ruhe zu haben.
"Du hast Geburtstag, Brüderchen!", sagte Michelle überschwänglich und ließ sich auf seinen Bettrand plumpsen. "Und ich wollte dir gratulieren. Ich bin doch immer die erste gewesen, die dir gratuliert hat."
Das stimmte. Schon als die beiden noch ganz klein gewesen waren, war seine Schwester immer schon vor dem Morgengrauen in sein Zimmer geplatzt, um ihn zu beglückwünschen. Sie hatte gewusst, dass er am Tag seines Geburtstages vor lauter Aufregung immer schon Stunden früher wach war als sonst und hatte das ausgenutzt. Letztes Jahr, als sie bereits in Hogwarts gewesen war und er nicht, hatte ihm das Ritual sehr gefehlt, auch wenn sie ihm eine Eule geschickt hatte, die kurz nach dem Frühstück angekommen war. Es war nicht das selbe gewesen.
Sie umarmte ihn herzlich und drückte ihm dann ein Geschenk in die Hand. "Danke", sagte Frank glücklich und riss das Papier gleich auf. Es kam eine Schokofroschkarte von seinem Lieblingsquidditchspieler Patrick Shark zum Vorschein, die er schon immer hatte haben wollen, aber nie gefunden hatte, weil sie ziemlich selten war. Shark war vor ein paar Jahren tödlich verunglückt, als er bei seiner Jagd nach dem Schnatz im Nebel gegen einen Baum geknallt war. Er war sofort tot gewesen. Frank war wochenlang todtraurig gewesen. Sharks Schokofroschkarte war nach diesem Vorfall unendlich wertvoll geworden und Frank hatte überhaupt keine Möglichkeit mehr gehabt, an eine heranzukommen.
"Wow", staunte er überwältigt. "Wo hast du die denn her?"
"Großonkel Harry hat endlich jemanden gefunden, der sie sammelt und bereit war, sie zu verkaufen", erklärte Michelle strahlend. Es freute sie sehr, dass sie ihrem kleinen Bruder so eine große Freude hatte machen können. Sie hatte sich seine Reaktion ausgemalt, seit sie letzten Monat von Harry einen Brief mit der Karte bekommen hatte. "Das Geschenk ist auch von ihm."
"Cool!", sagte Frank begeistert und starrte auf die Karte. Die würde er einrahmen lassen und nie wieder hergeben.
"Ich hab auch was", sagte Diana ungewohnt schüchtern. Das Geschenk von Michelle konnte man unmöglich toppen. "Es ist aber nichts besonderes", fügte sie schnell hinzu.
Frank beachtete dein Einwand nicht und packte ihr Geschenk schnell aus. Er liebte Geschenke, egal, was es war. Sie hatte ihm eine wirklich schöne Schreibfeder gekauft. "Vielen Dank, Di", sagte er lächelnd und umarmte sie kurz. "Ich finde sie toll. Wirklich." Die konnte er wirklich gut gebrauchen, weil er letzte Woche seine eigene Feder irgendwie in Flammen hatte aufgehen lassen. Er hatte keine Ahnung, wie er das geschafft hatte.
Diana lächelte glücklich. "Gern geschehen.", sagte sie und setzte sich neben Michelle, die jetzt ihre Beine anzog und einen ganzen Haufen weiterer Geschenke in Franks Reichweite schob, die am Bettende gelegen hatten. Begeistert machte Frank sich ans Auspacken. Jedes einzelne Geschenk war super, angefangen bei den unzähligen Scherzartikeln, über den jährlichen Pullover seiner Urgroßmutter Molly, bis hin zu den vielen Süßigkeiten. Er liebte seinen Geburtstag und die vielen Geschenke, die er immer bekam. Es war fantastisch.
