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Future Imperfect - Willkommen zurück

von Xaveria



„Diesmal wird er dich nicht retten, du kleines, dreckiges Schlammblut.“


Ein Lachen so herablassend, so boshaft, wie es Jane noch nie zuvor vernommen hatte, hallte durch den kleinen mit Steinen bepflasterten Raum. Es prallte von den Wänden, direkt auf sie zu, kroch ungehindert unter ihre Haut, erfasste sie und ließ sie eiskalt erstarren.

Sie spürte eine Bewegung und plötzlich loderten Fackeln an den Wänden auf, drei auf jeder Seite. Sie zischten und tanzten in der feuchten Luft. Erschrocken fuhr Jane zusammen, als sie ihr Gegenüber erkannte. Er war derselbe Mann, der Jonas… Oh Gott, Jonas, schrie eine innere Stimme… der sie… der diese Frau, die ihr helfen wollte, verletzt hatte… der sie entführt hatte. Nur Gott allein wusste wo sie war.

Er begann sich über sie zu beugen und wimmernd schloss sie ihre Augen, wandte ihr Gesicht ab, neue, heiße Tränen stachen in ihre Augen. Sie wusste, was jetzt folgen würde, was ohne Frage folgen musste. Sie hatte es schon zu oft im Fernsehen gesehen.

„Wo ist er jetzt? Ist ihm das Schlammblut nicht mehr gut genug?“

Jane wusste nicht, von wem er sprach, aber es war auch vollkommen egal. Hier – wo auch immer das war – würde sie niemand finden und selbst wenn sich irgendwer auf die Suche machen sollte, wer würde dem schon Glauben schenken? Ihre Gedanken schossen zurück zu Jonas, wie er geknebelt vor ihr lag, wie er ein Opfer dieser Monster geworden war und dann…niemand, der bei klarem Verstand war, würde nicht zurecht auf ein psychiatrisches Gutachten bestehen?

Er packte ihr Kinn grob in seine schmutzigen Hände und zerrte ihren Kopf gewaltsam in seine Richtung. Seine Augen blitzen wahnsinnig, mörderisch.

„Mal sehen, ob du wirklich so schlau bist, wie alle behaupten hatten. Fangen wir doch mit etwas ganz einfachen an.“ Er lächelte hämisch, als er ihren Kopf zurück gegen die Wand stieß und sich von ihr entfernte. Trotz des pochenden Schmerzes an ihrem Hinterkopf, atmete sie erleichtert durch. Vielleicht würde er ja doch nicht…?
„Wie ist dein Name?“

Sie zögerte einen Moment. „Jane“, flüsterte sie gebrochen.

„Falsch.“ Er holte aus und bevor sie überhaupt wusste, wie ihr geschah, den Schlag bereits erwartend, wurde sie stattdessen von brennenden Krämpfen in ihrem Muskeln überrascht. Ihre Nerven schrien auf, ihre Muskeln waren vollkommen überfordert. Und ein Schrei so schrill wie der einer Todesfee, hallte durch den isolierten Raum.
„Schrei nur so viel und so laut wie du willst… so temperamentvoll“, lachte er belustigt. „Hier wird dich niemand hören können. Die Wände wurden mit einem extra starken Schweigezauber belegt.“

Sie hörte seine Worte kaum, der Nebel des Schmerzes war einfach zu dicht. Als würde ein Blitz immer und immer wieder durch ihren Körper jagen, sie unnachgiebig attackieren. Ein Stöhnen entfloh ihren verschmierten Lippen. Als ihre Zungenspitze kurz darüber fuhr, füllte ein metallischer Geschmack ihren Mund. Zitternd versuchte sie sich mit ihrer Hand über ihren Mund zu fahren, aber anstatt ihren Mund zu treffen, stieß sie unkontrolliert gegen ihre Nase.

„Also, noch einmal. Wie heißt du?“

Wieso fragte er sie das? Er wusste doch, wer sie war. Vermutlich sogar besser als sie selbst. „W-Was… wollen Sie?“

Sie hatte noch nicht einmal die Schritte vernommen, als ein Stiefel wütend in ihren Bauch stieß und sie flach auf den Boden drückte. „Ich stelle hier die Fragen. Deine Namen!“

„Ich… ich weiß es nicht!“ Tränen verschmierten ihr bereits dreckiges Gesicht und sie hatte das Gefühl an dem Klos in ihrem Hals zu ersticken. „Ich weiß es nicht“, wiederholte sie flüsternd, verzweifelt.

Ohne seinen Fuß von ihr zu nehmen, beugte er sich über sie, so dass sein Knie auf ihrem Brustkorb ruhte, genau dort, wo ihre Narbe entlanglief. Sie hatte das unglaubliche Gefühl, dass sie drohte dort zu verbrennen. „Aber ich tue es…“ Noch ein Stückchen weiter, bis sein stinkender Atem ihr Gesicht streifte und er nahe an ihrem Ohr inne hielt. „…Miss Granger.“

Miss Granger… wie Donner hämmerten die Worte auf sie ein. Miss Granger… sie drohten sie zu erschlagen. Sie wusste, was er ihr gegeben hatte. Das, wonach sie all die Jahre gesucht hatte… dass, wonach sie sich gesehnt hatte. Endlich ihren Namen. Und dennoch fühlte er sich leer an, bedeutungslos. Genauso transparent wie Jane. Namen sollten dazu beitragen eine Person zu beschreiben, ihr einen Charakter zu geben. Aber selbst jetzt – jetzt, wo sie endlich eine Antwort auf eine der vielen Fragen hatte – erfüllte es sie nicht mit Genugtuung, sondern lediglich mit noch mehr Fragen.

Aber es war jetzt vollkommen egal. Hier, in diesem Verlies, war es vollkommen egal, wer sie war oder ob der Name für sie eine Bedeutung hatte.

„Potters kleine Freundin. Gryffindors Prinzessin, das Schlammblut… und Snapes kleines…“ Er beendete den Satz nicht, ließ ihn offen in der Luft hängen, sondern schnalzte stattdessen höhnisch mit seiner Zunge, als er sich leicht aufrichtete, gerade soweit, dass sein Knie an ihrem Körper hinunter fuhr, bis es in ihren Magen drückte. Sie versuchte ein Stöhnen zu unterdrücken, die Übelkeit zu ignorieren.

Ohne Vorwarnung hob er seinen Zauberstab, holte aus und mit einer merkwürdigen Bewegung, riss er ihre ganze Bluse auf. Delikate, weiche, junge Haut kam zum Vorschein. Sein Blick fuhr hungrig über das blass rötliche Schimmern ihrer Narben, die ihre Vorderseite zierten.

Mit einem anzüglichen Funkeln in seinen Augen, zuckte leicht seine Hand und als ein violetter Blitz aus der Spitze des Zauberstabes geschossen kam, sagte er: „Willkommen zurück, Miss Granger.“


++++++++

Remus saß schweigend am Bett seiner schlafenden Frau. Er hatte seinen Kopf in seinen Händen abgestützt, während er vornübergebeugt dasaß. Er lauschte den gleichmäßigen Atemzügen, beobachtete in dem dämmernden Licht des neuen Tages das Heben und Senken ihrer Brust. Molly hatte alles für sie getan, hatte, nachdem sie Dora den traumlosen Schlaf verabreicht hatte, sofort eine Diptamsalbe hergestellt, die die Verkrampfungen löste und ihr etwas Ruhe gönnen würde. Er wollte sich noch nicht einmal ausmalen, was sie durchlebt haben musste.

Er hasste es. Mit all seinem Sein, mit allem was er war, er hasste es hier eingesperrt zu bleiben, wenn er doch woanders viel mehr gebraucht wurde. Ausgerechnet diesen Monat hatte er nicht seinen Trank bekommen und am liebsten – wenn die Nachricht von Hermines plötzlichem Überleben ihn nicht zu sehr geschockt hätte – hätte er Severus von dieser verdammten Klippe gestoßen. Er wusste, dass er dankbar sein sollte, wusste, dass Severus jedes Mal ein großes Risiko einging, wenn er sich mit ihm traf, aber ausgerechnet heute hätte er bei seiner Frau sein sollen. Vielleicht hätte er ja irgendwie verhindern können…

Aber er schüttete nur resigniert mit dem Kopf. Es war nicht die Tatsache, dass er nicht mit im Museum war, die ihn ärgerte – Dora konnte sehr gut auf sich selbst aufpassen, sie war immerhin eine Aurorin – es war vielmehr die nagenden Ungewissheit in sein eigenes Urteilsvermögen. Hatte er sich wirklich in Severus geirrt? Hatte er ihn zu Unrecht verteidigt? Hätte er es erkennen müssen? Und noch viel schlimmer – ein Gedanke, den er noch nicht einmal wagte zu Ende zu denken – Hätte er irgendwas von dem verhindern können?

