von Marisol
A/N: Ihr Lieben, es tut mir wahnsinnig leid, dass ihr so lange warten musstet. Ich habe in den letzten Tagen einige Vorstellungsgespräche gehabt, auf die ich mich vorbereiten musste, und ich wollte euch nichts Halbherziges servieren, also habe ich lieber gewartet, bis ich genügend Zeit und Ruhe hatte, um etwas Vernünftiges zu tippseln.
Ich möchte zu diesem Teil anmerken, dass er ziemlich dramatisch zum Ende hin wird, und auch in den nächsten Teilen bleibt die Dramatik, doch ich möchte auch dazu sagen, dass es dafür zwischen Hermine und Snape allmählich zur Sache gehen wird und der nächste Teil sich ausschließlich um die beiden drehen wird… ebenso wie die folgenden.
Hoffe, ihr seid nicht böse… viel Spaß beim Lesen, eure Marisol
Kurz bevor Snape die Tür erreicht hatte, wurde sie schwungvoll geöffnet und Harry kam herein, dicht gefolgt von Ginny. Beide lächelten auf eine Weise, die einfach ansteckend wirkte, aber Snape schaute sie nur mit gerunzelter Stirn an.
„Oh, was machst du denn hier?“, fragte Harry überrascht.
Snape warf einen kurzen Blick zu Hermine, die sich langsam von der Couch erhob, und sagte schließlich: „Ich kam hierher aufgrund eines Missverständnisses. Ginevra“, er nickte Ginny kurz zu, „bat mich vor einigen Tagen um einen Gefallen, dem ich nachkommen wollte, doch es stellte ich heraus, dass meine Hilfe nicht mehr benötigt wurde. Wie auch immer… Wenn ihr mich entschuldigen würdet, Miss Granger kann euch die näheren Einzelheiten erzählen, ich verabschiede mich.“
Er schnitt eine Grimasse, die entfernt an ein Lächeln erinnerte, aber noch ehe er hinausgehen konnte, sagte Harry: „Nein, bleib doch noch!“
Snape wirkte, als würde er nach einem Weg suchen, um zu gehen, ohne dabei allzu unhöflich zu wirken, aber was auch immer er sich zurechtgelegt hatte, wurde im Keim erstickt, als Harry hinzufügte: „Ich werde wieder Vater! Ginny und ich bekommen eine Tochter!“ Er sagte es in einem Ton, als wären sie die ersten Menschen überhaupt, der je eine Tochter erwartet hatten, und für einen Moment sah es fast so aus, als würde er Snape auf die Schulter klopfen wollen, aber im nächsten Augenblick senkte er die Hand wieder und machte eine einladende Geste in Richtung Couch.
Ginny erröte unter dem Blick, den Snape ihr zuwarf, aber nichtsdestotrotz lächelte sie jenes Lächeln, das nur Menschen haben, die ein tiefes, inneres Glück verspüren.
„Nun, ich gratuliere“, sagte Snape tonlos.
Hermine beobachtete eine Weile lang, wie er offenbar nach Worten suchte, die ausdrücken sollten, dass er ihnen das Glück gönnte, und gleichzeitig dachte sie daran, dass er es wahrscheinlich nie gelernt hatte, jemanden aufrichtig zu beglückwünschen.
Der Gedanke ließ sie zusammenzucken, aber als Harry zu ihr sah, lächelte sie breit, ging auf ihn zu und umarmte ihn fest. „Ich freu mich so für euch“, flüsterte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ginny strahlte und sah von einem zum anderen, während sie für einen Moment die Hand auf ihren noch flachen Bauch legte.
„Kommt schon, lasst uns darauf anstoßen“, sagte Harry grinsend und wartete eine Antwort gar nicht erst ab, während er mit einem Schlenker seines Zauberstabs die Vitrinentür des Wohnzimmers sich öffnen und nacheinander Gläser auf den Tisch schweben ließ.
„Hermine, wie hat es mit den Jungs geklappt, war alles in Ordnung?“, fragte Ginny.
„Ja“, erwiderte Hermine nach einem kurzen Zögern. „Wir haben gespielt und sie waren auch rechtzeitig im Bett.“
Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete sie Snape, und fast erwartete sie, dass er seine Version ihres katastrophalen Babysittings zum Besten geben wĂĽrde, aber zu ihrer Ăśberraschung blieb er stumm.
