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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Zu viel

von Teekon

Auf und ab schritt er mit langen, bedächtigen Bewegungen, und nach jedem Anheben eines Fußes schien er für Sekunden halb in der Luft zu schweben, ehe die Schwerkraft ihn unbarmherzig wie an einer Kette wieder in den Kontakt mit dem Boden zog. Immer hin und her, die kurze Strecke des rechteckigen Grundstücks absteckend wie jemand, der mit Hilfe der eigenen Schritte messen will oder wie ein Biologe auf der Suche nach Fröschen in einem Feuchtbiotop. Und wenn er dann wieder sicher auf der Erde stand, auf seiner imaginären Linie zwischen der buckligen Terrasse und der vom Tau getränkten Wiese, vollführte er sein Ritual erneut.

Den Zauberstab in der Rechten, holte er zu einem ausladenden, eleganten Bogen aus, den er gegen den Uhrzeigersinn mit schwingendem Handgelenk in eine Spirale transformierte, dass eine Spur schimmernden Silbers aus der Spitze brach und wie die Fünkchen einer Wunderkerze verflogen im leichten Wind, ehe sie das Gras berührten. Anschließend ballte er beide Hände zu Fäusten, formte eine Barriere aus seinen sehnigen Unterarmen vor seiner Brust, entspannte die Finger wieder und streckte sie aus, bis die Handflächen streng nach außen zeigten. Schließlich sackten die Schultern wieder zusammen, und er begann die ganze Geschichte von vorn. Wieder und wieder.

Sie wusste, was er tat dort unten, ohne die gemurmelten Zauberformeln dazu hören zu müssen, die nur seine Lippenbewegungen verrieten. Oh, natürlich hatte sie gelernt, das zu tun, was er dort unten bewerkstelligte, und es war auch nicht so, dass sie es nicht vor Kurzem erst selbst getan hätte. Andromeda Tonks, geborene Black, war ebenso heiß talentiert wie ihre gesamte Sippe, und dennoch spürte sie eine Art von Stärke und Kraft in den Flüchen und Fallen, die an diesem Abend über ihr Haus und ihren verwunschenen Feengarten gelegt wurden, die ihr prickelnde Schauer in den Nacken legten. Sie musste sich die brünetten Locken fort wischen, um das Gefühl erträglicher zu machen.

Nicht unangenehm, auf keinen Fall. Es war eher wie in einer großartigen Kirche, wenn man spürte, da ist irgendwas, oder wie in Stonehenge, wo noch immer die Magie der Altvorderen pulsierte und in jeden Knochen stieg. Keine Ahnung, wie er das hinbekam, und dennoch war es so deutlich, dass sie die sich aufbauende Glocke förmlich wahrnehmen konnte. Ein Vibrieren der Luft, hoch oben, das Vögel und Regentropfen hindurch ließ, aber nichts und niemanden, der dieser Familie schaden wollte. Selbst Moskitos zerplatzten daran wie von einem Hochgeschwindigkeitsgeschoss getroffen. Sich selbst in den Arm nehmend und die feine Strickjacke über ihre Arme reibend, musste Andromeda lächeln.

In fast völliger Dunkelheit, nur begleitet von einer einzelnen Lampe auf dem Fenstersims des Wohnzimmers, staksten Remus Lupins lange Beine von Mauer zu Mauer, beobachtet von Nachbars Katze auf einem überhängenden Ast und der Frau auf dem kleinen Balkon zwischen Bad und Schlafraum. Längst war Ted in die Federn gekrochen, musste sich ausruhen und erholen von erneutem Schreck und den Nachwehen der schrecklichen Folter, die man ihm angetan hatte. Sie hatte selbst ein paar der Flüche abbekommen, doch mit ihr waren sie nachsichtiger gewesen als mit ihm. Und das lag nicht daran, dass er der Mann im Hause war, das war ihr genauso klar wie jedem anderen. Die Wut darüber köchelte nur sehr leise, besänftigt durch die laue Sommerbrise und das Bild des Wachenden da unten.

