Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Die Aurorenzentrale - Die Dänische Insel

von Krabbentaucher

Ein Abendessen, eine Nacht und ein zugegebenermaßen sehr frühes Frühstück später mußte Harry feststellen, daß die Arktis ein recht schöner Ort sein kann, wenn man sich in einem beheizten Boot statt in einem Zelt aufhält, in dem man vergessen hatte, den Ofen in Gang zu setzen. Das Wetter war noch immer hervorragend, so daß er allmählich begann, das Abenteuer zu genießen. Das Boot preschte mit recht hoher Geschwindigkeit an der Westseite des Prins Karls Forland entlang. Arne Jensen hatte sich für die Außenseite entschieden, weil es hier keine Untiefen wie im Forlandsund gab und es außerdem eine geringere Störung der Tiere dort bedeutete, wenn einfach nur durchreisende Boote diese Passage mieden. Der Nachteil bestand darin, daß das Boot der Dünung der offenen Barentssee ausgesetzt war. Auch wenn ruhiges Wetter herrschte, war Miss Williamson etwas blaß um die Nase.
Das Prins Karls Forland war eine langgezogene Insel, die der Westküste Spitzbergens vorgelagert war und die knapp neunzig Kilometer lang war. Vom flachen Süden abgesehen erhob sich auf ihr eine Kette beeindruckender, alpin wirkender Berge.
„Die Ostseite wäre allerdings spektakulärer“, bemerkte Tony. „Da gibt es viele sehr schöne Gletscher. Die gibt es auf dieser Seite gar nicht.“
„Und was für Gestein ist das?“ fragte Ron.
„Gebirgsgrundgestein. Metamorphes Gestein wie Schiefer, Quarzite und so weiter. Alttertiäre Faltung“, erwiderte Tony ruhig.
„Und was ist unsere nächste Station?“ fragte Harry, der die Organisation der Bootsreise allein Tony überlassen hatte.
„Ny Alesund. Liegt im Kongsfjord. Da wollte ich beim Norwegischen Polarinstitut vorbeischauen und Fotos von den Formationen im Fjord machen. England hat zwar auch eine Station dort, aber die forscht nur biologisch.“
Harry rechnete hoch, wie lange sie brauchen würden, bis sie den Fjord wieder verlassen könnten: Allein die Fahrt von Trygghamna bis Ny Alesund würde mehr als vier Stunden in Anspruch nehmen, dazu noch der Aufenthalt im Ort und dann noch eine Tour durch den Fjord, das schloß nach Harrys Schätzung aus, Dansköya noch am selben Tag zu untersuchen.
„Für wann hast du denn Dansköya eingeplant?“ fragte er Tony.
„Für heute spätabends“, antwortete Tony. „In der Nacht scheint die Sonne von Norden, da haben wir besseres Licht. Es hat schließlich seinen Grund, weshalb wir heute so früh aufgebrochen sind.“

Endlich passierte die Grid North den mächtigen Berg Fuglehuken, der das nördliche Ende des Prins Karls Forland markierte. Harry hatte im Bücherbestand des Bootes ein Buch mit dem Titel „Die Ortsnamen von Svalbard“ gefunden und hieraus erfahren, daß die Engländer im 16. Jahrhundert am Fuß dieses Berges jene Walfangstation unterhielten, die von Jonas Poole als „Fair Vorland“ bezeichnet wurde, während es sich bei dem Prins Karls Forland um die bei Poole so bezeichnete Kijn Insel handelte. Offenbar hatte Poole weder gewußt, daß sein Namensvetter diese Insel als „Black Point Island“ bezeichnet hatte, noch, daß seine Landsleute zu seiner Zeit bereits den Namen „Prince Charles Foreland“ benutzten. Das führte Harry vor Augen, wie kompliziert es ist, aus historischen Quellen auf Orte zu schließen.
Die Grid North fuhr in den Kongsfjord ein, einer breiten Bucht, deren Südufer am Eingang aus Flachland bestand und wo sich erst bei einem kleinen Ort hohe Berge erhoben, denen man schon ansah, daß sie aus gefaltetem und übereinandergeschobenem Sediment bestanden. Der Ort selbst wurde allerdings gerade beherrscht von einem Kreuzfahrtschiff, das den Eindruck erweckte, doppelt so groß zu sein wie die gesamte Bausubstanz an Land. Der Norden des Fjordes wirkte so wie Nordküste des Isfjords. Allerdings standen hier die Berge enger, so daß ein Gletscher malerisch in zwei engen Kurven zum Wasser herunterlief. Am anderen Ende lag eine riesige weiße Eisfläche, aus der kompakte und flache Berge, weiter entfernt aber vereinzelte dreieckige Berge wie Hörner herausschauten.
