Pairing: Fred Weasley/Katie Bell, gewünscht von vivixd
28. Der Geist der zukünftigen Weihnacht
Das dumpfe, graue Licht des Wintermorgens sickerte langsam durch die halb zugezogenen Gardinen, und Fred Weasley wünschte sich, er könnte einfach die Augen schließen und noch einmal in den Schlaf abdriften, wie früher, in seiner Schulzeit, als er und sein Bruder bedenkenlos das Frühstück und die ersten paar Minuten des Unterrichts geopfert hatten, nur um eine halbe Stunde länger schlafen zu können. Leider waren diese sorglosen Jahre lange vorbei, und auch wenn heute Sonntag war und er nicht arbeiten musste, sein Kopf machte ihm trotzdem einen Strich durch die Rechnung. Ein eigenes Geschäft zu gründen wäre für ihn und seinen Bruder zu jeder Zeit eine große Aufgabe gewesen, selbst mit Harrys Startkapital, aber nun, da Voldemort die ganz Großbritannien mit Terror überzog, gestaltete ihr Projekt sich als eine ganz besondere Herausforderung. Bis jetzt wurden sie in Ruhe gelassen, ja, trotz ihrer mehr als aufmüpfigen Haltung gegenüber Du-weißt-schon-wem, aber tief in seinem Innersten... tief in seinem Innersten, unter der fröhlichen Fassade, die er seiner Familie und manchmal selbst George gegenüber aufrecht erhielt, rechnete er mit dem Schlimmsten. Seine ganze Familie kämpfte gegen Voldemort, und die Todesser wussten, dass sein Bruder eng mit Harry Potter befreundet war... vielleicht standen sie jetzt nicht hoch genug auf der Liste der Prioritäten, um belangt zu werden, aber dieser Tag würde, kommen. Und dann würde es eine neue Generation Weasley-Kinder geben, die ihre Onkel oder vielleicht sogar ihre Tante oder Großeltern nur aus vagen Erinnerungen und vergilbten Fotos kannten... oder vielleicht gar keine Weasley-Kinder mehr.
Er schluckte und blinzelte die Tränen weg, die bei dem Gedanken in seine Augen gestiegen waren, mehr wegen seiner Geschwister und seiner Eltern, als weil er Angst vor seinem eigenen Tod hatte, dann wandte er sich der schlafenden Gestalt unter der Bettdecke neben ihm zu. George war die Nacht und den Tag über im Fuchsbau, bei seinen Eltern, und auch wenn es seiner Mutter am liebsten gewesen wäre, wenn die ganze Familie wieder bei ihnen einziehen würde, hatte er seinen Bruder vorgeschickt, um ihren Zorn zu ertragen, weil er zu Hause geblieben war. Offiziell musste er sich um das Geschäft kümmern... inoffiziell war das, was er und seine Freundin gemeinsam aufzubauen versuchten, noch viel zu neu und ungeschliffen, um seiner Mutter und seinem Vater davon zu erzählen. Selbst ohne dass er ihnen etwas von seiner Beziehung verriet, konnte er ihre mahnenden, zur Vorsicht ratenden Worte fast in seinem Kopf hören, wie sie sich fragten, ob es klug wäre, in Zeiten wie diesen eine Freundin zu haben, ob er nicht sich oder sie in Gefahr brächte... er seufzte.
Natürlich brachte er sie in Gefahr – seine ganze Familie war eine gottverdammte lebende Zielscheibe, und sobald seine Beziehung mit ihr publik wurde, würde auch sie in den Personenkreis miteingeschlossen, dem Du-weißt-schon-wer schaden wollte! Neben seinen Zweifel, wohin ihre Beziehung sie führen würde, war das der zweite Grund, aus dem niemand außer seinem Bruder wusste, was er an seinen Sonntagen tat, und wieso sie die Geheimhaltungstechniken, die sie in Jahren des Regelbrechens auf Hogwarts gelernt hatte, nun auf ihre heimlichen Besuche in seiner Wohnung anwandte.
