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Fanfiction

Die Geschichte des Regens - Das Tagebuch der Emma Foley - Das Puzzle ist komplett

von >Rumtreiberin<

Hallo und herzlich Willkommen zum neuen Kapitel, „Das Puzzle ist komplett“. Vermutlich hat keiner von euch damit gerechnet, dass es so lange dauern würde, bis in Emmas Tagebuch das Wort „Werwolf“ fallen würde. Da ich mich ein wenig schwer mit dem Anfang getan habe, hat das Schreiben auch länger als sonst gedauert, aber umso stolzer kann ich euch verraten, dass ich mein Versprechen gehalten und es am Sonntag Nachmittag hochgeladen habe. ;) (Bitte, liebe Mods, schaltet es schnell frei, sonst werde ich irgendwann von meinen Lesern gelyncht. ;) )
Spaß beiseite, es tut mir leid, dass es wieder einen Monat gedauert hat. Ich hoffe einfach, dass ich auch in Zukunft während meines Studiums regelmäßig updaten kann und es nicht mehr so lange Abstände wie im letzten Jahr geben wird. Aber die Zeiten, in denen es jede Woche ein neues Kapitel gab, kommen wohl nicht mehr wieder. :( Dafür sind die Kapitel aber auch länger - ist das ein kleiner Trost?
Bevor ich euch jetzt endlich mit dem Kapitel alleine lasse, noch ein großes Dankeschön an greenday, Schwesterherz, Tonks?Lupin, Padma Patil, shaly und Isabelle für eure Reviews. Ich werde sie heute Abend in meinem Thread beantworten, also schaut doch bitte mal nach, und fühlt euch jetzt schon mal mit virtuellen Keksen überhäuft. :) Danke!
Außerdem erneut danke an Dissendium für das Betalesen (ich habe noch ein paar Sachen geändert - deine Meinung zu hören war echt hilfreich).

Und jetzt endlich Vorhang auf für „Das Puzzle ist komplett.“

~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~

19.3.1977, 6:01, Schlafsaal

Remus Lupin ist ein Werwolf.

Ich habe die ganze Nacht wachgelegen und darüber nachgedacht, und jetzt bin ich mir hundertprozentig sicher. Es passt alles so genau zusammen, dass ich mich frage, warum ich das nicht schon viel eher gemerkt habe.

Weil ich es nicht wissen wollte.

Und jetzt kann ich nicht aufhören, daran zu denken. Seine Angst, jemand könnte sein Geheimnis herausfinden…jeder würde verstehen, dass er es geheim halten wollte, und ich konnte mich einfach nicht davon abhalten, ihm nachzuspionieren. Wenn ich nur nicht diesen Kalender gekauft hätte…wenn ich nur nicht diese Bücher ausgeliehen hätte.
Jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich machen soll.
Wobei ich eigentlich denke, dass der Grund, warum ich jetzt diejenige bin, die es herausgefunden hat, dieses Tagebuch ist, und die ganzen sinnlosen Details, die ich darin vermerkt habe. Vielleicht hätte ich es auch so irgendwann kapiert…im Prinzip hatte ich ja die ganze Zeit schon eine Ahnung.
Aber es wäre ein viel besseres Gefühl, wenn er es mir von sich aus erzählt hätte.

Er wollte schließlich nicht, dass ich es weiß.

Gott, ich bin so durcheinander, und die Tatsache, dass ich heute Nacht kein Auge zugetan habe, hilft auch nicht gerade. Ich weiß einfach nicht, was ich denken soll. Was bedeutet es denn, dass er ein Werwolf ist? (Ich kann es immer noch kaum aufschreiben.)
Elroy Stidolph zufolge, dass in ihm ein Monster lauert, das einmal im Monat zum Leben erwacht. Cypriannus Aiken zieht den Vergleich zu einer Todesmaschine; mein VgdK-Lehrer in der dritten Klasse ließ uns einen Aufsatz darüber schreiben, wie man einen Werwolf töten kann. Damals war in meinem Haus ein Mädchen, deren Cousin bei einem Werwolfangriff getötet worden war, und sie hatte in dieser Stunde fast einen Zusammenbruch. Ich weiß, dass Werwölfe als Tierwesen gelten, und zumindest in Deutschland gibt es ein Werwolf-Fangkommando, das auffällige Werwölfe zur Strecke bringt; auch, wenn es keine genauen Informationen darüber gibt. Und normalerweise würde keine Zaubererschule einen Werwolf überhaupt aufnehmen.
Dann denke ich an Remus, und das alles kommt mir absurd vor.
Erstens übersteigt es einfach meine Vorstellungskraft.
Zweitens komme ich nicht davon weg, das Ganze als Krankheit zu sehen, so wie ich es die ganze Zeit über auch getan habe. Und es ist doch auch eine Krankheit, oder? Etwas, für das man nichts kann und das einmal im Monat ausbricht. Ich meine, ich kenne Remus doch, zumindest ein bisschen. Und in den vergangenen sieben Monaten, seitdem ich ihn zum ersten Mal getroffen habe, war er schließlich auch schon ein Werwolf, und es gibt eigentlich gar keinen Grund, warum sich jetzt irgendwas für mich ändern sollte, oder?
Ich kann nicht behaupten, dass mir meine Entdeckung nicht irgendwie Angst machen würde.
Aber diese ganzen Sachen, die ich gelesen habe, kann ich einfach nicht mit Remus in Verbindung bringen. Und ich habe ihn doch kennengelernt, und mag ihn, und sein Charakter ist doch immer noch derselbe…

Im Moment überwiegt bei mir eigentlich gerade das schlechte Gewissen, dass ich es herausgefunden habe, obwohl er nicht wollte, dass ich es weiß.

