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Fanfiction

Die Geschichte des Regens - Das Tagebuch der Emma Foley - Krisenmanagment

von >Rumtreiberin<

Diesmal gibt es keine lange Vorrede, sondern ein Nachwort am Ende des Kapitels, denn ihr seid zum Lesen hier :)

~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+~

23.3.1977, viertel vor zwölf, Schlafsaal

Ich bin vorhin tatsächlich noch mal eingedöst; es muss passiert sein, als ich auf den letzten Satz gestarrt habe, der es irgendwie unmöglich machte, weiterzuschreiben. Ich habe versucht, zu verstehen, was er bedeutet. Aber das hat alles noch viel verwirrender gemacht.
Dann bin ich eingeschlafen und hatte diesen total seltsamen Traum. Also, erst kurz bevor ich wieder aufgewacht bin, davor war alles ganz wirr, nur Bildfetzen vom letzten Abend, durcheinander, verschwommen und mit Musik hinterlegt. Aber dann habe ich auf einmal von meiner alten Schule geträumt und die Bilder waren auf einmal klar. Ich saß in der Aula in diesem Anbau neben dem Hauptgebäude beim Mittagessen und bemühte mich, einen Absatz in Historische Errungenschaften der magischen Gemeinschaft – 20. Jahrhundert auswendig zu lernen und gleichzeitig Kartoffenklöße in mich hineinzuschaufeln. Mein Schulumhang war dunkelgrün, demnach war ich in der vierten Klasse, und ich dachte, dass ich heute Abend Astronomie auf dem Westturm hätte und schrecklich spät nach Hause kommen würde. Neben mir saßen Iris und Christin und setzten wie in jeder freien Minute ihre endlose Fehde darüber fort, ob jetzt die Bay City Rollers oder The Sweet die bessere Band sind, und es war sehr leicht zu erkennen, dass Christin BCR-Fan war, denn unter ihrem ebenfalls dunkelgrünen Umhang trug sie eine Schottenmuster-Hose. Dann schrillte die Klingel durch den Saal und ich sprang erschrocken von meinem Stuhl auf, der natürlich prompt zu Boden fiel, und als ich ihn aufheben wollte, rempelte ich Iris an, und…
…riss die Augen auf, nur um festzustellen, dass es inzwischen hell war. Der Blick auf die Uhr verriet mir, dass es kurz nach neun war, also immer noch nicht allzu spät für einen Sonntag nach einer Nacht mit sehr wenig Schlaf. Dann registrierte ich ein leises Geräusch von außerhalb meines Himmelbettes und als ich durch die roten Vorhänge spähte, wurde mir klar, woher zumindest ein Teil meines Traums gekommen war, denn Katie saß im Schneidersitz auf dem Boden in der Mitte des Zimmers und drehte an ihrem kleinen magischen Radio herum, das dem Aussehen nach ein Relikt aus den 60ern ist. Und eben dieses Radio gab gerade, wenn auch in leiser Lautstärke, deutlich vernehmbar „Bye Bye Baby“ von sich. „Morgen!“, sagte Katie fröhlich, als sie mich bemerkte, „hab ich dich geweckt?“
Ich schüttelte den Kopf. „Was hörst du da?“, fragte ich und unterdrückte ein Gähnen.
„Die ultimativen Muggel-Charts“, strahlte sie. „Sirius hat mir den Tipp gegeben. Bist du schon länger wach?“
„Ich schon“, kam eine Art Krächzen aus Lilys Bett und eine Sekunde später schob sich ein leicht verschwollenes Gesicht zwischen ihren Vorhängen hervor. „Mach die Musik mal lauter, ich will das auch hören.“
„Geht nicht, Lindsay schläft noch“, gähnte ich erneut.
„Nicht bei dem Lärm, den ihr veranstaltet!“, knurrte es augenblicklich hinter Lindsays Vorhängen hervor. Katie kicherte und drehte am Lautstärkeregler, und die Stimme von Les hallte für die nächsten paar Refrains durch unseren Schlafsaal. Ich ließ mich zurück in meine Kissen fallen und dachte weiter über meinen Traum nach.
Ja, ich weiß. Ich drücke mich mal wieder. Aber das solltest du wohl inzwischen gewöhnt sein, Tagebuch, genau wie die Tatsache, dass ich mich gerne mal mit dir unterhalte, als würdest du wirklich in irgendeiner Form verarbeiten, was ich hier rein schmiere. Und irgendwie hängt es ja doch damit zusammen. Mein Traum, meine ich, mit dem Gespräch, das darauf gefolgt ist, und gestern. Bis jetzt ist ja alles noch okay, ich meine, wir haben das Frühstück verquatscht und im Moment sieht es auch nicht so aus, als würde eine von uns tatsächlich von ihrem Bett aufstehen und sich für das Mittagessen zurechtmachen. (Im Sinne von Haare kämmen, Hände waschen, Umhang anziehen und den Schlafsaal verlassen.) Ich glaube, wir