Slytherin Hearts - Blue eyed guy
von SaphiraMalfoy
Euer Wunsch war mir Befehl! Hier ist das Kapitel.
@Bella87: Erstmal danke für deinen Kommentar :)
Du fandest das Kapitel heftig? Ich bin echt überrascht, weil ich es ein wenig langweilig fand, aber schön, dass es dennoch gut ankam!
@starry dreams: Hehe, ich finde Tracey ziemlich cool. Eine Freundin, wie man sie sich nur wünschen kann, vielleicht ein wenig unrealistisch, aber andererseits gibt es solche Freundschaften dennoch tatsächlich, wie ich von zwei Bekannten von mir weiß, die schon seit sie im Kindergarten waren beste Freundinnen sind, auch wenn die Eltern was gegeneinander haben, sie gehen durch dick und dünn und würden ALLES füreinander tun. Also, es gibt solche Freundschaften, wenn auch nur selten, aber das macht einem ja selbst Hoffung, dass man soetwas auch mal selbst finden wird ;). Wobei meine Freundin und ich ja zu dem Schluss kamen, dass wir uns gegenseitig nicht retten würden, wenn das eigene Leben dabei in gefahr geraten würde, dafür sind wir einfach zu feige und egoistisch :’D beruht allerdings auf Gegenseitigkeit. Naja, ist ja jetzt auch nicht Thema.
Joa, Draco HAT ja gemerkt, dass sie irgendwie Probleme hat, das Untergewicht ist offensichtlich, dass sie ne Ritzerin ist, weiß er auch, aber da sie, wie vermutlich jeder, der mit so etwas Erfahrung hat, einfach nur aggressiv reagiert hat, wenn er sie drauf ansprechen wollte, hat er es eben lieber sein gelassen, außerdem ist es einfacher ein so schwieriges Thema zu verschweigen, als sich damit auseinandersetzen zu müssen.
Nebenbei erwähnt hat Tracey ja bisher auch nur ziemlich hilflos dabei zugesehen. Aber jetzt hat sie ja gehandelt, indem sie ihre Mutter informiert hat, damit diese sie auf die psychosomatische Station schickt.
Ich zitiere mal aus deinem Kommentar:
“ Trotzdem gefällt mir, wie Scorpius reagiert“ Ich schätze als du Scorpius sagtest, meintest du Draco ^^
Ja, ich bin immer froh, wenn mich jemand auf solche Fehler aufmerksam macht. Ich dachte nur so: Und ich bezeichne mich als Regulus Fanatikerin und weiß nicht mal wie das Medaillon aussieht? Fail xD
Die Frage zur Krankenakte habe ich dir ja bereits beantwortet und ich hoffe, ihr mögt das Kapitel genauso gerne, wie ich ;)
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Es war kurz vor halb acht an einem Dienstag Morgen, als Augustus Pye an die Türe mit der Zimmernummer siebenundvierzig klopfte, um einem jungen Mädchen zu zeigen, wohin es gehen sollte. Sie war eine Neuaufnahme, hatte sich zuvor auf der Station für Fluchschäden befunden und wurde gestern von der Heilerin Ms. Davis auf die psychosomatische Station verwiesen. Genaueres wusste Augustus nicht über sie, aber da er das Mädchen zu Heiler Hunter bringen sollte, ging er davon aus, dass es sich bei ihrem Problem vermutlich um eine Essstörung oder selbstverletzendes Verhalten, oder beides handelte, jeden Falls forschte Mr. Hunter derzeit auf diesem Gebiet. Es war neu im St. Mungo, dass man sich in dieser Intensität um Menschen mit psychischen Problemen kümmerte, aber Augustus hielt es für eine gute Idee und interessierte sich sehr für dieses Fachgebiet weshalb er beschlossen hatte, seine Ausbildung auf eben dieser Station fort zu führen.
Als er herein gebeten wurde, erblickte er zunächst Meredith Brown, eine junge Frau, die er schon seit längerem kannte, da sie bereits vier Monate im Krankenhaus zugebracht hatte, sich ihr Zustand allerdings dennoch nicht zu verbessern schien. Meredith schlief noch und das war für sie um diese Uhrzeit nichts ungewöhnliches, doch am Fenster stand das Mädchen, welches er abholen sollte. Lange, blonde Locken fielen ihr über den Rücken, den sie ihm zugewandt hatte und sein Verdacht darauf, dass sie eine Essstörung haben könnte, schien sich zu bestätigen, denn ihre Beine, die schneeweiß und spindeldürr unter dem cremefarbenen Kleid heraus kamen, waren so dünn, dass man beinahe meinen konnte, sie ließen sich leichter zerbrechen, als ein Streichholz.
