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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Neville Longbottom

von Teekon

Ganz ruhig, die Welt um sich herum aus großen, braunen Augen betrachtend, fusslig-flaumiges Haar über die Stirn gewischt, lag das Kind in der Wiege und schien von dem ganzen Tumult kein bisschen berührt zu werden. Die winzigen Fäustchen nah an die Brust gezogen, die Beinchen lang ausgestreckt, beobachtete es gebannt und träumerisch die vielen Menschen, die sich immer wieder über ihn beugten und dann sein ganzes beschränktes Sichtfeld komplett einnahmen, und das machte ihm keinerlei Angst, bewegte es nicht einmal zu viel mehr als einem Glucksen. Was die bloß alle von ihm wollten?

Viel taten die nicht. Manchmal streckte jemand einen vorsichtigen, zitternden Finger nach ihm aus, und das mochte der Junge gern, weil sie ihm entweder sanft in die Rippen tippten oder so herrlich schön sein Kinn, seine Wangen, seine knubbligen kleinen Öhrchen oder die Schläfe streichelten, wo feine Härchen ihm jede Berührung verrieten. Gut tat das, und dann lehnte er sich dort hinein und schloss die Lider, um es zu genießen. Die meisten aber trauten sich wohl nicht so recht, strahlten ihn nur an und lächelten und flüsterten mit ihm, obwohl er gar nicht so recht die Bedeutung ihrer Worte verstand. Der Ton machte die Musik. Und der sprach von watteweicher Liebe und bewundernder Verzückung.

„Er ist wunderschön, Alice,“ konnte Lily nur schon zum hundersten Mal bestätigen, wie sie von dem Bettchen aufsah, in dem das Baby eigentlich längst schlafen sollte, und die junge Mrs. Longbottom senkte ganz verlegen den Blick, wie sie sich den Arm rieb. „Ja, das ist er,“ musste sie – nicht ohne Stolz – diese Einschätzung mittragen. Und es stimmte ganz einfach. Das konnte niemand, absolut niemand leugnen. Nichtmal so eine blöde Ziege wie die dusslige Malfoy mit ihrem grässlich bölkenden Blag, das jetzt schon aussah, als wolle es ohne Umschweife die Haarpracht eines 80jährigen Greises tragen. Und so ein bescheuerter Name: Draco. Davon bekam man das Kotzen. Als hätten sie laut darüber gesprochen, grinsten die beiden Frauen einander an.

Sie waren nicht allein. Der Salon des Longbottom'schen Familienzweiges in Torbay war dieser Tage immer voller Leute, hier, wo sich Augusta, Frank und Alice mitsamt ihrem Hauselfen geflüchtet hatten nach dem Angriff auf ihr eigenes Häuschen, und hier war ihr Nachwuchs auch zur Welt gekommen, oben im Gästezimmer. Jeder wollte den Jungen sehen, den nächsten Mr. Dartmoor-Longbottom, und am liebsten hätten die frischgebackenen Eltern Eintritt verlangt, wie Frank scherzhaft hatte bemerken müssen. Eine lange Schlange führte regelrecht an der Wiege vorbei, und dahinter baute man ein Buffet auf, denn das Betrachten von Kindern machte offensichtlich sehr hungrig.

Und durstig obendrein. „Einen Toast!“ rief Sirius Black von seinem Platz am Kaminsims aus, wo er, lässig eingeknickt und wie immer pompös (dem Anlass entsprechend, wie er gemeint hatte) gekleidet in feinsten dunkelroten Cut, mit jedem nur erdenklichen Schnickschnack von der Taschenuhr bis zu passenden Manschettenknöpfen in Gold ausgestattet, zwischen all seinen Freunden und Bekannten stand. Das Glas, randvoll mit Champagner erhoben, wartete er geduldig darauf, dass allgemeines Gemurmel verebbte. „Ich mag aber kein Weißbrot,“ kicherte Peter links neben ihm und duckte sich schonmal vorsorglich zwischen die eigenen Schultern.