Er war großartig gewesen heute. Dafür gab es kein anderes Wort. Wie er sich vor sie gestellt hatte. Nicht nur vor Dora, nicht nur vor sie selbst, sogar vor Ted. Vor seine Familie. Unbewaffnet, ohne den Zauberstab, war er zur Tür gegangen, wissend, was für Leute dahinter stehen würden, was sie möglicherweise tun könnten. Ohne mit der Wimper zu zucken, ohne einen Lidschlag lang zu zögern. Nicht mal gezittert hatte er. Ganz anders als sie. Und das war nicht, weil er nicht miterlebt hatte, was an jenem Abend der Hochzeit geschehen war im Hause Tonks, weil er keinen Schimmer hatte, was ein Cruciatus bedeutete. Oh nein. Er kannte es sehr genau. Und trotzdem aufrecht voran.

Ein solch unerschütterlicher Stolz, ein so unbrechbarer Mut, was für ein Rückgrat, und das nach all diesen Jahren der Schmähung, der Beleidigung und des Verlustes, materiell und menschlich, das war kaum auszuhalten. Als gäbe ihm das ein inneres Licht, das niemals erlöschen könnte. Ein Stück weit erkannte sie darin jenes Ideal, jene Tugenden, die ihr in ihrer Kindheit so nahe gebracht worden waren, und dennoch drängte sich gleichzeitig ein ganz anderes Symbol in diese Idee hinein, dass man fast laut lachen wollte: Der steigende Löwe. War es das, was letztendlich ausschlaggebend war unter dem ranzigen Hut auf einem winzigen Schemel? Das vollkommene Hochbild des Gryffindor?

Ja, es war ihr nicht leicht gefallen, ihn zu akzeptieren, zumindest nicht als Schwiegersohn. Ach, das war völlig untertrieben. Ausgerastet war sie. Hatte es nicht verstehen können, kein Stück, kein bisschen. Immer hatte sie sich vorgestellt, dass Nymphadora irgendwann einen wenig bekannten und trotzdem fabelhaften Zauberer anschleppen würde, der vielleicht nicht unbedingt perfekt, aber zumindest passabel gewesen wäre. Wie genau das ausgesehen hatte, das hatte sie nie zu träumen gewagt. Dafür war das Mädchen einfach zu verrückt, hatte zu viel von ihr und im selben Moment zu viel von Ted. Aufbrausend bei allgemeiner Sorglosigkeit. Keine gute Mischung für langfristige Planungen.

Im Nachhinein kam sie sich merkwürdig vor. Dumm? Nein, nicht direkt dumm im Sinne von mangelnder Einsicht und Intelligenz. Eher … Andromeda suchte das Wort dafür und konnte es nicht recht greifen. 'Spießig', hätte die Kleine gesagt. Und das nicht im positiven Sinne. Nicht 'konservativ', nicht einmal 'verbohrt'. Es war so schwierig, solche Vorverurteilungen, solche anerzogenen Ansichten und weiter gepflegten gesellschaftlichen Anpassungen aus dem Kopf und aus dem Herzen zu brennen.

Aber er konnte das. Bei ihm fiel es nicht schwer. Nicht in dieser Konstellation, mit ihr, mit all dem, was hier ringsherum geschah. Und mit einem Mal waren alle Türen offen. Remus John Lupin gehörte zu ihnen, gehörte auch zu ihr. Und von heute an würde das so sein, mit allen Konsequenzen, so als wäre es schon immer so gewesen. Andromeda seufzte erneut und griff hinaus, um das bis zum Boden reichende Fenster von seinem Haken zu lösen und in die Verriegelung zu ziehen, ehe sie zu Bett gehen und sich ganz eng an Ted kuscheln wollte. Und da unten stapfte er immer noch hin und wieder zurück und murmelte seine Schutzzauber.

„Occultatio,“ rezitierte Remus, und erneut schwirrten britzelnde Sterne aus seinem Zauberstab. Stärker wurde der Schild, er fühlte die Potenzierung des Fluchs regelrecht in seinem Arm, während er ihn noch zurückzog für seine Geheimwaffe. Viel zu selten angewandt, viel zu viel davon verborgen. Alle hätten diese Form der Magie nun gebrauchen können, um ihre Häuser und Heime zu schützen, den Fuchsbau, die Stadtwohnung, das Cottage von Dedalus, das sie bis auf die Grundmauern niedergebrannt hatten, weil ihnen niemand geöffnet hatte. Dass Diggle nicht dort gewesen war, dass er fort war, um irgendwo in England die Dursleys zu bewachen, das konnten die Todesser nicht wissen. Ihn für tot halten, sollten sie ruhig. Etwas Besseres konnte ihm kaum passieren zur Zeit. „Hares,“ betete er den ersten Teil herunter, die Fäuste geballt, „hafeth,“ beendete er und drückte den nicht vor ihm stehenden Feind von sich weg, vom Reihenhaus fort.

