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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Sommerkind

von Teekon

Die Tür flog mit brachialer Gewalt auf und wäre gegen die bloßen Steinwände gedonnert, hätte der hohe, fluffige Teppich sie nicht aufgehalten. Augenblicklich rauschte eine eisigkalte Dusche aus peitschendem, pladderndem Regen, getrieben von einer wirschen Birse, wie von einem Hochdruckreiniger ausgespuckt, in den Salon herein und besprenkelte ein Rondell von der Größe eines Cricket-Abschlags mit lauter schlammig-nassen Tropfen. Der Wind heulte regelrecht um das Haus herum, und entferntes Donnern zeugte davon, dass dies erst der Anfang eines mächtigen Sommersturms sein würde.

Niemand reagierte auch nur im Ansatz auf diesen Hausfriedensbruch. Man schien es nicht einmal zu bemerken da drin. Hätte der dickliche junge Mann mit den fussligen Haaren am Boden sich nicht kurz geschüttelt, als wolle ein Dackel sich den Regen aus dem Fell befördern, und dabei leise „brrr“ gesagt, hätte man meinen können, das hier sei plötzlich das Dornröschenschloss geworden und alle wären versteinert. Regelrecht herein springend, der völlig kaputte schwarze Fox-Frame-Schirm total im Weg, versuchte Sirius Black, irgendwie durch den Türrahmen zu gelangen, was nicht recht funktionieren wollte, solange das Ungetüm noch aufgespannt und umgeschlagen war, und das Cape seiner Robe flatterte in der kräftigen Böe.

Sein Gesicht war aschfahl, sofern das ging mit dieser Sonnenbräune, die pitschpatschnassen Locken klebten ihm auf Nase, Stirn und Wangen, und der Schnäuzer war ganz eingefallen, wie er mit irrem Blick, die Augen weit, in die Kleinstrunde stierte. „Bin ich zu spät?“ fragte er so schnell, es hätte ein Wort sein müssen, fuchtelte ungeduldig an seinem zerstörten Traditionsschirm herum. „Hab' ich's verpasst?“ plapperte er in einem fort weiter, ohne Antwort zu bekommen, kriegte endlich zu viel und verfluchte das zerstörte Accessoire. Sowieso nicht mehr zu retten, selbst mit einem Reparo keinen Sickle mehr wert. „Ist er schon da?“

Pettigrew schaute nicht einmal auf von seiner Beschäftigung, beugte sich wieder über seine eigenen, unter dem Körper zusammengefalteten Beine und hielt sich an einem Knöchel fest, wie er die Hand ausstreckte und irgendetwas vom Boden aufsammelte, um es an anderer Stelle wieder abzulegen. So dunkel war es im Potter'schen Salon, wie die eilig ziehenden, grauschwarzen Wolken den Himmel verfärbten und die halb geschlossenen Gardinen ihr Übriges taten, dass Sirius kaum mehr als Umrisse und Konturen wahrnehmen konnte. Nur langsam gewöhnten sich seine Linsen und Pupillen an die veränderten Verhältnisse, und endlich entdeckte er auch Remus, der auf dem hohen Ohrensessel saß, weit zurückgelehnt, die Füße überkreuz auf der niedrigen Fußbank abgelegt und von ihm durch die breite Front des Tagespropheten abgeschirmt.

„Der-dessen-Name-nicht-genannt-wird schlägt erneut zu!“ prankte in riesigen Lettern auf der Titelseite, und eine Reihe von fast identischen Bildern mit Hexen und Zauberern in gestreiften Sträflingskleidern, die Plaketten mit ihren Kennnummern von Azkaban noch in den Händen, schrie ihm förmlich ins Gesicht, jedoch nur solange, bis Remus in einer einzigen geschickten Bewegung den gesamten oberen Teil der Zeitung abknickte und darüber hinweg lugte, um ihn ansehen zu können. „Es wird noch Stunden dauern, Sirius,“ erinnerte er ihn daran, dass solche Dinge nicht mit einem Fingerschnippen abgetan waren oder wie Kaugummi aus einem Automaten rollten, wenn man den Hebel dazu schwungvoll genug drehte.

