von SaphiraMalfoy
Die Versuchung will, ich soll ihr ganz gehören …
Als Saphira am nächsten Morgen erwachte und blinzelnd die Augen aufschlug, fühlte sie sich so ausgeschlafen und erholt wie schon seit langem nicht mehr. Einen Moment lang blickte sie verwirrt in dem ungewohnten Schlafzimmer umher, bis ihr gewahr wurde, dass der vergangene Tag kein seltsamer Traum gewesen und sie tatsächlich von zu Hause ausgerissen und bei Augustus untergekommen war. Lächelnd richtete sie sich auf und spürte eine Woge der Euphorie, die sie augenblicklich hellwach werden ließ. Keine Sekunde länger konnte die junge Hexe ruhig liegen bleiben, war viel zu aufgedreht und unternehmungslustig.
Doch was fing sie mit ihrer neugewonnenen Freiheit an? Und vor allem … wie lange würde dieser Zustand andauern? Sie konnte sich schließlich nicht ewig hier verstecken. Spätestens an Weihnachten musste sie eine Entscheidung getroffen haben und entweder nach Hause zurück gekehrt sein oder einen Weg gefunden haben, ihr Leben auf andere Weise fortzusetzen. Die Tage waren knapp bemessen, doch nur herum zu sitzen und darüber zu sinnieren, was sie tun sollte, wäre schlichtweg deprimierend und Saphira wollte die wenigen Stunden in Freiheit nicht damit vergeuden.
Nein, sie würde von nun an einfach tun, wonach ihr der Sinn stand, und wenn der Zeitpunkt gekommen war, dann wüsste sie, was zu tun war. Das Richtige ergab sich schon …
Optimistisch wie selten zuvor schwang sie ihre Beine aus dem Bett und kleidete sich rasch an, bevor sie ins Wohnzimmer ging, in welchem Augustus noch merkwürdig zusammengekauert auf dem viel zu kleinen Sofa lag und schlief. Neben ihm auf dem Tisch befand sich ein wüster Berg an bekritzelten Notizblättern nebst Lehrbüchern, auf die Saphira einen kurzen Blick warf, nur um festzustellen, dass sie mit all den medizinischen Fachbegriffen ebenso wenig anfangen konnte, als wäre der Text in Suaheli verfasst worden. Vermutlich hatte Augustus bis spät in die Nacht gelernt, weshalb Saphira sich trotz ihrer ungeheuer guten Laune und dem Drang, jetzt sofort etwas zu unternehmen, darum bemühte, keinen Lärm zu verursachen, während sie sich im Raum umsah.
Alles hier drinnen (von den neumodischen Möbeln über die starren, scheinbar mit einer Muggelkamera aufgenommenen Bilder bis hin zu einigen seltsamen Gerätschaften) kam ihr nun, da sie es näher betrachtete, merkwürdig und fremd vor. Noch nie war sie in einem Muggelhaus gewesen, und obwohl sie schon modernere Einrichtungsweisen gesehen hatte als die streng viktorianische, welche ihre Mutter bevorzugte, befand sie das schlicht gehaltene, unverzierte, zumeist einfarbige Mobiliar in dieser Wohnung als äußerst gewöhnungsbedürftig.
Direkt gegenüber des Sofas entdeckte Saphira einen viereckigen, schwarzen Kasten, an dessen Vorderseite eine Art Glas angebracht zu sein schien und der ihr äußerst suspekt vorkam. Wozu das Ding gut sein sollte, wusste sie nicht, hielt sich jedoch sicherheitshalber davon fern. An den Wänden, von denen zwei in einem dunklen Bordeaux-Ton gestrichen waren, hingen diverse Poster, die vermutlich Muggel-Musiker darstellten; jedenfalls schloss Saphira aufgrund der im Hintergrund abgebildeten Instrumente darauf.
Schließlich wandte sie ihre Aufmerksamkeit einem Regal zu, das diverse CDs und Video-Kassetten enthielt, die Saphira zunächst für Bücher in einem Plastik-Umschlag hielt. Ihr Blick blieb an einem gerahmten Foto hängen, das Augustus Arm in Arm mit einer jungen, dunkelhaarigen Frau zeigte, die sehr nett, aber ein wenig älter als er aussah. Vielleicht täuschte sie sich auch, doch das Bild verunsicherte sie. Stirnrunzelnd streckte sie die Hand danach aus und nahm es aus dem Regal, um die darauf abgebildeten Personen näher in Augenschein zu nehmen. Obwohl sie auf skurrile Weise in der Bewegung erstarrt schienen, ihr Lächeln unnatürlich eingefroren war, wirkte es, als verbände Augustus eine so warmherzige Vertrautheit mit dieser Frau, dass Saphira unwillkürlich einen Anflug von Eifersucht in sich aufflammen spürte, den sie im ersten Moment allerdings nicht wirklich verstand.
„Morgen, gut geschlafen?“, erklang Augustus` Stimme plötzlich neben ihr und vor Schreck hätte Saphira den Bilderrahmen beinahe fallen gelassen. Während der gedankenversunkenen Betrachtung des Fotos hatte sie überhaupt nicht bemerkt, dass er aufgestanden war. Ertappt sah sie zu ihm auf, stellte das Bild zurück an seinen angestammten Platz und versuchte, sich nichts weiter anmerken zu lassen, was ihr jedoch nicht sonderlich gut gelang.
„Entschuldige, ich wollte nicht …“, begann sie hastig und errötete angesichts ihrer dummen Gedankengänge. Selbst wenn dieses Mädchen seine Freundin und noch dazu womöglich ein Muggel war … was interessierte es sie?