Und trotzdem war er nicht so glücklich wie sonst. Abgesehen davon, dass Michelle die erste war, die ihm gratulierte, war alles anders. Seine Eltern waren nicht da, um ihm zu gratulieren, seine Mum hatte kein besonderes Frühstück für ihn vorbereitet, das alle seine Lieblingssachen enthielt, er packte die Geschenke nicht am Küchentisch aus und er konnte sich auch nichts besonderes wünschen, was sie am Nachmittag tun würden, weil er seine Eltern erst morgen Abend sehen würde, wenn sie alle mit dem Hogwartsexpress nach Hause fuhren. Es war alles anders.
"Ist alles in Ordnung?", fragte Michelle zehn Minuten später besorgt, als sie mit Frank und Diana zum Frühstück in die Große Halle gingen. "Du bist so still. Gefallen dir deine Geschenke nicht?"
"Doch, sie sind alle ganz toll", erwiderte Frank und schaute aus einem der großen Fenster auf die verschneiten Hogwartsländereien. Er hatte davon geträumt, nach Hogwarts zu gehen, seit sie damals vor fünf Jahren seinen großen Bruder Jeremy zum Bahnhof gebracht hatten, und jetzt wäre er am liebsten zu Hause gewesen. "Es ist nur ... ich vermisse Mum und Dad." Merlin, er hörte sich wie ein kleines Mädchen an! Gut, dass Jeremy und Remus ihn nicht gehört hatten.
"Ach so", sagte Michelle und legte einen Arm um seine Schulter. "Das versteh ich. Mir haben Mum und Dad auch an meinem Geburtstag gefehlt."
"Das ist ganz normal", fügte Diana hinzu. "Die Eltern geben sich immer so eine Mühe, den Tag toll werden zu lassen und in Hogwarts ist das alles anders. Ich glaube, dass es uns allen so geht, dass wir unsere Eltern vermissen."
"Jeremy bestimmt nicht", widersprach Frank missmutig. Sein großer Bruder war so erwachsen und so cool, ihm war es bestimmt völlig egal gewesen, dass seine Eltern und seine Familie nicht dabei gewesen waren, um mit ihm zu feiern.
"Ach Quatsch", entgegnete Michelle grinsend. "Ich wette, er hat in der Nacht wie ein Baby in sein Kissen geheult, weil wir ihm alle gefehlt haben."
"Meinst du?", fragte Frank skeptisch. Das klang überhaupt nicht nach ihm.
"Ganz sicher. Jeremy ist auch nicht immer so cool, wie er tut. Siehst du." Sie waren mittlerweile in der Großen Halle angekommen. Am Ravenclawtisch war die ganze Weasley-Familie versammelt, die hier in Hogwarts war. Dora und Remus hatten alle Lieblingsspeisen von Frank aufgetrieben und vor einem leeren Teller aufgebaut. Neben dem Teller schwebte ein Luftballon, der fröhlich "Happy Birthday to you" pfiff. Es stand sogar eine kleine Torte mit der Zahl 12 neben dem Teller.
"Alles Gute zum Geburtstag", sagten Dora, Jeremy und Remus im Chor. Sie umarmten ihn der Reihe nach und wollten alle wissen, wie ihm ihre Geschenke gefallen hatten. Außerdem überreichte Jeremy seinem kleinen Bruder einen ganzen Stapel Geburtstagskarten.
"Die sind heute morgen alle mit Spencer gekommen." Das war ihre Familieneule. "Er ist fast zusammengebrochen, als er hier angekommen ist. Mum und Dad schreiben, dass du dir für morgen Abend etwas wünschen kannst, was wir alle zusammen machen und dass der Koch im Hotel von ihrer Hochzeitstagsfeier einen Kuchen nur für dich backen wird." Frank grinste. Das klang ja super. Auch wenn morgen und übermorgen nicht mehr sein Geburtstag sein würde, war es das alles wert. "Und Michelle kriegt auch einen Kuchen, weil sie ja letzten Monat Geburtstag hatte." Frank hatte sich nicht so viel Mühe für den Geburtstag seiner großen Schwester gegeben wie sie sich mit seinem, mit der Schokofroschkarte und diesem besonderem Frühstück und den Glückwünschen im Bett, aber sie war begeistert gewesen von dem Bildband über die Waldnymphen, eine sehr beliebte Girlgroup in der Zauberwelt, also musste er hoffentlich kein schlechtes Gewissen haben.
