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Fanfiction

Slytherin Hearts - Come Home Tonight

von SaphiraMalfoy

Während Saphira am Arm ihrer Mutter schnellen Schrittes durch die Menschenmassen am Bahnhof eilte, kam ihr die komplette Situation sehr unwirklich vor. Eben noch mit Draco im Zug war es ihr unmöglich erschienen, dass sie irgendetwas trennen könnte, doch jetzt - da sie in wenigen Augenblicken die Gasse erreichten, von der aus sie nach Hause disapparierten - kam ihr das letzte Schuljahr wie ein schöner Traum vor, aus dem sie langsam erwachen musste. Nichts weiter als eine Seifenblase, die jeden Augenblick zerplatzen sollte und alles, was von ihr übrig blieb, war eine flüchtige Erinnerung.

Rasend schnell zogen die Ereignisse des vergangenen Schuljahres vor ihrem geistigen Auge vorbei und zum ersten Mal fragte sie sich Dinge wie: Seit wann interessierte sich Draco überhaupt für sie? Fing es bei ihm schon in den Sommerferien an, oder erst danach?
Hatte auch er sich anfangs dagegen zu wehren versucht? Das war eher unwahrscheinlich, so aufdringlich, wie er sich ihr gegenüber verhalten hatte …
War es so auffällig gewesen, dass sie ihn mehr als nur nett fand? Oder war seine hartnäckige Ãœberzeugung, sie doch noch rumkriegen zu können, einfach seinem übermäßig großen Ego zuzuschreiben?
Wollte er von Anfang an eine feste Beziehung mit ihr eingehen, oder erst nachdem sie ihm gesagt hatte, dass ansonsten nichts aus ihnen wurde?
Wie kam er neuerdings überhaupt auf die Idee, dass er dazu im Stande wäre, eine längerfristige Bindung mit einem Mädchen zu führen?
Unvorstellbar, aber es funktionierte.
Ein halbes Jahr lang waren sie nun bereits ein Paar, wurden spöttisch belächelt, bewundert, verachtet, beneidet, gefürchtet und gehasst, aber all dies war nicht wichtig gewesen, solange sie zusammen waren.
Ein halbes Jahr lang war die junge Black einfach glücklich gewesen, hatte die unschönen Dinge des Lebens ausgeblendet, sich in den Rausch des Verliebtseins gestürzt und sich kaum Gedanken über die Zukunft oder mögliche Konsequenzen gemacht. Es war ganz logisch gewesen. Draco und Saphira gehörten zusammen und das würde sich nicht ändern. Jeder Streit der beiden hatte damit geendet, dass sie letztendlich wieder wild knutschend in irgendeiner Ecke des Gemeinschaftsraumes saßen und die Welt um sich herum beinahe vergaßen.
Aber was war jetzt? Würde es nach den Ferien einfach so weitergehen?
Und in den Ferien?
Was würde ihre Mutter dazu sagen?

Je näher sie ihrem Ziel und somit auch dem Moment, in dem sie mit ihr alleine wäre, kamen, desto nervöser wurde Saphira und umso pessimistischer wurden auch ihre Gedanken.
Was wenn Draco die Sache mit der Zeit zu viel werden würde, zu anstrengend … Wenn er keine Lust auf Drama mit ihrer Mutter hatte? Dabei war er es doch gewesen, der sie dazu gedrängt hatte, kein Geheimnis aus ihrer Beziehung zu machen.
Was dachte Narzissa darüber? Saphira hatte nur einen kurzen Blick auf ihre Tante werfen können, bevor sie gegangen waren, aber ihr liebevolles Lächeln hatte der jungen Hexe den Eindruck vermittelt, als wäre Narzissa weder sonderlich überrascht noch erbost über diese Wendung.