Eine Braue steil nach oben ziehend, drehte sich Sirius kaum in seine Richtung, musste aber selbst ganz schön an sich halten, während ringsherum alle in Gelächter ausbrachen. Na gut, der war nicht schlecht gewesen, und Pettigrew war wirklich in außerordentlich gelöster Stimmung, was man nun schon lange nicht mehr so schön gesehen hatte. Das wollte er ihm auf keinen Fall verderben, auch wenn es vermutlich nur eine Mischung aus spritzigem Alkohol und der Freude über ein kerngesundes Kind entsprang, was morgen schon wieder vorbei sein konnte. Oder heute Nacht. Oder wann immer die Todesser wieder zuschlugen. Ihm also nur fest die Frisur total versauend, indem er mit der ganzen Hand über seinen Kopf wuschelte, ignorierte er die kleine Spitze gekonnt und verzichtete auf das „du bist eh viel zu fett dafür“, das ihm auf der Zunge gelegen hatte.

Erneut um Ruhe bittend, benutzte Black einfach den auffälligen breiten Ring mit der Einfassung aus makelloser roter Baumkoralle, um gegen den filigranen Ständer seines Glases zu klimpern. Dieses Mal vorgewarnt vor dem, was er vorhatte, wandte man sich ihm zu, schnappte sich selbst eine Flöte voll mit prickelndem Schaumwein und verstummte, und wer noch nicht ausgestattet war, der wurde versorgt. Schräg von hinten Alices Schulter berührend, beugte sich Remus zwischen ihr und Lily vor, reichte der Mutter des kleinen Kerls ihren Anteil und grinste. „Du darfst jetzt auch wieder,“ erinnerte er sie daran, welch immense Vorteile das natürliche Ende einer Schwangerschaft mit sich brachte.

„Yippieh!“ quietschte die Aurorin und schüttelte übertrieben beide Hände, bevor sie sich mit einem ihrer Wahnsinnsaugenaufschläge bedankte, während die rothaarige junge Frau ihr gegenüber schmollend „ach, Mann“ grollte. Ihre Finger lagen noch auf einem immens vorgewölbten Babybauch, mit dem sie mittlerweile so gut wie unbeweglich war, und Hinsetzen, geschweige denn Aufstehen, war viel zu anstrengend, um es mehr als drei Mal am Tag zu tun. Aber Lupin wäre nicht Lupin gewesen, hätte er nicht vorgesorgt: Hinunter auf das Tablett greifend, mit dem er soeben noch aus der Küche geschlingert war, hob er eine zweite Champagnerflöte auf, umarmte Alice regelrecht, wie er sie Lily reichte. „Traubensaft,“ erklärte er zwinkernd, und schon war sie wieder besänftigt.

James, gerade noch derjenige, der das Kind beschäftigt hatte, stützte sich am Rand des Bettchens ab und richtete sich wieder auf, so dicht auf, dass er seine Frau quasi sofort in den Armen hatte, ihren Rücken gegen seine Seite. Man konnte es sehen hinter den dicken Brillengläsern, dieses widerlich hehre Glänzen, das nur eines sagte: Bald. Am besten schon gestern. „Er sieht genauso aus wie du, Alice,“ befand er, das Kompliment nur umso größer gepaart mit dem, das Lily ihr und dem Jungen gerade schon gemacht hatte, und dieses Mal errötete die Mama heftigst. Aber auch das war absolut wahr, das gleiche, herzförmige Gesichtchen mit Stubsnase und langen Wimpern.

Wo nun endlich jeder mit einem Glas ausgestattet war, konnte Sirius sich laut räuspern und endgültig jegliche Aufmerksamkeit für sich gewinnen. Marlene und Emmeline auf dem Sofa warfen sich halb über die Rückenlehne, um ihn überhaupt anschauen zu können, Sturge und Stan, die beiden Podmore-Brüder, hörten auf, sich über Kinderfotos von Frank lustig zu machen (auf denen er seinem Sohn gar nicht ähnlich sah), und Gilbert verpasste Dennis einen Klapser auf den Hinterkopf, damit er das Lachen einstellte. „Einen Toast,“ wiederholte sich Black und hob schon den Champagner über Schulterhöhe. „Einen Toast auf den kleinen Mr. Neville Frank Longbottom,“ warf er einen Blick in Richtung der Wiege, als erwarte er eine Antwort dazu von dem Kind.

