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Fanfiction

Die Geschichte des Regens - Das Tagebuch der Emma Foley - Nach dem Sturm

von >Rumtreiberin<

Hallo meine lieben Leser,

ich traue mich schon fast gar nicht mehr hier rein. Schon wieder hat es so ewig lange gedauert, bis ich euch ein neues Kapitel vorsetzen kann…und meine Bilanz für das gesamte letzte Jahr ist ja auch eher deprimierend.
Jetzt bin ich zum Glück mit der Schule und den Unibewerbungen fertig und vor mir liegt noch ein beträchtliches Maß an Ferien, und ich habe mir vorgenommen, die nächsten Tage für die weitere ausführliche Planung zu nutzen und dann, sobald es geht, weiterzuschreiben, um die Wartezeiten endlich wieder etwas zu verkürzen.
Natürlich werde ich nie mehr auf „ein neues Kapitel alle zehn Tage“ zurückkommen, dafür sind sie (leider? Zum Glück?) inzwischen viel zu lang geworden. Aber versprochen, drei Monate werdet ihr auf keinen Fall auf das nächste Kapitel warten müssen. :)
Abschließend kann ich euch nur noch mal sagen, dass es mir wirklich Leid tut. Das Jahr schrecklich anstrengend und da musste meine Schreiberei leider zu kurz kommen. :(

Als kleines Dankeschön an euch habe ich mich mal mit einem Videoprogramm herumgeschlagen und einen kleinen Trailer für DGdR erstellt. Ihr erfahrt nicht wirklich etwas Neues, und er ist auch nicht sonderlich gut geworden, aber vielleicht gefällt er euch trotzdem. Statt Schauspielern musste ein Tagebuch herhalten; ich bringe es nicht über mich, meine Charaktere zu „besetzen“, weil ich immer denke, dass das die eigene Vorstellung ein bisschen kaputt machen würde (jedenfalls geht das mir immer so)...

DIE GESCHICHTE DES REGENS - TRAILER

So, jetzt aber genug der Vorrede. Noch ein liebes Dankeschön an alle, die das letzte Mal Reviews geschrieben haben! Hier sind meine Antworten (ich bin endlich wieder dazu gekommen) und dann geht es endlich los mit dem Kapitel.

Katie Weasley: Hey! Bitte nicht für verspätete Reviews entschuldigen; die Einzige, die sich für lange Wartezeiten entschuldigen sollte, bin wohl ich. *seufz* Und erstmal: Danke, meine Prüfungen sind gut gelaufen und es war alles nicht so schlimm, wie ich vorher dachte. Also man kann es überleben. ;)
Dann zu deinem Review: Du hast ganz recht mit Stephen, das ist nicht die netteste Art und Weise, seine Schwester zu behandeln. Trotzdem ist ihm nicht wirklich bewusst, was er da tut. Ganz sicher will er sie nicht absichtlich verletzen. Mehr möchte ich jetzt nicht verraten.
In Bezug auf den Angriff hoffe ich, dass das alles mit diesem Kapitel etwas klarer wird.
Und Remus, ja, der muss ja bei jedem fallengelassenen Wort denken, dass Emma jetzt auf der richtigen Spur ist. Im Prinzip hat sie jetzt alles in der Hand…also sag ich mal nichts und lasse euch abwarten, was passiert.
Vielen lieben Dank für dein Review und ich hoffe, das Chap gefällt dir. :)

PadmaPatil: Hey, schön, wieder von dir zu hören, und es freut mich, dass du noch dabei bist. :) Vielen Dank für das Lob zum letzten Kapitel! Das mit dem Cliffhanger tut mir auch leid, ursprünglich hatte ich dieses und das letzte Chap als ein einziges Kapitel geplant… aber es wäre einfach zu lang geworden (23 Seiten!).
Ich hoffe, dass das neue Kapitel die offenen Fragen ein bisschen aufklärt.
Vielen Dank für dein Review und das Glück-Wünschen! :)

Schwesterherz: Oh je, jetzt bin ich mal wieder rot angelaufen. Ganz lieben Dank für dein Review und das viele Lob. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, aber es freut mich riesig (und ich meine wirklich riesig) zu hören, dass es dir so gut gefallen hat, gerade bei so einem Kapitel wie dem letzten, das ja mit der Kampfszene etwas anders war als sonst. Also einfach…danke! :)

greenday: Hey, auch dir ein liebes Dankeschön für dein Review, es freut mich immer zu sehen, dass du noch dabei bist und es dir weiterhin gefällt. Liebe Grüße zurück! :)

Isabelle: Hey du, vielen lieben Dank für dein erneutes Mammut-Review. *dich drück* Ich möchte hier nicht den Rahmen sprengen, deshalb stelle ich meine Antwort lieber in den Thread. Hoffentlich viel Spaß mit dem neuen Kapitel, und mach dir keinen Stress mit den Reviews, ich freue mich einfach, dass du weiterliest. :)