Nur noch wenige Schritte und ein paar Sekunden des Apparierens trennten sie von ihrem Zuhause, beziehungsweise dem Ort, an welchem sie offiziell wohnte. Zu Hause fühlte der letzte Black-Nachkömmling sich nirgendwo. Fast schon konnte sie das tosende Meere hören, den Hafen von Plymouth förmlich vor sich sehen. Dahinter erstreckte sich kilometerweit ein Badestrand, den Saphira noch nie aus der Nähe gesehen hatte. All dies nur gut eine Meile von ihrem Anwesen entfernt und doch so unwirklich. Es war die Welt der Muggel, durfte von ihr nicht betreten werden und zumeist hielt die junge Hexe sich auch daran, schlich nur selten hinüber zu den Felsen, lauschte dem Rauschen der Brandung und beobachtete das geschäftige Treiben an den Anlegestellen aus sicherer Entfernung. Ein anderes Leben, eine andere Realität gleich nebenan. Surreal und verstörend. Felsige Abgründe taten sich vor ihr auf, gaben den Blick in schwindelerregende Tiefen frei, die nach etlichen Metern in der rauen See mündeten, deren hohe Wellen sich laut brausend an den steilen Klippen brachen. Ein Ort, den die Muggel mieden.

„Saphira“, zischte Cecilia und rüttelte ihre Tochter aus ihren Gedanken auf, erinnerte sie daran, dass sie sich noch in der Nähe des Bahnhofes befanden. Bedrohlicher denn je kam ihr die dunkle Gasse an diesem Tag vor und noch bevor sie ein letztes Mal die stickige Sommerluft Londons einatmen konnte, waren sie auch schon disappariert.

* * *


Draußen vor dem prachtvollen Anwesen war es stockfinster und auch der Salon - in welchem die blonde Frau seit Stunden nervös aus dem Fenster sah, den Blick starr auf den breiten Kiesweg gerichtet, bei jeder kleinsten Bewegung zusammenzuckend - war nur spärlich beleuchtet.
Das Feuer im Kamin war beinahe erloschen und die kleine Kerze, welche momentan die einzige Lichtquelle im Raum darstellte, flackerte leicht und warf bedrohliche Schatten an die Wände, was Narzissa jedoch kaum registrierte.
Seit drei Tagen war Lucius nun fort und in der ganzen Zeit hatte sie nicht ein einziges Lebenszeichen von ihm erhalten.
Keine Eule, keine Nachricht, kein kurzer Besuch, rein gar nichts.

Es war genau wie damals. Die Einsamkeit, die Alpträume, die Schlaflosigkeit, die Leere, das große Haus und die ständige Angst, ihm könnte etwas zugestoßen sein.
Zwar waren dieses Mal noch keine Muggel verschwunden, Angst und Schrecken hatten sich auch noch nicht über die gesamte Zauberergemeinschaft gelegt und selbst das Ministerium glaubte nicht an die Rückkehr des Dunklen Lords, aber auch das war vermutlich nur noch eine Frage von Wochen.
Dabei hatte Narzissa inständig gehofft, diese grauenhafte Zeit wäre ein für alle Mal vorbei. Sie unterdrückte ein Schluchzen und bemühte sich darum, die Erinnerungen an die Vergangenheit so weit wie nur irgend möglich aus ihrem Gedächtnis zu verbannen.
Natürlich hatte auch sie in ihrer Jugend zunächst fröhlich alles nachgeplappert, große Reden über die Lehre vom reinen Blut geschwungen und war davon überzeugt gewesen, dass Muggel und Schlammblüter nichts weiter als wertloser Abschaum waren.
Sie hatte es eben nicht besser gewusst.
Ihre Schwester Andromeda hatte sie stets mit einer Mischung aus Bewunderung und Zorn betrachtet, angesichts der Tatsache, dass diese es gewagt hatte, vor ihren herrischen Eltern offen darzulegen, dass sie anderer Meinung war. Zu Beginn hatte Narzissa sich häufig mit ihr gestritten, doch je fanatischer Bellatrix geworden war und je mehr sie Andromeda zurecht zu weisen versucht und Narzissa für ihre verweichlichte, mädchenhafte Art verhöhnt hatte, desto besser hatten sich ihre beiden jüngeren Schwestern verstanden und dann … Narzissa schluckte schwer. Dann war Andra weggelaufen. Ihre liebste Schwester; ihre beste Freundin; diejenige, die sie zurück auf den Boden geholte hatte, wenn Narzissa sich wieder einmal zu sehr von Lucius hatte einlullen lassen; ihr Halt im Leben; diejenige, der sie immer hatte vertrauen können, war einfach so - ohne vorher auch nur ein Wort zu sagen - verschwunden.
Kein Eule, keine Nachricht, kein kurzer Besuch, rein gar nichts.
Das schien sich wie ein roter Faden durch ihr Leben zu ziehen. Erst ihre Schwester, dann Lucius und jetzt, nach all den Jahren, war es schon wieder ihr Mann, der einfach so verschwand und sich tagelang nicht meldete.
Doch im Gegensatz zu Andromeda war Lucius bisher immer zurückgekehrt und Narzissa hatte zumindest eine vage Vorstellung von dem, was er tat. Auch wenn es ihr deutlich lieber wäre, von alle dem keinen blassen Schimmer zu haben.
Zu oft war er blutüberströmt nach Hause gekommen, auch wenn es meist nicht sein eigenes Blut gewesen war. Zu oft hatte sie mitanhören müssen, wie er mit seinen Freunden (allesamt Todesser, natürlich) in beinahe grotesk verspottender Weise über die Gräueltaten sprach, die sie vollbrachten und als wenn das nicht schon genug gewesen wäre, hatte sich ihnen auch noch ihre älteste Schwester angeschlossen.
Wie unendlich erleichtert war Narzissa gewesen, nachdem der Dunkle Lord gestürzt worden war, doch selbst dann war es noch nicht vorbei … Nur wenige Wochen später wurde Bellatrix nach Askaban geschickt und dort saß sie bis zum heutigen Tage fest.