„Miss Black?“
Die Blonde drehte sich um und sah ihn ausdruckslos aus großen, grünen Augen an.
„Ja?“
„Ich...“ er musterte sie eingehend und merkte nicht, wie ihm der Mund leicht aufklappte. So hatte er sie sich nicht vorgestellt. Mal abgesehen davon, dass Meredith mit ihren fünfundzwanzig Jahren bisher schon bei weitem die jüngste Patientin hier gewesen war, sah dieses Mädchen so ganz und gar nicht danach aus, als gehörte es hier hin. Viel eher konnte Augustus sie sich lachend vorstellen, wie sie in einem Café oder einer Bar saß, zusammen mit ein paar Freundinnen und sich ihres jungen Alters und ihrer Schönheit erfreute, ein paar Cocktails trank und mit jungen Männern flirtete. Sie wirkte ganz und gar wie jemand, der ein glückliches Leben führen sollte und dessen größtes Problem die Frage „Was soll ich heute Abend bloß anziehen?“ war... Aber nicht zum ersten Mal in seinem Leben, musste der angehende Heiler feststellen, dass er mit seinen Anschauungen falsch lag und dass eben nicht immer alles so war, wie es auf den ersten Blick zu sein schien.
„Sie wollten mich sprechen?“ erkundigte sich Saphira, als der dunkelhaarige Mann immer noch nicht gesprochen hatte.
„Achso, ja. Ich soll Sie abholen, Heiler Hunter würde Sie gerne wiegen und Ihnen ein paar Fragen stellen.“ antwortete Augustus zerstreut und trat einen Schritt bei Seite, um Ms. Black aus dem Zimmer heraus zu lassen.
„Tut mir leid, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.“ bemerkte er, nachdem sie ein paar Schritte schweigend nebeneinander her gelaufen waren.
„Augustus Pye, Heiler in Ausbildung, zweites Jahr.“
„Saphira. Meinen Nachnamen kennen Sie ja bereits. Verrückte in fortgeschrittenem Stadium, in Jahren schon gar nicht mehr zählbar.“ erwiderte die Blonde und ergriff abwesend lächelnd seine Hand.
„Bulimikerin also?“ fragte er nachdem er einen Blick auf ihre Hand geworfen hatte und Saphira blickte überrascht auf. Woran wollte er das denn nun erkannt haben? Offensichtlich war auch dem jungen Heiler ihr fragender Blick nicht entgangen und er ärgerte sich selbst ein wenig, über diese unsensible Feststellung. Daran musste er noch arbeiten, nicht immer gleich zu sagen, was er dachte...
„Die Wunden auf deinem rechten Handrücken, Bissspuren.“ erklärte er und die Blonde nickte nur leicht, während sie weiterhin schweigend neben ihm her lief.
„Verzeih mir, ich wollte dir nicht zu nahe treten.“ versuchte Augustus sich bei ihr zu entschuldigen, doch das Mädchen reagierte darauf nicht wirklich. Kaum merklich zuckte sie mit den Schultern, ganz so, als ginge sie das alles überhaupt nichts an.
„So, da wären wir. Bitte eintreten und nicht drängeln!“ sagte er und lächelte sie aufmunternd an, was bei Saphira jedoch keinerlei Wirkung zeigte. Mit vollkommen unbeteiligtem Blick betrat sie den Raum und stellte sich mit verschränkten Armen vor den Schreibtisch, an dem Mr. Hunter saß und kurz ihre Akte überflog.
„Nun, Miss...“ er warf einen Blick auf seine Notizen „Miss Black, dann darf ich Sie einmal bitten sich dort drüben zu entkleiden und das hier“ er hielt ihr ein weißes Krankenhaushemdchen hin „anzuziehen.“
Saphira tat, wie ihr befohlen und als sie den kleinen, schäbigen Raum in dem sie sich umgezogen hatte, wieder verließ, fand sie den Heiler und den jungen Mann, der sich ihr als Augustus Pye vorgestellt hatte, gemeinsam über ihre Akte gebeugt vor.
„Aha, da sind Sie ja. Dann stellen Sie sich doch bitte einmal hier auf die Waage.“ sagte Mr. Hunter freundlich und Saphiras starrer Blick begann ein wenig zu flackern. Wiegen... vor anderen Menschen? Aber sie durfte sich nichts anmerken lassen, musste so normal, wie eben möglich wirken, um schnellstmöglich wieder hier raus kommen zu können, also atmete sie einmal tief durch und stellte sich mit bleichen, nackten Füßen auf die kalte Metallwaage. Es war offensichtlich, dass sie extra für Krankenhäuser gemacht worden war, denn die Gewichtsanzeige war für den Patienten nicht lesbar. Augustus las es ab und notierte sich mit großen Augen und deutlichem Entsetzen eine Zahl, während Saphira vergeblich versuchte, einen Blick auf sein Pergament erhaschen zu können.