„Sind wir endlich da? Was bin ich froh, daß diese Schaukelei aufgehört hat“, meldete sich Miss Williamson zu Wort.
In der Tat war das Wasser im Kongsfjord sehr ruhig. Das Boot glitt auf den Kreuzfahrer zu, der an einem in den Fjord hineingebauten Anleger vertäut war. Auf der Innenseite des Anlegers gab es an Pontonstegen Liegeplätze für Boote, wo nun auch die Grid North festmachte. Miss Williamson war als erste an Land. Auch die anderen stiegen aus, Arne Jensen trug ein Gewehr.
„Mr Corrigan wollte doch zu dieser Forschungsstation, und ich weiß, daß Sie sich für die Geschichte von Svalbard interessieren. Ny Alesund ist voller Geschichte, aber dafür müssen wir etwas aus dem Ort hinausgehen“, erläuterte er.
Tony verabschiedete sich und lief über den Damm, der den Kai mit dem Ufer verband, in Richtung auf den Ort zu, der aus einer Ansammlung recht weit verstreuter bunter Holzhäuser bestand. Harry schaute auf das Kreuzfahrtschiff und fragte sich, ob es den Kai abreißen würde, wenn man versehentlich vergessen würde, die Taue zu lösen. Arne Jensen gab das Zeichen zum Aufbruch und ging ebenfalls zum Ort. Die anderen folgten ihm. Ein am Weg auf einem kurzen Schienenstrang stehender Zug mit einer kleinen schwarzen Dampflokomotive und offenen hölzernen Wagen, von denen die weiße Farbe blätterte, verwies auf die Bergbauvergangenheit des Ortes.
Das Wetter war nach wie vor sonnig mit einem makellos blauen Himmel. Die Farben der Häuser kamen gut zur Geltung. Allerdings zeigte sich, daß der Ort gerade sehr überlaufen war, denn das Kreuzfahrtschiff schien sämtliche Passagiere in Ny Alesund abgeladen zu haben. Ein großer Teil hatte sich um ein kleines, beigefarbendes Häuschen versammelt.
„Das ist das nördlichste Postamt der Welt“, erläuterte Arne Jensen. „Wollen Sie auch einen Brief absenden?“
„Nicht jetzt“, wehrte Harry angesichts der Menschenmassen ab. „Außerdem komme ich eher wieder zurück als die Karte oder der Brief.“
Halbwegs der Küste folgend verließen sie die Ort. Arne Jensen hielt an, nahm das Gewehr von den Schultern – Harry erkannte so viel, daß es sich um eine modernere Waffe handelte als der Wehrmachtskarabiner von Tony – und lud es. Dann hing er es wieder über seine Schulter. Miss Williamson ließ besorgt ihren Blick über die Umgebung schweifen. Schließlich gelangten sie an einen hohen Gittermast mit einer Gedenktafel davor.
„Die erste Radiostation auf Svalbard?“ fragte Harry.
„Nein, das ist ein Ankermast für Luftschiffe“, erwiderte Arne Jensen. „Diesen Mast hat Roald Amundsen bauen lassen für sein Luftschiff 'Norge'. Der Hangar, den er da drüben gebaut hat, gibt es nicht mehr.“
„Und was hat er mit dem Luftschiff gemacht?“ fragte Ron.
„Er ist 1926 zusammen mit Umberto Nobile und dem amerikanischen Milliardär Ellsworth damit zum Nordpol und dann weiter nach Alaska geflogen. Später haben sich die beiden verkracht.“
„Wegen des Ruhms“, vermutete Ron und Arne Jensen nickte.
„Nobile hat später noch einen Flug mit der fast baugleichen 'Italia' zum Nordpol unternommen, ist dann aber auf dem Rückweg hierher abgestürzt. Dafür hat er den Mast auch benutzt. Roald Amundsen ist übrigens bei der Rettungsaktion ums Leben gekommen. Nobile selbst hat auf einer Eisscholle überlebt. Übrigens gelten Amundsen, Nobile und Ellsworth als die ersten, die am Nordpol waren. Peary, von dem man lange glaubte, daß er als erster dort war, ist nach heutiger Meinung nicht in die Nähe des Pols gekommen.“
„Also war Peary ein Betrüger?“ hakte Harry nach.