Dies alles hatte dazu geführt, dass Narzissa zu ihrer Familie nur noch wenig Kontakt pflegte. Ihre Eltern waren vor ein paar Jahren gestorben; Bella besuchte sie nur selten, war sich allerdings nicht sicher, ob diese ihre Anwesenheit überhaupt registrierte; Andromeda schickte sie hin und wieder eine Eule, jedoch enthielten die Briefe, welche die Schwestern wechselten, nicht mehr als ein paar belanglose Floskeln. Von ihren echten Problemen berichtete keine der geborenen Blacks auch nur ein Sterbenswörtchen.
Den Tod ihres Cousins Regulus hatte Narzissa bis heute nicht vollständig verkraftet, war er doch in Hogwarts ihr bester Freund gewesen und Sirius, dieser undankbare Blutsverräter, hatte sich kein einziges Mal gemeldet, nachdem er vor zwei Jahren kurz bei ihnen untergekommen war … Dennoch vermisste sie ihn, verstand einfach nicht, wie um alles in der Welt ihre Familie dermaßen hatte auseinanderbrechen können.
Abgesehen von ihr selbst hatte jeder ihrer gleichaltrigen Verwandten einen klaren Weg eingeschlagen, sich für eine Seite entschieden und zu seiner Meinung gestanden. Sirius und Andromeda hatten sich von der Familie abgewandt; Bellatrix und Regulus für ihre Ãœberzeugungen gekämpft. Der Jüngste war tot, die Älteste saß in Askaban und Narzissa selbst tat bis heute immer nur das, was man von ihr verlangte; unterwarf sich den Zwängen der Gesellschaft und behielt ihre Gedanken größtenteils für sich.
Und damit war sie sehr zufrieden, oder etwa nicht?
Dieses Leben hatte sie selbst gewählt ...

Hastig wischte die Blonde sich eine Träne von der Wange. Es brachte nichts, in der Vergangenheit zu leben, auch wenn die Gegenwart nicht gerade rosiger aussah.

'Er wird schon kommen', versuchte Narzissa sich selbst in Gedanken zu beruhigen.
Wird er das?
'Es ist nicht so schlimm wie letztes Mal!'
Nicht?
'Das letzte Mal war es gefährlicher. Ihm wird nichts zustoßen. Er wird zurückkommen!'
Bist du dir sicher? Schlimme Dinge geschehen bekanntermaßen immer dann, wenn man sie am wenigsten erwartet
„Sei leise!“, schrie Narzissa die gemeine Stimme in ihrem Kopf an und hatte gar nicht bemerkt, das Draco den Raum betreten hatte.

