Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Die Aurorenzentrale - Ein verwilderter Friedhof

von Krabbentaucher

Bisher war es nicht vorgekommen, daß Phineas Nigellus Harry in dessen Arbeitszimmer im Grimmauldplatz Nummer zwölf bereits erwartete, wenn er zuvor in Hogwarts war und sich im Schulleiterbüro aufgehalten hatte. Aber jetzt war es anders. Harry war nach seinem Gespräch mit Professor Sprout noch in der Aurorenzentrale gewesen. Nach seinem Feierabend war er nach Hause zurückgekehrt, hatte mit seiner Familie noch zu Abend gegessen, die Kinder ins Bett gebracht und dann im Bücherregal jenes bisher unbeachtete Buch gesucht und gefunden, in das er – um genauer zu sein, Hermione – schon während des Kampfes gegen Voldemort hineingeguckt hatte: „Noblesse der Natur: Genealogie der Zauberei“. Er hatte aus Gründen der Vorsicht Professor Sprout nicht gefragt, ob es noch weitere Nachkommen aus der Familie Delphic gab und ob sämtliche Delphics aus den Akten aus einer Familie stammen. Diese Auskünfte hoffte er nun aus dem Buch zu bekommen. Als er, das Buch in der Hand, in sein Arbeitszimmer eintrat, wartete Phineas Nigellus bereits in seinem Bilderrahmen.
„Nun, Mr Potter? Ziehen Sie sich mit einem guten Buch zurück?“ fragte der ehemalige Schulleiter listig.
Harry stutzte nur kurz, legte das Buch lässig auf den Schreibtisch, wobei er darauf achtete, daß es mit der Rückseite nach oben darauf lag, und erwiderte: „Hin und wieder brauche ich auch etwas Zeit für mich, dafür habe ich das Arbeitszimmer ja. Was treibt Sie so spät noch hierher, Professor? Ist im Schulleiterbüro nichts los?“
Phineas Nigellus hob kurz eine Augenbraue, schaute dann auf die Fingernägel seiner linken Hand und sagte: „So viel wie heute Vormittag ist dort nicht mehr los, nein.“
Harry wußte, daß es zwecklos war, um den heißen Brei herumzureden.
„Sie meinen meinen Besuch, richtig?“
Phineas Nigellus seufzte.
„Zweimal 'meinen' in einem Satz, und das auch noch direkt hintereinander. Mr Potter, Sie müssen an Ihrem Satzbau feilen. Aber da Sie es schon angesprochen haben: Ja. Ich meine Ihren Besuch. Es gibt einiges an Spekulationen unter den ehemaligen Schulleitern, was der wahre Hintergrund Ihres Besuches war.“
„Inwiefern?“ fragte Harry vorsichtig. „Hat Professor Sprout Zweifel geäußert?“
„Das nicht“, antwortete Phineas Nigellus. „Genaugenommen haben die Gemälde das Problem erst erörtert, nachdem die neue Schulleiterin das Büro verlassen hatte.“
„Ach, wenn nichts mehr los ist, machen sich Gemälde Gedanken über das, was geschehen ist“, stellte Harry fest und versuchte, seiner Stimme einen flapsigen Ton zu verleihen.
„Die Diskussion über Ihre Beweggründe geht zurück auf eine Bemerkung, die Professor Snape gemacht hat.“
„So?“
„Ja, Professor Snape hat gesagt, daß Sie niemals zufällig irgendwo auftauchen und Sie immer einen Grund dafür haben, weil Sie in irgendetwas verstrickt sind. Nun, nach seinen Erfahrungen mit Ihnen ist da auch was dran, finden Sie nicht?“
„Ich freue mich, daß Professor Snape inzwischen eine etwas höhere Meinung von mir zu haben scheint“, sagte Harry gelassen, setzte sich an den Schreibtisch, nahm das Buch und schlug es auf, als wolle er darin schmökern. „Als ich noch sein Schüler war, war er immer nur davon ausgegangen, daß ich einfach immer nur ein paar Regeln brechen wollte. Aber jetzt, wo ich keine Regeln mehr brechen kann, weil ich kein Hogwartsschüler mehr bin, meint er natürlich, daß da etwas anderes ist, richtig? Sonst noch was?“
„Kein Grund, so unwirsch zu werden“, rügte ihn Phineas Nigellus. „Professor Dumbledore hat sich übrigens Professor Snapes Meinung angeschlossen. Er sagt aber auch, daß Sie auch einen triftigen Grund für Ihre Geheimhaltung haben, weswegen wir Professor Sprout nicht über Professor Snapes Verdacht, daß es um wesentlich finstere Sachen als lediglich um eine Überprüfung geht, unterrichten sollten.“
Harry tat so, als habe er mit halbem Auge im Buch gelesen. In Wahrheit hatte er sich überlegt, wie er reagieren sollte. Wenn er um weiteres Schweigen bitten sollte, hätte er Professor Snapes Verdacht bestätigt, wenn er aber sagten sollte, daß darüber ruhig mit Professor Sprout geredet werden sollte, könnte genau das passieren, was wiederum zu Gerüchten führen könnte.
„Nun, es ist sicher immer schlecht, über irgendwelche Spekulationen zu plaudern, die sich am Ende als bar jeder Grundlage herausstellen“, sagte Harry so gelassen wie möglich. „Sonst steht man hinterher nur als sensationsgeile Plaudertasche da.“
Phineas Nigellus wollte offenbar nicht als sensationsgeile Plaudertasche gelten, so daß er sich offenbar nicht traute, Harry direkt zu fragen, ob er etwas dagegen hätte, daß darüber geredet wird. Stattdessen blieb er stumm in seinem Bilderrahmen und schaute Harry zu, wie dieser vorgab, zu lesen. Harry klappte das Buch zu.
„Wissen Sie was? Das nehme ich mit als Bettlektüre. Einen schönen Abend noch, Professor Black.“
Damit stand er auf, ging zur Tür, löschte das Licht und ging hinaus. Er begab sich zum Schlafzimmer und legte das Buch auf seinen Nachttisch. Da Phineas Nigellus sich in den Gemälden des Grimmauldplatzes Nummer zwölf frei bewegen konnte, war es nicht ratsam, zum Beispiel im Salon das Buch durchzuarbeiten. Für die Toilette war es zu umfangreich. Vor dem Einschlafen konnte er sich noch einen Überblick über das Buch verschaffen. Am nächsten Morgen würde er es in die Aurorenzentrale mitnehmen und dort in Ruhe lesen.

