von artis.magica
Dezembernacht
Seine Schritte waren sicher, er kannte den Weg genau und doch war ihm, als ginge er ihn zum allerersten Mal. Sein Atem ging schnell, seine Pulse flogen. Jeder Gedanke an sie flog mit ihm durch die klirrende Kälte, über den glitzernden Schnee. Seine Augen starrten weit aufgerissen in das Dunkel der Nacht, in das ihm der Mond mit sanftem Licht den Weg über die weiße Traumlandschaft wies. Feine Flocken tanzten in einem leisen Windhauch vom Himmel und die Welt schlief, tief verborgen unter ihrem kalten Kleid aus Schnee und Eis.
Was ihn trieb, immer schneller auszuschreiten, ja fast schon wegzulaufen, waren Angst und Zweifel. Und doch wollte er nicht darüber nachdenken, was sein würde, wenn er allein am verabredeten Platze stünde, wenn er vergebens gewartet hätte, das Herz voller Hoffnung...
Er blieb stehen und sah sich um. Sein heftiger Atem gefror in der eisigkalten Luft. Er lauschte in die Nacht hinein. Kein Laut, Ruhe, wohltuend und doch schreiend. So still und laut zugleich. Es tat weh. Er schloss die Augen. Er stand einfach nur da und wartete, auf sie, die nicht hier war...
Mit einem Mal hatte die Welt all ihren zauberhaften Glanz verloren. Da war nur noch die Dunkelheit mit ihren Schatten, die Trostlosigkeit, die sich jetzt übermächtig über ihn senkte.
Er wusste nicht mehr, wie lange er schon so stand. Die Kälte kroch an ihm hinauf. Seine Hände waren kalt. Er hatte sie zu Fäusten geballt, so sehr, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die Enttäuschung überrannte ihn.
Im ersten Moment wollte er umkehren, weglaufen, ganz schnell, nur fort von diesem Ort. Nie wieder glauben, nie wieder hoffen, für immer verloren in einer Welt, die nicht die seine war, die ihn nie verstanden hatte.
Doch der Zauber dieser einen Nacht hielt ihn gefangen. Er konnte sich nicht wehren, übermächtig zog sie ihn in ihren Bann. Nicht fähig, sich zu rühren, blieb er wie festgewachsen stehen.
Da fühlte er es, eine sanfte Berührung, eine warme Hand, die sachte über seine Wange strich. Er hob die Lider und sah sie vor sich, mit leuchtenden Augen.
Schweigend sahen sie sich an. Noch immer konnte er es nicht glauben... Ein Glücksgefühl durchströmte ihn, so sehr, dass er meinte, sein Herz müsse zerspringen.
Da hob er die Arme und riss sie an sich. Wie hatte er nur an ihr zweifeln können? Alle Ängste fielen von ihm ab und die Welt begann mit einem Mal zu strahlen. Helle Lichter tanzten um sie her, als sie sich eng umschlungen hielten, den Augenblick tief in sich aufsogen, so als wäre es der letzte ihres Lebens. Und in die wunderbare Stille hinein flüsterte sie ihm entgegen: „Frohe Weihnacht, Severus.“
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