Das war, wie Feuer und Wasser ineinander zu schütten, ohne sie zu annihilieren, wenn er erst zauberte mit Filius Flitwicks Stimme im Ohr, mit Wissen aus „Höhere Magie“ von irgendeinem Inselhexer, dessen Name ihm im Augenblick nicht wichtig genug war, um ihn zu erinnern, um im nächsten Moment diese uralte Formel aus dem Wüstensand zu heben, der ihm damals um die Füße gespült war. Auf der Düne am Südrand des Palmengartens von Al-Iskandariya. Ja, die Schergen des Dunklen, nein, vielleicht nur er selbst, hatten genau diese Zauber durchbrochen in jener Nacht, aber auch nur, weil sie darauf vorbereitet gewesen waren. Hier, würden sie damit rechnen, Sternenzauberei entgegen geworfen zu bekommen?

„Occultatio.“ Der nächste Schritt vollendet, und Remus begann von vorn. Das wie vielte Mal war das nun gewesen? Eine blinkende 20 tickerte auf dem Handzähler, der an einem Knopf seines schäbigen Hemdes baumelte wie sonst am Daumen eines Ornithologen, der an den Bächen in Buckinghamshire Eisvögel suchte. „Hares,“ ignorierte er und blieb in seinem Rhythmus. Nichts und niemand nahm er wahr, weder den schnurrenden Kater dort oben, dessen Schwanz ruhig hin und her baumelte, noch die zunehmende Dunkelheit hier draußen im Garten, als oben die Nachttischlampe gelöscht wurde. „Hafeth.“ Einmal noch, dann war er bei 21. 3x7. Zwei magische Zahlen, eng umschlungen. Die Macht dessen bebte förmlich, wie er dazu ansetzte, sie zu vervollkommnen.

Sie hatte es nicht gesehen von da oben. Und selbst wenn, es hätte sie nur wenig beunruhigt. Wie sollte jemand sonst aussehen dieser Tage, als blass und bleich mit tiefen, dunklen Ringen unter den matten Augen, auch wenn der Mond vollkommen verschwunden war am Neubeginn seines monatlichen Zyklus? Diese steile Falte, gepaart mit horizontalen Linien von einer Schläfe zur anderen, die waren ihr nicht vertraut, die wären niemals ein Alarmzeichen für sie gewesen. Und als Dora zu Bett gegangen war, da waren sie so nicht da gewesen. Denn auch das konnte Remus Lupin gut: Sich verstellen.

„Occultatio,“ kreiste der Arm, das Bein nicht mehr ausgestellt für einen nächsten Schritt, und als hätte er es so vorausgeplant, kam Remus genau an der Mauer zum Stehen. Gerade Platz genug für seine dazugehörigen Gesten blieb. Das kühle Holz aus geschnittener Erle, leicht rötlich davon, 'blutend', der Baum, der die zwei Welten miteinander verband, war die Spitze gleichzeitig heiß wie glühende Kohlen von der ungeheuren Menge an Magie, die sie gebündelt und abgegeben hatte, schmiegte sich an seine Elle dabei. „Hares.“ Es war ihm, als pralle er förmlich dagegen. Die Sperre war da. „Hafeth.“ Und ein klangvolles Geräusch, als schließe man mächtige Tore in einer unüberwindbaren Stadtmauer aus mittelalterlichen Tagen, ließ ihm die Ohren klingeln.

