Pairing: Severus Snape/Remus Lupin, gewünscht von Serena Malfoy
Romulus und Remus
„Sagen Sie, Lupin, Sie haben nicht zufällig einen Bruder?“
Remus Lupin, seines Zeichens Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei, blickte missmutig von seinem Tagespropheten hoch und fixierte Severus Snape, Professor für Zaubertränke an derselben Lehranstalt, mit einem überraschten Blick aus seinen hellen Augen. „Nein. Wieso fragen Sie? Ihr Interesse für mein Privatleben hielt sich bis jetzt ja auch in Grenzen...“
„Wäre auch zu schön gewesen“, murmelte der andere missmutig und widmete sich wieder hingebungsvoll seiner zweiten Tasse schwarzem Kaffee an diesem Morgen.
Sie saßen allein im Lehrerzimmer, neben dem Ticken der Uhr störte nur das gelegentliche Rascheln von Lupins Zeitung oder das Klirren des kleinen Löffels auf dem Porzellan in Snapes Hand die morgendliche Stille.
Sie beide waren früh aufgestanden, Lupin, weil er wegen der bevorstehenden Verwandlung in einen Werwolf nicht schlafen konnte, Snape aus welchen Gründen auch immer, und hatten sich im Professorenzimmer getroffen. Die Stimmung war angespannt, trotz des Feuers, das gemütlich im Kamin prasselte, und der Weihnachtsgirlanden aus Tannenzweigen, die sich an den Wänden entlangzogen, doch keiner der beiden Männer war bereit, auch nur einen Millimeter nachzugeben, und schon gar nicht, das warme Lehrerzimmer gegen die zugigen Gänge des Schlosses zu tauschen.
„Also, wieso sollte ich einen Bruder haben?“
Snape knurrte unwillig, da Lupin so energisch eine Antwort einforderte, und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Tasse. „Am besten einen Bruder mit einer Axt, der noch dazu Romulus heißt – was halten Sie davon?“
Überrascht blickte Lupin vom Tagespropheten, dessen Lektüre er sich vorgeblich gewidmet hatte, auf, und sah Snape an, er hatte weder gewusst, dass sich der finstere Zaubertrankprofessor für römische Mythologie interessierte, noch, dass er überhaupt andere Hobbies außer Zaubertränken und Dunklen Künsten hatte.
Er faltete die Zeitung zusammen, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander, dann betrachtete er Snape. „Wo wir schon bei Namen sind... 'streng', 'hart' und 'grausam' sind sicherlich Adjektive, die definitiv auf sie passen...“
„Sie haben nachgeschlagen!“, stieß dieser hervor und richtete sich in seinem Stuhl auf, wohingegen Lupin zufrieden lächelte. „Natürlich habe ich das, schon in unserer Schulzeit...“
„Für so etwas hatten Sie Zeit, Lupin? Ich dachte, Sie wären während Ihrer gesamten sieben Jahre gemeinsam mit Potter und Black damit beschäftigt gewesen, Toiletten in die Luft zu jagen und Stinkbomben durch die Gänge zu werfen.“
Der Werwolf ging nicht auf den Satz ein, sondern betrachtete gedankenverloren das Fenster, die untere Hälfte war weiß und blind von dem Schnee, der auf dem Fensterbrett lag, die obere hingegen vollkommen schwarz, noch nicht einmal die Dämmerung hatte jetzt, kurz vor Weihnachten, um fünf Uhr morgens eingesetzt.
Direkt daneben leuchtete jedoch der kleine Weihnachtsbaum, den Professor Dumbledore im Lehrerzimmer aufgestellt hatte, gegen den energischen, aber doch eher symbolischen Protest von Professor McGonagall, dass dieser sie doch nur von der Arbeit ablenken würde. Trotzdem hatte sie dazu beigetragen, ihn zu schmücken, in ihrem Fall mit Christbaumkugeln, die ständig ihre Form veränderten, genauso wie alle anderen Lehrer eine Dekoration entsprechend ihres Faches heraufbeschworen hatten.