Das Praktische an dem Buch war, daß es alphabetisch sortiert war. Das Unpraktische an dem Buch stellte Harry fest, als er es sich an seinem Schreibtisch in seinem Büro in der Aurorenzentrale sitzend noch einmal genauer ansah. Dort stand auf der Titelseite im Buch:

54. Auflage, London 1905

Da der jüngere Eldrich Delphic erst 1813 geboren war, hielt es Harry für nicht unwahrscheinlich, daß dieser beim Erscheinen dieser Auflage noch lebte, auch ohne einen Horkrux geschaffen zu haben – wenn die Delphic-Familie überhaupt reinblütig genug war, um in diesem Buch aufgeführt worden zu sein. Skeptisch blätterte er das Buch soweit durch, bis er zu dem Kapitel „Von Dane bis Durr“ kam. Innerhalb der einzelnen Kapitel gab es keine weiteren Unterteilungen, so daß er es soweit diagonal lesen mußte, bis er auf den Namen „Delphic“ stieß.
„Immerhin reinblütig genug, um hier drinzustehen“, murmelte Harry und begann zu lesen.
Danach konnte die Familie Delphic zwar auf eine lange Tradition zurückblicken, hatte sich aber selten mit anderen Familien vermischt. Der Autor hatte angemerkt, daß es sich um eine jener Familien handele, die nie irgendwelche familiären Bande zu den edelsten der bestehenden Familien, so etwa der Familie Black oder der Familie Malfoy, geknüpft habe. Dann endlich kam Harry an den entscheidenden Punkt:

Das Schicksal dieser magischen Familie ist ungewiß und mysteriös. Zuletzt verfügte die Familie noch über zwei Zweige, der eine war in Leicester, der andere in Mansfield ansässig. Über den Zweig in Leicester ist bekannt, daß dieser erst kürzlich, nämlich im Jahr 1903 ausgestorben ist. Der zugrundeliegende Vorgang zeigt in erschütternder Weise, welches Unheil Blutsverrat und Muggelfreundlichkeit über eine magische Familie bringen können.
Der jüngste Sproß der Delphic-Familie in Leicester, der im Jahr 1813 geborene Eldrich, verliebte sich in der Unvernunft seiner Jugend wenige Jahre nach seinem Schulbesuch in Hogwarts in ein namentlich nicht näher bekanntes Muggelmädchen und hatte in der Tat nichts besseres zu tun, als mit ihm ein Kind zu zeugen. Da seine Mutter, Jillian Delphic, diese Liaison nicht gutheißen konnte und ihre Zustimmung zur Hochzeit verweigerte, heiratete Eldrich Delphic das Muggelmädchen nach einem Muggelbrauch bei einem Schmied in Gretna Green, dem Vernehmen nach einem Fluchtort der Muggel für alle Arten liederlicher junger Paare, denen geschlechtliches Verlangen über dynastische Pflicht geht. Es ist nur zu verständlich, daß Eldrich von Jillian aus der Familie verstoßen wurde, wobei anzumerken ist, daß er keine Geschwister und auch keinen Vater mehr hatte. Glücklicherweise starb das Muggelmädchen einige Monate nach der Trauung im Kindbett, nachdem sie den Muggelbalg zur Welt gebracht hatte. Jillian Delphic soll ihren verstoßenen Sohn aufgefordert haben, den Balg zu töten, um danach wieder in die Familie aufgenommen zu werden. Wie auch immer – sie tötete am Ende selbst Eldrich und die Frucht seiner blutsverräterischen Wollust, um die Reinheit der Familie zu wahren, wofür sie zur Haft in Askaban verurteilt wurde und daselbst im Jahr 1903 starb.
Über den Mansfield-Zweig der Familie Delphic ist dagegen nichts bekannt. Zufällig hieß der letzte Sproß dieser Familie ebenfalls Eldrich Delphic, doch wurde dieser bereits im Jahr 1781 geboren. Von ihm ist bekannt, daß er kinderlos geblieben ist. Die letzte Kunde über ihn gibt es aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wobei nur bekannt ist, daß er zuletzt um das Jahr 1837 gesehen worden war. Dem Vernehmen nach soll er „merkwürdig“ gewesen sein, ohne daß überliefert ist, wie das verstanden werden soll. Bekannt ist allerdings eine starke Neigung zu den dunklen Künsten in jener Zeit, die ihn auch schon in Hogwarts eine der üblichen schärferen Bestrafungen eingebracht hatte. Jedenfalls hat Eldrich die Beerdigungen seines Vaters und seiner Mutter in den Jahren 1889 und 1893 nicht besucht. Es ist also nicht bekannt, ob Eldrich Delphic noch am Leben ist oder schon damals tot war, so daß seine Mutter Lauren die Letzte der Mansfield-Linie der Familie Delphic gewesen sein könnte.

„Nette Familie“, kommentierte Harry und stand auf.
Er ging hinüber in das Großraumbüro und guckte, wer von seinen Auroren gerade da war. Er traf zwei seiner Kollegen an, die mit ihm die Ausbildung absolviert hatten, Alby und Rita.
„Hört mal, ihr beiden. Ich habe da einen Job für euch“, sagte er.
Beide kamen aus ihren Bürozellen heraus und fragten, worum es sich handelte.
„Paßt auf, ich habe was über die Leute herausgefunden, die Eldrich Delphic heißen. Einer soll 1813 geboren und dann vor – genau weiß man es nicht – verstorben sein. Mord durch die Mutter. Die Mutter soll 1903 in Askaban verstorben sein. Das war eine Jillian Delphic. Ich brauche da eine Bestätigung, daß der tot ist. Könntet ihr das überprüfen?“
Alby sagte: „Kein Problem, Harry. Wir holen vom Zaubergamot-Verwaltungsdienst die Akte.“
„Und schaut vorsorglich mal auf dem Friedhof nach, ob da auch ein Grab ist. Nur so zur Sicherheit“, sagte Harry. „Meiner Meinung nach müßte das Grab auf einem Friedhof in Leicester liegen. Aber vielleicht ergibt sich auch aus der Akte etwas.“
Rita fragte nach: „Und wenn wir seinen Tod bestätigen, dann heißt das, daß wieviele Eldrich Delphics noch als Verdächtige übrigbleiben?“
„Einer“, sagte Harry. „Aber von dem hat man seit etwa hundertsiebzig Jahren nichts mehr gehört.“
„Seit siebzig Jahren“, korrigierte Rita. „Schließlich gibt es da doch diese Aussage von dieser französischen Hexe aus Carcassonne.“
„Wir wissen noch nicht sicher, daß der das war“, gab Harry zu bedenken. „Und wir haben immer noch keinen Mord, den wir mit ihm in Verbindung bringen können.“