„Ich seh´ mal eben nach ihnen.“ Ginny lächelte, als sie Hermine einen dankbaren Blick zuwarf und ging die Treppen hinauf, während Harry in die Küche verschwand, um Getränke zu holen.
„Haben Sie das gewusst?“, fragte Snape plötzlich und betrachtete Hermine prüfend.
„Was?“
„Dass die beiden ein Kind erwarten“, half er ihr ungeduldig auf die Sprünge.
„Oh, ich… ja. Ginny hat es mir gesagt, als sie mich bat, auf die Kinder aufzupassen“, sagte sie leise.
„Ich verstehe“, murmelte er und ließ sich, ohne sie weiter zu beachten, auf der Couch nieder.
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Harry füllte die Gläser nun schon zum zweiten Mal nach, wobei er seiner Frau nur Kürbissaft einschenkte, ehe er eine Hand über ihre Schulter legte und ihr einen sanften Kuss auf die Schläfe drückte.
Snape sah unbehaglich zur Seite; es war offensichtlich, dass ihm diese offene Zurschaustellung von Zärtlichkeiten peinlich war. Normalerweise gehörten Harry und Ginny auch nicht zu den Leuten, die vor anderen ständig Küsse und Berührungen austauschten, aber in dieser Situation war es ihnen scheinbar gleichgültig.
„Also…“, Hermine räusperte sich. „Ich freu mich, dass es ein Mädchen wird. Nach zwei Jungs wird es auch höchste Zeit.“ Sie lächelte ihren beiden Freunden zu, worauf Harry sein Glas hob und verkündete: „Wir freuen uns auch. Vor allem auch, da wir in diesem Fall keine Probleme damit haben werden, die Patin erst lange überreden zu müssen.“ Er grinste und zwinkerte Ginny zu, die auflachte, als sie Hermines verwirrtes Gesicht sah.
„Ach, tu nicht so, Hermine. Als ob es eine riesen Überraschung ist, dass wir dich gerne als Patin von Lily hätten…“
Hermine stammelte zusammenhanglos, während sie spürte, wie das Blut ihre Wangen rot verfärbte.
Snape schloss für einen kurzen, kaum wahrnehmbaren Moment seine Augen, und als er sie wieder öffnete, war sein Gesicht so ausdruckslos wie eh und je, aber Hermine bemerkte sehr wohl, dass seine linke Hand, die auf dem Tisch ruhte, sich verkrampfte, so dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Sie… ist doch noch gar nicht geboren“, murmelte sie beschämt und senkte den Blick, als würde sich in ihrem Glas etwas ungeheuer Spannendes abspielen.
„Natürlich“, stimmte Ginny ihr zu, „aber als ich es Harry vorhin erzählte und darauf wartete, dass er in der Lage war, etwas Vernünftiges zu sagen, hatte ich im Hinterkopf schon diese Vorstellung… du weißt schon. Du bist unsere beste Freundin, und wir können uns niemanden vorstellen, den wir lieber als Patin hätten.“
„Ich… danke.“ Es war alles, was sie herausbringen konnte, und sie war dankbar, dass sie die Tränen zurückhalten konnte.
Snape saß steif und stumm auf seinem Stuhl, und erst nachdem er sein Glas geleert hatte, sagte er zu Ginny gewandt: „Wenn du etwas brauchst an Präparaten und Tränken, lass es mich wissen. Ich glaube es ist besser, wenn ich jetzt gehe, es ist schon spät.“
Es klang kalt und teilnahmslos, aber die Art, wie er von Harry zu Ginny sah und schließlich kaum merklich die Schultern zuckte, zeigte Hermine, dass er vielleicht sogar versuchte, etwas Bedeutsameres als das zu sagen, nur wusste er nicht wie und was. In der Gegenwart von glücklichen Menschen, die sich über ein kommendes Ereignis freuten, wirkte er so fehl am Platz wie ein fälschlich eingefügtes Puzzlestück.
Und es brach Hermine das Herz dabei zuzusehen, wie er Harry und anschlieĂźend Ginny die Hand schĂĽttelte und aus der TĂĽr ging, so als wĂĽsste er genau, wie wenig seine Anwesenheit dazu beitrug, dass man seiner Freude freien Lauf lassen konnte.