Ein schweres Seufzen erschütterte seinen Körper, als sich Tonks neben ihn plötzlich rührte, leise murmelte und ihren Kopf auf dem Kopfkissen hin und her warf.

Sein Blick schoss nach oben, hoffend, dass es nicht nur Einbildung gewesen war. Und dann, ein weiteres, unverständliches Murmeln, ein Wimmern.

„Dora“, flüsterte er dringlich. „Dora…“ Er wollte sie berühren, aber er wagte es noch nicht.

„Ich… ich kann nichts sehen.“ Ihre Stimme klang heiser, verbraucht von all dem Schreien.

„Ich weiß. Das vergeht bald. Ein paar Stunden und dann ist wieder alles gut.“ Er verstummte kurz. „Gott sei Dank, Dora. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Es schien, als ob eine enorme Last von seiner Brust gefallen war und er schweben würde.

Tonks versuchte sich zu drehen, aber bei der winzigen Bewegung, schnappte sie zischend nach Luft. „Geht schon. Es kitzelt etwas“, versuchte sie zu scherzen, aber Remus erkannte keine Belustigung in den Worten, daher sah er sie nur scharf an.

„Das ist nicht lustig, Dora. Dir hätte wer weiß was passieren können!“

„Tut mir leid. Ich weiß“, murmelte sie und in ihrem Ton erkannte Remus, dass auch sie darin nichts Amüsantes fand. Es war nur ihre Art mit den Dingen umzugehen, wusste er. Sie hatte schon immer alles unter einem frechen Spruch versteckt und da sah er sie genau an, blickte in ihre Augen und erblickte dort drinnen einen Schrecken, den er dort seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.
„Wie spät ist es?“

„Sechs Uhr.“

„Morgens?“ Ungläubig starrte sie ihn an und versuchte sich aufzusetzen

„Du wurdest von einem Cruciatus getroffen. Du musst dich ausruhen“, ermahnte er sie drohend, sehr wohl ihre Anstalten verstehend und vermutlich nur, weil sie noch zu schwach war, um diesen Streit zu gewinnen, gab sie nach und sank zurück in ihre Kissen.

„Hermine?“, fragte sie und als sie seinen Blick sah, dachte er nicht, dass sie noch bleicher werden konnte.

„Nachdem Dolohov dich mit den Cruciatus getroffen hatte… hat er sie mitgenommen.“

Tonks schluckte hörbar und er dachte, dass sie ihm gleich ohnmächtig werden würde, als sich ein ganzes Gefühlschaos von Schuld, Wut bis hin zu puren Schrecken auf ihrem Gesicht widerspiegelte. „Es ist meine Schuld“, sagte sie schließlich. „Ich hätte sie beschützen müssen.“

„Von dem was Kingsley erzählt hat, konntest du nicht viel tun.“

Aber Tonks schnaubte nur abwertend. „Ich bin eine Aurorin, Remus. Ich hätte sie beschützen müssen. Das ist meine Aufgabe.“ Sie schnappte hörbar nach Luft, als die Tränen in ihren Augen stachen und Remus erkannte, wie sie sich erneut verkrampfte. Schnell nahm er die Salbe und hielt seine Frau auf das Bett gefesselt, um die Essenz aufzutragen. „Sssh, alles wird gut.“ Er massierte weiter, die Arme, angefangen bei ihren Fingern, bis hin zu ihren Schultern. „Alles wird gut.“

Wie ein Mantra sagte er es immer und immer wieder, als er weiter massierte. Besann sich auf seine Aufgabe, erlaubte es nicht seinen Gedanken sich zu vertiefen. Es ist nicht deine Schuld. Du bist es nicht, nicht du.

Und erst als er das Knarren einer sich öffnenden Tür hörte, hielt er in seinen Bewegungen inne, als ein Schatten über ihn fiel. Er schaute über seine Schulter, nur um Arthur Weasley mit einem Tablett in der Hand im Türrahmen stehen zu sehen. „Sie ist wach und hatte wieder einen Krampf.“

Arthur nickte verstehend, durchschritt das kleine Zimmer und stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. „Hier ist noch etwas traumloser Schlaf.“

„Danke.“

Arthur blickte hinunter auf Tonks und lächelte sie an. „Willkommen zurück.“

Dora schaffte nur ein schwaches Lächeln, als ihr Blick wieder den von Remus suchte. „Hier, nimm das. Das ist traumloser Schlaf. Du brauchst noch etwas Ruhe.“

Sie nickte lediglich und ohne Gegenwehr ließ sie die Prozedur über sich ergehen und es schmerzte ihn sie so zu sehen. Wo war die Kämpferin? Das Energiebündel, das sonst seine Frau war und ihn oftmals in den Wahnsinn trieb? Er mochte es nicht sie so zu sehen. Er mochte es nicht, seine starke, dickköpfige Frau so ergeben zu sehen und es erfasste ihn mit einer inneren, brodelnden Wut. Das war nicht das Leben, welches er sich nach dem Krieg für sie beide gewünscht hatte. So sollte es nicht sein. Keine Geheimnisse mehr, keine Doppeldeutigkeiten, keine Pläne, kein Verstecken. Sie sollten ein friedliches, ein besseres Leben führen als… als das hier. Ich werde alles tun, Dora. Alles, schwor er bestimmt und er schaute mit einem entschlossenen Blick auf. Keine Geheimnisse.

Als sie wieder ruhig schlief, legte Arthur eine beruhigende Hand auf seine Schulter. Er hörte die verschwindenden Schritte, wie sie ihm wieder Privatsphäre schufen. Und seine Gedanken rasten, durchspielten alle Möglichkeiten – aber vor allem durchliefen sie noch einmal sein letztes Gespräch mit Severus. Er war sich sicher, dass er ihm versucht hat irgendwas zu sagen. Auf seine verspottende und herablassende Art, wusste Remus, dass er wieder einmal mehr wusste, als der Rest von ihnen. Jetzt im Nachhinein war es mehr als offensichtlich, aber Severus hatte es schon immer verstanden die Menschen vor sich zu manipulieren. Konnte es möglich sein, dass sie wieder einmal alle auf ihn hereingefallen waren?

„Arthur“, rief Remus leise, aber dringlich und der Mann drehte sich auf der Türschwelle um.

„Ja?“

„Da gibt es etwas, was ich euch noch nicht erzählt habe…“


++++++++++++

Der KNALL, mit dem er vor dem Museum landete, war kaum zu hören. Irgendwo in der Nähe ertönte eine Autohupe, die seine Ankunft überdeckte. Mit einem kleinen Lippenkräuseln blickte Snape in die besagte Richtung, bevor er aus dem Schatten der Gasse ausbrach und hinaus auf die beleuchtete Straße trat. Die kalte Nachtluft, traf ihn wie ein Schlag und ohne groß zu überlegen, zog Snape die Kapuze seines Mantels tief über sein Gesicht. Er würde nicht auffallen. Selbst im Winter liefen die Muggels mit langer Bekleidung herum und so war es für einen Zauberer dies zu seinem Vorteil auszunutzen. Er folgte dem Verlauf, bis er inne hielt und gegenüber auf den beleuchteten Plaza starrte. Das Museum erstrahlte in einem hellen Licht, umgeben von Lichtstrahlen die die Nacht durchbrachen und das Leuchten der Sterne über seinen Kopf verschluckten. Mit einem düsteren Blick bemerkte Severus, wie sie den Vollmond verblassen ließ. Idioten, schoss es durch seinen Kopf, als er die leere Straße überquerte und mit gezieltem Schritt auf die Stufen, die zum Eingang führten, ging. Noch bevor er in die Lichtkegel eintreten konnte, war er mit einem wortlosen Desillusio verschwunden. Ein gleichzeitiges Muffliatio ließen seine eiligen Schritte verstummen.