Ich frage mich auch, wie das alles abläuft. Madam Logan und Miss Pomfrey müssen eingeweiht sein, aber wo geht Remus hin, wenn er sich verwandelt? Irgendwo auf die Ländereien? Überhaupt stand in den ganzen Büchern kein einziges Wort darüber, wie die Verwandlung für den Werwolf selbst ist. Verwandelt man sich nur an einem Tag? Wenn ja, warum ist Remus dann immer mehrere Tage krank? Tut es weh…?
Und wie hat Dumbledore es geschafft, dass niemand Remus' Geheimnis herausgefunden hat? Außer James, Peter und Sirius, natürlich, die mich ja einmal auf so verdächtige Weise abgewimmelt haben. Sind sie wirklich die Einzigen, die es wissen?

Und, daran habe ich gar nicht mehr gedacht: Weiß Severus Snape, was hinter Remus' Krankheit steckt?

Ich glaube, nach dem Gespräch mit ihm muss ich davon ausgehen, dass er es schon vorher geahnt hat und nur nach Beweisen gesucht hat.
Aber warum ist er überhaupt so dahinter her?

Gerade eben hat Lilys Wecker geklingelt. Ich sollte wohl aufhören zu schreiben und ins Bad gehen, in der Hoffnung, dass mich kaltes Wasser etwas wacher machen wird.
Das wird ein langer Tag werden.
Und ich habe keine Ahnung, wie ich mich Remus gegenüber verhalten soll.

19.3.1977, Geschichte der Zauberei

Ich werfe mal wieder meine Prinzipien über Bord und schreibe im Unterricht. Egal, heute bin ich sowieso nicht aufnahmefähig.
Oh nein, da fällt mir auf - heute Abend ist doch die erste Apparierstunde.
Na danke.
Merlin, mir fallen die ganze Zeit fast im Sitzen die Augen zu; im Prinzip müsste Professor Binns mir dankbar sein, denn Tagebuchschreiben ist gerade die einzige Möglichkeit für mich, nicht einzuschlafen.
Was ihm allerdings vermutlich sowieso nicht auffallen würde.

Bevor ich vorhin zum Frühstück gegangen bin, habe ich beschlossen, niemandem zu sagen, was ich herausgefunden habe, und am allerwenigsten Remus selbst. Ich habe im Bad, beim Anziehen und auf dem Weg zur Großen Halle darüber nachgedacht (und ich glaube, die Anderen haben sich gewundert, was mit mir los ist), und abgesehen davon, dass ich einfach nicht wüsste, was ich ihm sagen sollte, fände ich es irgendwie unfair.
Oder ich rede mir das alles nur ein, weil ich Angst davor habe, was er mir antworten würde. Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht.
Allerdings haben meine Bemühungen, mir nichts anmerken zu lassen, bis jetzt hauptsächlich dazu geführt, dass mich alle komisch beäugen, so als könnte ich im nächsten Moment auf den Tisch springen und anfangen, die irische Nationalhymne zu singen. Oder so. Aber ich war eben ein bisschen durcheinander, weil sich Remus, gerade als ich beschlossen hatte, dass ich beim Frühstück noch nicht in der Lage sein würde, ein normales Gespräch mit ihm zu führen, plötzlich direkt neben mich setzte und mich nett fragte, ob alles okay mit mir sei. Dementsprechend starrte ich ihn für eine Sekunde ungefähr mit dem gleichen Gesichtsausdruck an, den ich auch getragen hätte, wenn der Blutige Baron auf einmal meinem Toast entsprungen wäre, bevor ich ihn anstrahlte und sagte: „Nein. Es ist überhaupt nichts los. Ich meine, ja. Alles okay. Ähm, alles bestens.“
Dafür hätte ich mir am liebsten selbst eine verpasst.
„Wir glauben, sie hat sich heute Morgen einen Verwechslungszauber auf den Hals gejagt“, ließ Katie ihn hinter vorgehaltener Hand wissen, während sie suchend nach der Porridge-Schüssel tastete, die sich einen Moment zuvor noch direkt vor ihrem Platz befunden hatte. Jetzt allerdings war sie im Gewahrsam von Sirius, der sich sogleich eine unflätige Menge davon auf seinen Teller klatschte und ihn in sich hineinstopfte, als gebe es kein Morgen mehr.
„Nur heute Morgen?“, murmelte Remus mir zu, während sich um uns herum ein kleiner Tumult ausbreitete, da Katie nicht die Einzige war, die den Porridge vermisste.
„Ähm“, sagte ich verlegen. „Tut mir leid, ich habe heute Nacht nicht so gut geschlafen.“
Er lächelte mich aufmunternd an, was aber nur den Effekt hatte, dass ich mich schrecklich fühlte, weil ich trotz aller Vorsätze und Überlegungen offensichtlich gerade nicht in der Lage war, normal mit ihm zu reden. Aber ich starrte ihn an und versuchte verzweifelt, das Gesicht, das ich zugegebenermaßen ziemlich gut kenne, mit den Illustrationen in „The Monster Within“ in Einklang zu bringen. Es klappte nicht. Der einzige Hinweis waren die langsam verblassenden Augenringe - letzte Woche Donnerstag war Vollmond. Neben Remus zu sitzen war genau wie sonst, und irgendwie dachte ich, dass ich sein Lächeln heute Nacht bei der ganzen Grübelei vermisst hatte. Ein dämlicher Gedanke, oder? Aber ich war total verwirrt, beziehungsweise bin es immer noch, und das einzig Sinnvolle, was ich in diesem Moment dachte, war, dass diese Bücher, die Severus Snape aus der Bibliothek ausgeliehen hatten, nicht stimmen können. Ich weiß nicht, in was sich Remus einmal im Monat verwandelt - vielleicht in das, was auch das Wesen war, das Briannas Cousin getötet hat -, aber keiner der Texte hat mit nur einem Wort erwähnt, dass er dazwischen eine völlig normale Person ist. Netter als normal.

Aber was, wenn er in verwandeltem Zustand schon mal jemanden verletzt hat?