haben alle vier ein Problem mit dem letzten Punkt. Katie will aus verständlichen Gründen weder Regulus noch Madeleine sehen, und sie hat wohl auch Angst, wer die Szene zwischen ihnen noch gesehen, beziehungsweise, was Madeleine rumerzählt hat. Lily…kämpft mit ihrem Stolz, wenn ich das richtig sehe. Sie meinte, sie hätte Angst vor James’ triumphierendem Gesichtsausdruck. Dabei hat es doch wirklich gut geklappt mit ihm, aber vielleicht ist genau das das Problem. Lindsay ist wieder abweisend, und ich habe das Gefühl, dass sie gestern Abend komplett abgehakt hat. Und ich bin einfach total überfordert mit der ganzen Situation, was wiederum der Grund dafür ist, dass ich jetzt nicht näher darauf eingehen kann.
Und der Traum…naja, ich glaube, ich habe hier insgesamt vielleicht drei Sätze über die Zeit vor dem ersten September rein geschrieben, oder? Ich könnte nachzählen. Aber vermutlich ist es sinnvoller, wenn ich einfach weitererzähle. Der Punkt ist, dass das nicht daran liegt, dass ich alles vergessen habe oder so. Ich wollte nur einfach komplett neu anfangen und das Tagebuch nicht mit seitenlangen rants … seitenlangem Gerede über die letzten Jahre voll schreiben. Ich meine, jetzt ist es sowieso rum, also wieso sich noch den Kopf darüber zerbrechen? Lily, Lindsay und Katie haben das anscheinend ähnlich gesehen, denn wir haben uns kaum mal über die Vergangenheit unterhalten, so geschwollen, wie das auch klingen mag. Ich meine, ich kenne sie ja auch noch nicht so lange, aber…
Merlins Wasweißich, ich bin wirklich die Meisterin des Um-den-heißen-Brei-herumredens. Zum Glück liest das hier niemand außer mir. Denn eigentlich wollte ich ja von unserem Gespräch vorhin erzählen.
Also.
Ich lag also in meinem Bett, wie auf den letzten (gefühlten) 500 Seiten auch, und ließ den Traum noch mal vor meinem inneren Auge vorbeiziehen, während Les sang: „I could love you but why begin it, cause there ain't any future in it…“
Und das weiß ich noch genau, weil Katie in genau diesem Moment in Tränen ausbrach. Ich erkannte das Geräusch zuerst überhaupt nicht und dachte, dass sie vielleicht lachte, aber bevor ich mich überhaupt wieder aufgesetzt hatte, war Lily schon neben ihr und nahm sie in den Arm. Lindsay und ich brauchten einen Moment länger, bevor wir uns zu den beiden auf den Boden gesetzt hatten. „Tut mir leid“, schniefte Katie und zwang sich zu einem Lächeln, „ich weiß auch nicht, warum…“
Lindsay zog wortlos das Radio zu sich heran und drückte einen Knopf. Es rauschte kurz, dann war ein anderer Sender eingestellt, der gerade ein Lied von The Wicked And Twitchy, Katies Lieblingsband spielte. „Das ist BCR. Dafür musst du dich nicht entschuldigen“, sagte sie trocken, aber dann überraschte sie mich, indem sie Katie kurz über den Kopf strich. „Besser?“
Katie nickte und schluchzte gleichzeitig. „Ich würde auch wirklich gerne aufhören zu weinen“, brachte sie hervor, während ihr die Tränen weiterhin über die Wangen rannen.
„Lass es einfach raus“, sagte Lily und zog ein Taschentuch hervor (Lily ist wohl einer dieser Menschen, die immer im richtigen Moment ein Taschentuch dabei haben) und Katie griff dankbar danach. Inzwischen wissen wir alle von ihr und Regulus; Sirius hat es Lindsay erzählt und als wir gestern Nacht zurück hierher gekommen sind, haben wir uns in Kurzform über die Ereignisse informiert. Anscheinend haben sowohl Lily als auch Lindsay schon etwas geahnt, und ich war vermutlich mal wieder die Langsamste.
Katie schnäuzte sich. „Tut mir leid“, sagte sie mit belegter Stimme, „es ist einfach schwer, sich einzugestehen, dass das alles keinen Sinn mehr hat.“
„Aber das ist nicht deine Schuld!“, sagte Lily. Katie zuckte mit den Schultern und drehte gedankenverloren am Lautstärkeregler des Radios, so dass das Lied, das gerade lief (ich glaube, es war „Stupified“) mal halblaut, mal leise zu hören war. „Das geht alles schon so lange so“, sagte sie schließlich. „Ich dachte, ihr würdet mir sagen, dass es nicht gut ist…ihr hättet auf jeden Fall recht gehabt…aber ich hab mir einfach eingeredet, dass es da so was wie eine…Zukunft gibt…“
„Aber du – und er – und Madeleine?“, platzte ich heraus.