Schon am nächsten Montag lag Ritas und Albys Bericht auf Harrys Schreibtisch, zusammen mit einer recht umfangreichen Akte der Abteilung für magische Strafverfolgung. Harry las zuerst den Bericht:

Am Freitag, den 24. August forderten wir, das heißt

Rita Dale und
Alby Walker

beim Zaubergamot-Verwaltungsdienst die Akte in der Strafsache gegen Jillian Delphic an. Die Akteneinsicht hat ergeben, daß Jillian Delphic am 21. März 1834 Ihren Sohn Eldrich Delphic, geb. 17.06.1813, und ihre Enkeltochter Angela Delphic, geb. 05.02.1834, mit dem Unverzeihlichen Fluch „Avada Kedavra“ getötet hat. Sie hat sich der Verhaftung bis zum 04.10.1837 entziehen können und wurde gefaßt, als sie versucht hat, die sterblichen Überreste ihrer Enkeltochter aus dem Familiengrab zu entfernen, wo letztere mit Eldrich Delphic beerdigt worden war.
Das Familiengrab befindet sich auf dem Gilroes-Friedhof deutlich außerhalb des Stadtzentrums von Leicester. Wir haben es noch am selben Tag aufgesucht. Der Grabstein weist neben den Daten des Vaters des Eldrich Delphic folgende Inschriften auf:

Eldrich Delphic, 17. Juni 1813 bis 21. März 1834
... -phic, ... bis 21. März 1834

Die untere Inschrift dürfte sich auf Angela Delphic beziehen, denn den Akten ist zu entnehmen, daß Jillian Delphic begonnen hatte, die Inschrift zu beseitigen. Es sind deutliche Spuren von magischen Beschädigungen zu sehen.
Jillian Delphic wurde vom Zaubergamot wegen zweifachen Mordes am 17. Dezember 1837 zu lebenslanger Haft in Askaban verurteilt und verstarb dort am 07. Januar 1903. Sie wurde auf dem Gefängnisfriedhof auf der Insel von Askaban bestattet, was wir durch Augenschein ebenfalls überprüft haben.

Dale, Aurorin
Walker, Auror

Harry nahm die Strafakte zur Hand und blätterte darin. Zwar hatten Rita und Alby bereits alles berichtet, was er wissen mußte, um den am 1813 geborenen Eldrich Delphic von der Liste zu streichen, aber er wollte wissen, ob seine Vermutung über die Beweggründe der Mutter zutrafen. Er fand sie bestätigt. Jillian Delphic hatte gegenüber der Abteilung für magische Strafverfolgung ausgesagt, daß sie es als Schande erlebt hätte, daß ihr Sohn eine Muggel geschwängert und geheiratet habe, und sie habe die Schande, daß er sich geweigert hatte, „alles wieder ins Lot zu bringen“, durch ihre Tat tilgen wollen. Außerdem habe sie den Gedanken nicht ertragen können, daß ein Wechselbalg – so hatte sie ihre Enkeltochter bezeichnet – im Familiengrab liegen würde, wo ihr Ehemann und dessen Vorfahren beerdigt waren.
„Schön“, sagte Harry zu sich selbst und klappte die Akte zu. „Jetzt haben wir nur noch eine Zielperson.“