Die junge Frau neben ihm rührte sich im Schlaf, wahrscheinlich, weil sie bemerkt hatte, dass er nicht mehr neben ihr unter der Decke lag, sondern ans Kopfende des Bettes angelehnt dasaß, und schließlich öffnete Katie Bell ihre schokoladenbraunen Augen. „Fred?“, murmelte sie schlaftrunken, und unwillkürlich, trotz seiner düsteren Gedanken, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
„Ja?“
„Komm wieder unter die Decke.“
Er folgte ihrer Bitte, kuschelte sich wieder zu ihr und vergrub seine Nase in ihren feinen, dunklen Haaren, aber die Anspannung wollte nicht aus seinem Körper weichen, als er versuchte, wieder einzuschlafen oder wenigstens noch ein bisschen zu dösen. Auch Katie fand keine Ruhe, das konnte er an der Art spüren, wie sie sich immer wieder unter seinem Arm, den er um sie geschlungen hatte, bewegte, und schließlich drehte sie sich um und sah ihn an, die dunklen Augen plötzlich erstaunlich wach. „Machst du dir wieder Sorgen?“
„Ich mache mir keine Sorgen, ich denke nach.“ Er erkannte den Versuch, durch seinen Scherz von seinen Ängsten abzulenken, so wie er das schon viel zu oft getan hatte in den letzten Monaten, und schüttelte den Kopf. Mit seinen Eltern und seinen Brüdern mochte das vielleicht funktionieren, mit George eher weniger, und mit Katie... sie schien ein Talent zu haben, ihn in dieser Hinsicht zu durchschauen, was vielleicht auch erklärte, wieso sie sich schließlich gefunden hatten. Seine Witze und seine Scherze machten ihn nicht nur bei seinem Umfeld beliebt, sondern hielten ihn in gewisser Weise auch auf Distanz, weil viele seiner Freunde und Schulkollegen glaubten, dass er nicht in der Lage wäre, irgendetwas ernst zu nehmen, doch Katie sah die Wahrheit, selbst wenn er sich einmal nicht dazu durchringen konnte, sie auszusprechen. Das bedeutete allerdings nicht, dass er immer damit durchkommen konnte, nicht auszusprechen, was er wirklich dachte... und nun war einer dieser Momente, wo er reden musste, auch wenn es ihm schwerfiel. „Tut mir leid... ich hab das manchmal.“
Sie lächelte, aber er konnte sehen, dass sie das fast gegen ihren Willen tat, trotz des Scherzes, den er gemacht hatte, und nicht deswegen. „Ich weiß.“
Seine Hand fand ihre Wange und er zog sie zu sich heran, um ihre Stirn zu küssen. „Was ich damit sagen möchte... ja, ich mache mir Sorgen – ich müsste ein Übermensch sein, um das nicht zu tun.“
„Auch um mich.“ Ihre Worte waren eine Feststellung, keine Frage, und auch wenn er wusste, dass ihr seine Antwort nicht gefallen würde, nickte er schließlich, fast ein bisschen zaghaft.
„Ganz besonders um dich.“
Ihr Blick verfinsterte sich, wie er befürchtet hatte, und er streichelte ihre Wange, um sie von ihrem Missmut abzulenken – auch wenn er zugeben musste, dass sie es nicht schaffte, besonders bedrohlich auszusehen, mit vom Schlaf zerzausten Haaren und noch immer schweren Lidern. „Hatten wir darüber nicht gesprochen?“
Er seufzte leise. „Hatten wir... aber dass ich Angst habe, nicht nur um meine Familie, sondern auch um dich, lässt sich nicht einfach abstellen, Katie.“
Sie runzelte die Stirn, aber seine Antwort schien sie milder gestimmt zu haben als zuvor, denn sie zog ihn in ihre Arme und streichelte langsam, fast abwesend über seinen Rücken. „Ich weiß...“
Er nickte und überlegte für einen Moment, wie er sagen konnte, was er sagen wollte, ohne dass es harsch und abweisend klang – und entschloss sich, als er an dem Versuch scheiterte, es schließlich trotzdem zu sagen. „Es ist nur... manchmal frage ich mich, ob wir wirklich das Richtige tun.“
Ihr Körper unter seinen Fingern spannte sich an und sie schob ihn von sich weg, um ihm in die Augen sehen zu können. „Was meinst du?“
Die Angst in ihrem Blick brachte ihn fast dazu, zu behaupten, dass alles in Ordnung wäre und dass sie ihm nicht zuhören sollte, aber seine Ehrlichkeit verhinderte, dass er sie so anlog, wenn auch nur dadurch, dass er ihr seine Ängste verschwieg. „Ich... vielleicht wäre es besser für dich, wenn ich... wenn wir... wenn wir nicht...“
Er kannte die steile Falte, die sich zwischen ihren Augenbrauen bildete, und er schluckte, nicht nur, weil er sich ihrer Wut gegenübersah, sondern auch, weil ihm bewusst wurde, was er da gerade vorgeschlagen hatte – ein Leben ohne Katie – und wie sehr er sie vermissen würde... nicht ihre pure Gegenwart alleine oder die Art, wie sie direkt in ihn hineinsah, ohne sich um die abweisende Schale aus Scherzen und Leichtlebigkeit zu scheren, sondern auch die Kleinigkeiten... die Art, wie sie lächelte, wie sie die Stirn runzelte, wie sie ihn morgens ansah, wenn sie viel zu selten neben ihm aufwachte. Fred schluckte.