Er hatte noch nicht einmal die Hälfte der Stufen zurückgelegt, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde und vier Muggels schreiend, wenn nicht sogar vor Angst und Entsetzen kreischend auf ihn zugelaufen kamen. Instinktiv wich Snape zurück. Er war vielleicht unsichtbar, aber noch immer aus Fleisch und Blut. Er sah nicht einmal, wie eine der Frauen in ihrer Panik stolperte und die restlichen Stufen hinunterfiel, noch bekam er mit wie sie übereinander stolperten.

Für einen kurzen Augenblick hielt er den Atem an, lauschte in die Nacht und anstatt der erwarteten Polizeisirenen zu hören, hallten unter Schreien auch zischende Laute nach draußen. Etwas in ihm erstarrte. Er wusste, was dies bedeutete. Todesser… er machte sich keine Illusionen darüber, was sie mit ihm anstellen würden, sollte er in ihre Hände fallen – immerhin hatte er ihren allseits großen Meister verraten… Auroren… selbst wenn er Remus gesagt hatte, dass er lieber ins Ministerium marschieren würde, als sich seinen ehemaligen Freunden zu stellen, hegte er nicht das Verlangen sich einem Auror bis aus hundert Meter zu nähern. Bewusst hatte er all die Jahre all diejenigen gemieden, die ihn auch nur in die Nähe eines Auror oder eines Todessers bringen konnte. Bis auf Lupin, flüsterte eine Stimme in ihm. Er ist mit einer verheiratet und du hast ihm vertraut. Zähneknirschend verbannte er diesen Gedanken. Eine Schwäche, eine kleine Verbindung in die alte Welt, nichts weiter.

Es war egal. Und dann, als ob das das letzte Wort gewesen war, richtete er sich auf und setzte seinen Weg fort. Er war getarnt, er wurde hier noch nicht einmal erwartet, sie würden noch nicht einmal seine Magie wahrnehmen. Mit gezogenen Zauberstab brach er durch die Tür, eilte in die große Empfangshalle, nur um von einer Welle von elektrischer Energie angegriffen zu werden. Sie war überall, hing in jeder Nische, auf jeder Skulptur, in jedem Staubkorn.

Aber er kam zu spät.

„Du verdammtes Miststück!“, hallte eine ihm nur allzu bekannte Stimme durch den Raum.

Mit einem kalkulierten Blick nahm er das Ausmaß wahr, streifte jeden Kopf, jedes ängstliche und belustigte Gesicht. Noch bevor sein Verstand eine Lösung formulieren konnte, wurde das Schweigen von einem weiteren Schrei durchbrochen.

„Hermine, nein!“

Und sein Kopf schoss in die Richtung, sein Blick traf auf einen entsetzten Potter und ohne Umschweife folgte Severus rasend den Blick des Jungens und für den Bruchteil einer Sekunde nahm er eine zusammengekauerte Person wahr, die panisch auf dem Boden krabbelte. Das Desaster, was sie immer Haare nannte, hatten sich aus ihrem Knoten gelöst und standen noch wilder und chaotischer vom Kopf, als er es jemals gesehen hatten, die grob von einem Todesser – Dolohov!, schrie es wild in seinem Kopf – gepackt wurde.

Bevor auch nur einer reagieren konnte, war sie verschwunden. Zusammen von zahlreichen Knallen um ihn folgten die anderen Todesser.

„NEIN!“, schrie Potter und rannte auf die Stelle, an der noch eben seine totgeglaubte Freundin gelegen hatte. „Nein!“ Wild wirbelte er herum und was Snape in seinem Gesicht war, spiegelte sich in seinem Inneren wieder. Sein Herz pochte in seinem Hals, schnürte ihm jegliche Luft ab. Sie war hier gewesen. Dieses verdammte, dumme Mädchen war den Todessern geradewegs in die Arme gelaufen! Fünf verfluchte Jahre lang war er ihr Schatten gewesen, hatte versucht sie aus allem rauszuhalten und jetzt… Er wollte schreien, fluchen und zerstören!

„Wo hat er sie hingebracht? Wo, Kingsley?“

Merlins verfluchter Arsch, war der Junge ein Auror oder nicht?, wunderte sich Snape rasend.

Kingsley vollführte eine ausholende Bewegung und Snape wusste, dass er den Verfolgungszauber zauberte, doch es schien nicht zu funktionieren. Wäre die Situation nicht so verdammt ernst – er spürte das schwere Gewicht der Phiole in seiner Tasche, die sie hätte nehmen sollen - und würde Snape nicht selbst wissen wollen, was zum Teufel hier gerade passiert ist, hätte seine morbide Belustigung in ihm die Oberhand übernommen.

„Ich… ich, es tut mir leid, Harry. Ich kann ihn nicht verfolgen. Er scheint eine Art Blockade errichtet zu haben.“

Störrisch schüttelte Harry mit dem Kopf und auch Weasley benahm sich keinen Deut besser. „Verdammt, Kingsley, es muss doch einen Weg geben. Die im Ministerium wissen doch, wo sich diese miesen Feiglinge befinden! Warum gehen wir nicht gleich los und holen sie da wieder raus?“

„Weil wir jetzt nichts überstürzen dürfen“, antwortete der Auror mit tiefer ruhiger Stimme.

„Nichts überstürzen?“, schrie der verdammte Weasley-Junge aufgebracht. „Das ist doch wohl ein Scherz.“

„Nein, ganz im Gegenteil. Savage“, rief Kingsley einen weiteren Auroren zu sich. „Versuchen Sie die Spur von Miss Granger weiter zu verfolgen, aber…“ er hielt kurz inne, als ob er innerlich mit sich ringen würde, bevor er sich schließlich besann. „Sie wissen, was zu tun ist.“ Savage nickte knapp, als Kingsley ihn bedeutend länger anblickte als nötig gewesen wäre. „Fleur, könntest du bitte versuchen die geflohenen Muggel ausfindig zu machen? Ich werde nachher noch mit ins Ministerium kommen.“

Fleur nickte. „Natü’lisch.“ Kingsley wartete noch, bis sie verschwunden war, bevor er sich wieder den beiden jungen Männern zudrehte. „Und ihr beide, kümmert euch um Tonks. Bringt sie zurück ins Hauptquartier. Remus wird dort auf euch warten.“

„Und was werden Sie jetzt unternehmen?“

„Ich werde mich zusammen mit Bill um die Gäste kümmern. Wir müssen ihre Gedächtnisse löschen und dafür sorgen, dass--“

Snape hörte den Rest des Satzes nicht mehr, als seine Gedanken, die Stimmen in seinen Kopf begannen aufzuschreien. Remus. Hätte er nicht auf Remus Nachricht reagiert, hätte er sich nicht mit ihm auf diesen verdammten Klippen getroffen, dann hätte er nicht so sinnlos seine Zeit vergeudet! Er hätte hier sein können, hier, um Dolohov in den Hades und wieder zurück zu jagen, aber wo war er gewesen? Er hatte sich vor Lupin rechtfertigen müssen. Vor einem verdammten Werwolf, der sein Gewissen erleichtern wollte, nur um im gleichen Atemzug seines zu beschweren! Was dachte sich dieser verdammte räudige Hund eigentlich dabei? Er hätte ihn von den Klippen stoßen und hierhin kommen sollen. Er hätte verdammt noch mal die Anzeichen erkennen sollen!

Wutentbrannt raste sein Blick durch den großen Saal. Potter und Weasley halfen Tonks ungeschickt und Severus fragte sich, wie die beiden es jemals durch Hogwarts geschafft hatten, weiter zu Bill und Kingsley, die sich um die Muggels kümmerten und Oblivate ihnen einen neuen Abend bescherten. Und dann weiter zu der Stelle, wo sie gelegen hatte, weiter nach hinten, wo gerade ihr Mann von seinen Fesseln befreit wurde, bis hin in die dunkle Nische. Mit eiligen Schritten durchquerte er den Raum, um unsichtbar in die Schatten einzutauchen. Er konnte deutlich ihre Magie spüren, er wurde geradezu von ihr angezogen, sie hatte einen weiteren Ausbruch gehabt. Sie häuften sich, erkannte eine leise Stimme in seinem Kopf. Und dann sah er es. Auf dem Boden liegend, gegen die Wand geschleudert, lag ihre Tasche. Snape streckte eine unsichtbare Hand nach dem Gegenstand aus und zog sie mit in seine Tarnung, bis sie vollkommen verschwunden war. Er musste sie nicht öffnen, um ihren Inhalt zu wissen. Er hatte sie schließlich die letzten Jahre über beobachtet.

