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Fanfiction

Momentaufnahmen - Ellens Tod

von ChrissiTine

Ellens Tod


3. August 2034


"Das Kleid wäre doch perfekt für dich", sagte Roxanne lachend zu ihrer besten Freundin Ellen und zeigte darauf.

Ellen schüttelte nur leicht errötend den Kopf. "Roxy, dir ist schon klar, dass ich mit einem Brautkleid am Amazonas nicht besonders viel anfangen kann, oder?"

Roxanne lachte und nickte. "Ich weiß, dass du dich in dem Kleid nicht durch den Busch schlagen wirst, aber vielleicht brauchst du es ja danach?", fragte sie und schaute ihre Freundin hoffnungsvoll an. Sie wartete schon seit Jahren darauf, dass Fred endlich den Mumm dazu hatte, sie um ihre Hand zu bitten.

Ellen verdrehte die Augen, hakte sich bei Roxanne unter und zog sie von dem Schaufenster weg, in dem das Brautkleid ausgestellt war. "Du weißt, dass Fred und ich noch nicht so weit sind.", sagte sie und entdeckte ein Cafe auf der anderen Straßenseite, zu dem sie Roxanne jetzt zog.

"Ach komm schon, du bist mit meinem Bruder jetzt schon ewig zusammen, worauf wartet ihr denn noch? Darauf, dass der Weihnachtsmann euch die Erlaubnis dafür gibt?"

"Unter anderem, ja.", erwiderte Ellen lächelnd. "Es ist uns einfach nicht wichtig. Es klappt auch so alles wunderbar zwischen uns, wozu brauchen wir ein offizielles Papier?" Vorsichtig überquerten sie die Straße und steuerten einen freien Tisch an. Sie stellten die unzähligen Tüten ab, die sie mit sich herumschleppten und ließen sich erschöpft in zwei freie Stühle sinken.

"Ich versteh's trotzdem nicht.", murmelte Roxanne und nahm lächelnd die Karte entgegen, die ihr ein süßer Kellner reichte. "Ihr seid füreinander bestimmt, das weiß jeder. Warum wollt ihr noch warten?" Es war klar, dass die beiden Seelenverwandte waren und die gesamte Familie wartete jetzt wirklich schon seit Jahren auf die Einladung zu Freds und Ellens Hochzeit. Anfangs waren alle ja noch ganz froh, dass sie nicht so schnell heiraten wollten wie Molly, die keine Zeit verschwendet und nur sechs Monate nach ihrem Abschluss ihren Freund Justin geheiratet hatte. Aber als die Jahre langsam vergingen und Fred und Ellen zusammen zogen und immer noch nicht heirateten, wurden alle immer ungeduldiger. Die Weasleys lebten immerhin für Hochzeiten und abgesehen von Dominique und Steven, die erst vor kurzem geheiratet hatten, hatte es schon ein paar Jahre keine Hochzeit mehr gegeben. Und die Wetten waren definitiv auf Fred und Ellen abgeschlossen worden und nicht auf Dominique und Steven. Tja, wie man sich irren konnte.

"Weil es sich noch nicht richtig für uns anfühlt.", erwiderte Ellen. "Ein Orangensaft, bitte.", sagte sie dann zu dem Kellner, der wieder an ihren Tisch gekommen war.

Roxanne bestellte ein Wasser.

"Ich meine, wir haben noch so viel Zeit, Roxy. Warum sollen wir denn etwas überstürzen?"

Roxanne schaute sie augenverdrehend an. "Überstürzen? Ihr seid jetzt seit mindestens sieben Jahren zusammen. Ihr seid praktisch schon im Rentenalter für eine Hochzeit, was diese Familie betrifft. Das ist bestimmt schon Familienrekord!"

Ellen zuckte mit den Schultern. "Na und? Nur weil alle Weasleys wollen, dass wir heiraten, heißt das noch lange nicht, dass wir es auch müssen. Wir haben unser eigenes Tempo." Sie nahm den Orangensaft dankend entgegen, den der Kellner ihr reichte und trank einen Schluck. Sie verzog das Gesicht. "Urgh, der schmeckt schrecklich", murmelte sie und stellte das Glas ab. Roxanne bot ihr Wasser an und Ellen nahm es dankend entgegen.

"Ich finde trotzdem, dass ihr nicht mehr allzu lange warten sollt. Ich will endlich mal die Trauzeugin sein und nicht nur eine Brautjungfer oder noch schlimmer, das Blumenmädchen." Sie erschauderte. "Glaub mir, es ist bescheuert, die Jüngste zu sein, die dann ständig diese dämlichen Rosenblätter auf den Boden schmeißen muss, auf denen jeder rumtrampelt."

"Du könntest auch die Braut sein, Roxy, niemand hindert dich daran", neckte Ellen sie grinsend und Roxanne lachte.

"Glaub mir, der Mann, den ich mal heirate, der muss erst noch erfunden werden.", erwiderte sie.

"Das glaub ich auch. Es braucht schon jemand ganz besonderen, der mit Roxanne Weasley fertig wird. Der Mann tut mir schon jetzt Leid." Ellens Augen funkelten fröhlich.

"Na vielen Dank auch, Ellen.", erwiderte Roxanne und verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust. "Ich werde dich vermissen, wenn du am Amazonas bist.", sagte sie schließlich.

"Es ist doch nur eine Woche.", widersprach Ellen.

Roxanne nickte. Es war nicht lange und es war schon viel mehr Zeit zwischen zwei Treffen non ihnen verstrichen, aber trotzdem. Sonst hatte sie die Gewissheit, dass ihre Freundin nur ein paar Kamine weiter war, wenn sie mit ihr sprechen wollte, doch am Amazonas war sie unerreichbar.