„Das ist nichts.“ Katie rieb sich fieberhaft die Augen. „Seth Mulciber hat uns gesehen und deshalb hat Regulus sich nicht getraut, sie abzuweisen.“
Ich sah, dass Lindsay sehr zweifelnd dreinblickte, aber sie sagte nichts.
„Aber, vielleicht wenn ihr mit der Schule fertig seid?“, sagte ich zögernd, aber Katie schüttelte den Kopf. „Reg hat einen Platz in seiner Familie. Das ist zu wichtig für ihn und ich verstehe das.“
„Aber du hast auch einen Platz in dieser Familie!“
„Hattest“, sagte Katie. „Das ist schwierig zu verstehen, wenn man nicht damit groß geworden ist…“
Lily runzelte ärgerlich die Stirn. „Das ist nicht fair!“, sagte sie. „Du kannst doch nicht einfach sagen, dass du es verstehst, wenn er diese Sachen über dich stellt, das hat dich jahrelang kaputtgemacht und jetzt sagst du einfach, dass du es verstehst?“
„Aus seiner Sicht, ja“, antwortete Katie nach einer kurzen Pause. „Aus meiner Sicht vielleicht nicht, aber ich habe mich daran gewöhnt.“
„Dann hätte er die Sache beenden müssen!“, rief Lily. „Wenn er sowieso nie vorhatte, zu dir zu stehen! – Tut mir leid“, fügte sie dann leiser hinzu, als ihr bewusst wurde, wie laut sie gesprochen hatte.
„Das hätte ich aber nicht gewollt“, murmelte Katie. Sie spielte immer noch am Radio herum und schaltete wieder auf den Sender mit der Muggelmusik um, wo jetzt „I love to love, but my baby loves to dance“ lief, was anscheinend in den Charts gerade auf Platz eins ist.
Sie seufzte, dann zwang sie sich ein Lächeln aufs Gesicht. „Man sollte besser die Finger von den Blacks lassen, oder, Lindsay?“
Diese starrte düster vor sich hin. „Ich halte diese Konstellation für absurd“, murmelte sie. Katie legte ihr den Arm um die Schultern. „Wahrscheinlich spannen wir uns später gegenseitig unsere Ehemänner aus“, lächelte sie, und jetzt wirkte es fast echt. „Jetzt bist du dran mit erzählen.“
„Oh well, things have become seriously black“, sagte Lindsay ohne aufzusehen. (Das kann man nicht übersetzen, oder?) „Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass seine Stimmungsschwankungen bis heute Morgen anhalten.“
„Aber Emma hat doch gesagt…“, begann Katie und traf damit einen wunden Punkt, nämlich den, dass mir in meiner nächtlichen Verwirrung offenbar rausgerutscht ist, dass ich einen Teil ihres Gespräches mit Sirius, äh, mitbekommen habe.
Lindsay verdrehte die Augen. „Ja, er vermisst es, mit mir zu streiten, aber er weiß nicht, warum. Weshalb in Merlins Namen sollte er dann heute Morgen wissen, warum er mich gestern…in den Arm genommen hat?“
„Moment!“, sagte Lily und ihre Augen blitzten. „Lindsay Cohen, ich habe ganz deutlich eine Pause vernommen!“
Eine kurze Stille brach ein, oder eher Pause, denn „I love to love“ schallte immer noch durch den Raum. Lindsay starrte das Radio an. „Das ist doch alles Mist“, murmelte sie und wie auf ihr Stichwort ertönte der Jingle und das nächste Lied wurde eingespielt.
The Rolling Stones.
Paint It Black.
Wir starrten das Radio alle für ein paar Sekunden lang an, dann kicherte Katie und einen Moment später waren wir alle in lautes Lachen ausgebrochen. Eigentlich war es gar nicht so lustig, aber irgendwie konnten wir gar nicht mehr aufhören. Selbst Lindsay musste lachen, als Katie anfing, statt „I want to paint it black“ „I share a kiss with Black“ zu singen. Es war, als würden wir unsere ganze Anspannung und Verwirrung rauslachen.
Irgendwann, als sich das nächste Lied dem Ende zuneigte, ebbte unser Lachen zu einem leisen Glucksen ab, und Lindsay sagte: „Jedenfalls wäre es ergiebiger, Emma auszuquetschen, denn ich habe das Gefühl, dass sie uns noch nicht alles gesagt hat.“
„A-ha!“ Katie piekste mir in den Bauch. „Ich wusste doch, dass es da noch was gibt!“
Ich warf Lindsay einen Wie-kannst-du-mir-so-in-den-Rücken-fallen-Blick zu.
„Emma will nicht darüber reden, oder?“, sagte Lily hilfsbereit, nur um dann breit grinsend fortzufahren: „Aber das macht nichts, denn wir können uns sowieso alles denken. Sie und Remus draußen auf der Treppe…“
„…Seite an Seite…“
„…Dummkopf neben Dummkopf…“
„Lindsay!“
„Ist doch so. Hat er dich geküsst?“, wandte sie sich jetzt direkt an mich. Ich schüttelte zögernd den Kopf.
„Nein?“, fragte Katie enttäuscht.
„Ähm, naja“, sagte ich und spürte, wie mein Gesicht heiß wurde. „Ich hab ihn geküsst.“