„Dreiunddreißig Kilogramm.“ stellte Mr. Hunter schließlich fest und Saphira schluckte schwer.
„Das macht dann...wie groß sind Sie noch gleich?“ fragte er mehr an Augustus gewandt, als an sie und da Saphira beharrlich schwieg, las der junge Heiler die Zahl aus seinen Notizen vor.
„Einen Meter einundsechzig.“
Mr. Hunter hielt kurz inne und schien die Zahl grob im Kopf zu überschlagen „Das ist ungefähr einen BMI von 12,5, vielleicht ein bisschen mehr. Nun, Miss Black, das sieht nicht gut aus für Sie. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie vorhaben das Krankenhaus so schnell, wie möglich wieder zu verlassen, aber ich fürchte, das wird wohl nichts. Tut mir leid. Mr. Pye, führen Sie bitte die noch ausstehenden Routineuntersuchungen durch und notieren alles Notwendige in Miss Blacks Akte, ich habe noch eine Unterredung mit Lady Guildford zu führen. Miss Davis müsste ohnehin gleich kommen, um Ihnen über die Schulter zu schauen.“ Mit einem letzten, strengen, aber sympathischen Blick auf seinen Auszubildenden verließ Mr. Hunter den Raum und ließ die beiden jungen Menschen alleine zurück.
„Also, Mr. Pye? Was muss ich tun?” fragte Saphira, nachdem der junge Mann vor ihr eine Weile lang schweigsam und ungläubig in die Unterlagen in seiner Hand gestarrt hatte.
„Augustus.“ korrigierte er sie grinsend und legte den Ordner aus der Hand.
„Da wir uns ja scheinbar noch längere Zeit sehen werden, denke ich, ein Du wäre angebracht, oder nicht?“
„Ja, ist in Ordnung. Aber dennoch, worin bestehen die notwendigen Routineuntersuchungen?“ hakte Saphira wieder nach und wurde allmählich unruhig. Es war ganz schön kühl in diesem Raum, was sie an und für sich nicht weiter störte, aber da sowohl ihre Finger, wie auch Fußnägel langsam blau anliefen, befürchtete sie, dass man noch ein größeres und vollkommen unnötiges Drama um sie machen würde, als ohnehin schon.
„Nun, da man feststellen musste, dass Magie gegen psychosomatische Leiden nicht viel taugt, widmen wir uns auf dieser Station hauptsächlich den gängigen Muggelmethoden.“ erklärte Augustus und hielt zur Verdeutlichung ein Stethoskop in die Höhe, welches von Saphira wachsam gemustert wurde, dann begann er mit der Untersuchung.
„Dein Herzschlag ist unregelmäßig“ stellte er fest „und du hast Lanugo-Behaarung am unteren Teil deines Rückens bis zu den Hüften, oder soll ich besser sagen zu den Hüftknochen, mehr ist da bei dir schließlich nicht zu finden.“
„Ich habe bitte was?“ fragte Saphira und strich sich mit der Hand über den Rücken, das dünne Krankenhaushemdchen immer noch bis zu den Schultern hochgezogen. Keine Spur von Schamesröte im Gesicht, ihre wahren Gefühle konnte sie also immer noch gut verbergen und das, obwohl sie hier beinahe vollkommen nackt vor einem jungen Mann stand, der noch dazu nicht einmal schlecht aussah, sie allerdings vermutlich eher mitleidig oder sogar mit Abscheu begutachtete... Als Versuchsobjekt benutzte, von ihr nichts weiter wollte, als mehr über seinen Beruf zu lernen. Jedoch glaubte sie ziemlich genau zu wissen, wovon er gerade gesprochen hatte.
„Feine Flaumbehaarung, die man normalerweise allerhöchstens bei Säuglingen vorfindet, die allerdings wieder auftreten kann, wenn man, so wie du, an starken Untergewicht leidet.“ erklärte Augustus ihr ruhig und zog das Kleidungsstück wieder herunter, damit seine Patientin nicht so vollkommen entblößt da stehen musste.
