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Die Aurorenzentrale - Little Whinging

von Krabbentaucher

Auf dem Krankenhausparkplatz hielt Dudley an einem silbernen BMW der Fünfer-Baureihe an. Harry meinte, sich an das Fahrzeug zu erinnern, obwohl er vor etwa anderthalb Jahren bei seinem Cousin zu Besuch gewesen war. Allerdings hätte es sich auch um ein neueres Auto mit der gleichen silbernen Lackierung handeln können. Das Aufleuchten der Blinker sagte Harry, daß er einsteigen konnte. Er öffnete die linke Tür und stieg ein. Ein teures, creme-beiges Lederambiente empfing ihn. Der obere Teil der Armaturentafel war schwarz, ein Streifen mit schwarzem Klavierlack trennte den oberen Teil vom cremefarbenen Unterteil. Dudley ließ sich auf den Fahrersitz plumpsen, schnaufte und schnallte sich an. Auch Harry ließ das Gurtschloß klicken.
„Ich fahr dann erst zu Grunnings“, erklärte Dudley überflüssigerweise.
Er startete den Motor. Zumindest sprang die Nadel des Drehzahlmessers auf knapp unter die eins. Dann zog er den Wählhebel auf R, parkte rückwärts aus und steuerte zur Straße.
„Ist es so in Ordnung?“ fragte Dudley.
Harry machte nur: „Hm?“
„Ob es so in Ordnung ist“, wiederholte Dudley.
„Ob was in Ordnung ist“, hakte Harry nach.
„Na, Heizung und Dings, ähm, Lüftung.“
Harry hatte nach vorne auf die Straße geschaut. Erst jetzt sah er, daß sein Cousin mit der linken Hand an einem großen Knopf auf der Mittelkonsole drehte und drückte, während auf einem kleinen Monitor in der Mitte des Armaturenbretts Menüpunkte erschienen und verschwanden.
„Das war doch schon immer so“, behauptete Dudley.
Harry wollte nicht als Hinterwäldler dastehen und sagte deshalb: „Sicher.“
Es reichte schon, daß ihn seine Kinder verdächtigten, noch mit Feuersteinen zu arbeiten, da mußte er sich nicht auch noch derartiges von seinem Cousin anhören.
„Also: Gut so?“ wiederholte Dudley seine Frage.
„Ja.“
Bald kam das vertraute Gebäude mit den großen Buchstaben „Grunnings“ in Sicht. Harry erinnerte sich, wie er hier vor vielen Jahren – wann das war, wußte er nicht mehr – den Rover 75 für das Zaubereiministerium gekauft hatte. Dudley fuhr aber nicht auf den Parkplatz, sondern durch eine Schrankenanlage in eine Tiefgarage hinunter, wo lediglich noch ein Auto stand, und zwar in unmittelbarer Nähe zum Aufzug. Es handelte sich um einen graumetallicfarbenen BMW der Siebener-Reihe, offenbar Onkel Vernons Auto. Dudley parkte nicht ein, sondern wendete, um dann mitten im Fahrweg stehen zu bleiben. Er schaltete den Motor ab und stieg aus, Harry tat es ihm nach.
„Hier ist der Schlüssel“, sagte Dudley und reichte Harry ein kleines Kästchen mit BMW-Signet. „Na los, mach auf.“
Harry suchte nach der Taste mit einem Symbol, das ihm am dienlichsten schien. Tatsächlich leuchteten die Blinker auf. Harry stieg ein. Er saß nun auf genauso creme-beigen Leder wie in Dudleys Auto. Vor ihm war eine riesige, komplett cremefarbene Armaturentafel, in die eine breite Leiste aus Wurzelholz eingelassen war. Die Sitzfläche war zu weit vorne, denn Onkel Vernon hatte kürzere Beine als Harry. Außerdem war er wesentlich dicker, so daß die Rückenlehne ziemlich weit zurückgestellt war.
„Und jetzt?“ fragte Harry und schaute hilflos das bartlose Plastikkästchen in seiner Hand an.
Er fühlte sich in diesem Moment sehr magisch, also hilflos in der Muggelwelt. Irgendetwas an den Feuersteinvermutungen seiner Kinder schien zuzutreffen. Vor seinem geistigen Auge sah er bereits das hämische Grinsen seines ältesten Sohnes.
„Du mußt es da reintun“, sagte Dudley und zeigte auf eine Art Steckdose.
Harry steckte das Kästchen hinein.
