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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Nur der Donnerhall

von Teekon

Krawumm – rollte der Donner durch das Tal von einer steilen Felswand zu bloßem Bergeshang und wieder zurück, vervielfacht sein Echo und dadurch nur umso lauter. Der dürre, hochgeschossene Mann duckte sich zwischen die eigenen Schultern und eilte nur noch schneller voran. Durch Matsch und Pfützen sprangen die schwarzen Lederschuhe vorwärts, wie sie unter der einfachen, grob gewebten Robe hervorlugten bei jedem langen Schritt, und es quietschte und patschte unter den Sohlen, wie er sich durch Fahrrinnen und Schlaglöcher kämpfte. Ein ungemütlicher Tag, nicht schön für einen Posten.

Lange genug, fand der Wachhabende, hatte er es im strömenden Regen ausgehalten, aufgepeitscht von reißenden Böen immer wieder, die der Sturm zwischen den Häusern hindurch fegte. Es war überflüssig, noch weiter und so exponiert mitten auf der Kreuzung zu stehen, bis einem die Knie schlotterten und die Ohren abfroren, wenn sich keine Menschenseele blicken ließ, und jeder, der bei einem solchen Wetter vor die Tür ging, war vollkommen lebensmüde. Oder hoffte auf eine saftige Erkältung, um nicht zur Arbeit gehen zu müssen. Das einzige, was sich hier und heute bewegte, waren knarzende Schilder von Geschäften und Werkstätten und hin und her schwankende Baumkronen. Nein, da machte er sich selbst eher verdächtig, als dass er etwas Interessantes zu sehen bekommen konnte.

Warum also die grusligste Lungenentzündung aller Zeiten riskieren, konnte man statt dessen im Trockenen und einigermaßen Warmen sitzen? Niemand würde es merken, nicht einmal der Meister selbst, denn lügen konnte der Wachposten ausgezeichnet, brauchte keine Angst haben vor irgendeines Zauberers Legilimentik. Viel zu früh und viel zu gut gelernt die Gegenmaßnahmen dazu. Und überhaupt: Er würde nicht fragen. Es gab andere, wichtigere Beobachtungspunkte dieser Tage, auch wenn dieser hier dem Feind am nächsten war, wie gerne behauptet wurde. Heute zumindest war ihm das egal.

Längst wurde es dunkel, aber vielleicht suggerierte das auch nur die dichte Decke aus rasch dahin ziehenden Wolken, manche davon hell und fast durchscheinend, andere so Grau wie sein Kapuzenumhang, viele jedoch von so drohender Farbe, dass sie jegliches Licht aussperren konnten. Der dicht hernieder rauschende Regen tat sein Übriges dazu, dass die Sicht schon bald vor den Augen verschwamm, und hätte er sich nicht so gut ausgekannt im Dorf, er hätte sich vermutlich rettungslos verirrt. Dabei bestand Hogsmeade nur aus einer Hauptstraße und ein paar wenigen Seitenwegen, die schon nach wenigen Yards und höchstens drei Häusern in den Wiesen verschwanden.

Hätte die Sonne geschienen, er hätte diesen Auftrag sicherlich sehr genossen. Alle Fenster und die schmalen Vorgärten waren mit ersten Frühlingsblumen geschmückt, bunte Primeln mit ihren gemusterten Blättern, Blausterne und leuchtend gelbe Wildnarzissen mit winzigen Köpfchen. Die Sträucher, die zwischen den Gebäuden hervor lugten, trugen erste zarte Triebe, flaumig weich und von kräftigem Grün, dass man sie am liebsten anfassen mochte. Der Boden brach auf, es duftete überall nach baldigem Ende des Winters, doch leider war davon an diesem Tag nicht viel zu spüren. Abgesehen davon vielleicht, dass der Guss von oben nicht mehr ganz so eisig war wie noch vor wenigen Wochen. Missmutig schnaubte der junge Mann und beeilte sich, endlich die letzte Abzweigung des Ortes zu erreichen.

