Pairing: Die Fette Dame/Sir Cadogan, gewünscht von Arual
26. Minne
„Das kann nicht so weitergehen!“
Albus Dumbledore nahm sich noch ein Zitronenbrausebonbon aus der Schale auf dem Tisch neben ihm, der gerade noch so in sein Portrait im Büro der Schulleiterin gepasst hatte, und reagierte auf Professor McGonagalls Tirade mit einer Gelassenheit, die in Sir Cadogan Wut weckte. Das war doch keine Art, mit einer Dame umzugehen! Und der Schulleiterin! Ihr gebührte der Respekt aller Portraits in Hogwarts, sogar der der ehemaligen Schulleiter!
„Es wird mit jedem Jahr schlimmer, und die Lehrer haben angefangen, sich zu beschweren, Albus. Schüler kommen zu spät in den Unterricht, die Stunden werden gestört, sogar St. Mungos hat uns eine Eule geschickt, dass Dilys letzte Woche betrunken durch ihr Portrait getaumelt wäre und die Patienten dazu aufgefordert hätte, den medizinischen Alkohol auszutrinken!“
Sir Cadogan schüttelte den Kopf – ein unmögliches Benehmen, und einem Portrait Hogwarts gänzlich unwürdig. Er selbst würde doch niemals etwas tun, das die Würde des Schlosses und der altehrwürdigen Institution so verletzte! Gut, er war letzte Woche über seine Lanze gestolpert und hatte dann seine Hose verloren, und ja, das war auch vor ein paar Hufflepuff-Drittklässlerinnen auf dem Weg zum Wahrsageunterricht passiert, aber das war doch wohl kaum seine Schuld, oder? Und doch kein Grund, so einen Aufstand zu machen...
„Die Portraits brauchen Beschäftigung, Albus – eine Beschäftigung, die keinen Alkohol und keine nicht jugendfreien... Entblößungen vor irgendwelchen Schülern erfordert, zumindest bis Weihnachten. Während der Ferien überlegen wir uns dann, wie wir weiter vorgehen können.“
Sir Cadogan schüttelte den Kopf – Beschäftigung, wozu sollte das gut sein? Sie alle hatten doch genug damit zu tun, sich in ihren Portraits zu besuchen und in die Schlacht gegen Bäume zu reiten und ihre Kampffertigkeiten zu üben, wozu brauchten sie da noch mehr Beschäftigung?
***
Zwei Tage später erreichte ihn die Nachricht, dass alle Portraits Hogwarts' sich in dem großen Landschaftsgemälde in der Eingangshalle einzufinden hatten, dem einzigen Ort im Schloss, an dem sie sich alle versammeln konnten, und Sir Cadogan sattelte missmutig sein Pferd. Dieser verrückte Aufruf hatte sicherlich mit der Beschäftigung zu tun, die Professor McGonagall für sie gefordert hatte, und auch wenn ihr sein ganzer Respekt gebührte, an die Sinnhaftigkeit des Vorhabens glaubte er nicht. Was sollte Professor Dumbledore schon eingefallen sein, das sie tun konnten? Sicherlich nichts Sinnvolles, nichts, mit dem er sich anfreunden konnte... nein, es würde eines dieser merkwürdigen modernen Dinge sein, die der Professor so mochte und mit denen er natürlich nichts anfangen konnte.
Sir Cadogan schüttelte den Kopf, während er sein Pferd zum Grasen an einer Lichtung zurückließ und auf die Bergwiese hinaustrat, auf der sich die Portraits versammelt hatten, es hatte sich bereits ein großer Auflauf von Gestalten aller Art gebildet und er reckte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf eine massige Gestalt im rosa Kleid erhaschen zu können. Sicherlich wäre sie heute hier – ein solches Großereignis konnte sie nicht verpassen, natürlich nicht! Alle Portraits von Hogwarts versammelt! Da musste sie dabei sein, auch wenn dann die Gryffindor-Schüler ein paar Minuten auf den Einlass in ihren Turm warten mussten.