Michelle schlug Jeremy auf den Arm. "Du hast seine Post gelesen?", sagte sie empört.
"Was?", erwiderte Jeremy verständnislos. "Ich bin doch nicht zweimal hintereinander der Idiot, der alles als Letzter erfährt."
Sie verdrehte die Augen. "Du bist unmöglich."
"Aber ich habe Recht", beharrte Jeremy. Er schaute zu den anderen. "Dora, Remus, Diana, ihr stimmt mir doch zu, oder?" Sie verdrehten alle lediglich die Augen. "Schöne Familie", murmelte er beleidigt.
/-/
"Schau mal" Molly hielt Justin einen alten Zeitungsausschnitt hin. Er schaute mit gerunzelter Stirn von seinem Muggelthriller auf. Er war gerade kurz davor gewesen, herauszufinden, ob der schwule Friseur der Mörder war. Wieso störte ihn Molly gerade jetzt?
Er nahm trotzdem den Ausschnitt in die Hand. Ein kleines zerknautschtes Babygesicht schaute ihm entgegen. "Du hast Franks Geburtsanzeige herausgekramt?", fragte er verwundert. Er schaute zu seiner Frau, die vor ihm auf dem Boden saß und in einem Schuhkarton voller Fotos kramte. Er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie den Karton geholt hatte, so vertieft war er in sein Buch gewesen. Er wollte es unbedingt fertig lesen, bevor seine Kinder morgen nach Hause kamen, weil er wusste, dass er dann überhaupt keine Zeit dafür finden würde.
"Er sah so süß aus, nicht wahr?", sagte Molly mit verträumtem Blick und betrachtete zärtlich ein anderes Foto, das sie mit Frank direkt nach der Geburt zeigte.
Um ehrlich zu sein war keines ihrer drei Kinder nach der Geburt süß gewesen. Sie waren alle voller Käseschmiere gewesen, hatten sich die Seele aus dem Leib geschrien und waren völlig rot angelaufen gewesen. Trotzdem waren sie für ihn die drei fantastischsten Kinder auf der ganzen Welt gewesen, auch wenn sie eine Weile gebraucht hatten, um wirklich süß auszusehen.
"Er war ein tolles Baby", antwortete Justin. Frank war ihr kleiner Zufall. Eigentlich hatten sie nur zwei Kinder gewollt. Jeremy und Michelle waren genug gewesen. Sie waren wunderbar, aber auch verdammt anstrengend und sie hatten völlig gereicht. Ein drittes hatte nie zur Diskussion gestanden. Aber sie hatten einmal Sex gehabt, ohne an den Verhütungsspruch zu denken (Molly hatte den Trank nicht nehmen können, weil sie noch gestillt hatte und Michelle allergisch auf eine Zutat des Trankes reagiert hatte). Sie hatten absolut nicht damit gerechnet, noch ein Baby zu bekommen, aber ihnen war dennoch sofort klar gewesen, dass sie es wollten. Und jetzt war Frank nicht mehr wegzudenken aus ihrer Familie.
"Es ist so schade, dass er nicht erst morgen Geburtstag hat. Dann hätten wir wenigstens am richtigen Tag feiern können", seufzte Molly traurig. Justin lehnte sich zu ihr und küsste sie auf die Stirn. Alle ihre Kinder waren während der Schulzeit geboren worden und so mussten sie die Feiern immer nachholen. "Und jetzt muss er ohne uns in Hogwarts feiern." Sie schluckte. "Weißt du noch, wie ich meinen ersten Geburtstag in Hogwarts gefeiert habe?"
Er lachte. "Machst du Witze? Wie könnte ich das vergessen? Du warst so schrecklich deprimiert, weil du ohne deine Eltern und Lucy feiern musstest, obwohl Ted, Victoire und Louis sich wirklich Mühe gegeben haben, dich aufzuheitern." Es war Sonntag gewesen und Ted, Victoire und Louis waren zu ihr in den Ravenclawturm gekommen, um mit ihr zu feiern. Dominique hatte sich hartnäckig geweigert, auch nur einen Fuß dort hinein zu setzen, weil sie unter allen Umständen hatte vermeiden wollen, Steven Davies zu begegnen, mit dem sie jedes Mal anfing zu streiten. Die beiden konnten einfach nicht anders.
