von >Rumtreiberin<
@Sakelly: Danke fĂŒr deinen Kommi! :) (Ich bin total geschmeichelt... *dauergrins*) Ich habe die nĂ€chsten Chaps schon fertig geschrieben, werde aber mal auf die SatzlĂ€nge achten. :)
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Immer noch 1.9.1976, im Zug, irgendwann nachmittags
Der Zug ratterte so laut, dass er sogar das holpernde GerĂ€usch meines Koffers ĂŒbertönte, den ich auf der Suche nach einem freien Abteil hinter mir her schleifte. Allerdings hatte ich die Hoffnung fast aufgegeben, der Zug ist rappelvoll.
SchlieĂlich erreichte ich ein Abteil, in dem drei MĂ€dchen meines Alters saĂen und redeten. Einen Moment beobachtete ich sie. Eine hĂŒbsche Rothaarige mit einem freundlichen Lachen erzĂ€hlte gerade etwas, was ich durch die GlastĂŒr nicht verstand. Neben ihr saĂ ein MĂ€dchen, die ein bisschen schĂŒchtern aussah. StĂ€ndig schob sie sich eine HaarstrĂ€ne zurĂŒck hinters Ohr, eine von vielen, die aus ihrem Zopf hingen. Als ihre Freundin wild gestikulierend fortfuhr, brach sie in ein leises Kichern aus. Dezent hielt sie sich die Hand vor den Mund. Das dritte MĂ€dchen saĂ am Fenster, oder eher gesagt: lag in der Ecke, die Beine lĂ€ssig ĂŒberschlagen auf den Sitzen neben ihr und beobachtete die anderen beiden ungerĂŒhrt. Das beste Wort, das mir einfiel, um sie zu beschreiben, war cool. Ihre glatten dunkelbraunen, fast schwarzen Haare, sahen zwar etwas durcheinander aus, aber im Gegensatz zu anderen Leuten schien sie mit dieser Frisur aus irgendeiner Haargel-Werbung abgehauen zu sein. Keine Regung in ihrem Gesicht. Absolut entspannt. Sie schien sich in ihrer Rolle als âdistanzierte Beobachterinâ wohlzufĂŒhlen.
Genau die Art von Mensch, die ich vermeiden wollte.
Doch jetzt hob sie langsam den Kopf und blinzelte mich an, mir war klar, dass sie mich schon vorher bemerkt hatte. Mir blieb wohl nichts anderes ĂŒbrig. Ich sammelte das letzte bisschen Mut zusammen und öffnete schwungvoll die AbteiltĂŒr, die auf der anderen Seite an die Wand knallte. Bevor ich es mir ĂŒberlegen konnte, fragte ich schnell: âKann ich mich zu euch setzen?â
VerstÀndnislose Gesichter.
Verdammt, ich hatte auf Deutsch gefragt.
NatĂŒrlich lief ich sofort rot an, ich merkte es an der WĂ€rme, die in meinem Gesicht aufstieg.
Stockend wiederholte ich die Frage auf Englisch.
Die Rothaarige lĂ€chelte mich nett an. âKlar. Kein Problem.â
Den Koffer zu bewegen, schien mir inzwischen aussichtslos. âMobilcorpusâ, murmelte ich und manövrierte ihn in die Ecke, wobei er nur leicht gegen die anderen stieĂ. Vorsichtig, immer darauf bedacht, meinen Kopf nicht anzuhauen, setzte ich mich dann auf einen der freien Sitze.
âIch hab dich noch nie hier gesehenâ, fuhr das MĂ€dchen fort. âBist du neu?â
Na gut, Vorstellungsrunde.
âMmh, ja, also, ich heiĂe Emma Foley, aber Emma reicht völlig aus; ich bin fast 16, habe in Deutschland gewohnt und - Autsch!â
Ich hatte beim Reden mit den HĂ€nden herumgefuchtelt und mir prompt die Finger angehauen.
âVerdammte ScheiĂe!â
Nach einer Schocksekunde brach die Rothaarige in Lachen aus, ein Lachen, das GrĂŒbchen in ihre Wangen zauberte.
Ihre bezopfte Freundin kicherte wieder.
Die Coole musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen. âPass auf, dass dir kein Koffer auf den Kopf fĂ€llt.â
âHĂ€h? Die stehen doch neben mirâ, sagte ich geistreich.
âLeuten wie dirâ, sie machte eine Pause und lĂ€chelte spöttisch, âtraue ich alles zu.â
âIch heiĂe Lily Evansâ, sagte die Rothaarige in das Schweigen, das sich ausbreitete.
âKatie Lynnâ, sagte die Bezopfte.
âLindsay Cohenâ, sagte die Coole, wiederum mit einem spöttischen LĂ€cheln.
Verlegen schauten wir uns an, mit Ausnahme von Lindsay natĂŒrlich. Sie kam mir vor wie eine Art Damokles-Schwert, das ĂŒber uns pendelte und jeden Moment zustoĂen konnte. Nach jedem Rundumschlag wĂŒrde sie sich auf ihren Beobachter-Posten zurĂŒckziehen und den nĂ€chsten Angriff vorbereiten.