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NACH DEM STURM

14.3.1977, 11 Uhr abends, Schlafsaal

Kennst du dieses seltsame Gefühl, wie leergepumpt zu sein? Vorhin, in Professor McGonagalls Büro, war ich aufgewühlt. Ich wusste nicht, was ich denken sollte, ich war verwirrt, hatte Angst, stand noch wie unter Schock. Jetzt, nach dem Gespräch mit Professor Dumbledore, nach dem Abendessen, nachdem ich bis eben noch mit den Anderen geredet habe, fühle ich mich einfach kaputt. Ich liege hier auf meinem Bett, starre, wenn ich nicht gerade schreibe, die Wand vor mir an, und weiß gar nicht so genau, ob ich überhaupt über das schreiben kann, was passiert ist, weil mir das auf einmal alles so weit weg, so unwirklich vorkommt. Am liebsten würde ich einfach die Augen zu machen und schlafen, aber obwohl es mir wie eine riesige Anstrengung vorkommt, meinen Stift zu halten, ist mein Kopf noch hellwach, wenn auch nicht in der Lage, zu begreifen, was passiert ist. Im Prinzip komme ich mir wie ein dummes kleines Kind vor, dass das so schwierig für mich zu realisieren ist. Mein Gott, ein Lehrer von mir ist im letzten Halbjahr einfach verschwunden und bis heute nicht mehr aufgetaucht. Wir haben über jede Meldung im Tagespropheten diskutiert, in der von Straßenkämpfen oder verschwundene Personen berichtet wurde. Aber weißt du, irgendwie hatte das nie wirklich etwas mit mir zu tun, und was James' Eltern ihm über diese Todesser erzählt haben, selbst das Dunkle Mal, das ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe, kam mir eher wie eine unheimliche Geschichte vor als wie die Realität. Im Prinzip tut es das immer noch. Es ist einfach schwer zu glauben, dass wir vor kaum sechs Stunden am Waldrand in diesen Kampf verwickelt wurden, und jetzt liege ich in meinem Bett, den Bauch voller heißer Schokolade, vor mir das Wochenende und der Gedanke daran, dass ich noch ungefähr vier Aufsätze plus eine Sternkarte fertig machen muss. Ich krieg es einfach nicht in meinen Kopf, und schon jetzt kommt mir das Gespräch mit Dumbledore wie ein total surrealer Traum vor. Ich meine, wie wird das morgen sein, wenn wir aufstehen? Werden wir einfach runter zum Frühstück gehen, uns danach in die Bibliothek setzen, und vielleicht zwischen den Hausaufgaben eine Partie Koboldstein spielen? Dumbledore hat gesagt, dass er mit den Schülern sprechen will, aber nicht erwähnen wird, dass wir dabei waren, als das Postamt gebrannt hat. Wird es trotzdem durchsickern? Wird es Gerüchte geben? Werden die Leute Angst haben, oder wird das Ganze einfach schnell vergessen werden angesichts der Tatsache, dass es in zwei Wochen Osterferien gibt?
Irgendwie hatte ich vorhin, als wir in Dumbledores Büro gerufen wurden, das Gefühl, als ob etwas zu Ende ginge. Nur was?
Ich kann mich auch gar nicht mehr richtig daran erinnern, wie wir dorthin gekommen sind, keiner von uns hat geredet, wir sind einfach Professor McGonagall hinterhergelaufen. Der Eingang zum Büro des Schulleiters befindet sich hinter einem Wasserspeier; Professor McGonagall sagte ihm das Passwort („strike“), daraufhin sprang er zur Seite und offenbarte eine Art magische Rolltreppe hinter ihm, die uns in engen Windungen nach oben brachte. Professor McGonagall klopfte an, bevor sie die Tür für uns öffnete und uns hineinließ. Ich vergaß zuerst völlig, mich umzusehen, aber das Erste, was mir auffiel, war, wie hell es in diesem Raum war. Ehrlich gesagt hatte ich mir nie viele Gedanken darüber gemacht, wo Dumbledores Büro ist, oder wie es aussieht, oder über Dumbledore generell. Ich meine, ich weiß natürlich, dass er ein großartiger und berühmter Zauberer ist, nicht nur aus den Schokofroschkarten oder so, sondern auch generell, jeder hat schon von ihm gehört, obwohl er noch nicht so lange Schulleiter ist. (Ich glaube, seit sechs Jahren, bin mir aber nicht ganz sicher.) Es ist ja kaum mehr als zwanzig Jahre her, dass er Grindelwald besiegt hat, für uns ist das natürlich weit weg, aber die Generation von unseren Eltern war kaum älter als wir jetzt sind, als Grindelwald an der Macht war. Deshalb ist Dumbledore für mich das ganze Schuljahr über eigentlich jemand gewesen, den man nur aus der Entfernung sieht, der beim Essen am Hohen Tisch der Lehrer sitzt und Ankündigungen für uns Schüler macht, aber so richtig war ich mir nicht im Klaren darüber, dass er wirklich die ganze Zeit hier ist, in der Schule, in diesem hellen Büro voller seltsamer Instrumente, Bücher und mit den Portraits der alten Schulleiter an den Wänden. Das klingt total komisch, ist aber wirklich so. Und es war ja nicht nur sein Büro, sondern er saß dort direkt vor uns an seinem Schreibtisch, stand auf, als wir reinkamen, zeichnete acht Stühle für uns in die Luft und bat uns, Platz zu nehmen. Wir waren alle etwas verunsichert; ich glaube, Sirius und Remus hatten schon einmal mit Dumbledore geredet (ich weiß nicht, warum), aber sonst niemand. Dazu kam, dass Dumbledore, der sonst immer so fröhlich und irgendwie ein wenig verrückt gewirkt hat, uns mit einer sehr ernsten Miene musterte. Er hatte die Spitzen seiner Finger aneinander gelegt und in dem Licht der untergehenden Sonne hinter ihm, durch das seine weißen Haare leuchteten, sah er total unwirklich aus, wie er da saß, und ich fragte mich auf einmal, wie alt Dumbledore eigentlich ist. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er jemals jünger als heute ausgesehen hat, obwohl er ein wenig erschöpft wirkte.
„Es tut mir leid, dass Sie so lange auf mich warten mussten“, sagte er mit der Andeutung eines Lächelns und musterte uns über den Rand seiner Halbmondbrille hinweg, was mir irgendwie das Gefühl gab, geröntgt zu werden - oder zumindest, er habe mein Tagebuch gelesen. „Nachdem ich von dem Angriff gehört hatte, habe ich sofort einige Hebel in Bewegung gesetzt, um die Spuren zurückverfolgen zu können, aber wir kamen leider zu spät.“ Dumbledore seufzte tief und ließ mit einem Schlenker seines Zauberstabs eine kleine Glasschüssel von einem Tisch herüberfliegen. „Möchte jemand von Ihnen ein Brausebonbon?“
Zu müde, um überrascht zu sein, schüttelten wir unisono den Kopf. Dumbledore seufzte ein weiteres Mal. „Entschuldigen Sie mich“, sagte er, nun völlig ernst. „Diese Situation ist auch neu für mich, und leider sehr beunruhigend. Leider muss ich Sie bitten, mir den Ablauf des Angriffs zu berichten, denn was ich bis jetzt gehört habe, war sehr lückenhaft, und mir ist noch nicht ganz klar, welche Rolle Sie alle darin gespielt haben. Alles, was ich weiß, ist, dass Sie, Mr Potter, Hilfe geholt haben, als das Postamt den Brandzauber abbekommen hat. Aber wieso waren Sie überhaupt dort?“
Unter Dumbledores aufmerksamen Blick warfen wir uns unbehagliche Blicke zu.
„Sie verstehen mich falsch“, sagte Dumbledore. „Es geht hier nicht um ein Verhör oder gar um eine Bestrafung. Ich würde Sie alle heute nicht mehr mit dieser Angelegenheit belästigen, wenn es nicht so extrem wichtig wäre, die Wahrheit zu kennen.“
Als immer noch niemand etwas sagte, fügte er leise hinzu: „Ich verspreche Ihnen, dass nichts von dem, was Sie mir sagen, dieses Zimmer verlässt, wenn Sie das nicht möchten.“
„Was ist das bloß für ein respektloses Benehmen?“, schnarrte in diesem Moment eine wütende Stimme rechts von uns; ich wirbelte erschrocken herum, nur um festzustellen, dass es einer der alten Schulleiter war, der gesprochen hatte. Auch Dumbledore war zusammengezuckt, jetzt wandte er sich dem Portrait zu und sagte milde: „Phineas, bitte.“
„Ist das nicht mein missratener Ur-ur-enkel?“, fuhr der darauf abgebildete, spitzbärtige Mann unbeeindruckt fort. „Wenn du schon den Namen unserer Familie so besudelt hast, dann zeig wenigstens in deinem Verhalten, dass wenigstens ein bisschen Blut der Blacks in dir fließt!“
„Phineas!“, wiederholte Dumbledore, nun in einem deutlich schärferen Tonfall.
„Es ist doch wahr!“, zeterte das Portrait, „guckt ihn euch doch an, ist das überhaupt ein echter Black? Ich glaube immer noch, dass er in Wirklichkeit…“
Doch wir hörten nie, was Phineas glaubt, denn in diesem Moment drehte Sirius den Kopf in die Richtung des Portraits und sagte lässig: „Halt's Maul, Opa.“
Phineas starrte ihn einen Moment lang mit einem Ausdruck größter Entrüstung an, dann glitt er seitwärts aus dem Bilderrahmen und war verschwunden.
Bevor irgendjemand den Vorfall kommentieren konnte, wandte sich Sirius Dumbledore zu und sagte: „Es waren Todesser, oder?“
Dumbledore zögerte kurz, bevor den Kopf leicht neigte. „Ich vermute es, ja.“
Sirius schien seinen Kiefer anzuspannen, und als er fortfuhr, klang seine Stimme ein wenig gepresst. „Ich weiß auch nicht viel. Ich war mit Remus und Peter unterwegs, James hatte was vergessen und ist nicht wiedergekommen. Wir haben gerade überlegt, ob wir ihn suchen sollen.“ Er warf einen Blick zu Katie, die neben ihm saß. „Dann kam plötzlich Katie zu uns und hat etwas von einem Angriff gesagt, aber bevor wir irgendwas machen konnten, kamen James und Lily die Straße entlanggerannt. Hinter ihnen waren diese zwei Männer und die Frau. Wir wollten ihnen helfen, aber wir hatten kaum eine Chance gegen ihre Flüche.“
„Der Wirt des Hog's Head hat uns geholfen“, sagte Remus in die Stille, die entstanden war, als Sirius aufgehört hatte zu sprechen.
Für einen ganz kleinen Moment lang dachte ich, Dumbledore sei zusammengezuckt.
„Anscheinend hatten sie Angst, dass noch mehr Leute kommen würden, und sind geflohen, aber bevor sie disappariert sind, haben sie das Postamt in Brand gesetzt“, fuhr Remus nach einer kurzen Pause fort. „Es war sinnlos.“
James nickte, sagte aber nichts und hob auch nicht den Kopf.
„Es tut mir leid.“
Ich verstand im ersten Moment nicht, dass es Lindsay war, die gesprochen hatte, doch jetzt sagte sie laut, wenn auch mit einem starken Zittern in der Stimme: „Mein Bruder war in dieser Gruppe.“
Ich hatte mich die ganze Zeit gefragt, ob sie es Dumbledore sagen würde, und ich glaube, das war auch der Grund, warum niemand von uns die Geschichte erzählen wollte: Wir wussten nicht, ob wir die Wahrheit sagen konnten. Aber bevor jemand reagieren konnte, fuhr Lindsay hastig fort, so als wollte sie die Worte möglichst schnell aus ihrem Mund haben. „Ich wollte mich mit ihm treffen, aber er war nicht allein. Lily war im Dorf, um Hilfe zu holen, falls etwas schief geht, und Katie wurde weggeschickt. Ich habe einen von ihnen angegriffen, und daraus ist der Kampf entstanden. Emma hat Lily gewarnt, und dann kam sie zusammen mit James…“
„Ich habe ihn zufällig getroffen“, warf Lily leise ein. „Wir wollten sie ablenken…“
„Einer von ihnen ist mit meinem Bruder disappariert, die anderen drei sind ihnen gefolgt. Ich habe Emma reanimiert und wir sind ihnen hinterher, aber wir kamen zu spät.“
Dumbledore schloss für einen Moment die Augen. „Stephen also…“, sagte er dann schwer. „Sie wussten es schon länger, oder?“
Lindsay nickte nur. „Ich weiß nicht, ob er das Dunkle Mal hat, aber ich befürchte es.“
„Sie haben von dem Mal gehört?“ Dumbledore seufzte erneut. „Darf ich fragen, wie Sie sich gegenseitig warnen konnten?“
„Es waren die Zwei-Wege-Spiegel“, sagte Lindsay mit einem halben Lächeln in Richtung der Jungs. „Sorry.“
„War nur eine Frage der Zeit, bis wir sie uns wiedergeholt hätten“, antwortete Sirius, ebenfalls mit einem Lächeln, das irgendwie traurig wirkte, und Lindsay wandte den Blick schnell ab.
„Meinen Sie, Sie könnten die vier auf einem Foto wiedererkennen?“, fragte Dumbledore nach einer kurzen Pause.
„Diesen Jack würde ich überall erkennen“, sagte Lindsay und wischte sich wütend mit dem Handrücken über die Augen. „Aber die anderen…“
„Jack…“, wiederholte Dumbledore nachdenklich und zog einen Ordner heran, den er zu durchblättern begann, bis er schließlich ein Blatt Pergament hervorzog, auf das ein Foto geklebt war. Ich zuckte automatisch zusammen, als ich das Gesicht erkannte.
„Jackson Travers“, las Sirius vor. „Das ist er. Und er hat das Mal, Emma hat es gesehen.“
„Die Tätowierung“, murmelte ich.
Dumbledore sah mich über den Rand seiner Brille hinweg an. „Könnten Sie sich vielleicht diese Fotos anschauen und mir sagen, ob Sie jemanden erkennen?“
Zögernd nahm ich den Ordner von ihm entgegen und blätterte durch die Seiten. Es waren nicht allzu viele Fotos, vielleicht fünfzehn, und ich erkannte die beiden, die im Wald gewesen waren, sofort. Das Bild des Unheimlichen trug die Unterschrift „Walden Macnair“, der Dünne entpuppte sich als „Robert Jugson“. Nur die Frau war nicht dabei.
„Können Sie mir sagen, wer von den vier den Kampf angefangen hat?“
„Macnair“, antwortete Lindsay tonlos.
„Und welche Rolle hat Travers gespielt, nachdem Sie, Miss Evans und Mr Potter, die Verfolgungsjagd provozierten?“, fragte Dumbledore aufmerksam.
Lily starrte ihn an. „Es waren eigentlich nur Macnair und die Frau, die Flüche auf uns abgeschossen haben, oder, James?“
James nickte stumm, ohne den Kopf zu heben.
Dumbledore machte sich Notizen auf ein dicht beschriebenes Stück Pergament. Schließlich zog er eine Schublade seines Schreibtisches auf und verstaute die Rolle zusammen mit der wunderschönen Feder sorgfältig darin.
„Wir sollten es vermutlich heute dabei belassen“, sagte er und schloss erneut für ein paar Sekunden die Augen. „Ihr habt mir sehr geholfen, aber ich glaube, ihr braucht jetzt ein wenig Ruhe. Es wird euch bestimmt beruhigen zu hören, dass niemand einen bleibenden Schaden erlitten hat“, fügte er hinzu. „Miss Alistair wird zurzeit noch im St Mungo's Hospital behandelt, ist aber auf dem Weg der Besserung, und Hagrid hat sich der Eulen angenommen.“
Sirius lehnte sich in seinem Stuhl zurück, doch zu meiner großen Überraschung war es Peter, der auf einmal zögernd anfing zu sprechen. „Sir“, sagte er leise, „Sie können uns doch nicht einfach ohne eine Erklärung gehen lassen, oder?“
Wir alle schauten ihn an, außer James, der immer noch den Kopf gesenkt hielt.
Dumbledore seufzte ein weiteres Mal. „Nein, das kann ich vermutlich nicht, aber ich wünschte, es wäre möglich.“ Er schwieg für ein paar Augenblicke, dann setzte er wieder zum Sprechen an. „Sie haben natürlich alle von den Todessern gehört, zumal Sie ja einen ausgezeichneten Informanten kennen“, sagte er und neigte mit einem leichten Lächeln den Kopf in Richtung James, der auch darauf nicht reagierte. „Wir vermuten, dass sie hinter zahlreichen Entführungen und Anschlägen stecken, seitdem sie vor ungefähr zwei Jahren das erste Mal auf der Bildfläche erschienen sind. Das Problem, das sich uns stellt, ist, die echten Täter von Nachahmern zu unterscheiden.“
„Wer ist 'wir', Sir?“, fragte Sirius mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ein paar Leute, die mir helfen, mehr über diese Gruppe in Erfahrung zu bringen, Mr Black“, sagte Dumbledore milde. „Wir sind der Ansicht, dass nur ein Bruchteil der Täter in direkter Verbindung zu der Zentrale steht. Die Todesser sind noch nicht organisiert und handeln noch nicht nach einem Plan. Was Sie mir berichtet haben, passt genau in dieses Bild.“
„Also ist Travers der einzige richtige Todesser gewesen?“, fragte Remus stirnrunzelnd.
„Genau, Mr Lupin“, sagte Dumbledore lächelnd, so als hätte er eine Prüfungsfrage richtig beantwortet. „Die anderen ziehen nur mit ihm herum, in der Hoffnung, ebenfalls in den inneren Kreis aufgenommen zu werden. Das bedeutet“, fügte er, nun wieder ernst, an Lindsay gewandt hinzu, „dass ich auch nicht glaube, dass Ihr Bruder bereits mit dem Dunklen Mal gezeichnet ist.“

