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Fanfiction

Die Augen des Todes - Auf Wiedersehen in Tourbillon

von Hairy Otter

In einem hell erleuchteten langen Gewölbekeller standen auf mehreren Reihen von Tischen hundert nummerierte Kessel in verschiedenen Größen und gefüllt mit köchelnden Flüssigkeiten unterschiedlicher Konsistenz und Farbe. Die von ihnen aufsteigenden bunten Dampschwaden wurden von Dunstabzügen abgesaugt, die über jedem einzelnen der Kessel hingen.
Ein schrilles Piepen erinnerte Morgan an den letzten Rundgang ihrer Schicht. Sie legte ihr schweres Buch mit dem Titel Therapie internistischer Krankheiten beiseite und erhob sich von ihrem Arbeitspult am Ende des Kellers. Eine Liste abarbeitend schritt sie systematisch die Reihen der Kessel ab und hielt hier und da,um einen Brenner zu dimmen oder eine genau bemessene Menge von Zutaten in die Kessel geben. Sie war gerade in der letzten Reihe angelangt, als am anderen Ende des Gewölbes eine Tür geöffnet wurde und eine kleine alte Hexe mit mausgrauem Haar und tiefen Lachfalten den Raum betrat.
„Guten Morgen, Madame Lassache“, sagte Morgan ohne von ihrer gewissenhaften Tätigkeit abzulassen.
„Morgen, mein Kind!“, erwiderte die andere fröhlich, legte ihren grünen Umhang ab und schlüpfte in einen weißen Laborkittel. „Wie geht es dir?“
„Gut gut, und Ihnen?“
„Das kann ich dir erst sagen, wenn ich Kessel fünfzehn unter die Lupe genommen habe“, sagte Lassache kichernd.
Worauf die Tränkemeisterin anspielte war ein Malheur, welches Maurice von der Nachtschicht widerfahren war, als dieser versehentlichen einen Rundgang zu früh die Bittertrostessenz beigefügt hatte.
„Ich habe die Temperatur auf achtundsiebzig Grad reduziert und mit den Spinnenbeinen bis sieben gewartet. Wenn -“
„Wenn ich in einer Stunde einmal ordentlich durchheize sollte der Fehler behoben sein“, kam ihr die Alte zustimmend zuvor, die über den Kessel gebeugt die blassrosafarbene Substanz im Kessel begutachtete. „Das hast du sehr gut gemacht. Ich übernehme jetzt. Mach dir einen schönen Tag und genieße das tolle Wetter!“
Morgan bedankte sich, verabschiedete sich mit einer Verbeugung und machte sich zum Aufbruch bereit. Als sie gerade ihren Kittel an den Haken neben der Tür hängte, kam Lassache herbeigeeilt.
„Oh je, das hätte ich doch beinahe vergessen. Ich soll dir ausrichten, dass dein Mentor nach dir verlangt. Die Sache duldet keinen Aufschub.“
„Hat er gesagt, was er von mir will?“, sagte Morgan verdrießlich, da ihr Zeitplan ins Wanken zu geraten drohte.
„Nicht, dass ich wüsste, die Nachricht wurde mir auch nur vom Empfang übertragen. Mach dir aber keine Sorgen, es wird sicher nichts Ernstes sein.“
Ernst hin oder her, allein dass ihr Meister ausgerechnet jetzt und noch dazu während der Ferien nach ihr verlangte,war ärgerlich genug. Sie verabschiedete sich nochmals höflich und eilte aus dem Keller.

Die Tür führte hinaus in einen von Öllampen schwach beleuchteten Flur, dessen dunkler Boden, und die Wände, aus dunklen Felsquadern bestand. Sie passierte ein halbes Dutzend Türen, die zu weiteren Tränkelaboren führten, bis sie nach einigen Metern vor einer breiten verchromten Fahrstuhltür innehielt. Per Knopfdruck rief sie den Fahrstuhl und nach einigen Sekunden öffnete sich die Tür und flutete den Gang mit grellem Kunstlicht, das Morgan einen Moment lang blinzeln ließ. Sie betrat eine große Fahrstuhlkabine und drückte den Knopf mit der Aufschrift 'E', woraufhin die Kabine sich mit einem leisen Surren in Gang setzte und ihre Passagierin nach oben beförderte. Nach etwa zehn Sekunden hielt der Fahrstuhl und öffnete die Tür zu einer scheinbar völlig anderen Welt.