„Kein Problem“, erwiderte er gelassen, streckte sich und wollte sich schon abwenden, um ins Badezimmer zu gehen, als Saphiras Neugier ihr schlechtes Gewissen über den Haufen rannte und ihren Mund zum Sprechen zwang, ehe die Vernunft sie daran hindern konnte.
„Wer ist das?“, platzte es aus ihr heraus und im selben Moment hätte die junge Hexe sich für diese Frage ohrfeigen können.
„Imogen“, antwortete Augustus mit einem kurzen Seitenblick auf das Bild und schien zunächst nicht näher darauf eingehen zu wollen, doch als er Saphiras noch immer fragende Miene bemerkte, ergänzte er: „Meine Schwester.“
„Du hast eine Schwester?“, lachte die Blonde erleichtert auf und zog überrascht die Augenbrauen zusammen.
„Ja, habe ich das nie erwähnt?“, meinte er verhalten gähnend und war glücklicherweise noch zu schläfrig, um auch nur ansatzweise zu begreifen, was in Saphira vorging.
„Nein, hast du nicht“, antwortete diese und biss sich verlegen auf die Unterlippe. „Sie ist aber keine von u- Ich meine … sie ist keine Hexe, oder?“, sprach sie hastig weiter, um ihre Unsicherheit zu kaschieren.
„Nein, sie ist ganz … normal?“, grinste er. „Wie auch immer man normal nun definieren mag. Jedenfalls ist sie ein Muggel“, erklärte der angehende Heiler, doch Saphira hörte ihm kaum zu, war viel zu beschäftigt damit, sich zur Vernunft zu rufen. Weshalb bei Salazar freute die Tatsache, dass diese hübsche, junge Frau keine „Konkurrenz“ darstellte, sie so sehr? Es hatte sie nicht zu interessieren und das tat es auch nicht, nicht im Mindesten! Außerdem liebte sie noch immer Draco und eine irgendwie geartete Beziehung mit Augustus kam ohnehin nicht infrage, abgesehen davon, dass er sowieso nicht auf sie stand und …
Aber war es wirklich dermaßen abwegig? Hatten sie nicht bereits miteinander geflirtet, als sie von Hogsmeade zurück nach Hogwarts gegangen waren? Hatte es nicht schon an diesem Tag eine äußerst grenzwertige Situation gegeben?
Paralysiert starrte sie Augustus hinterher, der im Bad verschwand, und schüttelte langsam den Kopf. Es war unvernünftig und führte zu absolut gar nichts, doch schließlich hatte sie beschlossen, sich eine Auszeit von ihrem Alltag zu nehmen, von der spießigen, regeltreuen Saphira, die nur tat, was man von ihr verlangte.
Nur ein paar Tage Freiheit gepaart mit dem unstillbaren Drang, die Regeln zu brechen, aus der Rolle zu fallen und etwas Dummes zu tun, das konnte nur schief gehen, aber gelinde gesagt war es ihr derzeit mehr als gleichgültig und so strich sie den Ausdruck Konsequenzen aus ihrem Wortschatz und ließ sich langsam aber sicher fallen.
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Nachdem sie gefrühstückt hatten verließen sie das Haus und bummelten eine Weile durch das Studentenviertel, in welchem Augustus wohnte und das mit seinen graffitiverzierten Hausfassaden, den vielen kleinen Ramschläden und der skurrilen Zusammenstellung unterschiedlichster Menschen in einem grotesken Kontrast zu Saphiras gewohntem Umfeld stand. In den hiesigen Gassen reihte sich Pub an Pub; neben bunten Boutiquen, in denen zum Teil äußerst schrille Mode verkauft wurde, fanden sich Tattoo- und Piercing-Studios wieder und zogen merkwürdige Gestalten an: von seriös wirkenden Geschäftsmännern über verlebt aussehende junge Mädchen mit ungekämmten Haaren und scheinbar absichtlich verwischtem Make-up bis hin zu nietenbesetzten Lederjacken tragenden Punkern gab es hier offensichtlich alles zu sehen, sodass Saphira - nachdem sie endlich ihre Scheu abgelegt hatte - gar nicht mehr wusste, wohin sie zuerst schauen sollte.
Am frühen Nachmittag begaben sie sich zum Essen in ein gemütliches Café und besuchten im Anschluss einen Weihnachtsmarkt, der ein wenig zentraler gelegen war und sogar über eine kleine Schlittschuhbahn verfügte, was zumindest die junge Black sehr erfreute.
„Nun komm schon, lass uns ein paar Runden drehen, das macht Spass. Ich war noch nie auf so einer … künstlich angelegten Bahn und bin ewig nicht Schlittschuh gelaufen!“, forderte Saphira den skeptisch dreinblickenden Augustus auf, der nicht sonderlich erpicht darauf schien, ihrer Bitte Folge zu leisten.
„Tu dir keinen Zwang an, aber mich kriegst du da nicht drauf“, wehrte er ab, was Saphira sich weigerte zu akzeptieren. Inzwischen hatte sie beinahe vergessen, dass sie sich vermutlich fast ausschließlich in nicht-magischer Gesellschaft befand, und machte einen ungezwungenen Eindruck, an den Augustus sich erst noch gewöhnen musste.
„Sag bloß, du kannst das nicht?“, neckte sie den jungen Heiler, der inzwischen auch grinste und den Kopf schüttelte, wobei ihm eine verirrte Schneeflocke ins Gesicht fiel. Im Vergleich zum gestrigen Tag war das Wetter bedeutend milder geworden. Zwar war es noch immer recht kalt, doch der böige Wind hatte sich gelegt und selbst die Sonne blinzelte ein paar Mal zwischen den grauen Wolken hervor.