„Mum? Alles in Ordnung?“, fragte er und sah seine Mutter prüfend an. Er verstand überhaupt nicht, warum es ihr seit Tagen schon so schlecht zu gehen schien. Sein Vater war nicht da.
Na und?
Sie wusste doch, was er tat und für wen er arbeitete. Sollte sie nicht eigentlich stolz auf ihn sein und sich über die Rückkehr des Dunklen Lords freuen?
„Ja, alles bestens, Draco. Geh bitte wieder ins Bett. Es ist schon spät“, antwortete sie und schenkte ihm ein Lächeln, schließlich sollte er sich nicht auch noch Sorgen machen.
„Aber …“, begann er, doch seine Mutter schob ihn bereits in Richtung Treppe.
„Kein aber! Gute Na -“ In diesem Moment klickte das Türschloss, ganz leise, doch Narzissa hatte bereits die Eingangshalle durchquert und fiel ihrem Mann, der soeben das Haus betreten hatte, erleichtert um den Hals.
„Lucius …“, hauchte sie ihm ins Ohr und wollte ihn offensichtlich gar nicht mehr loslassen.
„Hättest du dich nicht wenigstens einmal melden können? Kurz Bescheid geben, dass es dir gut geht, ist das etwa zu viel verlangt?“ Ärgerlich schüttelte die Blonde den Kopf und musterte ihn dabei kurz, um sich zu vergewissern, dass es ihm auch wirklich gut ging. Allzu häufig verschwieg er ihr kleinere Verletzungen. Ein Mann jammerte schließlich nicht und ein Malfoy erst recht nicht.
„Können wir das ein andermal besprechen? Im Moment will ich einfach nur noch baden und dann ins Bett.“ Während Lucius das sagte, klang er leicht gereizt und machte bereits Anstalten, sich an ihr vorbei zu drängen.
„Nein, können wir nicht.“ Sie sprach sehr leise, aber ihre Stimme hatte einen gefährlichen Unterton angenommen.
Seufzend drehte er sich wieder zu seiner Frau um, in deren Augen unterdrückte Wut aufblitzte; die Trauer verbarg sie hingegen gekonnt. Sanft strich er ihr mit einer Hand über die Wange, doch Narzissa zog ihren Kopf schnell weg und sah ihn weiterhin finster an.

„Zissy …“ Er ging einen weiteren Schritt auf sie zu, legte beide Arme um ihren Körper und sah ihr tief in die Augen.
„Ich habe dich vermisst“, flüsterte Lucius ihr mit einer Stimme ins Ohr, von der er wusste, dass sie ihr nicht widerstehen konnte und Narzissa gab sich geschlagen.
„Willst du nicht kurz nach Draco sehen? Ich glaube, er ist noch wach“, sagte sie leise und ließ sich gegen seine Brust sinken.

Am oberen Ende der Treppe versuchte Draco so leise wie möglich zurück in sein Zimmer zu schleichen.

„Er ist doch kein kleines Kind mehr.“ Lucius schüttelte den Kopf und sah seine Frau verwundert an.
„Er ist dein Sohn und auch er hat dich seit Tagen nicht zu Gesicht bekommen.“
„Oh, Zissy, jetzt lass es doch einfach mal gut sein.“ Ein kleines Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit, während sich seine Hand unter ihre Bluse schob und er neckisch fragte:
„Kommst du noch mit in die Wanne?“

* * *


Es war ein heißer Sommer, doch heute ließ es sich draußen einigermaßen ertragen und so spielte Draco Quidditch mit sich selbst, denn seine Mutter hatte ihm aus unerfindlichen Gründen verboten, irgendjemanden - mit Ausnahme von Saphira - einzuladen und seine Freundin hatte offensichtlich Besseres zu tun, als seinem Wunsch Folge zu leisten …
Komplizierte, kleine Zicke.

Eigentlich sorgte er sich ein wenig um sie, da sie der Reaktion ihrer Mutter derart skeptisch gegenübergestanden hatte, aber aus einem Brief, den er von Pansy erhalten hatte (warum auch immer sie ihm schrieb und was der eigentliche Inhalt des ganzen sein sollte, hatte er nicht so recht begriffen, aber versteh einer die Mädchen), ging hervor, dass Blaise angedeutet haben sollte, er hätte Saphira besucht. Alles vage Vermutungen, die Draco allerdings reichten, um eifersüchtig zu werden.
Zabini durfte sie demnach sehen und der junge Malfoy erhielt von ihr nicht einmal einen Brief.
Bester Freund … Wozu brauchte sie den Typ überhaupt? Sie hatte doch Draco und dieser kannte sie schon viel länger, praktisch seit ihrer Geburt. Weshalb traf sie sich weiterhin mit Zabini?
Draco und Blaise waren nie befreundet gewesen, doch als die Sache zwischen ihm und Saphira ernst wurde, waren die beiden Jungen sich gegenseitig noch unsympathischer geworden. Eigentlich schade, war Blaise doch der einzige Kerl in ihrer Stufe, der ein bisschen Hirn besaß und mit dem Draco sich zu Beginn ihrer Schulzeit hätte vorstellen können, eine Freundschaft einzugehen. Aber dazu war es nicht gekommen, da Zabini die Gesellschaft der Mädchen bevorzugt hatte. Vielleicht war er schwul ... Unwahrscheinlich, denn auch er hatte bereits die ein oder andere Freundin gehabt und früher nicht gerade selten mit Draco darum gewettet, bestimmte Weiber herumzukriegen, worin Zabini unbestreitbar talentiert war.