"Ich weiß. Und ich bin nichts im Vergleich zu Fred, das weißt du. Ich kenne meinen Bruder, am liebsten würde er dich ans Bett fesseln, damit du nicht gehst. Obwohl er das wahrscheinlich schon mal gemacht hat ...", sagte Roxanne und versuchte den traurigen Moment mit einem Scherz zu überspielen. Ellen wurde rot und verschluckte sich an ihrem Wasser und Roxannes Augen weiteten sich. Sie hatte das doch nicht ernst gemeint! "Beim Merlin, das hat er wirklich mal gemacht?" So hatte sie die beiden nicht eingeschätzt.

"Können wir bitte das Thema wechseln?", fragte Ellen und blickte gequält drein.

"Keine Chance! Ich will alle Details wissen!"

Ellens Gesicht errötete noch mehr und sie schaute ihre Freundin entsetzt an. "Roxy!"

/-/

4. August 2034

"Musst du wirklich gehen?", fragte Fred zum zehnten Mal und verstärkte seinen Griff um Ellens Hüfte.

Sie verdrehte lachend die Augen. "Du weißt, dass ich Mum versprochen habe, pünktlich zu sein. Ich komme wegen dir sowieso immer viel zu spät und das Flugzeug wartet nicht." Sie versuchte sanft, sich zu befreien, aber Fred hielt sie nur noch fester.

"Ich besorg dir einen Portschlüssel", murmelte Fred und begann damit, ihren Hals zu küssen. "Du weißt, wie viele Kontakte ich im Ministerium habe"

Ellen schloss die Augen und einen Moment schien es so, als hätte Fred gewonnen, doch dann befreite sie sich flink aus seinen Armen und sprang auf. "Du weißt, dass ich nichts lieber tun möchte, aber ich muss wirklich los." Sie seufzte und fuhr sich durch die Haare.

Fred schaute sie schmollend an. Er wusste, dass er unfair war und dass sie wirklich los musste, aber er wollte sich nicht von ihr trennen. Es war schon Monate her, seit sie zum letzten Mal für mehr als ein paar Tage getrennt gewesen waren und Fred fehlte sie jetzt schon. Es war nur eine Woche und er wusste, dass er sich kindisch anstellte, aber er konnte nicht anders.

"Warum musste deine Mum auch bei diesem Preisausschreiben gewinnen?", fragte er mürrisch. Ellens Mutter hatte die Reise zum Amazonas gewonnen, weil sie die richtige Lösung eines Kreuzworträtsels irgendeiner Muggelklatschzeitschrift herausgefunden hatte. "Und warum kann sie nicht irgendeine Freundin einladen?"

Ellen ging ins Schlafzimmer und zog ihren sperrigen Koffer ins Wohnzimmer. "Du weißt, wie einsam sie seit Dads Tod ist." Ihr Vater war im Jahr zuvor an Leukämie gestorben und ihre Mutter hatte den Verlust nur schwer verkraften können. Auch Ellen hatte er schwer getroffen und Fred war froh, dass es ihr langsam wieder besser ging und sie ihre normale Fröhlichkeit wiedergewann. "Außerdem ist es schon eine Weile her, seit wir zusammen im Urlaub waren. Es tut uns auch gut, mal wieder mehr Zeit zusammen zu verbringen."

Fred stand seufzend auf und schleppte Ellens Koffer für sie in den Flur. Er warf einen Blick auf die Uhr. Ellen hatte noch drei Minuten, bis sie zum Tropfenden Kessel apparieren musste, vor dem sie dann ein Taxi abholen und zum Flughafen Heathrow bringen würde. Fred wünschte sich, dass Ellens Mutter eine Hexe wäre und keine Muggelstämmige, weil sie dann einfach einen Portschlüssel hätten nehmen können, anstatt im Flugzeug fliegen zu müssen. So hätte er Ellen noch sehr viel länger für sich gehabt.

Ellen war ihm in den Flur gefolgt und Fred zog sie in seine Arme. Er vergrub sein Gesicht in ihren langen dunklen Haaren und atmete den vertrauten Pfirsichgeruch ihres Shampoos ein, das sie benutzte, seit er sie kannte.

"Ich weiß, dass es lächerlich ist, aber ich werde dich vermissen.", murmelte er. Er konnte sich diese starken Gefühle selbst nicht erklären. In ihren sieben Jahren Beziehung hatten sie schon viel Zeit getrennt verbracht, unter anderem ein ganzes Schuljahr, da Fred ein Jahr älter war als sie, aber so hatte er sich noch nie gefühlt. Vielleicht hatte er sich schon zu sehr an ihre Gegenwart gewöhnt, seit sie vor drei Jahren zusammen gezogen waren.

"Ich werde dich auch vermissen.", erwiderte Ellen und küsste ihn. "Aber es ist doch nur eine Woche. Dann bin ich wieder da. Sie lächelte ihn an. "Ich hab noch ein paar Tage frei, wenn ich zurück komme, wie wäre es, wenn wir in das Wochenendhaus deiner Eltern gehen?" George und Angelina Weasley besaßen ein kleines Häuschen in den Bergen von Wales, das sie selten benutzten, ihren Kindern aber häufig zur Verfügung stellten.

Freds Augen leuchteten auf. "Aber nur, wenn wir nicht wandern gehen." Ellen liebte es, wandern zu gehen und Fred hasste es wie die Pest.

"Glaub mir, nach einer Woche ohne dich habe ich ganz andere Dinge mit dir vor als zu Wandern.", sagte sie mit einem verschmitzten Glitzern in den Augen.

Fred lachte und küsste sie stürmisch. "Ich wusste doch, dass es einen Grund dafür gibt, dass ich dich liebe."

