von SaphiraMalfoy
Die Schüler saßen in einer für Professor Moody äußerst ungewöhnlichen Stunde, da er sie ausnahmsweise nur theoretisch arbeiten ließ, anstatt sie wie üblich mit seinen harten Lehrmethoden auf die Probe zu stellen.
Mal wieder griff er nach seinem Flachmann und versuchte, einen Schluck daraus zu trinken; es schien jedoch so, als wäre das GefÃ¤ß leer. Das ohnehin entstellte Gesicht des Lehrers zu einer hässlichen Fratze verzogen, knallte er den Flachmann auf das Pult, wandte sich der Klasse zu und erklärte die Stunde für vorzeitig beendet. Dann humpelte er - so schnell es ihm mit seinem Holzbein möglich war - in sein Büro und ließ die Türe mit einem lauten Knall hinter sich ins Schloss fallen.
Hoch erfreut packten die Jungen und Mädchen ihre Sachen zusammen und drängten hinaus auf den Flur, ehe Moody es sich noch einmal anders überlegen konnte. Seamus Finnigan lachte und rief überhörbar „Alter Säufer!“ quer durch die Klasse, was Saphira verständnislos den Kopf schütteln ließ. Den idiotischen Mut der Gryffindors würde sie wohl niemals begreifen können; sie selbst wäre nicht so töricht, es zu wagen, eine derartige Unverschämtheit von sich zu geben, während sie Gefahr lief, dass der Lehrer sie hörte. Nicht nach dem, was Professor Moody damals mit Draco angestellt hatte, aber auch bei keiner anderen Autoritätsperson. Das gehörte sich einfach nicht.
Von der Seite her stupste Draco sie an und stellte mit einem Blick auf die Uhr über der Tafel fest: „Die nächste Stunde fängt erst in knapp dreißig Minuten an. Was hältst du davon, wenn wir die Zeit nutzen, um ein bisschen alleine zu sein?“ Leider kam es nicht gerade oft vor, dass er seine Freundin für sich hatte, da sie meist früh zu Bett ging und die Nachmittage angeblich damit verbrachte, für die Prüfungen am Schuljahresende zu lernen. Manchmal beschlich den jungen Magier der Eindruck, sie ginge ihm aus dem Weg, sobald er bewusst ihre Nähe suchte. Darauf angesprochen beteuerte diese jedoch, was er sagte wäre der reinste Blödsinn.
„Eher nicht. Ich möchte noch etwas erledigen, aber ich beeile mich. Geh bitte schon vor, ich komme später nach“, sagte Saphira und ignorierte Dracos fragenden Blick.
„Was kann so wichtig sein?“, murrte er und schlang einen Arm um die schmale Taille der jungen Hexe, deren goldblonde Haare in der Sonne erstrahlten, die durch das Fenster fiel.
„Ich würde gerne mehr Zeit mit dir verbringen“, flüsterte er ihr ins Ohr und sie schloss seufzend die Augen, genoss die sanften Berührungen seiner Hände, spürte seinen Atem an ihrem Hals, der ihr eine angenehme Gänsehaut bereitete. In diesem Moment wäre sie seiner Bitte liebend gerne nachgekommen, doch sie besann sich eines Besseren und entwand sich seinem Griff.
„Es ist wichtig, Draco. Es geht um meine Zensuren“, erklärte sie dem Jungen, der genervt die Augen verdrehte, als Saphira mit einer Hand in Richtung der Türe deutete, die hinaus auf den Flur führte.
„Bis später“, meinte er schulterzuckend und ließ sie im Klassenraum zurück.
Mit einem mulmigen Gefühl bei dem Gedanken an ihre schlechte Note in der letzten Klausur schritt die Blondine auf die Tür zu, welche in das Büro des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste führte. Ihre Mutter würde durchdrehen, wenn sie wüsste, wie sehr Saphira sich in diesem Fach verschlechtert hatte und vor den Abschlussprüfungen am Jahresende musste unbedingt ein Weg gefunden werden, sich zu verbessern. Heute bot sich die perfekte Gelegenheit, den Lehrer persönlich zu fragen, ob sie eine Zusatzaufgabe erledigen konnte, um ein paar extra Punkte zu sammeln. Ganz wohl war ihr bei diesem Unterfangen jedoch nicht. Mit den meisten Lehrern kam sie gut zurecht, wenn man von Professor Sprout und Hagrid absah, doch für die schlechte Meinung, welche die beiden Lehrer von ihr hatten, war die junge Black weitestgehend selbst verantwortlich. Professor Moody hingegen vermochte sie absolut nicht einzuschätzen. Ihr gegenüber verhielt er sich weitestgehend neutral, doch er hatte unleugbar seine Lieblinge. Ariadne Crouch lobte Moody in nahezu jeder Stunde in den Himmel, unabhängig davon, ob sie eine intelligente Antwort gab oder lediglich einen Satz von der Tafel abschrieb. Zugegeben, Crouch war eine gute Schülerin - was nicht zuletzt daran lag, dass sie in ihrer Stufe nach dieser Granger die wohl größte Streberin darstellte - aber Moody übertrieb wirklich. Neben ihr gehörte auch das Narbengesicht zu seinen favorisierten Schülern, wohingegen er Draco offenkundig nicht ausstehen konnte.