Wütend schmiss Draco den Quaffel auf einen der Torringe, traf dabei allerdings nicht richtig. Der Ball prallte ab und flog mit voller Wucht auf den jungen Zauberer zurück. Von dem harten Schlag leicht benommen und extrem schlecht gelaunt landete er und warf seinen Besen achtlos auf den Rasen. Die Ferien hatten schon gelinde gesagt grauenhaft angefangen.
Seine Mutter schloss sich den ganzen Tag in ihrem Zimmer ein, sein Vater war immer unterwegs und wenn er da war, stritten er und Narzissa sich lautstark, was ihrem Sohn mehr zu schaffen machte, als er zugeben wollte.
Das versprachen noch wahrhaft lustige Sommerferien zu werden ... Eigentlich wollten sie dieses Jahr Urlaub am Meer machen, aber offensichtlich wurde nichts daraus.
Großartig.
Dracos Laune war im Keller.

* * *


Zwei Wochen lang hatte er nichts von Saphira gehört.
Keine Eule, keine Nachricht, kein kurzer Besuch, rein gar nichts.
Heute war sie plötzlich aufgetaucht, ohne jegliche Vorwarnung, ganz einfach so. Seine Mutter schien darüber nicht im Geringsten überrascht zu sein, denn sie hatte man anscheinend zuvor informiert. Draco nicht.
Egal. Die Hauptsache war, dass sie nun da war und er sein Mädchen endlich wieder hatte.
Es war schon höchst erstaunlich, wie lange einem zwei Wochen auf einmal vorkommen konnten. Zwei Wochen, die er hauptsächlich damit zugetan hatte, Quidditch zu spielen oder durch den Wald zu streifen, in der Hoffnung, dort irgendetwas Interessantes zu finden, ein Tierwesen vielleicht ... Aber da war nichts, nicht das Geringste … Und wenn es eine Sache gab, die Draco noch mehr hasste als Potter, dann war es Langeweile.

Gähnend zog er die Vorhänge ein Stück weit auf und sah hinaus in den dunklen Garten. Mit Sicherheit stand auch seine Mutter wieder unten am Fenster und hielt Ausschau nach seinem Vater. Oder war er heute da gewesen? Draco versuchte sich zu erinnern … Vor dem Abendessen war er da, danach hatte er ihn nicht mehr gesehen, auch Narzissa war etwa eine Stunde lang fort gewesen und dann - es war schon recht spät am Abend gewesen - kam seine Mutter mit Saphira in die Eingangshalle, weshalb er bislang nicht wirklich viel Zeit mit seiner Freundin verbracht hatte. Keine einzige Minute hatten sie zu zweit gehabt.
Am liebsten hätte er ihr nun einen kurzen Besuch abgestattet, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich anwesend war und er das alles nicht nur geträumt hatte, denn es war schon recht merkwürdig, wie sie so plötzlich aus dem Nichts aufgekreuzt war und so tat, als wäre alles wie immer. Oder besser gesagt: wie früher. Bevor sie zusammengekommen waren ...
Warum wohnte sie auch in einem der Gästezimmer am völlig anderen Ende des Hauses und wieso war ihr Haus überhaupt so überdimensional groß? Soweit er wusste hatten die Malfoys nie viele Kinder gehabt. Wer war also auf die Idee gekommen, ein so riesiges Anwesen zu bauen?
Größenwahnsinnige … Obwohl es ihm eigentlich gefiel, denn es machte schon etwas her und der Gedanke daran, dass ihm selbst dies alles einmal gehören würde, war wunderbar.