Remus hatte irgendetwas gesagt, das ich nicht gehört hatte, und ich lief dummerweise rot an, sah aber an seinem Gesichtsausdruck, dass das keine sehr passende Reaktion gewesen war. Zum Glück ließ uns in diesem Moment hundertfaches Flügelrauschen zur Decke blicken - die Post war da. Ich hielt Ausschau nach Remi, aber keine der Eulen ließ etwas auf meinen Teller fallen. Stattdessen bekam James ein großes Paket und Sirius einen schmalen, irgendwie offiziell aussehenden Brief. Während ich gedankenverloren auf meinem Toast herumkaute, beobachtete ich, wie James mit dem Klebeband kämpfte und das Paket schließlich mit Diffindo öffnete. Dann tauchte er kurz mit dem Kopf darin ein und zog grinsend eine Notiz heraus. „Selbst gemachte Kesselkuchen“, strahlte er. „Die Hälfte davon ist für dich, Tatze. Meine Mum schreibt, dass sie es immer noch schade findet, dass du in den Weihnachtsferien nicht mit nach Hause gekommen bist, und dass du im Sommer unbedingt wieder bei uns wohnen sollst. Und dass du viel essen sollst, weil dein Stoffwechsel…Was ist los?“
Sirius starrte mit leerem Gesichtsausdruck auf den Brief, den er in der Zwischenzeit geöffnet hatte. Als James ihn ansprach, reichte er ihm den Pergamentbogen weiter, und James murmelte beim Lesen vor sich hin: „Sehr geehrter Mr. Black, hiermit bedauern wir, Ihnen mitteilen zu müssen… Onkel Alphard Cygnus Black gestorben ist? …in seinem Testament bedacht… Verlesung findet am 24. März statt…“ Er ließ das Pergament sinken und warf Sirius einen mitfühlenden Blick zu. „Das tut mir leid, Mann“, sagte er hilflos. Sirius schnaubte und riss ihm den Brief wieder aus der Hand. „Typisch, dass sie mir nichts davon gesagt haben!“, knurrte er. „Ich wette, er ist schon seit Wochen tot und ich weiß nichts davon!“ Er starrte das Pergament noch einen Moment lang an, dann knüllte er es in der Hand zusammen und schmiss den entstandenen Ball in seine Tasche, die auf dem Boden lag. „Lasst uns zum Unterricht gehen!“
Als die Rumtreiber den Tisch verlassen hatten, stieß Katie pfeifend die Luft aus. „Onkel Al ist tot?“, wiederholte sie dann leise, und wir steckten unwillkürlich die Köpfe näher zusammen.
„Du kanntest ihn?“, fragte Lily.
Katie nickte. „Klar, er war immer der Netteste der ganzen Familie, wenn mal wieder alle zusammengekommen sind. Ich glaube, Sirius stand ihm ziemlich nahe, jedenfalls habe ich das so mitbekommen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass noch viel Kontakt mit ihm möglich war, seitdem er letzten Winter von zu Hause abgehauen ist.“
„Er ist von zu Hause abgehauen?“, fragte ich verblüfft.
„Ja, er war in den Ferien seitdem immer bei James“, erklärte Lily stirnrunzelnd.
„Außer diese Weihnachtsferien, da ist er hiergeblieben“, bemerkte Lindsay.
„Ich bezweifle nicht, dass Ihre Gesprächsthemen interessant sind“, unterbrach uns in diesem Moment plötzlich eine wohlbekannte Stimme, „aber vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass sich Ihre Mitschüler bereits auf dem Weg in die Klassen befinden.“
Und unter dem strengen Blick von Professor McG. beeilten wir uns, in den Klassenraum von Professor Binns zu gelangen. Wo ich immer noch sitze. Und die Doppelstunde in etwas mehr als zehn Minuten vorbei ist, ohne, dass ich überhaupt mal das Thema mitbekommen hätte. Das wird wieder spaßig heute Abend.
Vielleicht sollte ich jetzt doch noch versuchen, eine ungefähre Ahnung davon zu bekommen, was ich nacharbeiten muss…

19.3.1977, Mittagspause, Bibliothek

Ich bin hier, weil ich recherchieren will. Oder es zumindest versuchen. Ich hatte die Hoffnung, dass ich das mit Remus dann vielleicht besser kapiere. Im Prinzip weiß ich ja nicht wirklich viel über Werwölfe. Ich meine, ich komme aus einer Muggelfamilie, und bis zu meinem zweiten Schuljahr hatte ich keine Ahnung, dass es sie überhaupt gibt. Vielleicht, wenn ich mehr wüsste, vielleicht würde ich dann besser verstehen.
Aber jetzt habe ich mir einen Stapel Bücher an einen Tisch am Fenster geräumt, und lege jedes Einzelne wieder weg, nachdem ich einen kurzen Blick auf das Werwolf-Kapitel geworfen habe. Ich kann das einfach nicht lesen, und dazu kommt, dass ich die ganze Zeit Angst habe, jemand könnte mich hier sehen und die gleichen Rückschlüsse ziehen, die ich bei Severus Snape gezogen habe.
Das einzige Buch, das ein wenig aus dem Rahmen fällt, ist ein ziemlich neu aussehendes, grün eingebundenes Taschenbuch namens „Hairy Snout, Human Heart - the heartbreaking report of a man's struggle against lycanthropy“. Es ist vor zwei Jahren erschienen und anscheinend die Autobiografie eines Werwolfs.

Ach, es hilft irgendwie alles nichts. Ich würde so gerne mit jemandem reden, aber ich kann dieses Geheimnis, das ich ja gar nicht kennen sollte, doch nicht auch noch weitererzählen.