Er wanderte durch die Menge an Portraits, die sich um einen kleinen Hügel versammelt hatte, auf dem bereits Professor Dumbledore und einige andere der ehemaligen Schulleiter mit großen Schüsseln in der Hand auf sie warteten, immer auf der Suche nach seiner Angebeteten. Wenn er nur daran dachte, dass er sie vielleicht niemals getroffen hätte! Nur ein Zufall hatte ihn in ihre Ecke des Schlosses, hoch oben im Gryffindor-Turm, geführt, als er wieder einmal auf seinem Pferd eingeschlafen war und deswegen am Gemälde von Ignus dem Irrwitzigen falsch abgebogen war, und dann hatte er sie gesehen... Perfektion in einem rosa Kleid! Er hatte doch gar keine andere Wahl gehabt, als sich in sie zu verlieben, und doch hatte er bis jetzt nicht den Mut gefunden, ihr seine Gefühle zu gestehen. Sie hatten ein paar Worte gewechselt zu Halloween, als alle Portraits die Feierlichkeiten in der Großen Halle mitverfolgt hatten, doch sie wusste nun nur, dass er Kürbispasteten genauso mochte wie sie, nicht, dass sein Herz in ewiger, unabänderlicher Liebe für sie entflammt war.
Sir Cadogan seufzte tief. Er war so schüchtern und so tollpatschig, dass sicherlich jeder Versuch, zu ihr von seiner ewigen Liebe zu sprechen, im Desaster enden würde, und dann würde sie ihn für immer hassen. Nein, er konnte ihr nicht gestehen, sondern er musste sie aus der Ferne bewundern, die Perfektion ihres Lachens und ihres Kleides und ihrer Kurven.
Dumbledores magisch verstärktes Räuspern hallte über die Wiese und riss ihn sowohl aus seinen Gedanken als auch aus seiner Suche, und er stellte sich auf die Zehenspitzen und stützte sich auf seinem Schwert ab, um besser sehen zu können, was der Professor da vorne tat. „Meine Damen und Herren, vielen Dank, dass Sie sich hier und heute eingefunden haben, um zu erfahren, was Sie in den nächsten drei Wochen bis Weihnachten tun werden. Meine Kollegen und ich haben uns lange beraten und sind dann zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Portraits Hogwarts' mehr mit sich selbst beschäftigen müssen, damit die Schüler weniger gestört werden. Daher haben wir die Namen aller Bilder des Schlosses auf kleine Papierstreifen geschrieben, und jeder von Ihnen wird nun einen Namen ziehen. Für die Person, die Sie gezogen haben, müssen Sie ein Weihnachtsgeschenk besorgen – eine Kleinigkeit, mit der Sie der Person eine Freude machen können. Natürlich müssen Sie sich dafür ins Zeug legen, und versuchen, möglichst unauffällig herauszufinden, was ihre beschenkte Person gerne mag, denn Sie dürfen nicht verraten, wen Sie beschenken sollen, sondern das muss bis Weihnachten ein Geheimnis bleiben.“
Sir Cadogan schüttelte den Kopf, während die Portraits um ihn herum in aufgeregtes Gemurmel ausbrachen. Wieder so neumodisches Zeug, das er nicht verstand. Wieso sollte er jemandem etwas schenken? Und noch dazu jemandem, den er vielleicht gar nicht kannte, und das noch dazu, ohne zu verraten, wem er etwas schenken sollte? Das war verrückt... aber so wie Professor McGonagall geklungen hatte, konnte er sich dieser albernen Veranstaltung wohl nicht entziehen, und so reihte er sich wohl oder übel in eine der langen Schlangen ein, die sich zögerlich vor den ehemaligen Schulleitern mit den Lostöpfen in den Händen gebildet hatten. Ein Gutes hatte dieses Theater wenigstens, zwei Schlangen weiter konnte er nun endlich seine Angebetete entdecken, wie sie mit ihrer Freundin Violet giggelte und darauf wartete, auch einen Namen ziehen zu können. Er hob die behandschuhte Hand zum Gruße, aber leider bemerkte sie ihn nicht, weil sie zu sehr damit beschäftigt war, das Portrait von Franziskus dem Freimütigen zu beobachten, der nur schändlich spärlich bekleidet in der Wiese lag und sich sonnte.
Sir Cadogan ballte die Fäuste. Wie konnte dieser Widerling nur... wie konnte er es nur wagen, die Aufmerksamkeit seiner Angebeteten in solcher Weise auf sich zu ziehen? Skandalös! Fürchterlich Er, Sir Cadogan, musste ihn zum Duell fordern, um dieses ehrlose Verhalten zu bestrafen und seine eigene Schande zu tilgen!
