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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - St. Paul's, C of E

von Teekon

Der heilige Paulus. Mitten zwischen den Häusern, den lückenlosen Fassaden, den breiten Boulevards und schmalen Gassen, verwinkelt und versteckt, so grau die Front aus vom Stadtleben gezeichneten Sandstein, dass sie mit der Piazza verschwamm. Nur langsam erwachte die Metropole, schon jetzt getaucht in glitzernde Sonnenstrahlen, spielend, tanzend zwischen den Säulen, reflektiert vom grünlichen Glas und auf den Bögen aus lackiertem Stahl springend, als wären es lauter kleine goldene Feen, die hohe, langgestreckte Markthalle nichts weiter als ihre Wiese, ehe die Menschen zurückeroberten, was sie auf die Blumen gebaut hatten.

Klappernd bewegten sich die Karren über das holprige Pflaster, die neue Ware mitgebracht, geschoben von summenden Männern mit Mützen auf dem Kopf und stummeligen Zigaretten auf dem Zahn, einander grüßend. Irgendwo hupte das charakteristische Horn eines Black Cabs, nicht weit von hier, vielleicht am Charing Cross, vielleicht Trafalgar, doch das gleichmäßige Brummen des nur langsam dichter werdenden Verkehrs drang nicht vor bis hierher auf den Platz mitten im Theaterviertel, mitten im West End. Ruhig begann der Samstag, die Stände noch nicht geöffnet, noch nicht Marktzeit, die Touristen noch in ihren Hotels bei englischem Frühstück, müde und träge von einer ausgelassenen Nacht in den Clubs und Pubs dieser herrlichen Stadt an der Themse, die sich an diesem Morgen von ihrer schönsten Seite zeigte.

Blank geputztes Glas ragte in den Himmel, Baukräne hinauf schießend unten an den Docks ringsherum, und die Julisonne vertausendfachte sich darauf, wabernd, wandernd, wie auf wogenden Wellen des Meeres. Bunt in rot und braun und grau die vielen Häuser, Adern dazwischen, ungeplant gewachsen, genauso lebendig gewunden und geschwungen wie der Fluss, Brücken darüber geworfen, große, kleine, schmale, breite, auf denen Menschen und Autos krochen wie Ameisen, pulsierende Existenz. Die Kathedrale thronte über alldem, ihre weiße Kuppel wie ein schneebedeckter Gipfel strahlend, und ihre Glocken schlugen die Stunde, hunderte Uhrwerke ihnen folgend, antwortend, bis ein Konzert daraus wurde, eine Symphonie aus klingendem Schlag, so als müsse London seine Millionen Bewohner wecken, sie daran erinnern, dass schlafende Augen ihren Sommer verpassten.

So fantastisch sie auch waren, die geschäftigen Plätze, die vierspurigen Avenues, Stockwerk um Stockwerk großartiger Baukunst, der stolze Union Jack auf jedem Mast, Prunk und Macht und Tradition zur Schau gestellt, es waren die verborgenen, die verspielten Orte dieser Stadt, die sie zu dem machten, was sie war, und die sie so sehr liebte an ihr, dass sie niemals gänzlich hatte fortgehen können. Da gab es winzige Parks und Grünflächen, versteckt in den Mauern, geduckt hinter Türme aus Beton und Stahl, und da waren kleine Oasen von plätscherndem Wasser, Speier und Brunnen, bewachsen mit blühenden Pflanzen, wo sich die Spatzen trafen und um Brotkrumen stritten, um danach einträchtig, aufgeplustert, aneinander gekuschelt auf den Statuen und Figuren zu hocken, die Londons grünes Lebenslicht schmückten.

Hier war das genauso. Ringsherum nur Stein auf Stein, das Pflaster zu eng gesetzt, als dass sich auch nur ein Grashalm daraus hätte hervorkämpfen können, Bürgersteige und Asphalt, und dann schlenderte man um diese Ecke herum und stand im Paradies. Das Gatter lehnte offen, mannshoch und mit den gleichen, gefährlichen Spitzen gekrönt wie oben am Schloss in Schottland, nach innen gezogen, dass der Blick und der Weg frei lagen. Platten aus Naturstein, so genommen, wie sie kamen, nicht geschnitten und geformt, gesäumt von ehemaligen Hochbeeten, bildeten einen Pfad und einen Vorplatz, und die ausladenden Kronen kräftiger Bäume warfen bewegten Schatten auf den Rasen und die Rosenbüsche. Dunkle Blätter, rauschend im duftenden Sommerwind, waren getüpfelt von Unmengen an reifen, roten Kirschen, und man mochte gar nicht daran denken, wie unglaublich dieser Anblick sein musste, wenn im Frühling hier die zarten Blüten ihre Köpfchen öffneten.

Ganz anders als die Fassade, die der Piazza zugewandt war in ihrem römisch-antiken Gewand, dunkel lachsfarben leuchtend, die Laternen rechts und links des Portals einladend, selbst wenn sich die Nacht über Covent Garden legte. Doch jetzt waren sie aus, und die Tore zur Kapelle waren geschlossen, denn Pater Whittman hatte einen Termin, und der war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Keine große Gesellschaft, nichtmal Blumenschmuck für die Bänke, eine hübsche, stille Zeremonie hatte man sich gewünscht, offenbar kurzfristig entschieden, ohne übereilt zu sein, oder jedenfalls hatte der schlanke Priester der anglikanischen Kirche dieses Gefühl gehabt, als er mit der jungen Dame gesprochen hatte. Lächeln musste er, wenn er an sie dachte, so erwachsen geworden über die Jahre, die er sie nun schon kannte, und trotzdem noch deutlich erkennbar das Kind in jedem Gesichtszug, in jeder Geste und Bewegung, so als habe er sie gerade erst an den Händen ihrer Großeltern dort draußen über die Wiese laufen sehen nach einem Ostergottesdienst, zwischen ihnen, hüpfend bei jedem zweiten Schritt. Diese unbändige Fröhlichkeit, ein Ausbund an Leben, wie der Herrgott es schöner kaum hatte schaffen können, die war bewundernswert und gesegnet. Und heute also wollte Miss Tonks ein Sakrament von ihm einfordern.