Nur Snape und er selbst fehlten, mit gutem Grund, wie er fand, denn was sollte er schon auf den Baum hängen? Gefährliche Tierwesen? Und auch sein Gegenüber schien nicht den Ehrgeiz zu haben, sich an der Dekoration zu beteiligen. Für einen Moment schmunzelte er bei dem Gedanken, dass der griesgrämige Professor kleine Phiolen mit Tränken an den Baum hängte, bei denen sich, wenn man sie schluckte, entschied, welche schreckliche Krankheit man bekam...
„Sagen Sie, Lupin, was bewegt sie eigentlich dazu, mich so unheimlich... amüsant zu finden?“
Die Stimme an seinem linken Ohr ließ ihn zusammenzucken, nun spürte er Snapes Präsenz hinter sich, doch zuvor war er von seinen Gedanken zu abgelenkt gewesen, um – selbst mit den Sinnen des Werwolfes, der immer stärker in ihm wurde - zu bemerken, dass sich der Mann herangeschlichen hatte.
Er versuchte, sich zu erheben, doch ein Paar langfingriger, doch überraschend kräftiger Hände legte sich auf seine Schultern und drückte ihn wieder in seinen Stuhl, wenigstens gelang es ihm diesmal, ein Zusammenzucken zu verhindern.
„Ich will eine Antwort, Lupin.“ Wieder diese Stimme, der Atem, der über sein Ohr und seinen Halsansatz strich, genervt versuchte er, diese Hände abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht. „Ich finde Sie nicht amüsant, Snape“, fauchte er, ungehalten über diese enervierende, zudringliche Berührung, und riss sich schlussendlich los, wirbelte herum.
Mit klopfendem Herzen lehnte er sich an den Tisch und starrte den Zaubertränkelehrer an, der entspannt dastand, die Unterarme auf die Stuhllehne gestützt, und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen musterte. „Und das soll ich Ihnen glauben, Lupin? Ich sage etwas, Sie grinsen – aber nicht über mich? Gryffindors sind wirklich nicht sehr talentiert darin, Ausreden zu finden...“
Heftig packte er seinen Tagespropheten und ließ sich in einen der Stühle neben dem Christbaum sinken, bestrebt, Abstand zwischen sich und Snape zu bringen, doch der lächelte nur spöttisch. „Sie flüchten, Lupin, merken Sie das nicht?“
„Ich flüchte nicht“, antwortete er indigniert, während er den Tagespropheten wahllos aufschlug, um sich hinter dessen großen Seiten verstecken zu können. „Ich bringe Abstand zwischen mich und eine zudringliche... einen zudringlichen Zaubertrankprofessor.“ Er war noch immer entschlossen, höflich zu bleiben, obwohl dieser Vorsatz inzwischen Risse bekam, und begann desinteressiert, einen Artikel über den neusten Empfang im Zaubereiministerium zu lesen.
„Zudringlich bin ich also...“ Die Stimme war leise und dunkel, er starrte auf die Buchstaben, konzentrierte sich krampfhaft auf sie, um nicht zu hören, was Snape sagte, doch er nahm nicht wahr, was dort stand, vermochte einfach nicht, sich loszureißen. „Was meinen Sie, was Sie und die anderen Rumtreiber damals waren. Meinen Sie nicht, dass, wer im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte, Lupin?“
Er schüttelte leicht den Kopf, er wusste, dass sie nicht nett gewesen waren, oh nein, und mittlerweile schämte er sich für die Dinge, die er damals aus jugendlichem Leichtsinn und falsch verstandenem Freundschaftsgefühl getan hatte, aber das würde er nicht zugeben. Nicht hier, nicht jetzt, und schon gar nicht vor Snape. Und vor allem nicht, nachdem er ein Mal, ein einziges Mal nett zu ihm gewesen war, bewiesen hatte, dass er nicht derselbe, leichtsinnig-grausame Tyrann war wie Sirius und James, wenn auch nur aus schlechtem Gewissen.
Er hatte das Leuchten in diesen schwarzen Augen nicht vergessen können in all den Jahren... Snape war im Krankenflügel gelegen, im Bett neben ihm, nachdem er ihn fast ermordet hätte in seiner Werwolfsgestalt, ängstlich und verwirrt. Remus’ Tisch war übergequollen von Süßigkeiten, Geschenke von Freunden, doch der blasse Junge an seiner Seite hatte nichts gehabt, und er hatte ihm, als sie allein waren, alles angeboten.