Gerade als er nach seinem Schwert griff und aus der Reihe stürmen wollte, um Franziskus zum Zweikampf auffordern zu wollen, räusperte sich die Person vor ihm, und er stellte fest, dass er in seiner Wut gar nicht bemerkt hatte, dass er ganz vorne bei Professor Dumbledore angekommen war. Und wenn er schon hier war, konnte er ja eigentlich... beherzt steckte er seine Hand in die Schüssel und fischte nach einem Stück Papier, etwas unbeholfen wegen der Plattenpanzerung, und als er endlich eines ergriff, zwinkerte Professor Dumbledore ihm verschmitzt zu.
Sir Cadogan machte ein paar Schritte zurück und fummelte den Papierstreifen auseinander, im Moment zu neugierig, um noch an sein Duell mit Franziskus dem Freizügigen zu denken, und als er den Namen darauf sah, stockte ihm der Atem. Sie! Er hatte sie gezogen, sie, die eine, der sein Herz gehörte und seine Gedanken galten, sie, von der er nachts träumte! Was für ein Glück, was für ein unglaublicher Glücksfall! Er war wahrlich gesegnet!
In seinem Überschwang gelang es ihm gerade noch, nicht zu seiner Angebeteten hinüberzusehen und so zu verraten, wen er gezogen hatte, und stattdessen wandte er sich ab und starrte über das Gipfelpanorama hinweg. Auch wenn er geglaubt hatte, dass dieses alberne Spiel nichts für ihn war, vielleicht hatte er sich doch getäuscht. Er wusste zwar nicht, wie er irgendwelche Fremden beschenken sollte, die er nicht kannte, doch wie er eine Dame glücklich machte, das wusste er, und so konnte er sich über sie erkundigen und sie danach beschenken, ohne dass er sich zum Narren machte – immerhin hatte Dumbledore sich dieses Spiel ausgedacht. Und vielleicht... vielleicht, am Ende, wenn ihr seine Geschenke gefielen und seine Werbung zusagte, würde sie dann... er seufzte. Nein, er durfte nicht so hastig sein. Er musste erst einmal ein Geschenk für sie finden, eine Überraschung, die sie überzeugen würde, eines Ritters wie ihm und einer feinen Dame wie ihr würdig, und danach konnte er sich überlegen, wie er es ihr überbrachte und wie er ihr dabei vielleicht sogar seine Liebe gestand.
Franziskus der Freizügige war vollkommen vergessen, als er sich auf den Weg zurück zu seinem Pony machte, die Gedanken voll von diesen edlen Dingen, die Damen so sehr zusagten. Rosen... ja, er würde ihr Rosen schenken, so viele Rosen, wie er in dem Rosengarten mit dem Springbrunnen, der im siebten Stock hing, nur pflücken konnte, und Blumen... alle Blumen aus all den Landschaftsgemälden, die er nur finden konnte, zu einem Bouquet gebunden und zum Kranze gewunden... und Pralinen, ja, er wusste, dass sie Pralinen mochte, er hatte sie schon oft genug mit ihnen in der Hand gesehen, wenn er scheu vom Stillleben nebenan in ihr Portrait spähte und doch nicht den Mut zusammennehmen konnte, sie anzusprechen. Vielleicht auch ein paar Kleinigkeiten aus einem der Bankettgemälde, die unten beim Eingang in die Küchen hingen? Sie aß gerne... zumindest glaubte er das... er seufzte. Er musste mehr über sie herausfinden, um ganz genau zu wissen, womit er ihr eine Freude machen konnte, womit er sie überraschen konnte, und die Person, die er am Besten dafür ansprechen konnte, war Violet, ihre Freundin. Zwar hatte er gewisse Bedenken, was ihre Verschwiegenheit anging, aber damit seine Werbung erfolgreich sein konnte, brauchte er ihre Informationen, und so ritt er am nächsten Abend mit einer Flasche Wein, die er aus dem römischen Gemälde im vierten Stock entlehnt hatte, hinunter in die Kammer neben der Großen Halle, wo Violets Portrait hing. „Seid gegrüßt, holde Maid. Ich hätte ein Anliegen an Euch, und hoffe, dass mein Geschenk Euch gnädig stimmen kann, damit Ihr Nachsicht walten lasst und mein Verlangen erfüllt.“
Die Hexe zog die Augenbrauen hoch, doch als er von seinem Pferd stieg und ihr mit einer Verbeugung die Flasche Wein überreichte, lächelte sie und bedeutete ihm, doch Platz zu nehmen. Der gepolsterte Stuhl ächzte bedrohlich unter seinem Gewicht und dem der Plattenrüstung, die er trug, und Violet schenkte jedem von ihnen ein Glas Wein aus der Flasche ein, die er ihr gebracht hatte. „Gut, was kann ich für Sie tun?“