Er hatte sie nicht gefragt, warum es keine Gäste gab, wieso der Küster und der Organist die Zeugen sein sollten, oder aus welchem Grund ihre Eltern nicht dabei waren, oh nein. Keinen Anlass dazu hatte er, kannte die Familie viel zu gut, und einen solchen Tag verdarb man nicht mit düsteren Wolken, die man über einem strahlend lächelnden Gesicht zusammenzog mit solch einer Bemerkung. Es gab Menschen, denen redete man ins Gewissen. Und es gab Menschen, die man gewähren ließ. Was auch immer zwischen dem Mädchen und Vater und Mutter (derer er nie recht habhaft hatte werden können) stehen mochte in dieser Angelegenheit, es würde sich klären, weil er es hier mit einer Sippe zu tun hatte, die intakt und heil und stark war. Obendrein konnte er an diesem vielleicht nicht mehr ganz so jungen Mann, der sich in seiner Sakristei umzog, keinen groben Fehl entdecken, der ihn davon abgehalten hätte, eine so herzlich und flehentlich vorgebrachte Bitte eines Taufkindes abzuweisen. Und Pater Whittman konnte durchaus von sich behaupten, ein gutes Auge, ein offenes Ohr und ein weites Herz zu haben.

Mit beiden langen Armen ausgebreitet griff er nach den Flügeln des Portals und zog sie zu, die wundervolle Spiegelung der Sonne auf den Wangen, blinzelte lächelnd und trat zurück, wie er den jungen Tag ein wenig aussperrte. Durch angelehnte Fenster in den Seitenschiffen drang die milde Luft in den Innenraum, und schimmernde Balken aus bunt gebrochenem Licht erhellten den Mittelgang und den Altar. Immer wieder ein Schauspiel, befand Lucas Whittman in seinem kurzärmligen schwarzen Hemd mit dem weiß hervorlugenden Römerkragen, und mit den Händen in den Hüften hielt er einen kurzen Moment inne. Gar nichts hatte sie gewollt, bloß diese eine Bitte, dass er sie trauen sollte und niemand Anderes, nicht einmal einen Brautstrauß. Aber ob sie wollte oder nicht: Eine Kerze hatte er für sie, und die konnte sie nicht abschlagen. Schmunzelnd klatschte er laut, rieb sich die Finger und setzte sich in Bewegung. Auch für ihn war es jetzt langsam Zeit.

Ausladende Schritte brachten den Reverend den so gewohnten Weg hinunter, aus dem Augenwinkel nur die offene Tür zur Ministrantengarwe wahrnehmend. Davon musste er noch mehr und gelöster lächeln, weil das Mädchen dort stand und sich hin und her drehte, ohne Spiegel zurechtkommen musste. Sich durch die ehemals kastanienfarbenen Haare streichend, umrundete Whittman seinen Altar und beeilte sich noch ein wenig mehr, klopfte an den Rahmen, ehe er in die Sakristei trat und ließ seine Kirche still zurück. Körnchen aus Staub schwirrten, flirrten durch die schwebenden Lichtkegel, während draußen der Marktplatz sich mit eiligen Schritten füllte und die Tauben im Gebälk gurrend ihre erste Pause einlegten.

Das musste mindestens die 127. Frisur sein, die sie da ausprobierte, konnte Tonks es nicht fassen, rollte mit den Augen und tat es damit unbeabsichtigt schon wieder, ganz unbewusst dazu, und vielleicht war das genau das Richtige. Innehaltend stutzte sie, die so selten präsentierten Wellen aus dunklem Brünett vorsichtig berührend. Schon praktisch, wenn man keinen Haarstylisten brauchte, aber deswegen musste man noch lange nicht gleich alles wieder mit unruhigen Schwitzfingern kaputt machen. Die gleiche Farbe wie ihre schokoladenen Regenbogenhäute, zwirbelig an den Ohren und im Nacken, voll und weich, obwohl kraus überall sonst, musste sie nur noch die winzigen, messinggoldenen Spängchen zwischen die Locken stecken. Es sah nicht mal frisiert aus. Als wäre sie so aufgewacht. Verrückt. Weil sie's mochte. Weil's ihr so gefiel. Zufrieden (und das war erstaunlich, sie hätte nie geglaubt, dass man das sein konnte an einem Tag wie diesem) holte Dora tief Luft.

Nein, viel Zeit hatte sie wirklich nicht gehabt, und es war selbstverständlich absolut unmöglich gewesen, die als Teenager so favorisierte Modenschau-Orgie zu veranstalten, die sich kleine Prinzessinnen wünschten, wenn sie im Turm der bösen Hexe (sprich: Mutter) eingesperrt (Hausarrest, zurecht wohlgemerkt) waren und vom rettenden Königssohn auf seinem hohen Schimmel träumten. Ganz ehrlich: Darüber war sie froh. Kein Baiser, in dem man sich Fragen gefallen lassen musste, wie viele Wale für diesen Reifrock hatten sterben müssen. Kein Moskitonetz im Gesicht. Nicht ein Perlchen, kein Strass, keine Spitze, kein Schnickschnack. Und gerade deshalb fürchtete sich Dora Tonks, das alberne Mädchen, das laut Professor Sprout „nichts weiter als Flausen im Kopf“ hatte, vor einer simplen Eleganz, die sie mit Sicherheit niemals in ihrem Leben dargestellt hatte. Außer heute.