„Ich leide nicht.“ warf Saphira ein und verengte die Augen dabei zu Schlitzen. Nein, sie war nicht krank, brauchte keine Hilfe und erst recht keine Therapie, sie war doch nicht irre! Alles, was sie wollte war, so schnell wie möglich wieder hier raus zu kommen, zurück in ihr normales Leben. Was würde Draco denn denken, wenn er erfuhr, wo seine Freundin hier war? Würde er sie verlassen? Wahrscheinlich, wer wollte schon mit einer Verrückten zusammen sein? Augustus überging diese Bemerkung. Es war schließlich nichts neues, dass Patienten mit psychischen Leiden ihre Krankheit abstritten.
„Aber ein wenig erstaunt es mich schon, denn normalerweise tritt dieses Symptom an mehreren Körperstellen auf und nicht nur an einer vergleichsweise so kleinen Hautpartie. Oder hast du einen Zauber dagegen gefunden?“ wollte Augustus wissen und musterte die junge Hexe interessiert, die ihm immer noch den Rücken zugewandt hatte und auch keinerlei Anstalten machte, sich um zu drehen.
„Einen Trank, aber es war schwierig alle notwendigen Zutaten zu besorgen und ich kann ihn auch keine vollen vier Stunden ziehen lassen. In Hogwarts bieten sich leider nicht so viele Möglichkeiten unbemerkt etwas derartiges herzustellen.“ erklärte sie ihm und versuchte eindeutig zu verdeutlichen, dass es für sie vollkommen normal war, dass sie nicht litt und gut alleine zurecht kam. Überheblich und arrogant, wie eh und je.
„Dennoch erstaunlich. Dafür, dass du dich so einschränken musstest hat er ja wirklich gut gewirkt. Respekt, Zaubertränke habe ich zwar mit einem Ohnegleichen abgeschlossen, aber bis dahin war es ein extrem harter Weg. In welcher Stufe bist du eigentlich? Letztes Jahr?“ wollte Augustus, unbehelligt von ihrem unfreundlichen Tonfall, wissen.
„Nein,“ Saphira lachte kurz und freudlos auf „Fünftes.“
„Wie alt bist du denn?“ hakte er nach und fand sichtlich Gefallen daran, die junge Patientin ein wenig zu triezen. Früher oder später würde sie schon noch aus sich heraus kommen.
„Fünfzehn.“ antwortete sie und merkte, wie ihr Widerstand gegen ihn langsam aber sicher zu bröckeln begann. Was hatte dieser Kerl denn an sich, dass sie ihn nicht einfach hassen konnte?
„So jung? Ich hätte gedacht, du wärst älter, du wirkst nicht, wie fünfzehn. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass du alt aussiehst, aber... Ach ich denke du weißt, was ich sagen will. Aber dann bist du ja bei Tracey in der Stufe, nicht wahr?“ Saphira nickte und versuchte den Gedanken an ihre Freundin, die sie in jüngster Vergangenheit so schlecht behandelt hatte, zu verdrängen.
„Ich mag sie, sie ist cool drauf. Ihre Mutter arbeitet auch hier, aber ich denke, das weißt du bereits. Nun gut, dann mache ich mal weiter. Du bist ja schon völlig ausgekühlt. Glaub mir, wenn du mehr essen würdest, dann wäre deine Körpertemperatur auch nicht so extrem niedrig, es fühlt sich wirklich besser an, etwas im Bauch zu haben und es hat nur Vorteile.“
„Ich mag die Kälte.“ Ein letzter, kläglicher Versuch, sich zu rechtfertigen und die Fassade wieder auf zu bauen... Vergeblich.
„Das ist kein Argument. Aber du hast es bald geschafft. Lass mich noch kurz deinen Puls fühlen und deine Reflexe testen, dann wären wir soweit, du Sturkopf.“ sagte Augustus, packte sie an den Schultern, um sie umdrehen zu können und grinste sie frech an. Saphira wusste nicht, wieso, aber sie erwiderte sein Lächeln, ganz ungezwungen und ehrlich, es war nicht ihr übliches, überhebliches und kaltes Lächeln, sondern eines, das tatsächlich von Herzen kam. Gemeinsam setzten sie sich auf die an der Wand stehende Liege und Augustus griff nach ihrem Handgelenk, legte zwei Finger darauf und sah dann konzentriert auf seine Uhr.