19.3.1977, nach Unterrichtsende in einem leeren Klassenraum

Weißt du, in welchem Klassenraum ich gerade sitze, Tagebuch? Natürlich nicht. Ich gebe dir einen kleinen Tipp: Ich war am 9.2. schon mal hier. Und an der Tafel steht immer noch genau der gleiche Anschrieb, den anscheinend nie jemand weggewischt hat: 12.9.1968 -Hausaufgaben: Wie unterscheidet sich die Verwandlung in einen Werwolf von der in einen Animagus? Mind. eine Rolle Pergament.
Manchmal glaube ich wirklich, irgendwo sitzt jemand und sorgt dafür, dass mein Leben mich jeden Morgen mit einem ironischen Grinsen begrüßt. Ich bin müde, ich bin total fertig, ich lese die gesamte Doppelstunde Zaubertränke unterm Tisch in „Hairy Snout, Human Heart“, werde von Professor Slughorn erwischt, muss meinen missglückten Aufpäppeltrank an Halinor Ashworths Kröte ausprobieren und mich bei ihr entschuldigen, während Slughorn die Kröte auf normale Größe zurückschrumpft und Conell Ward bedrohlich mit seinen Fingerknöcheln knackt, beschließe, mich in irgendein leeres Klassenzimmer zu hocken, in Ruhe Tagebuch zu schreiben und die ganze Werwolf-Sache einfach mal zu vergessen, und wo ende ich?
Genau hier.
So viel zum Thema Vergessen.

