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Fanfiction

Ende und Anfang - Zwiespalt

von artis.magica

Zwiespalt

Grausame Bilder, rasender Schmerz, ein heiserer Schrei.
Schweißgebadet und schwer atmend, die Hände auf die Verletzungen gepresst, fuhr Severus aus dem Schlaf. Wieder einmal. Es dauerte eine ganze Weile, bis er realisierte, wo er sich wirklich befand, und als er sich sicher wusste, ließ er sich wieder zurück in die Kissen fallen. Seine Brust hob und senkte sich heftig, er stöhnte erleichtert auf.
Sie kamen wieder, die quälenden Traumbilder, in Fetzen erschienen sie immer wieder vor seinen Augen, ließen ihm einfach keine Ruhe. Er hörte das grausame Zischen und sah die roten Augen. Das war es, was den Schlaf zur Qual werden ließ. Er suchte die Ruhe und fand sie doch nicht. Obwohl er wusste, dass er sich diesem Erlebnis auf Dauer nicht entziehen konnte, sehnte er sich danach, es einfach aus seinem Gedächtnis zu streichen, selbst wenn es nur für ein paar Stunden war, in denen er tief und traumlos schlafen konnte. Er sah fast sehnsüchtig zum Tisch neben seinem Bett, doch der Trank, den ihm Hermine gegeben hatte, war längst aufgebraucht. Die Phiole stand leer und glitzerte im leisen Schein des verglimmenden Feuers.
Severus setzte sich auf. Er stützte die Ellbogen auf die Knie und legte das Gesicht in die Hände. Im Moment stürmte so vieles auf ihn ein, von dem er nicht wusste, wie und wann er es je verarbeiten sollte. Die Ruhe, in die er gebracht worden war, hätte ihm eigentlich dabei helfen sollen, aber er erwischte sich immer wieder dabei, dass er wissentlich verdrängte. Selbst die Hilfe, die ihm Hermine Granger und Minerva McGonagall anboten, wies er vehement zurück. Er wusste, es war falsch, doch er war einfach nicht fähig, sich zu öffnen, er hatte es nie gelernt. Und noch viel schwerer wog sein Misstrauen...
Mit einem ärgerlichen Brummen warf er die Decken zurück und erhob sich. Er kleidete sich an und trat ans Fenster. Er öffnete es weit und atmete tief die kühle Nachtluft.
Sein Gespräch mit Hermine kam ihm wieder in den Sinn. Es war das erste Mal, dass sie ihm so offen entgegentrat. Und was hatte er getan? Er hatte sie hart zurückgestoßen.
Severus sah wieder den wütenden Ausdruck in ihren Augen und hörte ihre letzte Frage ?Was hätten Sie denn hören wollen?'
Er zog die Brauen zusammen. Ja, was hätte er den hören wollen? War es nicht genau das, was sie zum Handeln getrieben hatte, wonach er sich immer gesehnt hatte?
Warum konnte er es jetzt nicht anerkennen?
Er wollte vergessen und doch wieder nicht. Seine Seele schrie nach einer rettenden Hand und wenn sie ihm gereicht wurde, stieß er sie von sich.
Was wollte er denn?
Zum ersten Mal musste er sich nicht rechtfertigen. Zum ersten Mal hatte er einen Menschen vor sich, der in so kurzer Zeit so viel mehr erkannt hatte, als er in den vielen Jahren, in denen er sich beständig selbst gequält hatte. Er gab es nicht gerne zu, aber sie hatte Recht, er hatte im Schmerz gebadet, und er tat es noch immer, nur um nie zu vergessen, nur um sich zu bestrafen. Wenn er ehrlich war, hatte er darüber vergessen, wirklich zu leben.
Mit einem resignierten Kopfschütteln trat er zur Terrassentür, öffnete sie und trat in die Nacht hinaus. Er ging bis zur Balustrade und sah in die dunkle Weite des Himmels.
Und es war noch etwas, das ihn nicht in Ruhe ließ. Es war ein Gefühl, das sich mächtig in sein Herz drängte. Er vermochte es nicht beschreiben, doch er meinte, wenn er ihm nachgeben würde, dass er alles, woran er bisher geglaubt hatte, verraten würde, denn er sah zum ersten Mal nicht Lily, wenn er an Nähe und Geborgenheit dachte.