Morgan betrat ein weiträumiges,voll verglastes Foyer und steuerte sogleich einen großen,ovalen Empfangstresen an, der sich auf der gegenüberliegenden Seite befand und an welchem fünf Damen hinter Computerbildschirmen saßen, telefonierten und Besuchern den Weg wiesen. Es herrschte reges Treiben, wobei am augenfälligsten wohl der große Anteil an Leuten war, die trotz des schicken Interieurs in Morgenrock und Rollstuhl unterwegs waren oder einen Infusionsständer vor sich her schoben. Die Schlange am Empfang ignorierend trat Morgan in das Oval und schlich sich an die erste der uniform in schwarze Anzüge und weiße Blusen gekleideten Empfangsdamen.
„Ahoi Lucienne!“, rief Morgan und ließ die hübsche junge Frau, welche gerade dabei war, einem Patienten Auskunft zu erteilen, vor Schreck hochfahren. Sie warf Morgan einen alarmierten Blick zu und wandte sich dann mit ungebrochener Freundlichkeit wieder ihrer Arbeit zu.
„Was willst du?“, zischte Lucienne, nachdem sie den Patienten abgefertigt hatte. Morgan grinste ihre Freundin völlig unbeeindruckt an.
„Doktor Paul Sainte-Claire möchte mich sprechen. Könntest du seinen Terminkalender checken?“
Mit einem Grummeln, das nur Morgan hören konnte hämmerte die blonde junge Frau eine Suchanfrage in ihre Tastatur.
„Um elf Uhr fünfzehn hat er einen Eingriff in OP sieben.“
„Ah ja, Blinddarm“, schmunzelte Morgan über Luciennes Rücken gelehnt.
„Wenn du dich beeilst könntest du ihn noch abfangen.“
Morgan registrierte diesen bissigen Wink und gab der irritierten Empfangsdame zum Dank einen Schmatz auf die Wange und eilte zurück zum Aufzug davon. Aus dieser Perspektive wurde klar, dass das gläserne Foyer lediglich der angebaute Eingangsbereich eines weit größeren und viel älteren vier Stockwerke hohen palastartigen Prachtbaus mit ockerfarbener Sandsteinfassade war. Morgan stieg im dritten Stock aus und eilte einen weiß gestrichenen Flur hinab, vorbei an einer Vielzahl an Patientenzimmern durchquerte sie zwei Stationen, bis sie schließlich den durch eine elektronische Tür abgegrenzten Operationsbereich erreichte.
Ein paar Türen weiter bog sie in eine Umkleidekabine ab, warf sich hastig einen OP-Kittel und-Hose über und zog sich entsprechende Schuhe und eine Haube an, bevor sie durch eine andere Tür eine sterile Welt grün gefliester Wände, metallener Tische und allgegenwärtigem Desinfektionsmittelgeruchs betrat. Als sie den Operationssaal Nummer sieben erreichte, sah sie durch das Fenster, wie eine Patientin von etwa dreißig Jahren von zwei OP-Helfern in den Raum geschoben und auf den Operationstisch gehievt. Sie war sediert, stand aber noch nicht vollständig unter Narkose, was gängige Praxis war, um den Schein eines normalen Krankenhauses aufrechtzuerhalten.
Da sie keinen Dienst hatte, blieb Morgan vor dem Fenster stehen - man hätte sie sofort aus dem Saal geworfen. So hoffte sie, ihren Mentor draußen abfangen zu können und beobachtete, wie die Helfer die Patientin an die Vitalzeichenkontrolle anschlossen. Kurz darauf kam der Anästhesist hinzu, redete der Patientin gut zu und leitete dann per Infusion die Narkose ein.
