von Marisol
A/N:
Ich wünsche allen Lesern und Kommentarschreibern ein frohes Neues Jahr! Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich mit so aufbauenden Worten, sei es in Kommentaren oder Emails oder PNs unterstützen, das bedeutet mir sehr viel.
Leider werde ich mit diesem Teil einige enttäuschen müssen. Ich bin ein schlechter, schlechter Mensch… aber ich werde es wieder gutmachen, das versprech ich :D So, und jetzt kauf ich ein One-Way Ticket nach Montevideo und warte dort auf das Eintreffen der ersten Drohbriefe ;)
Hermine spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, als Snapes Finger ihre Hand umklammerten. Sie wollte protestieren, aber ein Blick in sein Gesicht genügte, um den Mund wieder zu schließen. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie die Köpfe der Umstehenden sich zu ihnen herumdrehten, aber Snape schien sich nicht daran zu stören. Wie selbstverständlich hielt er nach wie vor ihre Hand, während er zielstrebig auf die Tanzfläche zusteuerte, wobei sein harter Griff sich auch dann nicht lockerte, als er sich einen Weg durch die Tanzenden bahnte.
Sich innerlich auf das Bevorstehende wappnend, holte Hermine tief Luft, aber zu ihrer grenzenlosen Überraschung stellte sich Snape direkt hinter eines der tanzenden Paare und tippte dem jungen Mann auf die Schulter, den Hermine als Roger Davies erkannte. Dessen ärgerliche Miene machte einem verwirrten Ausdruck Platz, als er sah, wer der Störenfried war.
„Mr. Davies, ich bitte um Entschuldigung, ich habe ein Anliegen“, sagte Snape mit jenem falschen Lächeln, bei dem jeder augenblicklich erkennen konnte, dass es besser war, ihm zu gehorchen, ganz egal, um was für ein Anliegen es sich auch handeln mochte.
„Miss Granger hier“, er nickte in Hermines Richtung, „ äußerte den Wunsch, von einem kompetenten Partner geführt zu werden. Sie scheinen mir durchaus die Kriterien zu erfüllen, die ihr vorschwebten, wären Sie so gut, Ihre reizende Partnerin für einen Augenblick sich selbst zu überlassen und statt dessen mit Miss Granger zu tanzen?“ Die ‚reizende Partnerin’, die Snape weder vor noch nach seiner Ansprache beachtet hatte, schaute irritiert von einem zum anderen.
„Nun, ich…“, begann Roger unsicher.
Snape ließ Hermines Hand los und schob sie förmlich auf den jungen Mann zu.
„Ich danke Ihnen“, sagte Snape mit der Andeutung eines Kopfnickens, ehe er Hermine einen letzten spöttischen Blick zuwarf und sich schließlich zum Gehen abwandte.
„Hermine…bist du betrunken?“, fragte Roger schließlich.
„Nein, aber ich wünschte, ich wäre es“, murmelte sie beschämt. Roger war im selben Jahrgang wie sie gewesen, aber sie kannten sich im Grunde genommen überhaupt nicht. Außer ein paar belanglosen Sätzen, die sie damals zu Schulzeiten gewechselt hatten, hatten sie keinerlei Kontakt zueinander gehabt. Er entschuldigte sich bei seiner Partnerin, die beleidigt von der Tanzfläche marschierte, und fing schließlich an, mit Hermine zu tanzen.
„Was sollte das Ganze?“, fragte er.
Wenn ich das nur selbst wüsste, dachte sie errötend.
„Snape und ich hatten eine Art Streit, der dann in eine Art Wette ausartete“, erklärte sie schließlich, wohl wissend, dass sie damit im Grunde genommen überhaupt nichts erklärte.
„Und ich war eine Art Opfer?“, hakte er halb irritiert, halb belustigt nach.
