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Fanfiction

Sein erstes Jahr - Ein verkorkster Tag

von käfer

Zum Geleit

Ich habe keine Ahnung, wie es in britischen Waisenhäusern zuging/geht, hoffe aber, dass das, was ich mir hier für S.S. ausgedacht habe, nur Spinnerei bleibt und nirgends auf dieser Welt Wahrheit wird.


Ein verkorkster Tag

„Komm schon, beeil dich!“
Die anderen verschwanden längst aus seinem Blickfeld, als er sich endlich auf den Besen schwang. „Auf!“ Das schnelle Aufsteigen verursachte ein angenehmes Kribbeln in den Eingeweiden des Jungen. Dann war er über den Baumwipfeln und sauste los, den anderen hinterher. In der Fernen tauchten bald die Türme des riesigen, uralten Schlosses auf. Er wusste, dass es ein guter Tag werden würde…
„…Los, los, hoch mit euch, aber dalli!“
…Er verlor die Balance und stürzte ab. Er fiel und fiel und …
„…He, du da, hast du gehört, es wird aufgestanden! Marsch, raus mit euch, Frühsport!“
Er öffnete die Augen. Das Doppelstockbett wackelte und quietschte, als über ihm David zum Fußende rutschte. Ein Schatten fiel auf das Gesicht des Jungen. Breitbeinig, die Arme in die Seiten gestemmt, den kugelförmigen Bauch vorgereckt, stand Mr. Rodney vor ihm. „He, Snape, brauchste ´ne Extraeinladung? Kannste haben!“ Die Decke wurde weggezogen, ein Pantoffel fand sein Ziel auf dem nackten Hinterteil und Severus wusste, dass heute kein guter Tag war.
„Beeilung, Beeilung! Raus aus den Federn! Rein in die Sportklamotten! Hopp, hopp! Oder wollt ihr aufs Frühstück verzichten?“ Der Reihe nach schubste Mr. Rodney die Jungen vorwärts, die das Pech hatten, in die Reichweite seiner Fäuste zu gelangen. Von der Tür aus beobachtete er, wie sieben magere Kerlchen und ein kleiner Mops in ihre verwaschenen, ausgeleierten Trainingsanzüge fuhren und zerknautschte Turnschuhe anzogen.
Mit matten Bewegungen, sich in seinen Traum zurückwünschend, zerrte Severus das Nachthemd über den Po, wälzte sich aus dem Bett und griff nach dem Stapel Sachen auf seinem Stuhl. Die Trainingshose war ihm viel zu groß, aber wenigstens würde er sie nicht nachher beim Rennen verlieren; Mrs. Parker hatte gestern einen neuen Gummi eingezogen. Severus bekam heiße Ohren, als er an die spöttischen Bemerkungen der Großen dachte, die das Malheur beobachtet hatten.
„Snape, du trödelst! Zwanzig Kniebeugen extra, auf der Stelle!“ Mr. Rodneys Stimme klang wie Peitschenhiebe, als er zählte: „Eins, zwei, drei…“ – „vier, fünf, sechs…“, grölten die anderen mit. Severus schluckte. Er hatte einen Wutkloß in der Kehle und würgte an Zornestränen.
„Die Arme sind nicht richtig ausgestreckt! Noch mal von vorn! – Eins, zwo, drei, vier, schneller, fünf,…!
„He, Snape, streng dich gefälligst an! Wir wollen noch frühstücken vor der Schule!“
Severus biss die Zähne zusammen. Wenn er nur seine besonderen Fähigkeiten einsetzen dürfte! Aber Lucius hatte ihn gewarnt. Er würde sich Ärger mit „denen vom Ministerium“ einhandeln und streng bestraft werden, wenn er es bewusst tat. Wer auch immer „die vom Ministerium“ waren – Ärger und Strafen hatte Severus auch so zur Genüge. Aber eines Tages würde er es tun dürfen. Dann würde er sich rächen. Er würde hierher zurückkommen und alle verzaubern, die ihn bestraft und gedemütigt hatten. Bis zu diesem Tag waren es noch genau sechs Jahre, denn heute war Severus´ elfter Geburtstag und erst mit siebzehn durfte ein Zauberer überall zaubern.