„Kann man so nicht sagen. Die Positionsbestimmung in der Arktis ist schwierig, weil hier häufig Wolken hängen und außerdem die ganzen Meridiane eng zusammenlaufen.“

Auf dem Rückweg zum Ort fragte Miss Williamson Harry leise: „Was ist denn ein Luftschiff?“
Ron schloß sich an: „Das wollte ich auch gerade fragen.“
„Ein Luftschiff ist so etwas ähnliches wie ein Ballon, aber es hat Motoren und sieht aus wie ein Zäpfchen. Die Leute befinden sich in einer Gondel unter dem, ähm, Rumpf oder wie man das nennt.“
„Ich glaube, ich habe so etwas schon mal über England gesehen – mit irgendeiner Muggelwerbung drauf“, überlegte Miss Williamson.

Tony war noch unterwegs. Arne Jensen wollte sich um sein Boot kümmern, so daß Harry, Ron und Miss Williamson im Ort herumstreiften. Viel herumzustreifen gab es nicht, aber immerhin strömten die Kreuzfahrtpassagiere zurück zu ihrem schwimmenden Großhotel. Ron entschloß sich, vom nördlichsten Postamt der Welt eine Postkarte an seine Kinder abzusenden. Harry folgte seinem Beispiel:

Liebe Lily,
lieber Albus und lieber James,
und natürlich auch Du, Ginny,

viele Grüße vom eiskalten Sommer in der Arktis. Schaut mal auf den Poststempel, der ist vom nördlichsten Postamt der Welt. Gleich werde ich mit Onkel Ron noch in das nördlichste Café der Welt gehen.

Viele Grüße
Harry

„Meine Eltern würden wahrscheinlich sehr verunsichert sein, wenn ein Muggelpostbote eine Postkarte bei ihnen einwerfen würde“, sagte Miss Williamson.
Das Café befand sich gleich in der Nähe des Denkmalzuges und verfügte über eine hölzerne Außenterrasse mit einem phantastischen Blick über den weiten Fjord. Es war zwar kühl, aber gut eingemummelt ließ es sich dank der Sonne aushalten. Unten am Kai wurden von dem Kreuzfahrer die Leinen losgemacht. Das Schiff nahm Fahrt auf, beschrieb einen Halbkreis nach links und verließ langsam den Fjord. Als es schon nicht mehr zu sehen war und Harry, Ron und Miss Williamson ihren Kaffee ausgetrunken hatten, sahen sie Tony am Haus vorbei zum Anleger hinuntergehen.
„Jetzt gibt es Mittagessen“, freute sich Ron und stand auf.

Das Essen nahmen die Reisenden ein, während das Boot am Anleger von Ny Alesund lag. Danach startete Arne Jensen den Motor, Tony löste die Leinen. Das Boot fuhr wie angekündigt nicht aus dem Fjord raus, sondern weiter rein, auf den Gletscher mit der großen Eisfläche an dessen Ende zu. Die 15 Kilometer breite Gletscherfront wurde durch recht breite Berge aufgeteilt und in der Tat stellte sich heraus, daß hier drei Gletscher zusammenliefen. Die drei weiter entfernt stehenden Hörner sahen merkwürdig aus: Sie waren mäßig steile Kegel, deren oberes Drittel plötzlich steiler wurde und eine deutliche horizontale Schichtung aufwies, um dann oben in einer Spitze zu enden.
„Tre Kroner, die Drei Kronen“, erläuterte Tony. „Das da oben ist härteres Gestein, das auf weicherem Old Red aufliegt.“
Das Boot tastete sich näher an die Abbruchfront des Gletschers heran. Überall trieben Eisbrocken in allen Größen zwischen einem Schreibtisch und einer Garage. Harry war beeindruckt von der Front, die sich blauschimmernd in bizarren Türmen und Zinnen über dem spiegelglatten Wasser mehr als zwanzig Meter erhob. Tony verbrachte ziemlich viel Zeit damit, zu fotografieren. Als sich das Boot langsam wieder vom Gletscher entfernte, trug Tony vor, welche verschiedenen Formationen im Kongsfjordgebiet vertreten sind, aber Harry wartete nur noch mit Ungeduld darauf, daß jetzt der Programmpunkt kam, wegen dem die ganze Reise überhaupt stattfand.
Etwa auf der Höhe von Ny Alesund gab Arne Jensen Gas. Bald war der Ausgang des Fjordes erreicht und das Boot schwenkte nach Norden.