Molly war erst seit einem Monat in Hogwarts gewesen und hatte noch nicht allzu viele Freunde gefunden, außerdem fühlte sie sich immer noch ein bisschen verloren als einzige Weasley in Ravenclaw. Und obwohl sich ihre Familie viel Mühe gegeben hatte, konnte sie sich einfach nicht richtig darüber freuen, zwölf Jahre alt zu werden. Also hatte Justin es sich zur Aufgabe gemacht, sie zum Lachen zu bringen. Sie hatten sich am allerersten Abend kennen gelernt, als Molly voller Angst einen Brief an ihren Vater geschrieben hatte, in dem sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie nach Ravenclaw und nicht nach Gryffindor geschickt worden war. Er hatte versucht, sie zu trösten, weil er es nicht hatte ertragen können, sie wie ein Häufchen Elend in dem riesigen Sessel sitzen zu sehen und die vielen Tränen zu sehen, die in ihren großen braunen Augen gestanden hatten. Es hatte sogar funktioniert. Sie hatten sich angefreundet und sie verstand sich auch mit seinen Freunden und sie war glücklich in Hogwarts. Aber an ihrem Geburtstag war nichts mehr von ihrer Fröhlichkeit übrig. Gerade an dem Tag, an dem sie am allerglücklichsten hätte sein sollen.
Also probierte Justin sein ganzes Repertoire an Weasleys Zauberhaften Zauberscherzen aus. Angefangen bei den Kopflosen Hüten, über die Würzzungentoffees bis hin zu den Kanariencremeschnitten. Er hatte sehr lange gebraucht, aber am Ende hatte Molly doch gelacht.
"Du warst so bescheuert", sagte sie kopfschüttelnd, aber mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Es war so ein wunderschönes Lächeln. "Ich hatte keine Ahnung, was in dich gefahren ist."
Er strich ihr über die Wange. "Ich wollte dich nur zum Lachen bringen. Und es hat funktioniert."
Molly nickte. "Das hat es. Jeder sollte an seinem Geburtstag lachen." Sie schaute auf das Babyfoto von Frank. "Ich hoffe nur, dass Frank heute auch lacht."
Justin legte ihr einen Arm um die Schulter. "Das wird er. Du kennst doch Michelle."
"Sie ist wie du", erwiderte Molly. "Sie wird nicht aufhören, bis sie es geschafft hat."
"Genau", erwiderte er sicher. Michelle und Frank hatten so ein enges Verhältnis zueinander, weil ihr Altersunterschied so gering war. Sie würde sich ein Bein ausreißen, um ihn glücklich zu machen und das hätte er auch gewusst, wenn sie ihm vor ein paar Wochen nicht begeistert geschrieben hätte, dass Mollys Onkel Harry die Schokofroschkarte aufgetrieben hatte, die Frank sich mehr als alles andere wünschte.
"Und selbst wenn sie es nicht schaffen sollte", überlegte Molly mit schiefgelegtem Kopf, "dann wird Jeremy bestimmt irgendetwas sagen oder tun, was ihn zum Lachen bringt."
"Auf jeden Fall", bestätigte er. "Auch wenn er es höchstwahrscheinlich nicht mit Absicht machen wird."
Molly lachte. "Wie immer."
Und so war es auch. Frank war an diesem Tag beinahe vom Stuhl gefallen, weil er so darüber lachen musste, dass Jeremy vergeblich versuchte, sich zehn Hühnerflügel auf einmal in den Mund zu stopfen. Er war kläglich gescheitert und sah absolut lächerlich aus und Frank konnte sich nicht daran erinnern, wann er schon jemals so gelacht hatte. Seine Geschwister waren die besten, die es gab.
TBC...
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