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Fanfiction

Being the godfather - Teil 6

von Marisol

Nur um ihre Hände zu beschäftigen, trank Hermine von ihrem Wein. Sie spürte, wie die Blicke der anderen auf ihr ruhten, und sie wollte etwas Geistreiches, Lustiges sagen, etwas, das von ihrem Zustand der Verwirrung ablenkte, aber sie wusste nicht wie und was.
„Will jemand noch Dessert?“, fragte Ginny heiter in die Runde, aber es war nur Harry, der ihr antwortete. „Für mich nichts mehr, sonst platze ich.“
„Natürlich“, sagte Snape unvermittelt, als hätte es gar keine Unterbrechung gegeben, „hoffe ich, dass Sie für Ihren Beruf zumindest die lästige Angewohnheit abgelegt haben, in dieser unlesbaren Miniaturschrift zu schreiben. Mich zumindest haben Ihre Aufsätze regelmäßig in den Wahnsinn getrieben.“
Hermine hätte beinahe aufgelacht. Er konnte es einfach nicht… er konnte keine Anerkennung aussprechen, ohne sie im nächsten Augenblick zu revidieren, und sei es nur, um ihr all ihre vermeintlichen oder tatsächlichen Fehler unter die Nase zu reiben.

„Das ist so typisch für Sie“, entfuhr es ihr. „Sie haben die bemerkenswerte Eigenschaft, ein Kompliment so klingen zu lassen, als wäre es gar keins und umgekehrt. Erinnern Sie sich, als Madam Hooch ihren frischgebackenen Ehemann Professor McGonagall vorgestellt hat, damals in meinem dritten Jahr, kurz vor den Weihnachtsferien? Sie standen dabei und ich hörte zufällig, was Sie sagten.“
„Ich erinnere mich“, sagte er gelassen. „Der Gute gehörte eher zu der Sorte, den man ungern vorzeigt.“
„Mag sein, dass er nicht wirklich attraktiv war“, entgegnete Hermine spitz, und dachte sich im Stillen: als ob du dir herausnehmen kannst, über die Attraktivität anderer zu spotten!
Laut fuhr sie fort: „Sie sagten zu Madam Hooch: ‚Nun, er passt zu Ihnen!’“

Snape verzog die Mundwinkel zu einem spöttischen Lächeln. „Ich hatte den Eindruck, als würde man von mir erwarten dass ich sage, was ich denke. Und das habe ich getan.“
„Tatsächlich? Und welchen Kommentar haben Sie ein Jahr später über das Baby der beiden gegeben? ‚Nun ja, man kann erkennen, was es sein soll?’“
Harry verschluckte sich an seinem Getränk, während Ginny, die gar nicht erst versuchte, das Grinsen zu unterdrücken, ihm aufmunternd auf den Rücken klopfte.
„Wenn Sie es genau wissen wollen, Miss Granger, lautete mein Kommentar: Hauptsache, es ist gesund!“, entgegnete er gelassen.
„Wie unglaublich taktvoll von Ihnen“, höhnte Hermine.
„Klischeehaft, aber wahr“, erwiderte er mit einem Schulterzucken. Die Diskussion schien ihn, wenn man das für ihn behaupten konnte, einigermaßen zu amüsieren.

„Na, dann können wir ja froh sein, dass du dein Patenkind nicht als ‚Unperfekt, aber in den Grundzügen annehmbar’ bezeichnet hast“, sagte Ginny grinsend, worauf Snape ein Lächeln andeutete und sagte: „Der Junge ist… durchaus vorzeigbar.“
„Vielen Dank, das war sehr aufschlussreich“, sagte Harry trocken, worauf Ginny in Lachen ausbrach, in das Harry einstimmte.