Gerade ist Lily gegangen; sie ist mir nach Zaubertränke gefolgt. Ich hab mich total erschreckt, als sie durch die Tür geschlüpft kam und sich auf einmal auf den Tisch neben mir setzte. Das ist auch eigentlich der Grund, warum ich schon wieder schreibe, denn nachdem ich mit ihr geredet habe, ist zu dem ganzen Durcheinander in meinem Kopf noch ein weiterer Punkt dazugekommen, über den ich mir jetzt Gedanken mache. Es ist irgendwie alles so viel, dass sich in meinem Kopf alles völlig wirr umeinander dreht. Allein schon dieses Buch hätte gereicht, aber jetzt kommt irgendwie eins zum anderen und ich kann kaum glauben, dass es noch nicht mal 24 Stunden her ist, dass ich darauf gekommen bin, dass Remus ein Werwolf ist.
Okay.
Nochmal zurück zum Anfang. Ich hoffe, ich kann mich einigermaßen an alles erinnern.
Lily kam also, ohne dass ich sie hörte, durch die Tür zu diesem Klassenzimmer, in dem ich sitze, und hockte sich neben mich. Ich zuckte erschrocken zusammen, als ich sie bemerkte, wusste aber nicht, was ich sagen sollte. Irgendwie hatte ich Angst, dass wenn ich anfing zu reden, ich vielleicht in einem Schwall alles ausspucken könnte, was mich beschäftigt.
„Hallo“, sagte ich schließlich dumpf und wandte mich wieder der verstaubten Schrift an der Tafel zu.
„Hey“, sagte Lily, „ich hab mich abgesetzt.“ Sie zögerte kurz, dann zog sie mir vorsichtig das Buch, das ich neben mich auf die Tischplatte gelegt hatte, unter der Hand weg. „Du glaubst es auch, oder?“, fragte sie leise.
Hektisch drehte ich mich zu ihr um. „Was?“
Lily öffnete das Buch und zeigte mir den Zettel, der innen an den Umschlag geheftet war und auf dem sich die Schüler eingetragen hatten, die es ausgeliehen hatten. Außer mir waren nur zwei weitere Namen aufgelistet: ein Junge aus Ravenclaw hatte es letztes Jahr für ein paar Tage ausgeliehen, und direkt darüber stand in einer mir wohlbekannten Schrift: Lily Evans, Gryffindor, 3.-28.6.1976.
„Da war es ganz neu in der Bibliothek“, sagte Lily mit abwesender Stimme, während ich ihren Namen anstarrte und ihr kaum folgen konnte. „Ich hatte gedacht, es würde für einen Skandal sorgen, aber der Verlag ist so klein, dass es kaum jemand beachtet hat…“ Sie knallte das Buch zu, wandte mir ihren wieder aufmerksamen Blick zu und runzelte die Stirn. „Wie hast du es herausgefunden?“
Ich räusperte mich in der Hoffnung, meine Stimme wiederzufinden. „Du meinst, dass Remus…?“, vergewisserte ich mich. „Dass er…“ Ich schaute auf das Buch in Lilys Hand und sie folgte meinem Blick, bevor sie nickte.
„Mein Tagebuch“, sagte ich nach ein paar Momenten des Zögerns. „Er war immer an Vollmond krank, und da waren noch so ein paar Bemerkungen…“ Ich brach ab. „Eigentlich habe ich keine Beweise.“
Lily seufzte. „Ich auch nicht. Ich habe es schon seit Jahren vermutet“, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort. „Zuerst ist mir nicht aufgefallen, dass er einmal im Monat verschwindet. Ich hatte damals auch gar nicht so viel mit den Jungs zu tun, oder mit Katie. Irgendwann ist es immer offensichtlicher für mich geworden, und ich habe in der Mondtabelle nachgeschaut… In der vierten Klasse sind Remus und ich sozusagen in einen Irrwicht reingelaufen, der sich in einem leeren Klassenraum in so einer Großvateruhr versteckt hatte, und da hab ich gesehen, dass er für ihn zum Vollmond geworden ist… Aber ich habe immer versucht, mir nicht so viele Gedanken darüber zu machen.“
„Und das hat funktioniert“, sagte ich sehr skeptisch.
„Nein, natürlich nicht.“ Lily lächelte ein wenig. „Aber ich wollte mit niemandem darüber reden, um die Aufmerksamkeit nicht noch zusätzlich auf ihn zu lenken. Deshalb habe ich meine Theorie auch nie Lindsay und Katie gegenüber erwähnt. Aber als ich gesehen habe, wie du so abwesend mit diesem Buch rumgelaufen bist, habe ich gewusst, dass du das gleiche Dilemma hast.“
„Stimmt es, was in diesen Büchern steht?“, platzte ich unvermittelt heraus. „Wird Remus - ein Monster?“
„Ich weiß es nicht“, sagte Lily offen. „Ich glaube schon. Wenn wir richtig liegen, natürlich. Aber ich glaube auch, was dieser anonyme Autor schreibt. Er hat keine Wahl, es ist unglaublich schmerzhaft für ihn und er kann sich hinterher an kaum etwas erinnern.“
Ich traute mich nicht, die Frage auszusprechen, die mir auf der Zunge brannte, aber Lily beantwortete sie trotzdem.
„Was ist -?“
„ - wenn er jemanden verletzt hat?“ Lily zupfte gedankenverloren an ihrer Unterlippe. „Das habe ich mich auch oft gefragt… Eigentlich glaube ich, dass Dumbledore alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, damit nichts passiert… und wenn vor Hogwarts etwas passiert wäre, müsste das bekannt sein. Aber sicher kann man es nicht wissen, oder?“
Ich dachte eine Weile über das nach, was sie gesagt hatte, und konnte nicht aufhören, auf das Buch in ihrer Hand zu starren und immer wieder den Klappentext zu lesen: All I did was run, but I had not taken two steps when the beast caught up on me. I was thrown to the ground, and a second later I felt a horrible pain when long, yellow fangs found their way through my skin. As I had never suffered anything like this before, I thought I would die, but what the monster turned my into was much worse...
„Wie sicher bist du dir?“, fragte ich schließlich.
„Ich weiß es nicht“, seufzte Lily. „Sagen wir, dass du zum gleichen Schluss wie ich gekommen bist, bestärkt die Theorie, oder?“
„Nicht nur ich“, fiel mir plötzlich wie ein Schlag ins Gesicht ein, „Severus Snape - er ist auch dahinter her.“
Lilys Blick verlor für ein paar Sekunden jeglichen Ausdruck. Schließlich schüttelte die langsam den Kopf. „Er ahnt es auch schon länger“, sagte sie. „Dir hat noch niemand davon erzählt, was letztes Jahr passiert ist, oder?“
„Wenn du den Streit meinst…“
„Nicht ganz.“ Wieder zupfte Lily an ihrer Unterlippe. „Du hast wahrscheinlich gemerkt, dass ich nicht gerade gerne darüber rede, aber na gut. Weißt du, ich habe Severus auch nie von meinem Verdacht erzählt, aber vor ein paar Jahren wäre er wohl die einzige Person gewesen, der ich mich anvertraut hätte. Zu dem Zeitpunkt…in der Mitte des vierten Schuljahres…hat er mehr und mehr damit angefangen, mit diesen - diesen Leuten rumzuhängen. Avery. Mulciber. Rosier. Wilkes. Crabbe. Du weißt, wovon ich rede… Ich habe keine Ahnung, wie er das geschafft hat, wo er doch noch mit mir befreundet war, denn für die sind Menschen wie ich - und du auch - einfach nur Dreck. Keine Ahnung, was er ihnen gesagt hat. Ich habe ihm natürlich trotzdem vertraut, wir waren schließlich befreundet, und er oder einer der Anderen hat auch niemals etwas gegen mich gesagt, aber das hat nichts daran geändert, dass er immer öfter etwas gegen Leute gesagt hat, die ich auch mochte. Katie zum Beispiel: Blutsverräterin. Einmal hat Mulciber Mary Macdonald angegriffen, als ich dabei war, daher kennen wir uns… Jedenfalls habe ich mich Severus nicht anvertraut, weil ich nicht wollte, dass er sich noch mehr in diesen Streit mit den Rumtreibern hineinsteigert. In der vierten und fünften war es am schlimmsten, James und Sirius haben ihn ständig auf den Gängen verhext und Severus war immer auf Rache aus. Da sind ein paar ganz üble Hexereien gefallen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass er etwas geahnt hat, spätestens seit... Er wusste, dass es ein Geheimnis gibt. Und dann, vor etwas weniger als einem Jahr, ist diese seltsame Sache passiert. Ich glaube, Dumbledore hat Severus verboten, darüber zu reden, aber unter der Peitschenden Weide gibt es einen Tunnel, und da ist er reingekrochen, und James hat ihn im letzten Moment rausgezogen. Seitdem hat Severus James noch mehr gehasst als vorher, und ein paar Wochen später haben wir uns dann…gestritten.“
Ich brauchte eine ganze Weile, um das zu verdauen.
„Unter der Peitschenden Weide ist ein Geheimgang?“, sagte ich schließlich, weil das der Punkt war, der noch am einfachsten zu kapieren war. Ich erinnerte mich daran, dass ich Remus überredet habe, mir die Weide zu zeigen. Wenn darunter wirklich ein Tunnel ist, macht es irgendwie Sinn, dass er nicht so begeistert davon war. Als ich Lily davon erzählte, nickte sie langsam. „Aber wenn…wenn er da unten tatsächlich Remus gesehen hat - warum wusste Severus dann nicht, was er ist?“
„Vielleicht hat er ihn gar nicht gesehen“, mutmaßte ich. „Vielleicht hat James ihn vorher rausgeholt.“
Aber Lily runzelte die Stirn. „Er hat mich danach gefragt“, sagte sie. „Ich habe ihm gesagt, dass es immer heißt, Remus sei krank, und er hat mich gefragt: Jedes Mal bei Vollmond? Severus hätte niemals so lange gebraucht, um es herauszufinden.“
„Aber er hat zu mir gesagt…warte…Ich werde der Erste sein, der das Geheimnis lüftet. Wenn er es gewusst hätte…?“
„Du hast Recht, das klingt nicht so, als hätte er schon einen Verdacht…“, murmelte Lily. Sie starrte abwesend vor sich hin und nach einer Weile sagte ich: „Lily? Kann ich dich noch was fragen?“
Sie blinzelte, als hätte ich sie aufgeweckt, und wandte sich dann wieder mir zu. „Klar.“
„Ähm. Du hast vorhin gesagt, James, Sirius und Severus hätten sich gegenseitig verhext. Ich hatte immer den Eindruck…“
„…die Rumtreiber seien auf Severus losgegangen?“ Lily seufzte ein weiteres Mal. „Sind sie auch. Naja, hauptsächlich Sirius und James, sie haben überhaupt damit angefangen. Das wirklich Gemeine daran war, dass sie jede Gelegenheit genutzt haben, um ihn bloßzustellen, auch, wenn sie in der Überzahl waren. Das verzeih ich ihnen auch heute nicht, dieses angeberische, miese…“ Sie holte tief Luft. „Aber Severus hat auch keine Gelegenheit ausgelassen, von hinten Flüche auf sie loszulassen, und das waren teilweise welche, von denen ich nicht gedacht hätte, dass er sie einsetzt. Ich habe nie verstanden, woher diese bescheuerte Feindschaft kommt, und inzwischen geht es mich auch einfach nichts mehr an.“
„Aber du hast Severus doch noch ein paar Mal gerettet…?“, fragte ich vorsichtig.
„Ja, aber das würde ich bei jedem machen, der von einer Gruppe Schüler gedemütigt wird“, sagte sie und hob ihr Kinn. „Das hat absolut nichts mit unserer Vergangenheit zu tun!“