"Nur einen?", erwiderte Ellen grinsend und drückte ihm noch einen kurzen Kuss auf die Lippen. "Ich liebe dich auch.", sagte sie und ergriff ihren Koffer genau in dem Moment, in dem ihre Uhr zu piepsen begann und sie daran erinnerte, dass sie disapparieren musste.

Er seufzte. "Ich wünsche dir viel Spaß. Und grüß Helen von mir." Er verstand sich gut mit Ellens Mutter und hatte sie sehr gerne. Mit ihrem Vater hatte er vor seinem Tod eine etwas reserviertere Beziehung gehabt, aber der hatte nur Angst um seine einzige Tochter gehabt, zum einen, weil sie in einer völlig anderen Welt lebte, als er gewohnt war und zum anderen, weil er nicht hatte einsehen wollen, dass Ellen erwachsen war und er sie nicht ewig beschützen konnte.

Ellen nickte und nahm ihre Jacke von der Garderobe. "Mach ich."

Fred gab ihr noch einen Kuss und lächelte sie wehmütig an. "Sei vorsichtig, ja? Kein Schwimmen mit den Krokodilen und iss keine lebendigen Tiere."

Ellen verdrehte die Augen. "Keine Sorge. Mir passiert schon nichts." Sie lächelte ihm zu und war einen Moment später disappariert. Fred starrte lange auf die Stelle, an der sie verschwunden war, bis er es über sich brachte, wieder ins Wohnzimmer zu gehen. Er wusste nicht, wieso, aber er hatte ein ziemlich mulmiges Gefühl.

/-/

6. August 2034

"Wieso kommst du so spät? Ich warte schon seit einer Stunde auf dich!"

"Dir auch einen schönen Abend, Mum", erwiderte Fred augenverdrehend, stieg aus dem Kamin und klopfte sich die Asche von der Kleidung. Er schaute seine Schwester genervt an, die sich auf seinem Sofa breit gemacht hatte.

"Ha ha, sehr witzig.", sagte Roxanne und richtete sich auf. Sie warf einen Blick auf die Uhr, die an der Wand hing. "Es ist fast zehn Uhr. Ich dachte, du hast schon um sechs Uhr Schluss."

Fred zog seine Schuhe aus und warf seinen Umhang über einen Stuhl, bevor er sich in den nächsten Sessel fallen ließ. "Stimmt auch, aber ich will ein paar Tage frei haben, wenn Ellen wiederkommt, deshalb mach ich jetzt Überstunden." Sie waren gerade dabei, die nächste Quidditchsaison zu planen und das dauerte immer Ewigkeiten. Eigentlich war es unmöglich für Fred, frei zu kriegen, aber wenn er sich etwas in den Kopf setzte, dann schaffte er es auch.

"Und warum hast du mir das nicht gesagt?", fragte Roxanne entrüstet.

Fred lachte humorlos auf. "Ich wusste nicht, dass dich meine Arbeitszeiten so sehr interessieren, Schwesterchen. Ich dachte immer, dass dir meine Arbeit sowieso am Arsch vorbei geht."

"So hab ich das nie gesagt!", widersprach sie. Fred schaute sie mit hochgezogenen Augebrauen an. "Okay, vielleicht doch.", murmelte sie kleinlaut, grinste aber sofort wieder.

"Was machst du überhaupt hier?", wollte Fred wissen.

"Ich wollte wissen, ob du schon was von Ellen gehört hast."

Er nickte. "Sie hat mir gestern eine SMS geschickt, dass sie gut angekommen ist und heute morgen noch eine. Sie sagt, dass das Wetter fantastisch ist und es ihrer Mutter endlich wieder besser zu gehen scheint."

Roxanne lächelte erleichtert, schaute aber auch leicht verwirrt aus. "SMS?"

"Beim Merlin, Roxy, du wirst doch wohl wissen, was eine SMS ist!", seufzte Fred. Sie war seit der ersten Klasse mit Ellen, einer Muggelgeborenen, befreundet, hatte aber immer noch keine Ahnung von Muggeln.

Sie schüttelte den Kopf. "Heißt die Expresseule so, die sie dir geschickt hat?"

Er lachte. "Nein. Eine SMS ist eine Nachricht, die man mit einem Handy verschicken kann." Roxanne schaute ihn immer noch verwirrt an. "Handy? Ein Telefon?", versuchte er zu spezifizieren.

"Quidditch, Klatscher, Sucher", erwiderte sie und jetzt war es an Fred, sie verwirrt anzuschauen. "Was? Zählen wir nicht irgendwelche beliebigen Dinge auf?"

"Dir hätte es wirklich nicht geschadet, Muggelkunde zu belegen.", murmelte Fred kopfschüttelnd, schwang seinen Zauberstab und nahm einen Moment später das Glas mit Feuerwhisky in die Hand, das ihm aus der Küche zugeflogen kam.

"Willst du mir nicht auch ein Glas anbieten?", fragte sie ihn und warf sich ihre langen schwarzen Haare über die Schulter.

"Du bist doch noch nicht alt genug für Alkohol. Wenn Mum das wüsste!", widersprach er und sie warf ihm einen bitterbösen Blick zu.

"Ich bin dreiundzwanzig, falls du es vergessen haben solltst, lieber Bruder. Außerdem vertrage ich sehr viel mehr Alkohol als du."

Fred seufzte, denn leider hatte sie absolut Recht. Der Abend von Dominiques und Stevens Hochzeit war ein sehr demütigender für ihn gewesen. Besiegt zuckte er mit den Schultern. "Na schön. Aber wenn du unbedingt was willst, dann musst du es dir selbst holen." Er liebte seine kleine Schwester über alles, aber er war totmüde, musste am nächsten Morgen um sechs Uhr aufstehen und hatte jetzt absolut keine Nerven für sie.

