von reewa
Durch die schweren Vorhänge drang viel zu helles Licht in die Krankenstation. Wie lange war es her, dass er hier aufgewacht war? Jahre. Gute Jahre. Er widerstand dem Drang, die Augen wieder zu schließen und betrachtete den Verband an seinem rechten Arm. Dann schlug er mit dem linken die Bettdecke beiseite und besah sich den Rest seines Körpers: Ein paar Blutergüsse, weiter nichts. Glück gehabt. Remus begann zu frösteln und deckte sich wieder zu, als Madam Pomfrey sich in Begleitung von einer hochgewachsenen Gestalt seinem Bett näherte.
„Wir dachten schon, du willst hier gar nicht mehr weg. Hast die Krankenstation wohl vermisst, hm?“
Sirius provokanter Ton hätte Remus unter anderen Umständen aufregen können, jetzt entlockte er ihm nur ein Lächeln.
„Wie bin ich hierher gekommen?“
„Ihre Freunde haben sich Sorgen gemacht, weil Sie heute Morgen nicht im Schlafsaal waren und haben mich informiert“, antwortete Madam Pomfrey.
Langsam kehrte Remus‘ Erinnerung zurück.
„Lucy!“, flüsterte er.
„Kann ich ihn mitnehmen? Er sollte langsam ausgeschlafen haben?“
Sirius‘ Blick war verschlossen.
Aus einem Bett auf der anderen Seite des Saals drang leises Wimmern. Die Heilerin setzte sich in Richtung des Wimmerns in Bewegung, während sie antwortete: „Aber er soll sich heute noch schonen.“
„Ich hab‘ dir was zum Anziehen mitgebracht.“ Sirius schüttete den Inhalt seiner Tasche auf dem Bett aus.
Remus nahm seine Armbanduhr, die auf dem Nachttischchen neben dem Bett lag und blinzelte auf das Ziffernblatt. Es war kurz vor zwei.
„Weißt du, was passiert ist?“, wisperte Remus.
Sirius nickte stumm. „Ist wohl mächtig daneben gegangen heute Nacht“, antwortete er ebenfalls im Flüsterton, damit ihn die Leiterin der Station nicht hören konnte. Aber diese redete leise auf den Patienten in dem anderen belegten Bett ein.
„Was ist mit Lucy?“
Sirius half dem Freund in ein Flanellhemd, vorsichtig den verletzen Arm durch den Ärmel schiebend, während er antwortete.
„Sie hat mir diese bekloppte Eule geschickt. Es geht ihr gut.“
„Dir?“
„Wir haben sie in Panik aus der Hütte rennen sehen. Haben sie nach Haus geschickt. Ihre Eltern waren wohl nicht gerade begeistert, als sie so völlig aufgelöst in der Tür stand, aber das ist euer Problem. Übrigens haben wir ihre Sachen aus der Hütte geholt. Die liegen auf deinem Bett im Schlafsaal. Kannste ihr bei Gelegenheit zurückbringen, falls sie dich noch mal sehen will.“
„Ihr wart da?“
Remus ignorierte die Gemeinheiten des Freundes und ließ sich von ihm auf die Füße helfen.
„Natürlich waren wir da!“, zischte ihn Sirius an.
„Denkst du, wir würden aufhören, auf dich aufzupassen, nur, weil du glaubst, du hättest uns nicht mehr nötig?“ Sirius‘ Wut hatte seine Stimme laut werden lassen.
„Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“, rief Madam Pomfrey herüber.
„Alles bestens, Madam.“
Remus kämpfte mit den Schnürsenkeln seiner Halbschuhe. Das Herunterbeugen verursachte einen pochenden Schmerz in seinem verletzen Arm.
„Wenn wir dich da nicht rausgeholt hätten, hättest du dir wer weiß was angetan“, fuhr Sirius in angestrengt leisem Ton fort. „Du warst echt schwer zu kontrollieren.“
„Es tut mir leid“, flüsterte Remus.
„Scheiße, Moony. Dich auf das Mädel zu verlassen, war doch Irrsinn.“
Remus fühlte eine unbändige Wut in sich aufsteigen.
„Denkst du wirklich, ich werde es nicht wieder versuchen? Hast du vergessen, dass es schon funktioniert hat? Ihr gönnt es mir nicht, nicht wahr? Ihr denkt nur an euren Spaß, und wie es mir dabei geht, ist euch doch völlig egal.“
Remus ging zur Tür und riss diese auf. Er hörte Sirius hinter sich herkommen. Im Flur überholte er ihn und versperrte ihm den Weg.
„Egal? Ist dir eigentlich klar, dass du jetzt tot sein könntest? Ist es das wert?“
Sirius‘ Augen funkelten vor Wut.
„Ich hab der alten Mac gesagt, mir wäre schlecht, um den Unterricht zu verlassen und nach dir zu sehen. Und weißt du was? Ich leg mich jetzt hin, denn im Gegensatz zu dir hab ich noch nicht geschlafen. Ach, und überleg dir, was du nachher Krone und Wurmi sagst, denn die kämpfen sich nach dieser Scheißnacht gerade durch einen Zwischentest.“
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