„Nie ausprobiert und ich glaube auch nicht, dass es eine gute Idee wäre. Ich werde mir eher alle Knochen brechen, bevor ich auch nur zwei Meter vorangekommen bin.“
„Du solltest es wenigstens versuchen, du Feigling!“, lachte Saphira, die in den vergangenen Stunden eine seltsame Wandlung vollzogen hatte und mit dem schreckhaften, angespannten Mädchen, als das man sie kannte, kaum noch zu vergleichen war.
Getrieben von dem Drang, sich zu beweisen, ließ er sich von ihrer guten Laune anstecken und willigte schließlich ein, sie zumindest ein paar Minuten auf das bereits abgefahrene, kaum noch als glatt zu bezeichnende Eis zu begleiten.
Ein Fehler, wie er nur wenige Minuten später befand, als er sich mit wackligen Beinen an die hüfthohe Absperrung klammerte und Saphira, die vor ihm auf und ab fuhr und ihn unverhohlen auslachte, verdrießlich mit den Augen verfolgte.
„Du bist eine blöde Kuh, weißt du das eigentlich?“, murrte er scherzhaft und schüttelte mit gespielter Resignation den Kopf. „Ich weiß gar nicht, warum ich mit dir befreundet sein sollte. Du bist so gemein zu mir!“
„Ich freue mich nur, endlich etwas gefunden zu haben, das ich besser kann als du“, feixte die junge Black, schlitterte auf ihn zu und kam haarscharf vor Augustus zum Stehen. „Komm, gib mir dein Händchen, ich helfe dir.“
„Als ob du mich halten könntest, wenn ich hinfalle und mir das Genick breche!“, gab er unter vorgetäuschter Todesangst zurück und ergriff skeptisch ihre Hand, wagte es zunächst trotzdem nicht, die Absperrung loszulassen.
Weit kamen sie auf diese Weise nicht und da es Saphira nach kurzer Zeit zu langweilig wurde, im Schneckentempo neben ihm herzuschleichen, drehte sie einige Runden alleine, während der junge Heiler ihr vom Rand aus zusah. Doch als Saphira, die sich inzwischen relativ schnell über die Eisfläche bewegte, gerade beschlossen hatte, zu ihm zurück zu kehren, passierte etwas Unerwartetes: Ein kleiner Junge stürzte vor ihr zu Boden und zwang sie zu einem blitzschnellen Richtungswechsel, woraufhin Saphira beinahe das Gleichgewicht verlor.
Halt suchend und mit den Armen rudernd schlingerte sie auf Augustus zu und wäre ziemlich heftig in ihn hinein geprallt, hätte er sie nicht rechtzeitig abgefangen. Welch ein Glück, dass er mit dem Rücken zur Barriere stand, denn anderenfalls wären sie vermutlich beide auf dem Boden gelandet.
Mit pochendem Herzen und voller Adrenalin klammerte sie sich an seine Schultern, und obwohl sie sich rasch von dem Schock erholt hatte, machte sie keinerlei Anstalten, ihn loszulassen. Unwillkürlich lockerte sie ihren verkrampften Griff, jedoch nur, um ihre Hände in seinen Nacken wandern zu lassen und so aus bloßem, unverfänglichem Abstützen eine sanfte Umarmung werden zu lassen. Ihr Kopf war leer, sie schien nur noch aus körperlichen Empfindungen und seltsamen Emotionen zu bestehen, die sie nicht einzuordnen vermochte. Saphira hatte keinen blassen Schimmer, was sie hier eigentlich trieb. Alles was sie wusste war, dass es sich gut anfühlte, richtig gut.
„Phia?“, erklang plötzlich eine Stimme nahe ihrem Ohr und der jungen Hexe lief ein wohliger Schauer über den Rücken, als sie Augustus` warmen Atem auf ihrer Haut spürte.
„Mh?“, nuschelte sie verwirrt, hob den Blick und fühlte, wie ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte, als sie direkt in seine dunkelblauen Augen sah.
„Geht es dir gut?“, erkundigte er sich und Saphira nickte benommen.
„Bist du dir sicher? Vielleicht solltest du etwas langsamer machen, nachdem du mir gestern fast zusammengeklappt bist“, gab er zu bedenken und Saphira war heilfroh, dass ihr Gehirn sich in eben diesem Augenblick zurückmeldete und die Möglichkeit, ihr seltsames Verhalten rational zu erklären, aufgriff.
„Vielleicht hast du recht. Ich passe mich wohl besser deinem Tempo an und schleiche nur noch zwei Zentimeter pro Minute voran, dann sind wir auf der sicheren Seite“, antwortete sie, ließ ihn los und brachte ein wenig Abstand zwischen sich und den jungen Mann, der ihr plötzlich wahnsinnig attraktiv vorkam. Wieso war ihr das früher nie in diesem Maße aufgefallen?
Weil du nun völlig den Verstand verlierst und dich in etwas hineinsteigerst!, versuchte die Vernunft sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen, doch diese Stimme klang hohl und blechern, wie aus weiter Ferne, und war lächerlich einfach zu ignorieren. Bedeutend angenehmer war es, sich der Illusion hinzugeben, den Kummer zu verdrängen, ihre wahren Gefühle für jemanden, der ihr in einem fort wehtat, unter einer Schicht der Ignoranz zu begraben und etwas Neues, Vollkommenes, Surreales zu erschaffen, das ohne jedwedes Fundament auf einer Wolke der Phantasie dahin schwebte. Leicht und unbeschwert. Unrealistisch, aber … Aber? Wen kümmerte es schon, was wirklich war und was nicht? Solange sie den Schmerz vergessen und glücklich sein konnte, war all dies nicht länger von Bedeutung.
Doch je höher man fliegt, umso tiefer wird man fallen.