Naja, und dann hat Lily mich gefragt, ob wir zusammen zum Gemeinschaftsraum gehen wollen, bevor der Apparierkurs anfängt (den ich schon wieder komplett vergessen hatte), aber ich meinte, dass ich noch hier bleibe, um Tagebuch zu schreiben. Deshalb hat sie meine Bücher mitgenommen, damit ich dann direkt zum Abendessen gehen kann. Es ist nämlich jetzt schon fast Zeit.
Verwirrend, oder? Das mit Lily, meine ich. Dass sie es die ganze Zeit wusste. Es macht Sinn, irgendwie. Ich meine, es wäre irgendwie seltsam, wenn sie in all den Jahren nichts bemerkt hätte, wo sie Remus doch gut kennt und alles. Und sogar bemerkt hat, dass ich den gleichen Schluss gezogen habe wie sie. Trotzdem kann ich nicht behaupten, dass ich die Sache jetzt viel klarer sehen würde.
Naja, vielleicht ein bisschen.
Und ich bin verdammt froh, dass ich mit jemandem reden konnte.

19.3.1977, 19:31, Gemeinschaftsraum

Ich würde jetzt sehr gerne Tagebuch schreiben, aber auf mich wartet noch ein Geschichtsaufsatz, bevor in einer halben Stunde der Apparierkurs beginnt.
Und vielleicht ist es auch ganz gut, wenn ich mal an was anderes denke.

Notiz für mich selbst: Kursgebühr bezahlen!