Und damit, Ladys und Gentlemen, wären wir wieder beim Thema...

Ich glaube, das Problem – also weshalb ich gerade nicht darüber reden kann – ist, dass mir das einfach nicht echt vorkommt. Wie eine andere Emma in einer Geschichte, die sich irgendjemand ausdenkt. Aber weil ich in diesem Moment einfach überhaupt nichts gedacht habe, ich also demnach nicht wirklich erklären kann, warum ich das gemacht habe, denke ich die ganze Zeit, dass es vielleicht gar nicht passiert ist. Nicht echt, nicht in der Realität. Und dass diese winzige Seifenblase, die noch vorhanden ist, vielleicht platzt, wenn ich zu genau darüber nachdenke. Außerdem, wenn ich akzeptiere, dass ich das gestern Nacht tatsächlich gemacht habe – also Remus zu küssen, um es endlich noch mal auf den Punkt zu bringen – dann muss ich automatisch daran denken, was das jetzt für Konsequenzen haben wird.
Und das will ich nicht.
Naja, vorhin ließ sich das noch ganz gut ausblenden, Katie war ziemlich aufgedreht angesichts dieser Tatsache, hat mich umarmt und mir gesagt, wie sehr sie sich für mich freut. Dabei schaute sie mich allerdings für einen Moment ziemlich ernst an... um dann zu kichern und festzustellen, dass das so süß sei, der erste Kuss für uns beide. Lindsay klopfte mir auf die Schulter und sagte sehr trocken: „Herzlichen Glückwunsch. Wie war es?“
„Ähm...“ Ich blickte zu Lily, die bisher geschwiegen hatte und aus irgendeinem Grund sehr rot angelaufen war. Sie fing meinen Blick auf und grinste. „Nass, nehme ich an.“
Katie fing wieder an zu lachen. „Naja, wahrscheinlich...ein bisschen“, murmelte ich. „Ähm, ich halte einfach die Klappe, okay?“
Lily brachte die Sache auf den Punkt: „Und wie geht es jetzt weiter?“
„Das, Milady“, sagte Lindsay, „ist die Frage, die die großen Geister des ausklingenden 20. Jahrhunderts beschäftigt. Im Moment scheint es allerdings so, als gäbe es keine zufrieden stellende Antwort.“