Gedankenversunken öffnete die junge Hexe die Türe und vergaß dabei völlig, dass es angebracht gewesen wäre, zuvor anzuklopfen.
Als sie den Raum betrat, befand sich in diesem nicht wie erwartet der Professor mit Holzbein, einem magischen Auge und nur einer halben Nase, sondern ein ihr vollkommen fremder Mann. Saphira schätzte ihn auf Anfang bis Mitte dreißig; seine strohblonden Haare fielen ihm in die dunklen Augen und eine längliche Narbe zog sich quer über die linke Gesichtshälfte. Erschrocken sah der zur Salzsäule erstarrte Unbekannte das Mädchen an und brachte keinen Ton hervor. Seine Augen, in denen ein nahezu gruseliges Funkeln lag, flackerten zu seinem Zauberstab hinüber, welcher zwei Meter von ihm entfernt auf dem Schreibtisch lag. Nutzlos. Wie um alles in der Welt hatte er nur so unvorsichtig sein und vergessen können, das Zimmer abzusperren?
„Entschuldigen Sie, ich wollte zu Professor Moody.“ Saphira fand als Erste ihre Sprache wieder.
Barty Crouch jr. antwortete nicht, sondern musterte die junge Black eingehend. Ihr berechnender, prüfender Blick, die skeptisch hochgezogene Augenbraue ... Dies glich in der Tat stark Regulus Blacks Gebaren, doch auch ihrer Mutter war sie nicht unähnlich. Ihre Mutter Cecilia Steel, mit der er ganz besondere Erinnerungen verband ... Nein, das gehörte nun nicht hier her. Er schüttelte den Gedanken ab und dachte fieberhaft darüber nach, wie er aus dieser Situation entfliehen konnte.
Kurz überlegte Saphira, ob sie einfach gehen und zu einem anderen Zeitpunkt zurückkehren sollte, denn dieser Kerl war ihr nicht geheuer, aber ihr Anliegen schob sie nun bereits über eine Woche vor sich her und sie sollte es nicht länger hinauszögern, wenn sie noch eine Chance auf ein einigermaßen passables Jahreszeugnis haben wollte.
„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte sie, da der Fremde ziemlich blass aussah und merkwürdig abwesend wirkte. Er blinzelte und antwortete dann tonlos:
„Moody ist nicht da.“
Saphira schnalzte gereizt mit der Zunge und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Das sehe ich selbst“, meinte sie spitz und fragte sich, was bei Merlin dieser Kerl überhaupt hier wollte. Schulfremde Personen hielten sich für gewöhnlich selten in Hogwarts auf. Momentan war die Situation zwar eine andere, da einige erwachsene Zauberer die Ausrichtung des Trimagischen Turniers überwachten, doch bis zur nächsten Aufgabe war es noch eine Weile hin und diesen Mann hatte sie zuvor noch nicht gesehen. „Wissen Sie, wann er wieder kommt?“, erkundigte sie sich, doch der Unbekannte schüttelte nur den Kopf, verengte die dunklen Augen zu Schlitzen und sagte:
„Miss Black, Sie sollten jetzt gehen und den Professor zu einem anderen Zeitpunkt aufsuchen.“
Die Blonde war gerade im Begriff, sich umzudrehen und seinem Befehl nachzukommen, als ihr etwas an seiner Wortwahl auffiel. Verdutzt hielt sie inne, wandte sich zu ihm um und hob argwöhnisch eine Augenbraue an.
„Woher kennen Sie meinen Namen?“, wollte sie von ihm wissen.
Am liebsten hätte Barty sich in diesem Moment selbst geohrfeigt. Wie konnte er nur dermaßen dämlich sein? Heute war schlicht und ergreifend nicht sein Tag. Er hatte doch nicht monatelang an seinem perfekten Auftreten gearbeitet, den Plan penibel ausgearbeitet, den er für seinen Herrn ausführen sollte, nur um sich durch eine solche Dummheit selbst zu enttarnen ... Der stechende Blick, mit dem die kleine Black ihn bedachte, glich dem ihres Vaters bis ins kleinste Detail. Ihre Mimik stimmte eins zu eins mit der von Regulus Black überein.