Es war schon Nachmittag, als die schroffe Nordwestküste Spitzbergens vorbeizog. Sie war beherrscht von beinahe schwarzen, sehr steilen und spitzen Bergen, zwischen denen sich Gletscher herunterschoben, die zum Teil mit einer Abbruchkante am Meer endeten. So schön die Szenerie auch war, Harry wollte eine Frage geklärt haben, die ihn schon seit ihrer Abfahrt beschäftigte, und ging hinunter in die Kabine, wo Arne Jensen am Steuer saß.
„Arne -“, sprach er ihn an – während des Mittagessens war man übereingekommen, sich mit Vornamen anzusprechen –, „der Name des Bootes... 'Grid North'... was bedeutet er?“
„Grid North ist eine besondere Art der Navigation beziehungsweise eine besondere Art von Karte“, sagte Arne Jensen. „Das Problem in Polargebieten ist, daß hier die Meridiane alle zusammenlaufen. Das heißt, daß sie schmal sind und sich stark verjüngen. Solange man langsam unterwegs ist, ist das noch nicht so schlimm. Aber wenn man mit dem Flugzeug über den Pol von Europa nach Nordamerika fliegt, dann ist es schwer, festzustellen, wo man gerade ist, weil man in kurzer Zeit sehr viele Meridiane überfliegt. Als die SAS in den Fünfzigern ihre Nordpolroute eingerichtet hat, hat sie ein eigenes Gitternetz über den Pol gelegt.“
„Aber warum fliegen die überhaupt über den Pol?“ fragte Harry.
„Das ist viel kürzer, wenn man von Europa an die amerikanische Westküste will. Außerdem war das während des kalten Krieges kürzer, um nach Japan zu kommen.“
„Und worin bestand bei Grid North der Trick?“
„Man schaut von oben auf den Pol. Über das Polargebiet wird ein rechtwinkeliges Gitternetz gelegt, dessen Mittellinie mit Null Grad Greenwich übereinstimmt. Der Unterschied ist aber, daß diese Null-Linie über den Pol hinausgeht und dann mit der Hundertachzig-Grad-Linie identisch ist. Die anderen Linien verlaufen entweder parallel oder im rechten Winkel zu dieser Null-Linie. Solange man nach Grid North fliegt, fliegt man immer nach Norden, auch wenn man den Pol überquert hat und eigentlich nach Süden fliegt. Erst wenn die Meridiane wieder so halbwegs normal verlaufen, wird auf die normale Karte umgeschaltet.“

So schön die Küste auch war, mit der Zeit wurde die Sache ermüdend. Die Spannung stieg allerdings wieder, als die Grid North am Abend in den Smeerenburgfjord einbog. Harry hatte sich schon vor Monaten intensiv mit diesem Gebiet auseinandergesetzt und wußte daher, daß der Smeerenburgfjord kein richtiger Fjord war, sondern eher ein nach Osten zurückweichender Küstenabschnitt der Nordwestküste, vor dem die beiden großen Inseln Dansköya und Amsterdamöya lagen.
„Der Smeerenburgfjord soll das erste gewesen sein, was Willem Barents damals im 16. Jahrhundert von Spitzbergen gesehen hat. Wegen der Berge hier hat er die Insel auch Spitzbergen genannt“, ließ sich der Skipper vernehmen.
Der Grund für diese Namenswahl lag auf der Hand: Wie schon der Küstenabschnitt zuvor erhoben sich schroffe, steile und spitze Berge, in deren engen Tälern mehrere Gletscher lagen, die bis zum Meer herunterreichten. Tony konnte das nicht unkommentiert lassen: „Das hier nennt man Hekla-Hoek-Formation. Es handelt sich um Grundgebirgsgestein, das zwei Faltungen erlebt hat. In der kaledonischen Faltung wurde es extrem verdichtet und dadurch verändert, in der alpidischen Faltung dann noch einmal übereinandergeschoben, so daß es nun so bizarr in die Höhe ragt. Morgen können wir das im Magdelenfjord besonders gut sehen.“
Weit weniger spektakulär als die Küste rechts war die Küste der Insel links zur Fahrtrichtung. Die Berge waren nicht spitz, sondern eher rundlich. Sie waren auch weniger als halb so hoch wie die auf der rechten Seite. Was diese Küste für Harry und mit Ausnahme des Skippers für jeden anderen an Bord so aufregend machte, war allerdings die Tatsache, daß es sich um Dansköya handelte, jene Insel, auf der der Schwarzmagier Jonas Poole wenige Sommermonate im 17. Jahrhundert verbracht und dort ein äußerst gefährliches magisches Artefakt zurückgelassen hatte.