Toller Geburtstag, der mit Strafkniebeugen begann statt mit Geschenken wie bei den anderen Kindern aus seiner Schulklasse…
„Du lässt die Arme schon wieder hängen! Noch mal von vorn!“
Severus biss die Zähne fester zusammen, streckte die Arme und beugte die Knie. Ausgerechnet der fette Rodney, der garantiert keine einzige Kniebeuge zustande brachte, schikanierte sie mit Sport!
Da trat Patrick zwischen Severus und Mr. Rodney und sagte mit fester Stimme: „Bitte, Mr. Rodney, dürfen wir zum Frühsport gehen? Wir kommen sonst zu spät zur Schule.“
Patrick war zwei Jahre älter als die anderen Jungen und wog doppelt so viel wie jeder von ihnen. Mit einer Ausnahme: Severus war ein paar Wochen jünger als Patrick, brachte aber nur ein Drittel von dessen Gewicht auf die Waage.
Mr. Rodney unterbrach das Zählen, sah auf seine Uhr, murmelte: „Hast Recht“ und brüllte dann „Im Laufschritt raus und eine Runde am Zaun entlang!“
Severus war überhaupt nicht erleichtert über Patricks Einschreiten; er wusste nur zu genau, was nachher kommen würde. Und richtig, beim Frühstück plumpste Patrick auf den Stuhl neben ihm und fragte grinsend: „Na, habe ich dich nicht toll gerettet, Snape?“ Severus wollte den Dicken ignorieren, gab aber nach dem fünften Tritt ins Schienbein auf und brummte: „Hast du“ – „Und – wo bleibt das Dankeschön?“, forderte Patrick und tauschte seine leere Breischüssel gegen die noch mehr als halb gefüllte von Severus. Der langte schnell nach dem dünn mit Marmelade bestrichenen Toast – zu spät, Patrick biss schon hinein.
Severus traten die Tränen in die Augen. Fieberhaft überlegte er, wie er wenigstens das Schulbrot vor Patrick retten konnte. Aber auch das sollte ihn nicht gelingen. Kaum waren die Kinder aus dem Waisenhaus heraus und um die Ecke gebogen, baute sich Patrick vor ihm auf und forderte: „Snape, du hast noch Schulden bei mir. Her mit der Bemme!“ Severus drehte sich um und rannte in die Gegenrichtung, so schnell er konnte. Wie ein gehetzter Hase schlug er Haken und flitzte über die Wege der heruntergekommenen Siedlung. Aber heute hatte er kein Glück. David und Henry versperrten die schmale Gasse, die den kürzesten Weg zur Schule bildete. Severus musste den großen Bogen nehmen und er kam natürlich erst nach Patrick dort an. Der und seine Clique aus Sitzenbleibern umringten Severus. Die Größten hielten ihn fest, während Patrick seinen Ranzen auskippte und die Brote aus dem Haufen fischte. Die Großen stießen Severus zu Boden und verschwanden in der Schule.
Schniefend packte Severus seine Sachen zusammen und beeilte sich, ins Klassenzimmer zu kommen. Vor der Tür vertrat Miss Miller ihm den Weg. Ihre knochigen Finger gruben sich schmerzhaft in Severus´ Schulter. „Aber, aber! Wie siehst du denn wieder aus? Warum müsst ihr euch nur immer prügeln?“
Severus wollte protestieren. „Ich habe mich gar nicht…“, aber Miss Miller ließ ihn nicht ausreden. „Geh und wasch dich, aber schnell! Die Stunde fängt gleich an!“
Severus ging zu dem Waschbecken auf der linken Gangseite. Das war zwar weiter, aber er musste nicht an dem Klassenzimmer vorbei, in dem Patrick war. Severus schaffte es gerade noch, mit dem Stundenklingeln neben seinem Platz zu stehen und die Bücher auf dem Tisch zu haben. Dass die anderen hinter ihm tuschelten und kicherten, störte ihn längst nicht mehr, sie taten das täglich.