„Und den Startknopf daneben drücken.“
Harry tat auch das. Da die Tür offen war, konnte er hören, daß der Motor lief. Dudley zeigte auf die Knöpfe, mit denen der Sitz eingestellt werden konnte. Harry probierte hin und her, bis er schließlich die beste Position gefunden hatte. Dudley demonstrierte den Gebrauch der Taste für die Handbremse. Harry fragte sich, wie er dieses Auto selbständig heil nach Little Whinging fahren sollte.
„Okay?“ fragte Dudley.
„Okay“, log Harry.
„Gut, dann fahr mir nach.“
Dudley schloß die Fahrertür und war verschwunden. Harry wußte von seinen vergangenen Autoerfahrungen glücklicherweise, wie man mit einem Automatikgetriebe umzugehen hatte. Er trat auf die Bremse und legte der Hebel auf R. Dann sah er nach hinten und löste die Bremse. Das Auto kroch rückwärts. Harry brachte es hinter Dudleys Fünfer-BMW und zog den Wählhebel weiter auf D. Dudley saß schon in seinem Wagen. Harry traute sich nicht, das Radio einzuschalten. Dudley fuhr los zur Ausfahrtsrampe. Harry wäre ihm beinahe hinten draufgefahren, weil er das Gaspedal so stark getreten hatte wie er es von seinem Passat gewohnt war.

Nach einigen Kilometer hatte er zwar noch kein Gefühl für das große Auto entwickelt, aber er hatte bereits den Eindruck gewonnen, daß man hier alles nur sehr vorsichtig berühren oder streicheln mußte, um das Auto nicht zu einem abrupten Manöver zu bringen. Immerhin hatte die Beschäftigung mit Onkel Vernons ganzem Stolz den Vorteil, daß Harry eher am Rande mitbekommen hatte, daß es sich bei der Siedlung außerhalb der doppelverglasten Fenster bereits um Little Whinging handelte. Dudley hielt vor einem der Häuser an, das Harry sofort als Ligusterweg Nummer vier wiedererkannte. Er meinte, daß sein Herz auf das teuere Leder der Sitzfläche plumpste. Aber jetzt mußte er den BMW erst einmal auf der Einfahrt abstellen. Vorsichtig holte er aus und bemerkte, daß er zu eng angesetzt hatte. Er bremste und fuhr rückwärts. Dann setzte er neu an, dieses Mal in einem weiteren Bogen. Unter den Rädern knirschte der Kies. Harry trat die Bremse, schob den Wählhebel auf P und drückte die Taste für die Handbremse. Dann zog er die Zündschlüsselschachtel aus ihren Schacht und stieg aus.
„So, dann wäre das erledigt“, verkündete er, als er mit einem Tastendruck das Auto verschloß. „Dudley?“
„Hier! Komm her!“
Zu Harrys Entsetzen stand Dudley vor der Haustür von Nummer vier. Harry ging schnell zu ihm und wollte ihm den Schlüssel in die Hand drücken. Doch in diesem Augenblick öffnete sich die Tür.
„Dudders!“ sagte die knochige, pferdegesichtige Frau mit den wässerigen Augen und den blonden Haaren erfreut. „Komm herein.“
„Ich, ähm – Harry hat Dads Auto hergebracht, du weißt doch...“, stammelte Dudley.
Erst jetzt bemerkte Tante Petunia Harrys Anwesenheit. Ihr Gesicht verdüsterte sich leicht. Wortlos, mit einer eher unwirschen Handbewegung, forderte sie Harry auf, ins Haus zu gehen. Harry ging an ihr vorbei und brachte nur ein „Guten Tag, Tante Petunia“ hervor. Hinter ihm zog sie die Haustür ins Schloß. Harry wußte nicht mehr, bei welcher Gelegenheit er hier zuletzt gestanden hatte, aber er war einigermaßen erschlagen von dem Eindruck des Wiedersehens. Da war die Treppe, die er früher so viele Male rauf- und runtergegangen war und die zu seinem damaligen Zimmer geführt hatte, da war der Schrank unter der Treppe, der zehn Jahre lang seine Unterkunft gewesen war und der Flur mit den Türen, die zum Wohnzimmer, zum Speisezimmer und zur Küche führten. Nur die Tapete war neu. Statt des alten Streifenmusters war sie nun völlig in einem hellen Roséton gehalten.
„Was stehst du hier im Weg? Du weißt doch, wohin es geht“, blaffte ihn seine Tante an.