Roxanne schaute ihn wütend an, stand aber auf und ging in die Küche. Einen Moment später hörte er, wie Glas zersplitterte und seine Schwester einen lauten Schrei ausstieß. Er schoss aus seinem Sessel hoch und eilte mit erhobenem Zauberstab in die Küche.

"Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott!"

Roxanne stand in einer Pfütze aus Feuerwhisky, umgeben von den Scherben der Flasche und starrte auf ein Schmuckkästchen, das sie in der Hand hielt. Fred ließ erleichtert den Zauberstab sinken und wurde im nächsten Moment gegen die Wand geworfen, weil seine Schwester sich in seine Arme gestürzt hatte.

"Warum hast du mir nichts gesagt? Wann willst du sie fragen? Oder hast du sie schon gefragt? Seit wann hast du den Ring? Wissen Mum und Dad schon davon? Weiß ihre Mum davon oder sonst jemand aus der Familie? Wo hast du ihn gekauft? War er teuer und ist das ein echter Diamant?", prasselten die Fragen auf ihn nieder.

Fred sah sich schließlich gezwungen, ihr eine Hand auf den Mund zu legen, um sie zum Schweigen zu bringen. Er steckte seinen Zauberstab in seine Hosentasche und nahm Roxanne das Schmuckkästchen aus der Hand. Er warf einen kurzen Blick auf den silbernen Verlobungsring und klappte das Kästchen wieder zu. Er hatte sich den Ring vor ein paar Tagen angesehen und ihn dann schnell hinter der Flasche Feuerwhisky versteckt, damit Ellen, die gerade in die Küche gekommen war, ihn nicht sah. Sie trank nur mit ihm zusammen Alkohol, deshalb machte er sich keine Sorgen, dass sie ihn zufällig entdecken würde. Er hatte ihn vergessen und jetzt hatte seine Schwester ihn gefunden.

"Beruhig dich erstmal, Roxy." Er ließ sie los, zog wieder seinen Zauberstab und richtete ihn auf die Schweinerei auf dem Küchenfußboden. Er ging zu dem Fach, in dem sie den Alkohol aufbewahrten und holte eine neue Flasche Feuerwhisky heraus. Er goss etwas davon in ein Glas und reichte es seiner Schwester, die ihn wissbegierig anstarrte.

Er bedeutete ihr, sich auf einen Stuhl zu setzen und ließ sich auf einen anderen sinken. "Ich hab Ellen doch letzten Monat zu ihrem Geburtstag diese Ohrringe geschenkt, weißt du noch?" Roxanne nickte. Das wusste sie, denn sie hatte die Schmuckstücke ausgiebig bewundert und verwundert gesagt, dass sie gar nicht gewusst hatte, dass ihr Bruder so einen guten Geschmack hatte. "Ich hab mir die Ringe beim Juwelier angesehen und mir ist der hier sofort aufgefallen. Ich wusste, dass das der perfekte Verlobungsring für Ellen ist und deshalb hab ich ihn gekauft."

"Wann willst du sie fragen?", fragte Roxanne drängend und trank einen großen Schluck aus ihrem Glas.

"Gar nicht.", erwiderte er. Sie schaute ihn verständnislos an. "Zumindest im Moment noch nicht. Wir wollen noch nicht heiraten, Roxy, wir sind glücklich, wie wir sind und es gibt keinen Grund, das zu ändern."

"Aber ... aber warum hast du ihn denn dann gekauft?" Roxanne war verwirrt.

"Weil ich wusste, dass es der Ring ist. Wenn wir irgendwann mal so weit sind, dann will ich sie mit dem Ring fragen. Und vielleicht ist er bis dahin schon verkauft. Ich wollte mir nicht in den Arsch treten, weil ich nicht den Ring für sie habe, den ich wirklich wollte und das nur, weil ich so blöd war, ihn nicht dann zu kaufen, als ich die Gelegenheit dazu gehabt habe." Fred lehnte sich zurück. Es klang etwas verwirrend, aber für ihn war es logisch. "Wir wissen doch alle, dass es irgendwann auf eine Hochzeit hinauslaufen wird, auch wenn wir noch nicht wissen, wann genau das sein wird."

Sie nickte. "Ich finde trotzdem, dass ihr nicht mehr allzu lange warten solltet, Fred."

Er lachte, wie er es immer tat, wenn sie auf dieses Thema zu sprechen kamen. "Wir haben noch alle Zeit der Welt."

/-/

10. August 2034

Fred lief nervös auf und ab und warf schon wieder einen Blick auf die Anzeigetafel, die die Ankunft der Flugzeuge anzeigte. Ellens Maschine war schon vor einer halben Stunde gelandet und Fred hatte wieder dieses mulmige Gefühl, das er bei ihrer Abreise gehabt hatte und das ihn die ganze Woche nicht wirklich losgelassen hatte. Er hatte es gestern geschafft, mit ihr zu telefonieren und sie klang nicht so lebhaft wie sonst. Sie hatte ihm versichert, dass es ihr gut ging und dass sie nur erschöpft war nach der aufregenden Woche, aber Fred hatte ihr nicht geglaubt. Sie klang so, als hätte sie etwas zu verbergen gehabt und er hoffte, dass er sich das nur einbildete.

Er schaute zum Zoll und atmete erleichtert durch, als er Helen sah, die ihren und Ellens Koffer hinter sich her zog. Sie sah ihn nicht an, sondern schaute über die Schulter. Er eilte auf die Mutter seiner Freundin zu.

"Helen, hi, schön, dich zu sehen." Sie drehte sich überrascht um und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Es war nicht herzlich und liebevoll wie sonst, sondern wirkte sehr gequält.