Vollbracht. Einen Lidschlag noch verharrte der schlanke, hochgeschossene Mann, ehe er sich wieder komplett aufrichtete und das Rückgrat durchdrückte. Und dennoch blieb er, dieser Knick, den man werten konnte als eine Anpassung an ein Leben unter durchschnittlich wesentlich kleineren Menschen. Aber wer Remus Lupin kannte, der wusste, dass er sich beugen ließ unter zu großer Last. Gemüsekisten auf den Schultern, auf dem siebten Halswirbel, so wie die Erde auf Atlas. Einen tiefen Atemzug tat er und seufzte, versenkte den Zauberstab an seinem üblichen Ort und schaute sich um in diesem so wunderhübschen kleinen Garten, den er so oft in den vergangenen Tagen aufgesucht hatte. Weil er hier freier atmen konnte, auch wenn es gefährlich war, sich unter dem Himmel aufzuhalten nach der Hochzeit.

'Wo ist Potter?' hatten sie gefragt. Jeden, den sie in die Finger hatten kriegen können. 'Wo ist Potter?' Merlins goldene Sichel, es waren nicht viele gewesen. Die meisten hatten sich davon appariert, sobald sie gemerkt hatten, dass die Schutzzauber aufgehoben worden waren, und geblieben waren nur die kämpfenden Mitglieder des Ordens. Fast hätte er grimmig geschnaubt, wie er darüber nachdachte. Klar. Die, von denen man am meisten erfahren konnte. Die eigentlich am weitesten weg gehört hatten. Die, denen die drakonischsten Strafen drohten. Weil sie es wussten. Weil Vermutungen genug waren. Erwischt hatten sie auch davon kaum einen.

Es war nicht schlecht gelaufen, trotz der aussichtslosen Situation, das konnte man nicht anders sagen. Mad-Eyes letzter Meisterplan. Als die Schlacht vorbei gewesen war, als Rauch und Gestank sich zu senken begonnen hatten über dem zerstörten Zelt und einem hier und da schwellenden Fuchsbau, war nur noch anwesend gewesen, wer auch irgendwie dorthin gehört hatte. Mit Ausnahme von Dora und ihm. Wenn er nur flüchtig daran dachte, sich nur leise erinnerte an diesen grässlichen Moment im Weasley'schen Vorgarten, zuckte Remus' Kinn zurück und über seine Schulter, wo das lange Fenster von schweren Rollläden versperrt wurde. Da schlief sie.

Ein Schauer aus heißem Schweiß sickerte ihm die Wirbelsäule hinunter, der Mund urplötzlich ganz trocken, und er musste die Augen schließen und sich von der Feuchtigkeit der Sommernacht abfangen lassen. Dieselbe brodelnde Wut wie heute Abend. 'Zuckerpüppchen'. Sie wäre fast geplatzt, als sie endlich aus ihrem Versteck hatte kriechen können, in das sie so einfach und so leicht gestiegen war, völlig unverständlich für ihre Eltern, denen sie es nicht erklärt hatten. Dabei hatte sie es nicht hören können. Die Erinnerung an ihren Onkel hatte gereicht, um sie auf eine Palme zu treiben von der Größe eines dreistöckigen Wohnhauses. Es pflanzte ihm einerseits ein Lächeln ins Gesicht, andererseits verkrampften sich seine Finger zu einer weißen Faust.

'Abscheuliche Gesellschaft, ja?' hatte sie gefaucht. 'Abartigkeit?' Oh, wieso musste sie es noch wiederholen? Warum musste sie jedes Wort wie schmelzendes Eisen nur noch fester in seinen Schädel einbrennen? Lächerlich. Aus Lestranges Mund war es nicht anders als sonst. Und trotzdem wie Salz in offenes Fleisch. Weiter mochte er nicht denken. Für einen winzigen Eulenflügelschlag in der Zeit hatte er geglaubt, es wäre eine Lösung gewesen, wenn sie einfach nicht mehr zur Arbeit ging, wo Imperius und Hinterhalt lauerten, wo alles, was sie sagte und tat, sie in größte Schwierigkeiten bringen konnte. Das fragile Gebilde mit einem Schlag vernichtet, so als hätte Rabastan, den er schon so oft in offenem Kampf verprügelt hatte, als wäre er ein Erstklässler und Remus der große Präfekt, auf jüdischer Hochzeit auf ein Glas getreten.