Morgan wunderte sich schon längst nicht mehr über das sonderbare Wesen der Muggel. Einerseits mochten sie keine Spritzen und Operationen, andererseits kam es ihnen faul vor, wenn sie gänzlich ohne unangenehme Prozeduren behandelt wurden. Sie hatte sich umsonst beeilt, da Doktor Sainte-Claire eine Minute später durch einen anderen Eingang den Saal betrat.
Vermummt mit grüner Haube und Mundschutz stellte er sich neben die nunmehr vollständig betäubte Patientin, schloss die Augen und legte seine Fingerspitzen auf die Stirn der Frau. Mehrere Minuten lang verharrte er in dieser Position, lediglich sein Kopf schwankte in tiefer Trance ein wenig. Dann machte er einen Schritt nach rechts und drückte seine Finger auf den entblößten Unterleib der Patientin, um dasselbe Schauspiel zu wiederholen.
Morgan gähnte und sah gelangweilt auf die Uhr. Sie war spät dran. Es war lächerlich, dass eine Koryphäe wie ihr Mentor wertvolle Zeit mit Blinddarmentzündungen verschwenden musste, doch reiche Muggel bestanden selbst bei den läppischsten Erkrankungen auf Chefarztbehandlung. Den Wurmfortsatz komplett verschwinden zu lassen,war zwar ein wenig kniffliger als nur die Entzündung zu heilen oder die Sauerei eines Durchbruchs zu beheben, dennoch beherrschte sie sämtliche Prozeduren bereits seit ihrem zwölften Lebensjahr und hatte schon dutzende Blinddärme geheilt – bei magischen Personen natürlich.
Muggel würden sich nie von einem Kind behandeln lassen. Für sie musste ein Heiler möglichst erfahren, aber gerade noch so jung wirken, dass man sich einer ruhigen Hand und eines klaren Verstandes sicher sein konnte. Eine Viertelstunde später, in welcher der Arzt scheinbar nichts anderes getan hatte, als auf dem Bauch der Patientin herumzudrücken, ließ dieser schließlich von ihr ab und gab den OP-Helfern ein Paar knappe Instruktionen, bevor er sich abwandte und den Operationssaal auf selbem Wege verließ, über den er gekommen war. Einer der Helfer goss großzügig ein braunes Desinfektionsmittel über den Bauch der bewusstlosen Frau, während der andere sich über das Operationsbesteck hermachte und ein Skalpell zur Hand nahm.
„Zwei Zentimeter Schnitt – Subkutannaht - die Patientin besteht auf eine möglichst kleine Narbe“, murmelte Morgan Anweisungen, die sie bestimmt schon hunderte Male gehört hatte, die in ihrer Bedeutung aber nie an Kuriosität verlieren mochten.

„Morgan“,sagte Dr. Sainte-Claire mit tiefer Stimme, der gerade durch eine Nebentür in den Flur getreten war und auf sie zu kam.
Die Angesprochene machte eine kleine Verbeugung,wie es sich für ihren Stand gebührte.
„Seid gegrüßt Meister. Ihr wolltet mich sprechen?“
Der Heiler lief geradewegs an ihr vorbei und ließ ihr nichts anderes übrig,als sich an seine Fersen zu heften, die geradewegs zum Umkleideraum marschierten. Sie war an diese Behandlung schon längst gewöhnt. Doktor Sainte-Claire war der mit Abstand am härtesten arbeitende Heiler der ganzen Klinik und hetzte in den zwölf Stunden, die er täglich arbeitete, von Termin zu Termin. Von seinen Untergebenen und speziell von seiner einzigen Schülerin forderte er dasselbe Engagement. Es war ein Alptraum, für ihn zu arbeiten, aber gleichzeitig die größte Ehre, von ihm unterrichtet zu werden.