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Der Frühling war sonst eine Jahreszeit, die Hermine aus vollem Herzen genoss, aber diesmal gönnte sie sich nicht wie üblich ausgedehnte Spaziergänge in der aufblühenden Natur, sondern vergrub sich in der Arbeit. Ihr Tagesablauf war geprägt von frühem Aufstehen und unermüdlicher Recherchearbeit, die sie in einem Pensum erledigte, das ihre Kollegen erblassen ließ. Üblicherweise verließ sie das Büro als Letzte und wenn sie abends ihr Appartement betrat, stellte sie sich unter die Dusche und kroch anschließend todmüde ins Bett, um in einen traumlosen Schlaf zu versinken. Diese Art des Lebenswandels ermöglichte es ihr, über nichts andere als die Arbeit nachzudenken, aber der Preis dafür war, dass sie immer reizbarer und unausgeglichener wurde. Wenn sie in den Spiegel schaute, sah ihr eine blasse, abgespannt wirkende Frau entgegen, die älter wirkte, als sie in Wirklichkeit war, aber das hielt sie nicht davon ab, etwas an ihrem System, wie sie es nannte, zu ändern.
Nichtsdestotrotz ertappte sie sich manchmal dabei, wie sie an Snape dachte, wodurch ihre dumme Schwärmerei nur Nahrung erhielt, was sie gleichermaßen ärgerte und frustrierte.
Im Mai jedoch wurde sie aus ihrem Rhythmus gerissen, als sie einen Brief von Professor McGonagall bekam, die ihr mitteilte, dass sie eine Überraschung für Hagrid plante, der in diesem Monat sein fünfundsiebzigjähriges Jubiläum als Wildhüter von Hogwarts hatte. Zu diesem Zweck hatte die Schulleiterin Einladungen an seine Freunde verschickt mit der Bitte, sich am übernächsten Wochenende in Hogwarts einzufinden, um den Halbriesen zu ehren.
Ohne lange zu überlegen schrieb Hermine, dass sie sehr gerne kommen würde, um an der Feier teilzunehmen, und direkt am nächsten Tag erfuhr sie von Harry, dass er und Ginny ebenfalls spontan zugesagt hatten.
Sie hatte nicht geglaubt, dass sie sich auf dieses Ereignis freuen würde, aber tatsächlich erwischte sie sich dabei, wie sie aufgeregt Pläne schmiedete, was sie Hagrid schenken würde.
Sie ahnte nicht, dass es einer der schrecklichsten Tage ihres Lebens werden wĂĽrde.
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„Die Jungs kommen mit?“, fragte Hermine überrascht, als sie bei den Potters eintraf, die bereits auf sie gewartet hatten.
„Ja, wir dachten uns, dass wir sie mal mitnehmen und ihnen zeigen, was sie später erwartet, wenn sie zur Schule gehen“, grinste Harry und zerstrubbelte James das Haar, der genau wie sein kleiner Bruder fein herausgeputzt war und sehr aufgeregt wirkte.
„Außerdem dachten wir uns, dass Hagrid sich freuen würde, sie mal wieder zu sehen“, fügte Ginny hinzu, ehe sie sich noch ein letztes Mal in der Wohnung umschaute.
„Also, bereit zum Apparieren?“
Harry wollte schon nicken, als ihm im letzten Moment noch etwas einfiel. „Halt, warte, ich hab unser Geschenk oben vergessen!“
Ginny rollte mit den Augen, lächelte aber, als sie ihm dabei zusah, wie er die Treppen hinaufhastete.
„Was hast du ihm gekauft, Hermine?“
Hermine klopfte auf die Tasche ihres Umhangs und sagte: „Ich habe ihm eine Eintrittskarte für den neuen Park in Glasgow gekauft, in dem es diese exotischen Tiere gibt. Und ihr?“
„Wir haben ihm einen Satz neuer, feuerfester Handschuhe aus feinstem Drachenleder besorgt“, meinte Ginny, und als Harry nur Augenblicke später wieder auftauchte, apparierten sie gemeinsam auf die Ländereien von Hogwarts.
James und Albus schauten mit offenen MĂĽndern zu dem Schloss empor, das sich imposant in den Nachmittagshimmel erstreckte.