Mechanisch setzte sich Harry in Bewegung und bog an der ersten Tür ab. Das Wohnzimmer hatte sich stärker verändert als die Diele. Auch hier waren die Streifen an der Wand verschwunden und hatten einer Einheitsfarbe Platz gemacht. Es handelte sich um ein sehr helles Orange. Die ganzen Nippesfiguren, Fotos von Dudley und Beistelltischchen waren geblieben, aber Sofas und Sessel waren neu und lichtgrau, beinahe weiß. Harry nahm sich vor, eine Einladung, sich zu setzen, abzulehnen, um Tante Petunia keine Gelegenheit zu geben, sich darüber zu beklagen, er habe die Möbel schmutzig gemacht. Doch sie brachte ihn gar nicht in Verlegenheit, denn sie wandte sich sofort an Dudley: „Gut, daß du da bist, Diddyspatz. Kannst du eben zum Bahnhof fahren? Der Zug kommt gleich an.“
„Oh – ja“, sagte Dudley und ging hinaus.
Nun waren Harry und Tante Petunia allein. Sie setzte sich in einen Sessel, er stand am Kamin. Beide schwiegen. Harry erinnerte sich, daß er zum ersten Mal seit zwanzig Jahren mit seiner Tante allein war. Zuletzt war das für einen kurzen Moment gewesen, als sowohl er als auch die Dursleys den Ligusterweg Nummer vier verlassen hatten. Tante Petunia brach das Schweigen: „Du hast also Vernon besucht?“
„Ja.“
„Wie hat er reagiert?“
„Er hat mich nicht rausgeschmissen.“ Harry dachte an das, was ihm sein Onkel an den Kopf geworfen hatte. „Er hat so getan, als sei ich schuld an seinem Herzinfarkt. Nach zwei Jahrzehnten. Dabei sollte er besser etwas an seinem Leben und seinem Verhalten ändern.“
„Kannst du das überhaupt beurteilen?“ giftete Tante Petunia. „Falls du damit sagen willst, daß mein Essen...!“
„Nein, das nicht“, wiegelte Harry ab. „Es ist nur so, daß er sich schon immer fürchterlich aufgeregt und dann einen puterroten Kopf bekommen hat. Nicht nur meinetwegen, sondern überhaupt. Außerdem hat er doch so viel bei Grunnings erreicht – da kann er doch langsam mal kürzertreten.“
Zuerst sagte Tante Petunia nichts. Dann bemerkte sie: „Vernon war immer ein guter Vater und ein guter Ehemann.“
Jetzt sagte Harry nichts. Er wollte keinen Streit. Keinen Streit darüber, daß Onkel Vernon kein guter Onkel gewesen war und daß seine Qualitäten als Vater ebenso in Frage standen wie Tante Petunias Qualitäten als Mutter. Stattdessen murmelte er: „Dudley hat ja wohl Fuß gefaßt bei Grunnings. Als Techniker.“
„Ja, hat er.“
Die Unterhaltung verlief derart zäh, daß sich Harry fragte, was er hier überhaupt noch machte.
„Du hast Kinder?“ fragte Tante Petunia unvermittelt.
Harry war überrascht. Könnte sie tatsächlich Interesse an ihm und seiner Familie entwickelt haben?
„Ja, drei“, sagte er. „Ein Mädchen und zwei Jungs. Acht, elf und 13 Jahre alt. Der Älteste geht schon nach Hog-, ähm, auf diese Schule, du weißt schon. Willst du sie mal sehen?“
Tante Petunia hob abwehrend die Hände: „Oh nein! Was ich an Kontakten mit der magischen Welt hatte, reicht mir völlig. Ich lebe hier seit 19 Jahren endlich mein normales Leben, das soll auch so bleiben.“
Harry hatte schon nach den Fotos seiner Kinder gefingert und ließ die Hand enttäuscht wieder sinken. Mit bitterem Unterton sagte er: „Meine Kinder sind so normal wie andere auch. Sie sehen genauso aus und kleiden sich auch so. Sie...“
„Sie sind aber nicht so“, schnappte Tante Petunia. „Ich hatte eine Hexe als Schwester. Ich habe einen Zauberer als Neffen. Dauernd hatte ich mit diesen – diesen – unnormalen Dingen zu tun. Deshalb passen wir alle – Vernon, Dudley und ich – genau auf, ob sich auch bei Michael solche... Tendenzen zeigen. Zum Glück scheint er... gesund zu sein.“
Harry wußte nicht recht, ob er wütend, traurig oder belustigt sein sollte, also schwieg er besser. Auch Tante Petunia sagte nichts. Dann fragte Harry: „Warst du überhaupt mal in Godric's Hollow?“
„Was soll ich da?“
„Auf dem Friedhof hinter der Kirche liegt deine Schwester begraben.“
Tante Petunia schaute düster auf ihre Fingernägel. Dann murmelte sie: „Womöglich ist das Grab verhext. Oder es stehen irgendwelche schlimmen Sachen drauf.“
„Es ist nicht verhext. Einfach nur ein Grab. Die Inschrift lautet: 'Der letzte Feind, der besiegt werden wird, ist der Tod.' Ist wohl ein biblischer Spruch, kein Zauberspruch“, sagte Harry trocken.