Harrys gute Laune hielt nicht lange an. Er hatte zwar den Kreis der Verdächtigen auf einen einzigen eingeengt, aber er hatte keinen Hinweis darauf, wo dieser sich aufhalten oder wo er einen Hinweis auf dessen Aufenthaltsort herbekommen könnte. Zuletzt aufgetaucht war er kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in Südfrankreich, ohne daß ihm die Hexe in Carcassonne weitere Informationen hatte geben können. Außerdem mußte er noch nach einem Mord suchen, den er Delphic zuordnen konnte. Und das hieß, sich noch einmal durch die unaufgeklärten Fälle aus vergangenen Zeiten zu wühlen. Mißmutig machte sich Harry an die Arbeit.
In der Mitte der Woche war es so leid, daß er fand, ein wenig Aufmunterung gebrauchen zu können. Deshalb begab er sich in der Mittagspause in die Winkelgasse und lenkte seine Schritte zum Scherzartikelladen von George und Ron, wo er schon seit langem nicht mehr gewesen war. Die Winkelgasse war voll. Das hing einerseits mit dem schönen Sommerwetter zusammen, andererseits damit, daß am Samstag die Hogwartsschüler abfahren würden. Nicht wenige Eltern hatten mit den Einkäufen so lange gezögert, daß sich nun einige Hektik breitmachte. Das war ein Glück für Harry, denn auf diese Weise wurde er kaum beachtet.
Das änderte sich allerdings, als er den Scherzartikelladen betrat. Viele sehr junge Zauberer, zum Teil in Begleitung ihrer Eltern, bevölkerten den Laden, und als Harry eingetreten war, stieß der eine den anderen an, und im Nu war bekannt, daß der berühmte Harry Potter sich die Ehre gab. Auch ein schlanker, rothaariger Mann Anfang dreißig mit langer Nase in einem magentarotem Umhang sah herüber. Schnell wandte er sich wieder seinem Kunden zu: „Ich muß mich gerade um den Herrn da drüben kümmern. Also, diese neutral gehaltene Tüte hier ist mit einem Zauber ausgestattet, der Mr Filchs Detektor täuscht, aber der Zauber kann nur einen Artikel verdecken. Sollen es also die Kollapskekse sein?“
„Ähm...“, machte der junge Kunde, der von Harrys Erscheinen abgelenkt worden war, „ähm, jaah... ähm, mit dieser Tüte.“
„Gut, macht zwölf Sickel und fünfzig Knuts. Danke.“
Schnell trat er auf Harry zu, der schon das Gefühl hatte, von den Blicken der Kunden aufgefressen worden zu sein. Harry sagte: „Hallo, Ron! Wie ich sehe, bist du schwer beschäftigt.“
„Hallo, Harry! Tja, jaah, ich, jaah...“, gab Ron von sich.
„Hallo, Harry!“ erkannte Harry Georges Stimme. „Ron, nimm ihn mit nach hinten, er lenkt die Leute nur von unserer Auslage ab. Ich mache das hier schon.“
„Okay, komm mit, Harry“, sagte Ron und ruckte mit dem Kopf zum Zeichen, ihm zu folgen. Im Hinterzimmer mußte Harry aufpassen, daß er nicht über das Spielzeug der Kinder von George stolperte, die dort spielten.
„Onkel Harry ist da!“ freuten sich Fred und Roxanne.
Harry ging in die Hocke und umarmte seinen Neffen und seine Nichte. Dann fragte er Ron: „Und deine? Hugo könnte doch auch hier spielen mit Fred und Roxanne. Dann wäre er nicht so allein, während Rose in der Schule ist. Gut, im Moment sind noch Ferien, aber...“
„Naja, Hermione will nicht so viel fahren, und Flohpulver und apparieren ist nicht so das richtige für so kleine Kinder“, meinte Ron.
„Du könntest natürlich auch -“, warf Harry ein.
Doch Ron unterbrach ihn: „Ja, ich weiß, ich könnte den Führerschein machen und selbst fahren und Hugo mitnehmen. Danke, damit liegt mir Hermione schon seit Jahren in den Ohren.“
„Und bis wann willst du noch warten? Bis Rose zum Hogwarts-Expreß gebracht werden muß?“ fragte Harry ironisch.
Rons Miene entspannte sich: „Hey, das wären dann ja noch sieben Jahre! Danke, Harry, das werde ich beherzigen!“
„Hmpf, sag aber Hermione nichts davon“, brummte Harry.
Ron setzte einen Verschwörerblick auf und senkte die Stimme: „Schon was neues zu diesem... zu dieser Uhr?“
Harry sah sich um und vergewisserte sich, daß niemand außer Fred und Roxanne zuhören konnte. Er zog seinen Zauberstab und zielte zur Tür, wobei er „Muffliato“ sagte. Fred und Roxanne war es offenbar langweilig geworden, denn sie wandten sich wieder ihrem Spiel zu. Er senkte ebenfalls die Stimme: „Ja. Wir haben einen Verdächtigen. Einen Eldrich Delphic.“
„Weiß ich, das hast du uns doch schon im Urlaub erzählt, daß du in Carcassonne warst, mit dieser Hexe und so“, sagte Ron.
„Nein, ich meine: Ich weiß, wann dieser Eldrich Delphic geboren wurde, was er in Hogwarts getrieben hat und wann er von der Bildfläche verschwunden ist. Andere Eldrich Delphics kommen nicht in Frage, das habe ich nachgeprüft.“ Er erzählte von seinem Besuch bei Professor Sprout, seiner Lektüre von „Noblesse der Natur: Genealogie der Zauberei“ und der Arbeit seiner Auroren und schloß: „Jedenfalls heißt das, daß ich mich jetzt durch unsere Akten durchwühlen muß über ungeklärte Fälle aus den Jahren 1799 bis etwa 1925, das sind immerhin runde 125 Jahre.“
Ron sah Harry nachdenklich an.
„Mußt du nicht“, sagte er schließlich.
„Hm?“
„Nein. Laß es dir mal von einem gelernten Faulpelz erklären. Du mußt nur bis zu dem Zeitpunkt gehen, an dem er spätestens den Mord begangen haben dürfte“, sagte Ron geduldig.
„Na eben – um 1925 herum hat er die Uhr an diese Mme Langlet weitergegeben, danach kann er nicht mehr -“
Ron rollte mit den Augen und schnaubte: „Du redest wie Hermione, die alle Möglichkeiten ausschöpfen will. Hör auf den arbeitsscheuen Faulpelz: Es kommt nicht darauf an, wann er zuletzt die Möglichkeit hatte. Wenn du einen Horkrux machen würdest – würdest du ihn umgehend aus der Hand geben?“
„Nein“, gab Harry zu.
„Hattest du nicht gesagt, daß er von der Bildfläche verschwunden ist? Wann war das – Mitte des 19. Jahrhunderts?“
„1837.“
„Und du hast was davon gesagt, daß er da schon merkwürdig gewesen ist, richtig?“
Harry schloß die Augen. Natürlich – auch wenn es keineswegs zwingend war, daß Eldrich Delphic damals schon zum Mörder geworden war, aber Rons Gedankengang hatte etwas. Langsam nickte Harry. Zufrieden resümierte Ron: „Und so haben wir den Zeitraum auf nicht einmal vierzig Jahre eingedampft.“
„Wirklich zwingend ist das aber nicht“, sprach Harry laut aus, was er gedacht hatte.
„Ich weiß“, sagte Ron und wedelte mit der Hand, als verscheuche er eine lästige Fliege. „Aber es ist wahrscheinlich. Ich meine, es paßt alles zusammen, nicht wahr? Verhaltensänderung, untergetaucht... Was gibt es für einen besseren Grund, von der Bildfläche zu verschwinden, als einen Mord?“
„Ist ein Gesichtspunkt“, gab Harry bedächtig zu. „Danke, Ron, manchmal tut es gut, mit jemanden zu sprechen, der mit gesundem Menschenverstand an die Sache herangeht. Ich habe zuletzt den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen.“
„Keine Ursache“, sagte Ron. „Aber jetzt muß ich wieder nach vorne – George und Verity brauchen bestimmt Unterstützung, schließlich wollen wir viele Schüler mit verbotenen Sachen zumindest für das Herbsttrimester versorgen.“
„Tut das“, sagte Harry grinsend und verabschiedete sich.