„Da sind Mom und ich und Hermine zur Schule gegangen“, sagte Harry zu ihnen.
„Werden wir da auch hingehen?“, fragte James ehrfürchtig.
„Ja, natürlich werdet ihr das.“
„Wann?“
Ginny lachte. „Oh, das wird noch eine Weile dauern, James.“
„Aber wie lange?“, quengelte er.
Ginny bĂĽckte sich und hob ihn auf den Arm.
„Du musst noch ein bisschen Geduld haben, Schatz, okay?“
Er nickte widerwillig und strampelte mit den FĂĽĂźen, weil er heruntergelassen werden wollte.
Sie hatten mit McGonagall abgesprochen, dass sie Hagrid in seiner HĂĽtte besuchen und ihn dann schlieĂźlich um Punkt fĂĽnf Uhr in die GroĂźe Halle lotsen sollten, in der alles vorbereitet sein wĂĽrde, wenn er eintraf.
Sie mussten noch eine ganze Weile laufen, ehe sie seine Hütte erreicht hatten, und als Harry an die massive Tür klopfte, dröhnte es von drinnen: „Herein!“
Harry öffnete die Tür, und im nächsten Moment war ein halb erschrockenes, halb freudiges: „Bei Merlin!“ zu hören.
Hagrid wuchtete seinen Körper mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit aus dem Sessel und kam ihnen strahlend entgegen.
„Kommt rein, kommt rein… nich’ zu fassen, dass ihr endlich mal auf die Idee gekommen sein, mich zu besuchen! Und die Knirpse habt ihr auch mitgebracht, was für ´ne Überraschung!“
Albus versteckte sich ängstlich hinter den Beinen seines Vaters, aber James betrachtete den Halbriesen neugierig und wich auch nicht zurück, als dieser sich zu ihm herunterbeugte und ihn unter dem Kinn kitzelte.
„Du bist also James, ohoho, ich hab nich’ nur deinen Dad hier in der Schule Unsinn machen sehen, sondern auch deinen Opa! Kommst mir ganz nach ihm wie mir scheint!“
James kicherte und ließ sich von Hagrid hochheben. Er war kaum größer als sein Unterarm.
„Wie kommt’s dass ihr mich besuchen kommt? Nich’ dass ich mich beschweren will, im Gegenteil!“ Er lachte und zwinkerte ihnen fröhlich zu.
„Muss man denn immer einen Grund haben, um einen Freund zu besuchen?“, gab Ginny grinsend zurück und versuchte, ihn zu umarmen, aber ihre Arme schafften es nicht einmal ansatzweise, ihn zu umschließen.
Albus taute ein wenig auf und lugte vorsichtig hinter den Beinen von Harry hervor, und als er sah, dass der lustige, bärtige Mann keine Gefahr für ihn darstellte, tappste er mutig einige Schritte nach vorn.
Hagrid gluckste. „Schau mal, Albus Severus, magst’ dir mit deinem Bruder Kätzchen ansehen?“
Er deutete in eine Ecke, in der ein Korb lag, in dem vier winzige Fellknäuel umherwuselten.
„Oh Hagrid, die sind ja süß, wo hast du die denn her?“, fragte Hermine.
„Rosmerta hat sie mir gegeben. Ihre Katze hat Junge bekommen und is’ kurz darauf gestorben, un’ da sie keine Zeit hat, sie aufzupäppeln, hab ich sie eben genommen.“
Hagrid lachte, als die Kinder auf die Kätzchen zustürmten und sie mit ihren kleinen Händen streichelten.
„Kommt mal mit, ich will euch auch was zeigen“, sagte der Halbriese zu den Erwachsenen, und seine Augen hatten jenen verräterischen Glanz, bei dem Harry und Hermine sofort wussten, dass es besser war, auf der Hut zu sein.
Sie warfen sich besorgte Blicke zu, als sie ihm aus der TĂĽr in den Garten folgten- und erstarrten.
„Ha…Hagrid, was ist das?“ Ginnys Stimme überschlug sich vor Entsetzen, während sie die zwei Kreaturen anstarrte, die an einen Baum gebunden waren.