Er steckte sich nicht die Hände in die Taschen, wie er es sonst nach erfolgreich und zur eigenen Zufriedenheit getaner Arbeit machte. Keinen Kieselstein kickte er fort. Gähnen tat er nicht. Der so unheilschwanger runde Knick in seinem Rückgrat blieb, wie Lupin sich herumdrehte und das kurze Stück vom Rasen auf die Terrasse erklomm. Nicht einen Blick zurück gönnte er sich, und die Katze erhob sich auf ihrem Ast, streckte sich, dass sie einen Buckel bekam und hüpfte auf Seiten der Nachbarn von ihrem Baum. Nichts mehr zu sehen.

Dawlishs Häme dazu. Ja, sie hatten darüber gesprochen, und Dora war sich sicher gewesen, absolut sicher, dass er nicht er selbst war. Und dennoch. Mehr als ein Fünkchen seiner eigenen Ansichten steckte in seinen Worten, mehr als nur die Bosheit desjenigen, der ihn verhext hatte, leuchtete aus seinen Augen, wie er gedroht hatte, wie er ihr den Zauberstab so fest zwischen die Rippen gebohrt hatte, dass sie noch immer einen blauen Fleck an dieser Stelle unter ihren Kleidern verbarg. Daran änderte auch ihre Fähigkeit zur Metamorphose nichts. Verletzungen konnte sie damit nicht einfach loswerden. Vor seinem geistigen Auge erschien die Schreckensvision, der klebrig rote Fleck im Sand unter dem Bogen des Todes. Remus schloss die Augen, um sie loszuwerden, doch er blieb nicht stehen und trat sorgsam und leise ein.

'Wo ist Potter?' hatte auch er sie gefragt. Kein Wort verraten. Wie auch? Nur für einen Blitz in all dem Chaos hatte er den roten Schopf von 'Barney' in der Menge verschwinden sehen, Hermine (Gott sei Dank) dicht bei ihm, und dann war alles in den Händen des Schicksals gewesen. 'Er war nicht hier, falls dir das nicht aufgefallen ist, du strunzdummer,' sie hatte jede Silbe in die Länge gezogen, jeden Laut genossen in seinem eisernen Klammergriff, 'Feigling, Dawlish!' Und er hatte dagestanden wie ein Baum in absoluter Flaute, wie einer der Megalithen von Carnac. Hilflos. Wie er's noch nie zuvor gewesen war. Wie er zuerst die Tür, anschließend das Fliegengitter schloss, zitterten ihm die Hände.

War man wie er, gewöhnte man sich irgendwie daran, die Kontrolle zu verlieren, den eigenen Körper, den eigenen Geist, einem dämonischen Monster zu überlassen für einen vollen und zwei halbe Tage im Monat, so entsetzlich das auch klang. Immer kämpfen – das ging nicht. Es kam irgendwann der Abend, an dem man aufgab. Vielleicht nicht gänzlich, anders vielleicht schon wieder, wenn es das nächste Mal geschah, aber ja, es passierte. Das war anders. Weil die Erinnerung daran verlosch wie eine Kerze, die im Sturm steht. Und weil es übermächtig war. Aber das. Er lehnte kurz seine Stirn gegen den kühlen Rahmen und presste die Kiefer aufeinander, um sich zusammen zu reißen. Weiter zu machen.

Dawlish hätte. Dawlish hätte alles tun können. Remus hätte gebettelt. Niemals zuvor, nicht mal im tiefsten Winter, stach der Hunger ihm ein Loch unter den Rippenbogen, hatte er sich so weit herabgelassen. Verändert nun alles. Das war nicht auszuhalten. Keine Ahnung, wie er weiter laufen konnte, den Schalter der elektrischen Lampe betätigte und mit der Dunkelheit des Wohnzimmers verschwamm. Seine Knie spürte er kaum noch, und trotzdem taten sie ihren Dienst und trugen ihn in die Küche hinüber. Wie immer stand die Tür zum Flur offen, doch nichts mehr drang noch durch das stille Haus als das Ticken der Tischuhr auf der Kommode unter dem Ankleidespiegel.