Natürlich trug sie ein Kleid. Und natürlich war es weiß. Hey, sie war auch bloß eine Frau. Auch wenn ihre Kumpels aus dem Hufflepuff'schen Quidditch-Team das vielleicht genauso bestritten hätten wie ihre Kollegen im Aurorenbüro. Die kannten sie nicht. Keine Ahnung, wieso ihr das jetzt in diesem Augenblick in den Sinn sprang. War schon OK. Das brauchten sie nicht. Dafür gab es ihn. Daran denken müssend, wie er keine 20 Yards entfernt in der Sakristei stand und vielleicht nur darauf wartete, dass sie hier fertig wurde, bekam sie zum ersten Mal an diesem Samstagmorgen wahnsinniges Herzklopfen. Ja, schon, sie war die ganze Zeit nervös, und Schlafen war komplett unmöglich gewesen, aber die Aufregung, die spürte sie erst jetzt tatsächlich. Eben doch nicht so eine einfache Angelegenheit, das Ganze durchplanen, organisieren und durchziehen. Zittrig musste Dora die Luft, die sie soeben eingesogen hatte, durch den offenen Mund hinaus lassen.

Wie zweiteilig geschnitten, saß es wie angegossen, und sie musste sich noch einmal über die Taille streichen, nicht die Möglichkeit, sich im Ganzen zu betrachten. Zuhause in Soho hatte sie es mal vor dem Spiegel angehabt, nur um sicher zu gehen, dass es passte (hier und da mit dem Zauberstab aus leuchtender Birke nachhelfend), die dünnen Trägerchen genau auf der Mitte ihrer Schlüsselbeine, den oberen Rücken freilassend, so dass ihr jetzt die springenden Wellen ihres Haars die Nackenwirbel berühren konnten. Die einzige Verzierung war eine feine Stickerei, wie Schneeflocken auf dem Brustbein bis zu jenem runden Schnitt, der das Oberteil vom langen, geraden Satinstoff abtrennte, der ihr bis auf die winzigen Zehen in halbhohen Sandaletten hinunter fiel. Merlin, wie lächerlich. Nicht wie sie aussah. Wie sie sich fühlte. Zum Brüllen: Nymphadora Tonks, Miss Jeans-und-Punk-Shirt, gänzlich verzückt von ihrem eigenen Anblick in einem – Hochzeitskleid. Total ... krass. Und dazu prankte an einem speckigen Lederbändchen ihr kleines Amulett mitten auf der Drosselgrube.

Kichernd musste sie daran fassen, hatte es komplett vergessen, so durcheinander war sie wohl doch, spürte ihren eigenen, raschen Herzschlag unter den Fingerspitzen, der sich über die Adern nach oben fortleitete, und mit eiligen, aber nicht hastigen Handgriffen, den zum Kleid gehörenden weißen Schal schon in den Ellenbeugen, öffnete sie den Verschluss und nahm die Kette ab, die sie seit ihrer Schulzeit mit sich herumtrug, stopfte sie zwischen die Hosen und das Hemdchen, in denen sie hergekommen war, liebevoll darauf klopfend. Auch hier, auf heiligem Boden, nicht ohne Waffe; ihr Zauberstab verschwand in einem eingenähten Stück Stoff gleich unter ihrer Achsel, jederzeit griffbereit.

Die Präsenz war es, das Gefühl, nicht mehr allein zu sein, so wie man am Rande der Wahrnehmung ein herannahendes Auto bemerkt, die sie aufschrecken ließ, glühende Hitze, die ihr in den Kopf schoss, und erschrocken, atemlos fuhr Dora herum, sich dem dunklen Schatten im Rahmen zum Kirchenschiff stellend. Um sogleich die Schultern zu entspannen, sie herunter sacken zu lassen, als sie erkannte, wen sie da sah, und sofort wieder in gleißender Panik die Pulsfrequenz in ungeahnte Höhen zu schrauben, wie sie wirklich begriff. Ihr quollen fast die Augen über, weil es nicht sein konnte. „Pop!“ rief sie aus, das Wummern ihres Blutdrucks hörbar in der Stimme, und Ted Tonks faltete umständlich die Hände und legte den Kopf schief, halb entschuldigend, halb verletzt. „Hallo, Kleines,“ sagte er, das Lächeln so ungewohnt gekünstelt.

Das war nicht möglich. Es konnte, nein, es durfte nicht sein, dass er hier war, dass er zwischen ihr und dem Altar die offene Tür versperrte mit seinem hochgewachsenen, breit gebauten Körper und sie einfach nur stumm anschaute aus merkwürdig glänzenden Augen. Stammelnd, stotternd und mit jedem flachen Atemzug konfuser, fuchtelte sie mit den Händen herum, dass der Schal zu schwingen begann hinter ihrem Rücken, an den Seiten herunter schwebend. „Was ... wie kommst du ... woher hast du gewusst, wo ...“ konnte sie keine ihrer hundert Fragen richtig zuende stellen, die sie an ihn hatte, und wieder so leise schnaubend den Mundwinkel höher ziehend, zuckte Ted die Achseln. „Es konnte nur Pater Whittman sein,“ erklärte er und senkte verlegen den Blick. „Ich habe einfach Mrs. Pennyweather aus dem Bett geklingelt und sie gefragt, wohin er versetzt wurde,“ gab er seine Informationsquelle, die Haushälterin der eigenen Gemeinde in Penge, preis.

So durchschaubar? Aufgebend fiel das Mädchen regelrecht in sich zusammen wie eine Sahnetorte in der Sonne, und er konnte ihre Kiefermuskeln verklumpen sehen, krampfhaft, hervortretend und wieder verschwindend und wieder hervortretend, aber sie brach nicht ein. Ihre Finger zitterten, sie versuchte es zu verstecken, das merkte er genau, und nur umso betrübter gruben sich Falten in sein sonst immer so vom Lächeln glattgezogenes Gesicht. Schon einmal in seinem Leben hatte er so ausgesehen, aber das war so lange her und da stand er so souverän drüber, dass er sich dessen nie erinnern musste. Nur jetzt. Und er wusste genau wieso. Noch wie er da stand, unbewegt in einem mittlerweile über dem Bauch ein bisschen spannenden Anzug, zum Sprechen ansetzend, platzte sie.