Recht steil ging es bergauf hier, und er musste die Knie beugen und den Oberkörper nach vorn lehnen, um den Anstieg zu schaffen. Ächzend, unzufrieden murrend in leisem Selbstgespräch, erklomm er den Hügel, auf dem der niedrige Bau aus Naturstein und dunklem Gebälk erbaut war, das mit Schiefer gedeckte Dach moosbewachsen und glitschig, doch aus der breiten Esse stieg anheimelnd der weiße Rauch eines guten Feuers. Also nichts wie hin. Den besonders schlammigen Vorhof zu rasch überquerend, stapfte er in den dicksten Pfuhl, den es zu erwischen galt, und fast aufschreiend schüttelte er den pitschnassen Fuß aus. Na toll. Mal wieder typisch. Die Hosenbeine waren bis über die Knöchel mit Lehm bespritzt, und das kalte Wasser sickerte ihm Tropfen für Tropfen in die Socken. Prächtig.

Zwei Schritte noch, und er befand sich auf den ausgetretenen Stufen, die hinauf führten zur Eingangstür, das völlig versiffte Schild darüber, welches das Hog's Head in diesem Stall verriet, und die speckigen Fenster rechts und links konnten so groß sein, wie sie wollten. Da drinnen würde es immer dämmerig sein. Genau wie erwartet, trat er in den niedrigen Schankraum, düster und weitläufig, und obwohl kaum jemand auf der Straße gewesen war den ganzen Tag, fand er die Kneipe recht gut besucht. Die kleineren Tische waren alle besetzt mit kleinen Grüppchen von Sabberhexen und Tagedieben, und das leise Gemurmel brach kaum ab, wie er ihre Kreise störte.

Man musterte ihn kurz, so wie er auch ein paar rasche, sondierende Blicke über die Gesichter gleiten ließ, ob er vielleicht jemand kannte, zu dem er sich setzen konnte, oder der ihn hier besser nicht sehen sollte. Da er nichts von beidem entdecken konnte, zog er die Nase hoch und ignorierte sämtliche Anwesenden. Na gut, die Hauptsache war Wärme und etwas zu trinken. Und vor allem: Der Regen blieb draußen, zusammen mit dem Wind, und der pfiff mit einem schaurig lebendigen Jaulen um die Ecken des Hauses. Das Trommeln des Niederschlags jedoch, das drang nicht bis in die Wirtsstube vor. Die darüber gelegenen, wenig komfortablen Gästezimmer, hielten das Geräusch ab.

Es war wie immer hier drin im Eberkopf, besagtes namensgebende Tier als körperlose Jagdtrophäe über dem lodernden Kamin aufgehangen, und dort drubbelten sich ein paar Dorfbewohner zusammen, unterhielten sich bei dampfendem Glühwein und scherten sich um die übrige Kundschaft kein bisschen. Als wären sie nicht da, die zerlumpten Gestalten, die dreckigen Kerle hier vorn, das merkwürdige Weib in der Ecke, das hastig strickte und dabei durch eine Brille, deren Gläser so dick waren wie der Boden einer Limonadenflasche, hinweg lunste, der mit sich selbst sprechende Typ mit dem filzigen Bart. Da passte er wunderbar dazu, befand der Spion inkognito, und er stopfte sich die blau gewordenen Finger in die Tasche und durchquerte den Saal, immer direkt auf die Theke zu.

Der Wirt beäugte ihn nur für Bruchteile eines Augenblicks, den schlacksigen Laternenpfahl mit der wollenen Kapuze über dem Kopf, die gerade mal die Stirn und die lange Adlernase preisgab, und den Rest des Gesichts schützten Schatten und ein Vorhang aus angeklatschtem, öligem Haar, rabenschwarz, ob von der Nässe oder immer so, nicht zu erkennen. Niemand verlangte, er möge sie ablegen. Und das tat er auch nicht, zog sich auf einen leeren Hocker zwischen zwei anderen Gästen, die augenscheinlich nicht zusammen gehörten und krümmte sogleich den Rücken zu einem stattlichen Buckel. So wurde er schneller warm, und gleichzeitig konnte man ihn nicht gut ansehen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

Keiner musste sich an ihn erinnern, darauf war er wirklich nicht scharf. Zu kurz die Zeit, die er fort von diesem Ort verbracht hatte bisher, und er hatte keine Lust auf Schulterklopfer und Ausrufe seines Namens, keinen Bock auf einen Schwank aus seiner gerade beendeten Jugend und erst recht nicht die für frisch Graduierte so übliche dämliche Fragerei: „Und? Was machst jetzt? Hastn Job? Wo wohnst du? War da nicht was mit deiner Ma? Wie geht's der denn?“ Seine Miene verdunkelte sich nur noch mehr, und sein kränklich gelblicher Teint rutschte ins Ockerfarbene. Was sollte mit Ma schon sein? In Azkaban. Verlor langsam den Verstand. Schrieb sinnlose, wirre Briefe. Schön, was? Tolle Geschichte. Die Schuld nagte ungemein, und im selben Moment wünschte er, sie würde endlich damit aufhören. Ruhe davor.