„Du warst also da?“
„Natürlich. Zum ersten Mal ein halbes Jahre, nachdem ich hier ausgezogen bin. Da wäre ich beinahe Lord Voldemort in die Hände gefallen.“
„Lord Voldemort...“, wiederholte Tante Petunia. „Der Mann, ohne den das alles nicht passiert wäre. Alles wäre immer völlig normal verlaufen. Dudley hätte ohne Verzug seine Schule abgeschlossen und...“
„Dudley hätte kaum einen A-Level geschafft, wenn er in diesem einen Jahr nicht Nachhilfe bekommen hätte“, fauchte Harry.
„Aber das gehörte ja wohl nicht zu eurem famosen Plan, nicht?“
„Nein. Aber für Voldemort konnte ich nichts. Der Orden auch nicht. Ihr ausnahmsweise auch nicht. Glaub mir, ich wäre viel lieber in Godric's Hollow aufgewachsen. Zusammen mit meiner Mutter und meinem Vater, die meinen Kindern sicher gute Großeltern geworden wären. Ich war auch vor dem Haus. Und später sogar mal darin, weißt du das?“
„Nein. Interessiert mich auch nicht.“
„Das Haus liegt am Ortsrand. Ich hätte draußen rumtollen können, ich hätte Freunde haben können...“
„Die hättest du hier auch haben können, wenn du nicht so unnormal gewesen wärst.“
Harry lachte auf.
„Das, Tante Petunia, hat Dudley zuverlässig verhindert. Er hat jedem ziemlich klar vermittelt, daß derjenige Probleme bekommen würde, der es wagen sollte, sich mit mir anzufreunden.“
„War vielleicht auch besser so“, erwiderte Tante Petunia. „Wer weiß, was einem Freund eines Du-weißt-schon-was zugestoßen wäre.“ Sie holte Luft. „Und du weißt, welche Rolle es spielt, daß ich – jawohl, ich! – dich hier aufgenommen habe.“
„Ja, das weiß ich“, gab Harry bitter zu.
In diesem Moment läutete die Türklingel. Tante Petunia sah Harry an. Er vermutete, daß sie von ihm erwartete, zur Tür zu gehen, da er sowieso gerade stand. Froh, endlich dem Wohnzimmer entfliehen zu können, ging er hinaus in den Flur zur Haustür. Vor der Glasscheibe zeichnete sich eine massige Figur und dahinter eine weitere ab. Harry öffnete die Tür – und hätte sie am liebsten wieder zugeschlagen.
„Du! Hier?“
Tante Magda war nur älter, aber nicht hübscher geworden. Auch ihren Damenbart hatte sie nicht richtig entfernt. Wenigstens war sie ohne Bulldogge erschienen. Nach Harrys Erinnerung dürfte Ripper ohnedies schon vor Jahren verstorben sein.
„Ich gehe gleich“, erwiderte er steif.
Er blickte vorwurfsvoll den hinter Tante Magda stehenden Dudley an, dessen Gesicht verriet, daß ihm offenbar erst jetzt aufging, daß er Harry vorher hätte informieren sollen. Harry trat beiseite, um beide einzulassen. Dabei sah er, daß auch Tante Petunia im Flur stand. Sie sah ziemlich besorgt aus.
„Immer noch bei der Polizei oder was war das?“ blaffte Tante Magda Harry an.
„Ja.“
„Dann kannst du ja Freund und Helfer sein und mein Gepäck – wo habe ich es denn?“
„Ich habe es und bringe es schon hoch“, rief Dudley schnell und drängte sich an Harry und Tante Magda vorbei die Treppe hoch.