Arne Jensen steuerte das Boot in die Meerenge zwischen Dansköya und Amsterdamöya. Auch sie war von Poole erwähnt worden, denn die kleine Flotte, mit der er gereist war, hatte zunächst bei Smeerenburg auf der Amsterdamöya Halt gemacht. Amsterdamöya wiederum hatte etwas höhere Berge als Danksöya, die auch etwas spektakulärer aussahen.
„Hier bleiben wir über Nacht“, verkündete Arne Jensen und regelte die Maschine auf Leerlauf.
Dann ging er nach vorne zum Bug und warf den Anker. Mit der Maschine ließ er das Boot etwas rückwärts fahren, bis sich der Anker fest im Untergrund verhakt hatte.
„Und jetzt geht es rüber auf die Dansköya?“ fragte Ron ungeduldig.
„Zuerst mal Abendessen, Dansköya läuft uns nicht weg“, sagte Arne Jensen. „Die Genehmigung läuft ja noch ein paar Stunden.“
Harry war inzwischen so nervös, daß er am liebsten widersprochen hätte. Aber angesichts des schon recht späten Abends machte es Sinn, zuerst zu Abend zu essen. Übertriebene Hektik hätte nur verdächtig gewirkt. Einen ungestörten Appetit hatte allerdings nur der Skipper. Die anderen aßen wenig und auch eher lustlos. Man bemühte sich, die Nervosität mit belanglosen Unterhaltungen zu überspielen.
„Verträgst du das Geschaukel auf dem Boot inzwischen besser, Juliette?“ fragte Harry seine frischgebackene Aurorin.
„Ja, seit wir aus dem Kongsfjord raus sind, ist mir nicht mehr schlecht geworden“, antwortete sie. „So habe ich die Landschaft auch zum ersten Mal richtig genießen können. Vorher hatte ich mich die Fahrt über nur gefragt: 'Wann kommen wir endlich an?' Aber die Küste ist ja echt traumhaft.“
„Außerdem hat Tony sie zwischendurch mal gewärmt, als es ihr wohl kalt wurde“, bemerkte Ron grinsend.
„Ich habe gedacht, daß es ihr unter Deck in der Kabine wieder schlecht werden würde“, sagte Tony.

Arne Jensen hatte nach dem Essen das Zodiac zu Wasser gelassen. Nun fuhr er Harry, Ron, Miss Williamson und Tony hinüber zur Dansköya. Für die Landung dort trug jeder Gummistiefel. Im Boot lagen die beiden Gewehre von Arne Jensen und Tony. Außerdem hatte Ron seinen Rucksack dabei, in dem er alles aufbewahrte, was zum Unschädlichmachen des schwarzmagischen Artefakts benötigt wurde. Harry war gespannt. Auch die anderen waren unruhig. Das Zodiac umrundete einen Berg und fuhr in eine offene Bucht mit einem flachen Kiesstrand ein. Behutsam dirigierte Arne Jensen das Gefährt so auf den Strand, daß es dort auflag. Harry stieg als erster aus, machte einen Schritt durch das flache Wasser und stand auf Dansköya, Jahrhunderte nach Jonas Poole. Die anderen kamen hinterher.
„Das hier ist also Virgohamna“, verkündete Arne Jensen, „einer der geschichtsträchtigsten Orte auf Svalbard. Virgohamna heißt auf Englisch so viel wie 'Virgo Hafen'. Die Virgo war das Expeditionsschiff von Andrée.“
„Das war der mit dem Ballon, richtig?“ fragte Harry. „Vor allem interessieren wir uns aber für die Hinterlassenschaften der Harlingen Kokerji.“
„Dort hinten, am Fuß dieses Berges, wo das Gelände steil wird“, sagte Arne Jensen und zeigte in die Richtung, die er meinte. „Gehen wir gemeinsam.“
Harry ließ dem Skipper den Vortritt. Dieser schritt über unangenehm zu gehenden, aus allerhand kleineren und größeren Steinen bestehenden Untergrund zu einem relativ steilen Uferstück an einem Denkmal vorbei: Ein Anker auf einem Steinsockel. Es handelte sich um das Denkmal für die Andrée-Expedition. Ein ganzes Stück weiter blieb Arne Jensen stehen.
„Das hier sind die Überbleibsel von dem Ballonhangar von Andrée, hier hat er den Ballon aufgebaut und mit Wasserstoff gefüllt, das er in einer besonderen Anlage produziert hat. Im ersten Jahr, 1896, stand der Wind nicht günstig, weil er von Norden kam. Aber im Folgejahr wehte der Wind auch mal von Süden, und er wollte schließlich den Pol erreichen. Ende des 19. Jahrhunderts wäre er der Erste gewesen.“
„Und was hatte er vor, wenn er den Pol erreicht hat? Wie hat er sich die Rückkehr vorgestellt?“ fragte Ron verdutzt.