Sie zuckte hilflos mit den Schultern und murmelte eine Entschuldigung. Ohne dass sie sich umdrehen musste, war ihr klar, dass Snape jeden ihrer jämmerlichen Tanzschritte beobachtete und wahrscheinlich sein übliches höhnisches Grinsen aufgesetzt hatte. Sie wusste, dass sie normalerweise keine so schlechte Tänzerin war. Zugegen, sie war weder besonders anmutig noch hatte sie ein ausgeprägtes Gespür für Rhythmus und Takt, aber sie bewegte sich gerne zu Musik, die sie mochte. Jetzt aber kam sie sich wie eine steifgliedrige Puppe vor, die alles andere als elegant über den Parkettboden stolperte.
„Tut mir leid, Roger“, sagte sie. Ihr Gesicht brannte vor Scham.
„Schon gut“, erwiderte er gutmütig. „Ich hoffe, dass du wenigstens die Wette gewinnst?“
„Ich fürchte, dass ich sie nicht nur verlieren werde, sondern noch obendrein den Titel des Trottels des Abends bekomme“, flüsterte sie.
„Quatsch“, ermutigte er sie. „Versuch einfach, dich zu entspannen.“
Hermine nickte und versuchte, sich zusammenzureißen.
Dieser elende Bastard, dachte sie.
Ihr hätte klar sein müssen, dass nur der Imperius Fluch ihn dazu bringen würde, in der Großen Halle von Hogwarts unter den Blicken zahlreicher ehemaliger Schüler und Kollegen zu tanzen, und sie ärgerte sich maßlos darüber, dass er es geschafft hatte, sie zum Narren zu machen.
Nach einer Ewigkeit, wie ihr schien, endete das Lied und sie bedankte sich bei Roger, der ihr verwirrt und auch ein wenig erleichtert hinterher sah, als sie die Tanzfläche verließ.
Um keinen Preis wollte sie Snape die Genugtuung verschaffen und sich seinem Spott aussetzen. Sie konnte sich gut vorstellen, dass er mit seinem Zauberstab ein T für „Troll“ in die Luft malen würde, um ihr zu demonstrieren, was er von ihrer Darbietung und ihrer spitzen Behauptung, sie wäre so gut wie der Partner, der sie führte, hielt, die sie dummerweise von sich gegeben hatte.
Ohne auch nur in die Nähe zu blicken, wo er saß, bewegte sie sich in die entgegengesetzte Richtung von ihm und steuerte einen Tisch an, an dem niemand saß.
„Was war DAS denn?“
Ginny war plötzlich neben ihr aufgetaucht und ließ sich neben Hermine auf den Stuhl fallen.
„Für einen Moment dachte ich tatsächlich, George hätte mir etwas in die Bowle gekippt und meine verwirrten Sinne würden mir weismachen wollen, dass Snape mit dir tanzen wollte.“
Hermine ballte unter dem Tisch ihre Hände zu Fäusten.
„Stell dir vor, das dachte ich auch!“
Sie erzählte Ginny, was passiert war und erntete einen Blick, aus dem Unglauben und kaum verhohlenes Amüsement sprach.
„Tut mir leid, Hermine, du weißt, dass ich nicht über dich lache“, kicherte sie, als Hermine geendet hatte, „aber das ist einfach so typisch für Snape!“
„Ja, ich find’s auch sehr witzig“, fauchte Hermine wütend. „Die meiste Zeit habe ich Mitleid mit ihm, wobei ich darüber ganz zu vergessen scheine, was für ein gemeiner, ekelhafter Mistkerl er ist!“
„Was ist denn für dich das schlimmere Übel, wenn du tatsächlich mit Snape hättest tanzen müssen oder dass er dich zu Roger geschubst hat?“
Hermine kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „Keine Ahnung… wahrscheinlich das erste“, gab sie dann zu.
„Dann sei doch froh, dass es nicht dazu gekommen ist“, schloss Ginny achselzuckend.
Hermine nickte, aber obwohl das, was Ginny gesagt hatte, logisch und absolut vernünftig klang, stellte sie fest, dass es irgendwie doch nicht so einfach war, wie es schien.
Sie sollte froh sein, dass sie nicht mit Snape getanzt hatte, und doch war sie es nicht.