Doch bevor er noch einen weiteren klaren Gedanken fassen konnte, begann plötzlich seine Tasche zu brennen. Leise schnappte er nach Luft, als instinktiv seine Hand darin verschwand. Er umfasste den kleinen Gegenstand und presste ihn in seine Handfläche. Schmerz, begleitet von Adrenalin, schoss durch seinen Körper.

Ohne einen weiteren Blick zurückzuwerfen flüchtete er geradezu aus dem Gebäude, eilte die Stufen hinunter und überquerte die Straße, um auf der anderen Seite unterzutauchen. Als er sich in Sicherheit wog, löste er die Zauber und zog seine Hand aus der Tasche. Eine kleine Münze lag in seiner Hand – ein Relikt aus der alten Zeit, ihre Erfindung – und hatte vermutlich einen roten Kreis in seine Hand gebrannt, aber das kümmerte ihn nicht.

„Lumos“, flüsterte er und im Lichtschein wurden klein geschriebene Worte sichtbar.

Was in Merlins verfluchter Scheiße ist hier eigentlich los?


+++++++++++++


Der kleine Raum war nicht groß genug, um Harrys ziellose Schritte zu besänftigen. Er blickte nicht zu seinen Freunden, die sich auf die beiden Betten im Zimmer verteilt hatten, sondern hielt seinen Kopf gesenkt, dennoch musste niemand sein Gesicht sehen, um zu wissen, was sich dort widerspiegeln würde. Jedem einzelnen ging es nicht anders.

Ginny saß mit angezogenen Beinen gegen die Kopflehne des Bettes gelehnt, ihren Kopf hatte sie auf ihre Knie gestützt, während sie hinaus aus dem Fenster starrte.

Ron hingegen drehte gedankenverloren und ohne Frage vor Wut brodelnd eine Schachfigur in seiner Hand. Die piepsige, entrüstete Stimme, dass der Springer keine Luft mehr bekam, ignorierte er.

Neville saß auf dem anderen Bett mit einem Buch über die Außergewöhnlichen Giftpflanzen unserer Zeit und wie man ihre Wirkung erfolgreich einsetzte, das sporadische Blättern unterzeichnete nur sein Mangel an Interesse an den geschriebenen Worten. Immer wieder blickte er auf, um Harry zu beobachten.

Lediglich Luna schien in ihrer eigenen Welt abgetaucht zu sein. Mit einem verträumten Blick in das Leere, saß sie am Fußende von Nevilles Bett und mit einem leichten Lächeln auf ihren Lippen, drehte sie ihren Zauberstab durch ihre Haare.

„Wie kann er nur so etwas sagen?“, fragte Harry in den Raum an niemand bestimmtes gewandt. „Wie kann er nur sagen, dass sie nur ein Leben ist?“ Er hielt in seiner Bewegung inne und wirbelte zu seinem langjährigen Freund herum. „Nur ein Leben, Ron?“

„Ich weiß, Mann“, bestätigte Ron nickend und stoppte seine drehende Bewegung der Schachfigur, die nur ein „Wurde ja auch mal langsam Zeit“, von sich gab. Letztendlich blickte er auf. „Verdammt, Harry, sie war es. Sie war es wirklich.“

„Ich sollte zum Ministerium gehen und sehen, was ich herausfinden kann. Kingsley kann nicht von uns verlangen, dass wir hier warten und nichts tun! Wir sind keine Kinder mehr. Sie können uns nicht mehr von Dingen ausschließen, weil wir noch zu jung sind.“

Etwas blitzte in Harrys Augen auf, eine Entschlossenheit, die, wie die meisten erkannten, sie zuletzt im Krieg gesehen hatten, als er seinen Zauberstab gehoben und den letzten Fluch gesprochen hatte, der den wahnsinnigsten aller dunklen Zauberer zerstört hatte.

„Oh, oh, oh, hast du das auch gehört, George?“, ertönte Freds Stimme, als dieser die Tür aufstieß und zusammen mit seinem Zwillingsbruder das Zimmer betrat.

„Oh ja, das habe ich. Aber glaubst du nicht auch, dass unser junger Freund viel zu voreilig handelt, Fred?“

Sein Nebenmann nickte bestätigend mit dem Kopf.

„Was wollt ihr hier? Solltet ihr nicht in eurem Laden sein?“, fragte Ron etwas zu mürrisch.

„Ah, ich denke, Dean und Colin schaffen es für eine Weile auch ohne uns. Und gut, dass wir hier sind, um euch vor einer noch viel größeren Dummheit zu bewahren.“

„Was bitte schön, soll so dumm daran sein, ins Ministerium zu gehen, und die Suche zu beschleunigen?“

Fred und George schüttelten nur synchron ihren Kopf. „Ich habe es geahnt, Fred.“

„Ich auch, George“, seufzte der andere und zog aus seiner Tasche einen alten Tagespropheten heraus. Mit einer übertriebenen Darstellung entblätterte er die Zeitung und reichte sie Harry.

Die anderen, was auch immer sie gerade getan hatten, blickten jetzt neugierig auf die beiden Neuankömmlinge und warteten Harrys Reaktion ab. „Der ist schon über sieben Jahre alt“, erwiderte Harry verwirrt und reichte das Blatt weiter an Ron, über dessen Schulter Ginny blinzelte.

„Es ist nicht das Datum, das zählt, sondern viel mehr die Schlagzeilen.“

Rons Blick fuhr nach unten und Ginny schnappte hinter ihm nach Luft. In der Zwischenzeit waren auch Neville und Luna zu ihm hinübergekommen, Nevilles Buch lag achtlos auf dem Bett und Lunas Zauberstab steckte hinter ihrem Ohr.

„Oh“, flüsterte Luna leise, wenn nicht sogar traurig.

Der Tagesprophet zeigte zur Abwechslung mal nicht eine große Abbildung von ihrem Helden, sondern von seiner besten Freundin, ihr Blick wirkte gehetzt, als sie ihr blutverschmiertes Gesicht über ihre Schulter warf, um etwas zu schreien. Ihren Zauberstab hielt sie fest umklammert an ihrer Seite. Am Bildrand konnte man eine Hand sehen, die ihren Arm umklammerte, um sie vermutlich wegzuziehen. Es war ein Bild aus der Zeit nach dem Krieg, nachdem Voldemort gefallen war, nachdem sich die Welt gedreht und sich gegen sie verschworen hatte. In großen und dicken Lettern stand über dem Bild die Schlagzeile:

Harry Potters Freundin auf der Flucht vor dem Ministerium – Alle die, die dem Ministerium helfen sie zu finden, werden entsprechend belohnt.

Unter dem Bild befand sich ein Artikel, den sie noch einmal grob überflogen.

Hermine Granger, Potters muggelgeborene Freundin, hatte bis zu letzt an der Seite unseres Helden gekämpft, nur um sich anschließend auf die falsche Seite zu schlagen. Es war ihr Zauberstab gewesen, der Richard Finnigan, Auror und Orden des Merlins 2. Klasse, getötet hatte, als er versucht hatte einen Angriff der Muggel zu vereiteln. Laut Augenzeugenberichten, sollte es sich dabei weder um einen Unfall, noch um Notwehr gehandelt haben. Sollte sich Harry Potter wirklich all die Jahre in seiner Freundschaft zu Hermine Granger geirrt haben? Alleine die Tatsache, dass sie geflohen und sich nicht dem Ministerium gestellt, spricht eindeutig gegen sie. Trotz ihres Bestrebens sich in die magische Welt einzuleben und unserer offenen Akzeptanz gegenüber den Muggelgeborenen, muss man sich jetzt doch fragen, wo ihre Wurzeln stärker verankert lagen.
Es war während ihrer Schulzeit durchaus bekannt, dass Hermine Granger der Kopf des Goldenen Trios war, von ihren Mitschülern wurde sie als strebsam und immer vollkommen durchorganisiert beschrieben.