Später standen wir alle zusammen in dem Korridor herum, in dem sich der Eingang zu Dumbledores Büro befindet, irgendwie unschlüssig, ob wir jetzt einfach weggehen sollten, als wäre nichts passiert. Dumbledore hatte uns vom Abendessen befreit, damit wir in unsere Schlafsäle gehen konnten, falls wir das wollten, um neugierigen Fragen zu entgehen.
„Wollen wir hoch in den Turm?“, schlug Katie schließlich vor; sie klang müde.
Sirius schob seine Hände in die Hosentaschen. „Also ich geh runter zum Abendessen, nur mit belegten Broten komm ich nicht über die Runden. Kommt jemand mit?“
„Ich komm gleich nach“, murmelte James und schlich dann in die andere Richtung davon.
„Na dann“, sagte Sirius, der ihm leicht verwirrt hinterherschaute.
„Wenigstens hat einer von uns seinen Appetit nicht verloren“, murmelte Lindsay.
„Was hat James denn nur?“, fragte Peter.
Lily rümpfte die Nase. „Für ihn war das wohl alles am schwierigsten, auf einmal mitten in einem Kampf zu sein, nachdem er jahrelang mit seinem Auroren-Insiderwissen angegeben hat“, sagte sie, um dann nachdenklich hinzuzufügen: „Dabei hat er sich gar nicht mal schlecht geschlagen.“

Tja. Das war's. Inzwischen ist es, glaube ich, zwei Uhr nachts, aber ich hätte sowieso nicht schlafen können, wenn mir das alles noch im Kopf herumgeistert. Wir sind dann vorhin hier hochgekommen, haben unsere belegten Brote gegessen (der Teller hat sich immer wieder aufgefüllt und wir hatten Hunger) und versucht, uns über das Geschehene zu unterhalten. Lindsay hat sich auf ihr Bett gelegt und sich schlafend gestellt, aber ich bin mir sicher, dass sie uns zugehört hat. Lily wollte alle Einzelheiten noch mal diskutieren, aber Katie war noch ziemlich mitgenommen und ich, glaube ich, leicht apathisch, so dass wir es irgendwann aufgegeben und das Licht ausgemacht haben. Und ich glaube, ich sollte jetzt auch mal schlafen. Ich bin gespannt, wie das alles morgen aussieht.