Völlig perplex, als wäre das die Neuigkeit des Jahrhunderts, blieb Black halb auf einem Bein stehen, klatschte den Schirm in den übervollen Ständer in der Ecke hinter der Haustür und warf heftigst den Kopf herum, dass ihm einerseits die Haare aus dem Gesicht flogen, andererseits eine nahezu graziöse Fontäne perlender Tropfen mit dem feinen Odeur von Haarwasser quer durch den Raum geschleudert wurde. Mit offenem Mund stierte er noch immer in Lupins Richtung, der vollkommen unbewegt mit hochgezogener Braue das Malheur dort vorn beäugte. „Oh,“ kam ihm schließlich kurz angebunden über die Lippen, und in verzweifeltem Versuch, diese fürchterliche, panische Eile aus sich heraus zu treiben, verfiel er ihn extra langsame Bewegung.

Weder Peter noch Remus gefiel das, denn ob er es bemerkte oder nicht: Er stand noch immer im offenen Türrahmen, mit einem Fuß auf der Schwelle, den anderen hoch erhoben in der Luft, um sich das Hosenbein über den Spann zu ziehen und nicht jedermann seine Socken zu präsentieren. Und draußen schüttete es wie aus King-Size-Kesseln, wie das gewaltige Sommergewitter hernieder ging und peitschende Winde die kühle Nässe bis an den Treppenabsatz hinein droschen. „Komm endlich rein,“ befahl Remus missmutig, eine saftige Gänsehaut auf den eigenen Schienbeinen, wo ihm die Hosen im Sitzen hochgerutscht waren, und nur einen Finger ausstreckend und mit dem Kinn deutend, bedachte er Blacks unmittelbare Umgebung. „Und sieh' zu, dass die Schweinerei wegkommt.“

Als hätte man ihn aus seiner Lethargie hinausgeprügelt, geweckt mit einem ordentlichen Brüller ins Ohr wie früher auf der Schule in dem hohen Turmzimmer, wenn er mit dem Hintern nicht hochkam für eine Doppelstunde Kräuterkunde bei der Sprout, kippte Sirius das Kinn auf die Brust und betrachtete sich erst einmal selbst, die tropfenden Schösse seiner Robe, die hässlichen Flecken auf dem Samtjacket, um dann endlich zu begreifen, was für einen Saustall er aus dem flurlosen Salon der Familie gemacht hatte. In einem großen Umkreis um ihn herum war der schöne Steinfußboden von einer Pfütze bedeckt, dass die über den Himmel zuckenden Gabeln der Blitze sich darin spiegelten, und Schlamm und Kiesel vom schmalen Weg, der von der Hecke herauf führte zum Eingang, war hier und da verteilt wie Blumen auf einer Wiese.

Nur wenig peinlich berührt, reichte ein einzelner Schritt aus, um ihn endlich komplett in das kleine Cottage hinein zu befördern. Er holte mit einer Hand aus, packte die Tür und warf sie ins Schloss, und augenblicklich verstummte das pfeifend wimmernde Geräusch des Sturms, wurde das Trommeln des Regens dumpfer, nur noch gegen die Scheiben schlagend zur Straße hin, während das hochfrequentere, rauschende Klatschen auf dem völlig durchgeweichten Rasen nicht mehr bis zu ihnen vordrang. Gleichzeitig verschwand der bibbernde Lufthauch, und die angenehme Wärme, die das Haus gespeichert hatte, kehrte wieder in alle Winkel zurück wie die Flut zum Strand zurückfand. Pettigrew, bei seinem magischen Puzzle auf dem Boden, grunzte zufrieden und erkannte das nächste Teilchen, und wenn es sich noch so gut verstecken wollte.