„Es ist mir egal, was du sagst!“ sprudelte es aus ihr heraus, wie sich Dora wieder aufrichtete, nicht zuließ, in irgendeiner Weise schwach zu erscheinen, seine bettelnden Augen, die sie so sehr liebte, zu ignorieren gedenkend, auch wenn es ihr unendlich schwer fiel. „Ich heirate ihn! Heute! Jetzt! Ganz egal, was ihr wollt!“ schnitt ihre ausholende Hand ihm jedes Wort ab, ließ ihn gar nicht erst den Mund weit genug aufmachen, um irgendetwas herausbringen zu können, das mehr war als ein „uh“, und ihre hübschen Wangen glühten im Feuer erhitzten Blutes. Da sammelten sich Tränchen in ihren Augen, er konnte es sehen, obwohl sie so heftig den Kopf hin und er schüttelte. „Und wenn ihr mich dann nie mehr sehen wollt, dann ... dann ... dann ist das eben so, es ist mir egal, ich – liebe – ihn!“ Und ein heftiges Schluchzen unterband ihren Redeschwall.

Und wenn er solches Temperament noch so gewohnt war, nie hatte lernen müssen, damit umzugehen, es ganz natürlich, wie angeboren immer einfach gekonnt hatte, es war anders, schwieriger, ging es dabei um seine Tochter. Sie so aufgelöst zu erleben, wo sie gerade noch genauso stolz und unglaublich bezaubernd ausgeschaut hatte, wie sie es sollte in einem weißen Kleid im Nebenraum einer Kirche, machte aus seinen kräftigen Knien reinsten Wackelpudding. Nicht auszuhalten. Die großen Hände offen ausstreckend, abwehrend schüttelnd, nutzte Ted die Chance, sie zu unterbrechen. „Kleines!“ versuchte er es, würgte es ab, wie sie einatmete und die Lippen öffnete, um weiter zu proklamieren. „Dora!“ Und damit plättete er sie vollkommen, denn ihr Vater sprach sie niemals mit ihrem Namen an. Nie. Sie quietschte aufheulend, und das Wasser schoss ihr aus den Augen.

Erst gestern so furchtbar gestritten. Doch da war sie ganz kühl und ruhig geblieben, hatte sich nicht auf die emotionale Schiene treiben lassen, nicht einmal von ihrer darin so geschickten Mutter. Sachlich und klar, so ganz anders als jetzt, ihm, ohne das recht zu wollen, offen präsentierend, worum es wirklich ging. Das hatte nichts mit Trotz zu tun und nichts mit dieser so merkwürdigen Art des Krieges, junge Menschen unüberlegt aneinander zu binden, weil es kein Morgen gab. Nur der allerletzte Ausschlag für seine Entscheidung, und Ted Tonks seufzte und nahm ihre beiden vor Überspannung heiß gewordenen Hände in seine im Vergleich dazu riesigen Pranken, so kraftlos mit einem Mal ihre schlanken Arme, und er streichelte vorsichtig die Fingerchen. „Huckleberry,“ wisperte er beruhigend. „Smee, Tweedledee, shhh.“

Ein wimmerndes Geräusch kam ihr über die bebenden Lippen, und obwohl sie es wollte und sich dazu zwang, konnte sie ihren Vater kaum ansehen, ihre so unwahrscheinlich gerade gewachsenen Brauen ineinander geschoben in Abwehr, so zerrissen, dass es ihm weh tat. Er wusste genau, was sie sagen wollte, aufgewühlt und niemals abrückend von dem, was sie hier tun wollte, und er konnte nicht verhindern, dass dieses zärtliche, bekümmerte Lächeln sich auf sein Gesicht zurück stahl. Die Händchen anhebend und zu beiden Seiten ziehend, ohne an ihr zu zerren, verschaffte er sich bessere Sicht und schüttelte ungläubig den Kopf. „Du siehst traumhaft schön aus,“ konnte er nur hauchen, und Dora – egal wie sie sich gerade fühlte – errötete heftigst.

Die reine Wahrheit. Makellos. Als habe der liebe Gott ein bisschen mehr Zeit mit ihr verbracht als mit all den anderen kleinen Mädchen. Und dabei war es egal, dass Stecker und Ringe in ihrem einen Ohr fast die komplette Helix ausfüllten, war der kahle Strich über dem Auge nicht das Ergebnis eines Zauberunfalls, sondern volle Absicht. Augen wie Korallenlagunen unter der Sonne. So glänzend und glitzernd. Bei jeder Bewegung, noch so klein und unbedeutend, ein reines Wunder. Ja, vielleicht dachte er das bloß, weil er ihr Vater war, aber das war gleichgültig. Weil er sie so sah, in ihrem Hochzeitskleid, erwachsen und mutig und gegen alle noch so widrigen Umstände. Wie sie, er und seine Liebe, es sich immer gewünscht hatten für sie. Welches Recht hatte irgendwer, die Erfüllung dieser Träume zu stören?

Wieder schnauben müssend, schloss Ted für einen winzigen Moment die Augen und schüttelte vorsichtig den Kopf. „Ich hatte mir das hier immer irgendwie ein bisschen anders vorgestellt,“ gab er zu, und sie wusste es sofort: Sie hatte ihn. Als habe irgendwann jemals Zweifel daran bestehen können. Quieksen musste sie, löste eine ihrer Hände aus seinen und wischte sich eine dieser quirligen Locken aus dem Gesicht, in dem die Tränen aus Verzweiflung schon trockneten. „Denkst du, ich nicht?“ fragte sie ganz leise, und Vater und Tochter grinsten einander zwinkernd an. Natürlich. Mit mehr Anwesenden zum Beispiel.