Inzwischen war es zu spät, um noch zum Mittagessen zu gehen.

23.3.1977, etwa drei Uhr nachmittags, Schlafsaal

Lily meinte eben, dass wir irgendetwas tun müssen, deshalb haben wir uns noch mal der sogenannten Rumtreiber-Karte gewidmet. Allerdings war die ganze Sache ziemlich erfolglos. Katie war dafür, sie noch mal direkt anzusprechen, so wie das letzte Mal, aber Lily vertrat die Ansicht, dass das im besten Fall nur ein billiger Beleidigungszauber war und im schlimmsten irgendeine Form der Nachrichtenübermittlung, die den Jungs vertrauliche Informationen über uns verraten könnte. Daraufhin äußerte sich Lindsay in einer Art und Weise, die die Wörter „paranoid“ und „besessen“ enthielt, bis ich sie darauf aufmerksam machte, dass aus Lilys feuerrot angelaufenem Kopf bereits Rauchwolken aufstiegen, was Lily wenigstens zu einem Lächeln brachte.
„Was ich damit sagen will“, fuhr sie dann mit ihrem Vortrag fort, während sie im Zimmer auf und ab tigerte und, wohl um sich abzuregen, ab und zu gegen den Papierkorb trat, „wir dürfen nicht einfach planlos ausprobieren. Wir müssen den Feind durchschauen, bevor wir zuschlagen.“ (Habe ich schon mal erwähnt, dass Lily immer etwas gruselig wird, wenn es um diese Rumtreiber-Geschichten geht?) „Diese Karte ist anscheinend nicht einfach eine Karte, sondern in irgendeiner Form intelligent. Und es muss einen Schlüssel geben, der sie uns zugänglich macht und die völlig übertriebenen Schutzzauber, mit denen sie sicher belegt ist, umgeht. Die Frage ist, was passt zu unseren Kontrahenten? Welche Art von Denken liegt dem zugrunde? Das ist der Ansatz, den wir brauchen. Denkt darüber nach.“
Dann blieb sie ganz plötzlich stehen und schwieg, als ob ihr die Luft ausgegangen wäre.

So gerne ich auch wissen möchte, wie die Karte funktioniert, ich bin im Moment leider etwas abgelenkt, wenn ich versuche, über Denkmuster und Motive von sogenannten Rumtreibern nachzudenken.

Und ich glaube nicht, dass es jemandem in diesem Raum anders geht.

23.3.1977, abends. Nach dem Abendessen. Wieder im Schlafsaal.