Es erhob ihn in höchste Gefilde, brachte ihn so nah an den Himmel, den wahren Himmel, nicht bloß das blaue Nichts über ihnen, dass er nur eine Hand auszustrecken brauchte, um sich hochzuziehen und für immer in Glückseligkeit zu verbleiben. Und gleichzeitig zerrte es ihn hinab in Höllenqualen, als hätte er solche nicht schon tausendfach erduldet. Ihrer aller Gesichter erschienen ihm im Schlaf, so viele, dass er sie kaum zählen und selten noch auseinander halten konnte, nur er nicht, nur sein eigenes nicht. Er stand. Aufrecht. Allein. Allein? Genau das war die größte Furcht. Denn wenn kein einziger es jemals geschafft hatte, bei ihm zu bleiben, egal wie sehr sie es auch wollten, wieso sollte sich das nun ändern? Und die Vorzeichen erneut so klar wie Quellwasser und so dicht wie Themsenebel.

Daraus gab es nur einen Ausweg. Nicht wahr? Im Grunde seines Herzens wusste er das. Es war schon immer so gewesen. Nur geweigert, es auch zu sehen, es verleugnet. Immer noch trieb es nur in der Brühe der Zukunft, die niemand zu sehen vermochte außer den wenigen mit der Gabe, doch so nah unter der Oberfläche nun, dass er es beinahe erkennen konnte. Wie ein Foto, das noch im Ammoniumthiosulfat flotierte. Das er gar nicht sehen wollte. Wo doch gerade alles so – lebenswert – geworden war. Nicht richtig. Und doch so wahr.

Die Küche versprühte immer noch den Charme der Siebziger mit dem schwarz-weiß gekachelten Boden (wie drüben in Bloomsbury – es fiel ihm jetzt erst auf) und dem orangefarbenen Plastik der Sitze und Rückenlehnen der Stühle. Remus berührte nichts, wie er dank seiner langen Beine in wenigen Schritten einmal quer durch den Raum war und an der geschlossenen Tür ihres Kinderzimmers innehielt. Ihres gemeinsamen Schlafzimmers in den letzten Tagen. Dem Raum, in dem er wachgelegen und die Decke angestarrt hatte. 'Und das alles für eine unverständliche Affäre.' Nadelstiche. Nein, Nägel. Wie aus einer Dachdeckerpistole geschossen. Hatte ihr gesagt, er habe nichts davon mitbekommen, habe schon zu Beginn des Gesprächs, des Streits, mit Magie dafür gesorgt. Doch es stimmte nicht. Er hatte's gewollt. Gekonnt aber? Nein. Hatte es hören müssen, so wie man in einem Horrorfilm saß (wie damals in Heslington) und eigentlich nicht sehen wollte, wie das Ungeheuer dem kreischenden Opfer den Kopf abriss, dass das Kunstblut nur so spritzte. Und man schaute dennoch hin.

Er nahm es ihnen nicht übel, oh nein. Er war nicht böse deswegen. Reservierter seitdem, möglicherweise, aber nicht so, dass sie es gemerkt hätten. Wollte ihnen nicht zu oft unter die Augen treten, sie daran erinnern, beinahe ihre heile Welt, ihre so liebessüße Familie verloren zu haben. Nein, das sollten sie nicht hinnehmen müssen, keiner der Drei. Nicht, schon gar nicht wegen ihm. 'Widerlich ist das.' - 'Nie von dir gedacht.' - 'Keinen Anstand beigebracht?' - 'Du – machst – dir – alles – kaputt!' Nur ein Grund mehr. Kannte Verlust viel zu gut. Er ertappte sich dabei, wie er lächelte. Alter Freund, Verlust.

Die Klinke vorsichtig herunterdrückend, bückte er sich halb und schob die Tür in den Raum hinein. Stockdunkel war es, finsterer als in einem Dachsbau, und dennoch leuchtete ihr Gesicht so hell dort auf ihrem Kissen, als würde es von einer Lichtquelle angestrahlt. Remus vermied es, hin zu sehen. Unterhalb ihrer Augenhöhe durch den Spalt schlüpfend, orientierte er sich mit Hilfe des Sternenschimmers, der durch die Küchenfenster fiel. Was brauchte er schon? Nicht viel. Den Erlenstab trug er am Körper. Nur die Robe, die lange, die wärmte auch im Winter. Sollte er sie dann noch brauchen. Einen Arm ausstreckend, griff er danach, bereitgelegt, so unauffällig, dass es selbst ihr nicht aufgefallen war.