Die kurze Zeit, in der er sie aus den Augen gelassen hatte, nutzte Saphira um den jungen Mann etwas näher zu betrachten. Er sah wirklich gut aus, hatte kurzes, braunes Haar, welches in alle möglichen und unmöglichen Himmelsrichtungen abstand und Saphira erwischte sich selbst bei dem Gedanken daran, sich vorzustellen, wie er morgens aufstand, total verschlafen und die Haare dann einfach so ließ, wie sie waren. Oder war es Absicht? Seine Augen waren von einem tiefen dunkelblau und strahlten eine Freundlichkeit aus, wie sie die junge Hexe selten zu Gesicht bekommen hatte, doch da war noch etwas anderes... Augustus war so unbeschwert, sagte scheinbar stets, was er gerade noch gedacht hatte und wirkte auf Grund dessen irgendwie frech, unverschämt aber auf eine sympathische Art und Weise. Sein leichter Drei-Tage-Bart verlieh ihm noch zusätzlich ein wenig... Saphira wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte, aber hätte sie ein Wort dafür finden müssen, so wäre es vermutlich Männlichkeit gewesen. Eigentlich entsprach er überhaupt nicht dem Typ Mensch, mit dem sie sich für gewöhnlich umgab und trotzdem, oder gerade deshalb, spürte sie einen bisher unbekannten Drang, mehr Zeit mit ihm zu verbringen, ihn besser kennen zu lernen und zu verstehen, was ihn zu dem gemacht hatte, was er war. Normalerweise sah sie sich die Menschen lieber aus der Entfernung an, studierte ihre Gewohnheiten, versuchte heraus zu finden, womit man sie ködern konnte, um sie, sollte der Fall eintreten, dass Saphira sie für irgendetwas brauchen sollte, schnellstmöglich unter ihre Kontrolle bringen zu können. An Pansy heran zu kommen, war vergleichsweise sehr einfach gewesen, aber das war leider nicht immer so. Bei Augustus war die Sachlage allerdings ein wenig anders. Zwar lag die Vermutung nahe, dass sie sich augenscheinlich mit ihm anfreunden konnte, um durch ihn hier im St. Mungo einige Vorteile erlangen zu können, doch merkwürdigerweise lag dies überhaupt nicht in ihrer Absicht. Er war einfach zu... Nein, er war einfach kein Mensch, der es verdient hatte, von ihr ausgenutzt zu werden und daher wäre es aller Wahrscheinlichkeit nach das Beste, sie würde sich von ihm fernhalten.
„Schwacher Puls, wie ich's mir gedacht habe.“ murmelte er schließlich und kritzelte etwas in ihre Akte. Danach testete er ihre Reflexe. Saphira hatte keine.
„Gut, beziehungsweise schlecht. Ein paar unangenehme Fragen werde ich dir noch stellen müssen, dann bist du fürs Erste entlassen. Mensch Mädchen, du kannst einem Leid tun.“
„Ich will kein Mitleid.“
„Das dachte ich mir.“ er setzte sich neben sie auf die Liege und versuchte Augenkontakt zu ihr aufzubauen, doch Saphira wich seinem Blick beharrlich aus, bis sie schließlich auf ihre bleichen Hände herab sah und die kaputten Nägel gegeneinander klacken ließ.
„Also, was ist jetzt? Was für Fragen muss ich beantworten?“
„Zuerst einmal darfst du dich wieder umziehen, würde ich sagen. Ich kann nicht mit ansehen, wie du frierst. Deine Lippen sind auch schon ganz blau, dabei ist es hier drin nicht kalt. Aber das verdeutlicht uns nur den Ernst der Lage. Also, auf, auf! Kleiden Sie sich ein, Mademoiselle, dann reden wir weiter.“ sagte er und Saphira stand sichtlich erleichtert auf, um sich erneut in den kleinen Raum mit den kahlen Wänden ohne Fenster zu begeben. Als sie zurückkehrte, saß der junge Heiler nach, wie vor auf der Patientenliege und so sah sich die junge Hexe gezwungen, wieder neben ihm Platz zu nehmen, auch wenn ihr ein wenig körperlicher Abstand momentan deutlich lieber gewesen wäre. Die Scham darüber, dass er sie soeben wortwörtlich nackt bis auf die Knochen gesehen hatte, wenn auch nur von hinten, saß tief und seine unbefangene Art, diese aufgeschlossene Freundlichkeit verunsicherte sie nur noch zusätzlich.
„Gut, wo ist der Fragebogen... Ach hier. Alles klar, fangen wir an. Selbstverletzendes Verhalten? Ja, eindeutig.“ beantwortete er sich die Frage selbst und machte sich dabei eine Notiz.
„Bist du selbstmordgefährdet?“ Saphira schüttelte leicht den Kopf.
„Sicher?“ sie zuckte mit den Schultern.
„Okay, dann lassen wir die Frage offen. Oh, meine Lieblingsfrage: Hörst du Stimmen, die andere Menschen nicht hören können?“ Die Blonde sah ihn ungläubig an und verdrehte als Antwort nur die Augen.