„Oh ja, Miss Granger war ziemlich… energisch. Wenn sie etwas bekommen wollte, dann hat sie alle Mittel genutzt, um auch ihr Ziel zu erreichen… Erpressung, Androhung und Ausführung von muggelartigen Angriffen…“ , beschreibt Rita Kimmkorn, Sensationsreporterin von unserem Blatt Hermine Granger. „Ich durfte es am eigenen Leibe erfahren, erpresst hat sie mich, um ihren Willen durchzusetzen.“

Hatte sie da schon gewusst, dass ihre Loyalität weiterhin den Muggel gehören würde? Hatte sie nur an dem Untergang von Lord Voldemort geholfen, um den Weg für Ihresgleichen frei zu machen?

Wir sind für jede Hilfe von unseren magischen Freunden dankbar. Wer noch mehr über das Leben von Hermine Granger erfahren will, findet auf Seite 10 einen ausführlichen Bericht über ihr Bestreben eine Organisation – B.ELFE.R – zur Befreiung der Hauselfen ins Leben zu rufen.



„Das ist doch absoluter Schwachsinn!“, rief Ron wütend. „Das war er damals schon und ist er auch jetzt noch! Hermine hat niemanden umgebracht!“

„Der Prophet hat sich noch nie darum geschert, ob das, was sie schreiben, auch der Wahrheit entspricht.“

„Ja, wir wissen das und wir wissen auch, dass Hermine in ihrer streberhaften--“

„..rechthaberischen--“

„…nervigen und--“

„…vorlauten Art nie etwas ohne irgendeinen Plan getan hat. Sie war immer durchorganisiert gewesen, wie der Prophet schon sagt. Aber Tatsache ist, das Ministerium hat noch ihre Akte…auch noch nach ihrem ‚Tod‘.“

„Aber warum... woher… es gibt eine Akte?“ Ron starrte ungläubig zwischen seinen Brüdern hin und her.

„Ja“, murmelte Harry bestätigend, der etwas abseits von den restlichen stand.

Sein bester Freund wirbelte zu ihm herum. „Du wusstest davon?“ Mit seinen Finger stach er auf die Zeitung ein.

„Als ich noch in der Ausbildung war, habe ich mitbekommen, wie Finnigan und Kingsley sich über Hermine unterhalten haben. Als ich sie darauf angesprochen habe, wollte mir niemand irgendwas sagen, aber es war klar…“ Er hielt kurz inne, als er sich daran zurückerinnerte, eine Erinnerung, die er all die Jahre verdrängt hatte und zu seiner Bestürzung nie wirklich irgendeiner Bedeutung beigemessen hatte. Er hatte damals noch angenommen, dass sie ihr helfen wollten. „… dass sie irgendwas geplant hatten. Ich… ich habe nichts gesagt, weil ich Kingsley darum gebeten hatte Hermine zu helfen, aber… und… diese Akte… sie musste sein… aber ich hatte immer angenommen…“

„Sie haben die Akte noch?“, fragte Neville ungläubig. „Aber das bedeutet ja…“

Fred und George nickten synchron.

„Harry“, starrte Neville seinen Freund an. „Kingsley hatte recht. Es steht weitaus mehr auf dem Spiel.“

„Nicht auch noch du!“

„Nein, Harry, aber George und Fred haben einen Punkt“, unterbrach Ginny ihn. Sie hatte ihre Stirn leicht in Falten gelegt, als sie versuchte all die Einzelheiten zusammenzusetzen. „Solange es diese Akte gibt, wird Hermine von ihnen gesucht werden. Das Ministerium bewahrt alle Akten auf, egal ob der Zauberer oder die Hexe noch leben. Dad hat mal erzählt, dass es ein Archiv in den Kerkern gibt, die bis unter die Decke nur mit Akten von Verstorbenen gefüllt sind.“ Sie schnappte sich die Zeitung und betrachtete das Bild genauer, bevor sie wieder aufblickte. „Kingsley ist nur der Leiter der Auroren-Abteilung. Warum glaubst du, hat er nicht noch mehr Verstärkung gerufen? Wir hätten Dolohov und Greyback schnappen können. Ich muss dir ja nicht sagen, dass sie ganz oben auf euren Listen stehen, oder etwa nicht?“

„Es… es ging alles zu schnell…“, antwortete Harry etwas perplex.

„Nein, er musste sich entscheiden, Harry. Hermine oder die Todesser… und er hat sich für Hermine entschieden.“

„Woah, warte mal… willst du damit sagen, dass er denkt, dass Hermine… das hier getan hat?“ Ron starrte ungläubig seine Schwester an, als er mit einer Hand auf die Zeitung in ihrer Hand deutet.

„Wirklich, Ron, hast du denn gar nichts gelernt? So etwas nennt man ‚Zwischen den Zeilen lesen‘.“ Sie schüttelte nur mit dem Kopf und warf dann in einer Bewegung ihre Haare über ihre Schulter. „Sollte das Ministerium mitbekommen, dass Hermine noch lebt, was glaubt du wohl, was die machen werden?“

„Sie werden ihre Hetzjagd wieder aufnehmen“, flüsterte Neville anstelle von Ron.

„Zehn Punkte für Gryffindor“, kommentierte Fred mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Aber… aber, Moment mal… woher wisst ihr das überhaupt?“ Und zu Rons Entsetzen begann die beiden schelmisch zu grinsen, ein Funkeln erfasste ihre Augen, dass dem von Dumbledore Konkurrenz gemacht hätte. „Niemand – bis auf Harry, der im Ministerium arbeitet – hat davon gewusst.“

Die beiden boxten sich gegenseitig in die Rippen. „Ah, Brüderchen, das ist Berufsgeheimnis“, ermahnte George seinen Bruder spielerisch. Ron schnaubte nur abfällig. „Wo kämen wir denn hin, wenn wir jedem unsere Erfindungen verraten würden? Dann könnten wir dicht machen!“

„Also, was machen wir jetzt? Kingsley will nicht, dass wir herumschnüffeln.“

„Au contraire mon fraire, Kingsley will nicht, dass wir im Ministerium herumschnüffeln und deren Aufmerksamkeit wecken, aber er hat nie was davon gesagt, dass wir nicht in eine andere Richtung suchen dürfen.“

„Ganz genau“, bestätigte Fred. „Er hat uns – oder euch – jedoch nicht verboten herauszufinden, warum der alte Snape gelogen hat – zumindest nicht mit so vielen Worten.“


++++++++


Miss Granger…

Es war ein Flüstern, die Stimme wisperte durch die dunklen Schwaden, die sie umgaben. Das Gefühl in der endlosen Dunkelheit zu verschwinden, von ihren spinnenartigen Fäden hinabgezogen zu werden, erdrückte sie, verspannte die Haut auf ihrer Brust. Es war ein prickelndes, feuriges Brennen, welches durch sie strömte, sie wortwörtlich erstach. Was immer es war, es würde nicht mehr aufhören, so viel wusste sie… aber diese eine Stimme, diese zwei Worte… sie klammerte sich daran wie ein Ertrinkender an seinen Rettungsring.

[ i]Miss Granger[/i]

Wären ihre Augen nicht schon geschlossen, würden sie wie verrückt flattern, sich in ihren Höhlen verdrehen, wie der letzte Tropfen den Damm zum Einsturz bringen würde.


„Hermine Granger“, ertönte eine brüske Frauenstimme und sie spürte ein eifriges, euphorisches Gefühl in ihr, als sie aus ihrer Reihe brach und nach vorne vor eine Schar von Menschen trat. Ein Ungetüm von einem mottenzerfressenden Hut wurde auf ihren Kopf gesetzt. Klug… Strebsam… Loyal…Ravenclaw ist die perfekte Wahl… Siegreich….der Mut strebt hervor… da spricht das Herz von Gryffindor… Freundschaft ist das höchste Gut, meine Liebe, das ist kein Bluff…bist du etwa eine Hufflepuff? Und sehe ich dort wohl auch Tücke, List und Eigensinn… die makellosen Eigenschaften einer Slytherin. Aber den Namen, den ich nenn, wird dich leiten, nicht führen… und dich eines besseren lehren, denn du bist eine „GRYFFINDOR!“


Gesichter, ihr gar fremde Personen tauchten sturmflutartig vor ihr auf. Es waren so viele, zu viele, als das ihr Verstand sie verarbeiten könnte. Stimmen flogen asynchron mit den Bildern durch ihren Kopf – Schreie, Lachen, und sogar freundliche, wütende Worte – alles auf einmal, alles zur gleichen Zeit und sie wusste nicht, wem sie was zuordnen sollte. Gefühle, die sie vorher nicht gekannt hatte, preschten an die Oberfläche, überrannten sie ohne Vorwarnung mit all ihrer Kraft und sie wusste, dass sie daran ersticken würde. Sie hatte nie gelernt mit ihnen umzugehen, sie wusste nicht, wie sie es tun sollte.