Ein schneller, geübter Griff in die Innentasche seiner Jacke – der Zauberer, der schneller zieht als sein Schatten – und Sirius Black beförderte den Buchenstab heraus, gab dem Holz einen eleganten, breiten Bogen und murmelte „Desicco“, schon schaute es aus, als spule sich ein Agguamenti rückwärts ab. Wie ein Staubsauger sog der Zauberstab alles überflüssige Wasser rings um ihn herum und von seinen Kleidern herunter in einen Wirbel und schien sämtliches Nass einfach zu schlucken, bis der ganze Mann adrett, sauber und vor allem trocken zurück blieb. Sogar wie frisch frisiert bekamen seine Haare ein leichtes, springendes Volumen, und die Locken zwirbelten sich wie Korkenzieher auf. Sehr schön. Zufrieden mit sich, quiekste Black, öffnete den goldenen Klipp seines Capes und zog es von den Schultern herunter.

Offenbar ebenso besänftigt davon, nickte Remus mehr sich selbst zu als Tatze, klappte die Zeitung wieder in aufrechte Position (was ein erleichtertes Johlen durch die Fotos wogen ließ wie eine Laola im Stadion von Aston Villa) und lehnte sich zurück, um weiter zu lesen. Es gab keinerlei Grund zu Eile oder Aufregung. Nichtmal zwei Stunden waren sie jetzt dort oben im Schlafzimmer regelrecht verbarrikadiert, und immerhin war es das erste Mal. Da konnte man nicht erwarten, sobald einen Erfolg zu erzielen. Früh genug würden sie schon wie die Tiger in ihren Käfigen hin und her laufen, wenn die Ungeduld und die Langeweile der Warterei zuschlagen mochten.

Leise vor sich hin summend, augenscheinlich mehr als glücklich damit, es doch noch geschafft zu haben, befreite sich Black auch aus Robe und Jacket, hängte alles sorgfältig an den beinahe schon für ihn persönlich reservierten Haken und stapfte aus dem Eingangsbereich heraus. „Also?“ fragte er, wollte einen Lagebericht, kriegte aber erneut keine vernünftige Antwort, wie er da in seinen strahlend polierten Lederschuhen und den dunklen Hosen auf dem Teppich verharrte. Noch immer waren die zwei ehemaligen Zimmergenossen mehr mit Lesen und Puzzlen beschäftigt als mit ihm. Na, machte nichts. Ihre Aufmerksamkeit würde er schon irgendwie bekommen.

Die Handflächen ohne die Daumen in den aufgesetzten Hosentaschen versenkend, schlenderte Sirius weiter in die gute Stube hinein, beugte sich leicht vor, um den schmalen, steilen Stufen nach oben folgen zu können mit dem Blick, doch der fensterlose Flur im oberen Stock war komplett dunkel. Nicht einmal die Tür zu jenem Raum, den er zu erhaschen suchte, konnte er erkennen. Die ungewöhnliche Stille, die über dem ganzen Häuschen lag, bemerkte er erst jetzt, wo er richtig angekommen war, und nur das Klimpern der Kette an seiner Weste begleitete das laute Ticken der Standuhr. Kein großartiges Rascheln von Remus' Tagespropheten, kein Knochenknacken, wenn Peter sich wieder rührte, und erst recht nicht die Art von Geräuschen, die man an einem Ort, an dem geschah, was hier gerade passierte, vermuten sollte.

Unwirklich beinahe, erst recht nach diesem Sturm da draußen, dem er auf seinem Posten getrotzt hatte, bei der halb zerstörten Ruine des Longbottom'schen Hauses, die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten weiterhin auf Eis, während die ganze Sippe von der Bildfläche verschwunden war. Es war ihm, als habe das Cottage, nein, sogar das ganze Dorf einen tiefen Atemzug genommen und halte nun die Luft an vor dem Absprung. Eine prickelnde Spannung überall, viel deutlicher, wo er näher an seine Gefährten herantrat, elektrisch aufgeladen, dass einem jedes Haar im Nacken zu Berge stehen wollte. Den zweiten Sessel erreichend, berührte Sirius mit einer Fingerspitze die Polsternaht, die Messingnieten, eine nach der anderen, ehe er sich setzte und die Beine lang ausstreckte.