15.3.1977, nach dem Mittagessen, unten am See

Lily, Katie, Lindsay und ich haben uns einen schattigen Platz unter einem Baum in der Nähe des Ufers gesucht; Katie zeichnet wieder, ich weiß nicht, was; Lily liest und lässt ab und zu Kieselsteine über das Wasser hüpfen; und Lindsay starrt hauptsächlich vor sich hin. Sie hat ihr Textbuch mitgebracht und es sogar aufgeschlagen vor sich hingelegt, aber noch kein Wort hineingeschrieben. Lily hat mir heute Morgen gesagt, dass wir sie am besten erstmal in Ruhe lassen sollen, aber als wir uns vorhin hier hingesetzt haben, konnte ich mich einfach nicht zurückhalten und habe den Fehler begangen, Lindsay anzusprechen. Naja, was heißt „anzusprechen“, ich hatte kaum meinen Mund aufgemacht, als sie mich auch schon unterbrach; „Lass einfach gut sein Emma, ja?“, fauchte sie ziemlich gereizt. Wahrscheinlich hat Lily recht und sie braucht einfach erstmal ein bisschen Zeit für sich alleine. Trotzdem war ich ziemlich geschockt, okay, wahrscheinlich ist das dumm und mich hat es ja auch nicht so erwischt wie Sirius beim Mittagessen. So wie es aussieht, hat er Lindsays Kommentar zu seinen Essgewohnheiten gestern nämlich als eine Art Friedensangebot angesehen - was an sich schon absurd ist, denn seit wann gilt freundliches Verhalten als persönlicher Angriff? Aber bei den beiden ist das wohl einfach etwas speziell - und hat den Fehler begangen, zu versuchen, sie mit ein paar kleinen Sticheleien aufzumuntern. James hat sich anscheinend über Nacht erholt und die beiden haben Witze darüber gerissen, dass im Daily Prophet stand, dass die Post in Hogsmeade von einer „Jugendbande“ zerstört wurde („Die waren so wütend, weil ihre Heizapparate nicht rechtzeitig geliefert wurden!“), und Lindsay ist während dem Nachtisch dann auf einmal der Kragen geplatzt. Sie hatte schon die ganze Zeit wütend ausgesehen, aber ich zumindest hätte nie erwartet, dass sie ihre Gabel so heftig auf die Tischplatte schmeißen würde, dass sie in dem massiven Holz stecken blieb.
„Könnt ihr eigentlich ein Mal in eurem Leben ernst sein oder müsst ihr über alles eure scheiß Witze reißen?“, fauchte sie und mit den tiefen Ringen unter ihren Augen sah sie ziemlich furchteinflößend aus.
James wirkte ein wenig erschrocken, aber Sirius musterte Lindsay nur mit verschränkten Armen. „Was ist dein Problem?“, fragte er herausfordernd. „Ich dachte, nur Emma hätte einen Zauber abbekommen, oder haben sie dir gestern versehentlich den Humor entfernt?“
Ich weiß, ich habe schon mal gesagt, wenn Blicke töten könnten, würde Sirius wohl schon lange nicht mehr unter uns weilen…aber das war nichts gegen den Blick, mit dem Lindsay ihn nach diesem Kommentar durchbohrte. Eine unangenehme Pause entstand, dann…
„Werd erwachsen, Black“, sagte sie verächtlich, schob ihren Teller weg und stand auf.
„Lasst uns lieber gehen“, murmelte Lily mit zusammengebissenen Zähnen, und zusammen verließen wir die Große Halle (wobei ich mein angefangenes Stück Siruptorte zurückließ).
„Ich hasse es“, platzte sie heraus, sobald wir draußen auf den Ländereien waren, „wie er sich wieder profilieren muss, weil er denkt, er hätte gestern seinen Ruf riskiert!“ Offensichtlich zu wütend, um die richtigen Worte zu finden, jagte sie einen ungesagten Zauber auf einen herumliegenden Stein und ließ ihn in zahlreiche Bruchstücke zerbersten, von denen eines nur knapp Katies Wange verfehlte.
Lindsay sagte nichts mehr, nickte jedoch düster.
Katie und ich tauschten einen Blick aus; ich war mir nicht sicher, ob die beiden noch von der gleichen Person sprachen.

Aber wo ich gerade schon Sirius erwähnt habe.
Er war ja gestern beim Abendessen und hat uns heute Morgen erzählt, was Dumbledore den anderen Schülern gesagt hat. Sirius meinte, Dumbledore hätte die Anwesenden recht knapp daran erinnert, was er bei Professor Fearless' Verschwinden über die Existenz der Todesser gesagt hat, und sie davor gewarnt, die Geschichten von Angriffen und Überfällen auf die leichte Schulter zu nehmen. „Dieses Beispiel muss uns zeigen, wie konkret die Gefahr ist“, zitierte ihn Sirius. „Wir müssen wachsam sein, weil es genau in unserer Mitte geschieht… und dann noch was davon, dass wir nicht zulassen dürfen, dass unsere Werte verloren gehen. Also nichts wirklich Neues.“
Anscheinend waren einige Schüler ziemlich geschockt, als sie vom Postamt erfahren haben, aber wie ich das so sehe, war das nicht unbedingt nachhaltig. Es ist natürlich irgendwie etwas Anderes, wenn man direkt dabei war, obwohl ich mir ja selbst unschlüssig bin, ob das jetzt etwas geändert hat, oder ob wir einfach zurück zum Normalzustand kehren werden. Einerseits war es ein Schock für mich, mich auf einmal in einem Kampf zu befinden, ich meine, in einem richtigen Kampf, keinem Duell auf dem Weg zum Klassenzimmer, wo man sich gegenseitig die Tasche aufreißen lässt und vielleicht ein paar neue Körperteile hinzufügt, sondern einem echten Kampf, sozusagen „da draußen in der echten Welt“; irgendwie hat sich in meinem Gedächtnis vor allem das Bild von Lily eingebrannt, die uns auf der Straße entgegengerannt kommt, das Gesicht voller Blut, und dahinter das Postamt. Es ist immer noch ein Schock, und es kommt mir auch irgendwie… falsch vor, einfach hier am See in der Sonne zu sitzen und Tagebuch zu schreiben, wenn das doch erst gestern war und Lindsay neben mir sitzt und Angst hat, ihren Bruder nie wieder zu sehen. Und dann… auf der anderen Seite ist es einfach zu unwirklich. Ich glaube, ein Teil von mir hat immer noch nicht kapiert, dass das gestern kein verrückter Traum war, sondern die Realität, weil keiner von uns so etwas erwartet hat. Ich wollte doch nur zum Postamt und diese Zeitung kaufen und dann Lindsay begleiten, ich meine, es war doch ein normales Hogsmeade-Wochenende! Wenn du in der Zeitung liest, dass Leute ein Haus in Brand gesteckt haben, oder selbst wenn ein Lehrer von dir auf einmal verschwindet, irgendwie kapiert man gar nicht, was das überhaupt bedeutet. Auch bei Professor Fearless, haben wir da jemals wieder groß drüber gesprochen? Klar, ich war geschockt, aber die Tatsache, dass er einfach verschwunden ist, führt auch dazu, dass es ein bisschen so ist, als wäre er einfach in Rente gegangen oder in Urlaub; man kapiert nicht, dass es vielleicht endgültig ist. Ich bin 16, und ich komme mir auf einmal so jung vor, wenn ich daran denke, dass das, was da passiert ist, vielleicht wirklich die Realität ist, das „Draußen“, und man hier in der Schule vielleicht nur in einer Art Schutzblase ist. Irgendwie habe ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht. Und dann wiederum habe ich in Deutschland auch nie was von Todessern oder sonst etwas gehört, da war es immer nur Grindelwald, und der ist seit über 20 Jahren besiegt. Vielleicht ist das auch einfach alles zu viel. Vielleicht ist es ganz natürlich, dass man das nicht realisieren kann und einfach versucht, normal weiterzumachen. Ich meine, auf der anderen Seite, was bleibt uns denn anderes übrig? Es ist ja jetzt auch nicht so, als wäre die Welt zusammengebrochen, es war ein Angriff, niemand ist körperlich zu Schaden gekommen.
Vielleicht denke ich auch einfach zu viel nach.
Trotzdem war es irgendwie interessant, wie alle darauf reagiert haben, besonders James. Lily hat da schon recht, er hat immer so viel über Todesser erzählt und dass die Zeitung nur Unsinn schreibt, weil er das eben über seine Eltern (die Auroren sind, habe ich das mal erwähnt?) mitbekommen hat. Ich hätte echt nicht gedacht, dass gerade er dann so still sein würde, Sirius ist ja auch ziemlich locker geblieben.
Naja, so gut kenne ich die beiden ja auch nicht, es hat mich eben gewundert.