Sie sahen aus wie eine sehr viel kleinere Ausgabe von Drachen, nur dass sie behaart waren und statt lederartigen Flügeln schwarz gefiederte hatten. Sie waren hässlich wie die Nacht und sie schnaubten wütend, als sie die Besucher bemerkten.
„Das sind Gordon und Norma“, verkündete er stolz und schaute in die Runde, als würde er erwarten, dass seine Gäste sich vor Begeisterung auf die Schenkel klopften.
„Sind sie nicht putzig?“, gluckste er.
„Ähm…“, machte Ginny und wich unbewusst zurück.
„Keine Angst, Ginny, das sind Broflins. Sind verwandt mit Drachen, aber Pflanzenfresser, deswegen sin’ se auch nich’ verboten in England. Nützliche Viecher… Ihr Kot wird für viele Heiltränke und Salben benutzt, wusstet ihr das? Allerdings sollte man, egal was kommt, niemals auf die Idee kommen, ihre Flügel zu berühren. Da wer’n sie wild.“ Er lächelte, als würde es ihn geradezu in den Fingern jucken, genau das zu tun.
„Ich füttere sie mit diesen kleinen Früchten.“ Er deutete zu einer Ecke seines Beets auf ein paar kniehohe Sträucher, die rote, kirschähnliche Früchte trugen.
„Aber Hagrid…“, rief Hermine entsetzt aus. „Das sind doch Cullus-Früchte… die sind hochgiftig! Eine Frucht davon reicht für einen Menschen aus, um ihn innerhalb von einer halben Stunde zu töten. Hast du keine Angst, dass Schüler…“
Hagrid schüttelte den Kopf und strahlte. „Hab die ausdrückliche Erlaubnis von Minerva. Dieser Teil des Beets ist durch magische Banne geschützt, so dass keiner außer mir es betreten kann.“
Hermine verzog das Gesicht. „Trotzdem… das Cullus-Gift ist eines der stärksten der Welt. Selbst wenn ein Bezoar in den Mund geschoben wird, kann er die Vergiftung höchstens um ein paar Stunden hinauszögern, jedoch nicht heilen. Und ein Gegengift ist so kompliziert zu brauen, dass es nur wenige Tränkemeister auf der ganzen Welt beherrschen!“
„War klar, dass du alles herunterbeten kannst, Hermine“, grinste Hagrid. „Zehn Punkte für Gryffindor!“
„Wir sind schon seit Ewigkeiten keine Schüler mehr, Hagrid“, erinnerte ihn Harry, aber auch er lächelte.
„Ich weiß das, ihr wisst das… aber weiß es auch das Stundenglas?“ Er zwinkerte ihnen zu, und alle bis auf Hermine lachten.
„Hör mal, Hermine“, sagte der Wildhüter, plötzlich ernst geworden. „Ich weiß, dass du besorgt bist, aber das musst du nicht. Diese Banne sind so stark, dass selbst ein mächtiger Zauberer sie nich’ durchbrechen könnte, geschweige denn Schüler. Dafür hat McGonagall gesorgt. Sie war sogar dafür, dass ich die beiden hier halte, weil wir ihren Kot brauchen für die Herstellung von Salben un’ so’m Zeug. Du kannst vollkommen entspannt sein… ich hab’ inner Küche bereits einige getrocknete Früchte auf dem Schrank stehen, so mögen sie sie am liebsten. Was haltet ihr davon, wenn ich die Früchte hole und ihr euch inzwischen mit Gordon und Norma anfreundet?“
Sie hielten absolut gar nichts davon, aber natĂĽrlich sagten sie nichts, um die GefĂĽhle ihres Freundes nicht zu verletzen.
Ein ungutes GefĂĽhl nagte an Hermine, als Hagrid gefolgt von den beiden Kindern wieder ins Freie trat.
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Es war ihnen ziemlich leicht gefallen, Hagrid dazu zu bewegen, ihnen zum Schloss zu folgen, um, wie sie sagten, den Jungs alles sehenswerte zu zeigen, was Hogwarts zu bieten hatte, und als die Große Halle betraten, fürchtete Hermine schon, sie hätten den richtigen Zeitpunkt verpasst, da alles totenstill war, aber plötzlich durchbrach ohrenbetäubender Applaus die Stille.
Zunächst blieb Hagrid wie angewurzelt stehen und blinzelte in die Menge, ehe er sich unbehaglich nach dem Grund dieses Empfangs umsah, und er sollte nicht lange warten.