Eine Halle, von der Größe der im Museum nicht unähnlich, war gefüllt mit Menschen – Kinder, von jung bis alt, Erwachsenen – und alle trugen sie dieselbe Kleidung, unterschied sie sich nur im Farbmuster. Vier lange Tischreihen waren mit ihnen gefüllt, während vor Kopf die Erwachsenen saßen, in ihrer Mitte eine Art Thron, der von einem alten Mann besetzt war. Sein langer, weißer Bart drohte in das Essen vor ihm auf dem Teller zu fallen, aber während er sich mit einem warmen Lächeln zu seiner linke Seite drehte, wurden die Haare wie aus Magie zusammengeknotet. Er unterhielt sich mit einem störrischen Mann, den sie jetzt schon öfters gesehen hatte. Sein Nebenmann hielt leicht seinen Kopf geneigt, während er lauschte und schien nur einsilbige Antworten zu geben. Aber in diesem Moment war es ihr vollkommen egal, denn ihr Blick ruderte zurück zu den Menschen an ihrer Seite. Wie immer saß sie zwischen ihren beiden Freunden. Der rothaarige Junge neben ihr, drehte sich mit gefüllter Gabel in ihre Richtung.

„Wirklich, ‘Mine, du solltest heute mit nach Hogsmeade kommen“, schmatze er mit vollem Mund.

„Und du hast anscheinend noch immer kein Benehmen gelernt, Ron. Die unverdauten und zerkleinerten Essensreste zwischen deinen Zähnen, fördern nicht unbedingt meinen Willen, meine Meinung zu ändern.“ Sie schüttelte missbilligend den Kopf. „Es gibt im Moment wirklich wichtigeres als Süßigkeiten und Scherzartikel.“ Die letzten Worte gingen in einem Murmeln unter, als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Buch vor sich richtete.

„Besser als sich den ganzen Tag hinter irgendwelchen Büchern zu verstecken. Dir ist schon klar, dass sich das Leben dort draußen abspielt… und nicht in irgendwelchen staubigen Büchern, die eh niemanden interessieren“, grummelte er.

Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ach ja? Dann denk das nächste Mal daran, wenn ich deinen blöden Aufsatz für Professor Snape korrigieren soll. Bisher hast du dich dann niemals beschwert.“

Rons Mund war bereits zum Protest geöffnet, als, wie an jedem Morgen, die Eulen mit der Morgenpost geflogen kamen. Ohne ihn weiter zu beobachten, wandte sie ihre Aufmerksamkeit auf die kleine braune Eule zu, die mit dem Propheten und weiteren Muggel-Zeitungen vor ihr gelandet war und ihr Beinchen ausstreckte, um bezahlt zu werden. Gewissenhaft ließ Hermine ein paar Knuts im kleinen Beutel verschwinden, während sie ihr einen gerösteten Schinkenstreifen anbot, welchen die Eule großzügig annahm und dann mit einem leisen Pfiepsen verschwand. Hermine legte den Propheten demonstrativ zur Seite und durchblätterte The News durch.

„Liest du den nicht?“, fragte ihr anderer Nachbar und zog den Propheten zu sich heran.

„Mm hm“, schüttelte sie den Kopf. „Es stehen eh nur Lügen drin.“

„Ja“, murmelte Harry, „aber ich dachte, wir sollten wissen, was unsere Gegner denken?“

„Stimmt auch, aber der Prophet wird vom Ministerium kontrolliert und dort wird alles vertuscht, aber sie können nicht überall sein.“

„Was meinst du?“

„Hier.“ Sie schob ihm die Zeitung zu. „Es breitet sich aus, Harry. Die Ministerien können nicht alles verbergen.“

Seine grünen Augen flogen über die Titelseite. „Was genau…?“

Sie tippte mit ihren Finger auf einen der Artikel. „Ein Attentat auf die Londoner U-Bahn“, las er murmelnd. „Sie vermuten eine Terroristengruppe dahinter.“

Hermine schnaubte nur abfällig. „Was sollen sie auch sonst schreiben?“

„Hermine…“, begann Ron, der immer zwischen ihnen beiden hin und her gesehen hatte. „Dad hat mir erzählt, dass es bei Muggeln auch solche Leute gibt…wie nennt ihr die nochmal? Toristen?“

„Terroristen“, betonte Hermine barsch. „Und nein, Ron, das waren keine Terroristen. Kein vernünftiger Terrorist würde so etwas tun. Nein, eine Terroristenattacke endet immer mit einem psychotischen Selbstmordversuch – und es bleibt nie bei einem Versuch. In der Regel sprengen sie sich selbst in die Luft. Wäre doch ironisch, wenn ein Todesser eine solch selbstlose Tat unternehmen würde. Das einzige, was man hier finden konnte“, sie deutete auf den Artikel, „waren die Leichen von Muggeln. Das ist nicht die Handschrift von Terroristen, wie Muggel sie kennen, sondern wie wir sie kennen.“ Die letzten Worte waren zu einen leisen Zischen geworden. „Sie haben sich sogar den Spaß erlaubt *ihr* Markenzeichen zu hinterlassen.“ Sie entriss Harry die Zeitung und warf sie Ron zu. Ein Bild, eingebrannt in die Wand, sprach eine sichere und unverkennbare Sprache.

Sie wartete darauf, dass Ron wieder zu ihnen aufblickte und entgegnete seinem schockierten Blick mit einer hochgezogenen Augenbraue, die so viel sagte wie: ‚Was habe ich dir gesagt?‘ „Und das sind nicht die einzigen Überfälle. Sie häufen sich. In den letzten Wochen, werden es einfach zu viele. Selbst andere europäischen Zeitungen berichten bereits darüber. Es gerät alles außer Kontrolle.“

Ron blickte hinunter auf die Zeitungsbilder. „Es ist widerlich.“

„Ich denke“, sagte Hermine ruhig und bestimmt, „dass Voldemort mehr will als nur die Prophezeiung zu erfüllen.“ Sie warf Harry einen flüchtigen Blick zu, aber dieser schluckte nur schwer. „Er will mehr als die magische Welt. Ich denke, er will dafür sorgen, dass es nie wieder muggelgeborene oder halbblütige Hexen und Zauberer mehr geben wird.“

„Ja“, knurrte Harry grimmig. „Die ganze Welt wartet darauf, dass der Junge, der überlebt hat, endlich seine Aufgabe erfüllt. Denn, der eine kann nicht leben, während der andere überlebt. Nicht wahr?“

„Harry, so war das nicht gemeint.“

„Nicht? Was ist es dann, was du sagen willst?“ Er stieß seinen Teller von sich. „Ist es denn nicht meine Schuld, dass diese Menschen gestorben sind? Dass noch Menschen sterben werden? Er wird nicht aufhören, bis er mich getötet hat.“

„Und du denkst, dass er da aufhören wird? Glaubst du wirklich, dass wenn Voldemort gewinnen sollte, dass wir dann die besten Freunde von den Todessern werden? Es wird weitergehen, brutaler und schlimmer. Menschen, Harry, alle unschuldigen Menschen werden versklavt und umgebracht werden, weil sie etwas sind, wozu sie nichts können oder weil sie mit den angeblich falschen Leuten befreundet sind. Und selbst die reinblütigen Familien werden nicht vor ihm sicher sein, nicht, wenn sie sich dazu entscheiden hinter dir zu stehen.“ Und sie sah bei den letzten Worten bewusst nicht in Rons Richtung. „Es geht nicht nur um dich, Harry. Nur weil es über dich eine dämliche Prophezeiung gibt und Voldemort wahnsinnig genug ist daran zu glauben, heißt das noch lange nicht, dass wir anderen nichts zu verlieren haben. Wir wollen genauso, dass es vorbei ist. Wir haben alle etwas zu verlieren. Du hast nur das Pech im Mittelpunkt zu stehen.“

„Wirklich beruhigend, Hermine. Aber wie du bereits gesagt hast, Voldemort glaubt an diese verdammte Prophezeiung und das ist, was zählt und so wird es am Ende auf mich hinauslaufen.“

„Fein“, erwiderte sie leicht brodelnd. „Dann versinke du nur weiter in deinem Selbstmitleid.“ Sie schwang ihre Beine über die Bank, drehte sich erneut um, um ihre Bücher vom Tisch zu nehmen und drückte sie gegen ihre Brust.