19.3.1977, abends, Schlafsaal

Okay. Das war also der Apparierkurs, Teil 560 in der Serie „Dinge, die Emma Foley niemals auf die Reihe kriegen wird“. Ich meine, da war dieser Mann. So ein Typ vom Ministerium, Mr. Twycross, ein kleiner, noch ziemlich junger Mann mit blonden Haaren und auffällig dichten Augenbrauen und Wimpern, dessen einziges Bedürfnis zu sein schien, uns ständig auf „Ziel, Wille und Bedacht“ hinzuweisen. Wenn es nach Mr. Twycross geht, hält uns nach Befolgen dieser Dreierregel absolut nichts mehr davon ab, elegant wie eine Ballerina in den vor uns liegenden Holzreifen zu erscheinen.
Das bedeutet aber nicht, dass es irgendjemand geschafft hat.
Abgesehen von der Apparierstunde ist übrigens noch etwas anderes passiert…aber egal. Nochmal der Reihe nach, okay?
Ich hatte also in dem ganzen Gedränge den Platz neben James erwischt, was den Vorteil hatte, dass ich seinen Live-Kommentar verfolgen konnte („Dad hat mir erzählt, dass Twycross früher auch in der Aurorenzentrale war, aber dann ist ihm der Job zu stressig geworden und er hat die Fortbildung zum Apparierlehrer gemacht…“), aber auch den Nachteil, dass besagter Twycross ständig an uns vorbeimarschierte und James' Drehtechnik lobte. Laut ihm wird er es spätestens in der nächsten Stunde schaffen, in den Reifen zu apparieren. Aber obwohl niemand (und es war fast der gesamte Jahrgang da) einschlägige Ergebnisse vorweisen konnte, war es doch etwas frustrierend, wenn Twycross ein weiteres Mal mit gerunzelter Stirn an mir und meinen verknoteten Beinen vorbeikam und…naja, ist klar, was er sagte. Was mich überraschte, war, wie still Sirius war. Eigentlich schon seit dem Abendessen. Und was fast am seltsamsten war: er hat da nur einen einzigen Toast gegessen. Dann fiel mir wieder das mit seinem Onkel ein - zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das schon wieder völlig vergessen hatte. Heute Morgen beim Frühstück hat er ja hauptsächlich wütend reagiert, aber vielleicht wollte er auch einfach nicht zeigen, dass er traurig ist?
Nun ja, irgendwann hatten wir es überstanden, Mr. Twycross brachte die Reifen zum Verschwinden und wurde von den Hauslehrern, die das Ganze beaufsichtigt hatten (vermutlich, weil sie befürchteten, er könnte sich alleine nicht durchsetzen, was nicht völlig aus der Luft gegriffen schien…), nach draußen begleitet. Ich drehte mich suchend nach Lily, Lindsay und Katie um, lief dabei aber fast in Remus rein, der anscheinend auf dem Weg zu James, Peter und Sirius war. (Sobald die Lehrer die Große Halle verlassen hatten, war logischerweise Chaos ausgebrochen.)
„Und, wie war's?“, fragte er mich lächelnd.
Ich kniff die Augen fest zusammen und versuchte, alles auszublenden, was ich heute über ihn herausgefunden habe. Oder glaube, herausgefunden zu haben. Und stellte mir mit aller Kraft vor, es wäre gestern oder vorgestern und ich hätte niemals The Monster Within gelesen. Oder Werwolftötungsmethoden. Oder Mondtabellen. Oder…
„Ich nehme an, dieser Gesichtausdruck bedeutet, deine Antwort fällt negativ aus?“
Ich öffnete die Augen und atmete aus, als hätte ich stundenlang die Luft angehalten. Dann lächelte ich zurück. „So ungefähr. Auf jeden Fall bekomme ich einen Nervenzusammenbruch, wenn das nächste Mal jemand die Drei Schrecklichen Wörter benutzt. Sag mal…“
Ich unterbrach mich selbst, als Lily, Katie und Lindsay sich ihren Weg zu uns bahnten, indem sie dem unkontrolliert gestikulierenden Ravenclaw Gary Handleton auswichen (langsam kann ich mir die Namen meiner Mitschüler merken!). „Hey!“, sagte Katie strahlend, „hat was, oder? Ich hoffe, ich krieg's bald hin, aber Twycross hat gesagt, er ist sicher, dass ich den Dreh rauskriege, ich soll nur immer an Z -“
„Sag's nicht!“, riefen Lily, Remus und ich gleichzeitig. Nach einer kurzen überraschten Pause fingen wir alle an zu lachen - außer Lindsay, die zur Eingangstür starrte und von unserem Gespräch nichts mitbekommen zu haben schien.
„Alles okay?“, fragte ich sie leise, als ich das bemerkte, und sie zuckte zusammen, fokussierte ihren Blick auf mich und zwang sich hastig zu einem Lächeln. „Klar, alles in Ordnung.“
„Sieht aber nicht so aus.“
Wir zuckten beide zusammen, denn wir hatten nicht bemerkt, dass auch die übrigen Rumtreiber dazugekommen waren. Es war Sirius, der gesprochen hatte, mit gerunzelter Stirn, in schroffem Ton, aber irgendwie - besorgt.
Lindsay starrte ihn an, dann schüttelte sie kurz den Kopf, wie um sich zu sammeln. „Ach.“, sagte sie dann. „Weil du meine Mimik und Gestik auch komplett auswendig kennst. Lasst uns gehen“, fügte sie an uns gewandt hinzu.
Sirius zog die Augenbrauen zusammen. „Was hast du eigentlich für ein Problem?“, fragte er sie. „Erst zickst du mich völlig grundlos an und jetzt gehst du mir schon wieder die ganze Zeit aus dem Weg. Ich hab das mit deinem Bruder durchaus mitgekriegt und…“
„Und was hast du für ein Problem?“, antwortete Lindsay defensiv. „Was ist kaputt gegangen, dass du auf einmal denkst, nett sein zu müssen?“
„Nett sein zu müssen?“ Sirius lachte. „Ganz ehrlich, weil ich einfach nicht verstehe, warum du mich so behandelst!“
„Dann denk noch ein bisschen darüber nach!“, sagte Lindsay mit erstickter Stimme, drehte sich auf dem Absatz um und stürmte aus der Halle.
Lily, Katie und ich starrten uns an, unsicher, ob wir ihr folgen sollten oder ob sie lieber allein sein wollte, entschlossen uns aber nach ein paar Sekunden, ihr hinterherzurennen. Aber als wir die Tür erreicht hatten, war Lindsay in dem sich in der Eingangshalle ausbreitenden Gedränge schon nicht mehr zu sehen. Unschlüssig blieben wir stehen und wurden einige Momente später wieder von den Rumtreibern eingeholt, die sich auch auf den Weg nach oben machten.
„Was genau mach ich eigentlich immer falsch?“, sagte Sirius gerade und hob in einer hilflosen Geste die Hände. Remus sah so aus, als wollte er etwas sagen, klappte dann den Mund aber wieder zu. „Mach dir nichts draus“, sagte Peter stattdessen aufmunternd, während James Sirius auf die Schulter schlug. „So, und was macht dein Date für Freitagabend?“
„Nichts“, knurrte Sirius.
„Hat dich etwa niemand gefraaaaagt?“, stichelte James, wurde aber von Lily unterbrochen, die in geschäftsmäßigem Tonfall sprach und dabei immer noch nach Lindsay Ausschau hielt. „James Potter, unsere Abmachung ist sofort hinfällig, wenn du weiterhin mit der Tatsache angibst, dass ich dich dem Riesenkraken vorgezogen habe.“
„Ah, Lily, ich würde dich doch niemals verärgern!“
„Was du in den letzten Jahren immer wieder auf beeindruckende Weise demonstriert hast“, erwiderte sie mit verschränkten Armen, musste sich aber ein Grinsen verkneifen. In diesem Moment kam Jennifer Mallory unsicher, aber entschlossen auf unsere Gruppe zumarschiert, und wandte sich ohne Vorwarnung direkt an Sirius.
„Sirius, möchtest du vielleicht mit mir zum…?“
„Nein“, unterbrach er sie schroff. „Kein Interesse.“
Während sie noch dastand und um Fassung rang, drehte er ihr demonstrativ den Rücken zu und hielt weiter auf die Treppe zu.
Remus zog die Augenbrauen hoch. „Okay, ich glaube, ich weiß, warum du noch keine Tanzpartnerin hast.“
„Ach, heute ist einfach ein Scheißtag“, murmelte Sirius. „Ich geh einfach alleine, oder lass uns zusammen hingehen, Moony, du hast doch auch noch niemanden, oder?“
„Ähm…“, sagte Remus - etwas, was ich bei ihm noch nie zuvor erlebt habe.
Jetzt zeigte sich eine Spur des alten Sirius-Grinsens, und er blieb mitten auf der Treppe stehen, um sich zu uns umzudrehen. „Ah, komm schon, Moony, das wird lustig, niemand hat was dagegen, wenn wir zusammen gehen.“
„Doch, ich!“, sagte da jemand.
Und ich brauchte ein paar Sekunden, um zu kapieren, dass der Grund, warum mich alle anstarrten war, dass ich das gewesen war.
„Tja“, murmelte ich schließlich, weil mir nichts anderes mehr übrig blieb, „ich hatte gedacht, vielleicht willst du mit mir hingehen, Remus?“
Die Sekunden dehnten sich zu einer halben Ewigkeit aus, aber erstaunlicherweise war ich gar nicht nervös, während ich auf seine Antwort wartete.
Okay, gelogen. Aber es fühlte sich nicht so schrecklich an, wie ich gedacht hatte. Nur ein bisschen von diesem Kribbeln und den Bauchschmerzen.
Und dann lächelte er mich an und sagte: „Klar, gerne, Emma.“
Sirius verdrehte die Augen und stapfte weiter die Treppe hoch. „Jetzt bin ich wirklich frustriert“, sagte er.
Aber ich glaube, es war gar nicht so schlimm, dass er nicht grinste, denn dafür konnte ich irgendwie nicht mehr damit aufhören.