Sie wechselte das Thema und wagte nach einigen Minuten einen Blick in die Richtung, in der sie Snape vermutete, aber sie konnte nirgends eine schwarz gekleidete Gestalt ausmachen.
Sich fest vornehmend, es ihm heimzuzahlen, vertiefte sie sich in ein Gespräch mit Ginny und Hannah Abbot, die später zu ihnen stieß, wobei sie ihren Blick immer wieder über die Anwesenden huschen ließ, aber Snape hatte das Fest offensichtlich verlassen.
oOoOoOo
Es war bereits weit nach Mitternacht, als Harry, der ein wenig angeschlagen wirkte, einen Arm um seine Frau legte und vorschlug, nach Hause zu apparieren.
Viele Gäste waren schon gegangen und auch Hermine sehnte sich allmählich nach ihrem Bett.
Es war lange her, seit sie das letzte Mal gefeiert und Alkohol getrunken hatte; ihr Körper machte offenbar nur bis zu einem gewissen Punkt mit.
Sie verabschiedeten sich voneinander und Hermine unterhielt sich der Höflichkeit halber noch eine Weile mit Professor Flitwick, der neben ihr gestanden hatte und erstaunlich fidel wirkte für die Uhrzeit. Nachdem es ihr gelungen war, sich von ihm loszueisen, schaute sie sich hoffnungsvoll nach McGonagall um, um ihr für die Einladung zu danken und sich zu verabschieden, aber sie konnte ihre ehemalige Lehrerin nirgends entdecken.
„Minerva? Ich glaube, sie ist schon hoch gegangen in ihre Räume“, vermutete Neville, dem aufgefallen war, dass sie jemanden suchte.
„Danke, Neville. Es war schön, dich wiederzusehen. Lass was von dir hören, wenn du in London bist, okay?“
„Klar, mach ich“, stimmte er lächelnd zu und errötete ein wenig, als sie ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange drückte.
Sie winkte Ron und Cecilia zu, die bei Seamus, Dean und Lee saßen und machte sich auf den Weg zum Büro der Schulleiterin, die ihr zu ihrer Überraschung auf halbem Weg entgegenkam.
„Oh, Professor“, rief Hermine überrascht aus, „ich war gerade auf dem Weg zu Ihrem Büro, um Auf Wiedersehen zu sagen.“
„Ich wollte auch längst in meinen Räumen sein, aber Severus ist noch nicht fertig“, sagte McGonagall mit einem Stirnrunzeln. Sie sah eindeutig müde aus.
„Wie bitte?“, fragte Hermine verwirrt.
„Severus bat mich, in mein Büro gehen zu können, um mit Albus ein paar Worte zu wechseln. Ich dachte, er würde nur einen Moment mit ihm sprechen wollen, aber scheinbar haben sie sich doch mehr zu erzählen, als ich dachte. Jedenfalls wandere ich schon seit seiner Weile hier umher und warte darauf, dass er freundlicherweise mein Büro räumt, damit ich zu Bett gehen kann.“
„Ach so, ich verstehe“, murmelte Hermine.
Deshalb also hatte sie Snape nirgends sehen können; er sprach mit Dumbledores Portrait.
„Jedenfalls wollte ich Ihnen für die tolle Idee zur Ehemaligenfeier danken und Ihnen eine gute Nacht wünschen. Wir alle haben uns sehr gefreut, wieder hier sein zu können.“
McGnoagall lächelte freundlich. „Ich habe mich auch gefreut, Sie alle wiederzusehen und mich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, was für beeindruckende Persönlichkeiten aus meinen alten Schülern geworden sind. Nicht, dass es mich in Ihrem Fall überrascht hat“, fügte sie hinzu, und Hermine errötete. Sie hatte immer Wert auf die gute Meinung ihrer Verwandlungs- Lehrerin gelegt, und sie erwiderte die spontane herzliche Umarmung der älteren Frau.
„Kommen Sie gut nach Hause, Hermine. Gute Nacht“, sagte sie zum Abschied und gerade, als sie sich umgedreht hatte, kam ihnen Snape entgegen.