Er wollte nicht daran denken, zog aggressiv die Schultern hoch und unterdrückte ein Schnaufen. Weder an sie, wie sie zurückgeschaut hatte, nicht an die Erzählungen von jenem kargen Felsen da draußen irgendwo in der eisigen, stürmischen See, erst recht nicht an diesen einen Moment. Sich schütteln musste er, die Augen schließen, und dennoch tanzte das grüne Flackern über seine Lider, und er zwang sich, auf die verkrampften, mageren Finger auf dem Tresen zu starren, das funzlige Licht die Bilder in seinem Kopf löschen lassend. „Was darf's sein?“ knurrte ihn der Wirt an, und fast dankbar dafür hob er das Kinn, gerade hoch genug, dass er ihn unter den Brauen her anschauen konnte. „Butterbier,“ murmelte er.

Ohne ein weiteres Wort bekam er, wonach er verlangt hatte, griff der kugelrunde Kerl im Kilt unter die Theke, und man hatte das Gefühl, er müsse sich dafür nichtmal bücken. Die Flasche war staubig, als habe sie da schon ewig gestanden, obwohl er täglich, besonders an Wochenenden, an denen die Schülerinnen und Schüler des nahe gelegenen Schlosses Ausgang hatten, Tonnen davon verscherbelte. Vielleicht hexte er die Schicht da drauf, damit er seinem Ruf gerecht werden konnte? Wer wusste das schon? Der junge Mann auf dem Barhocker sicherlich nicht. Und es war ihm auch gleichgültig.

Manchmal, davon war er felsenfest überzeugt, konnte man diesen Riss spüren. Wie eine Lücke zwischen dem U-Bahn-Wagon und dem Bahnsteig irgendwo unter der Erde. Oder wie ein Canyon in karger Wüstenlandschaft, einfach mittendrin die Ebene unterbrechend, ein tiefes, fransiges Loch von Nord nach Süd, etwas in zwei einsame Hälften teilend, das zusammengehörte. Ob er wollte oder nicht, er musste sich fest an die Brust greifen und die Lagen Stoff darüber, nasse Robe, Jacket, Hemd, zusammenknüllen und verschieben, dass er sie rau auf der Haut fühlen konnte, wie sie darüber rieben.

Wie er das Bier in den Händen drehte, längst mehr als lauwarm, bekam er kaum mit, so in Gedanken versunken, die er sich eigentlich verboten hatte. Mehr und mehr fiel ihm die Stirn in Falten, und die Robe trocknete und wurde steif in der angenehmen Wärme des Feuers, das hagere Gesicht mit den eingefallenen Wangen unter hohen Knochen weiter streng verborgen unter Kapuze und Haar. Dunkelheit senkte sich endgültig über Hogsmeade, und während es ein wenig lauter wurde im Schankraum, begann der Wirt, das Abendessen für seine Übernachtungsgäste auszuteilen. Tiefe, eherne Teller aus abgeplatztem Steingut, hier und da ein Eckchen heraus gesprungen, und darin schwamm sämige Linsensuppe mit Wurststückchen und Kartoffeln. Das roch gut, das ließ einem den Magen knurren, auch wenn man niemals erwartet hätte, etwas aus dieser Küche könne schmecken.