Endlich schien man ihn wieder wahrzunehmen, und Remus antwortete, ohne auch nur von seinem Bericht über ein paar kleine Handlanger zu verfolgen, die gefangen genommen und vor Gericht gebracht worden waren von Auroren wie Scrimgeour und Moody unten in London. Alles nichts Großes, kein Name dabei, der in den Ohren klingelte, und die Hälfte davon schien so verwirrt von den merkwürdigen Fragen und seltsamen Anschuldigungen der Strafverfolgung, dass sie regelrecht nach Imperius stanken. Wie sollte man daraus verwertbare Informationen ziehen? Am liebsten hätte er gegrummelt. Es gab wichtigere, interessantere Ereignisse.

„Die Hebamme ist oben,“ teilte er ihm mit und runzelte die Stirn noch etwas mehr ob eines unglaublichen, dümmlichen Kommentars von einer wohlbekannten Klatschkolumnistin des Propheten, und beinahe hätte Sirius sich verschluckt. „Die, bitte, was?!“ rief er regelrecht aus, als hätte Remus ein grausiges Schimpfwort in den Mund genommen oder ihn soeben davon in Kenntnis gesetzt, dass nicht James der Vater vom kleinen Harry war, sondern Jeronimus „Hackfresse“ Mulciber. Völlig unbeeindruckt von diesem zauberisch-ignoranten Entsetzen rieb sich Lupin fest den Bart und murmelte hinter der eigenen Hand hervor. „Eine Heilerin für Babyfragen.“ Und sofort lehnte Black sich erleichtert zurück und seufzte. Dass diese Muggels aber auch für jeden Mist einen eigenen Beruf erfinden mussten.

Immerhin sagte ihm das eins: Die Dame, die dort oben bei den Potters im Schlafzimmer mithalf, war keine Hexe, und das wiederum hieß, sich zusammen zu reißen, was er definitiv nicht gut konnte. Wem würde es auch nicht schwerfallen, in Gegenwart eines Nichtbegabten erst recht ordentlich zu protzen? Solange sie allerdings nicht hier war, bei ihnen im Salon, sollte es ihm egal sein, und fast demonstrativ sorgte Black aus dem Handgelenk dafür, dass der Kessel wieder auf den Ofen sprang, um neues Wasser für eine Kanne Tee aufzubrühen. Diese hier auf dem Couchtischchen, die war mittlerweile leer.

Es dauerte nicht lange, da war er genauso in wartende Katatonie verfallen wie seine beiden Freunde hier, und hätte er eher hergefunden, ihm wäre eine Struktur daran aufgefallen. Mit Ruhe begann es, fast einer Art Dösen, wie er in seinen Ohrensessel zurückgelehnt nur da saß, beide Hände unbewegt auf den Lehnen, und einen Punkt fixierte irgendwo im Raum. Die Gedanken kreisten, ihn ablenkend, von den Ereignissen seines Tages im kahlen Moor, wo nun mit Eisen vollgesogene Moose rotgrüne Decke ausbreiteten zwischen den Felsen und Tümpeln, von den gleichen Momenten gespannter Stille, in denen man nur darauf hoffte, irgendetwas möge geschehen. Und dennoch so ganz anders als das hier. Vielleicht, weil es kein Kampf war, den man herbeisehnte und gleichzeitig fürchtete? Er wusste es nicht und konnte weder das Gefühl noch dessen Grundlage irgendwie erwischen. Sie liefen ihm wie flinke Hasen davon.