Mit dem Klingeln schloss Miss Miller die Tür und trat neben ihr Pult. Sie blieb wie jeden Tag eine ganze Weile mit aneinandergelegten Fingerspitzen stehen und musterte die Klasse, ehe sie „Guten Morgen“ sagte. Die dreißig Schüler knallten die Hacken zusammen und schmetterten das „Guten Morgen“ so zackig und laut wie Soldaten auf einem Kasernenhof.
Der Klassensprecher marschierte wie ein Feldwebel im Stechschritt nach vorn, nahm „Hab-Acht-Stellung“ ein, meldete, dass alle anwesend seien und marschierte zurück.
Severus fragte sich zum hundertsten Male, warum Miss Miller dieses Theater duldete. So gestreng die Miller auch daherkam mit ihren hochgeschlossenen dunklen Kleidern und dem grauen Haarknoten – Respekt hatten die Schüler nicht vor ihr. Wenn Severus Lehrer wäre, würde er dafür sorgen, dass er der Herr im Klassenzimmer wäre. Aber Severus würde bestimmt kein Lehrer werden; bei dem Pech, das er ständig hatte, würde er wohl eher als Straßenkehrer enden.
Unterdessen fragte Miss Miller die Anwesenheit ab; die meisten Schüler machten sich einen Spaß daraus, aufzuspringen und zu salutieren, wenn sie „hier“ riefen; sogar einige Mädchen taten das. Severus blieb sitzen, sein „hier“ klang eher gelangweilt.
„Oh, da habe wir ja heute ein Geburtstagskind!“, rief Miss Miller mit gespielter Freude und klatschte in die Hände. Severus wünschte, sie hätte es vergessen, so wie die in dem Heim. „So, Severus, nun komm doch mal nach vorn zu mir!“
Oh, wie er das hasste! Seine Füße waren wie Bleiklumpen, die Knie bestanden aus Watte. Miss Miller fasste ihn an den Schultern und drehte ihn mit dem Gesicht zur Klasse. „Und jetzt singen wir alle für Severus!“, forderte sie und die Klasse grölte „Happy Birthday“ so, dass Severus am liebsten im Boden versunken wäre. Vorgestern für Clemens hatten alle ordentlich und fröhlich gesungen. Aber Clemens hatte auch reiche Eltern und Süßigkeiten mit zum Austeilen…
„Nun, Severus, da hast du heute bestimmt schöne Geschenke bekommen. Erzähle uns doch, was war es denn alles?“
Die Kinder kicherten; Severus wäre am liebsten davongerannt und hätte sich versteckt. Aber er musste sich zusammenreißen; wenn er sich seinem Wunsch hingab, würde seine Magie ihn nur wieder auf die Lampe tragen wie neulich. Lucius hatte gesagt, als Zauberer müsse man vor allem eines können: sich beherrschen. Also biss er sich auf die Lippen und sagte: „Im Waisenhaus bekommt niemand Geburtstagsgeschenke.“ Er hatte laut und deutlich sprechen wollen, aber aus seiner Kehle drang kaum mehr als ein heißeres Flüstern.
„Ja nun“, sagte Miss Miller mit strenger Stimme, „Geburtstagsgeschenke bekommt eben nur, wer sie auch verdient hat.“
Dieser Satz brachte Miss Miller einen der vorderen Plätze auf Severus´ geheimer Racheliste ein. Unter schadenfrohen Rufen seiner Mitschüler ging er zur Bank zurück und setzte sich.
Endlich ging die Lehrerin zum Unterrichtsstoff über. Sie sollten eine Geschichte lesen, in der es um einen Mann ging, der behauptete, zaubern zu können. Ein kleines Mädchen entlarvte ihn als Schwindler; der letzte Satz lautete: „Wirkliche Zauberer gibt es nicht!“
Severus hätte mit einigen wenigen Worten das Gegenteil beweisen können, aber er durfte es nicht. Lucius hatte ihm eine ganze Menge herrlicher Zaubersprüche beigebracht, aber er hatte ihn auch gewarnt. Wenn Severus einen von ihnen an Muggeln ausprobierte, würde er eingesperrt werden und Lucius gleich mit. Das wollte Severus auf keinen Fall, Lucius Malfoy war sein einziger Freund.