Mit den braunen Augen rollend, zuckte er mit einer Schulter und schaukelte ein wenig seinen kräftigen Körper dabei. „Naja, es ist ja nicht so, als hätte ich erwartet, dass du jemals jemanden heiraten würdest, der deiner Mutter gefällt ...“ Darüber musste sie lachen, hielt sich eine Hand vor den Mund und unterdrückte es zu einem Kichern. Nein, die Chance dazu war verschwindend gering gewesen, da hatte er absolut recht. Dieser Kummer, den soeben noch er in den Zügen gehabt hatte, rutschte in die ihren, und am liebsten hätte er alles, irgendwas getan, damit das wieder verschwand. „Aber dir gefällt er auch nicht,“ flüsterte die junge Frau, und ein schimmernder Tropfen löste sich von den so wunderbar gebogenen Wimpern, wie sie die Augen senkte.

Greinend, sich aufrichtend, dass er beinahe nach hinten kippte, wehrte Ted Tonks das hastig ab. 'Das stimmt doch nicht' wollte er sagen, aber das wäre gelogen gewesen, und sie würde das wissen. Ehrlich jetzt, aufrichtig, das hatte sie verdient und das musste auch sein, damit sie ihn verstand, keine Missverständnisse mehr zwischen ihnen verblieben. „Kleines,“ fing er an und druckste herum, dass sie bereits erneut unruhig wurde, das furchtsam traurige Jaulen schon sichtbar in ihrem Brustkorb hochsteigend. „Es ist nicht wichtig ...“ Doch, war es. Es war ihr wichtig. Anders. Es ihr anders vor Augen führen. Und Ted hielt inne und schaute sie eindringlich fragend an. „Macht er dich glücklich?“ In Bruchteilen von schaudernd vergehenden Herzschlägen schoss ihr das Blut ins Gesicht und färbte die Lippen zu ihrem Karmesinrot. Das Nicken mit dem Daumennagel zwischen den Zähnen war fast unnötig, und der hochgewachsene Vater seufzte.

„Deine Mutter wird mich lebendig rösten,“ bettete er in einen langgezogenen, resignierten Ausatmer, streckte die freie Hand aus und berührte zärtlich mit den Fingerrücken ihr aufgestecktes Haar, ganz versunken in Gedanken daran, wie er ihr Zöpfe geflochten hatte. Nicht sofort verstehend, hob Dora den Kopf nur leicht, blieb mit den Blicken an seiner seltsamen Fußbekleidung hängen und lauschte. Turnschuhe. Stoffturnschuhe trug er. Na klar. Seine zum Anzug passenden Oxfords aus blitzeblankem schwarzem Leder hatte er nicht finden können. Augenblicklich wurde sie wieder rot, dieses Mal aus Verlegenheit darüber, wo die jetzt gerade steckten. „Aber ich will nicht, dass du so leiden musst wie sie.“ Und ihres Vaters Stimme war mit einem Mal fast genauso heiser wie die ihres Bräutigams in seinen Schuhen.

Dora versteinerte förmlich dort auf dem uralten Kirchenteppich, wie es ihr dämmerte und sie endlich begriff, was da so lange im Hintergrund geschlummert hatte, etwas, das für sie so normal war, dass sie nie darüber nachgrübelte. Wie dumm von ihr. Wie blöd, das zu vergessen. Andromeda Tonks, geborene Black, die mittlere von drei Töchtern aus reinblütigem Hause, Präfektin des Hauses Slytherin, die niemals auch nur ein Wort verlor über ihre eigenen Eltern oder ihre Schwestern. Weil man sie verstoßen hatte. Weil sie es gewagt hatte, einen Mann zu lieben, der nicht den gesellschaftlichen Normen entsprach, in die sie hineingeboren war und an denen sie nichts zu ändern vermochte, es sei denn, sie krempelte sie selbst herum und pfiff drauf. Und sie hatte. Das Schlammblut geheiratet. Auch wenn all ihre Freunde sie fortan schnitten, auch wenn sie keine der so großartigen Karrieren hatte einschlagen können, die auf Mädchen aus der Sippe Black warteten. Aus Liebe. Und dabei ihre Eltern so entsetzlich vermissend, die ihr das angetan hatten.

„Pop,“ quietschte Dora leise und lehnte sich gegen seine breite Schulter, ließ sich kurz, aber impulsiv von ihm drücken, bevor sie sich wieder von ihm entfernte und ihn so unendlich dankbar anstrahlte. Wie damals, als er ihr doch den verflucht teuren Rennbesen besorgt hatte, den Drom verboten hatte, weil ein paar neue Schulbücher fällig gewesen waren. Gab's eben Gebrauchte. Nur noch viel intensiver, er konnte das kaum aushalten. Wie könnte ein Vater nur jemals seinem Mädchen etwas abschlagen? Sie brauchte nicht mal zu fragen; er wusste gleich, was sie sich wünschte, und einen tiefen Atemzug nehmend, hätte Ted jetzt eine weiße Fahne hissen müssen. Ihre Hand fester greifend, deutete er mit dem Kinn irgendwo hinter sich und zog an ihr. Viel länger warten sollten sie jetzt nicht. Bevor Drom noch aufwachte und merkte, dass er fort war.

Pater Whittman war bereits in das Kirchenschiff zurückgekehrt, die feierliche Albe mit offener grüner Stola darüber nun über seine Alltagskleidung gelegt, und sein Gesicht hellte sich merklich auf hinter der feinen, runden Brille, als er Ted bei seiner Tochter entdeckte. Da saß auch der Küster in der zweiten Bank, eine Sonnenbraut im Knopfloch und breit grinsend, und der Priester grüßte mit einem langen Kopfnicken und weit hoch gezogenen Brauen, dass seine Augen ganz groß wurden. So gefiel ihm das viel besser. Ja, seine Menschenkenntnis trügte ihn eben selten. Ganz von allein gelöst, das Problem. Dann konnten sie jetzt anfangen.