Weiter hinaus griff er, wie er die Überschriften aus dem Augenwinkel mehr unterbewusst las, sobald Remus eine Seite umschlug, und dann entfernte er sich im Geiste von diesem so gemütlichen Häuschen über den weiten Wiesen im Nordosten des Dorfes. Um den Krieg kreiste er dann, um kürzlich ausgefochtene Duelle, rekapitulierte seine besten Flüche und geschicktesten Schachzüge, und winzige Zuckungen fuhren durch seine Handgelenke, seine Ellenbogen, seine Schultern, die niemand außer ihm wahrnahm. Längst stierten seine Augen mehr, als dass sie schauten, wie er grübelte und überlegte, kürzlich neu erworbene Informationen aus ihren Nachrichtendiensten verarbeitete und vermischte, so als hielte er in seinem Kopf ganz allein eine Beratung ab.

Wie Remus irgendwann zu Phase 3 überging und sich erhob, das bekam er ebenfalls nur am Rande mit, ehe er sich vorbeugte und sich selbst die Zeitung griff. Peter hatte da längst angefangen zu hospitalisieren, und so wie Lupin seine langen Beine nicht mehr unter dem Tischchen still halten konnte, so wippte er unruhig vor und zurück, während draußen vor dem Fenster der Sturm nur langsam abflaute und der Regen nicht mehr so heftig gegen die Scheiben geschleudert wurde. Zu einem breiten, fließenden Strom gingen die Tropfen über, als säße man hinter einem Wasserfall und versuche, die Welt dahinter zu erblicken. Und je weiter der Tag voranschritt, desto mehr nahm die einschläfernde, einlullende Dunkelheit zu.

Black versank förmlich hinter dem Tagespropheten, und nur das viel zu schnelle Auf-und-ab seines Fußes, wie der Puls in der Kniekehle ihn nach oben drückte und wieder herunter sacken ließ, verrieten seine innere Aufgewühltheit. Lächeln musste Remus, wie er sich das betrachtete, und er selbst konnte nun nicht mehr leugnen, dass er nervös wurde. Natürlich war alles in Ordnung, sonst hätten sie etwas davon mitbekommen, aber dennoch: Die Zeit verrann. Längst war der kurze Zeiger auf Potters Standuhr neben dem Treppenaufgang weit fortgeschritten, berührte bereits Ziffern im fiktiven Nordwesten des Blattes, und die Nacht war hereingebrochen. Schwören hätte er können, hier schon seit dem Frühstück auszuharren, auch wenn er wusste, dass es nicht stimmte. Ein wenig Füllung für den Magen mochte gut tun, Beschäftigung bringen und Ablenkung. Und außerdem machte Hunger nur noch unleidlicher als Warten an sich.

Weniger als drei Stunden, und der Tag wäre vorbei, der ganze Monat wäre vorüber. Ein Augustkind dann, und auch wenn es keiner sagte, keiner davon sprach, hofften sie genau darauf. Aber es war nicht wichtig, verblasste im Angesicht dessen, wie sehr sie es nicht mehr aushalten konnten, bis es endlich soweit sein sollte. Der fünfte Rumtreiber, noch bevor er einen Schritt würde tun können. Einer von ihnen, ein Ordensküken, wie sie ihn genannt hatten, das zweite nun schon, und dass er und Neville verflucht gute Freunde werden mussten, das war einfach sonnenklar. „Wenn nicht, zwingen wir sie dazu,“ hatte James scherzhaft gegrinst, und Remus musste, jetzt, wo er in der Küche stand und sich über die Anrichte beugte, um die Vorhänge vor den geachtelten Fenstern zu zuziehen, leise lächeln. Weil James Charlus Potter nicht mehr einfach nur grinsen konnte. Es war immer ein zärtlicher Kniff in der Wange dabei, der nicht mehr wegzuzaubern war. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Nichts Besonderes kochte er zusammen, einen simplen Eintopf, wie sie ihn alle gern aßen, und wie nur jemand mit so wenig Gold in den Taschen ihn aus einfach sämtlichen Zutaten, die das Haus noch herzugeben hatte, hätte zurechtmachen können. Bald schon waberte dieser herrliche Duft durch die offenen Balken zu den beiden jungen Männern hinüber, der eine im Sessel, der andere auf dem Boden, und man konnte zusehen, wie sie ihre Nasen in die Schwaden hängten, bis sie plötzlich, auf Zehenspitzen angeschlichen wie hungrige Raubkatzen in der Savanne, direkt hinter Remus standen und in den Topf hineinlunsten.