Für einen Moment ergriff die Befürchtung ihn, dass sie alles ihrer Freundin erzählen und seinen Plan verraten würde, und so räusperte er sich. „Ihr müsst verstehen, Madame, dass all dies, was ich nun mit Euch besprechen möchte, unter das äußerste Siegel der Verschwiegenheit fällt. Niemals, unter keinen Umständen, darf dies, was hier besprochen wird, an das Subjekt unserer Konversation gelangen. Habe ich Ihr Wort darauf, holde Maid?“
Er konnte sehen, dass er Violet neugierig gemacht hatte, und sie lehnte sich in ihrem Stuhl nach vorne, als sie nickte. „Selbstverständlich.“
„Nun gut... wie Ihr wisst, hat Professor Dumbledore gestern den Auftrag vergeben, dass jedes Portrait dieses Schlosses einem anderen ein Geschenk machen muss. Wie das Schicksal es so wollte, habe ich nun Ihre Freundin, die holde Maid, die den Gryffindor-Turm vor finsteren Eindringlingen und unberechtigten Zudringlingen schützt, aus seinem Lostopf gezogen. Da ich mit dieser Dame nicht so gut bekannt bin, wie ich es mir wünschen würde, wollte ich nun um Ihre Hilfe dabei bitten, ein angemessenes Geschenk zu finden.“
Sir Cadogan konnte nicht vermeiden, dass er beim letzten Satz errötete, doch er hoffte, dass Violet seine Intentionen nicht sofort erraten würde – zwar hatte er sie zur Verschwiegenheit verpflichtet und sie hatte ihm ihr Wort gegeben, aber es wäre vielleicht ein wenig peinlich für ihn, wenn seine Werbung nicht dazu führte, dass er das Herz seiner Angebeteten eroberte.
„Oh, natürlich!“ Violet strahlte ihn an. „Natürlich werde ich Ihnen helfen, ich finde es wirklich nett von Ihnen, dass Sie so motiviert sind und ihr eine Freude machen wollen! Was möchten Sie denn wissen?“
Er hielt sich gerade noch davon ab, ihr zu sagen, dass er alles über ihre Freundin wissen wolle, und richtete sich stattdessen auf seinem Stuhl auf, um seine gesetzte, würdevolle Haltung zu bewahren. „Nun, welches sind denn die Geschenke, mit denen ich Ihre Freundin beglücken könnte? Ich dachte bereits an Blumen, da Blumen jede Dame erfreuen, und an Pralinen, da Ihre Freundin ein ganz besonderes Verlangen nach ihnen zu verspüren scheint, doch dies ist wohl kaum ein ausreichendes Geschenk für eine solch edle Dame zum uns bevorstehenden Hochfest.“
Violet giggelte. „Ich bin mir sicher, dass sie sich darüber freuen würde... damit gehen Sie schon in die richtige Richtung, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie mag auch kandierte Äpfel und Weihnachtsgebäck...“
Sir Cadogan schüttelte den Kopf. „Verzeihen Sie, holde Maid, doch dies sind alles Dinge, die in diesem Schloss recht leicht zu beschaffen sind. Haben Sie keinen Auftrag für mich, vielleicht die Suche nach einem besonderen Gegenstand, den Ihre Freundin gerne zu besitzen wünscht? Ein edler Ring, oder ein Diadem, oder der Kopf eines fürchterlichen Drachen, könnte dies sie vielleicht erfreuen?“
„Ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass sie tote Monster besonders gerne mag. Aber Schmuck? Ich glaube, das könnte ihr gefallen. Sie beschwert sich noch immer, dass der Ring, den sie so gerne getragen hat, verschwunden ist, seit Sirius Black sie damals attackiert hat.“
„Oh ja, dieser Schuft, dieser elende, der es gewagt hat, in die heiligen Hallen des Schlosses einzudringen! Ich wünschte, ich könnte ihn zum Duell herausfordern, damit dieser Fleck der Schande auf meiner weißen Weste getilgt wird!“
Violet machte eine wegwerfende Bewegung. „Schon gut... was ich sagen wollte, wenn Sie vielleicht einen schönen Ring für sie finden, einen mit einem Rubin, Sie wissen schon, für Gryffindor, fände sie das sicherlich nett.“
„Natürlich! Ich werde mich sofort auf den Weg machen, um den gewünschten Gegenstand zu finden, und noch vor Weihnachten zurückkehren, um ihn Ihrer Freundin zum Geschenk zu machen!“
Er griff nach seinem Plattenhelm, verbeugte sich, und rannte zurück zu seinem Pony, um Pläne zu schmieden und seinen Feldzug vorzubereiten, um das Herz seiner Angebeteten zu erobern.