Snape wandte sich wieder Hermine zu und sagte: „Um auf eine Ihrer Bemerkungen von vorhin zurückzukommen, Miss Granger… Sie sagten, etwas sei typisch für mich. Wenn Sie das Wort typisch gebrauchen, impliziert das, dass Sie mich kennen. Das tun Sie jedoch nicht. Sie kennen höchstens einen kleinen Ausschnitt von mir.“

„Das mag sein“, erwiderte Hermine, die zunehmend wütender wurde. „Ich kenne Sie nur als den Lehrer, der den meisten seiner Schülern das Leben- verzeihen Sie meine Aufrichtigkeit- das Leben zu Hölle gemacht hat. Ich hab nur vergeblich versucht mir vorzustellen, warum Sie sich so wenig Mühe machen, dass man Sie mag. Ich dachte, Sie wären…“ Sie verstummte abrupt und unterbrach den Blickkontakt zu ihm, teils, weil ein unangenehmer Ausdruck auf seinem Gesicht erschienen war, teils weil sie spürte, dass sie gerade dabei war, sich in Gebiete vorzuwagen, die besser unbetreten blieben.

„Sie wollte sagen, dass Sie dachten, ich wäre in Wirklichkeit ganz anders, und würde es nur gut hinter der Maske aus Unhöflichkeit und Taktlosigkeit verbergen, nicht wahr? Seit dem Moment, als sie wussten, welche Rolle ich im Krieg spielte, haben Sie möglicherweise gedacht, dass ich vielleicht doch nicht der ekelhafte Bastard bin, dem Sie in Hogwarts begegnet sind? Ist es das, Miss Granger?“

Sie starrte ihn an und fühlte sich auf seltsame Weise ertappt. Tatsächlich hatte sie gedacht, dass Snape ein Mann war, dessen Worte und Handlungen von so vielschichtigen Motiven geleitet waren, dass es unmöglich war, ihn zu durchschauen. Und dennoch… das, was für sie am Relevantesten war, war dass alles, was er in den letzten Jahren getan hatte, aus einem einzigen Grund geschehen war: seiner Liebe zu Lily.
Snapes Blick schien sie zu durchbohren, aber sie schwieg.

„Nun, wie es aussieht, habe ich nun endlich eine Frage gefunden, die Miss Granger nicht beantworten kann“, sagte er leise.


oOoOoOo



Es war bereits weit nach Mitternacht, als Hermine sich ruhelos in ihrem Bett hin und her wälzte. Für einen Moment erwog sie, in ihrer Tasche nach einem Schlaftrank zu suchen, aber sie verwarf die Idee wieder.
Immer wieder dachte sie an Snapes Worte an diesem Abend, und obwohl sie es um keinen Preis zugegeben hätte, zumindest nicht in diesem Augenblick, schlich sich ein Gedanke hartnäckig in ihr Bewusstsein: Snape hatte nicht ganz unrecht gehabt mit seinen Bemerkungen über sie.
Sie hatte nie zu den Personen gehört, die Kritik an sich gut vertrugen, schon gar nicht, wenn sie auf solch verletzende und sarkastisch formulierte Weise vorgebracht wurde, wie Snape es getan hatte.
Er war ein Mann, der eine äußerst scharfe Beobachtungsgabe besaß, und möglicherweise lag er auch nicht ganz falsch mit seiner Behauptung, dass viele ihrer Lernanstrengungen in Hogwarts aus dem Grund geschahen, dass sie als Beste hatte abschneiden wollen.

Was Snape jedoch nicht berücksichtig hatte- und sie bezweifelte, dass er in dieser Hinsicht das nötige Fingerspitzengefühl besaß- war, dass ihre Art, immer und alles wissen zu wollen und sich doppelt so viel anzustrengen wie ihre Mitschüler, ihr Versuch war, sich in einer Welt zu behaupten, die ihr bis zu ihrem elften Geburtstag vollkommen fremd gewesen war. Als Muggelstämmige hatte sie noch nicht einmal geahnt, dass es eine magische Welt überhaupt gab, und alles, was sie hatte tun können war, sich über Bücher alles anzueignen, was es zu wissen gab.

Jeder Mensch suchte seinen Platz im Leben und ging dabei auf verschiedene Weise vor, und ihre bestand nun mal darin, allen möglicherweise auftretenden Unsicherheiten dadurch zu begegnen, dass sie über jedes Thema bestens bescheid wusste. Bücher und Aufzeichnungen hatten ihr in Hogwarts stets das Gefühl vermittelt, eine Art von Kontrolle zu haben, und sie brauchte diese Kontrolle einfach, um sich dieser Welt auf die bestmögliche Art zurechtzufinden.