„Ich kannte Ihren Vater, Sie sehen ihm sehr ähnlich.“ Barty wusste, dass es eine erbärmliche Ausrede war und hoffte inständig, dass die kleine Black genauso dumm wie blond war. Ihre letzten beiden Aufsätze - die davon gezeugt hatten, dass sie kein sonderliches Verständnis für die Geheimnisse der dunkelsten Künste besaß - schenkten ihm dabei große Hoffnung.
„Ist das so?“ Leider überzeugte diese Aussage Saphira nicht im Geringsten. Zwar hatte man ihr schon des Öfteren gesagt, sie hätte viel mit ihrem Vater gemeinsam, doch das schien ihr eine recht fadenscheinige Erklärung dafür zu sein, dass er offenbar ganz genau wusste, wem er gegenüber stand.
„Erlauben Sie mir die Frage, wer sind Sie?“ Saphira, die neugierig geworden war, wollte sich nicht so leicht von ihm vertreiben lassen, lehnte sich betont lässig gegen den Schreibtisch und machte keinerlei Anstalten, den Raum zu verlassen.
„Das tut nichts zur Sache“, entgegnete Barty mit bedrohlich klingender Stimme, aber die junge Black ließ sich davon nicht einschüchtern. Die kühle Gelassenheit und das stoische Beharren darauf, ein Vorhaben durchzusetzen, stammte wohl von Cecilia. Die elegante, unnahbare Blondine mit den stechend blauen Augen, von deren Schönheit ihre Tochter hingegen nur einen Bruchteil geerbt zu haben schien. Schade drum ... Bislang hatte er nicht sonderlich viel über alte Bekanntschaften nachgedacht, da er viel zu beschäftigt mit dem Erfüllen seines Auftrages für den Dunklen Lord gewesen war. Das hatte oberste Priorität und er durfte sich von nichts und niemandem ablenken lassen!
Dennoch war auch er nur ein Mann, der über dreizehn Jahren lang enthaltsam lebte - seitdem sein Erzeuger ihn in diesen verdammten Keller gesperrt hatte - und die erregende Erinnerung an eine ehemalige Liebschaft reizte ihn. Sobald er seine Aufgabe erfüllt hatte, gab es durchaus jemanden, den er besuchen könnte. Schließlich war auch Cecilia nun verwitwet - wenn man es in ihrem Fall so nennen konnte - und einem Wiederaufleben alter Leidenschaft stand theoretisch nichts im Wege, denn soweit er wusste, hatte die Gute niemals geheiratet.
„Wie Sie meinen.“ Die Stimme der Blonden riss ihn aus seinen Gedanken und Barty verfluchte sich dafür, sie immer noch nicht rausgeworfen zu haben.
„Aber finden Sie es nicht seltsam, dass Professor Moody den“, sie griff nach dem Zauberstab, der auf dem Schreibtisch lag, „hier zurück lässt? Ich dachte, er würde ihn niemals aus den Augen lassen, so paranoid wie er ist.“
„Immer wachsam“, lachte ihr Gegenüber mit finsterer Stimme. Das irre Funkeln leuchtete wieder in seinen Augen und er versuchte krampfhaft, die Kontrolle über die Situation zurückzuerlangen. Ahnte die Kleine etwas? Betont lässig zuckte er die Schultern und sagte mit bedrohlichem Unterton:
„Ich denke, es wäre besser für Sie, wenn Sie den Zauberstab dorthin zurücklegen würden, wo Sie ihn gefunden haben. Der gute, alte Mad Eye wird alles andere als begeistert davon sein, wenn er Sie damit erwischt.“ Nun war das Mädchen im Besitz von zwei Zauberstäben und er hatte nicht einen einzigen ... Stumm betete er darum, sich noch einmal unbescholten aus seiner misslichen Lage herausmanövrieren zu können.
„Damit werden Sie vermutlich recht haben“, erwiderte Saphira und tat - zu Bartys Erleichterung - wie ihr geheißen.
„Was wollen Sie denn von ihm?“, fragte er, um das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken, wobei er sich innerlich dafür tadelte, es überhaupt aufrecht zu erhalten.
„Um ehrlich zu sein, würde ich das gerne mit ihm persönlich besprechen.“ Die Blonde warf ihre langen Locken über die Schultern und sah den Mann vor sich überheblich an.