Einige holprige Minuten später gab Augustus auf. Nachdem er sich tatsächlich zweimal unter dem lauten Gelächter seiner Begleiterin auf den Hintern gelegt hatte, erklärte Saphira den Versuch, ihm das Eislaufen beizubringen, aufgrund seiner Unfähigkeit als gescheitert. Zu ihrer großen Erleichterung hatte er offenbar nicht begriffen, dass ihr seltsames Verhalten zuvor nicht das Geringste mit ihrem Kreislauf zu tun hatte, sondern in gänzlich anderen Ursachen begründet lag.
„Du bist ein hoffnungsloser Fall“, meinte sie kopfschüttelnd und zog eine schwer enttäuschte Miene, die aufrecht zu halten sie jedoch nicht lange imstande war, da sie bei seinem Anblick sofort wieder loskicherte.
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Gegen zwanzig Uhr kehrten sie in Augustus` Wohnung zurück, wo Saphira sich mit einer heißen Tasse Tee aufwärmte, erschöpft, aber von einer zufriedenen Ruhe durchdrungen, die sie seit Monaten ersehnte.
Merkwürdig, dachte sie, den verschwommenen Blick abwesend auf den spiralförmig aufsteigenden Wasserdampf gerichtet, wie sehr dieses Gefühl der allzu vertrauten Gelassenheit glich, an die Gewissheit erinnerte, dass alles gut werden würde, die sie nahezu jedes Mal verspürte, nachdem sie sich zum Bersten vollgefressen und übergeben hatte. Es war so berauschend wie die guten Tage, die sie mit Draco verbracht hatte. Ausgelassen, lustig und gewissermaßen beängstigend. So ungeheuer schön wie die erste Stunde, welche sie wieder alleine verbracht und sich in wundervollen Erinnerungen schwelgend auf das nächste Treffen gefreut hatte, doch dann … anschließend passierte immer dasselbe.
Sie fiel.
Erst der Höhenflug, der Rausch, überschwängliche Glücksgefühle, gefolgt von Zufriedenheit und Ruhe … Aber der Abgrund würde sich vor ihr auftun. Ob nun in einer Minute oder einer Stunde war ganz gleich, doch sie wusste, dass es geschehen musste. Genau so, wie es sich immer zutrug.
„Ich gehe eine rauchen, magst du mit raus kommen?“, erklang Augustus` Stimme hinter ihr und ließ die junge Hexe erschrocken zusammenfahren.
„Bitte? Ehm, ja, gerne“, nuschelte sie und folgte ihm auf den Balkon.
Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Inneren breit und die ernüchternde Erkenntnis, dass sich offensichtlich rein gar nichts geändert hatte, sie noch immer dieselbe komplizierte, kaputte Person mit den irrationalen Stimmungsschwankungen war, welche sie über alle Maßen verabscheute, ließ sie traurig aufseufzen.
„Was ist?“, fragte Augustus, dem ihre plötzliche Betrübtheit nicht entgangen war. Langsam blickte die Blonde auf, schwieg zunächst und beobachtete, wie er den hellen Rauch in den pechschwarzen, sternlosen Nachthimmel blies, ehe sie entschied, ihm nicht die ganze Wahrheit zu sagen, die sie sich selbst kaum eingestehen wollte.
„Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal an einem einzigen Tag so viele schöne Dinge erlebt habe, geschweige denn wann ich zuletzt so glücklich war.“
Es war keine Lüge, nur verschwieg sie den entscheidenden Punkt, schluckte die Angst vor dem Sturz in den Abgrund, welcher sich bereits vor ihr aufzutun schien, hinunter und suchte stattdessen nach einem Ausweg, einem Ast, an den sie sich klammern konnte, um das Unvermeidbare zu verhindern.
„Danke, Gus“, murmelte sie leise und kämpfte stumm gegen das immer präsenter werdende Gefühl der Hoffnungslosigkeit an, die sie zu verschlingen drohte.
„Wofür?“, erkundigte er sich, ohne sie anzusehen, wirkte nachdenklich oder begriff den Ernst ihres Stimmungswechsels nicht. Doch wie könnte er etwas Derartiges auch verstehen, wo Saphira beim besten Willen nicht in der Lage gewesen wäre, sich dieses Phänomen selbst logisch zu erklären …
Sie konzentrierte sich darauf, jeden Zentimeter seiner Silhouette, die sich deutlich vor dem hell erleuchteten Wohnzimmer abzeichnete, zu studieren, und vermied es krampfhaft zu blinzeln, denn wann immer sie die Augen schloss, spielten sich in ihrer Vorstellung dieselben Szenen ab: Sie sah Dracos siegessicheres Grinsen (dem sie damals nicht widerstehen konnte), als sie vor zwei Jahren auf dem Weihnachtsball miteinander tanzten. Sie spürte seine Finger, die ihr sacht eine Strähne ihres damals so langen Haares aus dem Nacken strichen, während sie bibbernd vor Kälte vor dem Schloss standen und von der plötzlichen Intimität der Situation verlegen kaum noch wagten, einander in die Augen zu sehen (selbst Draco war um einen dummen Spruch verlegen gewesen). Der Anblick seiner grauen Augen in der Sekunde, bevor sie sich unten in den Kerkern geküsst hatten (unschuldig sehnsuchtsvoll, von rein positiven Gefühlen geleitet, nicht ahnend, wie viel Leid diese Beziehung einst über sie bringen sollte), brannte sich in ihr Gedächtnis und erinnerte sie daran, dass sie gar nicht war, wer zu sein sie so verzweifelt vorzugeben versuchte …
„Danke für den schönen Tag“, hauchte sie und ging einen Schritt auf Augustus zu, als sie das Aufbäumen ihres Unterbewusstseins einigermaßen im Griff hatte, Draco lediglich als blasse Nebelgestalt durch ihre Gedanken wanderte, zunehmend an Bedeutung verlor und die Liebe, welche sie noch immer unleugbar für ihn empfand, wieder sicher verschlossen im hintersten Winkel ihres Herzens verborgen war.