„Darauf,“ fuhr er fort, legte diesen feierlichen Ton in seine Stimme, den sie alle kannten von so vielen Begebenheiten nun schon, von Hochzeiten, von Abschlussfeiern, von Begräbnissen, „dass er in Frieden großwerden kann.“ Allgemeines Nicken und zustimmendes Raunen begleitete diesen Wunsch, und Lily tätschelte sanft ihren Bauch, in dem ihr eigenes Kind genauso zu lauschen schien wie die Erwachsenen. „Und,“ war Black noch nicht fertig, „auf dass er – anders als seine hochgeschätzten Eltern,“ sich nach vorn beugend, wo Frank mit überkreuzten Armen stand, dann zur Seite wendend, zu Alice, prostete er ihnen einzeln zu und erntete die gleiche Geste, bevor sich dieses schelmisch spitzbübische Schmunzeln in seinen Mundwinkel stahl, „in einem vernünftigen Hause landen möge!“ Und dass er damit Gryffindor meinte, das musste er niemandem sagen.

Augenblicklich röhrten sie los, die wenigen Freunde unter ihnen, die nicht unter dem steigenden Löwen gelebt hatten in Hogwarts, den er noch immer auf seinem Siegelring trug in blankem Gold, und der Rest lachte gröhlend. „Hussa!“ reckte Potter die ganze Faust nach oben wie ein siegreicher Offizier der Royal Navy, konnte gar nicht anders, als seinem besten Kumpel den Rücken zu stärken damit. Ein kurzer Moment der Ausgelassenheit, und schon rief Black sie erneut zur Ruhe: „Aber!“ Es wirkte. Sofort ebbte das Kichern und das Buhen ab. „Aber auch auf Alice und Frank“, erweiterte er seinen Toast, so rasend schnell umgeschwenkt von Albernheit zu zärtlichem Ernst, „deren Mut, in diesen Tagen ein Kind in die Welt zu setzen, ich nur staunend auszeichnen kann.“ Und damit setzte er das Glas an die Lippen und schüttete viel zu viel Champus auf einmal hinunter.

Sie wurden nicht laut um ihn herum, stimmten jedoch mit ganzem Herzen zu, und es klirrte und klingelte, wo immer die Flöten einander berührten. „Cheers!“ wünschten sie sich von einem Ende des Raums zum anderen, und Remus ließ sich langsam auf die Armlehne des Sofas sinken, während Black sich schon bückte, um sich rasch nachzuschenken. Ein bisschen zu viel offenes Gefühl in so großer Gesellschaft, erst recht in Anwesenheit dieser umwerfenden Schönheit dort hinten in der Ecke bei ihrem großen Bruder. Der würde sich jetzt innerhalb kürzester Zeit ordentlich die Kante geben, um damit – mit beidem – fertig zu werden.

Schnaubend rutschte Emmeline wieder herum und setzte sich, tief in die Sofakissen gekuschelt, einen Arm unter die gegenüberliegende Achsel geschoben, in der anderen noch das Glas. „Mutig ist gut,“ griff sie den Trinkspruch auf und schüttelte den Kopf, dass ihr langes, blondes Haar nur so flog. „Ich kapier's immer noch nicht, wie ihr so kaltschnäuzig sein könnt,“ funkelte sie Frank von unten her an, der ihr gegenüber gegen die Wand lehnte, aber es war offensichtlich, dass sie es nicht böse meinte. Wenn auch ihr Argument nicht falsch war und sie recht hatte, das hatten alle gesagt. Die McGonagall hatte ungefähr dasselbe Gesicht gemacht wie damals, als die Geschichte rumerzählt worden war, Black hätte Pettigrew an einem Levicorpus aus dem obersten Turmfenster gehängt und dafür eine saftige Strafarbeit bei Dumbledore bekommen.