Vater und Braut zogen sich, wie es sich gehörte, bis zum Portal hinunter zurück, und erst jetzt beugte der Reverend sich leicht vor, um in die noch immer geöffnete Tür zu seiner Sakristei hinein blicken zu können. Fast ein bisschen zu eilig stürzte der viel zu früh ergraute Herr in dem fabelhaft sitzenden schwarzen Anzug vorwärts, dabei einen gequetschten Ausdruck im Gesicht, als wolle er imaginäre Scheuklappen rechts und links von seinen Augen aufstellen, wie ein Stierkämpfer, wie ein Rodeocowboy im Zwinger vor dem großen Ritt. Man mochte darüber schmunzeln, aber das war nicht fair, eingedenk der immensen Aufgabe, der er sich hier, vor diesem Altar stellen musste. Die Hände waren zu weißen Fäusten geballt, wie er kerzengerade unter den Stufen stehen blieb und mit festem Blick geradeaus das goldene Kreuz auf der Brust des Priesters anstarrte.

Heiß. Ihm war schrecklich heiß. Das war nicht wie vor einer mündlichen NEWT-Prüfung. Auch nicht wie beim ersten Vorstellungsgespräch oder auf dem unbequemen Stuhl im Flur des Ministeriums. Wie Sonne. Und gleichzeitig schauerweckend wie kühle Regentropfen im Nacken. Wie nur sollte er das aushalten? Es dauerte ewig, den Mittelgang hinunter zu schreiten, er hatte es ausprobiert vorhin, und dieses Mal musste er dastehen. Einfach nur dastehen und warten. Warten! Remus spürte die feinen Schweißperlchen auf seiner Stirn konfluieren, fühlte, wie die verkrampften Handflächen nass und nasser wurden und versuchte, sich an den Tipp des Priesters zu erinnern. Taschentuch. Eins in jeder Seite. Rasch schlüpften seine Hände in die Taschen, und er wischte sie ab, zog sie wieder heraus und öffnete die Augen, und da war's schon vorbei.

Er sollte nicht hingucken, das wusste er ganz genau. Aber er konnte nicht anders. Dieses Leuchten da in seinem Augenwinkel, das war so hell und rein und glitzernd in den durch die bunten Glasfenster einfallenden Balken aus Sommerlicht, es war unmöglich, es zu verhindern. Das Kinn nur leicht kippend in ihre Richtung, erhaschte er zu wenig und viel zu viel von ihr, die Blicke sich treffend, weil es ihr ganz genauso ging, und kichernd, ignorierend, dass Pater Whittman auch noch anwesend war, wandten sie sich einander gänzlich zu. Um die Luft anzuhalten. Zu staunen. Als wäre es das erste Mal, dass sie sich ansahen. Merkwürdig neu und trotzdem dieselben Menschen. Es war nicht die Zeremonie oder der Ritus an sich. Es war die Erkenntnis, die dazu gehörte, die ein Mädchen und einen Mann zu dem machte, was sie heute werden wollten.

„Merlins Unterhose,“ sagte sie schmunzelnd, bemerkte nicht die steil hochschnellende Braue ihres Taufpfarrers, nur das Schnauben des Bräutigams ob dieses so profanen Ausbruchs. „Was ist das?“ Und ihr kurzes Fingerchen, schmucklos, deutete ihm auf die Brust, so dass er augenblicklich an sich herunter schauen musste (und ihr dafür furchtbar erkenntlich war, weil er dann nicht mehr sie betrachten konnte). Oh. Die meinte sie. Ein winziger Schuss Florentiner färbte ihm die Wangen, und verlegen griff er hinauf und strich den Stoff glatt, der zwischen den schwarzen Revers seines Anzugs hervorlugte, leuchtend auf dem weißen Hemd. Bordeauxrot und Gold, und darauf prankte der steigende Löwe. „Das ist die beste Krawatte, die ich besitze,“ entschuldigte er mit diesem so vertrauten schiefen Kniff im Mundwinkel, der sein Lächeln war.

Sie lachte, süß wie frische Walderdbeeren, und jegliche Ängste verpufften davon in einfachster chemischer Reaktion. „Herrje,“ seufzte Dora gespielt, ganz und gar nicht entsetzt oder böse, musste ihre zierlichen Hände auf seine obersten Rippen legen, so wie sie es immer tat, wenn sie ihn weckte, wenn sie ihn zu sich herunter bitten wollte, zwei Köpfe fast höher als sie. „Ich heirate einen Gryffindor.“ Und Remus grinste augenblicklich breit und drückte das Rückgrat durch, es sich gefallen lassend, dass sie sanft den Knoten richtete und eine winzige Kleinigkeit höher schob. Davon rutschte der Satinschal in ihren Ellbeugen ein wenig, eine elegante Brücke in ihren Lenden bildend. So schön. So endlos schön.

Räuspern nur weckte sie beide aus diesem gefährlich werdenden Tagtraum, viel zu nah zusammengerückt, und sich da raus schütteln müssend, zwangen sie sich, den Pater anzusehen, der süffisant lächelnd „wollen wir dann?“ fragte. Sein Blick glitt nach links, ihrer nach rechts. Ja, wollten sie. Aber die Hände da unten zwischen ihnen, die lösten sich nicht von einander, egal ob das so im Common Book of Prayer stand oder nicht. Auch bei dem einander auferlegten Kampf hier einander eine Stütze, ohne die es nicht ging.