15.3.1977, später, im Mädchenklo im sechsten Stock

Okay. Als ich vor inzwischen fast zehn Minuten die Bibliothek verlassen habe, wollte ich mir eigentlich einen ruhigen Platz im Gemeinschaftsraum suchen und hier rein schreiben, dass es irgendwie beruhigend ist, wie normal der Nachmittag heute verlaufen ist. Nachdem es gegen halb vier langsam zu kühl wurde, um am See zu sitzen, haben wir nämlich, vielleicht aus Mangel an einer anderen Beschäftigung, unsere Hausaufgaben in Angriff genommen. Und gerade hatte ich beschlossen, dass a) es aussichtslos ist, Aguamenti als ungesagten Zauber zu wirken und b) die Bibliothek nicht der geeignetste Ort ist, um es noch länger auszuprobieren; außerdem ist mein Runespoor-Aufsatz lang genug, und ich dachte, dass es sich vor dem Abendessen nicht mehr lohnt, die Sternkarte noch anzufangen. Aus diesem Grund verabschiedete ich mich von den anderen drei, um meine Schulsachen vor dem Abendessen in den Gemeinschaftsraum zu bringen, und machte mich auf den Weg in den siebten Stock. Es waren ziemlich viele Leute im Schloss unterwegs, entweder schon in die Große Halle oder, so wie ich, noch mal schnell in den Gemeinschaftsraum, aber ab dem vierten Stock wurde es ruhiger, da ja, wie ich inzwischen kapiert habe, nur die Gemeinschaftsräume von Gryffindor und Ravenclaw in den oberen Stockwerken sind.
Dementsprechend war ich auch ziemlich überrascht, als ich im fünften Stock auf einmal fast in eine Gruppe Slytherins hineinrannte. Keine Ahnung, was sie da machten, ich kannte auch nur ein paar von ihnen, da waren Severus Snape, der irgendwie mitgenommen aussah, und Crispian Avery aus meinem Jahrgang, plus Alecto Carrow, die ich nur von einer sehr seltsamen und ungemütlichen Begegnung vom Beginn des Schuljahres kenne, sowie, Hand in Hand mit Madeleine Zabini, Sirius' Bruder Regulus.
„Tut mir leid“, murmelte ich zerstreut und sammelte Fantastic Beasts and where to find them schnell wieder vom Boden auf. Aber ich war nur ein paar Schritte weitergehastet, als ich auf einmal jemanden sagen hörte: „Warte mal kurz.“
Es war Regulus, der mir mit einer Handbewegung bedeutete, weiterzugehen, und neben mir herlief, bis wir, wie ich schließlich begriff, außer Hörweite der Anderen waren.
„Du warst bei dem Angriff dabei, oder?“, fragte er leise, ohne mich anzuschauen.
Ich starrte ihn mit offenem Mund an und wusste nicht, was ich sagen sollte. „Ich, äh… woher…?“
„Das tut nichts zur Sache“, murmelte er ärgerlich und klang dabei für einen Moment lang fast wie Sirius, nur nicht so bestimmend. „Wurde jemand verletzt?“, und als ich nichts antwortete, fügte er zögernd hinzu: „Ist Katie in Ordnung?“
Ich weiß nicht, wie lange er auf meine Antwort warten musste, aber ich glaube, in diesem Moment habe ich etwas verstanden. Es ist schon so lange her, dass ich das letzte Mal über mein Gespräch mit Katie nachgedacht habe…sie hat mir gesagt, dass es nicht Remus ist, in den sie verliebt ist, und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich seitdem kaum noch gerätselt habe, wer es denn nun ist. Das ist schon arm, oder? Allerdings…im Prinzip habe ich es schon die ganze Zeit geahnt, es war wie so ein diffuser, nicht greifbarer Gedanke, der mich in diesem Augenblick wie ein herunterfallender Backstein traf.
Es ist Regulus.
Es muss Regulus sein, es passt alles, sie war mit ihm befreundet, als sie nach Hogwarts kam, und dann irgendwann ist ihre Freundschaft kaputtgegangen, aber man merkt doch, dass sie ihn immer noch mag.
Oder?
Oder bilde ich mir da nur etwas ein?
Jedenfalls starrte ich Regulus an wie eine Erscheinung, und anstatt ihm seine Frage zu beantworten, stammelte ich nur: „Du…du und Katie, ihr…“
Ein leichtes Rosa zog sich über seine markanten Wangenknochen. „Glaub ja nicht, dass mir irgendetwas an ihr liegt“, sagte er kühl, dann schüttelte er einmal kurz seinen Kopf, wie um einen lästigen Gedanken zu vertreiben, und schlenderte zurück zu seinen Freunden, die am anderen Ende des Gangs auf ihn warteten.
„Was war denn los?“, rief ihm Madeleine schon von weitem entgegen.
Ich beschloss, dass dieses Gespräch zu den Gesprächen gehört, die ich wohl nie verstehen werde.
Aber ob das mit Katie und Regulus jetzt stimmt? Als ich hier reinkam (ja, ich habe keinen besseren Ort gefunden) und anfing zu schreiben, war das alles völlig klar und logisch, inzwischen bin ich mir schon nicht mehr sicher. Vielleicht sollte ich Katie einfach fragen.
Irgendwie schon seltsam, ich weiß noch genau, wie Lily, Lindsay und ich am Anfang des Schuljahres darüber gerätselt haben, wen Katie wohl Matthew Murray vorzieht.
Und jetzt ist heute, und ich glaube es zu wissen.
Wirklich seltsam.

15.3.1977, 20:03, ein Korridor im vierten Stock

Okay, es ist schon ziemlich dunkel, aber wenn ich Lumos benutze, reicht es, um schnell etwas aufzuschreiben. Und zwar komme ich gerade vom Abendessen, beziehungsweise schon wieder aus der Bibliothek, weil ich nämlich vergessen hatte, dass ich noch ein Buch zurückbringen musste. Lily und Katie haben mir angeboten, mitzukommen, aber ich habe ihnen gesagt, dass sie ruhig schon vorgehen können.
Und weißt du, wen ich eben hier in diesem Korridor gesehen habe?
Professor Swindlehurst.
Na gut, das wäre an sich vermutlich gar nicht so verwunderlich, wenn sie nicht schon beim Abendessen gefehlt hätte und nicht - geweint hätte. Genau. Sie hat mich nicht bemerkt, als ich an ihr vorbeigegangen bin, und ich habe mich nicht getraut, sie anzusprechen, aber sie stand hier, mitten im Korridor, in der Hand ein Stück Pergament, und hat geweint. Nicht lautlos, sondern mit rauen Schluchzern, die sie richtiggehend schüttelten. Ich wusste nicht, was ich tun sollte - ich dachte, vermutlich würde sie nicht wollen, dass ich sie so sehe - und während ich noch überlegte, stolperte sie in Richtung des Treppenhauses davon.
Das ist schon komisch, einen Lehrer weinen zu sehen, und dann auch noch gerade Professor Swindlehurst.
Aber was sage ich, ich…

Moment.
Was sind das für komische Geräusche?