Fast verlegen, mit beruhigend sanfter Stimme, zuckte Frank die Schultern nach oben. „Es war ja nicht mit Absicht,“ behauptete er und machte dabei absolut nicht den Eindruck, als wäre er daran irgendwie beteiligt gewesen. Mit den Augen rollend, Marlene schon kichernd eine Hand vor dem Mund, prustete Em. „Habt ihr noch nie was von Verhütung gehört?“ ätzte sie gespielt zu ihm herüber und brachte damit erst recht alle Anwesenden zu einem überzogenen Kreischlachen. Wie 14jährige im Sexualkundeunterricht. Ganz erschrocken zog ausgerechnet Lupin den ganzen Oberkörper von ihr weg und griff sich an die Brust, als bekomme er eine Herzattacke. „Ketzerin!“ klagte er sie mit offenem Mund an und zeigte mit dem bloßen Finger auf sie, der ganze Haufen gröhlend vor Spaß. „Verbrennt sie!“ Und damit ließ er sich einfach in ihre Richtung kippen und begann, sie gnadenlos auszukitzeln.

Ihr ausgelassenes, hilfloses Schreien, das in jammerndes Lachen überging und wieder zurückschlug, nahm man kaum wahr an der Wiege des kleinen Neville. Immer noch ganz entzückt mussten beide, James und Lily, immer wieder zu ihm hereinschauen, wo er mittlerweile ein wenig genug hatte von so vielen neuen Gesichtern. Gähnend reckte sich das Kind und schloss die Augen, um ein wenig zu schlafen. Der Lärm schien ihm dabei nichts auszumachen, hielt ihn nicht wach, und bald schon sackte ihm das Kinn auf die winzigen Schlüsselbeine, und er schlummerte tief und fest. Da war es ihm auch egal, dass seine Mutter ihm sanft die Hände unter die Achseln schob, um ihn aufzuheben. „Willst du ihn mal halten?“ wollte sie wissen, und ohne zu zögern nickte Lily hastig. „Oh ja!“ schwärmte sie förmlich und streckte schon die Arme aus, um ihn entgegen zu nehmen.

Ganz leicht war er, ein winziges Fliegengewicht, und sie war sich nicht sicher, ob es der Sommerstrampler oder das Baby selbst war, was sich da so weich anfühlte unter ihren Fingern. „Ew,“ gab sie langgezogen von sich, ängstlich, ihn aufzuwecken, ihm weh zu tun, ihn zu zerbrechen, und Alice lächelte. „Keine Sorge, er hält 'ne Menge aus,“ versicherte sie und dachte lieber nicht darüber nach, wie blöd sich Frank gelegentlich anstellte, wenn er ihn versorgte. Das würde schon noch werden. Lachen musste Lily bei dem krampfhaften Versuch, den Knirps irgendwie so in den Arm zu nehmen, dass die große Kugel ihres Bauches nicht im Weg war. „Ich kann ihn ja fast am besten drauf setzen,“ entschied sie und tat genau das, legte sich Nevilles Bauch auf ihr Brustbein und sein Köpfchen unter ihr Kinn.

James grinste, wie er sich das anschaute, sie daran erinnernd, was sie da eigentlich machte. „Ich weiß nicht, ob Harry das gefällt, wenn ein anderer Junge auf ihm sitzt.“ Und die Zweideutigkeit dessen führte zu einem empörten „oh“ von Lily und einem festen Klatscher auf den Oberarm, ließ Alice einen Lachkrampf erleiden und Sirius, sich von seinem Platz zwischen Sofa und Kamin herüberschleichend, konnte sich den Kommentar nicht verkneifen, längst rote Wangen über dem kräftigen Schnauzbart vom Champagner. „Nana, sowas hat doch wohl noch 15 Jahre Zeit!“ befand er mit anzüglichem Augenaufschlag, aber weil Lily ihn nicht schlagen konnte, streckte sie ihm die Zunge raus. „Affenarsch.“ Das beeindruckte ihn allerdings gar nicht.