Okay.
Wir waren draußen.
Wir hatten beschlossen, dass wir zum Abendessen gehen müssen, um unsere Ehre zu wahren, oder so. Ich kann jetzt nicht unbedingt behaupten, dass mir meine Ehre vorhin sehr wichtig gewesen wäre, aber selbst ich habe eingesehen, dass es nicht besser wird, wenn man sich einen ganzen Tag im Schlafsaal verkriecht (was wir ja im Prinzip sowieso schon gemacht haben), weil dann am nächsten Tag der ganze Mist wieder von vorne anfängt. Allerdings waren wir spät dran, was wohl halb Absicht und halb Trödelei war. Deshalb war es auch nicht allzu verwunderlich, dass im Gemeinschaftsraum noch ungefähr fünf Leute waren, als wir uns endlich zum Abendessen aufmachten, darunter Lena und Leanne die Unzertrennlichen (die aus irgendeinem Grund immer noch ihre Hochsteckfrisuren von gestern Abend trugen). Als wir uns aber gerade eine nach der anderen durch das Portraitloch wurschtelten, rief plötzlich jemand ein wenig atemlos nach uns: „Hey! Wartet!“
„Was hast du denn angestellt?“ Lindsay stellte die Frage mit einer akkurat hochgezogenen Augenbraue, ohne sich die Mühe einer Begrüßung zu sparen. Selbst mir fiel auf, dass etwas Ungewöhnliches mit ihm vorgegangen sein musste, denn er trug (wie man wegen der leicht zu kurzen Hose deutlich sehen konnte) nicht nur zwei verschiedene Socken, sondern auch sein Hemd gleich auf zweifache Weise verkehrt rum (die Knöpfe hinten und das Schildchen, wie auch immer man es nennt außen). Von Lindsay Frage und möglicherweise auch von meinem unverschämten Anstarren verunsichert, blickte er an sich herunter und lief rot an. „Ähm“, er grinste verlegen, „ich bin eigentlich gerade hoch, um es richtig rum anzuziehen.“
„Ist jetzt egal“; Katie hakte sich bei ihm unter, „ich sterbe vor Hunger, niemand wird dein Hemd bemerken.“
Niemand zweifelte diese Aussage an und wir lagen allesamt falsch. Es tut mir irgendwie leid, das sagen zu müssen, aber ich hätte keinen Pfennig, Knut oder sonst was darauf verwettet, dass ich mal in die Große Halle kommen und Leute sich umdrehen, um zu sehen, wer das Tuscheln auslöst. Okay, klar, es war jetzt nicht so, als ob die ganze Halle in Ehrfurcht erstarrt wäre, aber ich habe ganz deutlich gesehen, wie jemand aufgeregt mit dem Finger auf ihn zeigte. Das Rätsel um die Ursache klärte sich ganz schnell, als wir in die Region des Gryffindortisches kamen, in der sich die Sechst- und Siebtklässler meistens niederlassen, und zwar auf die diskrete James-Potter-Art.
„PETER PETTIGREW!“, brüllte er, als wir noch ungefähr drei Meter entfernt waren, „UNSERE NEUE BERÜHMTHEIT!“
Er sprang auf, legte Peter einen Arm um die Schulter und geleitete ihn fürsorglich zu dem freien Platz neben ihm. „Und zwanzig Minuten zu spät, wie die Stars“, fügte er lachend hinzu, „hast du irgendwelche bestimmten Wünsche fürs Abendessen, Pete?“
Peter wusste offensichtlich nicht, wie er mit der zusätzlichen Aufmerksamkeit umgehen sollte, die James noch auf ihn gelenkt hatte, was im Gegensatz zu diesem Remus bemerkte, der ihm gegenüber saß: „Lass ihn sich doch erst mal setzen.“
Ich wurde nicht rot, als ich ihn sah, aber instantly in dem Moment, als ich „Remus“ dachte. Also schaute ich auf Peter. Ich wollte gar nicht wissen, ob Remus müde oder traurig aussehen würde.
Während sich die Siebtklässler wieder gelangweilt ihren Tellern zuwandten (dieser blonde Typ von gestern saß neben Alice und schmierte ihr ein Brot) und sich die Situation generell wieder etwas normalisierte, wenn man heute von „normal“ reden kann, fragte Lindsay auf ihre unnachahmliche Art: „Hat man euch was ins Getränk gemischt oder was genau denkt ihr, was ihr tut?“
Erst als es Sirius war, der antwortete, fiel mir auf, dass er bis dahin ungewöhnlich still in seinem Kaffee gerührt hatte. „Es geht nicht darum, was wir denken, was wir tun, sondern darum, was wir wissen, was Peter getan hat.“
Katie kicherte. „Mit Hayley Stewart tanzen?“
James fiel seine Gabel aus der Hand. (Wenn die anderen schon seit 20 Minuten hier unten waren, warum bei Merlins Barttrimmer aßen sie dann immer noch?) „Wormy, warum erzählst du so was nicht?“ Peter lief nun endgültig knallrot an und stotterte irgendetwas, bis James fortfuhr: „Eine Ravenclaw-Spielerin! Du verbündest dich mit dem Feind!“
„Lass ihn, Prongs“, sagte Remus erneut.
„Peter hat Songs für die Hobgoblins geschrieben“, erklärte Sirius in sehr vernünftigem Tonfall und offensichtlich an Lindsay gerichtet, also genau an die Person, die an diesem Tisch wohl am meisten darüber wusste. Für Lindsays Pokerface war das natürlich kein Problem. „Aha.“
