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Fanfiction

Harry Christmas Everyone - Die einfachen Dinge

von Glasschmetterling

Pairing: Harry Potter/Draco Malfoy gewünscht von Vivianne und schneewittchen

Die einfachen Dinge

Mit gerunzelter Stirn blickte Harry an dem Londoner Backsteingebäude empor, das vor ihm aufragte wie ein rötlicher, vom vielen Nebel verschleierter Klotz. Ohne nachzudenken konnte er sich viele Plätze vorstellen, an denen er Draco Malfoys Wohnung eher erwartet hätte als hier, und doch – der Name seines alten Feindes stand auf der Klingel, und die Adresse stimmte mit der auf dem zerknitterten Brief überein, den er in seine Tasche gestopft hatte, bevor er sich auf den Weg hierher gemacht hatte.
Noch länger hier zu stehen und die Tür anzustarren bringt dich auch nicht weiter, bemerkte sein Gewissen, das merkwürdigerweise sehr nach Hermine klang, mahnend. Ich meine, was ist schlimmer? Draco Malfoy zu begegnen oder hier festzufrieren?
Harry befahl der kleinen Stimme in seinem Hinterkopf, die stur Draco Malfoy wisperte, die Klappe zu halten, und drückte den Klingelknopf.
„Ja?“ Malfoy klang blechern und sehr ungewohnt, was vielleicht auch mit der Tatsache zusammenhing, dass Harry nie erwartet hätte, ihn über eine Muggel-Gegensprechanlage zu hören, und er räusperte sich, unsicher, was er sagen sollte. „Ähm... Harry ist hier.“
Die Tür summte ohne ein weiteres unnötiges Wort und er machte sich auf den Weg über die Treppen nach oben, bis er schließlich Malfoy entdeckte, der lässig im Rahmen einer grünen Tür stand, die noch immer nach neuer Farbe roch. Etwas an der Haltung des Slytherins wirkte merkwürdig, gezwungen, und nach einem Moment entdeckte Harry die Anspannung, die sich hinter der gelassenen Miene verbarg.
Harry bezweifelte, dass jemand, der weniger Duelle und weniger Quidditch-Spiele mit Draco Malfoy ausgetragen hatte, seine Unruhe bemerkt hätte, aber mehr als sieben Jahre tödlicher Feindschaft brachten eine gewisse... Vertrautheit mit sich, die auch durch die ungewohnte Muggelkleidung nicht zunichte gemacht wurde.
„Malfoy.“ Er war sich nicht sicher, ob es eine Feststellung oder eine Begrüßung sein sollte, hatte aber keine Zeit, darüber nachzudenken, während er die letzte Stufe überwand und mit einigem Abstand auf dem Treppenabsatz stehen blieb.
„Potter.“ Malfoy wirkte unsicher, während er einen Schritt zurück machte und mehr oder minder einladend auf den kleinen, beengten Flur wies. „Komm doch herein.“
Harry wusste nicht, was er von dem Angebot halten sollte, aber Malfoy sah nicht so aus, als ob er im nächsten Moment auf ihn losgehen würde, also trat er an der Muggellichterkette an der Tür, die für ihn an der ganzen Situation am merkwürdigsten wirkte, vorbei und in die Wohnung.
Von seinen Gedanken hatte sich wohl mehr auf seinem Gesicht abgezeichnet als gewünscht, denn Malfoy grinste ein wenig, als er ihn weiter ins Wohnzimmer bat – ein angespanntes Grinsen, aber immerhin. „Meine Mutter hat die Idee von den Nachbarn, und nachdem sie auf Malfoy Manor kaum eine Lichterkette aufhängen kann, wurde mir diese Ehre zuteil.“
Harry musste ein Lachen unterdrücken bei der Vorstellung, dass Narzissa Malfoy Dekoideen mit Malfoys Muggelnachbarn austauschte, aber es gelang ihm, mit einem einigermaßen gefassten Gesichtsausdruck auf dem Sofa Platz zu nehmen.