Vor einigen Jahren, als Severus in der ersten Klasse war und gerade das Alphabet beherrschte, hatte er sich nach einem Streit mit Clemens in der Krone der riesigen Kastanie auf dem Schulhof wiedergefunden, ohne zu wissen, wie er dahin gekommen war. Beim Wiederherunterklettern und Abspringen hatte er sich ganz schön wehgetan. Ein größerer Junge hatte ihm aufgeholfen und gefragt: „He, Kleiner, bist´n Zauberer, was?“
Severus hatte den Jungen nur angestarrt und kein Wort herausgebracht. Der Fremde hatte ihn in eine Ecke des Schulhofes geführt und dann gesagt: „Ich heiße Lucius und ich bin ein Zauberer. Mein Dad ist auch einer und meine Mum ist eine Hexe. Und du bist auch ein Zauberer, sonst könntest du nicht mit einem einzigen Sprung bis hoch in die Kastanie kommen.“
„Bin ich das denn?“, hatte Severus ungläubig gefragt, „ich habe keine Ahnung, wie ich da hoch gekommen bin“, und Lucius hatte ihm erklärt, dass sich die magischen Kräfte so äußern, wenn sie nicht ausgebildet werden. Von da an hatte Severus in jeder großen Pause nach Lucius gesucht. Der erzählte ihm mit unendlicher Geduld alles über das Leben der Zauberer und dass sie ihre Kräfte vor den Muggeln geheim halten müssten.
Lucius kannte schon eine Menge Zaubersprüche, er erklärte sie Severus und der merkte sich alles, auch wenn er keine Gelegenheit hatte, etwas auszuprobieren. Heimkinder waren nie allein, nicht mal auf dem Klo.
Eines Tages hatte Lucius verkündet, dass er in Hogwarts weiterlernen würde. Das war eine Zaubererschule, ein Internat, und Severus traf Lucius nicht mehr. Manchmal kam nachts ein Uhu angeflogen und brachte einen Brief von ihm; Severus band dem Tier dann alle Briefe ans Bein, die er an Lucius geschrieben hatte.
Was Lucius schrieb, klang ungeheuer spannend. Hogwarts war so ganz anders als die Grundschule, in die Severus ging. Keiner machte einem Vorschriften, wann man was tun musste, keiner schickte einen ins Bett. Und die vielen Schulregeln waren nur dazu da, um gebrochen zu werden.
Und Lucius schrieb ihm alle möglichen Sprüche auf, die er gelernt hatte: Wie man jemandem Hasenzähne anhexte oder grüne Haare wachsen ließ oder die Beine lähmte oder, oder, oder…
Leider kam Lucius´ Uhu immer seltener, je länger er fort war. Inzwischen steckten unter Severus´ Matratze schon zehn Briefe, und seine Angst wuchs, dass einer der Erzieher Kontrolle machen und das Papier finden würde.

Von Lucius wusste Severus auch, dass man am elften Geburtstag einen Brief bekam, wenn man für Hogwarts vorgesehen war. Er hoffte sehr, dass er den Brief heute bekommen würde; er wollte dorthin, wo sein Freund war. Allerdings hatte er keine Vorstellung, was er machen sollte, wenn wirklich eine Eule geflogen kam. Er konnte ja schlecht zu Miss Poultry gehen und sagen: „Ich gehe nächstes Jahr nach Hogwarts“, wenn die Existenz der Schule gehein gehalten werden musste…
Miss Poultry würde sich wahrscheinlich bekreuzigen und ohnmächtig werden, wenn Severus sich hinstellen und verkünden würde „Ich bin ein Zauberer.“ Und dann würde er wieder stundenlang mit gefalteten Händen auf dem Boden knien und das Kruzifix anstarren müssen, wie neulich, als Linda aus der Gruppe zehn ihn gehänselt hatte. Severus war vor Wut mit seinen Fäusten auf das Mädchen losgegangen. Linda hatte sich wehren wollen, aber ihre Hände waren plötzlich von ihren eigenen Zöpfen gefesselt gewesen. Dummerweise hatte Miss Poultry alles gesehen und Severus musste bei ihr antanzen und den ganzen Nachmittag knien und den lieben Gott bitten, ihn auf den rechten Weg zu führen.