Wenn sie nur wüsste ...
Ihre abartige Arroganz erinnerte Barty stark an die Malfoys und diese Sippschaft von unloyalen Feiglingen konnte er auf den Tod nicht ausstehen. Gleich nach dem vermeintlichen Sturz des Dunklen Lords hatten sie geschworen, sie wären dazu gezwungen worden, ihm zu dienen. Nichts als Verachtung hatte Barty für Lucius Malfoy übrig und sein verkommener Sohn glich ihm nicht nur äußerlich bis ins kleinste Detail. Auch charakterlich hatte die Erziehung seiner Eltern bereits ganze Arbeit geleistet. Große Klappe, nichts dahinter.
Doch erschreckenderweise war dieses Gebaren der jungen Black gerade das, was ihn faszinierte und reizte, an die junge Cecilia erinnerte, die sich nach außen stets unnahbar und zugeknöpft gegeben hatte, doch in Wahrheit ...
Nein! Diese Gedanken durfte er sich nicht erlauben.
Nicht diesem blutjungen Gör gegenüber, das offenbar nicht die geringste Ahnung hatte, was es mit seinem Verhalten in ihm auslöste. Wenn sie nicht bald verschwand, könnte er für nichts mehr garantieren.
Gelangweilt spielte Saphira mit einer ihrer Haarsträhnen und sah sich im Büro des Lehrers um, in welchem sich allerhand merkwürdige Gegenstände befanden. Tatsächlich hoffte sie noch darauf, dass der Professor rasch auftauchte, da sie ihr Anliegen nicht länger aufschieben und außerdem in Erfahrung bringen wollte, wer bei Salazar dieser fremde Kerl war. Aufmerksam musterte sie den Mann, der sich noch immer weigerte, ihr Auskunft über den Verbleib Moodys oder seine eigene Identität zu geben. Irgendetwas an seinem Erscheinungsbild mutete ihr seltsam an und es war nicht der stechende Blick aus seinen dunklen Augen, nicht die Narbe auf seiner Wange, sondern ...
Der Fremde ging auf sie zu und sagte mit ruhiger Stimme: „Es ist besser, wenn du jetzt gehst.“
„Haben Sie mich gerade geduzt?“, fragte Saphira erstaunt und legte den Kopf schief, dachte immer noch darüber nach, was ihr so komisch an ihm vorkam.
„Verschwinde!“, knurrte Barty und deutete mit seiner Hand in Richtung des Ausganges.
Spinner, dachte sie, kam seiner Aufforderung jedoch nach. Kurz bevor sie den Raum verließ, drehte sie sich noch einmal um und in eben diesem Moment traf die Erkenntnis sie wie ein Blitz: Der Unbekannte trug dieselben Anziehsachen wie zuvor Moody ... Erschrocken klappte ihr der Mund auf und sie starrte ihn unentwegt an, rührte sich nicht von der Stelle.
Ihr argwöhnischer Blick entging Barty nicht, der zum Schreibtisch hinüber hastete und nach dem Zauberstab griff, ehe er das Mädchen zurück in das Büro zog und die Türe hinter ihr verschloss.
„Ein falsches Wort und du wirst es bereuen“, raunte er bedrohlich und trat so nahe an Saphira heran, dass diese zurückweichen musste, bis sie mit dem Rücken an die Tür gedrängt stand, das kalte Metall des Knaufs schmerzhaft gegen ihre Wirbelsäule drückte. Das Herz schlug der jungen Hexe bis zum Halse, doch sie erwiderte seinen Blick und nickte fast unmerklich.
„Das hier ist niemals passiert, hast du mich verstanden?“ Seine Stimme jagte ihr einen eisigen Schauer über den Rücken und Saphira erzitterte, als sie die Spitze des Zauberstabes an ihrer Kehle spürte.
„Ich habe gefragt, ob du mich verstanden hast!“, zischte er und genoss es, die Angst in ihren Augen auflodern zu sehen. Viel zu lange war es her, dass er seine Macht hatte auskosten dürfen. Jemanden in die Enge zu treiben, das erbärmliche Flehen seines Opfers mitanzuhören, bevor er es langsam und genüsslich zu Tode folterte ... Reizvolle Erinnerungen. Aber so weit durfte es nun nicht kommen. Die kleine Black musste nur zum Schweigen gebracht werden und sie schien ebenso feige zu sein wie die Malfoys, würde ihm keine Schwierigkeiten bereiten. Wenigstens hoffte er das.
„Ja, das habe ich“, stammelte die Blonde und Barty taxierte sie noch einige Sekunden eindringlich, ehe er von ihr abließ.