„Keine Ursache“, erwiderte er beiläufig, während er seine Zigarette im Aschenbecher ausdrückte. „Es tut gut, dich mal so fröhlich zu sehen.“
Wahrlich, Augustus hatte nicht die leiseste Ahnung, was in der jungen Black vorging, worüber diese mehr als froh war. Behutsam berührte sie seinen Arm und tastete nach seiner Hand, doch ehe sie seine Finger zu fassen bekam, drehte der Dunkelhaarige sich um, öffnete die Balkontüre und begab sich zurück ins Wohnzimmer.
Er ließ sich nicht anmerken, ob er ahnte, was Saphira vorgehabt hatte, aber sie nahm an, dass dies der Grund für seinen raschen Entschluss, wieder hineinzugehen, gewesen war. Erstaunlicherweise schüchterte sie dieser Gedanke jedoch kein bisschen ein, im Gegenteil. Anstatt sich von seiner indirekten Zurückweisung abschrecken zu lassen, fühlte sie sich beinahe herausgefordert, ihr Verlangen nach Nähe nun erst recht bei ihm zu stillen.
Wortlos folgte sie dem jungen Mann, nahm neben ihm auf dem Sofa Platz und unterdrückte mühsam ein verwegenes Grinsen, während sie erneut - zunächst aus keinem erkennbaren Grund - das Adrenalin durch ihre Adern pulsieren spürte. Erst als sie sich dabei erwischte, wie sie unwillkürlich näher an ihn heran rutschte, seine Gesichtszüge genauestens musterte und ihr Herz bei dem Gedanken daran, ihn zu berühren, die Augen zu schließen und ihn einfach zu küssen, höher schlug, wurde Saphira sich gewahr, was ihr Unterbewusstsein offenbar längst ohne sie beschlossen zu haben schien, und sie plante nicht, sich dagegen aufzulehnen. Angesichts der Tatsache, wie effektiv diese Methode gegen die vor wenigen Minuten noch aufkommende depressive Phase wirkte, schienen ihr jedwede Argumente, die dagegen sprachen, vollkommen nichtig. Selbst wenn Augustus ihrem Wunsch nicht entspräche, auch wenn er sie in die Schranken wies, anstatt sich auf sie einzulassen, bot dies noch immer das ideale Ablenkungsmanöver gegen den Schmerz, die wahren Gefühle, ihre unsägliche Angst vor der Realität.
„Ich wünschte, Momente wie diese könnten ewig andauern“, flüsterte die Blonde, wobei sie sich frei jedweder Scheu an ihn schmiegte und nach seiner Hand griff. Sprachlos ließ Augustus sie gewähren und betrachtete die Kleinere nachdenklich. Obwohl er inständig versucht hatte, derartige Überlegungen außen vor zu lassen, konnte er nicht leugnen, dass er schon beim Lesen ihres Briefes (in welchem sie ihn darum gebeten hatte, ein paar Tage bei ihm verbringen zu dürfen) daran gedacht hatte, dass so etwas passieren könnte. Tracey hatte ihn davor gewarnt und ermahnt, die Finger von Saphira zu lassen, ihn wieder und wieder darum gebeten, sich nicht wie ein Arschloch aufzuführen und der jungen Black das Herz zu brechen, was mitnichten in seiner Absicht lag. Dennoch spürte er seinen kaum vorhandenen Widerstand gegen eine körperliche Annäherung von Saphira in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus, als die Blonde behutsam den Kopf hob, ihn aus ihren großen Augen heraus ansah, mit einer Hand durch seine Haare strich und sich seinem Gesicht langsam, fast wie in Zeitlupe näherte.
„Das halte ich für keine gute Idee“, murmelte Augustus wenig überzeugend und starrte das Mädchen neben sich wie hypnotisiert an, nicht in der Lage, sich ernsthaft dagegen zur Wehr zu setzen. Merlin, er hatte ein verdammtes Problem! In seinem ganzen Leben war er noch nie ernsthaft verliebt gewesen - jedenfalls nicht dass er wüsste - und das Verlangen, welches er Saphira gegenüber empfand, unterschied sich nicht in signifikanter Weise von dem, was er anderen Frauen gegenüber verspürt hatte. Tiefergehende Gefühle waren nicht vorhanden und eine Beziehung wollte er erst recht nicht mit ihr eingehen, aber …
„Das hast du über das Eislaufen auch schon gesagt“, entgegnete Saphira, in deren Augen ein merkwürdiges Funkeln lag.
„Und ich habe Recht behalten“, erinnerte Augustus sie, vernahm den schwachen, süßlichen Geruch ihres Parfums und verfluchte sich für die Gewissheit, dass er so oder so schwach werden würde, wenn Saphira sich nicht selbst eines Besseren besann.
„Trotzdem hast du es getan. Und momentan scheint mir deine Abneigung nicht einmal annähernd so vehement zu sein wie vorhin“, lächelte sie verführerisch und stieß zaghaft mit ihrer Nase gegen seine Wange, während ihre bebenden Finger über seinen Oberkörper strichen und die Sehnsucht nach seiner Berührung ins Unermessliche stieg. Bei Salazar, so hatte sie leibhaftig noch nie empfunden. Jede sexuelle Annäherung mit Draco war stets von einer undefinierbaren Angst und Unsicherheit begleitet gewesen, die sie - selbst als sie dazu bereit gewesen war, mit ihm zu schlafen - nicht zur Gänze überwunden hatte. Sich von Blaise deflorieren zu lassen war eher eine waghalsige, törichte Entscheidung gewesen, einzig und alleine dafür gut, es endlich hinter sich zu bringen und die Erkenntnis zu gewinnen, dass ihre haltlose Panik relativ unbegründet gewesen war. Mit echter, physisch empfundener Lust hatte dieser seltsame Akt jedoch wenig zu tun gehabt.