„Kann ich dir etwas anbieten? Tee, Butterbier, Feuerwhiskey, oder etwas anderes?“
Harry zuckte mit den Schultern. „Ich denke, Butterbier ist eine gute Idee.“
Während Malfoy in die Küche verschwand, hatte Harry Gelegenheit, sich in dem Raum umzusehen, der ihm, sehr zu seiner Überraschung, sogar recht gut gefiel. Nichts war hier von der düsteren, staubigen Atmosphäre von Malfoy Manor zu spüren, obwohl London im Dezember nicht gerade der heiterste Ort der Welt war, wirkte die Wohnung hell und freundlich. Die großen Portraits von Ahnen der Familie fehlten ebenso wie die purpurnen Tapeten, nur einige Fotos von Malfoys Eltern standen auf dem Sims des kleinen Kamins, der nicht so aussah, als ob in letzter Zeit ein Feuer in ihm gebrannt hatte. Dass Malfoy selbst in die Küche gegangen war und keinen Hauselfen geschickt hatte, war nur ein weiterer Teil des Puzzles, genauso wie das Sofa, auf dem er saß und das genauso wie der Rest der Einrichtung sehr modern wirkte, nicht so wie die altmodischen Möbel im Salon des Manors oder selbst die gemütlichen Stühle im Gemeinschaftsraum der Gryffindors auf Hogwarts.
„Hier.“ Malfoy war mit zwei Flaschen Butterbier zurückgekehrt und reichte eine davon Harry, bevor er sich selbst auf den Sessel auf der anderen Seite des Couchtisches setzte. Sie beide nippten daran, während peinliche Stille sich über den Raum ausbreitete, die Harry allerdings mehr Zeit gab, sein Gegenüber zu mustern.
Malfoy war tadellos gekleidet, wie immer, seine Haare gekämmt und seine Wangen frei selbst vom leisesten Schatten eines Bartes. Trotzdem wirkte er... anders, wollte nicht so recht der Erinnerung entsprechen, die Harry an seine Schulzeit hatte und die noch immer jedes Mal in ihm aufstieg, wenn er seinen Namen hörte – arrogant, überheblich, von sich selbst überzeugt.
Nein, dieser Draco Malfoy wirkte eher wie der, den er nach der Schlacht von Hogwarts aus dem Augenwinkel beobachtet hatte, wie er mit seinen Eltern an einem der Tische in der Großen Halle saß. Erleichtert, ja, aber auch unsicher und nicht mehr davon überzeugt, mit seinem Namen und seinem guten Aussehen jede Konversation zu bestimmen, jeden Raum zu beherrschen.
Während er Malfoy beobachtete, spürte Harry, wie er seinerseits intensiv gemustert wurde, und schließlich seufzte sein Gegenüber hörbar auf und stellte seine Flasche mit einem Klirren auf dem niedrigen Glastisch ab.