Am Nachmittag machte sich Harry mit frischem Mut ans Werk und konzentrierte sich nach Rons Ratschlag auf die Vorfälle zwischen 1799 und 1837, die sich aus dem Aktenspiegel ergaben, den er und die Auroren in monatelanger Kleinarbeit aus den Akten der Abteilung für magische Strafverfolgung angefertigt hatte. Schließlich hatte er acht ungeklärte Morde zusammengetragen, die in Frage kamen. Zwei waren an Zauberern begangen worden, sechs an Muggeln. In allen Fällen hatten die Opfer keine äußeren Verletzungen aufgewiesen, weswegen die damaligen Ministeriumszauberer vom Einsatz des Avada Kedavra ausgegangen waren. Harry war natürlich vorsichtig, denn er wußte, daß die magische Forensik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenso wie die Forensik der Muggel noch nicht weit entwickelt war.
„Die beiden Fälle mit den ermordeten Zauberern lassen wir mal auf der Liste“, ordnete Harry in einer Besprechung an. „Aber meiner Meinung nach ist es einer Fälle mit den ermordeten Muggeln. Das paßt einfach ins Bild: Ein Schwarzmagier sieht Muggel in der Regel als weniger wertvoll an, und deshalb findet er nichts dabei, einen Muggel zu benutzen, um seinen Horkrux zu machen. Dann die Anwendung eines Unverzeihlichen Fluchs und das offensichtliche Fehlen eines Motivs, jedenfalls nach Aktenlage. Ach ja – ich brauche dann von diesen acht Fällen noch einmal die Originalakten. Sind die noch bei uns?“
Mrs Halfpenny meldete sich: „Nein, die haben wir wieder an die Abteilung für magische Strafverfolgung zurückgegeben. Wir wollten ja nicht den Eindruck erwecken, als wäre bei uns was im Busch.“
„Ja, richtig“, sagte Harry. „Jedenfalls brauchen wir die Akten jetzt wieder, denn es könnten Details da drin stehen, die uns weiterhelfen. Hat jemand übrigens eine Spur von diesem Eldrich Delphic?“
Harry erntete nur Kopfschütteln. Er schloß die Sitzung: „Okay, dann bitte weitersuchen. Ich gucke mir dann noch mal die Akten an, wenn sie da sind.“