Schweigend saßen sie gemeinsam am Tisch, jeder einen Löffel in der Hand und den eigenen Gedanken nachhängend. Nicht allein zu sein, tat gut, aber das Bedürfnis nach Austausch war nicht da, einfach nicht gegeben. Sie wollten nicht reden. Nur warten, den Minuten zuschauen, und mehr und mehr sogar verfielen sie in diese überspannte Lauerstellung. Ihre Ohren drehten sich mit jedem Geräusch, hielten sie inne, sobald eine Diele knarzte, immer darauf bedacht, bloß die Tür zu hören, sollte sie aufgehen und ihnen das Ende ihrer Diaspora bekannt geben wie eine Kirchenglocke die Osternacht einläutete.

Längst hockte Sirius auf dem Boden wie ein Samurai in der Meditation, kratzte sich am Kopf und drehte Teilchen um Teilchen in der Hand, um das sich ständig ändernde Bild in den Schädel zu kriegen und das Puzzle so lösen zu können, schnarchte Peter leise und in sich zusammengerollt, als wäre er seine eigene Animagusgestalt in menschlicher Form in einem der Sessel, während Lupin mit auf dem Rücken verschränkten Händen auf und ab stromerte, ohne irgendwen zu belästigen. Zu einem feinen, ruhigen Landregen war der Sturm geworden, den die Keltische See den Kanal von Bristol hinaufgedrückt hatte, und das gleichmäßige Trappeln der Tropfen auf den mit Schiefer gedeckten Dach über dem Salon, auf dem kein weiteres Stockwerk stand, hörte sich an wie marschierende Mäusescharen, dass sie ihn fast überhörten, den zaghaften, aber kräftigen Schrei.

Und drei Köpfe schossen hoch. Peter verschluckte sich fast an der eigenen Spucke, weil er so schief lag, das Kinn fest im eigenen Schlüsselbein verhakt. Sirius schaute aus, als wolle Tatze, der Hund, auf Schafjagd gehen oben in Hogsmeade, und Remus duckte sich förmlich unter den Sturz der Treppe. „War das …?“ wollte Black wissen, einen Arm nach hinten werfend, auf dem er sich abstützen und hochdrücken konnte, doch bevor er den Satz beenden und selbiges tun konnte, flog die Tür zum Schlafzimmer auf und James fiel regelrecht den schmalen Flur hinunter, blass und bleich wie ein Geist und so verschwitzt, als habe er soeben selbst das Kind zur Welt gebracht. Die Haare standen wirr ab in alle Himmelsrichtungen, zerzaust von den eigenen Händen und purer Aufregung, gesträubt wie das Nackenfell eines prächtigen Zwölfenders, wenn Sherlock Dervish in Panik die matschige Hauptstraße hinunter rannte.

„Wir haben einen Harry!“ gröhlte er so entzückt und gleichzeitig so außer Rand und Band wie bei einem Quidditch-Pokalmatch, und er bekam eine solch stürmische Antwort, er wäre fast die Treppe hinunter gesegelt, direkt in ihrer aller Arme wie ein Rocksänger beim Stage Diving, nur mit streberhafter, kreisrunder Nickelbrille auf der Nase. Mit beiden Händen auf die Abschlüsse des Geländers abgestützt, drückte James die Arme lang durch und strahlte zu seinen Freunden hinunter, brauchte gar keine Lampe mehr, um den dunklen Gang mit abzweigenden Türen – eine links, zwei rechts – zu erhellen. „Na los, kommt rauf! Kommt rauf!“ forderte er enthusiastisch, und da ließ sich niemand zweimal bitten.