~
Hermines Groll auf Severus währte noch lange. Er ärgerte sie so sehr, dass er sie nicht einschlafen ließ. Immer wieder warf sie sich unruhig herum. Schließlich gab sie es auf, den Schlaf erzwingen zu wollen. Sie drehte sich auf den Rücken und starrte nachdenklich an die Decke.
So gerne sie Antworten auf ihre Fragen erhalten hätte, so sehr haderte sie jetzt mit sich, dass sie überhaupt versucht hatte, offen auf ihn zuzugehen. Sie hätte es sich ja eigentlich denken können, wie kam sie bloß auf den dummen Gedanken, dass er ihr auch nur eine einzige Frage beantworten würde. Wie konnte sie nur so dumm sein zu glauben, dass er sich öffnen würde.
Hermine lachte ein leises bitteres Lachen.
Er hatte sie in seine Seele sehen lassen, ein einziges Mal. Sie war sich sicher, noch einmal würde es ihr nicht gestatten. Niemals würde sie in ihn dringen können, er würde sich zurückziehen und schweigen, genauso wie vorhin. Er würde sie immer wieder zurückstoßen.
Jetzt, da sie in Ruhe über seine wenigen abweisenden Worte nachgedacht hatte, wusste sie, mit einem Mal, was sie aus ihnen herausgehört hatte: Es waren leise Zweifel über die Aufrichtigkeit ihrer Motive. Hermine dachte lange darüber nach und kam zu dem Schluss, dass Severus Snape mit Verständnis und Gerechtigkeit nichts anfangen konnte. Das war etwas, das er wohl so nachdrücklich gesucht, vielleicht sogar gefordert, und trotzdem nicht wirklich gefunden hatte, weder bei Lily noch bei Dumbledore. Was Hermine allerdings nicht verstehen konnte war, weshalb er sich beinahe sein ganzes Leben lang diesem unerreichbaren Traum so bedingungslos hingegeben hatte.
Hermine drehte sich auf die Seite und zog die Brauen zusammen. Eigentlich konnte sie Snape ja verstehen. Sie an seiner Stelle hätte sich wohl genauso zurückgezogen, aber sie hätte sich nie aufgegeben, hätte sich niemals über so viele Jahre selbst gepeinigt und für Ziele, auch wenn sie noch so ehrenhaft erscheinen mochten, ausnutzen lassen. Auch nicht von Dumbledore.
Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie schüttelte den Kopf. Nein, sie belog sich selbst. Auch sie hatte sich benutzen lassen. Sie, Harry und Ron waren doch genau wie Snape Dumbledores Marionetten gewesen.
Hermine schnaubte amüsiert. Sie wollte Severus Snape für sein Verhalten verurteilen und hatte sie sich doch selbst nicht gewehrt, hatte Dumbledores Anweisungen, so vage sie auch waren, Folge geleistet. Was bildete sie sich jetzt ein, Snape vorzuwerfen, dass er sich habe ausnutzen lassen?
Hermine setzte sich unruhig auf und strich sich über die Stirn.
Bisher hatte sie Albus Dumbledore für unfehlbar gehalten, ihn als Schulleiter immer bewundert und ihn, als sie Kind war, geliebt. Doch langsam schlichen sich Zweifel an seinen Motiven in ihren Geist. Er mochte ja für das Licht gekämpft haben, aber er hatte diesem Kampf unerbittlich alles geopfert, das zum Sieg verhelfen konnte, ja sogar sich selbst. Da gab es keine Rücksicht, keine Gefühle, da gab es nur Beherrschung und Kalkül.
Mit einem Seufzen gab Hermine auf, Schlaf zu finden, und stieg aus dem Bett. Diese Nacht würde sie wieder einmal umtreiben. Sie griff sich ihren Umhang und warf ihn sich locker über die Schultern. Ein Spaziergang würde ihr sicher zur ersehnten Müdigkeit verhelfen. Sie öffnete die Terrassentür und trat ins Freie.
Der Wind hatte aufgefrischt und trieb Wolkenfetzen vor sich her. Die Luft war kühl geworden und roch nach Regen. Hermine zog den Umhang fester um sich und ging langsam den Söller entlang, hinein in die Dunkelheit. Wie wohl die Stille tat.
Sie war bis zur nächsten Ecke gegangen, da sah sie ein paar Schritte vor sich eine große dunkle Gestalt, die an der Balustrade lehnte. Es war Severus Snape, der tief in Gedanken versunken schien. Und da er sie nicht zu bemerken schien, wollte Hermine gerade wieder umwenden und zurückgehen.