„Minerva, es hat unvorhergesehen etwas länger gedauert, ich entschuldige mich“, sagte er höflich. Trotz seiner typischen gelassenen Haltung kam es Hermine aus irgendeinem Grund aufgewühlt vor, so als hätte ihn das Gespräch mit Dumbledore mitgenommen.
Warum hatte er wohl mit ihm sprechen wollen, schoss es Hermine durch den Kopf, aber sie wandte sich hastig ab und ging die Treppe hinunter.
Die Erinnerung daran, wie unangenehm er werden konnte, wenn er berechtigter- oder unberechtigterweise annahm, dass seine Gespräche belauscht wurden, war noch zu frisch in ihrem Bewusstsein, als dass sie es riskieren wollte, verdächtigt zu werden, und so hörte sie auch nicht, was Professor McGonagall ihm antwortete.
Sie hatte das Ende der Treppe erreicht, und obwohl sie nicht getrödelt hatte, hatte er sie eingeholt.
„Noch nicht zu Hause, Miss Granger?“, fragte er in einem für ihn gänzlich unbekannten Plauderton.
„Doch, ich bin in Wirklichkeit zu Hause“, erwiderte sie gehässig. „Und das, was Sie vor sich sehen, ist nur mein Astralkörper!“
„Aber, aber“, tadelte er amüsiert, „Sarkasmus steht Ihnen so gar nicht.“
„Stimmt, das ist Ihr Metier“, gab sie giftig zurück.
„Mir scheint, Sie sind ein bisschen verstimmt mir gegenüber“, bemerkte er, und sie hätte beinahe aufgelacht.
„Ich habe schon immer Ihre Beobachtungsgabe bewundert, Professor. Ich frage mich nur, warum…“ Sie hielt inne und biss sich auf die Zunge.
„Was haben Sie sich gefragt, Miss Granger?“, hakte er nach und studierte aufmerksam ihr Gesicht.
„Warum Sie so sind.“
„Wie bin ich denn?“
Sie atmete scharf ein und aus.
„So gleichgültig gegenüber allen, die versuchen, freundlich zu Ihnen zu sein und Sie in ein wie auch immer geartetes soziales Leben zu integrieren. Finden Sie alle Menschen einfach
nur unerträglich oder bereitet es Ihnen Vergnügen, andere vor den Kopf zu stoßen?“
„Nein, vielleicht finde ich nur Sie unerträglich“, entgegnete er samtig.
Das Blut wich aus ihrem Gesicht, während sie ihn anstarrte.
„Warum?“
Sie hatte um keinen Preis fragen wollen, aber das Wort hatte sich irgendwie selbständig gemacht, ohne dass sie es verhindern konnte.
Er kam plötzlich einen Schritt näher auf sie zu und instinktiv hob sie die Arme, wie um ihn abzuwehren, aber auf Brusthöhe umfing er ihre Handgelenke und hielt sie eisern in seinen bleichen Händen fest.
„Weil Sie einfach immer da sind, wo Sie nicht sein sollen.“
Sein warmer Atem streifte ihr Gesicht und sie erschauderte, unfähig, ihm irgendetwas zu entgegnen.
„Sie sind wie Parfum in der Luft, Hermine… Sie sind auch dann noch da, wenn Sie schon längst weg sind.“
Seine Worte ergaben keinen richtigen Sinn, aber auf einer geheimnisvollen Ebene ihres Bewusstseins formten sich plötzlich eine Reihe komplizierter Ideen und Gedanken.
Sie war seinem Gesicht so nah, dass sie die einzelnen kleinen Fältchen um seine schwarzen Augen erkennen konnte.
„Und das gefällt mir nicht“, schloss er zischend und ließ sie so plötzlich los, als hätte er sich verbrannt.
Zwei Erkenntnisse schlichen sich in ihren benebelten Verstand, als sie ihm hinterhersah, wie er mit wehenden Roben verschwand.
Das eine war, dass er sie das erste Mal, seit sie denken konnte, bei ihrem Vornamen genannt hatte.
Das andere war… nun, sie wollte gar nicht erst darüber nachdenken.
TBC
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