Fast heimelig wurde es im schmutzigen, gruseligen Hog's Head, als jemand ein Akkordeon auspackte, es auf den Tisch legte und mit einem „Engorgio“ in spielbare Größe brachte. Das bisschen leise Musik und zaghaft anstimmender Gesang aus rostigen Kehlen dazu, zog durch die Wirtsstube. Hätte er es mitbekommen, hätte es ihm vielleicht sogar gefallen. Da waren sogar Mr. Dervish und sein Kumpan Banges, wenn er das richtig sah, gar nicht weit von dieser seltsamen Schabracke, die an ihrem frischen Brot zur Suppe mümmelte wie ein verunglücktes Kaninchen, und dabei schauten ihre Augen durch die dicke Brille aus wie die eines Goldfischs im Glas. Diese Stimme im Kopf, sie versetzte ihm einen Stich, den er kaum deuten konnte, kaum zu deuten wagte, so bekannt, so verhasst und gleichzeitig – das gab er nur in solcher Stimmung zu – so beneidet: „Vogelscheuche!“

Und der Typ hatte recht. In diesem Falle. So sah die wirklich aus. Das Haar auf ihrem Kopf, wollte man das wirklich so bezeichnen, glich eher dem Horst einer Eule, total überfüllt mit dem Gewölle zahlreicher Opfer, und zu allem Überfluss hatte sie so etwas wie eine rosa Schleife hineingesteckt. Vermutlich war das Jahrzehnte her, und das Ding ging einfach nicht mehr raus. Wie vergessen an einem Christbaum auf dem Kompost. Um den Hals gewickelt hatte sie sich mindestens ein halbes Dutzend bunter Seidenschals, und das hellblaue Exemplar war mit unechtem Goldrand verziert. Ganz zu schweigen von diesem Obergewand, einer Mischung aus Ökopulli und skandinavischer Hexenrobe. Nichtmal der bekloppteste Zauberer rannte so rum. Nichtmal Dumbledore persönlich hätte ein solches Outfit präsentiert.

Als hätte er ihn gerufen. Erst sah er ihn nicht, spürte nur den kühlen Luftzug, als die Eingangstür geöffnet wurde, und das dumpfe Prasseln von immer noch fallendem Regen drang herein, um sofort wieder zu verstummen. Der Wind hatte merklich nachgelassen, dafür zuckten noch immer feine Blitze durch die nun aufgezogene Nacht, und das Donnerrumpeln, das darauf folgte, schien noch immer das halbe Tal zu erfüllen, wollte einfach nicht davon ziehen. Er bibberte einen Moment lang und musste auf dem Hocker herumrutschen, dass ihm nicht kalt wurde, und er drehte die fast leere Flasche Butterbier in der einen Hand, die bis zu den Fingerknöcheln in einem Handschuh steckte. Die oberen Stücke waren abgeschnitten für mehr Bewegungsfreiheit.

Ungewohnt, fast schon erschreckend unnatürlich für ihn, grüßte der Wirt mit Kinn, Brauen und Augen den soeben hereingekommenen Gast, derweil er mit siffigem Lappen ein paar Gläser auswusch. Schlieren bildeten sich darauf, aber er schien das kaum wahrzunehmen, und der Mann an der Theke, gleich neben dem Wachposten, scherte sich einen Dreck darum, wie es ihm direkt vorgesetzt wurde. Den Feuerwhiskey dazu goss er sich selbst aus einer Flasche ein, die man ihm gegeben hatte. Nur schwache Neugier ließ den halben Jungen sich ein wenig herumdrehen, kaum interessiert, noch immer verstrickt in eigene Welten, doch das änderte sich schlagartig, und fast wäre er von dem Hocker herunter geplumpst.

Albus Dumbledore. Professor Albus Dumbledore, Schulleiter der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberer, Träger des Merlins-Ordens erster Klasse, und das nicht von ungefähr. Und in den Augen des heimlich Beobachtenden so viel mehr. Anführer des Widerstands. Gründer des Phönixordens. Der Feind schlechthin. Und so machtvoll, ein Zauberer von solcher Gewalt, dass er es regelrecht abstrahlte, als trüge er eine Aura aus pulsierender Magie, die alles durchdrang, alles niederringen konnte, der er schutzlos ausgeliefert war. Und er duckte sich nur umso mehr in sich selbst hinein, konnte nur hoffen, nicht entdeckt zu werden von diesem stechenden Blick aus himmelblauen Augen unter buschig weißgrauen Brauen.