„Naheliegende Frage. Ich denke, er wollte weiterdriften und hoffte, dann wieder auf bewohntes Gebiet zu stoßen“, vermutete Arne Jensen. Er zeigte auf ein großes Geviert aus ausgebleichten, hellgrauen Holzbalken. „Hier stand ein Haus. Es wurde von einem Engländer errichtet, einem Arnold Pike. Der wollte hier überwintern. Andrée hat das Haus später benutzt, als er hier war. Und Wellman aus den USA hat das Haus 1906 auch benutzt. Der hat da unten in Strandnähe einen Fertighangar errichtet. Für ein Luftschiff. Er wollte damit den Pol erreichen, ist aber mehrmals gescheitert. Von ihm stammt das meiste rostige Zeug dahinten.“
„Und die niederländischen Wahlfänger?“ drängte Harry.
„Jedenfalls ein paar der Hütten haben dort gestanden, wo Pike sein Haus gebaut hat. Und dort ist ein kleiner Friedhof. Etwas ungünstig, so in Hanglage, aber naja“, sagte Arne Jensen.
Harry war wie elektrisiert. Das war exakt der Ort, um den es ihm ging. Jetzt mußte er nur noch Arne Jensen irgendwie von diesem Ort wegbekommen, um in Ruhe suchen zu können. Da wurde er vom Geräusch eines Motorboots abgelenkt. Ein recht großes Zodiac landete am Strand neben dem der Grid North.
„Oh – die kommen vom Sysselmann“, stellte Arne Jensen fest. „Ich gehe am besten hin und zeige ihnen unsere Erlaubnis.“
Er stakste über die vielen Steine den Hang hinunter zum Kiesstrand, wo er mit den beiden Männern sprach, die mit dem Zodiac des Sysselmann angekommen waren. Harry wagte nicht, jetzt schon den Friedhof zu untersuchen. Stattdessen verteilte er die Aufgaben: „Wir müssen dafür sorgen, daß Arne nicht dabei ist, wenn ich mich um den Friedhof kümmere. Jemand eine Idee?“
„Ausreden konntest du dir doch immer am besten ausdenken, Harry“, warf Ron grinsend ein.
Harry dachte nach. Inzwischen stiegen die Männer unten wieder in ihr Zodiac. Arne Jensen machte sich auf den Weg zurück zur Gruppe.
„Ich weiß was“, sagte Harry. „Er muß uns gegen Eisbären absichern. Deshalb hat er ja auch das Gewehr dabei. Tony, du machst dasselbe. Dann könntet ihr euch in entgegengesetzter Stelle aufstellen, so daß wir etwas Zeit allein haben.“
„Und ich bleibe bei Tony, falls ein Eisbär kommt und er mit dem Gewehr nicht weiterkommt“, sagte Miss Williamson.
Arne Jensen erreichte die Gruppe und sagte: „Alles in Ordnung. Ich habe ihnen die Erlaubnis gezeigt. Sie fahren jetzt wieder zurück zu ihrer Basis im Magdelenfjord. Ähm... da unten am Strand befinden sich noch Überreste der niederländischen Tranöfen.“
„Ähm, danke, Arne“, sagte Harry. „Ich finde es am besten, wenn du und Tony uns gegen Eisbären absichern könnt. Du in der Richtung, Tony in der anderen. Ist das okay?“
„Kein Problem“, sagte Arne Jensen. „Ich war schon so häufig hier... Aber bitte beachten: Von den Gegenständen hier darf nichts mitgenommen, aufgehoben oder sonstwie verändert werden. Das hier ist alles geschützt.“
Er stakste über das Geröll außer Sichtweite. Tony ging hinunter in Richtung auf die Hinterlassenschaften von Wellman. Miss Williamson folgte ihr. Harry und Ron sahen sich an.
„Keine Zeit verschwenden“, sagte Ron.
Harry nickte. Sie sahen sich um. Bald hatten sie eine Stelle gefunden, an der sie zwei parallele Bretter im Boden stecken sahen, die mit einem Querbrett verbunden waren. Das alles erweckte den Eindruck einer mit Steinen beladenen Kiste, die so im Boden versenkt war, daß ihre Wände nur zum Teil herausschauten.
„Das wird ein Grab sein – komplett mit Sarg“, stellte Harry fest.