„Und was treibt Sie zur Nacht aus dem Bett?“, hörte sie seine leise Frage:
Hermine stockte für einen Moment, doch dann besann sie sich. Sie ging entschieden weiter und blieb neben ihm stehen.
„Vermutlich das Gleiche wie Sie“, sagte sie trotzig.
Severus zog verstimmt die Brauen zusammen und wandte sich seinerseits zum Gehen.
„So“, sagte er ablehnend, „meinen Sie.“
Hermine biss sich auf die Lippen. Sie hätte es wissen müssen. Warum versuchte sie auch immer wieder, ihn aus der Reserve zu locken?
Sie hatte keine Lust, sich zu streiten und doch musste sie ihn fragen, wollte sie es endlich wissen. „Ist Ihnen meine Gesellschaft so zuwider?“ Und so sehr sie sich wünschte, dass ihre Stimme dabei fest und entschlossen klang, so sehr musste sie feststellen, dass es ihr nicht gelungen war, diesen Eindruck zu vermitteln. Leise Hoffnung schwang in diesen wenigen Worten mit, viel mehr, als Hermine gewollt hatte.
Severus sah sie ernst an und lauschte in sich hinein. Nein, ihre Gesellschaft war ihm nicht zuwider. Er gab es vor sich selbst nur ungern zu, aber Hermine Grangers Gesellschaft war um so vieles besser als alles, was er in den letzten Jahren an Gesellschaft hatte ertragen müssen. Sie war so ehrlich, so offen und darum für ihn so befremdlich. Und er war viel zu unsicher und misstrauisch, als dass er sie jetzt ohne Hintergedanken hätte genießen können. Doch statt ihr das zu sagen, brach sein Alter Ego hervor und sagte hart: „Es sind Ihre Fragen, Miss Granger.“
Ein Augenblick eisigen Schweigens folgte, der Hermine leicht erzittern ließ, so sehr schüttelte sie der Zorn. Sie war böse auf ihn und auf sich selbst zugleich.
„Ich werde nie wieder fragen, darauf können Sie Gift nehmen“, sagte sie grimmig und sah ihm durch die Dunkelheit mit funkelnden Augen entgegen. Mehr fühlte sie seinen Blick als dass sie ihn sah, und in Erwartung einer bissigen Antwort seinerseits und einer schon zurechtgelegten saftigen Erwiderung ihrerseits stand Hermine da, als wollte sie gleich zum Sprung ansetzen. Umso irritierender für sie, als ein leises amüsiertes Lachen an ihr Ohr drang, das Hermines Puls noch weiter nach oben trieb. Lachte er sie etwa aus?
„Gift“, fragte er spöttisch, noch bevor Hermine überhaupt eine Antwort auf seine für sie unerwartete Reaktion wusste, „und Ihre Arbeit zunichte machen...?“
Hermine schloss für einen Moment die Augen und ballte die Fäuste. Sie fühlte sich so, als hätte man sie mit Eiswasser übergossen. Was für ein Mensch! Er konnte es einfach nicht lassen. Sie erwartete ja keinen Dank, aber vielleicht doch ein einziges Wort, eine winzige Geste des Vertrauens, einen Hauch Gefühl...
„Ich ließe es darauf ankommen“, antwortete sie äußerst angefressen, „dann käme ich endlich fort von hier.“ Doch kaum dass die Worte von ihren Lippen waren, bereute Hermine auch schon, dass sie sie gesagt hatte - zu spät, sie zurückzuziehen. Das Blut schoss ihr in die Wangen. Mit brennendem Herzen stand sie da und sah ihm beinahe angstvoll entgegen. Sie war froh, dass die Nacht so dunkel war und Severus Snape in dieser Sekunde äußerster Verlegenheit ihr Gesicht nicht sehen konnte.
Sie hätte ihn verstanden, wenn er jetzt gegangen wäre, doch er blieb stehen und sah still auf sie herunter. Die Dunkelheit hatte seine Sinne so geschärft, dass ihm ihre Reaktionen nicht entgangen waren, obwohl sie angestrengt bemüht war, sie vor ihm zu verbergen. Und erst jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr die gegenwärtige Situation sie vereinnahmen musste. Keine Freunde, allein, gerade mal McGonagall zur Unterhaltung, ab und an eine flüchtige Begegnung mit den Hausangestellten. Er wusste ganz genau, dass er nicht unbedingt zur Unterhaltung dieser jungen Person beitrug, dass er eher eine Belastung darstellte und jetzt, da er wieder zu Kräften gekommen war, auch noch eine, die bissig Widerpart hielt.