„Wo willst du hin?“, fragte Ron leicht verblüfft.

Sie zog eine Augenbraue hoch und mit einem schon fast herablassenden Lächeln antwortete sie: „Was schon? Ich werde in den Büchern nach einer Lösung suchen.“



Es war ein innerer Schmerz, gleich dem, der sie durchfuhr, als sie den Riss mit Ihrin verspürt hatte. Freunde, die sie liebte, kritisierten sie nicht nur, sondern klagten sie für das an, was sie war, für das, worin sie gut war, für das, was ihnen am Ende helfen würde. Sie würde planen, organisieren, eine Strategie entwickeln und sie wusste, dass sie am Ende Wissen erhalten würde, dass sie entweder siegreich oder niedergeschlagen zurücklassen wird. Und das war genau der Grund, warum ihre Gedanken rasten. Auch jetzt brauchte sie einen Plan, ein Vorgehen und den hatte sie gehabt… den hatte sie riskiert, weil sie einem inneren Gefühl nachgegeben hatte… einem ungestümen Verlangen, welches sie nicht unterdrücken konnte. Sie war sich nicht sicher, aber sie glaubten genau diesen Fehler schon einmal begannen zu haben.


„Heute, gehörst du mir“, flüsterte er begierig. Sein beißender Gestank, der Geruch nach Schmutz, Blut und Tod umgab sie wie eine Wolke, eingehüllt und gefangen. Seine Nase fuhr ihren Körper entlang, sie konnte nicht flüchten, nicht rennen, lag eingeklemmt zwischen einer Leiche und einem Mörder.

Sie wollte Schreien, wollte sich wehren, aber ihre Muskeln waren wie erstarrt. In ihrem Kopf liefen die Stimmen Amok, sie sollte endlich anfangen zu handeln, sie sollte das Gelernte endlich umsetzen, aber ihr Körper weigerte sich. Starr vor Angst verfolgte sie die Bewegungen des Mannes, hoffend, dass es bald ein Ende finden würde.

Und als er seine gelben, langen, spitzen Finger hob, um sie auf den Boden zu halten, sich das zu nehmen, weshalb er gekommen war, hörten sie beide einen gellenden Schrei. Instinktiv flogen beide Köpfe in die besagte Richtung…

…blind, schon fast wahnsinnig stürzte sich eine Gestalt, schreiend Flüche werfend auf sie zu. Ihr rotes Gewand flatterte durch den Rauch, einem Feuerteufel nicht unähnlich.

„Nimm deine dreckigen Finger von ihr, Fenrir! Sie ist noch eine Schülerin! Ein Kind! Du wirst sie nicht anrühren! Nicht, wenn ich es verhindern kann!“ Ihre schrille Stimme hallte durch die kalte Luft, durch den stickigen Rauch.

Doch bevor sie auch nur in ihre Nähe kam, hallte ein Fluch, resultierend in ein grünes Licht, der sie geradewegs in den Rücken traf.

Während Minerva McGonagall, Professor für Verwandlungen von Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, getroffen, regungslos zu Boden fiel, ihre Augen entsetzt aufgerissen, ein stummes Wort formte sich auf ihren Lippen, erschien hinter ihr die wahnsinnige Gestalt von Bellatrix Lestrange, die teuflisch lachte und mit ihrem Zauberstab auf sie deutete und sich leicht verbeugte, als ob sie ihr einen Gefallen getan hatte.

„Nein!“, schrie Hermine entsetzt, als sie ihre Hauslehrerin im Schlamm liegen sah. Diese starke Frau, die rechte Hand Dumbledores, die Frau, die sie in die magische Welt eingeführt hatte. „Oh Gott… nein.“

„Tragisch“, lachte Greyback. „Sie konnte es offensichtlich nicht verhindern.“ Und ohne Vorwarnung hob er seine verschmutzten krallenartigen Hände und seine Fingernägel gruben sich in ihre Haut, zerrissen ihre Bauchdecke, während sich ihre Bluse mit ihrem eigenen Blut vollsog, vermischt mit seinem Dreck, seinem Schmutz. Ein Schrei, der durch ihr ganzes Mark strömte, versank in einem keuchenden Schluchzen, ihre Tränen hinterließen auf ihren Wangen einen schmutzigen Film. Verzweifelt versuchte sie ihn wegzudrücken, zu stoßen, aber sie hatte kaum die Möglichkeit zu atmen, jede Bewegung war eine Geißelung und sie spürte, wie es floss, aus ihrem Körper drang und vor ihrem Inneren Auge formte sich das Bild, wie ihr Blut an seinen Händen klebte, wie es in dem feuchten Schlamm sickerte und dort für immer verweilen würde.

Mit halbgeschlossenen Augen rollte sie ihren Kopf zur Seite, ihre Hände vollführten einen Tanz, in dem Versuch das Monster über sich zu vertreiben und das Blut aufzuhalten und irgendwie wusste sie, dass sie beide Male scheitern würde.

Ihr Blick glitt hinüber zu den großen Toren, hinter denen Hogwarts lag, hinter denen es sicher war. Und während sie dalag, hatte sie den Grund vergessen, warum sie die Anordnungen der Lehrer im jeweiligen Gemeinschaftsraum zu bleiben, ignoriert hatte.



Unbemerkt flossen Tränen über ihre Wangen, ihre Augen waren fest verschlossen, während sie ihr Gesicht zu einer Grimasse verzog. Es war nicht nur in ihrem Kopf, sie spürte deutlich das Kribbeln in ihren Narben, die sich über ihren Bauch zogen, es waren Erinnerungen, die erneut erwacht waren. Tot… Minerva McGonagall… sie hatte es nicht gewollt, sie hatte das alles nicht gewollt.

Ein dumpfes Wimmern erfüllte den leeren Raum, als sie sich zu einem Ball zusammenrollte.


Das warme Flackern von Kerzen umgab sie, als sie ihre Augen öffnete. Sie lag vollkommen still, versuchte mit ihren Augen ein Gefühl dafür zu bekommen, wo sie sich befand. Ihre Unterlage war weich, ein Bett? Sie atmete einmal tief ein, der Geruch jedoch war fremd und doch zugleich vertraut. Nichts, was sie in ihrem Bett, in ihrem Gemeinschaftraum riechen würde. Würzig, markant, süß, Schlamm und Dreck? Bevor sie bewegen konnte, hörte sie ein Rascheln neben sich.

„Sie sind wach. Gut.“

Erschrocken fuhr sie nach oben.
Jesus Christus! Heilige Mutter Gottes! Was zum Teufel hatte die Stimme ihres Professors neben ihrem Bett zu suchen? Als ob diese beiden Tatsachen vollkommen realitätsfremd waren, blickte sie an sich hinunter und erkannte, dass sie nicht länger ihre Schuluniform trug, sondern eines ihrer alten, verwaschenen weißen T-Shirts und eine rote Sporthose. Auf dem weißen Stoff befanden sich rote Flecken. Leicht panisch starrte sie auf die vertrockneten Blutflecke. Ein pulsierender Schmerz begann sich in ihrem Bauch auszubreiten.

„Wo ist meine Uniform?“, flüsterte sie stumpf, ohne aufzublicken.

„Es ist überaus beruhigend zu wissen, dass Ihre einzige Sorge das Fehlen Ihrer Uniform ist“, hallte die sarkastische, dunkle Stimme ihres Professors zu ihr hinüber.