Das Zittern kehrte in die Finger zurück, dieses Mal nicht vor unangenehm feuchter Kälte, sondern einer Mischung aus Panik und kindlicher Wut, keine Ahnung, woher das kam. Wenn er ihn erwischte, wenn er ihn erkannte – und das würde er, sobald er sein Gesicht sah – dann war alles aus. Dumbledore wusste es, da half auch keine Okklumentik, ihm war bekannt aus zu vielen Schlachten Orden gegen Todesser, welches Mal er auf dem Unterarm trug. Und selbst wäre es so gewesen, er hier nur ein einfacher Gast mit Appetit auf ein Butterbierchen, das hätte ihm der Jäger aller Schwarzmagier niemals abgenommen. Und Flucht? Nicht daran zu denken. Denn der ehemalige Lehrer für Verwandlung stand nun genau im Gang, zwischen ihm und dem einzigen Ausgang.

Ruhig bleiben. Sich still verhalten. Unauffällig. Er war sicher nicht wegen ihm hier, und konnte er sich auch so gar nicht vorstellen, dass diese Kneipe zu Dumbledores bevorzugten Absteigen zählte, so war er sich dennoch fast vollkommen sicher, aus der Schusslinie zu sein. Vielleicht lag es am Zucken des Wirts in jene dunkle Ecke hinter dem Kamin, die es ihm verriet. Denn dorthin steuerte der Schulleiter nun seine Schritte, ohne Umschweife und ohne das geringste Zögern, immer auf die so seltsam ausstaffierte Hexe zu, die noch an einem Brot kaute, das längst abgeräumt worden war.

Sie schien ihn gar nicht wahrzunehmen, die imposante Erscheinung in schwerem Brokat, ein dunkles Violett, nicht ein Tropfen Wasser daran, geschweige denn der Schlamm der matschigen Straßen, und ein spitzer Hut mit goldener Quaste ließ ihn noch größer erscheinen, als er es ohnehin war. Den langen, fast nun weißen Bart, hatte er sich in den Gürtel gesteckt, dass er nicht davon wehen konnte im kräftigen Wind des Frühlingssturms, und die Daumen gesellten sich dazu, wie er mit durchgedrücktem Rückgrat auf die mit Abstand merkwürdigste Person im ganzen Hog's Head zu stolzierte. Und ob er es wollte oder nicht: Der heimliche Zuschauer konnte nicht verhindern, dass die Neugier nach ihm griff. Welch Begegnung.

Zu laut nun im Schankraum, wie das Akkordeon in der einen Ecke schunkelte, dazu schallend geschmettert eine eigentümliche Version von „Scots wha hae“, Gespräche allüberall, das Klopfen und Knallen von Karten in einem gemütlichen Spiel, und es wurde gelacht und gegröhlt an mehreren Tischen, als dass er hätte verstehen können, was dort vorn gesprochen wurde. Dumbledore beugte sich über die kreisrunde Tafel, an der die Hexe saß, und endlich schaute sie auf, erschrocken, die Welt um sich herum gar nicht wahrgenommen bisher. Doch sofort, sobald sie ihn erkannte, den Mann, der sie angesprochen hatte, huschte ein Lächeln schiefer Zähne auf ihr Gesicht.

Setzte er sich, würde er ihm den Rücken zukehren, und vielleicht könnte er von ihren Lippen ablesen, worum es ging in der Unterhaltung, die der Schulleiter jetzt eröffnen musste. Doch er tat es nicht. Er blieb stehen, die Knie durchgedrückt, die Wirbelsäule gebogen, und nervös werdend, rutschte der Junge mehr und mehr auf seinem Hocker herum, das Bier, die Nässe, die Kälte von draußen komplett vergessen. Dumbledores Hand, von Altersflecken bedeckt, aber immer noch kräftig und grazil, deutete schräg hinter ihn, der Zeiger ausgestreckt, und unter seinem schwarzen Haar hervorlugend, folgte er diesem Hinweis genau wie die schäbbige Xanthippe mit ihren Ärmeln zwischen den Pfoten. Die Tür, die schmale Tür, von der Theke fast verdeckt, die nach oben führte zu den Gästezimmern.

Hitze stieg ihm in den Kopf. Sie hatte gegessen. Sie wohnte hier, übernachtete hier, und Dumbledore wollte mit ihr allein sein. Das konnte nur bedeuten, dass es wichtig war, dass es niemand mitbekommen sollte, was sie zu bereden hatten. Schon erhob sie sich, hielt den Rock gegen den Oberschenkel, der unter ihrer Robe herausschaute und huschte aus der Sitzbank heraus, um sich dem Bezwinger des Großen Grindelwald anzuschließen, und Dumbledore reichte ihr eine Hand zur Hilfe, bis sie im Freien stand und sie sich auf den Weg machten. Fieberhaft überlegte der junge Mann, die dunklen, fast schwarzen Augen hin und her jagend, das Bier so schnell in seinen Händen drehend, als wolle er Sahne schlagen. Er musste ihnen folgen, er musste hören, um was es hier ging.