„Raus!“, fauchte er schließlich und Saphira suchte das Weite.
Wütend schlug Barty sich mit der Hand gegen die Stirn und ärgerte sich fürchterlich über seine eigene Dummheit. Was war nur in ihn gefahren? Es hätte niemals so weit kommen dürfen. Die Ablenkungen mussten reduziert, der Fokus wieder auf das Wesentliche gelegt werden. Um ein Haar wäre er aufgeflogen und dann wären all seine Bemühungen umsonst gewesen. Es ging um alles oder nichts. Die Rückkehr des Dunklen Lords lag in seiner Macht. Er alleine trug die Verantwortung dafür. Es gab nichts, das er nicht tun würde, um Lord Voldemort wieder auferstehen zu lassen.
Das Leben ist wertlos, solange es nichts gibt, wofür es sich zu sterben lohnt. Und Barty hatte eine Aufgabe, die dieses Opfer wert war.
*
Fast rennend eilte Saphira durch die Korridore und bemerkte erst, als das Zaubertrankklassenzimmer in Sichtweite war, dass die Gänge wie ausgestorben wirkten. Mit wild in der Brust pochendem Herzen blieb sie stehen und versuchte, ihre Atmung zu beruhigen. Der Unterricht hatte offensichtlich bereits begonnen und Professor Snape schätze Verspätungen ganz und gar nicht. Trotzdem brauchte sie noch einen Augenblick, um wieder klar denken zu können. Das Adrenalin jagte durch ihre Venen und die wirren Gedanken in ihrem Kopf ließen sich nicht ordnen. Was bei Merlin war geschehen? Was hatte das alles zu bedeuten? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, wollte jedoch auch nicht allzu genau darüber nachsinnen, denn die Drohung des Fremden war unmissverständlich gewesen.
Mit schlechtem Gewissen erinnerte sie sich an Draco, der auf sie gewartet hatte, aber das war nun unwichtig. Wie viel Unterricht sie bereits verpasst hatte, vermochte die junge Hexe nicht zu sagen, da sie heute keine Uhr trug, doch das spielte keine Rolle. Zu spät war zu spät. Und das ausgerechnet, weil sie bestrebt gewesen war, ihre Note in einem anderen Fach zu verbessern. Gebracht hatte ihr diese Aktion nichts.
Das irre Funkeln in den Augen des Unbekannten ging ihr nicht mehr aus dem Kopf und zu gerne hätte sie jemandem von dieser merkwürdigen Begegnung erzählt, nur wem sollte sie es sagen? Was hätte dies für Konsequenzen? Würde der gruselige Mann davon erfahren? Und was dann ... Nein, das Risiko war zu groß; die Situation zu surreal anmutend. Außerdem sollte sie die Zaubertrankstunde nicht verpassen.
Verwirrt schüttelte sie den Kopf und betrat das Klassenzimmer, inständig hoffend, dass ihr Hauslehrer nicht allzu schlechter Laune war.
„Entschuldigen Sie meine Verspätung, Professor“, murmelte Saphira kleinlaut.
Der Angesprochene quittierte dies mit einem knappen Nicken und fuhr mit dem Unterricht fort, ohne näher darauf einzugehen.
Erleichtert ließ die Blonde sich auf den freien Stuhl neben Draco fallen und erklärte ihm mit leiser Stimme, das Gespräch mit Moody hätte länger gedauert. Die Wahrheit zu sagen, wagte sie nicht.
„Aber na sicher doch. Die Slytherins können machen, was sie wollen, und wenn wir uns nur den kleinsten Fehltritt erlauben, dann ...“ Doch weiter kam Ron nicht, denn Professor Snape fixierte ihn mit seinen schwarzen Augen und seine Lippen kräuselten sich spöttisch.
„Mr. Weasley, wer etwas leistet, der darf sich auch etwas leisten. Da dies in Ihrem Fall nicht zutrifft, wäre ich an Ihrer Stelle ganz still.“
Die Slytherins lachten. Selbst Severus Snape konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen und fügte hinzu:
„Zehn Punkte Abzug für Gryffindor, aufgrund ihres unangemessenen Kommentars und der unnötigen Unterbrechung meines Unterrichtes.“
Zornig schnaubte nun auch Harry auf und hatte den Mund bereits geöffnet, um zu widersprechen, doch Hermiones Ellenbogen traf ihn hart in der Seite, woraufhin dieser seinen Mund schloss und einen finsteren Blick mit Ron austauschte.
Diese Bevorzugung der Schüler seines eigenen Hauses war dermaßen unfair!
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