***
Entgegen seiner Ankündigung ritt er allerdings nicht sofort los, um einen Ring für sie zu suchen, sondern nutzte erst die Gelegenheit, im Dunkel der Nacht ein paar rote Rosen, die er in einem der gemalten Gärten Hogwarts' geschnitten hatte, in ihrem Portrait vor dem Gryffindor-Turm zu hinterlassen, als Zeichen seiner Liebe und Hingabe. Zwar hatte Dumbledore gesagt, dass er bis Weihnachten nicht verraten durfte, wer er war, aber nicht, dass er seiner Geliebten keine zusätzlichen Geschenke hinterlassen konnte, um sie seiner Bewunderung zu versichern und ihr Herz zu gewinnen.
Während der kommenden Wochen, während er das ganze Schloss durchsuchte und jede Besenkammer durchstöberte in dem Wunsch, einen Ring zu finden, der der holden Maid, die er liebte, würdig war, vergaß er kein einziges Mal, ihr eine kleine Aufmerksamkeit zu hinterlassen, sobald sie ihr Portrait verließ, um ihre Freunde zu besuchen. Einmal hinterließ er Nüsse und Früchte, dann wieder kandierte Äpfel und Weihnachtskekse, dann einen Kranz aus Wildblumen von den immerblühenden Almen im Südkorridor, der die nächsten Tage ihr wundervolles Haar zierte, wie er feststellte, als er sie aus der Ferne bewunderte. Auch sein nächster Besuch bei Violet gab ihm Hoffnung, denn sie verriet ihm, dass ihre Freundin sich sehr über seine Geschenke freute und sehr gespannt wäre, wer denn ihr heimlicher Verehrer sei und wann sie ihn kennenlernen würde. Vielleicht... vielleicht wäre sie nicht abgeneigt, vielleicht würde er ihr nicht nur einen Ring, sondern auch seine Hand in der Ehe antragen können... aber dafür musst er erst einen Ring finden, der zu ihr passte, und mit jedem Tag, der verfloss, verließ ihn mehr und mehr die Hoffnung.
Kein Ring, den er fand, war ihrer würdig, und mit jedem Tag, der Weihnachten näherrückte, wurde er nervöser – zwar überraschte er sie jeden Tag, doch all diese Gesten wären nur von Wert, wenn er sie mit einem wirklichen Geschenk krönen konnte, einem, das sie noch mehr überraschen würde als alles, was er bisher getan hatte... einem, das einer edlen Dame wie ihr und einem mutigen Ritter wie ihm würdig wäre. Und nun, zwei Tage vor Weihnachten, er stand mit leeren Händen da. Es war eine Katastrophe!
Zuerst war er noch voller Energie und Hoffnung gewesen, doch mittlerweile hatte er jedes Gemälde des Schlosses durchsucht, von der obersten Turmspitze bis zum tiefsten Kerkergewölbe, und nichts gefunden, das zu seiner Angebeteten gepasst hätte.