Nun hingegen fühlte sie sich gänzlich anders, doch dass dies nicht an Augustus lag, verstand Saphira zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Tatsächlich war sie beinahe davon überzeugt, sich ernsthaft in den angehenden Heiler zu verlieben, und für einen winzigen Moment fürchtete sie sich davor, doch ihr Bedürfnis, sich zu betäuben, von allem Kummer zu befreien und den Augenblick hinauszuzögern, in dem ihre deprimierend düsteren Wesenszüge unweigerlich die Oberhand zurück erlangten, war stärker.
Ehe Augustus auch nur den Hauch einer Chance hatte, noch etwas zu erwidern, lehnte Saphira sich vor, gab ihrer Sehnsucht nach und presste ihre Lippen endlich auf die seinen. Sie ließ ihm keinen Raum zum Zurückweichen, keine Gelegenheit, weitere Zweifel zu äußern, während sie sich eng an ihn schmiegte und verlangend mit der Zunge über seine Lippen strich, als müsste sie sich selbst von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugen, und unternahm somit den endgültigen Schritt in das bittersüße Reich der Verdrängung, ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden.
Augustus war nicht fähig, zu erklären, weshalb er das drohende Unheil nicht abwendete, keine Vernunft bewies, indem er die Sache beendete, von der er ahnte, dass sie keinen guten Ausgang nehmen würde, obwohl er schon häufiger in ähnlich riskanten Zwickmühlen gesteckt und stets die falsche Entscheidung getroffen hatte. Natürlich war er noch nie mit einer Patientin im Bett gelandet - Merlin bewahre - doch waren seine Kurzzeitaffären beinahe zu zahlreich, um noch als gewöhnlich durchgehen zu können. Besonders in Anbetracht der Tatsache, dass bislang keine einzige ernsthafte Beziehung daraus entstanden war. Jemandem wehzutun war wirklich das Letzte, was er wollte, dennoch tat er es immer wieder.
(Aber verflucht, was sollte er machen? Liebe vorheucheln, die nicht existierte? Gefühle ließen sich nun einmal nicht erzwingen!)
Auch hatte er schon immer einen Hang zu exzentrischen, impulsiven, komplizierten Frauen gehabt. Eine Vorliebe, die Saphira wahrhaftig auf die Spitze trieb und das nicht im positiven Sinne …
Und noch während all diese Einwände unkontrollierbar und wirr in seinen Gedanken herum geisterten, hatte sein Körper längst kapituliert.
Seine Arme waren fest um die schmale Taille der Blonden geschlungen, drückten ihren Körper fest an seinen und in diesem Moment wusste Saphira, dass sie gewonnen hatte. Jedweder Widerstand schien von ihm abgefallen zu sein. Endlich öffnete auch er den Mund und Saphira schob ihre Zunge in seinen, spürte ein kaum gekanntes Kribbeln in ihrem Unterleib, als er sofort darauf reagierte und den Kuss intensivierte.
Mit wild pochendem Herzen stellte der klägliche Rest ihres klaren Verstandes noch fest, dass ihr absurdes Vorgehen tatsächlich die gewünschte Wirkung erzielte. Ihre Gedanken standen still, alle Sorgen und Ängste schrumpften auf ein Minimum zusammen, verschwammen undeutlich hinter dem Dunstschleier der Lust und wurden von ihren körperlichen Empfindungen schließlich zur Gänze überdeckt. Fast so, als hätten sie nie existiert. Plötzlich fiel es ihr so leicht, sich nur mehr auf ihre Sinne zu konzentrieren, den Fokus vollkommen auf das wahrhaftige Geschehen zu richten und nicht mehr imaginär zwischen Vergangenheit und Zukunft hin und her zu schwelgen, während die Gegenwart an ihr vorbeizog.
Seit ewig langer Zeit fühlte sich wieder etwas real an, war sie sich ihrer selbst, ihres Körpers, ihrer Empfindungen ganz und gar bewusst, ohne sich davor zu fürchten.
Sie spürte, wie seine Bartstoppeln leicht über ihre Haut kratzten, wünschte sich beinahe, Augustus` Hände würden sie noch fester halten und sich nie wieder von ihrem Körper lösen, als liefe sie Gefahr, auseinander zu brechen, wenn er sie losließ. Sie vernahm sein wohliges Seufzen, gefolgt von einem kleinen Stöhnen, kaum hörbar und doch unvorstellbar laut in diesem geschärften Zustand eines beginnenden Rausches.
War es schiere Einbildung oder zitterten seine Finger etwa, als sie sich unter ihren Wollpullover schoben und die nackte Haut an ihrem Rücken liebkosten? Durfte sie zu hoffen wagen, dass auch er sie begehrte, sie sein Blut in Wallung brachte und den gleichen Effekt auf ihn ausübte, wie Augustus auf sie, oder handelte es sich eher um Unsicherheit?
Unfähig, diesen Gedanken weiter auszuführen, spürte sie, wie die Begierde in ihr anwuchs, die Lust durch ihre Venen pulsierte, ihr Körper sich nach mehr verzehrte und sie absolut dazu bereit war, sich ihren niederen Gelüsten endlich einmal hinzugeben.