"Fred, ich wusste gar nicht, dass du uns abholst ...", sagte sie zerstreut und warf erneut einen Blick über die Schulter. Ihr graues Haar war unordentlich hochgesteckt und viele Strähnen schauten heraus. Sie sah noch älter aus als nach dem Tod ihres Mannes, und schon damals schien sie um Jahre gealtert zu sein.

"Es war eine spontane Entscheidung, ich dachte, ich überrasche euch.", erwiderte Fred, dessen mulmiges Gefühl mit jeder Sekunde stärker wurde. So hatte Helen sich noch nie verhalten.

"Jaah ... überraschen ...", murmelte sie.

Fred schaute ihr jetzt auch auf die Schulter und suchte nach Ellens dunklem Haarschopf. Es war schon sehr merkwürdig, dass sie nicht bei ihrer Mutter war. Aber einen Moment später erblickte er sie und ein beruhigtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

Fünf Sekunden später hatte er das Gefühl, dass ihm das Blut in den Adern gefror. Sie sah schrecklich aus. Sie war blass und ihr Haar strähnig, außerdem hatte sie tiefe Ringe unter den Augen und schien sich kaum auf den Beinen halten zu können. Mit einer Hand stützte sie sich an der Wand ab.

Fred umrundete Helen und ging mit schnellen Schritten auf sie zu. Er legte ihr eine Hand um die Hüfte und hielt sie fest. Ellen stieß einen kleinen Schrei aus, sah hoch und beruhigte sich, als sie erkannte, dass nur er es war.

"Was ist los?", fragte er drängend. Er schaute von seiner Freundin zu ihrer Mutter und wieder zurück. Kein Wunder, dass sie so zerstreut gewesen war. "Was hast du, Ellen?"

Sie atmete schwer und blickte ihn erschöpft an. "Ich ... es ... Ich muss mir ... irgendeinen Virus eingefangen ... haben und ..." Sie schloss die Augen und lehnte sich an ihn.

Fred sah Helen hilflos an. Er hatte sich gefreut, Ellen endlich wieder zu sehen, hatte die Tage und Stunden gezählt, bis dieses verdammte Flugzeug endlich landete und jetzt hatte er eine Todesangst, weil er seine Freundin noch nie so gesehen hatte. Ellen war nicht zimperlich. Sie jammerte nicht so rum wie seine Schwester, die immer so tat, als ob sie sterben müsse, wenn sie einen harmlosen Schnupfen hatte. Ellen nahm den vorgeschriebenen Zaubertrank, blieb ein paar Tage im Bett, aber ansonsten wusste man gar nicht, dass sie überhaupt krank war. Dass sie so fertig war und nicht einmal den Anschein machte, dass sie versuchte, dagegen anzukämpfen, zeigte Fred, dass dieses verdammte Virus etwas wirklich ernstes sein musste.

"Sie hat sich vorgestern nicht mehr so wohl gefühlt", erklärte Helen ihm, während Fred nun versuchte, Ellen zur nächsten Sitzbank zu helfen. "Sie hat gesagt, ihr wäre ein bisschen schlecht, aber dass das nicht so schlimm wäre ..."

"Mir war letzten ... Monat schon ein oder zweimal ... schlecht, dass ... war keine große ... Sache ...", murmelte Ellen und lehnte sich an ihn.

"Und seit gestern war sie dann so blass und verschwitzt und müde", fuhr Helen fort, als ob ihre Tochter sie nicht unterbrochen hätte. "Ich hab überlegt, ob wir nicht noch in Südamerika zum Arzt gehen sollten, aber ich dachte, wir könnten warten, bis wir wieder hier sind ... schließlich ist die medizinische Versorgung hier besser ..." Helen sah beschämt zu Boden.

Fred nickte. Er schaute sich um und entdeckte eine Toilette nur ein paar Meter entfernt. Er stand auf und zog Ellen mit sich, die es kaum noch schaffte, die Augen zu öffnen. Er beugte sich näher zu ihrer Mutter, damit niemand anders das Gespräch mitanhören konnte. "Ich geh mit ihr in die Toilette dort und appariere mit ihr ins St Mungos, unser Krankenhaus.", erklärte er ihr schnell. "Ich weiß, dass du sie zu einem Muggelheiler bringen möchtest, aber wir können mit Zauberei viel mehr tun." Helen hatte nichts gegen Zauberei, war sogar stolz darauf, dass ihre Tochter eine Hexe war, aber sie fühlte sich unwohl, weil sie Magie so wenig kannte und ihr Kind nicht mit etwas unbekanntem in Berührung lassen kommen wollte, besonders, was ihre Gesundheit anging. "Wir haben mehr Möglichkeiten." Helen nickte nach einem Blick auf ihre Tochter, die sich ohne Freds Hilfe kaum noch auf den Füßen halten konnte.

"Kann ich mitkommen?", wollte sie wissen. Dass Helen nicht protestierte, war ein weiteres Zeichen dafür, dass es ernst war.

Fred schüttelte den Kopf. "Du bist eine Muggel, für dich muss erst ein Antrag gestellt werden. Aber das dauert nicht lange. Außerdem arbeitet meine Cousine dort als Heilerin, die hat Kontakte. Ich werde mich darum kümmern, sobald Ellen versorgt ist, versprochen." Er streckte seine freie Hand aus, ergriff ihre und drückte sie aufmunternd. "Sie wird es schon schaffen, Helen." Er hörte den schweren Atem seiner Freundin und glaubte selbst nicht an seine Worte.

Aber Helen nickte. "Okay. Du hast meine Handynummer ja." Fred nickte. "Dann beeilt euch." Sie beugte sich vor und küsste Ellen auf die Stirn. "Werd' schnell wieder gesund mein Liebes."