„Dachte ich mir. Also nein. Wann hattest du das letzte Mal deine Periode?“
Saphira starrte angestrengt aus dem Fenster und bemühte sich nach Leibeskräften darum nicht rot zu werden.
„Tut mir leid, ich muss dich das fragen.“ erklärte Augustus ihr und grinste sie schief an, obwohl er sich dabei auch nicht ganz wohl fühlte, aber das gehörte nun einmal zu seinem Beruf dazu. Verlegen biss Saphira sich auf die Unterlippe und schlug die Augen nieder.
„Vor zwei Jahren.“ sagte sie schließlich sehr leise und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie ihm der Mund aufklappte.
„Du weißt, dass das eine Folge deiner Krankheit ist?“ fragte er sie nach einer Weile und Saphira blickte wieder auf.
„Ich bin nicht krank.“ widersprach sie und Augustus seufzte leise.
„Das Ausbleiben deiner Periode ist begründet auf dem Nährstoffmangel in deinem Körper. Und wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, dann sieht es wohl so aus, als würdest du niemals dazu in der Lage sein Kinder zu bekommen. Wenn du das bereits seit so langer Zeit praktizierst und dein Körper schon vor zwei Jahren auf Sparflamme gestellt hat, dann ist es wahrscheinlich, dass auch deine Organe unterentwickelt geblieben sind. Folglich ist es unwahrscheinlich, dass sich das noch einmal von alleine regenerieren wird.“ erklärte er ihr vorsichtig und wartete ihre Reaktion ab. Nur sehr langsam drang dieser Fakt in ihr Bewusstsein und mit einem Mal fiel die komplette arrogante Fassade von ihr ab. Zusammengesunken saß das junge Mädchen neben ihm und wirkte plötzlich sehr traurig und verloren. Es war merkwürdig, wie schnell sich eine so selbstsicher wirkende Person in einen hilfsbedürftigen Menschen verwandeln konnte. Behutsam legte er ihr einen Arm um die knochigen Schultern, aber Saphira wandte sich von ihm ab.
„Hey, es tut mir leid, aber so ist das nun einmal. Du musst essen, Saphira, sonst funktioniert dein Körper nicht so, wie er es sollte.“ flüsterte er und drückte sie leicht an sich, auch wenn er sich nicht sicher war, in wie weit ihr das gut tat.
„Ich... Ich bin unnütz.“ brachte sie nach ein paar Minuten des Schweigens atemlos hervor.
„Ich bin für nichts mehr gut. Ich bin... Mangelware, nicht verwertbar. Ich bin nichts weiter als reinblütiger Abfall.“ stammelte sie verstört und sah dabei beinahe zu Tode beängstigt aus, ganz so, als würde im nächsten Moment jemand durch die Türe springen und sie deswegen verurteilen.
„Was redest du für einen Unsinn? Das stimmt doch nicht. Niemand ist Abfall. Das ist traurig, aber doch kein Weltuntergang.“ versuchte Augustus sie zu beruhigen, blieb mit seinen Bemühungen jedoch wenig erfolgreich.
„Du verstehst das nicht!“ zischte Saphira ihn plötzlich an und verengte ihre Augen zu Schlitzen.
„Pye... Kein Name, der mir bekannt vorkommt. Was bist du? Halbblut, Schlammblut? Kein Wunder, dass du keinen blassen Schimmer davon hast, was das für mich bedeutet!“
„So, so. Nun hör mir mal ganz genau zu. Deine kleine, bissige Reinblutattake wird dein Problem nicht lösen und mich kannst du damit nicht verletzen. Schlag dir das mal ganz schnell wieder aus deinem hübschen Köpfchen. Ich verstehe, was du sagen willst, aber findest du diesen Lebensgrund nicht auch äußerst schwachsinnig? Glaubst du wirklich, dass du nur dafür auf der Welt bist um einem zukünftigen, selbstverständlich reinblütigen Ehemann ein paar Erben zu gebären und ansonsten für nichts?“ wollte er von ihr wissen und schaute sie ernst an.