Widerwillig löste Saphira sich von ihm und zerrte mit hastigen Fingern an seinem Oberteil, bis er ihrer stummen, aber unmissverständlichen Aufforderung nachkam und zunächst sich selbst und dann sie von diesem Kleidungsstück befreite. Als er dabei den Anhänger ihrer Kette berührte und das verzauberte Silber des Blutsstatusdetektors auf ihrer Haut eiskalt wurde, griff die junge Black danach, riss sich das Schmuckstück ohne zu zögern vom Hals und warf es zu Boden. Sie hatte genug von diesem Thema, wusste genau was sie tat und musste nicht daran erinnert werden, dass der Mann, dessen Nähe sie begehrte, ein Schlammblut war. Zum Teufel noch eins, es war ihr verdammt nochmal egal! Nein, dieser Umstand, das Verbotene machte die Angelegenheit nur noch reizvoller.
„Bist du dir sicher?“, fragte Augustus - der zwar nicht um die Funktion ihrer Kette wusste, dem ihre fast schon zornig anmutende Reaktion jedoch nicht entgangen war - atemlos, doch Saphira versiegelte seine Lippen mit ihren und brachte ihn zum Verstummen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und das Blut rauschte in ihren Ohren, als sie sich auf ihn legte und ihr Knie bereits eine beachtliche Beule in seiner Hose streifte. Was die junge Black früher geängstigt und vor Scham hatte erröten lassen, machte sie nun ungeheuer an. Einem Impuls folgend bewegte sie ihr Becken und rieb sich zunächst ganz sacht, dann immer ungezügelter an ihm. Sie war trunken von den schier unbeschreiblichen Empfindungen, die ihren Körper durchzuckten, wie benebelt von seinem Stöhnen, seinem Geruch …
„Ich will dich spüren“, raunte sie mit kratziger Stimme und küsste Augustus` Hals, biss vorsichtig in sein Ohrläppchen und genoss das Gefühl seiner warmen Haut unter ihren spindeldürren Fingern, als sie über seinen Oberkörper strich.
„Phia“, keuchte er, machte sich am Verschluss ihres BHs zu schaffen und öffnete ihn, streifte jedoch zunächst nur einen der Träger über ihre Schulter.
„Im Ernst …“
Augustus nahm eine Hand von ihren flachen Brüsten und hob mit einem Finger ihr Kinn an, sodass sie ihre Lippen von seinem Hals löste und direkt in seine dunkelblauen Augen sah.
„Ich will dir nicht das Herz brechen“, flüsterte er, woraufhin Saphira versonnen lächelte und leise kichernd meinte: „Vielleicht breche ich ja deins.“
„Das bezweifle ich“, murmelte Augustus, verstummte jedoch jäh, als Saphira ihre Beine um sein Becken schlang und damit fortfuhr, seinen Körper mit ihren Händen zu erkunden.
In diesem Moment war es ihr gleichgültig, ob er recht haben mochte, denn das Verlangen, sich der Versuchung einfach hinzugeben, überwog nun, da sie die Dämonen besiegt hatte, die ihr seit jeher jegliche Form körperlichen Genusses - sei es das Essen oder die Berührung eines Mannes - untersagten.
Die Spannung zwischen ihnen war fast greifbar. Einige Sekunden lang starrten sie sich sprachlos an, blickten dem anderen tief in die Augen und gestanden sich wortlos ein, dass es ohnehin kein Zurück mehr gab, denn sie waren bereits viel zu weit gegangen. Was machte es also jetzt noch für einen Unterschied?
Begierig legte Saphira, die sich nicht länger zügeln wollte, ihre schmalen Lippen erneut auf seine und Augustus erwiderte den Kuss stürmisch und drückte sie mit der Hand in ihrem Nacken fest an sich.
„Wir sollten das nicht tun“, nuschelte er und konnte die Finger doch nicht von ihr lassen, befreite ihre Brüste nun endgültig von dem BH und ließ diesen achtlos zu Boden fallen.
„Wahrscheinlich hast du recht“, bestätigte Saphira, während sie sich am Verschluss seiner Jeans zu schaffen machte. Mehr als den Knopf zu öffnen war ihr allerdings nicht möglich, da er noch immer unter ihr lag.
„Wir werden das bitterböse bereuen“, seufzte er kaum vernehmlich, löste ihre Hände von seinem Hosenbund und bedeutete ihr, die Arme um seinen Hals zu schlingen.
„Was du nicht sa-“
Saphira verstummte mitten im Satz und sog erschrocken Luft ein, als Augustus ihr einen Arm um die Taille schlang und die freie Hand unter ihren Po schob, um sie hochzuheben.
„Dann will ich wenigstens was davon haben und mir auf diesem scheiß kleinen Sofa nicht den Rücken verrenken“, grinste er und erneut spürte Saphira ob der Härte in seiner Hose ein angenehmes Pochen in ihrem Geschlecht.
Indessen er sie beide ins Schlafzimmer bugsierte, fuhr Saphira damit fort, seinen Hals mit Küssen zu bedecken und kicherte verwegen, als er sie auf das Bett fallen ließ. Sofort streckte die Blonde einen Arm nach ihm aus, ergriff seine Hand und zog ihn auf sich. Sein Geruch, seine Berührungen, all diese intensiven Reize erregten sie so sehr wie noch kein anderer Mann zuvor es vermocht hatte.
Wäre es mit Draco ähnlich verlaufen, wenn sie ihren Kopf ausgeschaltet und sich darauf eingelassen hätte?
Bei Salazar, nein! Das Letzte, was sie nun wollte, war ihre Gedanken erneut um Draco kreisen zu lassen. Das war dem Verdrängen nicht sehr dienlich.
Von ihrem kurzweiligen Gedankensprung bemerkte Augustus, der ihr inzwischen Rock und Strumpfhose ausgezogen hatte, glücklicherweise nichts.