/-/

Fred fuhr sich erneut durch die Haare, während er vor der Tür des Untersuchungszimmers auf und ab ging. Ellen war schon seit zwei Stunden dort drin. Ein paar Heiler waren in das Zimmer geeilt, während er davor gewartet hatte, aber er wusste, dass es noch eine zweite Tür gab und vermutete, dass noch sehr viel mehr Heiler von der anderen Seite gekommen waren, da das Zimmer jedes Mal, wenn die Tür geöffnet worden war, sehr viel voller aussah als davor.

Er blieb stehen und starrte auf die Tür, in der Hoffnung, dass sie einfach durchsichtig werden würde, damit er sehen konnte, was die ganzen Heiler mit der Liebe seines Lebens machten. Er hatte sogar zeitweilig überlegt, die Langziehohren seines Vaters zu benutzen, aber am Ende wäre vielleicht noch jemand über die Schnur gestolpert oder er würde aus dem Krankenhaus geworfen werden, weil ihm der nötige Ernst fehlte und das wollte er nicht. Außerdem verstand er die medizinische Fachsprache sowieso nicht.

"Fred!"

Er drehte sich um und sah, wie Rose auf ihn zugeeilt kam. Sie trug noch ihren limonengrünen Umhang, obwohl sie seit einer Stunde frei hatte, wie Fred wusste. Ihre kurzen braunen Haare waren hochgesteckt, aber es hatten sich einige Strähnen gelöst. Sie sah müde und unglücklich aus.

"Das mit Ellens Mutter ist geklärt, hier ist ihr Ausweis." Rose gab ihm ein steifes Stück Pergament, auf dem Helens Name, ihr Geburtstag und der Grund für ihren Aufenthalt im St. Mungos stand. Außerdem war ihr Foto darauf befestigt. Fred hatte glücklicherweise noch eins in Ellens Handtasche gefunden, das sie und ihre Mutter bei ihrem Geburtstag zeigte. Er hätte nicht die Geduld gehabt, noch zu ihr zu apparieren, um eins zu beschaffen. Er wollte Ellens Seite nicht verlassen und nahm es den Heilern sehr übel, dass sie ihn nach fünf Minuten im Untersuchungszimmer wieder hinausgeschmissen hatten.

"Weißt du irgendwas, Rose? Haben die Heiler gesagt, wie es ihr geht oder was sie hat und wie lange sie hier bleiben muss?" Fred hatte sich nach einer Stunde Warten auf die Suche nach Rose gemacht, die im St Mungos als Heilerin arbeitete. Sie hatte gerade das Zimmer eines Patienten verlassen und für den restlichen Tag frei. Fred hatte sie gebeten, sich bei den behandelnden Heilern nach Ellen zu erkundigen und sich um den Antrag für Ellens Mutter zu erkundigen, da es normalerweise bis zu einem Tag dauern konnte, bis so ein Antrag bearbeitet wurde.

Sie schüttelte den Kopf. "Ich hab versucht, mit ihnen zu sprechen, aber sie sind alle sehr beschäftigt. Außerdem ist das hier gar nicht mein Fachgebiet, du weißt doch, dass ich auf Fluchschäden spezialisiert bin." Fred seufzte. Wenn das so war, dann würde er wahrscheinlich gar nichts erfahren. "Aber ich hab mit Ted gesprochen." Ted Lupin war in der Zaubertränkeforschungsabteilung des St Mungos tätig.

"Warum mit Ted?", fragte Fred verwirrt. Er war kein Heiler, er hatte mit dem täglichen Geschehen des Krankenhauses nichts zu tun. Er stellte nur die Zaubertränke her, die gebraucht wurden und erforschte schlecht heilbare oder unheilbare Krankheiten.

"Die Heiler haben ihn vor anderthalb Stunden kontaktiert und gefragt, ob in Richtung Tropenkrankheiten hier irgendetwas geforscht worden ist. Du weißt doch, dass der Überblick der Heiler nicht immer so groß ist und in Teds Abteilung so viel geforscht wird, dass die wenigsten sich den nötigen Überblick verschaffen." Fred nickte. Ted hatte sich häufig über die zum Teil mangelnde Kommunikation zwischen den Abteilungen beschwert. "Ted hat gemeint, dass das nicht der Fall ist, aber er war dabei, mit dem größten Forschungszentrum in Südamerika Kontakt aufzunehmen, als ich mit ihm sprechen wollte. Ich weiß nichts genaues, aber anscheinend hat Ellen irgendeinen hochgefährlichen Virus, dessen Existenz erst seit ein paar Jahren bekannt ist und über den man kaum etwas weiß. Es ist weder klar, wie man sich infiziert, noch wie man ihn heilen kann." Sie sah ihn entschuldigend an.

Fred starrte Rose ungläubig an. Das klang nicht gut. Das klang gar nicht gut.

"Und jetzt? Was wird jetzt mit Ellen passieren? Kriegt sie irgendwelche Tränke oder sowas, die den Virus eindämmen?" Irgendetwas musste es doch geben, schließlich waren sie Zauberer und hatten Magie! Die Zauberei konnte so viele fantastische Dinge, dann musste es doch auch einen Weg geben, der Liebe seines Lebens zu helfen.

Rose schaute ihn traurig an. In ihren braunen Augen glitzerten Tränen. "Fred, der Grund dafür, dass dieses Virus so unerforscht ist, ist der, dass Leute, die sich damit infiziert haben, innerhalb von einer Woche gestorben sind."