Professor McGonagall erhob sich von ihrem Platz in der Mitte des Lehrertischs, schlug mit der Gabel gegen ihr Glas und wartete, bis die Schüler und Gäste aufgehört hatten zu klatschen und sagte mit einem warmen Lächeln: „Fünfundsiebzig Jahre lang kann diese Schule nun den besten Wildhüter zu ihrem Personal zählen, und ich bin heute ganz besonders stolz, dass wir unseren hochgeschätzten Kollegen und Freund zu seinem Jubiläum gratulieren dürfen. Hebt mit mir zusammen das Glas auf unseren Hagrid, ohne den Hogwarts nicht das wäre, was es ist!“
Ringsum hoben Schüler und Gäste ihre Gläser, und alle riefen einstimmig: „Auf Hagrid!“
Es dauerte mehrere Minuten, bis Hagrid realisierte, was um ihn herum passierte, und dann brach er in ein markerschĂĽtterndes Schluchzen aus.
„Ihr… ihr…“, schniefte er und deutete mit seinem gewaltigen Finger auf Hermine, Harry und Ginny. „Von wegen, ‚müssen keinen Grund haben, um einen alten Freund zu besuchen’. Na wartet…“
Harry lachte und schlang die Arme um den Bauch des Halbriesen, der Harry schlieĂźlich drĂĽckte, bis er ein ersticktes Quietschen von sich gab.
Die Gratulanten drängten sich um sie, allen voran McGonagall, gefolgt von den anderen Lehrern und Hagrids Freunden, die alle mit Päckchen wedelten.
Hermine bezweifelte, dass Hagrid durch den gewaltigen Tränenfluss überhaupt erkennen konnte, wessen Hand er gerade schüttete, aber es spielte auch irgendwie keine Rolle.
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Ron, der ebenfalls gekommen war, gesellte sich später zu ihnen und zusammen saßen sie noch eine ganze Weile in der Großen Halle, bis Ginny einen besorgen Blick auf die Uhr warf und verkündete: „Die Jungs müssen langsam ins Bett, Harry. Wollen wir dann mal los?“
„Klar, geht nur, jetzt wo’s lustig wird…“, warf Ron ein, fügte aber hinzu: „Aber du hast Recht. Schwangere brauchen schließlich doppelt so viel Schlaf!“
Er knuffte seine Schwester liebevoll in die Seite und sagte mit einem Blick auf James: „Hey, wo hast du denn die Kirschen her? Ich will auch welche!“
Er betrachtete die Platten, die auf dem Tisch aufgereiht waren, aber nirgends waren Kirschen zu entdecken.
Bei seinen Worten sah Hermine alarmiert auf und etwas Eiskaltes glitt durch ihren Magen, als die Erkenntnis ĂĽber sie hinwegrollte und sie dabei zusah, wie James Albus eine Frucht in den Mund schob und kurz darauf aus seiner Hosentasche eine weitere Frucht hervorzog, die er sich selbst in den Mund stecken wollte.
„Nein!“ Hermine sprang auf und schlug ihm die Frucht aus der Hand, die auf dem Boden landete und unter den Tisch rollte.
„Albus, spuck das sofort aus!“ Ihre Stimme überschlug sich zu einem schrillen Ton, und ungeachtet des Tisches, der sie vom Kind trennte, hechtete sie darüber und umfasste sein Kinn.
„Spuck das aus!“, schrie sie erneut, aber Albus hatte bereits zu Ende gekaut und weinte nun, als er geschüttelt wurde und ein Finger sich in seinen Mund schob.
Verzweifelt wehrte er sich gegen sie, aber sie riss seine Lippen auseinander und befĂĽhlte das Innere seines Mundes.
„Hast du es runtergeschluckt?“, rief sie und schüttelte ihn erneut.
„Hermine, was zum…?“
„Er hat eine Cullus-Fruch gegessen! Hilfe… Bitte…“ Tränen rannen über ihre Wangen und als sie aufsah, war Harrys totenbleiches Gesicht nur um Zentimeter von ihrem entfernt.
„Was sagst du da?“, brach es aus ihm hervor.
„Cullus-Frucht… Bezoar… Schnell!“, stammelte sie hilflos und sank neben das weinende Kind.