„Was meinst du damit?“
Trotz seiner eigenen Angst, sie zu verlieren, sprach er weiter, wusste, dass er nicht mit sich würde leben können, sollte ihr etwas geschehen, und das nur, weil sie den großen Fehler gemacht hatte, sich in Fred Weasley zu verlieben. „Dass... dass wir uns vielleicht... ach verdammt, es gibt doch keinen guten Weg, das zu sagen. Dass du mit mir zusammen bist, macht dich zur Zielscheibe, Katie! Ohne mich würde sich Du-weißt-schon-wer nicht die Bohne für dich interessieren, aber sobald er herausfindet, dass wir zusammen sind, und er seine Hetzjagd auf die Weasleys beginnt... ich will nicht, dass du so endest wie meine beiden Onkel!“
Auch wenn er bezweifelte, dass es eine bewusste Reaktion war, sah er, wie sie trotzig die Unterlippe vorschob. „Sind das nicht ein bisschen viele vielleichts, um die Entscheidung für oder gegen eine Beziehung darauf zu gründen? Was, wenn Du-weißt-schon-wer nie erfährt, dass wir zusammen sind? Was, wenn deine Familie niemals zum Ziel wird? Was, wenn dieser Krieg vorbei ist, bevor irgendjemandem von uns etwas geschehen kann?“
Fred biss die Zähne zusammen. Verstand sie denn nicht? Wusste sie nicht, was für einem Risiko sie sich aussetzte, alleine dadurch, dass sie die Nacht im selben Haus wie er verbrachte, vom selben Bett nicht zu sprechen? Die Uhr in der Küche des Fuchsbaus, über die er und George immer dumme Witze gemacht hatten, besonders ihrer Mutter gegenüber, hatte nun, im Krieg, neue, besondere Aktualität genommen, und wenn Fred dort war, vermied er es, auch nur einen Blick darauf zu werfen... denn alle Zeiger seiner Familie zeigten auf Tödliche Gefahr, und dasselbe galt für alle diejenigen, die ihnen nahe waren. Auch für Katie... und alleine der Gedanke drehte ihm den Magen um. „Aber...“
Er beendete den Satz nicht, weil sie sich, statt ihm zu widersprechen, nach vorne beugte und ihn küsste, ein Kuss, den er mit der Angst und der Verzweiflung im Bauch, die sein Dilemma brachten, erwiderte. Katie durfte nicht gehen... weder, weil er sich von ihr trennte, noch, weil sie von Du-weißt-schon-wems Schergen getötet wurde... und er wusste nicht, wie er das anstellen konnte.
Schließlich, als sie sich von ihm löste und so tat, als würde sie die Tränen nicht bemerken, die in seinen Augenwinkeln schimmerten, zog sie ihn in ihre Arme. „Jede Hexe und jeder Zauberer, die auch nur einen Funken Anstand haben, sind in Gefahr, Fred, und das weiß ich auch – aber trotzdem hoffe ich, dass ich dazu gehöre, egal, ob ich mit dir zusammen bin oder nicht. Ich bin nicht blind, und ich weiß, wie gefährlich es im Moment ist, seinen Kopf zu weit aus dem Fenster zu lehnen... aber gleichzeitig will ich nicht, dass meine Angst oder deine alle unsere Entscheidungen diktieren. Du fragst dich, ob du mich in Gefahr bringst, wenn du mit mir zusammen bist... ich frage, mich...“ Sie schluckte und er sah, wie sie mit den Tränen kämpfte. „Ich frage mich, ob die Chance, die wir jetzt haben, vielleicht die einzige ist, die wir je bekommen werden... entweder weil dir oder weil mir etwas passiert in diesem Krieg. Und genauso wie du dir nicht verzeihen könntest, wenn ich sterbe, weil ich mit dir zusammen bin... weil ich dich liebe... könnte ich mir nicht verzeihen, wenn wir diese Chance, die wir jetzt haben, verschwenden, weil wir zu viel Angst haben.“ Sie blinzelte heftig, und er zog sie in seine Arme. „Wir sind Gryffindors, Fred... also wo bleibt dein Mut?“
Er schluckte und versuchte, zu lächeln, aber auch wenn er sich gerade gar nicht mutig fühlte, spürte er, wie erleichtert er war. Sie hatten eine Entscheidung getroffen, und Katie würde bei ihm bleiben... was auch immer geschehen würde.
Er zog Katie noch näher an sich heran und vergrub seine Nase in ihren dunklen Haaren. „Ich dich auch, Katie... ich dich auch.“
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