„Sie haben sich am Ende öffentlich bei ihm bedankt, und da sie anscheinend ziemlich gut ankommen, ist Peter jetzt von, äh, öffentlichem Interesse“, fuhr Sirius fort. (Ja, da war tatsächlich ein „äh“ drin.) „Möchtest du was trinken?“
„Äh. Ja, gerne.“ Lindsay setzte sich neben James. (Ja, da war tatsächlich ein „äh“ drin.)
Alle, die diese Konversation mitverfolgt hatten, wurden kurzzeitig aus ihrem beschaulichen Weltbild gerissen, aber James ließ sich davon nicht besonders aus der Bahn bringen; er wirkte ziemlich aufgedreht. „Ziemlich gut ankommen? Ich kann gar nicht sagen, mit welchem Faktor sie gestern Abend ihre Fanbasis explodieren haben lassen, weil sie vorher niemand mochte.“ Er lachte. „Am Ende brechen sie doch noch die Schule ab und werden berühmt.“
Als niemand etwas erwiderte, sank er ein bisschen in sich zusammen und widmete sich mit gesteigerter Intensität seinem Teller. Katie kroch unter dem Tisch durch, um sich neben Remus zu setzen und Lily und ich setzten uns neben Peter. Mit Lily neben sich schien James um ein weiteres zu schrumpfen und er zuckte zusammen, als sie ihn kurz darauf ansprach: „Kannst du mir bitte die Kartoffeln reichen?“
„Ja, natürlich. Hier. Bitteschön. Auch von der Soße?“
„Gerne. Danke. Stellst du sie wieder zurück?“
„Klar.“
Für alle, die die Verunsicherung in Lindsays und Sirius’ Stimmen noch überlebt hatten, kam hiermit also der Todesstoß in Form von übermäßig höflichen, friedlich nebeneinander sitzenden Lily und James. Mich persönlich wunderte es kein bisschen, dass diese nette Abendgesellschaft nicht länger als fünf Minuten währte. Katie schlich sich als erste unter irgendeinem Vorwand aus der Großen Halle, aber es war klar, dass sie einfach Regulus nicht begegnen wollte. James und Sirius verabschiedeten sich kurz danach und Peter beeilte sich, noch halb kauend, ihnen hinterherzukommen.
So it finally came down to Lily, Lindsay, Remus and me, und ich hatte den nicht allzu trügerischen Eindruck, dass die beiden zuerst Genannten sich nicht sicher waren, ob sie uns alleine lassen sollten oder nicht. Ich war mir auch nicht sicher. Einerseits wollte ich es unbedingt, oder besser gesagt, ich wollte, dass auch sämtliche anderen in der Halle befindlichen Schüler diese auf der Stelle verlassen würden, damit wir zu zweit reden könnten. Und andererseits hatte ich so viel Angst davor, dass ich nicht glaubte, auch nur ein Wort rausbringen zu können. Aber ich traute mich endlich, ihn anzuschauen, und er hob im gleichen Moment den Blick, und es war einfach nur... naja... alles, was ich gerade überlegt habe zu schreiben, klingt, als hätte ich es aus einem dieser Groschenromane geklaut, die bei meiner Oma auf dem Klo rumliegen. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich das wahrscheinlich auch, denn wenn etwas in meinem Wortschatz fehlt, dann sind es neben gepflegter Ausdrucksweise definitiv die Worte, um dieses Gefühl zu beschreiben. Sie reichen einfach nicht aus. Ich versuche, es irgendwie zu greifen und einzuengen und zu definieren, aber alles klingt viel zu platt und dämlich und passt nicht richtig. Dieses flatterige, aber gleichzeitig so tief sitzende Ding, was schon die ganze Zeit da war und gestern Abend endgültig aufgeweckt wurde, sitzt an irgendeiner Stelle in meiner Brust, die ich vorher gar nicht wahrgenommen habe. Aber es ist irgendwie auch im Bauch und im Kopf und im ganzen Körper und wenn ich mich darauf einlasse, kann ich es unmöglich ausblenden. Es ist, als würde sich jede einzelne Zelle an diesen Moment gestern Abend erinnern, an dieses Zittern in der Luft zwischen uns, meine zufallenden Augenlieder, unsere sich vermischende Atemluft, dieser Moment, in dem plötzlich alles andere egal war und so vollkommen klar und einfach war, was zu tun war und was passieren würde. So vorsichtig und weich. Mein ganzer Körper erinnert sich an diesen einen Kuss. Und ich denke schon den ganzen Tag darüber nach, aber ich habe keine Ahnung, wie lange wir danach noch auf der Treppe saßen. Schweigend. Aber nicht eins dieser unangenehmen ich-muss-was-sagen-Schweigen, sondern ein gutes, perfektes Schweigen. Dann irgendwann hat Remus sich verabschiedet und mir eine gute Nacht gewünscht. Das war alles. Und daran muss ich die ganze Zeit denken.
Ich weiß auch nicht, wie lange wir uns vorhin angesehen haben. Aber irgendwann sagte Lily, dass sie hochginge, und Lindsay stand mit ihr auf, und Remus sagte: „Kommst du auch, Emma?“
Und das war’s.