Ganz ging es so nicht. Er musste noch mal herein, musste um die Tür herum, um die Kommode erreichen zu können. Wo das Bild stand. Warum, zum Teufel? Warum hatte sie das tun müssen? Remus ignorierte es, blendete es genauso aus wie ihren so vertrauten Atem, das zirpende Geräusch ihrer Träume. Auf einem Knie, den zweiten Fuß aufgestellt, sicher, um ja nicht zu kippeln, steckte er die Hand in die selbst eingenähte Innentasche seiner Robe und zog ihn sacht heraus, als wäre er so instabil wie seine Seele in diesem grausamen Moment. Nicht hinsehen, nicht erkennen, wie sie im Schlaf ihren Nabel streichelte, nicht daran denken. Als hätte er das verhindern können.

Es schoss ihm regelrecht auf die Innenseiten seiner Lider, schwebte wie Elfen fast real vor seinen Augen, die Erinnerung an den Traum, den er hier gehabt hatte, auf diesem Bett. Aber nicht der Schrecken der furchtbaren Verwandlung. Die leuchtenden Wangen, die schimmernden Augen, die Perfektion jedes einzelnen winzigen blonden Härchens auf den Jochbögen, auf den Ohrläppchen. Fast zusammensackend, musste er sich zwingen, keine Pause aufkommen zu lassen, das Programm abzuspulen, fort zu fahren, so wie ein Henker an bunte Blumen dachte, während er den Schemel unter dem Verurteilten weg trat. Sie würde aufpassen. Alles, was es brauchte, war seine Mutter. Die ihn, sie, alles lehren konnte, was er, sie wissen musste in dieser Welt. Keine Ahnung, woher das kam. Aber 'er'.

Sowieso zu nichts nutze. 'Was macht dein Pa?' 'Nichts.' 'Was kann dein Pa?' 'Nichts.' 'Was ist dein Pa?' 'Nichts.' John. So stolz auf ihn gewesen. Großer Erfinder, gegen alle Widerstände gearbeitet an einem Projekt ohne jegliches Prestige. Unerschütterlich im Angesicht von Drohung, Fluch und Tod. Silber-gelber Funkenschauer, grüner Blitz und ein rotes Glühen gleich neben dem Brustbein. Edward. So stolz auf ihn gewesen. Kämpfer, Krieger, ohne Zauberstab, Bajonett und Gewehr. Eingetreten für alles, wofür er stand. Unbrechbar zwischen Granaten und Panzern, Giftgas und Wüstenhitze. Silber-gelber Funkenschauer, grüner Blitz und ein rotes Glühen gleich neben dem Brustbein. Remus Lupin kniff die Augen zusammen und platzierte das Pergament hochkant vor das magische Foto.

Er verabschiedete sich nicht. Kein zarter Kuss auf die Braue, kein sanftes Streicheln ihrer Wange, der des Kindes in seiner noch nicht geschehenen Erinnerung so ähnlich. Zu groß die Gefahr, nicht durchhalten zu können. Ein heiseres, tonloses Lachen, das nicht einmal das winzigste Geräusch entstehen ließ, stahl sich aus seiner Kehle, wie er begriff und dieses Gesicht wieder da war. So losgelöst, jenes Lächeln, befreit von Ungewissheit und Qual, kein bisschen überrascht, nur zufrieden, als läge er im Juni-Sonnenschein auf der Wiese am Ufer des Sees oben in Hogwarts. Sirius.

Sich einen Ruck gebend, stemmte er sich halbwegs hoch und zog sich gleichsam zurück in die Küche, die eine Hand erneut an der Türklinke, um sie vorsichtig herunter zu drücken und das Schloss zu zuziehen. Stille. Nur die Uhr. Keine Treppe, keine Sprungfedern, nichts. Mit der Robe auf dem Arm trat er einen Schritt zurück und drehte sich auf dem eigenen Fuß, als wolle er beweisen, dass ein Penny doch genug Raum dafür ließe, zückte den Zauberstab.

Er warf ihn über die Schulter, einen non-verbalen Muffliato, und Dora 'Tonks' Lupin hörte es nicht, wie er über die Schwelle huschte und verschwand.


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