Die wohl bekannten Sätze berührten gar nicht richtig. Seltsam war das, sie auf sich bezogen zu hören, über einen hinweg gleitend wie die Strömung im Meer, bis zu den Knien in den Prielen watend, ganz ähnlich das Gefühl, von kräftigem Wind die Ohren leicht vertaubt, und das einzige, was wirklich an Remus' Sinne drang, waren die heute völlig natürlich gehaltenen Fingerchen, die sich an ihm festhielten. Sie ein wenig bestimmter reibend, bekam er den Einsatz für den Küster nicht mit, wie Pater Whittman fragte: „Wer gibt dieses Mädchen in die Ehe?“ Doch die Antwort, das so eindringlich gesprochene, zittrig nervöse „das bin ich“, das konnte er nicht ignorieren.

Die silbergrauen Augen verrieten ihre Rundung, so weit riss Remus die Lider auf und schwang herum, fast einen Satz die Stufen zum Altar hinauf machend, wie er ihn dort stehen sah wie einen dummen Schuljungen, Ted Tonks, die Hände hinter dem Rücken verschränkt und peinlich berührt lächelnd. Doch Dora hielt ihn an Ort und Stelle, seine Hand drückend und mit einer winzigen Geste, für einen verlängerten Reflex die Augen schließend und sacht das Kinn schüttelnd, beruhigte sie ihn, den hämmernden Puls an ihrer Elle senkend. Die Schultern zuckend, stumm um Verzeihung bittend, blieb ihr Vater ganz still und sagte kein weiteres Wort. Später. Nicht jetzt.

Auch keine großen Schwüre, keine leeren Sprüche für eine Gemeinde, die nicht anwesend war, das hatten sie nicht nötig. Er musste ihr nicht sagen, wie klein und nichtsbedeutend er sich vorkam angesichts ihrer unumstößlichen und so offensichtlichen Liebe. Und sie musste nicht etwas beweihräuchern, was sich selbst durch Taten viel eindeutiger und himmlischer lobte. Dieser feine, silberne Ring, schon dreimal jetzt auf diese Weise gesegnet, ein bescheidener, blässlich blauer Stein in filigraner Fassung, von viel zu tapsigen Händen auf ihren linken Finger geschoben, sagte viel mehr als die festgelegten Worte der Zeremonie, weil er ihn erinnerte, wo er ihn so viele Jahre seines Lebens gesehen hatte. Und wofür er dort gestanden hatte. Und sie wusste das, kannte seine Seele zu gut, um das jemals vergessen zu können.

Wie alt war er gewesen, als er verstanden hatte? Elf? Ja, sicher, der gleiche Tag, an dem er begriffen hatte, dass kein Brief aus Hogwarts kommen würde für ihn, 1969, als alle seine Freunde aus Nether Poppleton längst durch die Winkelgasse liefen, um ihren ersten eigenen Zauberstab zu kaufen. Weil Jungs wie er nicht zaubern lernten. Weil Jungs wie er kein Mädchen mit nach Hause brachten. Oder sich von ihr nach Hause bringen ließen. Remus wollte lachen, konnte es nicht, zu überschwänglich das Glühen im Brustkorb, zu unwirklich die zum Segen erhobenen Hände des Paters. 'Ich werde immer allein sein' hatte er zu den Anderen gesagt, damals im Gemeinschaftsraum. Eine Zaubererdynastie, jung und neu durch den muggelgeborenen John, zum Sterben verurteilt, bevor sie richtig aufblühen konnte, ja, das war vielleicht immer noch so. Aber Mrs. Lupin. Es gab eine Mrs. Lupin. Ach, wenn Sirius hätte hier sein können. Das hätte ihm gefallen. 'Alter Esel, ich hab's dir gesagt, blöder Arsch, blöder!' Das hätte er gesagt, ja.

„Hey,“ weckte ihn ihr hauchendes Kichern und der Daumen, die Fingerspitzen an seinem bärtigen Kiefer, und ganz verklärt, als hätte er tatsächlich geschlafen, murmelte Remus sein „hm?“ und schaute sie an. Nicht zu fassen. Der dusslige Denker verpasste beinahe seinen eigenen Hochzeitskuss. Ted konnte gar nicht hinsehen und musste trotzdem. So einen wie heute morgen im Sonnenaufgang, daheim in seinem Flur, nur mehr, nur noch viel mehr, als hätte der Ring die Wirkung eines gegengepolten Magneten überwunden. Ihre zierlichen Arme um seinen Hals schlingend, musste sie hochhüpfen, jedoch nicht darauf aufmerksam machen, dass sie dafür gehalten werden musste, verlängerte Dora fast auf ungebührliche Zeit, und sie ließen einander auch nicht mehr los, als ihre Füße schon wieder auf dem Kirchenteppich standen, egal wie gebeugt Remus dafür stehen musste. Er schaute nicht aus, als wäre ihm das unbequem.

Whittman lächelte, das Gebetbuch in der einen Hand, die andere darüber gelegt vor seinem Unterkörper. Vielleicht sollte er öfter solch minimalistische Eheschließungen durchführen, dachte er für sich und musste ein Lachen verbergen. Wenn niemand heulte und sich laut schnäuzte, keine Kinder kreischten und Trauzeugen frotzelnde Witze rissen, war alles viel entspannter. Ach, Unfug, es war immer wieder schön. Seufzend unterbrach er nur ungern und verzichtete auf den Händedruck zu seinem dieses Mal wirklich aus der Seele rührenden „herzlichen Glückwunsch“. Der Brautvater musste sich glücklich schätzen, sollte er mehr Erfolg haben, das frisch getraute Paar auseinander zu kriegen.