Tante Petunia setzte ein falsches Lächeln auf und sagte: „Magda! Willkommen! Ich werde dann gleich damit beginnen, die Teezeit vorzubereiten, und dann können wir morgen zu Vernon fahren. Dudley fährt uns.“
„Petunia, ich bin froh, dich zu sehen, du mußt ja eine schwere Zeit gehabt haben!“ sagte Tante Magda, umarmte Tante Petunia und ließ ihren Wangenknochen an Tante Petunias knochiges Gesicht krachen. „Bleibt der da auch zur Teezeit?“
Sie ruckte dabei mit dem Kopf in Harrys Richtung.
„Nein, ich wollte sozusagen schon gehen“, sagte Harry schnell. „Ich habe nur vorhin deinen Bruder besucht und...“
„... und hast ihn sicher dem Grab noch einen Schritt näher gebracht“, schnaubte Tante Magda.
„Ähm, nein, ging eigentlich, und hauptsächlich sollte Harry ja Dads Auto von Grunnings hierher fahren“, sagte Dudley schnell, der gerade die Treppe herunterkam.
„So, naja, hm“, machte Tante Magda. „Na, immerhin scheinst du ja ein wenig Anstand zu haben. Besuchst meinen Bruder, jetzt, wo es ihm dreckig geht. Immerhin hat er dich aufgenommen und mit durchgezogen, statt dich... sonst wohin zu geben.“
Tante Magda sprach „sonst wohin“ so aus, als meinte sie damit nicht das Waisenhaus, sondern die Mülltonne.
„Familienbande“, erwiderte Harry steif.
Tante Magda sah Harry kritisch an.
„Mir gefällt deine Art nicht. Hat mir nie gefallen. Im St Brutus hätten sie dir wahrscheinlich ein besseres Betragen eingebläut. Da hat mich mein Bruder angelogen. Aber ich verstehe ihn. Wer hätte auch schon zugegeben, daß du auf dieses alternative Öko-Internat in Schottland gehst. Ich sicher nicht. Nur komische Ideen. Sicher kommen da 'ne Menge Kommunisten her. Die dann unsere Polizei unterwandern. Hast du überhaupt Kinder zustandegebracht?“
Harry fand diese Bemerkung nicht nur einfach unverschämt, sondern auch noch unverständlich, bedurfte es doch keiner besonderen Mühe, Kinder zustandezubringen, und war es doch Tante Magda, die kinderlos war.
„Ja“, antwortete Harry knapp.
„Wahrscheinlich sogar drei oder noch mehr, wie alle, die nicht genug kriegen. Und die gehen wahrscheinlich auch alle in diese komische Freak-Schule. Und das ist die Zukunft unsere Landes, man möchte es kaum glauben...“
Harry schluckte seinen Ärger runter. Da er an der noch immer offenen Haustür stand, stellte er sich in den Türrahmen und sagte: „Tante Petunia, Dudley, ich werde dann mal jetzt zum Zug zurück nach London gehen.“
„Soll ich dich fahren?“ fragte Dudley.
„Danke, aber es fahren ja auch Busse“, sagte Harry und ergänzte mit einem Seitenblick auf Tante Magda: „Für so etwas muß ich mich nicht fahren lassen.“
Er trat ganz hinaus, schloß die Tür und ging zur Straße. Für den Fall, daß Tante Magda ihm durch das Wohnzimmerfenster hinterhersehen würde, ging er zunächst in Richtung der Bushaltestelle. Als er außer Sichtweite des Hauses war, disapparierte er.

Zurück im Grimmauldplatz Nummer zwölf berichtete Harry Ginny vom Verlauf des Besuchs.
„Manchmal ändern Leute ihre Haltungen, wenn sie einen Schuß vor den Bug bekommen“, seufzte Harry abschließend. „Aber hier hat sich gar nichts bewegt. Bei Onkel Vernon nicht, bei Tante Petunia nicht.“
„Was hast du denn erwartet?“ hakte Ginny nach. „Du hast doch die Bilder der Kinder mitgenommen. Hast du geglaubt, daß dein Onkel dich gerührt umarmt und ankündigt, nach seiner Genesung zu Besuch zu kommen, um seine Großneffen und Großnichte kennenzulernen?“
„Das wohl nicht“, sagte Harry und zuckte mit den Schultern. „Ach, ich weiß nicht. Vielleicht habe ich erwartet, daß er – und übrigens auch Tante Petunia – akzeptiert, daß ihr Neffe Zauberer ist, daß das keine Krankheit ist, und daß ich eine Familie habe, die notwendig magisch ist. Und vor allem, daß diese meine Familie auch Teil der Dursley-Familie ist.“
Ginny kicherte plötzlich.