Bevor er sie beide vollständig entkleidete, liebkoste er die vernarbte Haut, die sich straff über ihre Rippen spannte, und betete eine schmerzvolle Sekunde lang, keine zusätzlichen Verletzungen auf ihrer Seele zu hinterlassen.
Die Aufregung ob des Bevorstehenden und die ungeahnten Wonnen, welche Augustus` Berührungen ihr bescherten, brachten Saphiras Gedanken endlich wieder zum Schweigen. Ihre körperlichen Empfindungen verschlugen ihr den Atem, machten sie schier verrückt vor Sehnsucht nach der Erfüllung ihrer Gelüste. Der Dunkelhaarige positionierte sich über ihr und sämtliche Zweifel, die für einen Moment von ihr Besitz ergriffen hatten, waren nun wie ausgelöscht. Während er die Augen öffnete und sich mit einem letzten Blick in die ihrigen von ihrem Einverständnis überzeugen zu wollen schien, entwich ihrer Kehle ein fast schon ungeduldiges Keuchen, als sie seine Erektion an der Innenseite ihres Oberschenkels spürte. Auch Augustus zögerte nun nicht mehr und drang in sie ein.
Sie war wahrlich mehr als bereit für ihn, obwohl es sich im ersten Augenblick ungewohnt, beinahe ein wenig unangenehm anfühlte, so waren seine Hände und Lippen dafür umso zärtlicher, halfen ihr dabei, sich sogleich zu entspannen und an den Fremdkörper in ihr zu gewöhnen, bis sich das merkwürdige Gefühl in Genuss verwandelte.
Es fühlte sich gut an, so unbeschreiblich gut! Ganz anders als mit Blaise, wo sie all ihre Empfindungen und Emotionen nicht einmal hatte ausblenden müssen, kaum etwas gespürt, geschweige denn gefühlt hatte, selbst wenn sie es damals gewollt hätte.
Nun jedoch, in diesem Moment, hier mit Augustus, gelang es ihr endlich, einigermaßen nachzuvollziehen, weshalb alle Menschen diesem Akt eine derartig große Bedeutung beimaßen.
War sie bei Blaise geistig nicht einmal wirklich anwesend gewesen, hatte starr, fast schon teilnahmslos unter ihm gelegen und die Prozedur mehr oder weniger nur über sich ergehen lassen, bewegte sie sich nun wie von selbst, als wäre es das Natürlichste der Welt, ein wenig schüchtern und unbeholfen zwar noch, doch auch diese Zurückhaltung verflüchtigte sich allmählich. Hatte sie während des Geschlechtsakts mit Blaise seltsamen Überlegungen nachgehangen, ihr Bewusstsein nahezu vollständig von ihrem Körper losgelöst und kaum mitbekommen, was mit ihr geschah, als wäre all dies nicht real gewesen, erfüllte die junge Hexe in diesem Moment nur eines, und das war Augustus.
Ungehemmt stöhnend hob sie ihren Kopf und küsste ihn leidenschaftlich - nicht, um ihr Engagement vorzuheucheln, sondern einfach nur, weil ihr danach war und es sich so unsäglich richtig anfühlte.
Die Lust übermannte sie und die junge Black gab sich ihr vollkommen hin, genoss die schwindelerregende Freiheit in vollen Zügen.
Eine solch unbeschreiblich angenehme Stille hatte selten in ihrem Kopf geherrscht und Saphira konnte sich an kein einziges Ereignis erinnern, bei dem sie ihren körperlichen Gelüsten so ungezügelt freien Lauf gelassen hatte wie jetzt gerade.
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Ich unterlag dem Trugschluss, dass ich nur an einen anderen Ort fliehen musste, um ein völlig anderer Mensch zu werden, meine alte Identität (die ich inzwischen mit solch inbrünstiger Boshaftigkeit verabscheute, gar hasste, dass es mich zu Tode ängstigte) einfach auslöschen konnte, um ein vollkommen neues Ich zu erfinden. Das Gefährliche war, dass meine Empfindungen mir genau dies vorgaukelten. Tatsächlich fühlte ich mich für einige ach so euphorisch glücksselige Stunden losgelöst von meinen Sorgen und den Zwängen, denen ich seit ich denken konnte unterlag. Ich war frei, ungebunden und unabhängig. Jemand ganz anderes. Das Mädchen, von dem Augustus sprach, wenn er meinen Namen nannte, war nicht ich. Diese depressive, gestörte, fast schon infantil bemitleidenswerte Person existierte nur als vages Nebelgeschöpf in meiner Erinnerung. Mit mir hatte sie nichts zu tun. Sie hatte keine Bedeutung, keinen Stellenwert in meinem Leben, denn so erbärmlich konnte ich schlicht und ergreifend nicht sein. Nicht jetzt, da ich mich so gut und stark fühlte.
Aber ehe ich mich an das neue, berauschende Gefühl der Freiheit gewöhnen konnte, hatte sie mich wieder eingeholt, streckte ihre knochigen, unbarmherzigen Krallen nach mir aus und zerrte mich zurück in die Schwärze meines Unterbewusstseins, beschwor die Schattengestalten meiner Psyche wieder herauf und ließ zu, dass sie mich mit Haut und Haar verschlangen, in ihre grausame Welt hineinzogen und mir aufzeigten, wer ich war.
Was auch immer ich tat, wohin auch immer ich floh, mir selbst konnte ich nicht entkommen.
Meine Probleme waren kein Ort, den man verlassen, keine Person, die man meiden konnte. Ich selbst war das Problem, meine Vergangenheit konnte ich nicht ablegen wie einen alten Mantel, sie war und ist ein Teil von mir, mit dem ich Frieden schließen musste, denn den ewigen Kampf gegen diese unbezwingbare Macht konnte ich nur verlieren.
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