von Muggline
In der Notaufnahme kam ihnen ein Heiler mit wehender grüner Robe entgegen: „Herr Minister, bitte hier hinein!“ rief er schon von weitem und zeigte auf eine Tür, durch die er gleich darauf verschwand. Minerva und Maja folgten Kingsley Shacklebolt auf dem Fuße und drückten sich schweigend an die Wand, um den anwesenden Heilern nicht im Weg zu stehen. Außer dem Heiler der sie auf dem Flur angesprochen hatte waren noch zwei Heilerinnen anwesend, die sich mit gezückten Zauberstäben an dem bewusstlosen Severus Snape zu schaffen machten. Dieser lag, von einem dünnen Tuch bedeckt, auf einem hell erleuchteten Tisch. Der Heiler der sie beide empfangen hatte, berichtete flüsternd: „der Bezoar scheint die Vergiftung zumindest gestoppt zu haben – die Lähmungen gehen nicht weiter. Um den Effekt umzukehren, werden wir wohl doch noch das Gegengift benötigen. Unser Tränkelabor arbeitet bereits daran. Mindestens genauso schwer wiegen allerdings die zahlreichen anderen Verletzungen des Patienten. Er hat einen Milzriss, ein paar Rippen sind gebrochen und haben die Lunge verletzt, die Nieren sind gequetscht und er hat am ganzen Körper zahlreiche Blutergüsse sowie einen ausgekugelten Arm und ein gebrochenes Sprunggelenk. Dazu kommt eine Gehirnerschütterung und ein zertrümmertes Nasenbein“, während der Aufzählung hatten sich seine Augen zu Schlitzen verengt und er fuhr fort: „Herr Minister – da dieser Mann aus einer Verhörzelle kommt, werde ich nicht umhin kommen, eine offizielle Untersuchung anzustrengen. Der Patient macht mir den Eindruck, als sei er von einer oder mehreren Personen auf das Schwerste misshandelt worden. Die meisten Verletzungen rühren von stumpfen Schlägen oder Tritten her. Die Kopfverletzungen sehen aus, als hätte jemand seinen Kopf gegen eine Wand geschlagen. Ich weiß, dass das Foltern von Gefangenen mit magischen Mitteln strengstens verboten ist und das Ministerium über entsprechende Sensoren verfügt. Daher frage ich sie: sind das jetzt die neuen Methoden des Ministeriums? Haben sie ihre Auroren bei den Todessern in die Lehre geschickt?“
Kingsley Shacklebolt war bei diesem Ausbruch so blass geworden, wie es seine dunkle Haut zuließ. Maja und Minerva waren ebenfalls kreidebleich – Minerva hatte die Hand vor das Gesicht geschlagen und Maja liefen Tränen über die Wangen. Hatten sich die Auroren tatsächlich dazu hinreißen lassen, an dem vermeintlichen Todesser Snape Selbstjustiz zu üben? Es dauerte ein paar Minuten, bis Shacklebolt aus seiner Starre erwachte und den Heiler bat: „bitte fertigen Sie so schnell wie möglich einen ausführlichen Bericht über den Zustand des Patienten an, die Sache wird auf jeden Fall verfolgt werden. Aber nun zur wichtigsten Frage: wird er es überstehen?“
In diesem Moment erschien ein weiterer Heiler mit einem Abzeichen auf der Brust, das wie ein Zaubertrank-Kessel aussah. Er hielt ein Glas mit einer grünlichen Flüssigkeit in der Hand und lächelte triumphierend: „das Gegengift, Sir – aber Vorsicht, es ist noch heiß.“ Der diensthabende Heiler nahm das Glas entgegen, führte schnell einen Kühlzauber aus und bedeutete den zwei Assistentinnen, Severus etwas hochzuheben. Langsam flößte er dem bewusstlosen Zaubertrankmeister die grüne Flüssigkeit ein und legte ihn dann wieder hin. Kurze Zeit später berichtete eine der beiden Heilerinnen: „wir haben jetzt alle Verletzungen geheilt, soweit es uns möglich war. Die Knochenbrüche brauchen noch ein wenig Skele-Gro, aber das können wir erst geben, wenn das Gegengift seine Wirkung entfaltet hat. In ein paar Stunden fangen wir dann mit regelmäßigen Gaben eine Stärkungstrankes an, dann dürfte der Patient in ein bis zwei Tagen wieder hergestellt sein.“