Lily, offenbar bemĂŒht, ein GesprĂ€ch in Gang zu halten, begann, mich ĂŒber Deutschland auszufragen, ab und zu unterstĂŒtzt von Katie. Die nĂ€chsten zehn Minuten erzĂ€hlte ich also von meiner Familie, meiner Schule, meinem Haus und musste natĂŒrlich auch ein paar SĂ€tze auf Deutsch sagen, die Lily und Katie hochkonzentriert nachsprachen.
Dann stand Lily auf und erklĂ€rte entschuldigend, sie mĂŒsse ins VertrauensschĂŒler-Abteil. Kaum war sie drauĂen, schwiegen wir uns wieder an. Lindsay begann, sich die FingernĂ€gel zu feilen.
Ich liebe dieses GerÀusch. UngefÀhr so wie kratzende FingernÀgel auf einer Tafel.
Allein schon das Aufschreiben jagt mir eine GĂ€nsehaut ĂŒber den RĂŒcken.
Wenn die Feile besonders heftig quietschte, verzog ich schmerzerfĂŒllt mein Gesicht und sandte verzweifelte StoĂgebete zum Himmel.
Die AbteiltĂŒr wurde aufgeschoben und hoffnungsvoll drehte ich mich um. Es war aber nicht Lily, sondern ein Junge mit sehr verstrubbelten Haaren und einer Brille, der, zugegebenermaĂen, nicht hĂ€sslich war. âIst Lily hier?â
âJa, Potter. Siehst du doch.â Aha, Sarkasmus-Lindsay hatte ein neues Opfer.
Potter, oder wie auch immer dieser Junge hieĂ, drehte sich daraufhin zu einem der leeren Sitze und begann, sich angeregt mit ihm zu unterhalten.
VerrĂŒckter Kerl.
âWas machst du da, James?â Ein weiterer Kopf erschien in der TĂŒr, diesmal ohne Brille und mit lĂ€ngeren Haaren, die dem dazugehörigen Jungen leicht in die Augen fielen. Graue Augen, breites Grinsen. Er hĂ€tte ziemlich gut ausgesehen, wenn er nicht schon auf den ersten Blick ausgestrahlt hĂ€tte, dass er wusste, dass er gut aussah.
âEr redet mit Lilyâ, sagte Katie todernst (jedenfalls fast).
Leicht irritiert lieĂ der Typ seinen Blick durchs Abteil schweifen; er blieb an Lindsay hĂ€ngen. âOh, hallo Lindsay. Ich konnte es kaum erwarten, dich wieder zu treffen.â
Die Ironie konnte man nicht mal ĂŒberhören, wenn man taub war.
âUnd ich hab mich den ganzen Sommer darauf gefreut, deine Visage wiederzusehen, Black.â
Diesmal tropfte ihre Stimme nicht nur vor Sarkasmus, sie triefte regelrecht.
Die beiden funkelten sich an.
Black wendete den Blick ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf mich.
âSie hat was gegen mich, seit ich ihr in ihrer ersten Woche Juckpulver in die Klamotten gestreut habeâ, sagte er kopfschĂŒttelnd. Das Grinsen war wieder eingeschaltet.
Ich musste mir ein Lachen verkneifen, was nicht sehr einfach war, denn ich hatte eine sehr lebhafte Vorstellung einer fluchenden und sich kratzenden Lindsay vor Augen. Schade, dass ich nicht dabei gewesen war. Das hÀtte ich zu gerne gesehen.
âBist du neu hier?â, fragte er jetzt. Als ich nickte, fĂŒgte er hinzu: âWie heiĂt du und woher kommst du?â
Ganz ruhig. Kurz und prÀzise antworten.
âEmmaâ, sagte ich. Pause. âDeutschland.â
âSehr gesprĂ€chig bist du ja nicht grade.â Grinsen weiter aufdrehen. Stufe drei mindestens.
âDoch, eigentlich schon, aber wenn ich nicht aufpasse, laber ich viel Mist.â
Wie war das noch gleich, Emma? Klappe halten.
Allerdings hatte ich mit meiner SelbsteinschĂ€tzung nichts als die Wahrheit ausgesprochen. Es ist leider nun mal so, dass gesteigerte Aufmerksamkeit auf meine Person mich nervös macht, und diese NervositĂ€t dazu fĂŒhrt, dass ich einfach irgendwas sage - ohne dass jegliche Verbindung zwischen Mund und Gehirn besteht. Das hatte ich ja gerade wieder eindrucksvoll bewiesen.
Ich wartete auf den TodesstoĂ vonseiten Lindsay Cohen. Doch zu meinem GlĂŒck war dieser Black anscheinend ihr Lieblingsopfer.
