Pairing: Luna Lovegood/Neville Longbottom, gewünscht von Pigwidgeon
29. Der Tag des Otters
Neville Longbottom zog unbeholfen eine Rolle des ungewohnten Papiergeldes der Muggel aus der Tasche und hielt sie hilflos der jungen Dame hinter dem Tresen hin. „Ähm... wie viel macht das jetzt? Und was davon brauchen Sie dafür?“
Die Kassiererin musterte ihn skeptisch, so als ob sie seinen durchaus sehr englischen Akzent mit seiner Unkenntnis der britischen Währung in Verbindung bringen wollte, doch Neville beantwortete die unausgesprochene Frage nicht, sondern grinste nur hilflos, bis sie schließlich nach dem Geld griff. „Also... Tageskarten für zwei Personen... macht zweiundvierzig Pfund.“ Sie zählte die Scheine vor seiner Nase ab, genauso wie das Wechselgeld, das er dafür bekam, und Neville folgte ihren Bewegungen fasziniert mit den Augen in der Hoffnung, zu verstehen, was sie da genau machte, scheiterte aber. „Hier sind Ihre Tickets und ich wünsche Ihnen einen schönen Tag im Zoo von London.“
Er nickte und nahm das Wechselgeld sowie die Karten zurück, bevor er sich an den wartenden Muggeln vorbei auf den Weg hinüber zu Luna machte, die sich vor dem Zoo umgesehen hatte, während er ihre Karten kaufte. „Ich hab sie!“, erklärte er triumphierend, als er sie erreichte, und wedelte mit den Tickets vor ihrer Nase herum.
Luna lächelte. „Können wir dann endlich hinein? Ich bin schon ganz gespannt, was die Muggel hier für Tiere haben.“
Neville nickte und führte sie hinüber zu den Drehkreuzen, die den Weg in den Zoo versperrten, und beobachtete fasziniert die Muggel, die ihre Karten in kleine Schlitze schoben, um hineingelassen zu werden. „Weißt du, wie das funktioniert?“
Luna schüttelte den Kopf, aber trotzdem reihten sie sich hinter den anderen ein, und schließlich, als sie das Drehkreuz erreichten, gelang es ihnen sogar nach einigen Versuchen, ihre Karten so hineinzuschieben, dass der merkwürdige Apparat sie akzeptierte und durchgehen ließ. Nachdem dieses Hindernis genommen war und sie endlich im Zoo selbst angekommen waren, war Neville allerdings fast überrascht, wie einfach alles war. Keine weiteren Schranken oder Schlangen oder Muggelautomaten warteten auf sie, sondern sie konnten einfach durch den Tiergarten laufen und sich umsehen. Allerdings hatte Neville nicht so viel Zeit, die verschiedenen Tierarten zu bewundern – zu sehr war er damit beschäftigt, Luna davon abzuhalten, in Mauern oder Menschen zu laufen, weil sie so fasziniert von der einen oder anderen Spezies war, dass sie alles um sich herum vergaß. Nur die Hand, mit der sie immer noch abwesend seine hielt, rettete sie mehr als einmal davor, in einen Zaun zu krachen oder ein Kleinkind umzuwerfen, und Neville lächelte, während er ihre geistige Abwesenheit ausglich. Am Anfang hatte er daran gezweifelt, dass ein Besuch im Zoo in London das richtige Weihnachtsgeschenk für Luna wäre, aber außer der magischen Menagerie, in der sie schon als Kind Stunden verbracht hatte, gab es in London keinen Ort, an dem man viele Tierwesen auf einem Fleck beobachten konnte. Zum Glück erstreckte sich ihre Faszination allerdings auch auf vollkommen unmagische Kreaturen, und die Art, wie sie sich hier umsah wie ein kleines Kind am Weihnachtstag, und das trotz der Massen an Muggeln, die an den Feiertagen in den Zoo strömten, zeigte ihm, dass er sie glücklich gemacht hatte.
Ein weiterer, positiver Effekt, auch wenn er kaum glaubte, dass Luna das in ihrem momentanen Zustand der Entzückung überhaupt bemerkte, war, dass hier niemand starrte, so wie in der Winkelgasse, wenn sie dort mit ihren Radieschenohrringen und ihrer Kette aus Butterbierkorken um den Hals herumlief... hier schien das vollkommen normal zu sein, oder zumindest nicht so auffällig, dass es einen zweiten Blick wert gewesen wäre, was Neville, als er einen Moment Zeit fand, um die Menschen um sich herum zu beobachten, nicht besonders überraschend fand. Wenn er mit pinken Schuhen aus merkwürdigem Material mit Löchern und Fell darin unterwegs gewesen wäre, hätte er auch niemanden angestarrt, der nur große, rote Ohrringe trug!
Auch wenn Luna immer wieder behauptete, dass die schrägen Blicke, die ihr in der Zaubererwelt zugeworfen wurden wie damals auf Hogwarts, nichts ausmachten, so konnte er doch sehen, dass die Ablehnung und Verwirrung ihrer Mitmenschen sie doch belastete. Wenn er alleine mit ihr war, war sie viel fröhlicher, offener, lachte mehr und machte sich nicht so viele Gedanken darum, wie sie auf andere wirkte, und auch wenn ihre Verrücktheit ihn manchmal verwirrten, so war ihm eine entspannte Luna doch lieber als eine, die sich die ganze Zeit über die Schulter sah... und so entspannt, so selbstsicher wie heute, hatte er sie in den ganzen sechs Monaten, seit sie zusammen waren nicht, gesehen.