„Ich wollte dich davon unterrichten, dass ich meine Position als Chefarzt zur Verfügung stelle und stattdessen eine Stelle als Lehrer annehmen werde“, sagte Sainte-Claire, als er den Umkleideraum betrat und mit einem bloßen Fingerschnippen seine Schutzkleidung verschwinden ließ. Darunter trug er eine weiße Hose, ein blaues Hemd und Krawatte.
„Das könnt Ihr nicht tun, die Klinik braucht Euch!“, erwiderte Morgan, die nicht glauben konnte, was sie da hörte. Ihr Mentor war eine lebende Legende. Sie war sich sicher gewesen, dass er die Leitung des Krankenhauses in den nächsten dreißig Jahren nicht aus der Hand geben würde.
Sein sonst sehr ernstes hageres Gesicht mit seinen kühlen hellblauen Augen formte ein mildes Lächeln.
„Mit dieser Überzeugung habe ich jahrelang meine Arbeit verrichtet. Die Wahrheit ist jedoch, dass diese Klinik voller bestens ausgebildeter Heiler ist, die schon lange auf ihre Chance warten. Mein Neffe Frederic wird meine Stelle übernehmen und seine Sache mindestens so gut machen wie ich.“
Als Morgan, perplex wie sie war, keine Anstalten machte, sich ebenfalls umzuziehen, ließ der zur Ungeduld neigende Mann ihre OP-Kleidung kurzerhand ebenfalls verschwinden und zog sich selbst einen weißen Arztkittel über. Zusammen mit seiner hohen Stirn und dem schneeweißen Haar war er ein regelrechtes Bild von einem Muggelarzt.
Die verwandtschaftliche Ähnlichkeit zur Matriarchin war unübersehbar, doch sah der knapp Siebzigjährige älter aus als seine ewig jugendliche Großmutter.
„Aber... aber seid Ihr nicht viel zu qualifiziertum Jünglinge zu unterrichten?“, stammelte Morgan und eilte ihrem Mentor hinterher als dieser forschen Schrittes die Umkleidekabine verließ.
„Ich werde nicht in Tourbillon unterrichten, sondern in Hogwarts. Die neue Schulleiterin ist, wie auch ihr Vorgänger, ein guter Freund der Familie...“
Er bemerkte erst nach einigen Schritten, dass Morgan nicht mehr folgte. Sie war wie vom Donner gerührt stehen geblieben. Das musste ein schlechter Scherz sein, dachte sie. Warum ausgerechnet Hogwarts?
„Aber... was ist mit mir?“ Eigentlich hätte sie sich diese Frage sparen können.
„Du wirst natürlich mitkommen“, erwiderte Sainte-Claire und machte eine ungeduldige Geste, bevor er sich wieder in Bewegung setzte.
„Aber ich bin in meinem letzten Jahr. Was soll ich dort schon lernen können?“
„Ich werde dich selbstverständlich auch weiterhin unterrichten. In einer Schule für Zauberei fällt in der Regel mehr als genug Arbeit für einen Heiler an, daher wirst du sicher nicht außer Übung geraten.“
Sie erreichten ein Treppenhaus und Sainte-Claire nahm den Weg nach oben. Morgan wusste, wohin es ihn trieb. Es war kurz vor Mittag.
„Außerdem magst du vielleicht eine ausgezeichnete Heilerin sein, doch neigst du dazu, die Stabmagie zu vernachlässigen. Daher solltest du den Unterricht dort als Chance zur Weiterentwicklung betrachten.“
„Ich soll dort den Unterricht besuchen?!“, rief Morgan empört. „Das ist doch lächerlich! Kann ich nicht einem anderen Meister zugeteilt werden und meine Ausbildung hier abschließen?“
Kaum hatte sie den letzten Satz ausgesprochen, da bereute sie ihn auch schon. Erzürnt fuhr ihr Mentor herum.
„Was bildest du dir ein, wer du bist, dass du dir anmaßt, so zu sprechen? Das ist unerhört! Den Mentor zu wechseln, steht außer Diskussion und das weißt du auch. Wohin ich gehe,wirst du mir folgen, ohne wenn und aber. Zudem verbitte ich mir die Entscheidung der Matriarchin anzufechten.“
Daher also wehte der Wind. Sainte-Claire hatte nicht gesagt, dass die Matriarchin hinter all dem steckte.