Mit diesen Worten ließen sie Severus in ein bereitstehendes Bett schweben, das sogleich wie von Geisterhand aus dem Zimmer fuhr. „Begleiten Sie den Patienten auf sein Zimmer?“ fragte der diensthabende Heiler und Kingsley, Minerva und Maja wanderten stumm hinter dem Bett her, das sich in ein Zimmer am Ende des Flurs in Bewegung setzte. Als sie dort zum ersten Mal wieder allein mit Severus waren, stellte Maja wortlos einen Stuhl neben das Bett, ergriff Severus’ Hand und setzte sich, sein Gesicht nicht aus den Augen lassend. Kingsley sah Minerva fragend an, aber die zuckte nur mit den Schultern. Also räusperte er sich kurz und sprach Maja an: „nun, Frau….“, „Chiron“, antwortete Maja abwesend, „ah ja, Frau Chiron – da wir nun etwas Ruhe haben, würde ich mich gerne ein wenig mit ihnen unterhalten. Minerva nannte sie ‚eine Muggel-Heilerin aus dem Loch-Ness-Wald, die Severus Snape gesundgepflegt hat’ – wie darf ich das verstehen?“
Maja seufzte und erzählte noch einmal die ganze Geschichte vom Auffinden des halb toten Tränkemeisters im Wald bis zur Festnahme durch die Auroren. Kingsley Shacklebolt stellte ihr viele Fragen, vor allem ihren Ruf als ‚Hexe’ bei den Muggeln und ihre gerade noch einmal vereitelte Verbrennung betreffend. Als sie berichtete, wie sehr Professor Snape sich für ihre Muggel-Heilkunst und ihre Karate-Übungen interessiert hatte, schien er ziemlich verwundert. Als sie geendet hatte, war der Zaubereiminister sehr nachdenklich. Schließlich fragte Maja ihn: „Herr Minister, Severus hat mir einige Male von seiner Agententätigkeit während ihres ‚Krieges’ gegen diesen Voldemort berichtet und mir erzählt, dass die meisten Zauberer ihn nach wie vor für einen der engsten Mitarbeiter dieses Scharlatans halten. Gibt es denn keine Möglichkeit, ihn öffentlich zu rehabilitieren?“
Die drei waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie nicht bemerkt hatten, wie Severus kurz die Augen geöffnet und sie sofort wieder geschlossen hatte. Er wollte die Antwort des Zaubereiministers auf jeden Fall hören und stellte sich deshalb weiter schlafend.
Kingsley Shacklebolt wiegte besorgt den Kopf und sagte dann: „wir werden wohl nicht umhin kommen, ihm den Prozess zu machen. Es liegen einige Anklagepunkte gegen ihn vor, die nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden können. Andererseits bin ich jederzeit bereit, selbst für Severus auszusagen und meine Hand für ihn ins Feuer zu legen. Schließlich war ich selbst Mitglied des Phönixordens und habe auch die Erinnerungen gesehen, die er während des großen Kampfes Harry Potter anvertraut hat. Meiner Meinung nach ist die gesamte Zaubergemeinschaft diesem Mann zu großem Dank verpflichtet und es würde mich sehr wundern, wenn ein Richter zu einem anderen Ergebnis käme.“ Minerva fügte hinzu: „auch ich werde gerne für ihn aussagen und ich bin sicher, die anderen Mitglieder des Ordens sehen das genauso.“
Maja nickte und blickte mit Tränen in den Augen wieder zu Severus hinüber. Minerva legte ihr die Hand auf die Schulter und sah ihr in die Augen. „Sie lieben ihn, nicht wahr?“ fragte sie sanft. Maja schluckte und dachte kurz nach. „Ich habe gelernt, mit so großen Worten sehr vorsichtig umzugehen“, meinte sie leise, „aber ich denke… ja, ich liebe ihn.“ Als sei ihr das selbst gerade erst klar geworden sah sie die Schulleiterin mit großen Augen an. Diese drückte aufmunternd ihre Schulter und meinte dann „Kingsley und ich haben noch einiges zu tun, wir werden sie wohl jetzt besser alleine lassen.“ Mit diesen Worten gingen beide leise hinaus.
Als Maja sich daraufhin wieder Severus zuwandte um sich neben sein Bett zu setzen, umspielte ein leises Lächeln seine Lippen. Ohne die Augen zu öffnen meinte er leise „sag’ das noch mal!“
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