„Was ist?“ fragte Harry.
„Ach, ich mußte nur gerade an diesen Stammbaumteppich oben im Salon denken. Den der Familie Black...“
Harry begriff und mußte nun selbst lachen.
„Jaah, das wäre was! Wenn wir mal einen Stammbaumteppich weben lassen, dann würden auch die Dursleys drin auftauchen. Also Onkel Vernon, Tante Petunia und Dudley. Und Michael. Und natürlich auch Emma. Und...“, Harry mußte noch einmal lachen, „sogar Tante Magda, stell dir das vor!“
„Inmitten der ganzen Potters und Weasleys!“ ergänzte Ginny. „Harry, wenn wir uns jemals so ein Ding zulegen sollten, dann mußt du umbedingt alle einladen, damit sie es sehen!“
„Gute Idee, Ginny! Aber Tante Magda gehört nicht zu dem Personenkreis, der nach dem Geheimhaltungsabkommen von uns wissen darf.“
Ginny winkte ab: „Das wäre doch zu schön, da sollte man ihr zeigen, mit was für Leuten sie verschwägert ist, und ihr dann einen Gedächtniszauber verpassen. Allein dafür würde sich doch der Ärger mit der Muggelabwehr des Ministeriums lohnen!“

Am Dienstag meldete sich in der Aurorenzentrale Dean bei Harry: „Unser Auto ist fertig. Parkt am Besuchereingang. Kommst du?“
Harry sprang auf und sagte: „Sofort.“
Gemeinsam gingen beziehungsweise fuhren sie hinunter ins Atrium, von wo sie mit der Telefonzelle hochfuhren an die Oberfläche.
„Da ist er“, sagte Dean und zeigte auf den feuerroten Bedford CF, der so aussah wie vorher.
Harry trat näher. Auch jetzt konnte er keine Änderung feststellen. Nach wie vor hatte der Kleinbus rundum Fenster, innen sah man die Sitze und das spartanische Armaturenbrett. Erwartungsvoll sah er Dean an. Dean holte den Schlüssel hervor und erläuterte: „Mit dem Zauberstab kommt man hier nicht weit. Wäre auch blöd, wenn jeder Zauberer das Ding öffnen und vor allem abschließen kann. Deshalb bekommt jeder einen Schlüssel. Die Schlösser sind nämlich so verzaubert, daß sie nur auf die Schlüssel reagieren, auf denen ein entsprechender Zauber liegt. Und damit wir keine Zeit verlieren...“
Dean tippte mit dem Schlüssel das Schloß der Fahrertür kurz an und öffnete die Tür dann.
„Aha, man muß nicht erst stochern“, folgerte Harry. „Laß mich mal sehen.“
Er stieg ein und setzte sich auf den Fahrersitz. Zu seiner Enttäuschung tat sich nichts. Er saß einfach am Steuer eines alten Bedford, links neben sich ein Beifahrersitz, hinten zwei Sitzreihen. Dean grinste.
„Komm raus, Harry. Paß mal auf.“
Harry kletterte wieder raus und warf die Fahrertür ins Schloß. Dean tippte mit dem Schlüssel das Schloß der Seitentür in der Mitte an und öffnete sie. Mit einer einladenden Handbewegung forderte er Harry auf, einzusteigen. Harry folgte der Aufforderung. Als er einen Fuß in das Fahrzeug setzte, war alles noch normal. Vor ihm lagen die zwei hinteren Sitzreihen. Doch als er den zweiten Fuß ins Fahrzeug setzte, änderte sich alles. Vor ihm tat sich ein respektabler Raum mit einem Schreibtisch, mehreren Sitzen, einer kleinen Kitchenette und zwei Türen auf.
„Laß mich mit rein“, verlangte Dean von hinten.
„Oh ja, entschuldige“, sagte Harry und machte einen Schritt beiseite.
Dean stieg ein und schloß die Tür.
„Für jeden draußen sieht es so aus, als sei das ein normaler alter Kleinbus, der leer ist“, erläuterte er.
„Also so, wie ich ihn eben beim Drumherumgehen gesehen habe?“ fragte Harry nach.