Sie seufzte und drehte sich zum unzähligsten Mal auf die Seite.
Leider, dachte sie mit einem grimmigen Lächeln, gibt es kein Buch, das erklären könnte, welchen Platz Snape im Leben hat. Und ob er überhaupt einen hat… oder auch nur sucht.

Sie wollte nicht ĂĽber Snape nachdenken, sie wollte eigentlich ĂĽber gar nichts mehr nachdenken, sondern nur in einen ruhigen, erholsamen Schlaf sinken, in dem es keine verwirrenden Fragen gab.
Das fiel ihr jedoch schwer angesichts der Tatsache, dass Ginny und Hermine ihn nach langem Hin und Her ĂĽberredet hatten, ĂĽber Nacht zu bleiben, wobei Hermine vermutete, dass seine Entscheidung, die Einladung anzunehmen, deutlich dadurch beeinflusst worden war, dass er morgen sein Patenkind noch einmal sehen wĂĽrde.

oOoOoOoO


Sie fühlte sich wie gerädert, als sie die Augen öffnete und mit einem Blick in Richtung Fenster feststellte, dass der Morgen gerade erst zu dämmern begonnen hatte.
MĂĽde schwang sie die Beine aus dem Bett und tastete in der Dunkelheit nach ihrem Zauberstab.
„Lumos“, murmelte sie schließlich und griff nach der Flasche Wasser neben ihrem Bett, aber diese war leer.
Mit der Absicht, in die KĂĽche zu gehen und sich etwas zu Trinken zu besorgen, stand sie auf und tappste auf nackten Sohlen aus dem Zimmer.

Als sie das Ende der Treppe fast erreicht hatte, hielt sie inne, als sie Stimmen hörte.

„… immer um diese Zeit wach?“ hörte sie Snapes Stimme fragen.
„Meistens ja. Er schläft eigentlich ganz gut durch, aber er wird früh wach. Ich hab ihn aus seinem Bettchen geholt, noch ehe Ginny aufgewacht ist. Ich wollte sie noch etwas schlafen lassen, sie war ziemlich erschöpft in letzter Zeit.“
„Immer der Gryffindor“, sagte Snape mit einem Hauch Sarkasmus, aber es klang nicht ganz so gehässig wie sonst.
„Jaah, so bin ich“, erwiderte Harry, dem, dem Klang der Stimme nach zu urteilen, ebenfalls nicht entgangen war, dass Snapes Stimme nicht die übliche Schärfe enthielt. „Meine typische gryffindorsche Selbstlosigkeit und Aufopferungsbereitschaft hat mich zwar vor Voldemort gerettet, aber sie wird dafür sorgen, dass ich vor lauter Erschöpfung draufgehe, nur weil ich meine Frau ein wenig entlasten will.“

Mit klopfendem Herzen blieb Hermine, wo sie war. Sie fĂĽhlte sich ein wenig unwohl, dass sie lauschte, andererseits aber konnte sie nicht einfach ins Wohnzimmer spazieren, und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, war sie einfach zu neugierig, ĂĽber was Harry und Snape sprechen wĂĽrden.

„Was ist mit dir, wieso bist du so früh auf? War das Bett im Gästezimmer nicht…“, fragte Harry.
„Das Bett war tadellos“, unterbrach Snape ihn. „Ich schlafe üblicherweise nicht viel.“

Eine kleine Pause entstand.
Harry räusperte sich, und sagte schließlich: „Hör zu, ich würde dir gerne etwas geben.“

Hermine hörte, wie Harrys Schritte das Wohnzimmer durchquerten und eine Schublade ein wenig quietschend aufgezogen wurde.
Sie hielt den Atem an… sie ahnte, was Harry vorhatte, und sie spürte, wie ihr Magen sich schmerzhaft zusammenzog.

„Hier“, sagte Harry leise, und sie konnte einfach nicht anders, als sich einige Stufen hinunterzuwagen und ins Wohnzimmer zu spähen.
Harry sah sie sofort, und seine Augen weiteten sich vor Überraschung, aber Snape schien nichts wahrgenommen zu haben. Steif saß er auf dem Sofa, etwas in den Händen haltend.

FĂĽr einen Moment sahen sich Harry und Hermine in die Augen, und er bedeutete ihr mit einem flĂĽchtigen Kopfnicken, dass sie dableiben sollte, wo sie war.