Seufzend sattelte er sein Pferd, um einen letzten Ausritt zu wagen, nachdem er eine besonders große Portion Kirschpralinen in ihrem Portrait hinterlassen hatte, und machte sich auf den Weg, Hogwarts seine letzten Geheimnisse zu entreißen. Irgendwo hier musste doch ein Ring sein! Ein Ring mit einem wunderschönen roten Stein, vielleicht mit einem Löwenkopf darauf, den er ihr geben konnte, um ihr seine Hand in der Ehe anzutragen... aber er hatte nichts gefunden in diesen letzten Wochen, und mittlerweile wurde die Anstrengung auch ihm, einem standhaften, würdigen Ritter, zu viel.
Tagsüber den Schülern den Weg zu Weisen und sie zum Duell herauszufordern und nachts nach einem Geschenk für seine Angebetete zu suchen hatte ihn sehr müde und sehr erschöpft zurückgelassen, und so wunderte er es ich kaum, als er, nach einem besonders langen und langweiligen Stück Weg durch ein Wandgemälde im Erdgeschoß plötzlich den Kopf hochriss, der ihm auf die Brust gesunken war, und sich fragte, wo zum Teufel er sich befand. Sein Pferd musste irgendwo falsch abgebogen sein, denn diese abgelegene Besenkammer lag garantiert nicht auf seinem Weg, genauso wie das Bild, das hier deponiert worden war und ganz offensichtlich darauf wartete, restauriert zu werden. Vorsichtig, um nicht an die zerschnittene, heruntergerissene Leinwand zu fassen, schob er sich nach vorne und warf einen Blick nach unten – und erstarrte. Das Bild zeigte eine Schatzkammer, eine, die er noch nie zuvor im Schloss gesehen hatte, und da... da war der Ring, der eine, perfekte Ring, den er in den letzten Wochen so verzweifelt gesucht hatte. Direkt vor seiner Nase!
Er reckte sich nach vorne, hinunter in die Tiefen des beschädigten Bildes, auf den kleinen Fetzen Leinwand zu, der unbeschädigt war und auf dem der Ring aufgemalt war, und doch konnte er ihn nicht erreichen... aber er musste! Er musste einfach! Er schob sich ein kleines Stück weiter nach vorne, gefährlich nahe an den Abgrund heran, und sein Panzerhandschuh rutschte von seinen Fingern und purzelte hinunter, verschwand in dem Abgrund hinter dem beschädigten Bilderrahmen. Sir Cadogan unterdrückte einen Fluch, der eines Ritters wie ihm nicht würdig gewesen wäre. Er musste... er musste... er musste... er hing bereits über dem Abgrund, als er endlich, endlich einen Hauch von Gold unter seiner Haut spürte, und mit einer letzten Anstrengung gelang es ihm, den Ring zwischen seinen Fingerspitzen zu fassen zu bekommen und sich wieder nach oben zu ziehen. Triumph durchflutete ihn, als er das kleine Schmuckstück in seiner Hand betrachtete – es war perfekt. Golden mit kleinen Rubinen, wie geschaffen für eine Gryffindor wie seine Angebetete, und ein würdiges Geschenk, das von so einem tapferen Recken wie ihm an seine Holde gegeben werden konnte. Vorsichtig ließ Sir Cadogan den Ring in seine Tasche gleiten. Weihnachten konnte kommen.
***
Eigentlich hatte er vorgehabt, seine Angebetete am Weihnachtsmorgen zu überraschen und ihr seine Identität zu enthüllen, doch seine Ungeduld, eine sehr unritterliche Eigenschaft, wie er fand, machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Zu sehr verlangte es ihn danach, in ihr geliebtes Gesicht zu sehen und herauszufinden, ob seine Bemühungen um sie, die in den letzten Wochen den größten Teil seiner Zeit eingenommen hatten, von Erfolg gekrönt sein würden, als dass er noch eine Nacht länger warten konnte.