Es war schön, alle bei einander zu haben. Franks Mutter war ganz verklärt und regelrecht stumm geschlagen von so viel Anteilnahme, als wäre das bei der Hochzeit damals anders gewesen, und mit glänzenden Augen saß sie einfach nur auf einem Sessel zwischen all den vielen jungen Leuten und hörte ihnen zu, schaute sich ihre Gesichter an, die sich so sehr freuten für ihren Sohn und sein Mädchen. Jeden von ihnen kannte sie, die Potters, Mr. Black (man konnte ihn nur 'Mr.' nennen, es ging gar nicht anders), der kleine Dicke von Paddy, Isabels Junge, die Mädchen, Emmeline und Marlene und Serena, ihr Bruder Gilbert, die Podmores, Dennis Meadowes, Alices kleiner Bruder Archie, sie waren alle gekommen, Gefahren hin oder her. Auf so engem Raum zusammen zu sein, das bedeutete dieser Tage für Hexen und Zauberer wie sie ein unschätzbares Risiko.

Darüber wollten sie heute nicht nachdenken. Einträchtig saßen sie beisammen, redeten über dies und jenes, mit keinem Wort jedoch von Gefechten, Verschwundenen, Katastrophen da draußen in der Welt. Die Gesichter strahlten, und das nicht bloß vom Schaumwein, sie genossen das Beisammensein, tauschten private Neuigkeiten aus, darüber, wer einen neuen Freund hatte, wer aus den alten Jahrgängen schon verheiratet war oder auch schon Kinder erwartete, zukünftige Klassenkameraden des kleinen Neville, der von einem zum anderen herumgereicht und geknuddelt, geküsst und geherzt wurde. Die Lovegoods, gar nicht so weit weg der Heimat, hätten ein Mädchen, erzählte Marlene, und Edgars jüngster Bruder auch, und Goldsteins hatten ihren Neugeborenen Anthony genannt. Man konnte den Sprechenden Hut schon förmlich nach ihnen rufen hören.

Warm und golden schien das Licht in der Wohnstube, wehte angenehm kühlende Brise von draußen herein, wo der Tag heiß und stickig gewesen war, der Juli sich nun dem Ende zuneigend. Wenn der siebente Monat stirbt. Keine Ahnung, wieso ihm das jetzt in den Kopf schoss, hatte Remus Lupin, aber es war mit einem Mal so laut, dass er den Gesprächen nicht mehr folgen, sie gar nicht mehr richtig hören konnte. Dumpfe Taubheit auf den Ohren, wie nach dem Schwimmen in einem herrlichen Waldsee, Wasser darin, das man nicht herausbekam. Er stemmte sich auf von der Armlehne, auf der er noch immer gehockt hatte, entschuldigte sich wortlos bei der fragend zu ihm aufschauenden Em und stopfte sich eine Hand in die Tasche. Die Rechte hielt noch immer die Champagnerflöte. Ein bisschen frische Luft konnte nicht schaden.

Zwischen den Grüppchen aus redenden, lachenden Menschen hindurch, die ihm alle etwas bedeuteten, jeder auf seine Weise, bewegte sich Remus auf die offene Terrassentür zu, und die Nacht umfing ihn, sobald er die Schwelle überschritt. Sofort einen tiefen Atemzug nehmend, sog er den Duft von blühenden Wiesen und reifem Korn ein, ein winziger Schuss des nahen Meeres dabei. Erfrischend, den Kopf kühlend und freier machend war das, und er überquerte die Pflasterung, bis er an das Geländer herantreten konnte. In einem steilen Abhang wölbte sich hier der Garten nach unten auf eine Wiese voller Blumen zu, die jetzt ihre Blüten geschlossen hatten. Das Konzert der Tiere, die nun durch die Sträucher streiften, fliegende Feldermäuse, hochfrequent pfeifend auf der Jagd nach Insekten, gurrende Eulen irgendwo dort vorn in den niedrigen Bäumen, war mindestens genauso schön wie der fröhliche Lärm, der nun nur noch gefiltert zu ihm herausdrang.