„Aber wie…?“

„Dobby hat Ihnen etwas von Ihrer… ah, Freizeitkleidung aus Ihrem Schlafraum besorgt. Ich hielt es für angebracht. Ihre ehemalige Uniform, wenn Sie es denn unbedingt wissen müssen, hat meine Couch verschmutzt.“

Sie nickte stumm, noch immer verwirrt darüber was sie hier tat. Wie um alles auf der Welt war sie hierhin gekommen? Sie hatte noch nicht einmal eine Ahnung, wo sich die Gemächer des Professors befanden, noch hegte sie das Verlangen dies zu wissen und jetzt saß sie auf… auf seinem Sofa… in seinem Wohnzimmer?

„Ist das Blut echt?“

„Wirklich, Miss Granger, man sollte annehmen, dass Sie Ihr kostbares Gehirn auch manchmal benutzen.“

Sie knurrte leise, auf ihrer Zunge lag bereits eine schnippische Antwort, aber sie unterdrückte den Wunsch sie einfach auszusprechen und zog stattdessen, sich sehr wohl seiner genauen Beobachtung jeder ihrer Bewegungen, bewusst, vorsichtig ihr T-Shirt ein Stück nach oben. Erschrocken schnappte sie nach Luft, als sie das Ausmaß erkannte. „Oh mein Gott“, rief sie in einem leicht hysterischen Unterton, doch bevor der Stoff noch mehr ihrer Wunden entblößen konnte, umfasste eine kalte, blasse, feste Hand hart ihr Handgelenk.

„Sie sollten sich jetzt ausruhen, Miss Granger. Die Wunden müssen verheilen und das werden Sie nicht, wenn Sie weiterhin diese Charade aufrecht erhalten.“ Bestimmt drückte er ihre Hand zurück und mit seiner anderen zog er ihr T-Shirt wieder hinunter. Aber selbst jetzt schossen die Bilder noch durch ihren Kopf. Ihre Bauchdecke vollkommen zerkratzt, große Striemen zogen sich quer über ihr Abdomen, dort, wo die vermutete Haut fehlte, hatte man Verbandstoff angelegt. Ihr wurde ganz schlecht. Abgeschlachtet war das Wort, welches ihr dazu nur einfiel.

„Wieso bin ich nicht auf der Krankenstation? Wo ist…“ Ihr Blick flog erneut durch das dunkle Zimmer, welches lediglich durch ein paar Fackeln an der Wand beleuchtet wurde. „Wo ist Madam Pomfrey?“

„Professor Dumbledore wird in wenigen Minuten hier sein.“ Seine Stimme behielt seine abschätzige Gleichgültigkeit bei, als er ihrer direkten Frage auswich und aufstand, sich ein paar Schritte von der Couch entfernte und sich dann zu ihr umdrehte.

„Nein!“, würgte sie.

„Nein?“, echote Snape zischend.

Ihr Blick war wild, ihre Augen flogen unkoordiniert im Raum herum, als nach und nach die Erinnerungen zurückkamen. Der Überfall… die Todesser… und O Gott… Professor McGonagall… sie war gefallen, um sie zu retten…. Sie glaubte die steigende Übelkeit nicht halten zu können… und Greyback… „Sie dürfen Professor Dumbledore nicht benachrichtigen“, flehte sie an. Ihn, Professor Snape…jeden anderen Lehrer, aber ihn hatte sie noch nie angefleht, hatte vor ihm noch nie ihre Blöße gezeigt. Ihm, nach dessen Respekt sie immer gesucht hatte – die einzige Person, die kein Mitleid kannte.

Ein Hauch eines herablassenden Lächelns, zuckte um seine Mundwinkel herum. „Ah, Miss Granger, aber das habe ich bereits. Als Ihr Lehrer ist es meine Pflicht den Schulleiter zu unterrichten, sollte einer seiner Schüler tätlich angegriffen werden. Ich bin mir sicher, dass Sie es in einen der vielen Bücher, die Sie ständig aus der Bibliothek ausleihen, irgendwo gelesen haben.
Hogwarts Vorschriften und Regeln, wenn ich mich nicht irre, nicht wahr? Falls Sie es gerne noch einmal nachlesen wollen, kann ich es Ihnen auch gerne ausleihen.“

Hermine schluckte schwer, versuchte den Klos in ihren Hals irgendwie zu unterdrücken, ihre Stimme erstickt, als sie sprach. „Sie verstehen das nicht. Ich hätte nicht… oh Gott…es ist alles meine Schuld… es ist…“

„Sie hätten nicht dort sein sollen? Ist es das, was Sie damit sagen wollen? In der Tat.“ Seine Stimme wurde mit jedem Wort leiser, eine Eigenschaft von der sie wusste, dass seine Wut mit jedem Atemzug wuchs. „Aber das werden Sie gleich mit Professor Dumbledore klären. Es ist nicht länger meine Sorge und ist es nie gewesen. Sie hätten vorher über Ihre Taten nachdenken sollen, Miss Granger. Sie überraschen mich, Potter und seinem lästigen Anhang hätte ich es zugetraut, wenn nicht sogar von ihnen erwartet, aber von Ihnen…“ Er schüttelte den leicht den Kopf, sein Blick kalt, lodernd. Sie wagte nicht daran zu denken, dass sie darin auch so etwas wie Enttäuschung und grenzenlose Wut erkannte. Und sie hatte sie verdient. Jeden Funken, solange es dauern würde, sie hatte es verdient. „Jetzt müssen Sie die Konsequenzen für Ihr Handeln tragen.“

Und sie hatte keinen Zweifel daran, dass er wusste, wovon er sprach. Immerhin musste auch er täglich mit den Konsequenzen leben, die seine Entscheidungen mit sich brachten und sie hatte vorher nie darüber nachgedacht, aber als sie von der klammernden Angst gepackt und zu Boden gedrückt wurde, fragte sie sich, ob es das war, was der Professor jeden Tag spürte, wenn er in den Spiegel blickte.

Aber ihre Gedanken wurden unterbrochen von einem grünen Zischen aus dem Nebenzimmer. Snape wirbelte herum, aber ohne seinen Mantel, hatte es nicht den gewohnten, ehrfürchtigen, einschüchternden Effekt und Hermine erkannte, dass sie zum ersten Mal mehr Angst vor Professor Dumbledore als vor ihrem ehemaligen Zaubertränkelehrer hatte.



Ein leises Stöhnen entfloh ihren Lippen, ihr Atem wehte über den kalten Boden und noch immer verspürte sie die Welle der Übelkeit in ihr. Ihre Gedanken rasten, schlangen sich um nur eine Tatsache: Sie hatte ein Leben auf ihrem Gewissen. Du hast sie umgebracht! Und auch wenn sie nicht wusste, was dieses zerdrückende Gefühl in ihr war, welches sie gar regungslos zurückließ, so kannte ihr Körper nur einen Ausweg und reagierte. Husten, Keuchen, unkontrolliertes Würgen, erschütterte ihre Gestalt und der Kampf in ihrem Inneren verloren, gab sie nach, erlaubte ihren Körper sich das herauszunehmen, was er verlangte.

Und ihr Unterbewusstsein nahm nur am Rande war, dass sich ein Schatten über sie beugte, sie aus ihrem eigenen Dreck rollte, etwas aus ihrem Gesicht wischte. All die Jahre hatte sie sich gewünscht zu wissen, wer sie gewesen war, welches Leben sie geführt hatte, jetzt sehnte sich einfach nur nach ihrer Unwissenheit zurück.

Man zog sie in eine halbwegs aufrichte Position und etwas Kaltes und Nasses flog in ihr Gesicht und für den Bruchteil einer Sekunde war sie hellwach. Die schemenhafte Umrisse eines Gesichtes wurden sichtbar… sie hatte eine Ahnung, dass sie es bereits kannte. Aber es waren die Augen, die sie davon abhielten wieder das Bewusstsein zu verlieren. In ihrer Kälte lag so etwas wie pures Entsetzen… Interessant…

„Merlins verfluchter Arsch…“ Und die Hände waren verschwunden und sie drohte nach hinten zu kippen, die Augen glitten aus ihrem Sichtfeld und sie wollte schreien, ein fernes Rascheln, aber da waren sie wieder. Die Hände und die Augen. Sie erkannte ein kurzes Kopfschütteln. „Scheiße, Granger.“


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