„So ist das nun einmal. Es interessiert nicht, was ich glaube oder denke. In meiner Welt ist das so und ich werde mich dem fügen müssen, ob es mir nun passt, oder nicht. Aber unter diesen Umständen ist meine Existenz vollkommen sinnlos geworden. Es gibt unter diesen Umständen keinerlei Sinn mehr weiter zu leben. Danke, jetzt bin ich selbstmordgefährdet. Darfst du gerne in deine verdammte Akte schreiben. Dann bekommt der Fall Saphira Black noch mehr Relevanz, nicht wahr? Kann dir doch nur Recht sein, richtig? Dafür bin ich wenigstens noch gut, als Versuchskaninchen eines angehenden Heilers. Welch großer Trost.“ höhnte sie und hatte sich nun endgültig aus seiner Umarmung befreit, verschränkte die dürren Ärmchen vor der Brust und schaffte es dennoch nicht, wieder hinter ihrer Maske zu verschwinden. Die Trauer blieb, die Tränen ließen sich kaum noch zurück halten. Augustus sah sie lange an und konnte ihr bei diesem Anblick absolut nicht böse sein, im Gegenteil. In der kurzen Zeit die er sie nun kannte, war ihm dieses Mädchen bereits auf eine seltsame Art und Weise ans Herz gewachsen und er wollte sich keines Falls damit abfinden, sie leiden zu lassen. Sein Entschluss stand fest: Er würde ihr helfen und alles daran setzen, damit es ihr wieder besser ging.
„Saphira, weißt du, was ich glaube? Ich glaube du bist ein sehr, sehr trauriges Mädchen, das einfach in der falschen Umgebung lebt und dem die Menschen, mit denen es sich auseinandersetzen muss, einfach nicht gut tun. Du scheinst mir kein schlechter Mensch zu sein, wirklich nicht und ich bin der festen Überzeugung, dass es dir besser gehen würde, wenn du nicht in dieser verkorksten Reiblütergesellschaft leben müsstest. Du verdienst etwas besseres. Glaub mir, ich denke, dass ganz viel Potential in dir steckt und du solltest das nicht verkümmern lassen, indem du dich immer nur unterdrücken lässt. Komm aus dir raus, zeig der Welt, wer du wirklich bist.“ Saphira hob den Kopf und sah ihn verwundert an. Damit hätte sie nach dieser Beleidigung, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, nun wirklich nicht mehr gerechnet.
„Lass uns nicht über solche Prinzipien diskutieren, das führt zu nichts. Also, hast du noch mehr Fragen an mich, oder war es das nun schon?“ fragte sie und erwischte sich bei dem Gedanken daran, dass sie sich wünschte, er würde noch stundenlang hier sitzen und mit ihr reden und wenn es nur über medizinische Details ging... Seine Anwesenheit war angenehm, er war so nett und vorurteilsfrei ihr gegenüber. Natürlich dachte auch er schlecht über die reinblütige Gesinnung, wie sollte er auch anders, als Außenstehender, aber dennoch verurteilte er sie nicht dafür, auch wenn es das Naheliegendste gewesen wäre.
„Schon?“ fragte Augustus und lachte amüsiert auf „Ich dachte du wärst erleichtert, wenn diese Prozedur endlich vorbei ist. Aber da habe ich mich wohl getäuscht. Da gäbe es tatsächlich noch ein paar Dinge, aber nichts Bedeutendes mehr, eher grundlegende Fragen. Also, da du noch minderjährig bist kann ich mal davon ausgehen, dass du ledig bist.“ Saphira nickte.
„Hast du eigentlich einen Freund?“ fragte er weiter nach und Saphira sah ihn überrascht an.
„Steht das auch in deinem Fragebogen?“ fragte sie argwöhnisch und hob ungläubig eine Augenbraue an.
„Nein, eigentlich ist das eine persönliche Frage. Also, hast du?“ frech grinsend wartete Augustus ihre Antwort ab und beobachtete, wie Saphira die Stirn kraus zog und offensichtlich überlegte, ob sie auf diese unverschämte Frage überhaupt antworten sollte.
„Ja, schon.“ erwiderte die junge Hexe schließlich und sah nachdenklich drein.
„Schon? Das hört sich nach einem aber an...“ mutmaßte der junge Heiler.
„Nein, kein aber. Es ist nur... schwierig.“ antwortete sie knapp und begann wieder damit unruhig an ihren Fingernägeln herum zu knibbeln. Auch Augustus entging dies nicht, dennoch konnte er nicht umhin kommen, weiter nach zu haken.
„Kennt man den jungen Herrn?“
„Draco Malfoy.“
„Malfoy... So, so. Eine äußerst standesgemäße Wahl, Miss Black. Eigene Entscheidung, oder elterliche Absprache?“ fragte er frei heraus und war sich dem Vorwurf, der in dieser Andeutung lag durchaus bewusst.
„Nein, nein. Das war schon unsere Entscheidung. Ich zweifle nur an der Richtigkeit. Aber das ist nicht das Thema dieser Konversation, nicht wahr?“ versuchte Saphira das Gespräch von Draco abzulenken, denn wohl fühlte sie sich bei dem Gedanken an ihn nicht. Merlin, was würde er nur sagen, wenn er sie hier sehen könnte?? Es war eine Schande.