Wenn der siebente Monat stirbt. Juli. Jetzt. Die letzten Tage angebrochen. Lange hatten sie es alle verdrängt, selten darüber noch nachgedacht. Es hatte keinen Zweck, solange nicht alle Voraussetzungen geklärt waren. Wenn er arbeitete, ja, wenn er Lasten katalogisierte und für den Weitertransport zusammenstellte, sie an die Besenreiter verteilte oder einem Kamin zuordnete, ja, dann grübelte er oft, dann füllte das seinen Geist, beschäftigte ihn, dem dieser stumpfe Job nicht ausreichte. Und dann sorgte er sich. Entsetzlich. War er aber bei ihnen, war alles ausgeblendet, die Geborgenheit der Freundschaft das drohende Unheil überdeckend. Wenn der siebente Monat stirbt.

Und nun zerrissen. Der winzige Junge da drin konnte das Kind sein, von dem die Prophezeiung sprach. Genauso gut mochte es der ungeborene Harry sein. Beide kamen in Betracht, beide hatten Eltern im Orden des Phönix, die sich Voldemort tapfer entgegen gestellt und ihm dreimal persönlich entkommen waren. Von einem männlichen Baby war die Rede, nicht von einem Mädchen. Geboren in den letzten Tagen dieses Monats. Lily hatte es gesagt, sie wusste nicht, wann es kommen würde, hatte noch nicht einmal Schmerzen gehabt oder sonstige Anzeichen. Es konnte genauso gut sein, dass es noch dauerte, vielleicht eine ganze Woche, wer wusste das schon? Und dann? Harry würde im August zur Welt kommen. Und das hieße eindeutig, es könne nur Neville sein. So sehr ihn das erleichtern sollte, so stark es diesen Hoffnungsschimmer in der Brust werden ließ, so furchtbar war jedoch auch diese Entscheidung. Egal, was geschehen mochte: Alles war schrecklich.

Seufzend, in zittrigen Schüben die so würzig duftende Luft wieder aus den Lungen entlassend, hielt er sich an dem eisernen Geländer fest und stellte das Glas halb darauf ab, ohne es loszulassen. Es war nicht fair. Dieses Damoklesschwert über so junge Kinder zu hängen, so winzige, kleine Geschöpfe, unschuldig und machtlos. Sie wussten doch nichtmal, ob Neville, ob Harry, nicht vielleicht Squibs waren, gar kein zauberisches Talent besaßen. Und was sollte das sein, 'eine Macht, die der Dunkle Lord nicht kennt'? Wie helfen, wie nur? Und helfen mussten sie, welche andere Wahl gab es? Sie konnten sich nicht selbst helfen; Neville kriegte es nichtmal hin, sich von selbst auf den Rücken zu drehen. Zum Auswachsen. Zum Verzweifeln. Remus musste sich Tränen aus den Augen blinzeln und sie herunter schlucken, wie er, vornübergebeugt und den Kopf zwischen die Schultern hängen lassend, einfach nur dastand. Wie jemand neben ihn trat, das bemerkte er erst, als der Mann ihm die Hand auf den Oberarm legte.

Nicht James, nicht Sirius, deren Hände waren ihm vertraut, kannte er jeden Finger, jeden Knöchel, die Form der Handfläche genauestens. Frank Longbottoms schlanke, muskulöse Gestalt ragte neben ihm auf, einen Tumbler mit letzten Tropfen Feuerwhiskey in der Rechten, den er sacht darin schwenkte. Vor und zurück wippend auf seinen Lederschuhen, starrte er hinaus in die Dunkelheit, wo die schöne Grafschaft von Devon sich um die Bucht von Torbay legte. „Schön hier draußen, hm?“ fragte er leise seufzend wie jemand, der wirklich nur vom Wetter schwärmen wollte. Remus nickte und vollführte eine merkwürdige Bewegung mit der Halswirbelsäule, bis es knackte, um den Kopf zu heben und schauen zu können, was Frank vielleicht meinen könnte. Sobald er ihn sehen konnte, bleich irgendwie, ohne dass der Glanz seines Glücks aus den Augen schwand, musste er lächeln, schief, grimmig, zart zugleich. „Ja. Unendlich schön.“