Ginny schubste sie so heftig zur Seite, dass sie zu Boden fiel, aber sie spĂĽrte den Schmerz ĂĽberhaupt nicht.
„Al!“, rief Ginny immer wieder und versuchte, ihren Sohn zum Erbrechen zu bringen.
Sie zitterte so stark, wie Hermine es noch nie zuvor bei einem Menschen erlebt hatte.
Die Anwesenden um sie herum hatten mitbekommen, dass etwas Schreckliches passiert sein musste, als Harry an ihnen vorbeistĂĽrmte und dabei StĂĽhle und Menschen, die ihm im Weg waren, zur Seite stieĂź.
Ein dumpfes Geraune hatte sich über die Große Halle gelegt, aber Hermine sah und hörte nichts. Ihre Eingeweide hatten sich zusammengekrampft und ihr war, als würde sie jeden Augenblick ohnmächtig werden.
Albus’ Haut hatte angefangen, sich bläulich zu verfärben, und es schienen Stunden zu vergehen, als Harry, gefolgt von McGonagall, wieder bei ihnen war und sich neben seinen Sohn kniete.
Sein Gesicht war tränennass und seine Brille hing schief von seiner Nase, als er den Bezoar zwischen die Lippen des Jungen presste.
„Hol Severus“, rief er Hermine zu, doch sie blieb wie erstarrt, wo sie war, unfähig, das Gesagte in ihrem Gehirn zu einer Information zu verarbeiten.
Harry lehnte sich zu ihr herĂĽber und verpasste ihr eine Ohrfeige, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
„Hermine, hör mir zu. Du musst jetzt zu Severus apparieren, hast du mich verstanden? Sofort!“
Ginny schluchzte, und Hermine war es, als wĂĽrden tausende von Menschen um sie herum auf sie einreden, aber alles was sie wahrnahm waren Harrys Worte.
Sie erhob sich und lief, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, aus der Großen Halle und ins Freie, und noch während sie rannte, hörte sie hinter sich ein Gebrüll wie von einem verletzen Tier.
Hagrid musste erkannt haben, dass James die tödlichen Früchte, die er in seiner Küche zum Trocknen gelagert hatte, entdeckt und in seine Tasche gesteckt hatte.
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Hermines Lungen brannten, als sie in Spinner’s End apparierte und auf Snapes Tür einhämmerte. „Machen Sie auf“, schrie sie, und als sich nichts regte, drückte sie einfach die Klinke herunter und lief ins Innere.
Falls er jetzt nicht zu Hause war, bedeutete das das Todesurteil fĂĽr Albus Severus.
Der Gedanke durchfuhr sie wie ein Blitz und ohne zu zögern lief sie durch das Haus und rief dabei immer wieder seinen Namen.
„Severus!“, brüllte sie, während sie die Treppe hinauflief, aber noch ehe sie das Ende erreicht hatte, kam er ihr entgegen.
Sie weinte vor Erleichterung, als sie ihn sah, und es war ihr auch völlig egal, dass sie auf ihn wirken musste, als hätte sie komplett den Verstand verloren.
„Was…?“
„Albus!“, keuchte sie und krallte sich in seine Schultern fest, die, wie sie jetzt erst feststellte, unbekleidet waren, ebenso wie sein ganzer Oberkörper.
„Albus… Cullus-Frucht!“, brach es aus ihr hervor. „Bitte…!“
Ihre Zunge schien nicht fähig zu sein, ganze, erklärende Sätze zu formulieren, und in ihrer wachsenden Panik fing sie an, ihn zu schütteln und dabei immer wieder „Cullus-Frucht…Albus!“ zu schreien, so als würde das alles erklären.
„Wo ist er?“, brüllte Snape sie an und fing nun seinerseits an, sie zu schütteln, was zur Folge hatte, dass ihr Kopf hin und her flog.
„In Hogwarts“, schaffte sie es zu sagen, und nur Sekunden später hatte er ihre Hand genommen und sie spürte, wie sie mit ihm zusammen in die drückende Enge gepresst wurde, die sie immer umgab, wenn sie apparierte.
TBC
A/N: Ich weiß nicht, ob das mit den 75 Jahren bei Hagrid hinhaut… wenn nicht, seht es mir nach!
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