„Es tut mir Leid, Meister.“
Es war weniger eine Entschuldigung für ihre unangebrachten Worte als viel mehr Bedauern über das falsche Spiel, welches mit ihm getrieben wurde. Ihr Mentor ging mitnichten freiwillig, sondern wurde abgesägt. Und Morgan ahnte schon weshalb.
„Wir reisen am dreiundzwanzigsten August nach London, wo ein Kongress der Internationalen Vereinigung von Zauberern nach meiner Anwesenheit verlangt.“, fuhr der Heiler fort. „Danach werden wir nicht mehr nach Tourbillon zurückkehren.“
„Das ist ja in nicht einmal zwei Wochen“, sagte Morgan überrascht, doch eher resigniert.
„Darum würde ich auch empfehlen, deinen Ferienjob und sonstige Nebenaktivitäten einzustellen und dich stattdessen auf die Verbesserung deiner Englischkenntnisse zu konzentrieren, sowie den Umgang mit dem Zauberstab zu üben.“
„Ja,Meister“, erwiderte Morgan geschlagen.
Da Doktor Sainte-Claire zu diesem Thema nichts mehr zu sagen hatte und Morgan keine Einwände vorbrachte, wünschte er ihr einen schönen Tag und überließ das Mädchen ihrer Trübseligkeit. Sie wusste,wie undankbar sie erschien, denn jeder andere Student hätte bei der Aussicht auf ein Jahr im Ausland einen Freudensprung gemacht. Für sie war es jedoch nur ein riesiger Schritt zurück. Und warum musste es von allen Schulen mit niedrigen Standards ausgerechnet Hogwarts sein? Was dachte sich die Matriarchin dabei, sie ausgerechnet an jenen Ort zu schicken?

Morgan fluchte laut, als ihr einfiel, dass sie viel zu spät dran war. Das Verbot des Apparierens Minderjähriger verfluchend rannte sie die Treppen hinab und durch eine Vielzahl von Gängen, bis sie schließlich durch einen Hinterausgang ins Freie trat. Ihr Fahrrad, ein blaues breitbereiftes Bergsportgerät, stand an einen Baum gekettet in der Nähe.
Die Kette sprang bei bloßer Berührung auf, und wenige Sekunden später ließ sie die Klinik mit beeindruckendem Tempo hinter sich und preschte durch die Straßen des beschaulichen Bergstädtchens. Als sie das Ortsschild passierte, welches auf französisch, deutsch und englisch Auf Wiedersehen in Tourbillon wünschte, ließ Morgan die Gangschaltung klicken und nahm prompt noch weiter an Fahrt auf, obwohl sie nur ganz leicht in die Pedale trat.
Sie fuhr auf einer zweispurigen Straße, die leicht abschüssig einem Flusslauf folgend talabwärts führte und scherte sich nicht um die Autos, die ihr auf dem Weg entgegenkamen und deren Insassen sich verwundert über das Tempo der Radfahrerin umsahen. Nach etwa drei Kilometern führte die Straße in einen Wald, der sich zu beiden Seiten bis zur Baumgrenze die Berghänge hinauf erstreckte. Zwei enge Kurven später bremste Morgan scharf und bog auf einen Forstweg ab.
Etwas langsamer als zuvor aber noch immer ziemlich waghalsig federte ihr Mountainbike über den unebenen Untergrund hinweg, bis der Weg anzusteigen begann. Ein weiteres Klicken der Gangschaltung ließ das Fahrrad nunmehr gänzlich ohne Morgans Zutun den Berg hinauf fahren. Sie sah sich immer wieder nach wandernden Muggeln um, doch niemand weit und breit konnte bezeugen wie dieses scheinbar normale Fahrrad die Gesetze der Schwerkraft überwand.