„Genau. Und beim Einsteigen sieht es so aus, als würde man in einen normalen Kleinbus einsteigen. Steht man mit beiden Füßen drin, wird der Zauber wirksam: Der ganze Bus steht einem zur Verfügung und jeder, der keinen verzauberten Schlüssel hat und der gesehen hat, wie man eingestiegen ist, wird automatisch mit einem Verwirrungszauber belegt, so daß er sich nicht wundert, wieso der Bus leer ist, obwohl gerade jemand eingestiegen ist. Hier in der Ecke ist übrigens der einzige Ort, der ohne Antiapparierzauber ist, damit wir ganz ungesehen reinkommen. Leider war es nicht möglich, einen Kamin einzubauen, der an das Flohnetzwerk angeschlossen ist. Mobile Einheiten können nicht ans Netzwerk angeschlossen werden.“
„Und vorne?“ fragte Harry.
„Die vorderste Reihe, also Fahrer- und Beifahrerplatz, ist vom Zauber nicht betroffen. Man fährt also immer einen leeren Bus durch die Gegend. Scheinbar.“
Harry sah sich um und zeigte auf die beiden Türen: „Was ist das?“
Dean ging hinüber und öffnete erst die eine Tür: „Bitte schön: Das Bad mit dem stillen Örtchen.“ Dann öffnete er die andere Tür: „Das Gästezimmer.“
Bei dem Gästezimmer handelte es sich um einen kahlen, fensterlosen Raum mit Stahlwänden und einem festgeschraubten Sitz an der Wand. Außerdem lag an einer Öse befestigt eine Kette auf dem Boden.
„Passen höchstens zwei rein“, bemerkte Harry.
„Das ist ja auch nicht als Gefangenentransporter gedacht“, erwiderte Dean. „Hier sollen nur die rein, die uns in die Quere kommen, bevor wir eine Aktion starten können.“
Dean schloß die Zellentür wieder. Harry sah sich noch einmal um.
„Wohnlich“, stellte er fest.
„Geht noch wohnlicher“, verkündete Dean und zückte seinen Zauberstab.
Nach einem Schlenker klappten an der Wand zwei übereinander liegende Kojen heraus.
„Aha, für längere Einsätze, sehr gut“, lobte Harry. „Ist ja wirklich gut geworden. War vermutlich nicht billig.“
„Nein“, gab Dean zu. „Der magische Umbau hat doppelt so viel gekostet wie die Anschaffung des Basisfahrzeugs.“
Harry gab sich gnädig: „Du hast ja ein altes Auto gekauft, da war das Basisfahrzeug wenigstens nicht teuer. Sehr gut. Mein Lob auch an Mr Turgidson.“
„Ja, der hat den Entwurf für die Innenausstattung geliefert. Ich habe mich um die einzubauenden Zauber gekümmert.“
Harry nickte.
„Gut. Das Teil hat vermutlich dieselben Fahreigenschaften wie die anderen Ministeriumsfahrzeuge, also durch den Verkehr schlängeln und schneller da sein?“
„Ja, natürlich.“
„Dann bring die Kiste bitte in unser Ausbildungszentrum bei Ffestiniog. Ich werde einen Zeitplan aufstellen für die Einweisung. Du und Mr Turgidson macht das mit der Einweisung. Okay?“
„Ja, machen wir, Harry.“

Der erste Sonntag im Juni war der Vierte. Harry verabschiedete sich am späten Nachmittag von seiner Familie und reiste per Flohpulver direkt in sein Büro. Er wollte nicht im Atrium ankommen, weil er vorher noch eine kleine Dienstbesprechung hatte.
„Alle sind eingewiesen?“ fragte er.
„Ja“, bestätigte Dean.
„Gut. Dann können wir mit dem Einsatz des Bedford beginnen. Wir stellen ihn vor dem Haus der Hexe auf. Immer mindestens fünf Leute, immer die Langziehohren im Einsatz.“
„Glaubst du nicht, daß das jemandem auffällt, wenn das Ding immer vor dem Haus steht?“ fragte Sheila.
„Nein. Mein Auto steht ja auch immer auf dem Grimmauldplatz“, sagte Harry. „Das ist doch so: Ein Auto erscheint neu und bliebt. Also hat jemand aus der Nachbarschaft das Auto angeschafft und stellt es nun dort ab, wo etwas frei ist. Und damit das auch glaubwürdig ist, muß hin und wieder etwas Aktivität entfaltet werden. Damit meine ich, daß mal etwas in das Auto ein- oder etwas daraus ausgeladen werden muß. Wenn gerade niemand im Haus ist, muß das Auto auch mal bewegt werden, damit es woanders steht. Also zwei oder drei Meter vor oder zurück. Und wir müssen auch einmal in der Woche für einige Stunden ganz weg sein. Aber unregelmäßig. Dann ergibt sich zwar eine Überwachungslücke, aber für jeden sieht es dann so aus, daß das Auto auch tatsächlich in Benutzung ist.“
„Ist es ja auch“, kicherte Dean.