„Aberforth!“ rief die so bekannte Stimme von sieben Festessen zur Jahreseröffnung, von leiser, ruhiger Schellte auf dem Flur, und er ballte die Faust und versuchte, das Gefühl zu unterdrücken. Das Haus in Grün bekam seinen so widerwärtig sanften Zorn am häufigsten zu spüren, und oh nein, es tat nicht gut, niemals in heißer Wut angeschrien zu werden. Diese Weichheit, sie beschämte, sie erniedrigte, oh ja, genau wie dieses abartige, ekelhafte Lächeln dieses anderen Jungen, an dessen Arm sie lieber gelaufen war, der sich alles erlauben konnte, der sie sogar hatte küssen dürfen. Ihm wurde schlecht, wie er das Blut in seine Wangen schießen fühlen konnte, und er knirschte mit den Zähnen und kämpfte ihn nieder, diesen brennenden Hass der Eifersucht. „Wärst du so freundlich?“ deutete Dumbledore auf die Tür, und der Wirt nickte bloß.

Aus der Tasche vorn an seinem Kilt zog er einen klimpernden Schlüsselbund aus geschwärztem Eisen, während er schon die paar Schritte hinter dem Tresen heraus trat, um zu öffnen, dass der Lehrer und seine Begleitung hinauf schreiten konnte. Abgeschlossen sonst? Verdammt, verflucht, bei Merlins Bart, wie sollte er dort hinauf gelangen? Er schaltete blitzschnell, antrainiert in so vielen Gefechten für den Orden seines Herrn nun, und als habe er auf eine rotierende Münze geschlagen, stand die Flasche mit einem Mal mucksmäuschenstill und bewegungslos auf der Theke. In der dunkelgrauen Robe verschwamm er in verrauchtem, funzligen Barlicht, wie er von seinem Hocker glitt und sich halb geduckt dicht an dem hölzernen Bogen hielt. Zu viele Gestalten ringsherum, als dass jemand auf ihn geachtet hätte.

In dieser Haltung, eingezwängt, ineinander geklappt der schlacksige Körper, schlich er um das Rund, streifte beinahe den ausladenden Bauch des Wirts, wie dieser sich längst wieder seinen Gläsern widmete und schlüpfte durch den sich bereits wieder schließenden Spalt hinein in ein schmales, steiles Treppenhaus, das sofort hinter der Tür aufwärts klomm. Noch dunkler als in der Wirtsstube selbst war es hier, und beinahe wäre er über die erste Stufe gestolpert, so überrascht war er von der Architektur des Gebäudes. Vorsichtig jetzt, langsam, er musste achtgeben wie ein Luchs! Glück gehabt, sie waren schnell gegangen, und er konnte nur den letzten Zipfel von Dumbledores Cape erkennen, das um eine Ecke flog, gleich dort oben auf dem Absatz. Ihm brach der Schweiß aus, nicht nur, weil es hier viel wärmer war.

Aufgeregt, viel zu erwartungsfreudig, dachte er nicht einmal an einen Desillusionierungs-Zauber, entsann sich keines Hilfsmittels, mit dem diese Verfolgung und Abhöraktion hätte leichter fallen können. Vielleicht wusste er aber auch instinktiv, dass sich ein Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore von solch lapidarem Zauber nicht würde täuschen lassen. Ganz im Gegenteil. Denn Magie hinterließ immer Spuren. Das hatte er ihm selbst beigebracht. Sich also absolut auf seine menschlichen Fähigkeiten verlassend, arbeitete er sich vor, knarzende Stufe um knirschendes Brett, konnte ihre Stimmen schon bald nicht mehr hören, seinen wohltönenden Bariton, ihr quieksiges Wispern. Wie viele Informationen ihm dadurch bereits verloren gingen, er wusste es nicht. Anders jedoch würde es nicht klappen.