Also stand er hier, seine Plattenrüstung auf Hochglanz poliert, einen großen Strauß Rosen in der Hand und den Ring, den er mit solcher Mühe für sie gefunden hatte, in einem kleinen Holzkästchen in seiner Tasche, und sammelte seinen ganzen Mut zusammen, um die letzten Schritte zu gehen und in ihr Bild zu treten. Er, Sir Cadogan der Mutige, aus dem Hause Gryffindor, brachte nicht den Willen auf, sich seiner Angebeteten zu nähern... er schüttelte den Kopf und stolperte nach vorne, bis er schließlich in ihr Portrait trat, die Röte bereits im Gesicht. Zum Glück war sie auch anwesend, war nicht bei ihrer Freundin Violet, um mit ihr Weihnachten zu feiern, und wandte elegant den Kopf, um ihn zu mustern. „Ja?“
Sir Cadogan glaubte, dass seine Zunge sich verknotet hatte, und die kleine Rede, die er vorbereitet hatte, war vollkommen verschwunden. „Ähm... ja... ich...“ Er räusperte sich. „Teuerste, würdet Ihr mir... hättet Ihr vielleicht die Ehre, mir einen Moment Eurer Zeit zu schenken?“
Sie hob die Augenbrauen, nickte aber. „Gerne.“
Er streckte die Hand mit dem Rosenstrauß aus und sie nahm ihn an, stellte ihn in die Vase neben sich, wo schon andere seiner Blumengeschenke warteten, und er wischte sich unauffällig die Handfläche ab, dankbar über die kleine Pause. „Wie Ihr... wie Ihr vielleicht schon erraten habt, bin ich derjenige, der Euch in den letzten Wochen... hoffentlich... mit seinen Geschenken erfreuen konnte, Teuerste.“
Ihr Gesicht hellte sich auf. „Oh ja, danke. Ich hab mich wirklich gefreut, es waren so schöne Überraschungen dabei! Und ich muss zugeben, vielleicht bin ich Violet ein bisschen öfter als sonst besuchen gegangen, damit Sie mir etwas hinterlassen konnten.“
Sir Cadogan errötete noch mehr, diesmal vor Freude und nicht vor Verlegenheit, und richtete sich noch ein wenig höher auf. „Ich kann mit Worten nicht beschreiben, wie glücklich mich dieses Euer Glück macht, meine Holdeste. Mein Leben war in den letzten Wochen dem Wunsch gewidmet, Euch bestmöglichst zu dienen.“
Auch seine Angebetete wirkte nun ein wenig verlegen, und er machte ein paar Schritte auf sie zu und griff nach dem Kästchen in seiner Tasche. „Doch all diese kleinen Aufmerksamkeiten, die Euch zu vermachen ich mir zur Aufgabe gemacht habe, sind nichts gegen das Geschenk, das ich unter größten Mühen und ohne eine Anstrengung zu scheuen für Euch gefunden habe, meine Dame. Ich... wenn Ihr mir die Ehre erweisen würdet...“
Er streckte ihr das Kästchen mit dem Ring hin und sie ergriff es, ihre Wangen zart gerötet wie der Stoff ihres Kleides. „Oh, dankeschön.“
„Bitte, würdet Ihr mir die Ehre erweisen und vielleicht hineinsehen?“
„Liebend gern.“ Sie öffnete den Deckel und der Ausdruck auf ihrem Gesicht war Belohnung genug für ihn, selbst wenn sie seine Hand nicht annehmen würde – diese Freude, diese Verzückung, diese Begeisterung. „Das ist wunderschön, danke! Ich hab mir schon immer gewünscht, wieder einen Ring zu haben...“ Sie lächelte und nahm ihn aus seinem Satinbett, um ihn sich an den Finger zu stecken, und betrachtete ihre Hand bewundernd. „Da, sieht er nicht wundervoll aus?“
Sie streckte ihm ihre Hand hin, und Sir Cadogan ergriff sie in einem Anflug von Verwegenheit – jetzt war der Zeitpunkt gekommen! Er sank auf die Knie, und die Dame seines Herzens blickte auf ihn herab. „Holdeste, vielleicht habt Ihr... möglicherweise konntet Ihr in Eurer grenzenlosen Klugheit schon erkennen, dass meine Aufmerksamkeiten zartere Gefühle als die der Freundschaft und der Bewunderung für Euch zum Ausdruck bringen möchten... könntet Ihr... würdet Ihr mir... wollt Ihr mir also die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?“
Er zitterte, während sie ihn überrascht ansah, doch nach einem Moment, in dem sie von seinem Angebot schier überwältigt schien, nickte sie schließlich. „Liebend gern.“
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