Ein lauter Knall riss Severus aus seinen Gedanken. Erschrocken sah er hoch. Miss Miller knallte das Klassenbuch zum zweiten Mal auf den Tisch. „Aufgewacht, Snape? Dann steh auf und erzähle uns, was du gelesen hast!“ Die Klasse kicherte. Severus presste die Lippen zusammen und konzentrierte sich auf den Text der Geschichte. Er konnte heute kein magisches Malheur gebrauchen. Patricks „Rettungsaktion“ und die tolle Gratulation reichten für den Tag, zumal sich Severus´ Magen schon meldete.
Ohne sich von den Hintergrundgeräuschen ablenken zu lassen, gab Severus den Inhalt der Geschichte wieder. Wie immer hatte es gereicht, den Text einmal rasch zu lesen und schon kannte er ihn fast auswendig.
Miss Miller quittierte seine Rede mit einem lakonischen „Glück gehabt. Setzen.“ Dann ließ sie die Schüler eine Liste mit allen unregelmäßigen Verben anfertigen, die in der Geschichte vorkamen. Hausaufgabe war ein seitenlanger Lückentext, den sie abschreiben und dabei füllen sollten.

Der Vormittag zog sich endlos in die Länge. Severus verhielt sich still und versuchte, keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen. Dummerweise stand in der dritten Stunde Musik auf dem Stundenplan und ausgerechnet Severus musste nach vorn zum Vorsingen. Singen war etwas, was er noch nie gekonnt hatte. Den Text kannte er auswendig, aber er traf keinen einzigen Ton. Vor allem die Mädchen bogen sich vor Lachen. Am lautesten lachten die, die selber nicht besser sangen als Severus. Mr. Turner ermahnte die Weiber nicht einmal, aber er schickte Severus hinaus, als der bei Annes Gesang so lachte wie sie vorher bei ihm.
In der letzten Stunde zwickte der Hunger so sehr, dass es Severus übel wurde. Er konnte sich überhaupt nicht konzentrieren und verrechnete sich ständig. Mrs. Hendersen sah ihn mehrmals prüfend an. Nach der Stunde hielt sie Severus zurück. „Du siehst so weiß aus, bist du krank?“ – „Nein, nur hungrig“, antwortete Severus.
„Na, dann geh mal Essen, bevor du umkippst.“ Severus atmete auf. Er war froh, dass Mrs. Hendersen nicht weiter fragte. Sie hatte schon einmal versucht, Patrick dafür zu bestrafen, dass er Severus das Frühstücksbrot geklaut hatte. Am nächsten Tag war Severus mit einem Veilchen in der Schule erschienen.
Die Viertklässler hatten heute eine Stunde früher aus als die 5b, in die Severus ging, und die 5a und c eine Stunde später. Weil die Schulleitung vor etlichen Jahren einmal festgelegt hatte, dass die Kinder aus dem Waisenhaus auf die verschiedenen Klassen verteilt wurden, war Severus das einzige Heimkind in der Klasse und konnte heute in Ruhe essen. Patrick würde ihm auch auf dem Heimweg nicht auflauern; die Erzieher achteten darauf, dass die Kinder pünktlich zurückkamen. Mister Rodney machte selbst bei seinem Liebling keine Ausnahme.
Severus beeilte sich, ins Heim zu kommen. Mr. Rodney stand breitbeinig in der Eingangshalle und sah demonstrativ zur Uhr. „Ab ins Hausaufgabenzimmer, aber dalli!“ Als ob Severus das nicht selber wüsste! Schließlich mussten sie immer dorthin, wenn sie aus der Schule kamen. Gespielt werden durfte bestenfalls später, wenn die Kleinen ihren Mittagsschlaf beendet hatten. Severus kannte den Tagesablauf im Waisenhaus, er war schon seit Ewigkeiten hier. Und keiner kam, um ihn zu adoptieren. Manchmal hatte jemand das Glück, adoptiert zu werden. Manchmal brachten die Pflegeeltern das Kind aber auch wieder zurück.