Halb auf allen Vieren erreichte der Spion das obere Stockwerk des Hog's Head, und fast erstaunt musste er sich orientieren. Noch niedriger die Decke hier als unten, die Schrägen des Daches deutlich zu erkennen, und gar nicht so karg wie erwartet, eröffnete sich ein Gang zu beiden Seiten. Hier brannten Öllampen mit milchigen Glasschirmen, schmückte ein langer Läufer den Boden, und kleine Holzstiche verzierten die Wände zwischen den Türen zu den Gästezimmern. Rechts von ihm zwei davon, eines nach vorne, eines nach hinten hinaus, links drei, ebenfalls je gegenüber von einander. Hätte er nicht gesehen, wie der Umhang verschwunden war, er hätte keine Ahnung gehabt, welche Richtung er einschlagen sollte. So jedoch drückte er sich aus dem Treppenaufgang hinaus und blieb in dieser gebückten Haltung, sich dicht an der Wand haltend, um Geräusche in den Zimmern wahrnehmen und die zwei Verfolgten ausmachen zu können.

Immer wieder musste er lauschend innehalten, die Ohren spitzen und versuchen, nicht das eigene, so wummernd schlagende Herz rauschen zu hören, das jeglichen anderen Ton überdeckte. Das Gewitter half ihm ganz und gar nicht, und hier oben war das Trommeln des immer noch fallenden Regens ein allgegenwärtiger Hintergrund. Es donnerte wieder, und er zuckte beinahe zusammen, so nah war der Blitzeinschlag gewesen. Krachend sausten Gabeln, Forken aus sichtbarer Elektrizität über den Himmel von Hogsmeade, und er konnte das blendend weiße Licht davon unter den Schlitzen der Türen hindurch scheinen sehen, wo drinnen keine Kerzen brannten. Und er begriff. Nur dort vorn, das mittlere Zimmer zur Rückseite hinaus, warf diesen Hinweis nicht.

Er wollte sich beeilen, wollte schneller da sein, mehr aufschnappen, falls das überhaupt möglich war, falls da nicht ein Zauber bereits auf die Tür gelegt worden war, doch schon im Näherkommen war ihm klar: Dem war nicht so. Man hatte keinerlei Vorsichtsmaßnahmen getroffen gegen Lauscher, und er wusste nicht, ob das aus Dummheit geschehen war, oder weil man sich absolut sicher fühlte. Nein, Dumbledore war alles, nur kein Idiot. Wer das glaubte, verspielte alles, wer das dachte, war nicht nur arrogant, sondern mehr als dämlich. Er musste für einen Moment an die durchgeknallte Irre denken, des Lords Schoßhund, Bellatrix, nun Lestrange, und mit grimmigem Zähneknirschen schüttelte er das fettige Haar. Nicht ganz dicht. Und das machte sie umso gefährlicher.

Und Kälte griff nach seinem Herzen. In Schock erstarrte er, halb auf einem Knie auf dem langen, weichen Läufer im Flur des oberen Stockwerks, und sämtliches Bisschen an Farbe entwich seinen bleichen Zügen. „Ich verabschiede mich, Miss Trelawney,“ sagte Dumbledores Stimme so klar und unmissverständlich dort in dem Gästezimmer, dass er nur genau hinter der Tür stehen konnte. Und tatsächlich bewegte sich der Knauf, drehte sich, um den Bolzen herauszuziehen, dass er öffnen und zu ihm auf den Gang treten konnte. Und weit und breit keine Versteckmöglichkeiten, jedes Schloss verriegelt, der Flur ein offenes Schlachtfeld. Er hatte keine Chance.

Warum das geschah, er wusste es nicht. Wieso er so unverdientes Glück hatte in jenem aussichtslosen Moment, denn der messingfarbene Knopf, das Gegenstück zur Klinke auf der anderen Seite, schnappte so urplötzlich zurück wie ein Gummiband, das einem aus den Fingern rutschte. Erleichtert, die Stirn, die Brustbeinrinne, die Wirbelsäule schweißnass, ließ er sich auf die Knie sinken, die Hände matt im Schoß erschlafft. Allen dreizehn Gammotsdruiden sei Dank. Ihm pochte das Blut im Schädel, so schwer lag diese Panik noch auf ihm, nie gekannt aus zahllosen Gefechten, so gewohnt, dass Adrenalin seinem Herzen einheizte, besonders, wenn er gegen sie zu Felde treten musste. Nicht aus Angst, sie könne ihm weh tun. Nein. Aus Furcht, die anderen könnten merken, wie er sie verschonte von selbst geringsten Flüchen.