Langsam schlenderte er hinüber zu seinem Bett, ließ sich darauf fallen und nahm aus seinem Nachtschränkchen ein Foto heraus. Es zeigte Saphira, die sich lachend mit einer Hand durch die Haare fuhr und dem Betrachter zuzwinkerte. Sie hatte es ihm kurz vor Ferienbeginn mit den Worten Vergiss mich nicht geschenkt.
Der Blonde schmunzelte. Wie könnte er sie vergessen? Während er das Bild betrachtete, schlich sich ein äußerst selbstzufriedener Ausdruck auf sein Gesicht. Saphira Black war seiner Meinung nach eindeutig die eindrucksvollste, junge Hexe, die er jemals gesehen hatte, auch wenn dies nicht für alle so offensichtlich war. Sie war nicht schön, im klassischen Sinne, nichts im Vergleich zu dieser Chang, obwohl Draco sowieso nicht auf Asiatinnen stand, und vom Glanz dieser Veela-Tussi wurde ohnehin jedes andere Mädchen in den Schatten gestellt, doch auf so ein widerwärtiges Halbwesen würde Draco sich niemals einlassen. Nun gut, abgesehen davon musste er auch zähneknirschend zugeben, dass Saphira sogar im Vergleich zu vielen ganz normalen Mädchen in Hogwarts optisch eindeutig den Kürzeren zog und was er an ihr so reizvoll fand, konnte er nicht wirklich in Worte fassen. Trotzdem war sie in seinen Augen sehr hübsch. Aber vielleicht machte das Verknalltsein tatsächlich ein wenig blind.

Wie auch immer.
Saphira Black war seine Freundin. Nur Draco allein durfte sie sein Eigen nennen und das war etwas, worauf er wirklich stolz war, denn dies hatte er nicht erreicht, weil sein Vater reich war oder seine Familie hohes Ansehen genoss.
Nein, damit konnte man eine Black absolut nicht beeindrucken, immerhin war sie selbst äußerst wohlhabend. Wenn man vorhatte, der Mann an ihrer Seite zu werden, dann war dies lediglich eine Grundvoraussetzung, jedoch nichts Besonderes. Wie er stammte auch sie aus einer der ältesten und reinblütigsten Zaubererfamilien Großbritanniens, was sie beide praktisch zum perfekten Paar machte. Um genau zu sein, stammte auch er in direkter Linie von den Blacks ab, aber diesen Gedanken schob er sofort wieder in eine der hintersten Ecken seines Gehirns. Das war bei reinblütigen Familien ziemlich normal und … Wen interessierte das schon? Nur nicht darüber nachdenken, sonst wurde es seltsam ...
Jedenfalls wollte sie ihn nicht seines Geldes wegen, sondern weil sie ihn als Person schätzte und das verlieh seinem ohnehin schon übermäßig großen Selbstbewusstsein noch ein wenig mehr Hochmut.

Abgesehen davon war Saphira einer der wenigen Menschen in seiner Umgebung, die ihm nicht aus Bewunderung nacheiferten oder aus Angst vor ihm taten, was Draco verlangte.
Im Grunde genommen war sie die einzige Person seines Alters, die er als gleichberechtigt neben sich duldete und auf deren Meinung er Wert legte; auch war Saphira eine der wenigen, die ihm überhaupt widersprachen, stets darum bemüht, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, wenn er mal wieder etwas über die Stränge schlug.

Plötzlich klopfte es sachte an der Türe und bevor er in genervtem Ton „Ja?“, sagte, steckte der Blonde hastig das Foto unter sein Kopfkissen.
Bestimmt kam nun irgendein dämlicher Hauself, der ihm jetzt noch seine Wäsche brachte, oder seine Mutter, die mit ihm über seine Beziehung reden wollte. Wenn sie nicht gerade wegen seines Vaters weinte, dann kam sie in letzter Zeit andauernd zu ihm und löcherte ihn mit Fragen, die der junge Magier nur recht einsilbig und höchst widerwillig zu beantworten pflegte. In den letzten paar Tagen war er ihr erfolgreich aus dem Weg gegangen. Vielleicht wollte sie jetzt, da Saphira tatsächlich hier war, einen ernsten Versuch wagen, mit ihm zu sprechen.

Zaghaft wurde die Türe aufgeschoben …


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