Der lange Remus Lupin, vorne stehend, war der Schnellste, griff nach einer Strebe und hängte sein ganzes Gewicht hinein, dass die gesamte Balustrade gefährlich schwankte, und zog sich daran hoch, während sich Pettigrew aus dem Sessel katapultierte wie ein aus einer Feldhaubitze abgefeuertes Geschoss und dadurch fast gleichzeitig mit Black den viel zu engen Durchstich zum aufgesetzten ersten Stockwerk erreichte. Ihnen beiden entwich keuchend Luft, wie sie sich aneinander vorbei nach oben quetschten, Remus voraus auf allen Vieren, und Potter kicherte wie ein Mädchen, wie damals auf der gewundenen Treppe zum Schlafsaal, wenn er ihnen seinen neusten Streich präsentieren wollte, drehte sich herum und rannte los. Die Schlafzimmertür stand offen, und der ganze Haufen, drei junge Männer, purzelten regelrecht einer nach dem anderen gegen den Rahmen, weil sie sich nicht trauten, einfach herein zu treten.

Da standen sie nun, aufgereiht wie die Orgelpfeifen, Pettigrews Gesichtchen irgendwo zwischen Blacks breiter Schulter und Remus' schlankem Oberkörper hervorlugend, und schüchtern, mit roten Wangen vor Freude und Begeisterung, schauten sie um die Zarge der offenen Tür herum, als hätten sie Lily noch nie im Nachthemd gesehen. Gut zugedeckt hatte sie sich aufgesetzt und mit dem Rücken an die Pfosten ihres Bettes gelehnt, das winzige Bündelchen in dem viel zu großen Tuch kaum auszumachen, und hätte sie nicht eine Hand zwischen all die Lagen aus weichem Stoff gelegt, man hätte glauben können, sie habe nur Wäsche im Arm. Die Hebamme saß links von ihr, packte schon ihre Sachen zusammen und hielt sich still lächelnd zurück, wie James nun ganz hibbelig und von einem Bein aufs andere tretend, neben dem Bett stehen blieb und die Finger deutend ausstreckte. „Da ist er! Guckt ihn euch an!“

Erschöpft sah sie aus, die soeben zur Mutter Gewordene, keine zehn Minuten alt, das Kind auf ihrem Arm, und trotzdem hatte keiner sie je so schön gesehen. Nicht auf dem Ball damals, das grüne Kleid mit silbernen Sternen bestickt, wie sie in ihrer ganz natürlichen Eleganz als Himmelskörper unter ihnen gewandelt war. Nicht auf ihrer Hochzeit, mit der so bedeutsamen weißen Madonnenlilie im Haar. Erst jetzt, kein Spängchen, nicht einmal ein Band das wallende Kupfer zusammenhaltend, wellig noch von Feuchtigkeit, die hohen Wangen so glühend wie reife Äpfel und die schauderschönen grünen Augen blinkend wie Mondlicht auf Sommersee, offenbarte Lily Potter, geborene Evans, ihre absolute Vollkommenheit. Für einen kurzen Moment lang war sie der Star, und nicht das Baby, bevor Peter in den Raum stolperte (von hinten geschubst) und Sirius nach ihm regelrecht hineinfiel. Nur Remus blieb stehen, in den Rahmen gelehnt, und lächelte sie an.

Nur den einen ersten Schritt hatten sie gewagt, jetzt verharrten sie wieder wie staunende Laien vor den herrlichen Fresken der Sixtinischen Kapelle, verdrehten ihre Hände ineinander und wagten es nicht, vorwärts zu schreiten, um den kleinen Kerl nicht zu beunruhigen, aber Lily strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und winkte sie mit der Rechten heran. „Traut euch,“ kicherte sie, und endlich brach sie damit eine Bannmeile, die um sie gezogen gewesen zu sein schien wie ein Heiligenschein um einen himmlischen Boten. Regelrecht auf die Knie fallend, robbten sie beide ein bisschen näher, und sie beugte sich ein wenig vor, damit sie das Neugeborene besser sehen konnten, während James mit stolzgeschwellter Brust die Arme verschränkte.