Im Hausaufgabenzimmer beugten sich die Schulkinder über ihre Hefte. Miss Poultry zeigte auf den freien Platz neben Patrick. Ausgerechnet dorthin! Patrick grinste und schob Severus sein Rechenheft hin. „Wenn dir dein Abendessen lieb ist, machst du für mich Mathe!“ – „Eh, ich hab´ selber genug zu tun!“ – „Dein Problem.“
„Snape! Ruhe!“ Miss Poultry trat zwei Schritte näher an Severus heran. Der nahm sein Englischbuch mit dem Lückentext heraus, aber Patrick schob das Matheheft darüber. Wenn er sein Abendbrot behalten wollte, musste er wohl oder übel Patricks Hausaufgaben machen. Mal sehen. Multiplikation drei- und vierstelliger Zahlen, kein Problem. Severus schmierte Rechnungen und Lösungen hin, dabei verrechnete er sich absichtlich mehrmals. Sollte der Fette doch sehen, wo er blieb.
Seine eigenen Aufgabe erledigte Severus schnell und sauber, jedoch hieß Patrick seinen Füller über Severus´ Heft rollen und machte einen dicken Klecks mitten auf die Seite. „He, Snape, gib meinen Füller her!“
Es funktionierte, wie immer. Miss Poultry fuhr herum. „Was ist los?”
„Snape hat meinen Füller weggenommen!“ Auf weinerliche Kinderstimmchen reagierte Miss Poultry immer – außer, wenn Severus derjenige war, der den Tränen nahe war. Prompt sah sie den Klecks, strich mit ihrem Rotstift Severus´ Hausaufgabe durch und zwang ihn so, den ganzen Text noch einmal zu schreiben. „Du solltest heute zur Beichte kommen, Snape.“ Das war ein Befehl, auch wenn Severus nicht wusste, welche Sünde er begangen haben könnte. Aber Miss Poultry würde schon eine einfallen, sie fand immer etwas Beichtenswertes.
Wegen der doppelten Hausaufgabe musste Severus darauf verzichten, mit den anderen draußen zu spielen. Das fiel ihm nicht schwer; er durfte sowieso nirgends mitmachen.
Nach dem Teetrinken wurde die Post verteilt. Nur ganz wenige bekamen Briefe; wer in diesem Waisenhaus leben musste, hatte normalerweise niemanden mehr, der einem schreiben konnte. Paul durfte vor, seine kranke Oma hatte ihm ein paar Zeilen geschickt und Elizabeth bekam einmal im Monat Post von ihrer Schwester, die in einem anderen Heim untergebracht war. Wie immer heulte Elizabeth los, kaum dass sie den Brief gelesen hatte. Paul und Elizabeth hatten wenigstens noch jemanden aus ihren Familien. Alle anderen waren ganz alleine, etliche von ihnen waren als eingewickeltes Bündel irgendwo gefunden worden.
Severus hatte einmal ein richtiges Zuhause gehabt, mit einer Mummy, die mit ihm schmuste und einem Daddy, der mit ihm Ball spielte. Seine Eltern hatten sich ganz oft gezankt, ansonsten erinnerte er sich an nichts weiter. In seinen schlimmsten Träumen fuhr er mit dem Daddy im Auto, ein großer weißer Wagen kam von der Seite, es krachte und alles um Severus herum wurde schwarz. Dann wachte er immer auf und war froh, wenn er in dem knarrenden Bett im Waisenhaus lag.
In der Nacht nach seinem elften Geburtstag war Severus aber gar nicht froh, in dem Waisenhaus aufzuwachen. Er fühlte sich einsam und verlassen wie nie zuvor. Sein Freund hatte ihm nicht zum Geburtstag geschrieben und der ersehnte Brief von Hogwarts war auch nicht gekommen. Wahrscheinlich war er nicht für würdig befunden worden, in die Zaubererschule zu gehen. Oder vielleicht durften dort nur Kinder hin mit „ordentlichen Eltern“, wie Lucius einmal geschrieben hatte? Aber er hatte doch ordentliche Eltern gehabt, oder nicht? Severus hatte so sehr gehofft, aus dem Waisenhaus herauszukommen und ein mächtiger Zauberer zu werden. Und jetzt war diese Hoffnung dahin, geplatzt wie eine Seifenblase. Er zog die Decke über die Ohren und weinte sich in den Schlaf.


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