„Du fragst dich sicher, wieso ich dich eingeladen habe?“
Die Betonung machte aus der Aussage eine Frage, und Harry nickte langsam, nicht sicher, wohin dieses Gespräch führen sollte. „Natürlich tue ich das, Malfoy.“
Es war ihm nicht gelungen, den Sarkasmus ganz aus seiner Stimme zu halten, doch der Slytherin schüttelte nur leicht den Kopf, wie um der Spitze ihre Kraft zu nehmen. „Bitte. Nenn mich doch Draco.“
Nun gelang es Harry nicht mehr, seine Überraschung zu verbergen, doch er zerquetschte sie ebenso schnell wie den Impuls, augenblicklich abzulehnen – wenn Malfoy den ersten Schritt gemacht hatte, dann konnte er ihm genauso gut entgegenkommen. „Wenn du mich Harry nennst … Draco.“
Aus seinem Mund klang der Name ungewohnt, fremd, doch zu seiner Überraschung entlockte er Malfoy damit ein leichtes Lächeln. „Wenn du das möchtest, gerne.“ Er genehmigte sich einen weiteren Schluck Butterbier, vielleicht um Zeit zu schinden, dann lehnte er sich zurück und seufzte auf. „Ich muss gestehen, es war eigentlich die Idee meiner Mutter, dich einzuladen. Sie fand, es wäre noch ein Dank von meiner Seite ausstehend, dafür, dass du mein Leben gerettet hast.“ Malfoys Finger fuhren rastlos durch seine Haare, zerzausten sie, doch nach einer kleinen Pause gelang es ihm, Harry wieder anzublicken. „Ich glaube, ich hätte es trotzdem nicht getan, wenn es da nicht eine Frage gäbe, die mich seit der letzten Schlacht quält und auf die ich keine Antwort finden kann...“ Er schluckte schwer, und irgendwie fiel es Harry nicht schwer, ihm zu glauben. „Warum? Nach allem, was ich getan habe … warum hast du mir das Leben gerettet?“
Für einen Moment fühlte sich Harry überrollt von der Frage und allem, was sie andeutete, dann zuckte er mit den Schultern, gab die erste Antwort, die ihm einfiel. „Weil ich es konnte.“
„Weil du es konntest?“ Malfoy starrte ihn an, während die Sekunden sich dahinzogen, und Harry spürte, wie die Spannung zwischen ihnen einen neuen Höhepunkt erreichte. „Und das alles?“
Mit dem letzten Satz verpuffte die Energie, und Malfoy ließ sich wieder in seinen Sessel zurücksinken, während Harry überlegte, fieberhaft versuchte, sich die kurzen Augenblicke im Raum der Wünsche, die erfüllt gewesen waren von Angst und Feuer und Rauch, noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, obwohl er sie in den letzten Monaten nur hatte verdrängen wollen.
„Es stimmt“, antwortete Harry ruhig, er hoffte, dass Malfoy merkte, wie ernst er seine Frage nahm. „Es ging alles so schnell... ich hatte nur Sekunden, um mich zu entscheiden – da war keine Zeit, lange zu überlegen. Und naja... hättest du irgendjemanden, von Voldemort vielleicht abgesehen, in der Hölle zurückgelassen?“
Es war vielleicht das deutlichste Zeichen für den erstaunlichen Wandel, den Draco Malfoy im letzten halben Jahr durchgemacht hatte, dass er auf diese Frage keine Antwort gab, sondern nur mit den Schultern zuckte. „Ich weiß es nicht.“
Harry seufzte und nahm noch einen Schluck von seinem Butterbier. Er hatte das, was er getan hatte, für selbstverständlich gehalten, für etwas, das er tun musste, wenn er wollte, dass er auch am nächsten Tag noch in den Spiegel sehen konnte. Dass Malfoy – aufgewachsen in einer anderen Welt, in der ihm jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde, in der aber Werte genauso gefehlt hatten wie die Art von beständiger Freundschaft, die ihn mit Ron und Hermine verband, das nicht so sehen könnte, dieser Gedanke war ihm gar nicht gekommen. Im Nachhinein war es klar, dass Malfoy alle möglichen anderen, vielleicht finsteren Motive hinter seiner Rettung vermutet hatte, und Harry schämte sich fast, nicht von selbst mit ihm gesprochen zu haben. Fast.
„In unserem zweiten oder dritten Schuljahr hätte ich vielleicht gezögert, bevor ich dir geholfen habe“, gab er mit fast schon sanfter Stimme zu und Malfoy, der blicklos auf die zugezogenen Vorhänge gestarrt hatte, zuckte zusammen und starrte ihn an. „Aber damals dachte ein Teil von mir noch, dass Hogwarts die ganze Welt wäre und Hauspunkte und der Quidditch-Pokal die wichtigsten Dinge im Leben, obwohl ich es eigentlich hätte besser wissen müssen.“ Harry seufzte auf und nahm noch einen Schluck Butterbier. „Ja, wir standen auf verschiedenen Seiten. Ja, wir waren Rivalen. Aber auf Malfoy Manor, als es darauf ankam – als wirklich etwas auf dem Spiel stand und nicht nur kleine Steine in großen Gläsern – wolltest du uns helfen. Und das ist es, was wirklich zählt.“
Malfoy schluckte. „Aber ich habe es nicht geschafft.“
„Nein, das hast du nicht.“ Jede Lüge wäre sinnlos gewesen und hätte nur Dobbys Opfer kleiner gemacht, weniger wert.