„Nun, bis gerade war es das, aber ich verstehe, dass es dir lieber ist, über etwas anderes zu reden. Verzeih mir meine unstillbare Neugierde. Gehen wir lieber die letzten Punkte durch, dann hätten wir das hinter uns. Dein Vater ist tot, sehe ich das richtig?“ Es war deutlich zu merken, dass er dies nur mit äußerster Vorsicht fragte, um sie nicht noch einmal fast zum Weinen zu bringen, doch Saphira nickte nur knapp und verweigerte jegliche weitere Äußerung zu diesem Thema.
„Und du lebst bei deiner Mutter?“ Wieder nur ein Nicken.
„Wie darf ich euer Verhältnis beschreiben? Normal und gut, oder eher nicht?“ Saphira zuckte mit den Schultern und schwieg beharrlich.
„Okay, das wird dann wohl ein Thema für deine Therapiestunden bei Mr. Hunter sein, schätze ich. Es kommt häufig vor, dass Personen mit Essstörungen familiäre Probleme haben und es ist wichtig, dass du das nicht leugnest, sondern darüber redest, verstehst du?“ erklärte Augustus eindringlich und wartete ihre Reaktion ab.
„Ich habe keine Probleme. Es geht mir gut, danke.“ sagte Saphira bissig und Augustus seufzte erneut auf.
„Ich sehe schon, vor dir liegt ein langer Weg. Aber auch das kriegen wir hin. Kopf hoch, du packst das.“ versicherte er ihr und klappte die Akte zu.
„Das war's dann für's Erste. Du bist entlassen.“
„Gut, also... Ich gehe dann.“ murmelte sie und wirkte plötzlich wieder mehr als nur verunsichert.
„Ist in Ordnung. Meredith wird dir alles zeigen, sie ist zwar manchmal ein wenig... schwierig aber ich denke ihr kommt miteinander klar. Lass ihr einfach ein wenig Zeit sich an dich zu gewöhnen und wenn sie wieder einen ihrer Die-Welt-ist-schlecht-und-alle-wollen-mir nur-Böses-Tage hat, lass sie einfach in Frieden und versuch bitte nicht sie zu trösten, sie soll da alleine heraus kommen.“
„Das kriege ich hin, denke ich.“ sagte sie und wandte sich zum Gehen, während Augustus die Akte auf Mr. Hunters Schreibtisch legte und ihr dabei zusah, wie sie auf ihren dürren Beinchen das Zimmer durchquerte und die Türe öffnete.
„Ach und, Saphira?“ sagte er schnell, bevor sie verschwand. Sie blieb stehen, drehte sich um und sah ihn fragend an.
„In einer Stunde habe ich hier Schluss. Was hältst du davon, wenn wir zusammen in die Cafeteria gehen, dein Therapieplan sagt mir, dass du heute ohnehin den ganzen Tag lang nichts zu tun hast, da Mr. Jakobsen sich krank gemeldet hat.“ Die Überraschung war der jungen Hexe mehr als nur deutlich anzumerken und die Tatsache, dass Augustus wieder so unverschämt selbstsicher grinste, machte den Umstand auch nicht gerade leichter.
„Wenn du darauf bestehst?!“ entgegnete sie schließlich, jedoch war es eher eine Frage, als eine Feststellung.
„Ich bestehe darauf!“ sagte er und es bereitete ihm ein diebisches Vergnügen das sonst scheinbar so gefasste Mädchen zu verunsichern.
„Ich hole dich dann ab.“
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Nächstes Kapitel schätzungsweise nächste Woche zwischen Mittwoch und Samstag. Ist halb fertig, aber die Szene, die dann kommt müsste ich eigentlich aus Saphiras Ich-Perspektive schreiben, da sie sich mit jemandem unterhält, aber ich will auch Sachen berichten, von denen sie nichts wissen kann, also denke ich gerade darüber nach, wie ich das Ganze als Erzähler schreiben kann, ohne dass es unlogisch wird.
Für alle, die Draco vermissen, das nächste Kapitel wird sich beinahe ausschließlich um ihn drehen, auch wenn er nicht persönlich auftritt.
(PS.: Ich vermisse Josy bei den Kommentaren irgendwie^^)
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Samstag, 01.07.
Freitag, 02.06.
Mittwoch, 24.05.
Ich schreibe über Gut und Böse und habe die Verantwortung, das ordentlich zu machen. So einfach ist es nicht, - das Gute gewinnt nicht immer.
Joanne K. Rowling