Ungewollt und doch so stark, dass er nicht imstande war es niederzukämpfen, drang ein neues Gefühl in sein Herz. Er konnte einfach nicht glauben, dass es Menschen gab, die für ihn kämpfen wollten, die allen Konventionen zum Trotz zu ihm standen und bemüht waren, ihm ein neues Leben zu geben. Und Hermine Granger gehörte zu ihnen, mehr als jeder andere, beinahe mehr noch als Minerva McGonagall. Dennoch wies er jedes Gefühl von sich, stieß sie immer wieder vor den Kopf, sobald sie eine Saite anschlug, die ihn zwingen würde, sich zu öffnen, wenn er sich darauf einließ. Er wusste auch, dass er ungerecht war und obwohl er ihr sein Leben zu verdanken hatte, war er nicht fähig, ihr auch nur ansatzweise dafür zu danken.
Warum?
Er hatte sich diese Frage schon einige Male gestellt und immer wieder aufgegeben, sie sich ehrlich zu beantworten. Er wollte es auch jetzt nicht tun, doch sie drängte sich so unerbittlich in seinen Geist, dass er nicht anders konnte, als sich damit zu beschäftigen. Nur unwillig gestand er sich seine massive Verlegenheit ein, die immer wieder aufkeimte, wenn Hermine ihn unbewusst durch einen Blick oder durch ein Wort daran erinnerte, dass seine innersten Gedanken für sie kein Geheimnis mehr waren. Er verschloss sich dann wieder vor der Welt und vor sich selbst, war äußerst empfindlich und reizbar, wenn es darum ging, und wusste doch, dass er zu einer Lösung kommen musste, um endlich Ruhe zu haben.
Wie?
Severus seufzte innerlich auf. Was konnte sie dafür, dass er mit sich nicht zurecht kam, dass er sich in endlosen Nächten, wenn die Träume ihn quälten, immer wieder wünschte, er wäre doch gestorben. Für einen Moment senkte er die Lider und drängte diesen Gedanken beiseite.
Dann hob er den Blick und sah still in ihr Gesicht. Dass sie nicht fortgegangen war, als er ihr diese dumme Frage an den Kopf geworfen hatte, rechnete er ihr hoch an.
„Das nenn ich eine ehrliche Antwort“, sagte er versöhnlicher.
Doch Hermines Zorn verrauchte nur langsam. Auch wenn sie seinen Versuch anerkannte, sie milder zu stimmen, hatte sie dennoch große Mühe, ruhig zu bleiben.
„Wann hätte ich wohl je gelogen?“
Severus hatte sehr deutlich das kleine zornige Zittern in ihrer Stimme wahrgenommen. Es war unbewusst, aber er wusste jetzt ganz genau, dass er sie nicht noch einmal vor den Kopf stoßen durfte.
„Hm“, machte er nachdenklich, „ich wüsste da schon einige Situationen, bei denen Sie mich sehr bewusst angeflunkert haben.“ Seine Stimme war dunkel und sanft.
Hermine hob den Kopf und sah ihm ungläubig entgegen. Sie meinte, nur einen winzigen Augenblick lang, einen Funken Wärme aus seiner Stimme herauszuhören. Doch die Nacht war zu finster, um den Ausdruck seines Gesichtes zu erkennen, der seine Worte begleitet hatte, um sich wirklich sicher zu sein. Dennoch löste sich Hermines Anspannung. Sie öffnete die Fäuste und legte die Hände beinahe vorsichtig auf die Balustrade.
Und da waren sie wieder, die vielen wunderbaren Erinnerungen an die kindlichen Abenteuer, die sie gemeinsam mit Harry und Ron gemeistert hatte, und die jetzt so unendlich lange her schienen, beinahe nicht mehr wahr... Sie fühlte sich mit einem Mal so allein. Hermine senkte den Kopf und starrte auf ihre Hände.
„Ja“, sagte sie traurig.
Es war dieses eine Wort, das ihn rührte, das so schlicht war und doch so schwer wog.