âBilde dir nur nicht ein, das wĂŒrde an deinem Aussehen liegen, Black. Dieses Grinsen tut ja körperlich weh.â
WĂ€hrend die AtmosphĂ€re langsam aber sicher auf den Nullpunkt sank, wurde die AbteiltĂŒr abermals aufgerissen. Diesmal war es wirklich Lily. James hörte schlagartig auf, mit dem Sitz zu reden. âOh, hi, Lilyâ, stotterte er, auf dem falschen FuĂ erwischt. Lily ging an ihm vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu wĂŒrdigen. Anscheinend, um ihr einen Gefallen zu tun, sagte Lindsay: âBlack, du verdirbst mir die Aussicht.â
Ărgerlich drehte er sich um. âAuf den Vorhang oder was?â
âJa.â Sie lĂ€chelte unentwegt. âDein Pulli beiĂt sich mit seiner Farbe.â
Black wusste, wann RĂŒckzug angesagt war. Er schnappte sich James und verlieĂ wutschnaubend das Abteil.
Aus irgendeinem Grund hatte sich Lindsays Laune inzwischen gebessert (ich glaube, es hatte ihr gut getan, sich abzureagieren) und so wagte ich es, eine Frage zu stellen.
âWer war das denn?â
Es war Katie, die mir antwortete. âSirius Black und James Potter. Zwei der...â Das nĂ€chste Wort verstand ich nicht. âZwei der was?â
Katie wiederholte das Wort. Nie gehört.
Resignierend förderte ich aus den Tiefen meiner Tasche ein Wörterbuch zutage und hielt es ihr auffordernd hin. Einen Moment spÀter deutete sie mit dem Finger auf ein Wort in der Mitte der Seite 338. UnglÀubig starrte ich sie an.
âRumtreiber?â
Lily lachte wieder. âJa, so haben sie sich in ihrem ersten Jahr hier angefangen zu nennen. Die beiden, Remus Lupin und Peter Pettigrew.â
Rumtreiber.
Rumtreiber.
Na dann.
Das GesprĂ€ch wendete sich Hogwarts zu. Im Laufe der nĂ€chsten Stunde erfuhr ich so ziemlich alles ĂŒber Lehrer, FĂ€cher, die verschiedenen HĂ€user und den sprechenden Hut. Mit ein bisschen Ăbung war ich sogar in der Lage, zu erraten, zu welchem Haus die SchĂŒler auf dem Gang gehörten.
Und, noch viel wichtiger: Ich schaffte es, den Nachmittag ohne weitere UnfĂ€lle oder Peinlichkeiten zu ĂŒberstehen. Im Gegenteil - abgesehen davon, dass ich fĂŒr Lindsay Hass auf den ersten Blick gewesen war, verstand ich mich ausgesprochen gut mit Lily und Katie.
Erstaunlich. Wirklich erstaunlich.
Gerade fragt mich Lily, was ich die ganze Zeit schreibe. Ich lasse vor Schreck meinen Stift fallen; ich dachte, sie schlÀft. Die ganze Zeit war das Rattern des Zuges und das Kratzen des Stifts auf dem Papier das einzige GerÀusch. Jetzt mischt sich Katies leises Schnarchen dazu. Ob Lindsay auch schlÀft, weià ich nicht; vielleicht starrt sie auch die Wand an.
Da fÀllt mir auf, ich habe selbst noch nicht erwÀhnt, was das hier wird.
Also, gestern Abend kam meine Mutter mit einem Geschenk in mein Zimmer, das sich als ein royalblaues Buch mit sehr leeren Seiten herausstellte. Auf mein UnverstÀndnis hin erklÀrte sie mir, das sei ein Tagebuch und ich könnte meine Erlebnisse auf der neuen Schule eintragen.
Mein LĂ€cheln sah wohl eher wie eine schmerzhafte Gesichtsstarre aus (wahrscheinlich gar nicht unĂ€hnlich dem von Sirius Black), was sie zum GlĂŒck nicht bemerkte (oder ignorierte). Ich, Emma Foley, mit Worten ungefĂ€hr so geschickt wie ein Elefant beim Seilspringen, soll Tagebuch schreiben! Weil ich sie aber nicht verletzen wollte, steckte ich es in meinen Koffer.
Als Lily vorhin auf dem Gang patrouillieren musste, um ZweitklÀssler daran zu hindern, Stinkbomben in die Klos zu werfen (oder so), Lindsay eine Zeitschrift aus der Tasche kramte und Katie begann, auf einem Block herumzukritzeln, habe ich es hervorgeholt.
Der Einband sieht wirklich schön aus und ist aus einem total weichen Stoff.
Und irgendwie reizen mich diese leeren SeitenâŠ
Ich höre jetzt aber wirklich auf zu schreiben, gerade kam die Ansage, dass wir in KĂŒrze Hogwarts erreichen und wir unser GepĂ€ck in den Abteilen lassen sollen. Und wir haben gerade bemerkt, dass wir unsere Hogwarts-UmhĂ€nge noch nicht anhaben.
Da fÀllt mir ein: wo habe ich meinen eigentlich hingepackt?
So, das war also das 2. Kapitel. Ich hoffe, dir hat's gefallen. :) WĂŒrde mich wirklich ĂŒber Kommis freuen!!
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