„Du weißt, welche Art von Benutzung ich meine“, sagte Harry.
„Ja, klar.“
„Gut, morgen geht es los. Am Nachmittag. Autos kauft man eher vormittags. Also muß das neue Auto am Nachmittag in die Umgebung eingegliedert werden. Okay?“
„Ja“, sagten Dean und Sheila.
„Und ich muß jetzt hinunter ins Atrium. Ich will Professor McGonagall nicht Rede und Antwort stehen müssen, weshalb ich zu spät komme. Jetzt kommen erstmal zwei Wochen Prüfung in Hogwarts. Dorthin dann nur verschlüsselte Nachrichten, also scheinbar belanglose Texte.“

Zu spät war Harry nicht, aber Professor McGonagall wartete schon im Atrium.
„Guten Tag, Mr Potter“, sagte sie.
„Guten Tag, Professor“, erwiderte er den Gruß. „Ich war eben noch mal oben in meinem Büro. Ich hatte was vergessen.“
„Nun gut, wir sind ja noch pünktlich. Jetzt müssen wir noch auf die anderen warten. Der Wagen ist schon bestellt und wartet oben. Ich habe mich soeben vergewissert.“
„Dann werden Sie jetzt zum ersten Mal in Hogwarts sein, ohne in der Großen Halle am Essen teilzunehmen“, bemerkte Harry.
Professor McGonagall sah ihn zuerst überrascht an, nickte dann aber.
„Sie haben Recht. Ja, jetzt bin ich eine Prüferin. Und das heißt, daß auch ich mich vom Schulbetrieb entfernt zu halten habe.“
„Das wird ein merkwürdiges Gefühl sein“, versicherte ihr Harry.
„Vermutlich.“
Nach und nach trudelten die anderen Prüfer ein. Zwei kamen zu spät und wurden mit tadelnden Blicken der Kommissionsvorsitzenden bedacht. Sie sagte dann: „So, nachdem wir endlich alle vollzählig sind, können wir nach oben.“
Oben stand der große alte Jaguar Mark VIII schon bereit. Professor McGonagall nahm in der Mitte neben dem Fahrer Platz, Harry neben ihr auf der linken Seite. Nachdem alle und alles an Bord waren, setzte sich der Fuhrparkzauberer hinter das Steuer.
„Sie wissen ja, wohin es geht“, sagte Professor McGonagall knapp.
„Sehr wohl“, erwiderte der Fahrer und fuhr los.
Sie fuhren in einen goldenen Spätnachmittag und Abend hinein. Gewohnt schnell war Schottland erreicht. Professor McGonagall verkrampfte sich kurz, als der Wagen plötzlich abbog und auf einen solide wirkenden Hang zuhielt. Er stieß jedoch mit nichts zusammen, sondern befand sich plötzlich in dem Tunnel, der ein Stück von Hogsmeade entfernt endete. Schon rollte das Auto durch das Dorf und Hogwarts mit seinen mächtigen Türmen kam in Sicht. Der Zauberer lenkte durch das mit den geflügelten Ebern geschmückte Tor und hielt vor den Stufen, die zum großen Tor der Eingangshalle hinaufführten.
„Unser Gepäck wird reingebracht, nehme ich an“, sagte Professor McGonagall zwar forsch, sah aber Harry fragend an.
Dieser deutete ein Nicken an und stieg aus. Professor McGonagall folgte ihm und auch die anderen Prüfer stiegen mehr oder weniger mühsam aus. Die Vorsitzende schritt zügig die Treppen hoch, öffnete das Tor und trat in die Eingangshalle. Harry und die anderen folgten ihr. Professor Sprout kam gerade aus der Großen Halle und begrüßte die Kommission: „Ah, da sind Sie ja. Minerva, freut mich, Sie wiederzusehen. Ich wußte, Sie würden es nicht lange aushalten so ganz ohne Kontakt zur Schule.“
„Sicher, Pomona. Aber wir prüfen ja erst ab morgen.“
„Kommen Sie doch mit in das Schulleiterbüro zu einem kleinen Willkommenstrunk. Um ihr Gepäck wird sich gekümmert. Jeder hat sein gewohntes Zimmer. Minerva, du bekommst das, in dem Professor Tofty immer gewohnt hat.“


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