15.3.1977, kurze Zeit später, im Gemeinschaftsraum

Da bin ich wieder. Wie sich herausgestellt hat, stammten die Geräusche von zwei Fünftklässlern aus Gryffindor, deren Namen ich nicht kannte, die sich einen Korridor weiter ein erbittertes Duell lieferten. Als ich um die Ecke stolperte, um nachzusehen, wuchs einem der beiden gerade eine Art üppiger Strauch aus den Ohren, während sich der Andere krümmte, um irgendetwas in seine Hand zu würgen, und seine Tasche in blauen Flammen stand.
Bevor ich auch nur richtig registrieren konnte, was vor sich ging, rauschte auch schon der erste abgelenkte Fluch nur Zentimeter von meinem rechten Ohr entfernt an mir vorbei. Normalerweise reagiere ich in so einer Situation zumindest auf irgendeine Art und Weise, aber irgendwie fühlte ich mich plötzlich so, als hätte jemand einen Lähmzauber auf mich losgelassen, und ich kriegte es noch nicht mal auf die Reihe, mich hinter einer Rüstung in Deckung zu bringen.
Gerade, als dem einen Duellanten zusätzlich zu dem Blattwerk noch eine Beinklammer verpasst worden war, tat sich auf einmal ein Schutzschild zwischen den beiden auf, das den Kampf beendete. „Finite Incantatem!“, sagte Remus, und der eine Junge hörte auf zu würgen und seine Tasche erlosch, während der andere zumindest seine Beine wieder bewegen konnte. „Du musst in den Krankenflügel, Campbell“, fügte er mit Blick auf dessen Ohren hinzu, und mir fiel ein, dass er der Bruder von Judy Campbell ist, dem Mädchen, von dem ich Luna bekommen habe. Remus fingerte nervös an seinem Vertrauensschülerabzeichen herum und sagte dann: „Ihr wisst, dass Zaubern auf den Gängen verboten ist?“
„Aah, kommb, Lupind, du willst uns doch keide Punkde abziehend, oder?“, fragte Campbell bittend und leicht nasal, da ihm inzwischen auch Blätter aus den Nasenlöchern wucherten.
„Es war nur ein kleiner Streit, der ein bisschen eskaliert ist“, fügte sein Kontrahent hinzu, strafte seine Worte aber Lügen durch den wütenden Blick, den er Campbell zuwarf.
Remus zögerte. „Ihr versprecht mir, dass ich nichts mehr von eurem Streit höre, wenn ich den Schildzauber löse?“
„Versprochen!“, sagten beide wie aus einem Mund.
Nach einem weiteren Moment des Zögerns entfernte er den Zauber; Campbell und der andere Junge stierten sich einen Moment lang so zornig an, dass ich dachte, sie würden gleich wieder auf einander losgehen, aber dann sammelten sie ihre Sachen ein und stiefelten hintereinander her in Richtung Krankenflügel, wobei uns ein Lichtblitz signalisierte, dass Campbell wohl einen Fluch auf seinen Gegner losgelassen hatte, sobald sie um die Ecke gebogen waren.
Remus drehte sich in meine Richtung, doch bevor einer von uns etwas sagen konnte, rauschte so etwas wie eine bunte Kanonenkugel über unsere Köpfe hinweg und johlte dabei: „Loony Loony Lupin! Loony Loony Lupin!“
„Silencio!“, sagte ich automatisch, aber Peeves, der Poltergeist (wusstest du, dass Poltergeist auf Englisch auch ?poltergeist' heißt?), gackerte nur und sang etwas, das man vielleicht mit „Ich weiß etwas, das Dumby nicht weiß, als Vertrauensschüler bist du der letzte Scheiß!“ übersetzen könnte, bevor er mit einem beunruhigenden Pfeifton ins Treppenhaus raste und verschwand.
„Was hat Peeves gegen dich?“, fragte ich erstaunt und vergaß ganz, dass ich eben noch vor Schock wie gelähmt gewesen war.
Remus seufzte. „Er hat ja recht“, meinte er bedrückt, „ich weiß gar nicht, warum Dumbledore mich überhaupt ernannt hat.“
„Du willst eben den Leuten keine Punkte abziehen, damit es keinen Streit gibt“, sagte ich. „Das ist doch nichts Schlimmes.“
„Das ist nett von dir, aber als Vertrauensschüler sollte man sich gelegentlich auch durchsetzen können“, antwortete Remus, um dann abzuwiegeln: „Naja, ist ja auch egal. Wie geht es dir eigentlich?“
Wir machten uns gemeinsam auf den Weg zum Gemeinschaftsraum und ich musste ein bisschen nachdenken, bevor ich ihm das Ergebnis meiner wirren Gedankengänge präsentieren konnte.
Remus nickte; „Ich weiß, was du meinst“, sagte er, „ich kann das auch alles nicht so ganz realisieren. Wobei“, und er ließ mir mit einem schiefen Lächeln den Vortritt durch das Portraitloch, „das Seltsamste vermutlich war, James sprachlos zu sehen.“
Ich grinste zurück, und es fühlte sich irgendwie total ungewohnt an; aber es tat gut.
Und erst, als ich mir meinen Platz am Kamin gesucht hatte, fiel mir auf, dass das die erste Unterhaltung mit Remus seit längerer Zeit war, in der ich mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht habe, was ich sagen soll.