Longbottom, der Kapitän der Quidditchmannschaft von Ravenclaw in seinen Schulzeiten, war nie einer gewesen, der hinterm Berg hielt oder um den heißen Brei herumredete. Ohne den entfernten Cousin neben sich wirklich direkt anzuschauen, noch immer den Blick geradeaus, hängte er sich regelrecht in die Streben, die den Garten von der Veranda trennten hier an der wundervollen Englischen Riviera. „Es ist toll, dass ihr alle gekommen seid,“ bedankte er sich dafür, wartete kaum das Abwinken ab. „Euch noch mal alle zu sehen.“ Remus erwiderte kein Wort und stellte keine Fragen. Ob er schon wusste, worauf er hinauswollte, oder ob er zu verdattert war, das konnte Frank nicht überprüfen.

Oh, Lupin verstand sehr gut. Niemand musste ihm das bestätigen, nichtmal er selbst. Nickend zur erneuten Zustimmung, hob er das Glas hoch unter seine Nase und schielte hinein, nahm jedoch keinen Schluck. „Ich weiß nicht, ob wir es sind oder Lily und James, ich weiß es wirklich nicht,“ brachte er zum Ausdruck, was auch ihm schlaflose Nächte bereitete, ihn in genau die gleiche reizbare Abwehrhaltung zwängte und ihm Angst als ständigen Begleiter an die Seite stellte. „Und ich riskier's nicht.“ Seine Stimme wurde heiser wie die seine Zuhörers. „Ich werd's nicht riskieren, Remus.“ Dafür brauchte er keine Absolution, und dennoch schien er eine zu wollen. Lupin nickte nur wieder, jetzt so weit nach vorn gelehnt, dass er das Kinn auf den eigenen Armen auf dem Geländer abgestützt hatte, Hüfte und Oberkörper einen 90°-Winkel zu den langen Beinen bildend.

Jetzt doch mit einer raschen Bewegung die letzten Reste aus dem Glas seine Kehle hinunter spülend, stand Frank Longbottom kerzengerade in der Dunkelheit, Papa Frank, und er gab ein genießerisches Geräusch von sich. Die Schärfe des Getränks tat gut. Viel besser als der süße Schaumwein, und Remus starrte seinen kurz missmutig an, bevor er ihn schwungvoll in die Rabatten kippte. Ja, Zeit für was Härteres. Darüber musste Frank grimmig lachen, während Lupin sich aufrichtete und herumdrehte, um sich mit dem unteren Rücken nun gegen die Brüstung zu lehnen. Pete und Sirius legten da drin eine Polka zu Zweit aufs Parkett, obwohl dafür weder Musik noch Platz vorhanden war, und Wurmi war offensichtlich so betrunken, dass er sowieso nur noch stehen konnte, weil Black ihn festhielt. Zum Totlachen, diese Volltrottel.

Sich gemeinsam darüber amüsierend, so wie es ihre Freunde alle taten da drin und zu enthusiastischem Klatschen „Hacke, Spitze, Hacke, Spitze, einz, zwei, drei!“ anfeuerten, kicherten die beiden Männer stumm. Wirklich schön, alle bei einander zu wissen. Das Lächeln schwand fast komplett aus Franks Gesicht, zurück blieb ein heimlicher Schimmer davon. „Wir werden untertauchen,“ gab er preis, und seine Augen blieben kleben an seinem wunderhübschen Mädchen, das wiegend ihr Baby im Arm hielt und ihm dabei das Ohr küsste. „Noch heute Nacht.“

Und Remus verlor kein Wort darüber, als hätte er ihn gar nicht gehört, während Nacht und Licht und Stille und Freundentaumel eins wurden in seinem Herzen und in seinem Kopf und verschwammen zu einem weit entfernten Strudel aus Erinnerung, den er bis zum letzten Atemzug bei sich tragen würde.


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