Das Lesen der Akten verbrauchte Zeit, brachte aber keine neuen Erkenntnisse. Harry überlegte sich, wo er nun ansetzen könnte. Da tragfähige Ermittlungsansätze objektiv nicht vorhanden waren, beschloß er, sich endlich einmal wieder auf seinen Instinkt zu verlassen. Der sagte ihm wie schon vor fünfzehn Jahren, daß er die Gräber der Opfer aufsuchen sollte. Zwar war ihm das vor fünfzehn Jahren schlecht bekommen, war er doch zusammen mit Hermione in Godric's Hollow in eine Falle von Voldemort getappt, aber es konnte nach seiner Meinung durchaus sein, daß es ihn zumindest auf eine Idee bringen könnte. Er nahm sich vor, die Gräber in der nächsten Woche, der ersten Septemberwoche, in Augenschein zu nehmen.

Zunächst stand aber am Samstag Teds Abreise nach Hogwarts an. Ted war am Vorabend wie in den letzten Jahren mit seiner Großmutter im Grimmauldplatz Nummer zwölf eingetroffen. Als es am ersten September auf halb elf Uhr zuging, lud Harry die beiden in sein Auto und fuhr durch den am Wochenende etwas dünneren Londoner Verkehr zum Bahnhof King's Cross. Im Bahnhof schob Ted den Gepäckkarren mit seinem Hogwartskoffer und dem Käfig mit seiner Schleiereule zur Absperrung zwischen den Gleisen neun und zehn. Lässig verschwand er, gefolgt von Harry und Andromeda Tonks.
Auf Gleis neundreiviertel stand abfahrbereit wie eh und je der Hogwarts-Expreß mit seiner scharlachroten Dampflokomotive. Auf dem Bahnsteig verabschiedeten sich Eltern von den Hogwarts-Schülern, Schüler tauschten untereinander Ferienerlebnisse aus. Allerdings ebbten – ebenfalls wie in den Vorjahren – die Gespräche ab, sobald Harry vorbeiging.
„Da drüben sind sie!“ verkündete Ted und beschleunigte seine Schritte.
Etwas weiter hinten stand Bill Weasley mit seinem vernarbten Gesicht, während Fleur und Victoire mit ihrer Schönheit alles überstrahlten. Harry mußte sich unwillkürlich daran erinnern, wie Fleur sich seinerzeit häßlich gefunden hatte, als sie sich im Ligusterweg in ihn verwandelt hatte. Er schmunzelte.
„Hallo, seid ihr auch da!“ begrüßte Bill die Gruppe von Harry.
„Wie war es in Frankreich?“ fragte Ted Victoire.
„Och, ganz okay“, antwortete sie. „Bei Grandpa und Grandma ist es immer schön. Du warst wieder mit Onkel Harry zusammen?“
„Ja, in Wales. Wir hatten super Wetter, waren fast nur am Strand.“
Harry nickte Bill zu, der sofort verstand und ihm half, Teds Koffer und Eulenkäfig im Zug zu verstauen. Dann gellte der Pfiff, und die Schüler stiegen ein. Ted hatte einige Hufflepuffs erspäht und sich ihnen angeschlossen. Die Türen schlugen zu, der Zug setzte sich in Bewegung. Harry winkte seinem Patenkind hinterher.
„Noch Lust, mitzukommen zu mir nach Hause? Zu einem zweiten Frühstück vielleicht?“ schlug er Bill und Fleur zu, nachdem der Zug in der Kurve verschwunden war.
„Ah, vielleischt auf einen Kaffee“, sagte Fleur. „Nischt noch ein Frühstück, sonst werde isch zu fett.“