Severus atmete tief und lautlos ein. Für einen Moment schloss er die Augen. Er wusste sehr genau, wie Hermine sich fühlte, denn dieses Gefühl hielt ihn schon so lange gefangen und es brachte sie ihm so sehr viel näher als Hermine es je erwartet hätte. Er hatte noch nie so empfunden wie jetzt, in gerade diesem Augenblick. Er widerstand nur schwer dem unbändigen Drang, sie einfach zu sich ziehen und sie in die Arme zu schließen. Mühevoll zwang er sich, ruhiger zu atmen. Es war etwas Neues, etwas Wunderbares, das sich übermächtig in sein Herz geschlichen hatte und das ihn leise erbeben ließ, das ihn sachte mit sich nehmen würde, wenn er es nur wollte...
„Sie sollten nicht so viel nachdenken.“ Er sagte es ohne Spott, ohne Ironie, beinahe behutsam und mit einer Stimme, die Hermine zu ihm aufsehen ließ. Ihre Blicke kreuzten sich. Für einen Moment sahen sie sich nur an.
„Und warum stehen Sie hier draußen, im Wind... in der Nacht...?“, fragte sie ruhig und senkte die Lider.
Erstaunt stellte er erneut fest, wie sehr sie ihn doch durchschaute. Ein Lächeln legte sich über seine Züge. Es war zum ersten Mal offen und ehrlich.
Sie standen still nebeneinander und lauschten in die Dunkelheit. Die von beiden so ersehnte Ruhe legte sich über sie und in dieser Sekunde kamen sie schweigend überein, nicht mehr gegeneinander zu kämpfen.
Sie wussten nicht, wie lange sie so standen. Die Nacht war stockdunkel, der Mond war längst untergegangen und der Wind blies heftig.
Hermine fröstelte. Sie zog den Umhang enger um sich, die nackten Füße waren eiskalt.
„Sie werden sich erkälten“, sagte er verhalten lächelnd.
Hermine kuschelte sich tiefer in den Stoff.
„Soviel Fürsorglichkeit?“
Er hörte das leise Lachen aus ihrer Stimme deutlich heraus. Was sollte er ihr darauf antworten? Er war nicht oft in seinem Leben in Verlegenheit geraten, aber jetzt fühlte er sich unangenehm berührt, obwohl er diese Situation bewusst heraufbeschworen hatte.
Hermines Instinkt war phänomenal, sie ließ ihm keine Zeit, noch länger darüber nachzugrübeln.
„Gute Nacht, Severus“, sagte sie leise und wandte sich zum Gehen.
Was für eine wunderbar unschuldige Geste. Er sah ihr nach, unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen, bis sie in der Dunkelheit verschwunden war.
Severus schloss die Augen und flüsterte ihr ein „Gute Nacht, Hermine“ hinterher.
~
Und es gab noch jemanden in dieser Nacht, der nicht schlafen konnte, der nachdachte und sich der eingeleiteten Schritte zu Rehabilitierung Severus Snapes nicht mehr ganz so sicher war. Die anfängliche Euphorie war verflogen und hatte einer gesunden Portion Skepsis Platz gemacht.
Nachdem auch sie versucht hatte, Schlaf zu suchen und es ihr nicht einmal ansatzweise gelungen war, die ersehnte Ruhe zu finden, hatte sich Minerva McGonagall an ihren Schreibtisch gesetzt und begonnen, die Stundenpläne für das kommende Schuljahr auszuarbeiten. Doch ihre Gedanken schweiften immer wieder ab, bis sie es schließlich aufgab, die Feder beiseite legte und das Pergament von sich weg schob.
Sie lauschte in die Dunkelheit. Da war nur das Ticken der Uhr an der Wand und die Geräusche der Nacht, und so vertraut sie ihr sonst waren, als so störend empfand sie sie jetzt.
Minerva seufzte leise auf, wenn sie an das Gespräch dachte, dass sie mit Lucius Malfoy zu führen gedachte. Sie stützte das Kinn auf die Fäuste, schloss die Augen und ließ das am Nachmittag geführte Gespräch mit Kingsley noch einmal Revue passieren.
Alles war vorbereitet. Die entscheidende Sitzung des Zaubergamots hatte stattgefunden. Das Geheimnis um den Verbleib Severus Snapes vermeintlicher Leiche war inoffiziell gelüftet. ?Viel böses Blut', hatte Kingsley gesagt und Minervas Unruhe damit noch zusätzlich angestachelt. Dennoch hatte er es fertiggebracht, dass Severus unter den Schutz des Ministeriums gestellt wurde.