Neville beschloss, in den nächsten Wochen mehr Ausflüge in die Muggelwelt anzusetzen, auch wenn er dafür wohl endlich lernen musste, mit diesen verdammten, kleinen Papierscheinchen umzugehen, die ihn schon vorhin so überfordert hatten, und folgte Luna weiter auf ihrer rastlosen Wanderung durch den Zoo, von einem Gehege zum anderen, während ihre Wangen sich vor Kälte röteten und ihre Augen glühten.
Nach einer weiteren halben Stunde, in der sie weder ihn noch den Rest ihrer Umwelt richtig bemerkte, war es allerdings die Kälte, die sie aus ihrer Trance riss und sie dazu brachte, sich wieder Neville zuzuwenden, der sie mit einem nachsichtigen Lächeln auf dem Gesicht ansah. „Ähm... hast du hier irgendwo vielleicht ein Café gesehen... mir ist kalt, und ich hätte wirklich Lust auf einen Kakao.“
„Ich glaube, hinten bei den Lamas war ein Café und ein Shop.“ Luna nickte und rieb sich die Finger, die bereits von der Dezemberkälte gerötet waren, weil sie wieder einmal vergessen hatte, ihre Handschuhe anzuziehen, und Neville zog sie zu sich heran und umfasste ihre Hände mit den seinen. Am liebsten hätte er einen Wärmezauber gesprochen, aber obwohl er seinen Zauberstab im Ärmel hatte, eine alte Gewohnheit aus diesem letzten, schrecklichen Jahr auf Hogwarts, wagte er es nicht, vor so vielen Muggeln zu zaubern. Und er musste zugeben, Lunas Hände zu halten, während sie durch die Menschenmassen am Löwengehege vorbeispazierten, gehörte nicht zu den unangenehmsten Nebenwirkungen dieser Tatsache... ganz im Gegenteil.
Erst als sie das Café betraten und Luna nicht mehr von immer neuen, zwar unmagischen, aber unglaublich faszinierenden Kreaturen abgelenkt wurde, fand sie die Zeit, sich ihm zuzuwenden, und während sie in der Schlange standen und ihr Tablett weiterschoben, brachen all die Eindrücke der vergangenen Stunden aus ihr heraus. Von den Affen bis zu den Zebras, alles hatte ihr Interesse erweckt, aber besonders verliebt hatte sie sich in die niedlichen Otter, die sich, ganz entgegen ihrem normalen Verhalten, tatsächlich in ihrem Gehege gezeigt hatten. Neville musste grinsen, als sie plastisch ihre Eskapaden beschrieb, von denen er nicht viel mitbekommen hatte, weil er sich ausgiebig bei einem sehr großen, sehr breiten Vater entschuldigt hatte, dessen Tochter Luna den Platz weggenommen hatte, ohne es überhaupt zu bemerken. Nachdem er diese kleine Katastrophe abgewendet hatte, hatte Luna ihn auch schon zu den Rentieren weitergezogen, ohne dass er viel von den Ottern gesehen hatte, aber die Art, wie sie begeistert von den Tieren erzählte, ließen ihn vermuten, dass sie sie heute wahrscheinlich noch einmal besuchen würden, bevor sie nach Hause gingen.
Sie erreichten den Anfang der Schlange, und diesmal gelang es Neville sogar, den Betrag, den die Dame ihnen nannte, in annähernd den richtigen Scheinen abzuzählen, um Lunas große heiße Schokolade mit viel Sahne und seinen Kaffee zu bezahlen, bevor er nach ihrem Tablett griff und es an einen der wenigen, freien Tische trug. Alle anderen Besucher des Zoos schienen den gleichen Gedanken gehabt zu haben wie sie, denn obwohl kein Schnee lag, war das Wetter doch sehr grau und sehr kalt, und auch wenn sie in vielen der Häuser gewesen waren, begann man draußen doch sehr schnell zu frieren.
Lunas Hände verloren ihren rötlichen Ton, als sie sie um ihre große Tasse schlang und sie daran aufwärmte, während sie an ihrem Kakao nippte, und Neville beobachtete sie lächelnd dabei. Sie sah hübsch aus mit ihren blonden Haaren und blassem Gesicht, das von der Kälte gerötet war, und wenn ihre Augen leuchteten wie heute und sie ihn anstrahlte, wurde dieser Eindruck nur noch verstärkt. „Es gefällt dir also hier,“ meinte er schließlich, als ihr atemloser Enthusiasmus für einen Moment dadurch gedämpft wurde, dass sie sich einen großen Löffel voll mit Sahne in den Mund schob, und Luna nickte, nachdem sie geschluckt hatte.
„Oh ja! Es ist so schön hier... auch wenn hier so viele Leute sind. Aber die Tiere... ich wusste gar nicht, dass es etwas wie diesen Zoo hier überhaupt gibt! Und das in London!“
Das Pärchen am Nebentisch warf ihnen einen merkwürdigen Blick zu, den sowohl er als auch Luna ignorierten, auch wenn der Grund dafür heute ausnahmsweise nicht in Lunas gewöhnungsbedürftigem Geschmack bei Kleidung und Schmuck lag, und er wandte sich wieder seiner Freundin zu. „Ich wusste auch nichts davon, bis ich Hermine gefragt hab... und da wusste ich, das ist das perfekte Geschenk für dich!“
Luna lächelte selig und drückte seine Hand mit ihren immer noch eiskalten Fingern, die auch die große, heiße Tasse nicht hatte aufwärmen können. „Danke, Neville. Dass du dir so viele Gedanken gemacht hast... normalerweise tut das niemand.“
Neville lächelte und griff nach ihren schmalen Fingern, um sie zwischen seinen großen Händen aufzuwärmen. „Dann gewöhn dich besser dran.“
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