Auf der Treppe haben sich kurz unsere Hände gestreift.

24.3.1977, Große Halle, Mittagspause

Es ist nicht viel passiert, oder anders gesagt: ich will gerade nicht über bestimmte Dinge schreiben; deshalb hier nur eine kurze Bestandsaufnahme. Wir sitzen noch in der Großen Halle; Lily hat eine kleine Pergamentrolle von einem Erstklässler gebracht bekommen, die sie zu einer Art Club von Professor Slughorn einlädt, und regt sich gerade schrecklich darüber auf. Ich habe nicht so ganz verstanden, was das sein soll, und sie meinte nur, der „Slug-Club“ (nicht so nett von ihr, das so zu nennen, oder?) hätte sich zu Beginn des Schuljahres mal getroffen und sie hätte gehofft, das sei es gewesen. Keine Ahnung, aber ich warte lieber eine Viertelstunde ab, bevor ich nachfrage. Was ich allerdings weiß, ist, dass heute Abend wieder der Apparierkurs stattfindet und ich unglaublich... motiviert... bin. Ich wünschte, er würde ausfallen.
Vorhin habe ich mich gewundert, wo Sirius ist, aber Lindsay hat mich daran erinnert, dass heute diese Testamentsverlesung von seinem Onkel ist. Er ist anscheinend gleich nach dem Frühstück abgereist. Ebenfalls keine Ahnung, wie, vielleicht mit Flohpulver? Lindsay schien mir besorgt zu klingen, aber sie hat sofort das Thema gewechselt und hier am Tisch ist wohl auch nicht der richtige Ort dafür. Also ich gehe mal davon aus, dass Sirius das privat halten will.
Gerade eben wollte ich schreiben, dass James auch nicht hier ist, aber ich sehe eben, dass er durch die Große Halle direkt auf uns zumarschiert. Er hat irgendetwas in der Hand... die Zeitung? Einen Moment...

24.3.1977

Okay. Es war der Daily Prophet von heute. Und die Schlagzeile bezog sich auf diese Ankündigung. Ich hab sie doch am Samstag gelesen, das mit den Reformen und der Neugestaltung. Und praktisch sofort wieder vergessen. Aber jetzt steht drin:

KOBOLD- UND ZENTAURENBÜRO ZUSAMMENGELEGT – NEUE KOMMISSION UNTER MARCIA YAXLEY

Und darunter ist ein Bild von der Frau.


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Nachwort


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