"Was?" Fred schaute Rose sprachlos an. Eine Träne lief ihr über die Wange und er wusste, dass sie keine Scherze machte und es wirklich so ernst war. Er ließ sich in einen Stuhl fallen, der wohl für die wartenden Angehörigen gedacht war und starrte an Rose vorbei wieder auf die Tür. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Alle Infizierten waren gestorben, man wusste nicht, wie sie geheilt werden konnten, man wusste kaum etwas und ... Ellen ging es schlecht ... Ellen hatte sich kaum auf den Beinen halten können ... Ellen hatte kaum noch die Kraft gehabt, zu sprechen ... Er hatte keinen Zweifel daran, dass dieses Virus tödlich war.

"Gibt es wirklich nichts, was man tun kann?", wollte er dennoch wissen. Sie waren doch Zauberer, sie hatten die Magie auf ihrer Seite, sie konnten Dinge, von denen Muggel nicht mal zu träumen wagten und es gab nichts, was man für Ellen tun konnte? Das war doch nicht möglich! "Gar nichts? Kein Zauber, kein Trank, keine Pflanze oder irgendsowas?"

Rose wischte sich die Tränen weg und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Ted hat gesagt, dass kein Gegenmittel bekannt ist. Er setzt gerade Himmel und Hölle in Bewegung, um jemanden zu finden, der sich schon mehr damit beschäftigt hat, aber er hat auch gesagt, dass es mehr als unwahrscheinlich ist, dass er jemanden finden wird."

Fred starrte unverwandt auf die Tür. Das konnte doch nicht sein, das konnte nicht sein ... Sie hatte ihm versprochen, dass sie auf sich aufpassen würde ... sie hatte ihm versprochen, gesund zurückzukommen ... sie hatte gesagt, dass sie noch alle Zeit der Welt hatten ... dass sie irgendwann heiraten würden ... dass sie irgendwann Kinder haben würden ... Sie hatte es ihm versprochen, verdammt noch mal! Und jetzt sollte sie sterben?

"Wie lange noch, Rose? Wie lange hat sie noch?", fragte er und wandte den Blick angestrengt von der Tür ab.

Rose setzte sich seufzend neben ihn. Sie nahm seine Hand, aber er registrierte es kaum. "Sie hat gesagt, dass sie sich seit vorgestern nicht gut fühlt. Das heißt, heute ist der dritte oder vielleicht schon vierte Tag." Sie schluckte schwer. "Sie hat höchstens noch vier Tage." Fred schloss besiegt die Augen. "Aber die meisten sind schon nach fünf oder sechs Tagen gestorben. Und Ellen ..."

Sie musste nicht weiter sprechen, Fred wusste, was sie sagen wollte. Ellen war es sehr schlecht gegangen, es war sehr unwahrscheinlich, dass sie noch vier Tage durchhielt.

"Kannst du Roxy Bescheid sagen?", fragte er nach fünf Minuten. "Ich will hier nicht weg." Rose nickte. Er gab ihr den Ausweis von Ellens Mutter wieder. "Sie kann dann auch zu Helen gehen und sie mitbringen."

Rose lächelte ihn traurig an und stand wieder auf. "Ich beeil mich.", sagte sie und strich ihm über die Haare. "Es tut mir sehr Leid, Fred. Ich hab Ellen sehr gern gehabt."

Fred nickte und schaute wieder auf die Tür. Er konnte keine Beileidsbekundungen ertragen. Und schon gar nicht konnte er ertragen, dass sie in der Vergangenheitsform von Ellen sprach. Sie war auf der anderen Seite von dieser verdammten Tür und sie atmete noch. Sie atmete noch! Sie war noch am Leben. Er konnte nicht glauben, dass sie es in ein paar Tagen nicht mehr sein sollte. Letzte Woche war sie noch glücklich gewesen und hatte gelacht und ihn geküsst und von ihrer Zukunft mit ihm geschwärmt ... Jetzt war ihre Zukunft nicht mehr existent ... und seine war es auch nicht mehr.

/-/

"Fred? Fred? Fred!"

Fred schreckte aus seinen Gedanken auf. Er blickte von der Tür auf Ted Lupin, der einen orangefarbenen Umhang trug und ihn müde anschaute. Sein Haar war braun und kurz. Fred hatte ihn einmal gefragt, warum er es auf der Arbeit so trug und nicht wie sonst, blau und so lang, dass es ihm ihn die Augen fiel und Ted hatte ihm erzählt, wie es einmal Feuer gefangen hatte und er es seitdem so kurz wie möglich wachsen ließ. Außerdem wollte er nicht so auffallen, deshalb war es nicht blau.

"Was ist?", fragte Fred und schaute Ted wissbegierig an. Vielleicht hatte er etwas herausgefunden, vielleicht gab es irgendwo doch einen Forscher, der ein Heilmittel für dieses Virus hatte und Ellen würde es morgen schon wieder gut gehen und dann konnte er ihr einen Antrag machen und sie konnten heiraten und Kinder bekommen und glücklich werden, bis sie alt und grau waren.

"Du kannst jetzt zu Ellen.", erwiderte Ted. "Die Heiler haben sie in ein reguläres Zimmer verlegt. Sie ist nicht ansteckend, außer wenn du mit ihrem Blut in Berührung kommst.", erklärte er. Sein niedergeschlagener Ton sagte Fred alles, was er wissen musste.

"Es gibt kein Gegengift?", fragte er und sackte zusammen. Ted schüttelte traurig den Kopf.

"Ich hab so ziemlich mit jedem Forscher gesprochen, den es gibt. Keiner weiß etwas, Fred. Es tut mir wirklich Leid." Da war sie hin, seine letzte Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft. Keiner konnte Ellen mehr helfen, keiner konnte ihm helfen. Alles war nutzlos, alles war zu Ende.

Er nickte wortlos und stand auf. "Wo ist sie?" Ted erklärte ihm, wie er zu ihrem Zimmer gelangen konnte. "Kann sie nach Hause? Ich meine, wenn hier sowieso keiner was für sie tun kann ... ich glaube nicht, dass sie hier ster ... ster ... bleiben möchte." Er konnte es nicht sagen. Das würde es wirklich real machen.