Als sie etwa dreihundert Höhenmeter überwunden hatte, wurde der Wald schließlich von einer Alm abgelöst, die sich weitflächig bis zu den felsigeren Bereichen des Berges über ihr erstreckte. Sie hielt an und hievte ihr Rad über eine drehbare Viehschranke.
Danach trat sie zumindest des Scheines wegen in die Pedale und verlangsamte ihre Fahrt, auch weil auf dieser nicht abgezäunten Wiese Kühe weideten und sie vermeiden wollte, von einem verspielten Kalb vom Rad geschubst zu werden; eine Erfahrung, die sie vor Jahren einmal gemacht hatte und ungern wiederholen wollte. Doch wie in den meisten Fällen blieb sie auch heute von den friedfertigen Ungetümen unbehelligt, und versperrte doch einmal eine Kuh den Weg, so trottete sie freiwillig beiseite.
Etwa fünf Minuten lang folgte sie dem Weg, der sich sanft ansteigend den Hang entlang zog, bis sie schließlich auf einen steil nach oben führenden Trampelpfad abbog. Sie musste dreimal klicken bis sie einen Gang fand, der dieses eher unwegsame Gelände bequem überwinden ließ. Sie erreichte nun eine Höhe in der die saftig grünen Wiesen allmählich von Geröll und Felsen unterbrochen wurden und hatte ihr Ziel bereits im Blick – einen einsamem gewaltigen Felsbrocken. Sie umrundete diesen und schwang sich vom Rad. Sie war nicht weiter überrascht, den Treffpunkt verlassen vorzufinden und kletterte kurzerhand auf den zehn Meter hohen massiven Brocken um sich zu vergewissern, dass niemand ihr gefolgt war.
Der Aussichtspunkt bot einen herrlichen Blick über das Tal von Tourbillon. Die kleine Stadt in der Mitte sah mit seinen vielen Ferienanlagen und einigen Skiliften auf den ersten Blick wie ein ganz gewöhnlicher alpiner Kurort aus, würde das Bild nicht von dem für einen Ort dieser Größe völlig überdimensionierten Klinikkomplex dominiert, um den sich die anderen Gebäude reihten und welcher dem einst verschlafenen Dorf zu internationaler Bekanntheit verholfen hatte. Hunderte Meter darüber thronte das eigentliche Tourbillon – die berühmte Hochschule der Magie. Muggel konnten die Felsenfeste freilich nicht sehen und Bergsteigen war in diesem Abschnitt strengstens verboten.

Morgan hatte noch keine fünf Minuten gewartet, als sie hinter sich ein lautes Knacken vernahm, jenes typische Geräusch wenn jemand apparierte. Aufgeregt sah sie sich um und erblickte am Fuße des Felsens einen großen stämmigen Mann mit zottigem graumeliertem Haar. Er trug die typische Kluft eines Bergwanderers und einen großen Trekking-Rucksack, an den Schlafsack und Isomatte geschnürt war. Seine Verkleidung mochte perfekt sein, doch Morgan erkannte ihn sofort als das, was er war – und wer er war.
„Du wurdest gesehen“, sagte Morgan nachdem sie den Felsen hinabgeklettert und ihrem Vater zur Begrüßung um den Hals gefallen war.
„Das macht nichts“, erwiderte dieser mit einem schiefen Grinsen, dem einige Zähne fehlten. Bei näherer Betrachtung sah man auf der linken Gesichtshälfte lange tiefe Narben, die von seinem dichten grauen Vollbart nur teilweise verdeckt wurden und seine Mimik stark beeinträchtigten. Seine Stimme war daher ein leicht nuschelndes Knurren. „Das war im Wallis, mehr als hundert Meilen entfernt. Kein Grund für den Clan, in Panik zu verfallen, oder?“
Mogan seuftzte und sah zu Boden. Ungern wollte sie gleich mit den schlechten Neuigkeiten herausrücken, doch es gab auch keinen Grund,damit zu warten.