„Und die Struktur der Steine hier zeigt, daß andere Gräber auch herausgedrückt worden sind. Oder daß sie zumindest hochgedrückt wurden“, ergänzte Ron.
Harry zog seinen Zauberstab und ging in die Hocke. Dank der Abendsonne war das Licht gut. Deshalb konnte er sehen, daß der Sarg abgesehen von den Steinen leer war. Harry richtete sich wieder auf.
„Aufrufezauber?“ schlug Ron vor.
„Erstmal Revelatiozauber, wir wissen nicht, wo und wie tief das Ding steckt“, erwiderte Harry und schwang den Zauberstab: „Revelio specialis! Aurum revelio! Crater revelio!“
Er wandte den Revelatiozauber in verschiedenen Varianten an, doch ohne Erfolg. Ron holte einen kleinen Holzblock aus seinem Rucksack und sagte: „Laß mich mal.“
„Was ist das?“
„Meine neueste Entwicklung. Allerdings noch nicht fertigentwickelt. Dient zum Aufspüren schwarzer Zauber. Wenn dieser Fluch oder was auch immer noch auf dem Becher lastet, müßte der Klotz zu der Stelle wandern, wo er liegt“, sagte Ron.
Er tippte den Klotz mit seinem Zauberstab an, doch nichts tat sich.
„Wir müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, daß der Becher nicht mehr hier ist. Jedenfalls liegt er nicht auf diesem... naja... Friedhof“, murmelte Harry zutiefst enttäuscht.
Er setzte sich hin. Ron ließ sich neben ihm nieder.
„Verdammt nochmal“, brummte Harry. „Dieser ganze Aufwand...“
„Muß so sein wie damals, als du diesen falschen Horkrux aus der Höhle geholt hast, oder?“ sagte Ron mitfühlend.
„Eher so wie damals im Grimmauldplatz, als wir in Kreachers damaliger Unterkunft nach dem echten Horkrux geguckt haben und als dort nichts mehr war“, seufzte Harry. „Nur, daß wir damals noch nicht am Ende waren. Ich hatte Kreacher gerufen und wir haben ihn befragt. Aber hier haben wir gar nichts. Hier geht es um mehrere Jahrhunderte!“
„Ja, seit Poole hier war, ist die Gegend ein bißchen heruntergekommen“, versuchte sich Ron in einem Witz.
„Und es hat sich überhaupt nicht gelohnt für uns, hierher zu kommen“, schnaubte Harry.
„Och, für die beiden scheint es sich schon gelohnt zu haben. Schau mal!“ sagte Ron und zeigte zum Strand.
Harry sah hinüber. Am Strand standen Tony und Miss Williamson dicht voreinander, er schien ihre Hände zu halten und sie küßten sich kurz.
„Los, Tony, nicht so schüchtern. Umarme sie und knutsch sie richtig“, feuerte Ron Tony so leise an, daß nur Harry es hören konnte.
Harry sagte nur streng: „Ron!“
„Ja, ich weiß. Wir haben hier ein anderes Problem“, räumte Ron ein. „Aber es ist nunmal so, daß eine ganze Menge Leute hier herumgelatscht sind. Auch wenn Touristen nichts mitgenommen haben sollten, es kann einer von denen hier gewesen sein, dieser Andree, dieser Pike oder dieser Wellman. Oder wer auch immer. Und hoffentlich kein Schwarzmagier.“
„Ron, du hast Recht“, sagte Harry und stand auf.
„Habe ich echt? Womit denn?“ fragte Ron und stand auch auf.
„Wir müssen uns mit der Geschichte dieses Ortes noch intensiver beschäftigen“, sagte Harry. „So wie damals mit der Taschenuhr, als wir alles aufrollen mußten.“
„Du aufrollen mußtest, ich war nicht dabei.“
„Ja, ich aufrollen mußte. Jetzt, Ron, beginnt die harte Arbeit. Komm, wir gehen zu Tony.“
„Dann stören wir sie aber.“
Harry sah auf das Pärchen, daß inzwischen jede Scheu abgelegt hatte und sich engumschlungen gegenseitig absaugte.
„Wir sind auf einer Expedition, nicht auf einer Romantikreise“, entschied Harry und marschierte los.
Er tat es so geräuschvoll, daß Tony und Miss Williamson schnell auseinander gingen. Harry erreichte die beiden und unterrichtete sie über den Stand der Dinge.