16.3.1977, vormittags, wieder in der Bibliothek

So, inzwischen ist Sonntag und ich sitze beim schönsten Sonnenschein hier drinnen und brüte über meinen Aufsätzen. Dabei konnte ich schon gestern Abend nicht mehr schreiben, weil ich diese Sternkarte fertig machen musste. Jetzt mache ich mal eine kurze Pause, um einen Lagebericht durchzugeben.
Auch heute Morgen hat es keine von uns geschafft, ein Gespräch mit Lindsay zu führen. Es ist nicht so, dass sie wirklich unfreundlich wäre, aber man sieht es ihr doch an, dass sie mitgenommen ist wegen ihrem Bruder, und trotzdem blockt sie jedes Gespräch ab. Vielleicht braucht sie wirklich einfach nur Zeit, wie Lily sagt, aber ich komme mir irgendwie mies vor, wenn ich sehe, dass es ihr schlecht geht, und ich nichts machen kann. Außerdem glaubt Lily, und ich befürchte, dass sie Recht hat, dass Lindsay… na ja, dass sie sich die Schuld daran gibt, wie das Treffen gelaufen ist. Okay, ganz nüchtern gesehen, kann man sagen, wenn sie Travers nicht angegriffen hätte… aber ich denke, man darf es einfach nicht so sehen. Woher hätte sie denn wissen sollen, was passieren würde? Abgesehen davon denkt man in so einer Situation ja nicht unbedingt nach, bevor man handelt, oder?
Ansonsten ist heute noch nicht so viel passiert, okay, es ist auch erst elf. Abgesehen natürlich von dem höchst absonderlichen Gespräch mit Sirius heute Morgen vor dem Frühstück. Das war mal wieder einer von diesen Zufällen, die ich so sehr liebe - ich bin in ihn hineingerannt, als ich vom Klo kam. Es war noch relativ früh und die Anderen quälten sich noch oben im Bad herum; dementsprechend war ich verwirrt, gerade Sirius anzutreffen, wo doch (wenn ich mich richtig erinnere) normalerweise James derjenige ist, der die Rumtreiber immer aus den Federn schmeißt.
Ich entschuldigte mich stammelnd bei Sirius, der leicht grünlich im Gesicht aussah, weil ich ihm aus Versehen meinen Zauberstab in die Magengrube gerammt hatte.
„Tut mir leid! Bist du in Ordnung?“
„Wen zur Hölle wolltest du um diese Uhrzeit verhexen?“, stieß Sirius hervor und rieb sich mit verzerrter Miene den Bauch.
„Oh, ich hab nur die Tür nicht mehr aufbekommen und -“, mir fiel auf, dass das zu viel Information war, und brach ab. Sirius hörte mir sowieso nicht zu, weshalb ich annahm, dass das seine Art gewesen war, seine Missbilligung darüber zum Ausdruck zu bringen, dass Menschen mit ausgestreckten Zauberstäben in der Öffentlichkeit herumlaufen.
„Wenn ich dich jetzt schon treffe, Emma, wollte ich dich kurz was fragen“, sagte Sirius.
„Jaah?“, fragte ich nervös.
Sirius schaute durch die Lücke zwischen zwei Knöpfen in sein Hemd, vielleicht um nachzuschauen, ob er einen blauen Fleck bekam. Als er bemerkte, dass ich ihn wartend anstarrte, hob er kurz eine Augenbraue, dann sagte er: „Okay, schon gut. Hat Lindsay in der letzten Zeit irgendwas über mich gesagt?“
Ich starrte ihn an wie ein Auto. „Ähm. Du meinst, 'in der letzten Zeit' so wie in 'gestern' oder 'heute'?“
Sirius schob seine Hände in die Hosentaschen. „Nein, schon klar, ich meinte das eher allgemeiner. Ich weiß ja, dass sie nicht gerade in Plauderstimmung ist.“
„Ähm“, wiederholte ich, „ich könnte nachgucken, aber…“, in Ermangelung einer besseren Strategie fiel ich einfach mit der Tür ins Haus, „warum um alles in der Welt willst du das wissen? Du hast doch gestern mit ihr geredet, oder?“
„Naja, die Sache ist die“, sagte Sirius und wippte leicht auf den Fußballen, „ich wollte mit ihr reden, über ihren Bruder und den ganzen Todesser-Mist, und daraufhin hat sie mir sozusagen geraten, zur Hölle zu fahren.“
„Äh, Sirius?“, begann ich, aber er unterbrach mich sofort. „Ja, ich weiß, das hat sie mir schon sehr oft in exakt diesem Wortlaut gesagt, aber meine Absichten waren wirklich freundlich.“
„Hast du sie nicht selbst gefragt, warum sie sich so verhält?“, sagte ich vorsichtig, während ich mich mal wieder fragte, was das Ganze sollte. Seltsamerweise erinnerte mich der Verlauf des Gesprächs stark an meine Unterhaltung (oder auch nicht) mit Regulus gestern. Vielleicht sollten beide Black-Brüder einfach mal ihre Prioritäten klären.
Sirius wirkte irgendwie so, als liefe das Gespräch in eine falsche Richtung, was mir Leid tat, aber ich konnte es ja auch nicht ändern. „Ja, das wollte ich dich fragen“, sagte er ärgerlich. „Sie hat zu mir gesagt, sie hätte keine Lust mehr auf mich und darauf, dass ich hinter ihrem Rücken schlecht über sie rede. Weißt du, was sie damit gemeint haben könnte?“
„Nein“, sagte ich wahrheitsgemäß. „Also, ich weiß, dass es sie stört, dass du vor ihrem Rücken schlecht über sie redest, aber das müsstest du ja mitbekommen haben, oder?“
„Schon gut“, knurrte Sirius, der unser Gespräch anscheinend als beendet ansah und jetzt selbst auf die Toilette stürmte, vielleicht, um den blauen Fleck genauer in Augenschein zu nehmen. Oder er war einfach sauer, weil es wohl verschwendete Zeit für ihn gewesen war, mir von Lindsay zu erzählen.
Wundern tut es mich aber doch, und zwar auf beiden Seiten.

Oh je, ich sollte wirklich mit meinem Snargaluff-Aufsatz weitermachen.

Der Staub sieht echt hübsch aus, wenn er so vor dem Fenster in der Sonne herumtanzt.

16.3.1977, nach dem Mittagessen, in einem leeren Klassenraum im siebten Stock

Ich sollte nicht hier sein.

Ich sollte auf der Stelle aufstehen, diesen Klassenraum verlassen und in den Gemeinschaftsraum gehen, so, wie ich es vorhatte.
Um Remus den Brief zurückzugeben, den er in der Eingangshalle verloren hat.
Was auch der einzige Grund ist, warum ich überhaupt in diesem Stockwerk bin und nicht in der Bibliothek.

Stattdessen sitze ich hier auf einem vollgekritzelten Tisch, der aussieht, als würde er schon seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt werden (mit gutem Ausblick auf das anscheinend magisch eingebrannte „I love Filius“).

Ich wollte den Brief wirklich nicht lesen.
Ehrlich.
Aber als ich ihn aufgehoben habe und nachschauen wollte, an wen er adressiert ist, ist er irgendwie aus dem Umschlag gefallen, und dann hab ich zufällig draufgeguckt, und ich dachte einfach nicht, dass es nur diese eine Zeile sein würde.

Natürlich hätte ich es trotzdem nicht tun dürfen.
Und jetzt traue ich mich nicht, den Brief Remus zu bringen, weil ich nicht weiß, ob ich ihm sagen soll, dass ich ihn gelesen habe, oder ob ich es lieber lassen soll.

Überhaupt weiß ich nicht, was ich denken soll, ich hab mit Remus nur einmal kurz über seine Eltern geredet, beziehungsweise über seinen Vater.

Aber eigentlich sollte ich doch überhaupt nicht über diesen Brief nachdenken, weil ich ihn nicht hätte lesen dürfen!

Ich glaube, ich gehe jetzt erstmal zu den anderen in die Bibliothek und gebe Remus den Brief nachher.

Es muss der Brief gewesen sein, den Remus vorgestern (vorgestern schon!) im Postamt abgeholt hat, von seiner Mutter, zum Geburtstag.
Diese eine Zeile mitten auf dem Pergament war mit einer sehr zittrigen Hand geschrieben worden und lautete einfach:

Happy Birthday my darling. I keep thinking of you, always. Love

16.3.1977, abends im Gemeinschaftsraum

Da bin ich wieder.

Irgendwie…wollte ich gerade etwas anderes erzählen, aber…mir kommt es so komisch vor, hier einfach mit den Einträgen weiterzumachen, als wäre nichts passiert. So falsch. So als würde ich mir nicht genug Gedanken darüber machen, was passiert ist, oder als wäre ich nicht angemessen geschockt. Auf der anderen Seite, was bleibt mir Anderes übrig? Ich kann nicht so tun, als wäre es nicht beruhigend, einen ganz normalen Tagesablauf zu haben, mit Mittagessen und Hausaufgaben und allem. Vielleicht geht es mir auch einfach wie Lindsay, und ich brauche noch ein bisschen Zeit, um das alles zu kapieren?
Ich will morgen noch mal versuchen, mit ihr zu reden. Wir behandeln sie alle noch ein bisschen vorsichtig, aber vorhin hat sie sich ganz normal an unserem Snargaluff-Gespräch beteiligt.