„Du irrst dich. Sie sind in Panik. Sie wollen mich loswerden – und dich.“
„Wie kommst du darauf?“
„Mein Mentor wurde nach Hogwarts versetzt und ich soll mit ihm gehen. Er soll Stabfuchtler unterrichten! Ist das zu fassen? Der große Jean-Paul Sainte-Claire wird einfach abgeschoben, nur damit du dich nicht länger in ihrem Territorium aufhältst. Bestimmt hofft die Matriarchin, dass du mir folgst und dich in England schnappen lässt.“
Der Mann setzte sich auf einen Stein, um die Neuigkeiten zu verdauen.
„Das klingt tatsächlich nach einer verzweifelten Maßnahme“, knurrte er nachdenklich. „Und recht hat sie zumindest in einem Punkt; ich werde dich ganz sicher nicht allein lassen.“
„Du darfst mir auf keinen Fall folgen!“, sagte Morgan alarmiert. „Ich wette, dass sie dir eine Falle stellen, wenn du dich Hogwarts näherst.“
„Sicher werden sie das.“
Ihren bekümmerten Blick begegnete er mit einem Schulterzucken.
„Und wenn schon. Selbst wenn sie mich zu fassen kriegen, weißt du ja wo du mich finden kannst. Askaban ist eigentlich ganz angenehm, seit die Dementoren fort sind.“
Morgan schüttelte sich bei der bloßen Erwähnung der beiden Namen.
„Du weißt, dass ich diesen Ort niemals betreten werde. Versprich mir, dass du wegen mir kein Risiko eingehst!“
„Hör mir mal zu! Ich werde mein ganzes Leben lang auf der Flucht vor Auroren sein. Egal in welchem Land ich mich zu verstecken versuche, man kennt mein Gesicht. Wofür soll sich das ständige Weglaufen lohnen, wenn nicht für dich? Ich lebe nur, weil ich wenigstens einmal dein Gesicht sehen wollte. Und anstatt mich wie erwartet abzuweisen, hast du mich mit offenen Armen empfangen. Seither stehe ich nur deinetwegen jeden Morgen auf und freue mich über jedes Lebenszeichen. Natürlich werde ich dir folgen und sei es das Letzte,was ich tue.“
Auf solch ein Plädoyer konnte Morgan nichts erwidern.
„Versuch es von der positiven Seite zu sehen“, fuhr er fort, „Hogwarts ist ein spannender Ort, zumindest für einen alten Stabfuchtler wie mich. Zugegeben, unter Dumbledore herrschte Schlendrian, Inkompetenz und gutmenschelnde Nachsicht, doch die alte McGonnagal könnte dem Laden einen frischen Wind einhauchen. Einen Sainte-Claire zu verpflichten spricht doch für sich, oder?“
Morgan grunzte verächtlich.
„Ich soll den Unterricht besuchen, dabei könnte ich selbst Unterricht geben.“
„Dann tu das doch. Du könntest den Schülern sicher den einen oder anderen Trick beibringen.“
Mit diesen Worten ließ er durch eine rasche Aufwärtsdrehung des Handgelenks einen blauen Enzian zum fünffachen seiner Größe anschwellen und grinste sie mit verzerrtem Halblächeln an.
„Wie du siehst, habe ich geübt.“
„Ich kann nur hoffen, dass man mich in den obersten Jahrgang steckt“, sagte sie und konnte sich ein kleines Schmunzeln abringen.
„Alles andere wäre in der Tat lächerlich. Auch wenn du erst im nächsten Mai siebzehn wirst, werden sie dich sicher nicht mit deinen Altersgenossen zusammentun.“
„Glaubst du,man wird mich erkennen?“, fragte sie leise. „Du sagst doch selbst immer, dass ich ihr so ähnlich sei.“
Ihr Vater seufzte und starrte einen Moment lang ins Tal hinab.
„Das glaube ich kaum. Du erinnerst mich an das Mädchen, in das ich mich verliebt habe, doch mit der geisteskranken Fanatikerin, zu der sie später wurde, hast du herzlich wenig gemein.“


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