„Es ist meine Schuld, dass du hier bist“, hatte Remus schüchtern gemurmelte und eine große Schokofroschpackung auf dessen Nachttisch abgelegt, gefolgt von Bertie Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen und einer großen Schachtel Pralinen.
Snape hatte nur gestarrt, und Remus, der gedacht hatte, es wäre zu wenig gewesen, das er angeboten hatte, hatte mehr und mehr der Süßigkeiten zu ihm getragen, bis nur noch eine kümmerliche Packung Bubbels Bester Blaskaugummi auf seinem Nachttisch lag. Auch die hatte er genommen und zu Snape gebracht, dessen Augen immer größer geworden waren und der ihn jetzt angestarrt hatte. „Das... das ist doch sicher... schlecht, oder?“, hatte er gemurmelt, doch Lupin hatte einen Lakritzzauberstab in zwei Hälften gebrochen und die eine dem Slytherin gereicht, dann an der anderen gelutscht, um zu beweisen, dass sie nicht mit Rhizinusöl oder etwas ähnlichem versetzt war wie der Kuchen, den James und Sirius Snape vor einigen Wochen geschickt hatten.
Auf dieselbe Art und Weise hatten sie während ihres Aufenthalts im Krankenflügel den gesamten Berg von Süßigkeiten verputzt, und als der Slytherin schließlich entlassen worden war, war so etwas wie ein Hauch von Bedauern in seinem Inneren entstanden, der aber durch die ständigen Streitereien danach vollkommen verschwunden war...
Und dafür schämte er sich, ausgesprochen, aber das würde er noch weniger zugeben... aber trotzdem, ein Zugeständnis musste er machen, sonst würde Snape ihn niemals in Ruhe lassen.
„Sie mögen Recht haben, dass wir uns nicht immer korrekt verhalten haben, aber ich denke wirklich, dass Sie langsam beginnen sollten, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ich kann nichts mehr ändern, und Sie ebenso wenig, also sollte das, was geschehen ist, unserer kollegialen Zusammenarbeit nicht mehr im Wege stehen“, erklärte er steif, er wusste selbst, dass er klang wie ein Narr, aber zumindest versuchte er, eine Brücke zu schlagen zu diesem Mann, der ihn hasste, weil James Potter sein bester Freund gewesen war, genauso, wie er Harry hasste, weil ebendieser James Potter sein Vater war.
Stille breitete sich im Lehrerzimmer aus, er wagte es nicht, hinter seiner Zeitung hervor auf Snape zu lugen, das Feuer prasselte, die Standuhr tickte, und doch hätte er jeden Atemzug, jedes Fallen einer Stecknadel vernommen in diesem vollkommenen Fehlen jedes menschlichen Geräusches.
„Sie sind ein Narr, Lupin“, krächzte Snape schließlich, und er vergaß vor lauter Schreck über diese plötzlichen Worte, den Tagespropheten schützend vor sein Gesicht zu halten. Wie in Zeitlupe sanken seine Hände herab, gaben den Blick frei auf fettige Haare, auf eine blasse Stirn, auf schwarze Augen, auf ein Gesicht, das vor unterdrückten Gefühlen fast zitterte, ein gänzlich ungewohnter Anblick bei Snape.
„Sie sind ein Narr, Lupin, wenn Sie denken, dass ich das, was geschehen ist, einfach zur Seite schieben könnte...“, meinte er leise, dann wandte er sich ab und trat auf die Tür zu, legte die Hand auf die Klinke, hielt aber inne, genau unter dem Mistelzweig, der aberwitzig fröhlich wirkte mit seiner übergroßen roten Schleife über Snapes Kopf.
„Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass wir immer diejenigen hassen, die wir einmal gemocht haben? Denn sie sind die einzigen, die uns nahe genug kommen konnten, um uns wirklich zu verletzen...“
Er starrte ihn an, wusste nicht, ob er jetzt eine Antwort erwartete, seine Kehle fühlte sich trocken an. „Gelegentlich.“
„Dann tun Sie’s noch einmal, Lupin.“
Er öffnete die Tür und trat hinaus.
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