„Was ist aus Andrée geworden? Ich meine mich zu errinnern, daß er hier irgendwo ums Leben gekommen ist.“
„Im entlegensten Teil Svalbards“, sagte Tony. „Aber ich vermute mal, wenn die hier einen goldenen Becher gefunden hätten, dann wäre das erwähnt worden.“
„Und Wellman?“
„Weiß ich nicht, Arne hat ja nur gesagt, er sei dreimal gescheitert.“
Harry stemmte die Hände in die Hüften und sog scharf Luft ein. Dann fragte er: „Hast du deinen Fotoapparat dabei?“
„Ja.“
„Dann mach mal bitte von jedem Mist, der hier rumliegt, Bilder.“
Tony zückte seine Kamera und legte los. Er fotografierte die Fundamente der Luftschiffhalle, die zahlreichen rostigen Öltanks, die rostigen Leitungen, die Fundamente des Ballonhangars, die Reste von Pikes Haus, die Reste der Tranöfen und die Grabstelle. Als er zurückkam, schickte Harry Miss Williamson los: „Sag bitte Arne Bescheid, daß wir aufbrechen wollen. Er hält irgendwo da drüben Ausschau nach Eisbären.“
Miss Williamson nickte und marschierte los. Auch sie hatte auf dem Geröll ihre Probleme.
„Wir brauchen eine Strategie. Sollte einer von denen hier“, Harry deutete auf die Hinterlassenschaften der letzten Jahrhunderte, „den Becher eingesteckt haben, ohne davon jemanden zu unterrichten? Das sieht Forschern und Abenteurern nicht ähnlich, die einen bestimmten Punkt auf der Karte erreichen wollen. Auf jeden Fall werde ich ein bißchen in den Büchern schmökern, die an Bord sind.“
Miss Williamson tauchte mit Arne Jensen im Schlepptau wieder auf. Arne Jensen fragte, ob der Ausflug zur allgemeinen Zufriedenheit verlaufen sei. Harry und Ron bejahten die Frage nicht so aufrichtig wie Tony und Miss Williamson. Sie kletterten wieder in das Zodiac. Arne Jensen fuhr zurück zur Grid North, wo das Zodiac an Bord geholt wurde. Harry bemerkte erst jetzt, wie müde er war. Die Sonne am Himmel täuschte darüber hinweg, daß es schon tief in der Nacht war. Harry verschob deshalb die Lektüre auf den nächsten Tag. Der lange Rückweg würde ihm genug Zeit lassen.

Während des Frühstücks am nächsten Morgen war die Stimmung nicht sehr gut. Der Mißerfolg vom Vortag hatte allen bis auf dem Skipper auf das Gemüt geschlagen. Tony versuchte, die Stimmung zu heben: „Heute fahren wir in den Magdelenfjord. Das ist eines der Highlights überhaupt. Das wird ein unvergeßliches Erlebnis.“
„Wenn das Wetter besser wäre“, brummte Ron unwillig.
In der Tat schien sich das sonnige und wolkenlose Wetter verabschiedet zu haben. Am Himmel hingen Wolken.
„Solange wir Sicht haben, ist alles gut“, beharrte Tony.
Arne Jensen startete den Motor der Grid North und holte den Anker ein. Langsam glitt das Boot durch die Meerenge zwischen Dansköya und Amsterdamöya zum offenen Meer. Hier gab der Skipper Gas und drehte nach Süden ab. Das Boot bockte in den Wellen, doch Miss Williamson schein sich inzwischen daran gewöhnt zu haben. Sie wurde nicht mehr blaß. Nach einer guten halben Stunde hatten sie die Westküste der Dansköya passiert. Der Skipper hielt jetzt auf die Küste Spitzbergens zu. Je näher sie der Küste kamen, umso mehr klarte der Himmel auf. Harry entnahm der Darstellung auf Arne Jensens Bildschirm, daß sie direkt auf die Mündung des Magdelenfjords zuhielten.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Hobbit 3: Begleitbuch
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Zwischen Harry, Ron und Hermine gibt es Unterschiede, zum Beispiel im Vokabular. Ron ist der britische "lad", etwas bildungsfern, wie wir hier sagen würden, jedenfalls der Welt der Theorie und Metaphysik nicht sonderlich zugetan. Sein Vokabular ist etwas gröber und eingeschränkter als das Hermines, die mehr die Intellektuelle ist und sehr elaboriert sprechen kann, jedenfalls wenn sie in Laune ist. Harry liegt dazwischen, mit Sympathien für Ron, wenn es darum geht, vermeintlich hochgestochenes Gerede zu verulken. Aber keiner spricht wirklich lax oder fehlerhaft.
Klaus Fritz