Doch zu Harrys Überraschung reagierte Malfoy nicht wütend oder ablehnend, sondern seufzte nur auf, während er sich aus seinem Sessel erhob und offensichtlich tief in Gedanken zum Fenster hinüber trat. Für einen Moment starrte er auf die schweren, grünen Vorhänge, dann fuhr er sich in einer unbewussten Geste wieder durch die Haare, bevor er schließlich einen Zipfel des Stoffes zur Seite zog und nach draußen auf die Straße blickte.
Von fern konnte Harry das Rauschen des Verkehrs und das Hupen der Autos hören, Geräusche, von denen sich sein Verstand noch immer weigerte, sie mit Draco Malfoy zu verbinden – und doch waren sie beide hier, hatten ein für ihre Verhältnisse geradezu friedliches Gespräch geführt.
„Weißt du“, klang Malfoys Stimme langsam und nachdenklich vom Fenster her, „eigentlich gefällt es mir hier.“ Er starrte noch immer auf die Straße hinunter und Harry musste sich anstrengen, um seine Worte zu verstehen – was ihren Sinn allerdings nicht klarer machte.
„Hier?“, fragte er langsam und sah, wie Malfoy nickte.
„In dieser Wohnung – in diesem Haus – in der Muggelwelt.“ Das Eingeständnis klang ruhiger, weniger gepresst, als Harry erwartet hätte, und der Slytherin warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter zu, bevor er wieder nach draußen starrte. „In der Zauberwelt, im Ministerium werde ich entweder gehasst für das, was meine Familie – nein, was ich getan habe, oder bewundert. Und ich habe es satt.“
Früher hätte der Gedanke, dass Draco Malfoy Verehrung satt haben könnte, Harry im tiefsten Unglauben zurückgelassen, heute trug er ihn über den grünen Teppich hinweg bis ans Fenster, wo er ebenfalls nach draußen blickte, auf die hell erleuchteten Fenster des Hauses gegenüber, auf die orangen Kugeln der Straßenlaternen, die zu ihnen nach oben strahlten.
„Hier bin ich einfach der stille junge Mann aus dem vierten Stock. Ohne dunkle Vergangenheit, ohne einflussreiche Familie, ohne Dunkle Künste.“
Harry fühlte, wie plötzlich Sympathie in ihm aufwallte. Schon oft genug hatte er selbst gewünscht, nicht Harry Potter zu sein, sondern irgendeiner der unzähligen anderen Hogwartsschüler, die mit keinen größeren Sorgen als der Angst vor Professor McGonagalls Unmut belastet waren. Vorsichtig riskierte er einen Blick zur Seite, Malfoys Gesicht wirkte im dumpfen Licht der Straße älter und zerfurchter als nur noch wenige Momente zuvor. Es schien zu jemandem zu gehören, der viel zu viel Zeit auf der Flucht vor seinen Dämonen verbrachte, und nachdem sie lange geschwiegen hatten, seufzte Harry leise.
„Funktioniert es?“
Obwohl er kein Wort darüber verloren hatte, schien Draco genau zu wissen, was er meinte. „Manchmal“, antwortete er mit einem kleinen, fast verzweifelt wirkenden Schulterzucken. „Manchmal auch nicht.“
Die Stille, in die sie einen Moment später zurückglitten, fühlte sich fast kameradschaftlich an, und als eine blasse Hand sich auf seine Schulter schob und vorsichtig zudrückte, wusste er, dass er mit diesem Gefühl nicht alleine war.


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