Okay. Ich schreib jetzt einfach. Also, was ich eigentlich erzählen wollte, ist, ich habe Remus gerade endlich den Brief zurückgegeben. Als wir vom Abendessen aufgestanden sind und uns auf den Weg hier hoch machten, waren die Rumtreiber (trotz Sirius' enormen Pensums) auch gerade fertig, und ich trödelte ein bisschen, um neben Remus herzuschlendern. Ich wusste immer noch nicht, was ich ihm jetzt sagen sollte, aber ich dachte, dass weiteres Hinauszögern keinen Sinn mehr hatte.
Zum Glück erzählte James gerade irgendwas über einen neuen anschraubbaren Kompass für Rennbesen, und niemand hörte mir zu, als ich Remus leicht nervös begrüßte und ihm dann ohne großes Aufhebens den Brief entgegenstreckte. „Hier, den hab ich vorhin in der Eingangshalle gefunden“, sagte ich. „Das ist deiner, oder?“
„Danke“, sagte Remus überrascht und nahm den Umschlag entgegen. „Ich hab gar nicht gemerkt, dass ich ihn verloren habe.“
Mir fiel auf, wie absurd der Gedanke gewesen war, mir eine Geschichte auszudenken, wie der Brief zu mir gekommen ist. Ich hätte sie sowieso nicht vortragen können, denn in solchen Situationen arbeitet mein Mund immer gegen mein Gehirn. Ob das jetzt gut oder schlecht ist…keine Ahnung.
„Es tut mir wirklich leid“, hörte ich mich sagen, „ich hab ihn schon seit nach dem Mittagessen, aber dann…“
Remus lächelte. „Kein Problem, ich hab ihn ja nicht vermisst.“
Mir fiel auf, dass die anderen schon mehrere Meter vor uns waren, und blieb nun ganz stehen. „Nein, ich…ich hab ihn gelesen“, sagte ich und wunderte mich, dass ich das ohne Stammeln herausbrachte. „Es war keine Absicht, er ist rausgefallen und ich hab ihn aufgehoben und dann…es tut mir wirklich leid“, wiederholte ich niedergeschlagen.
Remus sagte eine ganze Weile nichts, und ich schaute meine Schuhe an. Sie waren noch völlig mit Dreck verkrustet, aus dem Wald, und ich dachte, dass Madam Pince wahrscheinlich einen Herzstillstand erleidet, wenn sie in der Bibliothek den Boden kontrolliert.
„Sie ist krank“, sagte Remus plötzlich, „meine Mutter. Sie kann keine langen Briefe mehr schreiben…die Feder fällt ihr aus der Hand, wenn sie sich zu sehr anstrengt.“
„Das tut mir leid“, sagte ich unsicher. „Ist es…ich meine, seit wann…?“
„Schon seit Jahren.“
Ich wusste nicht; ich hätte ihm fast meine Hand auf den Arm gelegt, aber dann zog ich sie unauffällig wieder zurück.
„Es tut mir wirklich leid, ich hätte das nicht lesen dürfen, und es geht mich auch wirklich nichts an“, wiederholte ich leise.
Remus seufzte; er schaute mir nicht so wirklich in die Augen, sondern seitlich an mir vorbei. „Mach dir nichts draus“, sagte er, „ich…“
Aber wir wurden zum zweiten Mal an diesem Wochenende von einem ungebetenen Zuhörer unterbrochen, der über unsere Köpfe hinwegzischte wie ein angepiekster Luftballon. „OOOOOOOH“, flötete Peeves, „ist das nicht Loony und das Mädchen, das ihre Kessel immer explodieren lässt? Ist Loony etwa verlüüüübt? Hat Loony eine Freundin?“
Die bizarre und knallbunte Erscheinung wurde noch gruseliger dadurch, dass mich Peeves, wie er sich auf der Stelle drehte, auf eine unangenehme Art und Weise an ein Betonmischfahrzeug erinnerte.
„Ooooh, aber das Kessel-Mädchen weiß nicht, dass Loony ein Geheimnis hat!“, fuhr Peeves genüsslich grinsend fort. „Sonst würde sie sich ganz sicher nicht mit Loony Lupin treffen, oder mit ihm in einem einsamen Gang reden, oder…“
„Langlock!“
Peeves brach mit einer Art Gurgeln ab, griff sich an den Hals und raste durch den Gang davon, nicht ohne James, der gerade um die Ecke gebogen war, noch mit der Faust zu drohen.
„Wir haben uns schon gefragt, wo du steckst, Moony“, sagte James, während er auf uns zukam, Peter und Sirius auf den Fersen.
Ich schaute Remus verwirrt an, dann sagte ich zu James, um irgendetwas zu sagen: „Was war das für ein Zauber?“
„Klebt die Zunge an den Gaumen“, erklärte er und drehte dabei lässig seinen Zauberstab zwischen den Fingern. „War letztes Schuljahr für ein paar Monate groß in Mode.“
Peter lachte, als ob er eine lustige Erinnerung aus dieser Zeit hatte, aber ich fragte lieber nicht nach den Details.
Während wir uns auf den Weg in den Gemeinschaftsraum machten, sagte Remus: „Übrigens, Tatze, Leanne hat dich vorhin gesucht.“
„Wieso das denn?“ Sirius runzelte die Stirn.
„Sie meinte, sie hätte dich seit Tagen nicht gesehen…“
„Ach. Echt? Naja, dann wird sie mir ja wohl irgendwann mal über den Weg laufen. So groß ist das Schloss auch wieder nicht.“
Die Unterhaltung wandte sich dann Quidditch zu, und ich passte nicht so wirklich auf, obwohl James extra irgendwelche Spielzüge erläuterte. Ehrlich gesagt war ich etwas abgelenkt, weil ich über mein Gespräch mit Remus nachdachte, und schreckte erst wieder hoch, als wir schon vor dem Portraitloch standen und James sagte: „Also alles klar, Emma?“
„Was? Äh? Häh? Warum sind wir schon hier?“
Sirius deutete eine kleine Verbeugung an. „Thank you for travelling with the Ingenious Marauders.â€
„Oh. Ähm. Ja. Alles klar.“
Remus verkniff sich ein Lächeln und ließ mir wieder den Vortritt durch das Portraitloch. „Dir sollte klar sein, dass sie keine Ahnung hat, wovon du gerade geredet hast“, sagte er zu James, bevor er mir folgte.

Und du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich mich dieses Lächeln machte.

16.3.1977, fünf Minuten später, immer noch im Gemeinschaftsraum

Tut mir leid, ich musste kurz unterbrechen, weil die Jungs auf einmal an den Tisch kamen, an dem ich mit Lily, Lindsay und Katie sitze, um uns daran zu erinnern, ihnen die Zwei-Wege-Spiegel zurückzubringen. Nachdem Katie ihnen zugesichert hatte, dass wir sie ihnen vor dem Schlafengehen rüberbringen werden, senkte James seine Stimme noch ein wenig mehr und beugte sich zu uns herunter, während die anderen drei etwas näher rückten.
„Noch etwas“, sagte er dann. „Wir wissen, dass ihr das Pergament gestohlen habt, und fordern euch hiermit offiziell auf, es uns zurückzugeben. Ansonsten werden wir den Diebstahl melden.“
Lindsay schnaubte, und wir schauten alle überrascht in ihre Richtung. „Damit Filch es beschlagnahmt? Ein Gegenstand, der so offensichtlich gegen die Regeln verstößt?“, sagte sie, ohne von ihrem Aufsatz aufzusehen.
Die Rumtreiber tauschten nervöse Blicke aus.
„Ihr wisst nicht, wie es funktioniert“, sagte Sirius überlegen.
„Und wenn wir auf dem besten Weg sind, es herauszufinden?“, sagte Lily und funkelte ihn angriffslustig an.
„Das werdet ihr ebenso wenig schaffen, wie ihr es vor uns verstecken könnt“, sagte James überzeugt.
Katie grinste. „Ihr wollt es euch also zurückholen?“
„Was heißt hier, wir wollen“, sagte James.
„Wir werden!“, sagte Peter.
Sirius klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
„Nur eine Frage der Zeit“, fügte Remus lächelnd hinzu.
Lily klappte schwungvoll ihr Zaubertränke-Buch zu. „Wir werden sehen!“, sagte sie.

Und vielleicht ist mein Gefühl ja doch nicht so falsch und es wird doch wieder alles so werden wie vorher, irgendwann, nur eine Frage der Zeit.


~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~


Ich bin mal wieder schrecklich nervös, wie euch dieses Kapitel gefallen hat. Zuerst hab ich mich gar nicht getraut, es hochzuladen, weil ich Angst hatte, die Stimmung nicht getroffen zu haben. Deshalb wäre es mir sehr wichtig, zu hören, was ihr denkt, und würde mich über Kommentare sehr freuen…

Viele liebe Grüße und bis hoffentlich bald
Rumtreiberin


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