Wir haben Lindsay dann im Gemeinschaftsraum getroffen. Sie hat so getan, als ob nichts gewesen wäre, und hat uns gefragt, ob wir hier hoch kommen wollen. Lily hat versucht, mit ihr über das Geschehene zu reden, aber sie meinte, es wäre ihr lieber, wenn wir das noch mal aufschieben könnten. Ich weiß nicht, ich mache mir Sorgen um sie. Es ist natürlich ihre Entscheidung, wenn sie nicht über ihren Bruder reden will (und das war doch wahrscheinlich der Grund, warum sie so abwesen war, oder?), aber vielleicht wäre es doch besser für sie. Andererseits kann ich verstehen, wenn sie nicht ständig daran denken will.
Was die Sache mit Sirius angeht… Ich nehme an, das war das, was Lindsay gestern meinte, als sie gesagt hat, dass es besser für sie ist, wenn sie in nächster Zeit so wenig wie möglich mit ihm zu tun hat. Aber vorhin schien er sich ja genau, wie als er ihr angeboten hat, mit ihr zu reden, echt Sorgen zu machen, und ihr abweisendes Verhalten hat ihn doch anscheinend auch beschäftigt, oder?
Andererseits kennt Lindsay ihn besser als ich und wenn sie glaubt, dass sie ihn mehr mag als es umgekehrt jemals möglich wäre…
Oder geht es hier überhaupt gar nicht mehr um mögen??

Was mir auch gerade aufgefallen ist: Ich hatte die Tatsache, dass Lily und James zusammen zum Frühlingsball gehen bis vorhin auch schon wieder komplett verdrängt. Und Lily schuldet uns immer noch eine Erklärung! Vorhin haben wir uns nämlich nur noch ein bisschen über den Apparierkurs unterhalten bzw. über Mr. Twycross gelästert (dessen Vorname, wie Katie herausgefunden hatte, Wilkie ist), und dann sind Lindsay und Katie schlafen gegangen. Lily liest, glaube ich noch, bzw. hat es zumindest getan, als ich mit dem Schreiben angefangen habe.
Was auch schon wieder eine ganze Weile her ist.

Und ich werde jetzt auch den Zauberstab ausmachen und versuchen, meinen Schlafmangel nachzuholen.

Manchmal macht mein Gehirn wirklich komische Sachen. Ich weiß immer noch nicht, was ich jetzt darüber denken soll, dass Remus wohl ein Werwolf ist…geschweigedenn, was ich von der Tatsache halten soll, dass ich ihn - trotzdem? - gefragt habe, ob er mit mir zum Frühlingsball gehen will.
Und er ja gesagt hat.
Manchmal macht mein Gehirn wirklich komische Sachen, aber ich glaube, über die Folgen werde ich mir dann einfach Gedanken machen, wenn es so weit ist.

~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~

Ein paar kleine Anmerkungen zum Schluss:
* Das Buch „Hairy Snout, Human Heart“ ist auf Deutsch als „Haarige Schnauze, Menschliches Herz“ bekannt, bei WhizzHard Books erschienen und im Gegensatz zu Stidolph, Aiken & Co. nicht meine Erfindung.
* Dass Onkel Alphard 1977 gestorben ist, wird nirgendwo eindeutig bestätigt, aber ich habe Sirius' Aussage, er habe ihm Geld hinterlassen, so dass er für sich selber sorgen konnte, immer so interpretiert.
* Der Klappentext lautet übersetzt ungefähr: „Alles, was ich tat, war zu rennen, aber ich hatte keine zwei Schritte getan, als die Bestie mich schon einholte. Ich wurde auf den Boden geschleudert, und eine Sekunde später verspürte ich den schrecklichen Schmerz von gelben Fangzähnen, die sich durch meine Haut bohrten. Da ich nie zuvor so gelitten hatte, nahm ich an, dass ich sterben würde, aber das, in das mich das Monster verwandelte, war viel schlimmer…“

***

Und ganz zum Schluss habe ich noch einen kleinen Link für euch. Im Moment ist es noch nicht freigeschaltet, aber ich wollte euch, sozusagen als kleines Dankeschön, eine "Deleted Scene" aus DGdR präsentieren. Urteilt nicht zu hart über mich, das ist ein wirklich alter Kapitelentwurf, der der Überarbeitung zum Opfer gefallen ist, bevor ich Emmas Tagebuch überhaupt hier hochgeladen habe. Aber vielleicht habt ihr ja ein bisschen Spaß beim Lesen. :)


***

Ich hoffe, es hat euch gefallen, und ich würde mich diesmal ganz besonders über Reviews freuen, um eure Reaktion zu hören. :)
Bis bald hoffentlich!


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Zitat
Ich habe diese Bücher für mich selbst geschrieben. Was passiert ist, ist ein Schock für mich. Ich dachte mir, dass die Bücher vielleicht drei Menschen gefallen werden, neben mir meiner Schwester und, vielleicht, meiner Tochter.
Joanne K. Rowling