Seine Warnung wäre jedoch unnötig gewesen, denn Snape schien nichts zu sehen außer dem Bild, das Harry ihm gegeben hatte.
Hermine glaubte zu wissen, welches Foto von Lily er in den Händen hielt. Harry hatte ihr die meisten der Bilder seiner Eltern gezeigt, und sie war sich sicher, dass Snape nun jenes in den Händen hatte, welches Lily zeigte, als sie ungefähr siebzehn gewesen war. Auf diesem Bild trug sie einen Festumhang, ihr dickes, rotes Haar fiel in sanften Wellen über ihre Schultern und sie lachte über eine längst vergessene Begebenheit. Ihr Gesicht drückte pure Lebensfreude aus und eine tiefe, innere Freundlichkeit, die ihr niemand hatte beibringen müssen… die einfach ein Teil von ihr war.

Hermine schluckte, als sie den Ausdruck auf Snapes Gesicht sah.
Ohne etwas von seiner Umgebung wahrzunehmen, betrachtete er das Foto. Mit beinahe andächtigem Blick schaute in eine andere Welt der Erinnerung oder der Phantasie, so als würde er ein Theaterstück betrachten, was lediglich für ein einköpfiges Publikum aufgeführt wurde.

„Möchtest… möchtest du es haben?“, fragte Harry zaghaft.
Snape antwortete nicht.

Hermine schlug die Hand auf den Mund, als sie sich darüber bewusst wurde, dass in Snapes sonst so ausdruckslosen schwarzen Augen Tränen schimmerten. Sie hatte sich gefragt, wie Snape wohl aussehen mochte, wenn er nicht jenen spöttischen, oder gehässigen oder gelangweilten Ausdruck zur Schau trug, aber als sie jetzt seine Tränen sah, wollte sie es plötzlich gar nicht mehr wissen. Seine Tränen glitzerten wie Diamanten auf seinen blassen Wangen und brannten wie ein Feuer in Hermines Magen, ohne dass sie hätte sagen können, warum es sie so entsetzte, ihn von dieser sehr persönlichen, verletzlichen Seite zu sehen.

„Wie war sie... Mom… wie war Lily?“, fragte Harry leise.

Ohne den Blick von dem Bild zu nehmen, sagte Snape nach einer kleinen Ewigkeit: „Von ihr ging ein Strahlen aus… Sie war die einzige Helligkeit in meiner Welt, die sich sonst im Schatten bewegte und sich von Dunkelheit nährte.“

Hermine keuchte leise, als sie seine Worte hörte.
Und plötzlich musste sie daran denken, dass sie so oft seinen verbalen Attacken ausgesetzt gewesen war, seinem Hohn und Spott… nichts davon hatte ihr wirklich ernsthaft zugesetzt, aber diese schlichten Worte taten ihr weh… sie versengten Teile ihres Herzens und ihrer Seele. Und dabei waren sie noch nicht einmal für sie bestimmt.

Zwei Dinge wurden ihr bewusst, während sie ihn dort sitzen sah.
Zum einen waren die Worte scheinbar noch nicht einmal für Harry bestimmt gewesen, denn Snape zuckte zusammen, als wäre ihm klar geworden, dass seine Gedanken ihren Weg durch seinen Mund genommen hatten, ohne dass er es hatte verhindern können.
Zum anderen hatte er vollkommen Recht damit gehabt als er gesagt hatte, dass sie ihn nicht kannte.

Vorsichtig tat sie einen Schritt rückwärts, und vielleicht war es diese vorsichtige Bewegung, die Snapes Aufmerksamkeit schlussendlich doch erregte, vielleicht war es auch die angehaltene Luft, die sie nun ausstieß, sie wusste es nicht… sie wusste nur, dass er plötzlich den Kopf hob, und seine schwarzen Augen sich zusammenzogen.

TBC

Gemeiner Cliffi zum Schluss gefällt? Hehehe
Sorry for that… Ich gelobe Besserung :D
Oh, und noch eine kleine Anmerkung: Ich hab Madam Hooch kurzerhand einen Mann und ein Baby verpasst, ich hoffe das stört nicht.


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