Erst jetzt trat auch der Älteste fast schlendernd an das Bett heran, sowieso viel größer als beide, und wo Pettigrew quietschend auf seinen Fingernägeln herumkaute und sich soweit zurückhielt, wie er eben nur konnte mit Blacks schwitziger Hand in sein Hemd verkrallt, schnappte er sich gekonnt den besten Platz weg, gleich neben dem Kopfkissen der Mutter, und dort ließ er sich nieder. Sie hielten den Mund. Unglaublich, aber wahr. Sirius Orion Black sagte kein Wort, und wenn er schwieg, was sollte Wurmi zu melden haben? Nichts. Ihr Blick war sowieso nur für zwei der vier anwesenden Männer bestimmt, als wolle sie Bestätigung für ein absolutes Meisterwerk, und Remus musste schmunzelnd diese stumme Bitte ignorieren.

So winzig. So unendlich klein. Nicht einmal so lang wie Lupins ganzer Unterarm, passte Harry problemlos mit dem Köpfchen in seine Hand und niemand müsste sich Gedanken darüber machen, ob er fallen könnte. Selbst mitgenommen von den ersten Minuten seines Lebens auf dieser Welt, war das Baby mindestens genauso müde wie seine Mutter, die Augen noch geschlossen, doch darüber zarte, feinste Härchen aus dunklem Braun, die schon seine Brauen bilden wollten. Mandelförmig. Die selbe so umwerfend wundervolle Elipse wie jetzt gerade zwei davon in ihrem Gesicht standen, und die Wimpern daran lang und fast schwarz, hoch hinauf gebogen. Nur noch schlimmer würde das den Eindruck machen, und auch ohne es jetzt schon sehen zu können, wusste Remus es genau: Sie würden von genau derselben Farbe sein wie wogendes Gras in blühender Sommerluft, so satt Grün wie die glitzernden Halme von Seggen, das Schimmern von Sonnenlicht auf daunensanften Hainbuchenblättern im März.

Man konnte es nicht verleugnen, ein richtiger kleiner Potter, seinem Vater schon jetzt beinahe wie aus dem Gesicht geschnitten, und dennoch waren sie da, ihre Einflüsse, ein weicherer Schwung hier am Kinn, ein Tick mehr Stirn, die Härchen, so weich und dünn wie die von Pete zeitlebens gewesen waren (und wie diese sicher nicht bleiben würden), unwirsch und trotzdem dieses Wirbelchen dort auf dem Hinterkopf, das nur sie hatte. Aus dem Tuch, in das er gewickelt war, seine neuen Initialien – H.J.P. – in Blau darauf gestickt, schauten nur noch die beiden Händchen heraus, kurze, noch nicht so feste Fingerchen daran, die er öffnete und schloss, öffnete und schloss, egal ob um die Falte seiner Decke oder um den Finger seiner Mutter, den sie ihm hinhielt. Göttlich. Es gab kein anderes Wort dafür.

„Er sieht aus wie du,“ bemerkte Sirius nur staunend, gar nicht so protzend und männlich taktlos, wie man es erwartete hätte, als ginge es um sein Motorrad oder irgendein technisches Spielzeug, den neusten Rennbesen aus dem Hause Nimbus. Verklärt und verzückt, ein Glanz in seinen sonst so verschmitzten Augen, der Steine zum Schmelzen gebracht hätte wie Gletschereis in Gröndlands kurzem Sommer, kalbend und zerbröselnd wie nichts. Peter nickte bloß mit offenem Mund, James nichtmal antwortend ob dieser so offensichtlichen Bemerkung, und nur Remus schien es überhaupt gesehen zu haben.

Sich zu ihr beugend, sacht nur, dass sich die Matratze nicht zu sehr bewegte und das Baby aus seinem Schlummer weckte, küsste er sie auf die Stirn, das tapfere Mädchen, wo noch immer dicke Schweißperlen standen. „Aber er hat deine Augen,“ wisperte er ihr ins Ohr, und Lily lehnte sich gegen seine Brust und schloss die Lider. Ja. Harry hatte ihre Augen.


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David Barron, ausführender Produzent, über das Casting für Luna Lovegood