So etwas hatte er noch nie gehört, niemals zuvor jemand so gesprochen in seiner Gegenwart, Professor Pellyn stets darauf bedacht, niemals in Trance zu geraten, wenn seine Gabe ihn fand, erst recht nicht vor den Kindern. Nun in den Ruhestand tretend, sobald das Jahr zuende war. Aber das hier, er wusste es gleich, das war das Ding, das war genau das, wovon der Lehrer für Wahrsagerei gesprochen hatte. Heiser, hart, als käme sie aus der Erde selbst, die Grenzen der steinernen Wände, der hölzernen Tür missachtend, mehr noch als die Naturgewalt des Windes draußen, drang diese Sprache nicht an sein Ohr, sondern an sein Hirn, direkt zu seinem inneren Bewusstsein sprechend: „Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu bezwingen, ist nahe. Denen geboren, die dreimal ihm trotzten, wenn der siebente Monat stirbt ...“

„Was machst du da?!“ In die Realität zurückgeholt, wie die riesigen Hände ihn packten am Kragen, an der Kapuze, dass sie ihm herunterfiel, er konnte sich gar nicht wehren. Keinerlei Kontrolle über seine Glieder, noch immer den eigenen Puls so laut, so heftig in Hals und Schädel, dass er ihn gar nicht richtig hörte, und gleichzeitig so erfüllt von grauenhafter Furcht, ihm zitterte der ganze Körper, als würden seine Knochen klappern. Weit aufgerissen die schwarzen Augen starrte er den massigen Mann an, der ihn auf den Boden warf, dass ein dumpfes Klong ertönte, dass die Dielen wackelten, nahm er ihn dennoch kaum wahr, schüttelte den Kopf. Es konnte nicht sein, es durfte einfach nicht sein.

Sich über ihn beugend wie ein Greifvogel auf Beutezug, schnarrte Aberforth, der Wirt des Hog's Head, wie er erneut die Kleider des Jungen derb anfasste und ihn regelrecht vom Untergrund aufhob, doch ihm entkam nur ein Wimmern. „Erst die Zeche prellen und dann noch hier oben herumschleichen, ja?“ Als wolle er ihn sich über die Schultern werfen, so heftig zog er ihn, zerrte den Perplexen den Flur hinunter und über die Stufen, kümmerte sich nicht darum, ob er sich dabei immer und immer wieder die Ellbogen, die Hacken, den Hinterkopf anrammelte, und er wunderte sich nicht darüber, wie wenig Gegenwehr das halbe Kind leistete.

Er brauchte nicht durch die Wirtsstube zu gehen, konnte ihn ohne viel Aufhebens entsorgen. Man sah sie nicht, saß man an den Tischen oder der Theke, doch da war eine weitere Tür, schmall und verborgen, gleich gegenüber von der Treppe, führte hinaus an den steilen Abhang hinunter zur Straße, wo sie in einen unbefestigten Feldweg auslief, und Aberforth warf ihn einfach hinaus in den Dreck, niedergetrampelt von seinen Schafen und Ziegen, die er hier vorbei zu den unteren Weiden führte. Und da lag er, in strömendem Regen und finsterster Nacht, gestützt auf einen Arm, den Wirt mit entsetzten, so merkwürdig panischen Augen anstarrend, dass der alte Zauberer innehalten musste. Seltsam, das.

Nicht groß darüber nachdenkend, knurrte er ihn an, und sein feister Daumen gab ihm die Richtung vor. „Lass dich hier nie wieder blicken, hast du das kapiert?“ raunte er ihn an, wartete das heftige Nicken kaum ab und donnerte die Tür zu. Stille. Ausgesperrt, das lustige Treiben in der Kneipe. Nur Donner, Blitz und Sturm blieben bei ihm, und sein Herz, verwirrt und noch tief berührt von der eben gehörten Prophezeiung, wummerte durch seine Adern. Schwer atmend scherte er sich nicht mehr darum. Einen einzelnen Gedanken nur noch fassen konnte Severus Snape: Er musste zu seinem Meister. Sofort.


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