Vor und zurück wippend auf seinen albernen Turnschuhen, hatte Ted Tonks beide Daumen in die Hosenträger unter den Revers seines zweitbesten Anzugs gestopft, und er machte eher unfreiwillig auf sich aufmerksam, weil er so dümmlich schnaufen musste. Nein, sie ließen sich nicht los. Die Schläfe auf ihrem Schlüsselbein ablegend, drehte Remus ihm das Gesicht zu, Dora ihre Wange auf seinem Oberkopf ablegend. Unglaublich, dieses Ziehen ganz tief drin, befand der Vater, diese Mischung aus wehmütigem Abschied und himmelhochjauchzender Seligkeit. Seine Kleine. Sein Rabauke. Verheiratet. Nichts zuvor, nicht ihre Volljährigkeitsfeier (die Sauerei ...), nicht ihr Schulabschluss, nicht die Auszeichnung zur Vollendung ihrer Aurorenausbildung hatte sie erwachsen werden lassen für ihn. Und jetzt war sie's. Von einer Minute auf die andere. In ihrem Kinderzimmer aufgewacht.

„Danke, Ted,“ brummte Remus so weit weg und so tief aus der Kehle, dass er ihn fast nicht verstanden hätte. Aber er tat's und musste sogleich verlegen abwinken. Wenn er wüsste, wie er das noch vor weniger als einer halben Stunde gesehen hatte. Nein, nicht mehr davon sprechen. Das zählte jetzt alles nicht mehr. Es sollte so sein. Weil Dinge, die geschehen mussten, auch passierten. Vorsehung, oder wie auch immer das hieß. Professor Pellyn hätte es sicherlich benennen können, der Wahrsagelehrer von damals. Dora brauchte es nicht zu wiederholen, er konnte es in ihren Augen sehen, wie verpflichtet sie sich ihm fühlte für diesen mutigen Schritt. Diesen eigenmächtigen Schritt. Oh, Mama, hoffentlich würde sie verstehen.

Sich die beiden kopfschüttelnd betrachtend, konnte der Mann, der nun wieder ganz allein „Tonks“ war, selbst nicht recht fassen, was er da gerissen hatte. Er musste sich ablenken, deutete mit einem Finger auf die ganze Statur seines – Merlin, wie abartig – Schwiegersohns und grunzte. „Steht dir viel besser als mir,“ behauptete er und rollte mit den Augen, während Remus schon die Schamesröte um die Nase kroch. Keinen guten Anzug gehabt, nichtmal ein ordentliches Jacket, das man zu solchen Anlässen hätte tragen können. „Kannst froh sein, dass wir fast gleich groß sind,“ hatte Ted kein Problem damit, „und dass ich damals nicht so fett war.“ Zärtlich seinen stattlichen Bauch tätschelnd, entschärfte der ehemalige Hufflepuff-Jäger auf so unnachahmliche Weise die Situation, wie es nur ein echter Tonks konnte.

Selbst als er sich mit einem Geistesblitz in die Innentasche griff und die zusammengeknüllten Muggelbanknoten herauskramte, grünlich-violette Scheine mit der Queen darauf, und Remus schon in Abwehrhaltung in die Knie ging, einen Arm von Doras Taille lösend, um ihn verneinend zu schwenken, wurde es nicht unangenehm, nicht gedrückt. „Oh nein nein nein, Remus, lass es mich tun,“ rief Ted und schüttelte selbst das Handgelenk so heftig, als wolle er es abschrauben. „Für mein Gewissen, ja?“ streckte er die Linke aus, und wenigstens seine Tochter ließ sich drei Zehn-Pfund-Streifen in die Finger drücken. „Geht davon essen, ja? Es ist euer Hochzeitstag,“ beschwor Tonks, als müsse er sie daran erinnern, diese siamesischen Zwillinge vor dem Altar.

Beide Hände versenkte er in den Taschen seiner Hosen, immer noch vom Ballen auf die Ferse wiegend, vor und zurück. „Denkt an mich, wenn ihr im Restaurant sitzt und trinkt ein Gläschen Wein auf mich, während mir deine Mutter den Schädel abreißt,“ grinste er mehr ängstlich als amüsiert, provozierte nicht den geringsten Lacher, den er sich so sehr wünschte, um sich von seiner eigenen, nun mächtig steigenden Nervosität befreien zu können. Keine Ahnung, wie er das zuhause klar machen sollte. Am besten schlich er sich hoch und nahm ihr den Zauberstab weg, bevor er ihr das verklickerte. Wollte er leben, war das sowieso die einzige Lösung. Ted musste tief einatmen. Oh Mann. Das konnte er total vergessen. Die würden an alles mögliche denken, nur nicht an ihn, so wie die ausschauten. Zeit zu gehen.

Sich herumdrehend, ihnen halb zugewandt, selbst im Gehen, einen Gruß zu Pater Whittman hoch werfend, dessen Namen er dabei am besten aus dem Spiel ließ, fuchtelte der brandneue Schwiegervater mit einem Finger herum. „Oh, und,“ bat er, den Kopf schieflegend und seiner Tochter einen Blick zuwerfend, als habe er sie beim Fälschen seiner Unterschrift erwischt, „nicht bloß Fish und Chips, ja?“ Leise prustend, rollten sie beide mit den Augen, das hatte er ganz genau gesehen, und Ted musste grinsen und gab sich einen Ruck. Raus hier. Und nach Hause.

Ihr Pop, Papa, Paps trollte sich den Mittelgang hinunter, schlendernd mit ausladenden Bewegungen, und er summte dabei merkwürdig zufrieden, und Dora schüttelte den Kopf. Dieser völlig Bekloppte. Und die Leute wunderten sich, wieso sie so durchgeknallt war. Aber er hatte recht. Es war Zeit. Da draußen schien die Sonne, und heute gab es keinen Krieg gleich vor der Tür, nur lauter Liebe und Licht und ein Plätzchen im duftenden Sommerwind, wo zwei Menschen im weißen Kleid und im schwarzen Anzug eine kleine Pause machen konnten, um die vielen tausend Schmetterlinge in Bauch und Brust und Kopf zur Ruhe kommen zu lassen. Falls sie das jemals konnten. Jetzt gerade hatten Dora Tonks und – nein, halt, Dora und Remus Lupin – nicht das Gefühl, dass ginge überhaupt.


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