Noch genügte ihr aller Wort. Aber die Fragen würden fordernder und die Schreie nach Beweisen für Severus' Unschuld lauter und mit ihnen die Zweifler.
Noch war es inoffiziell, die Zaubererschaft noch unwissend. Doch lange konnten sie ihnen diese Information nicht mehr vorenthalten. Auch wenn die Mitglieder des Gamots an ihr Wort zu Schweigen gebunden waren, konnten sie in der gegenwärtigen Situation nicht sicher sein, dass die Informationen wirklich hinter den Mauern des Ministeriums verborgen bleiben würden.
Jetzt war es an ihr und den Weasleys, die weiteren Schritte einzuleiten. Sie hoffte sehr, dass es Molly gelingen würde, Ron oder Harry zum Reden zu bringen. Wie würden sie reagieren, wenn sie erfuhren, dass Severus Snape in der Hütte nicht gestorben war?
Minerva schnaufte leise auf. Sie erhob sich und ging unruhig im Zimmer auf und ab.
Sie machte sich eigentlich keine Sorgen um Harry oder Ron und Mollys Überzeugungskraft, eher beschäftigte sie der Gedanke an Lucius Malfoy.
So abenteuerlich und gut sie ihren Vorschlag anfangs auch hielt, ihn ins Vertrauen zu ziehen und ihn zu bitten, sein Haus als Zuflucht für Severus zur Verfügung zu stellen, für so irrwitzig und überdreht hielt sie ihn jetzt. Dennoch blieb ihr nichts anderes übrig, als diesen Plan weiter zu verfolgen, wenn sie nicht wollte, dass Severus nach Askaban gebracht wurde. Und beinahe zweifelte sie an ihrer Menschenkenntnis und Beobachtungsgabe, die sie hatte sehen lassen, dass Malfoy nicht mehr Voldemorts Mann war.
Minerva seufzte laut und versuchte sich zu konzentrieren. Sie wog sehr genau Für und Wider gegeneinander ab.
Jedermann wusste, dass Malfoy zu Voldemorts engsten Vertrauten gehört hatte und dennoch konnte ihm keine Tat, die im Namen des Tyrannen begangen worden war, nachgewiesen werden, schien er weder mittel- noch unmittelbar daran beteiligt. Da gab es nur den einen Vorfall im Ministerium, für den er nach Askaban gebracht worden war. Auch wenn sie verachtete, was er getan hatte, erwischte sie sich dabei, wie sie im Stillen über Malfoys Talent, sich immer wieder gekonnt aus der Affäre zu ziehen, schmunzelte. Wenn sie es recht bedachte, konnte er das schon immer sehr gut, schon in seiner Schulzeit war es ihr aufgefallen. Malfoy war ein Fuchs, wenn es darum ging, andere auszunutzen und zu manipulieren. Und um dann, später, seine Stellung in der Gesellschaft zu festigen und seinen Einfluss auf gewisse Kreise auszudehnen, hatte Lucius Malfoy selbst Voldemort benutzt... Ein gefährliches Unterfangen.
Minerva unterbrach ihr stilles Auf- und Abgehen und blieb am Fenster stehen. Versonnen sah sie in ihr Spiegelbild, das sich vom dunklen Hintergrund sehr deutlich abhob.
Was für ein Glück, dass Lucius Malfoy sich selbst gestellt hatte. Es hatte ihm einen weiteren Aufenthalt im Gefängnis erspart. Man hatte ihn lediglich unter Aufsicht des Ministeriums gestellt und bis sein Prozess beginnen sollte, durfte er Malfoy Manor nicht verlassen.
Minerva nickte sich aufmunternd zu. Jetzt musste sie einfach vertrauen.
Ja, Malfoy Manor war der sicherste Platz für Severus.
Jetzt galt es nur noch, Lucius Malfoy zu fragen, ob sein Haus Zuflucht und Schutz für Severus sein durfte und wenn es so sein sollte, gab es nur noch eine Nuss zu knacken... Severus.

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Fortsetzung folgt…


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Dass die computer- und videogeprägten Kinder in 400-Seiten-Romanen versinken, reißt deren Eltern zu Jubelstürmen hin. Ganz abgesehen davon, dass auch die Erwachsenen längst mit der "Pottermania" infiziert sind.
Elisabeth Sparrer, Abendzeitung