„Komisch, wieso laufen wir in dieser Sache dauernd auf irgendwelchen Friedhöfen herum?“ maulte Dennis. „Und noch dazu bei diesem Wetter? Hätten wir das nicht an einem anderen Tag machen können?“
„Nein, wir rödeln an dieser Sache schon so lange genug herum, da will ich endlich mal zu einem Ergebnis kommen. Außerdem hat jeder von uns einen Schirm. Abgesehen davon waren wir kaum auf Friedhöfen. Nur in Kopenhagen. Und auf diesem Friedhof in Leicester oder wie das hieß waren Alby und Rita. Also: Du die linke Reihe, ich die rechte Reihe“, erwiderte Harry.
Harry und Dennis waren nun schon den zweiten Tag auf den verschiedenen Friedhöfen unterwegs, die in den Akten als Bestattungsorte der Mordopfer genannt waren. Da die Morde schon lange zurücklagen, handelte es sich durchweg um ältere Friedhöfe mit entsprechend alten Grabsteinen und verwitterten Inschriften mit eher ungewohnten Buchstaben. Das alles trug nicht dazu bei, die Sache zu beschleunigen, und der Dauerregen, der sich am zweiten Tag über das ganze Land gelegt hatte, tat ein übriges. Ganz abgesehen davon war die Suche bisher nicht sehr erhellend gewesen. Manchmal war das Grab nicht mehr auffindbar oder der ganze Friedhof war verschwunden. Wo sie ein Grab tatsächlich fanden, war es meistens schon überwachsen, ein kleiner Dorffriedhof war sogar ganz in übermannshohem Gestrüpp untergegangen.
„Okay, laß uns dann zum nächsten Friedhof auf der Liste apparieren“, sagte Harry, als sie wieder einmal vor einem verwitterten Grabstein standen, der nichts besonderes aufzuweisen hatte.
„Welcher ist es?“ fragte Dennis.
Harry zog die Liste zu Rate und sagte: „Der Friedhof von Mildenhall in Suffolk.“
Sie apparierten.
Der alte Friedhof von Mildenhall war kaum als solcher auszumachen. Vielmehr präsentierte er sich wie ein völlig überwuchertes, ins Kraut geschossenes Brachgrundstück. Erst auf dem zweiten Blick waren die Grabsteine zu sehen, die zwischen dem Gras, den Lupinen, den Büschen und dem Unkraut aufragten. Harry seufzte: „Also dann, auf ans Werk. Wir werden wohl richtig reingehen müssen in die Botanik.“
Da es keine geordneten Grabreihen mit Wegen gab, übernahm jeder eine Hälfte des Friedhofs. Harry stapfte durch das Gestrüpp und versuchte, die Grabsteininschriften zu entziffern. Die Gräber waren zum Teil in einem desolaten Zustand. Aber Harry suchte unverdrossen weiter, bis er plötzlich Dennis' Stimme hörte: „Harry, komm her, ich habe es. Und sieh mal!“
„Was?“ rief Harry zurück.
„Komm her, das mußt du dir ansehen!“ antwortete Dennis.
Harry kämpfte sich durch hüfthohes Unkraut und Gras. Als er Dennis erreichte, sah er sofort, was dieser meinte: Der Grabstein vor ihnen stand perfekt aufrecht, war nicht vermoost, und die Grabstelle war nicht überwuchert, sondern nur mit akkurat gestutztem grünem Gras bewachsen. Die Inschrift war leicht zu lesen:

Florence Barbara Smith
14. Oktober 1804 – 3. Mai 1831

Eine Widmung oder eine sonstige Bemerkung enthielt der Grabstein nicht. Aber der Zustand des Grabes zeigte Harry und Dennis, daß hier etwas besonderes vorgehen mußte. Harry sah sich um und entdeckte im hohen Gras nebenan einen vom Wetter schon arg mitgenommenen Kranz. Er deutete darauf und sagte zu Dennis: „Wenn sich schon jemand die Mühe macht, das Grab in Schuß zu halten, dann könnte er auch den Kranz niedergelegt haben.“
Dennis nickte.
Harry fuhr fort: „Ich denke, wie haben unser Grab gefunden.“
„Ja?“ fragte Dennis. „Ich meine, es ist schon merkwürdig, daß ausgerechnet dieses Grab so gepflegt ist – aber ist das denn sicher?“
„Sicher ist es nicht“, erwiderte Harry, „aber mein Gefühl sagt mir, daß, wer auch immer das Grab pflegt, mehr über den Mord weiß als sonst jemand. Und mit meinem Gefühl liege ich selten falsch.“


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 3. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Als Voldemort jagt uns Ralph wirklich Angst ein. Man spürt, dass er wahnsinnig ist – seine Augen verraten das. Wenn er auf der Leinwand erscheint, bin ich jedes Mal starr vor Schreck.
Mike Newell über Ralph Fiennes