Ted schüttelte den Kopf. "Sie ist sehr schwach. Den Transport aus dem Krankenhaus in eure Wohnung würde sie nicht überleben." Er umarmte Fred kurz. Es sollte tröstend sein, aber Fred hatte den Einsdruck, keine Luft mehr zu bekommen. "Ich wünschte wirklich, dass ich etwas für sie hätte tun können, aber mir sind die Hände gebunden."

"Ich weiß", murmelte Fred. "Danke trotzdem." Es war nicht seine Schuld, dass niemand etwas wusste. Es war nicht seine Schuld, dass niemand ihr helfen konnte. Niemand hatte Schuld.

Er nickte ihm zu und eilte dann den Gang entlang zu dem Zimmer, in dem Ellen war. Er klopfte, wartete aber nicht auf eine Antwort, weil er nicht wollte, dass sie sich in irgendeiner Weise anstrengte und die kurze Zeit, die er mit ihr hatte, noch kürzer wurde.

Sie lag in dem Bett am Fenster und wenn es irgendwie möglich war, dann war sie noch blasser geworden. Die weiße Bettwäsche hatte mehr Farbe als sie. Er ging zu ihr und nahm ihre eiskalte Hand in seine. Sie öffnete die Augen und schaute ihn an. Ihre Augen, ihre wunderschönen braunen Augen, die immer funkelten und strahlten und voller Leben waren, waren jetzt matt und leblos.

"Hey", sagte sie mit schwacher Stimme. Fred konnte sie kaum verstehen. Er griff sich den nächsten Stuhl, zog ihn zu ihrem Kopfende und setzte sich.

"Du machst Sachen", erwiderte er und strich ihr über ihre dunklen Haare. Auch sie hatten ihren üblichen Glanz verloren und waren nass von dem vielen Schweiß. Er bemühte sich, aufgeweckt zu klingen, weil sie das so an ihm liebte, obwohl ihm eher zum Weinen zumute war.

"Du musst ... mir nichts vor ... machen", murmelte sie. "Ich weiß ... wie es mir geht. Ich ... weiß, dass ... ich sterben ... werde", ihre Stimme brach ab und sie schloss erschöpft die Augen. Fred rollte eine Träne aus den Augen und tropfte auf Ellens Handrücken. Sie zeigte keine Reaktion. Er verstand, warum Ted ihm gesagt hatte, dass sie zu schwach war, um in ihre Wohnung verlegt zu werden. Der Flug und die Untersuchungen mussten sie ihre letzte Kraft gekostet haben.

"Sag das nicht", sagte Fred entschlossen. "Sag das nicht. Vielleicht gibt es doch noch irgendwas, das die Heiler tun können, vielleicht wirst du gar nicht ster -" Seine Stimme brach, er schaffte es nicht, das Wort auszusprechen. Es tat zu weh.

"Ich werde ... sterben ... Fred, das weißt ... du.", sagte sie unerbittlich. Sie schaute ihn entschlossen an. "Ich habe es ... akzeptiert und ... du musst das ... auch."

Er schüttelte nicht den Kopf, obwohl er es wollte. Er würde ihren Tod nie akzeptieren, er würde nicht akzeptieren können, dass er den Rest seines Lebens ohne sie verbringen sollte. Sie waren füreinander bestimmt und in jeder Zukunft, die er sich ausgemalt hatte, war sie vorgekommen. Wie sollte er ohne sie leben?

"Du musst", beharrte Ellen. Sie kannte ihn so gut. Sie wusste, dass er ihr etwas vormachte. "Du musst ... mir versprechen, dass du glücklich wirst", sagte sie etwas lauter und entschlossener. "Du musst mir versprechen, dass du ... nicht für den Rest deines Lebens ... alleine bleiben wirst."

Wortlos schüttelte er den Kopf. Die Tränen flossen jetzt ohne Unterlass und er machte sich nicht die Mühe, sie wegzuwischen. Sie hob langsam ihre Hand und legte sie an seine Wange.

"Du bist ... ein wundervoller Mann. Du hast ... so viel Liebe zu geben. Und du sollst glücklich sein. Bitte ... bitte ... versprich mir, dass du glücklich sein wirst."

Fred schüttelte den Kopf. "Ich kann nicht glücklich sein ... nicht ohne dich."

"Versprich es mir", beharrte sie. "Ich werde keine Ruhe haben, wenn ich nicht weiß, dass du glücklich sein wirst." Tränen standen auch in ihren Augen und Fred wusste, dass sie das unglaublich viel Kraft kosten musste. Schließlich nickte er. Sie ließ ihre Hand wieder sinken.

"Okay, ich verspreche es." Aber er wusste, dass er niemals mit einer anderen glücklich sein konnte. Es gab nur Ellen für ihn, keine andere. Er beugte sich vor und küsste sie verzweifelt. "Ich liebe dich, Ellen. Ich werde dich immer lieben."

Ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. "Ich liebe dich auch. Für immer."


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A/N: Ich weiß, sehr deprimierend, aber auch der Tod gehört nun mal zum Leben. Es hat mir das Herz gebrochen, Fred sowas anzutun und Ellen auch (die ich sehr gerne erfunden habe), aber es kann nicht jeder ein Happy End haben bei den Weasleys und Fred ist leider der, den es erwischt hat (was vielleicht auch an der Namensgleichheit zum ersten Fred Weasley liegt, wer weiß).

Ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen hat und dass ihr mir ein Review schreibt. Vielen Dank für alle, die ich schon bekommen habe, ich hab mich sehr gefreut, besonders darüber, dass "mein" Draco so gut angekommen ist.


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