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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Hermogenes

von Teekon

„Aua!“ beschwerte James sich lautstark und zuckte mit dem ganzen Oberkörper zurück, ließ den Ellbogen jedoch, wo er war, aufgestützt auf der blank gescheuerten Tischplatte aus Tannenholz in Blacks Küche. Böse funkelten seine braunen Augen über den Brillenrand in ihre Richtung, aber Lily blieb davon komplett unbeeindruckt, schlug ihm mit der flachen Hand so geschickt von unten her gegen den Hinterkopf, dass sein ohnehin wirres Haar flog, drehte sich gleichzeitig herum und widmete sich seelenruhig der weiteren Arbeit. „Stell' dich nicht so an,“ befand sie, dass er seine verdiente Strafe schon bekommen habe, tauchte ihren Zauberstab in die flache Schüssel mit Murtlap-Essenz und machte Anstalten, ihn schon wieder damit traktieren zu wollen.

Missmutig schnaubend, zögerte er einen Moment, ehe er das zuließ und sich vorsichtig wieder auf seine Frau zu bewegte, ihr den verletzten Arm präsentierend. Dabei waren seine beiden Brauen aufgetürmt zu Abwehrbastionen eines mittelalterlichen Schlosses, aber es half gar nichts. Sobald die Wunde wieder berührt wurde, schloss er die Augen und biss fest die Zähne zusammen, dass es leise knirschte, und die ganze Gliedmaße zitterte unter ertragenem Schmerz. Selbst Schuld! Was hatte er auch den Helden spielen müssen? Sirius grinste frech und lehnte sich zurück, um sich mit den Schulterblättern im Fensterbrett zu verhaken.

Ein kühler Morgen hing mit erstem Nebel über den Dächern von Soho, und blass und müde schob sich die Sonne nur über den Horizont, um langsam die Gassen und kleinen Plätze mit weißgoldenem Licht zu überziehen. Es hatte geregnet in der Nacht, das Kopfsteinpflaster schimmerte noch davon, und nach und nach verlöschten die Straßenlaternen, bewegten sich kleine Kehrmaschinen durch das Viertel, zogen Restaurantköche zu den bereits öffnenden Märkten, um frisch für den Tag einzukaufen. Sonst war es noch ruhig und still zwischen Picadilly und Tottenham Court, und die klare Luft beschwichtigte die noch erhitzten Gemüter in dem hübschen Apartment.

Dieses Mal hier zusammengekommen nach einem weiteren Gefecht in diesem nun schon Jahre währenden Krieg, verteilten sich die ehemaligen Schulfreunde in dem gemütlichen Raum am südöstlichen Ende der Wohnung, wo nun ein feines Feuerchen im Ofen schwelte und der Tee aufgesetzt war. Peter knabberte sich auf dem, was von seinen Fingernägeln noch übrig war, herum, hockte dabei auf der Anrichte des Geschirrschranks und baumelte mit den Füßchen, eigentlich schon wieder recht gefasst. Er sah nach solchen Aktionen immer aus, als hätte man ihn unter Strom gesetzt, so extrem standen dann seine immer schon dünn gewesenen Haare in alle Richtungen ab, und man konnte gar nicht anders, als ihm hindurch zu wuscheln. Dann kicherte er und duckte sich zwischen die eigenen Schultern, und das beruhigte ihn immer sehr.

Vielleicht lag es aber auch daran, wie haarscharf dieser Zauber da an ihm vorbeigerauscht war, und seine zweite Hand verschwand noch immer in seinem Kragen und presste ein ehemals blaues, nun merkwürdig rostbraunes Halstuch gegen seine Haut. Dabei blutete er längst nicht mehr, eher tief geschürft als hineingeschlagen, dieser komische Fluch, den ihm Snape da an den Kopf gebretzelt hatte. Wäre nicht zufällig Bellatrix halb von der Seite gegen Severus gestürzt, hätte Pettigrew jetzt keinen Schädel mehr, über den er sich ständig wischen könnte. Am besten dachte man gar nicht daran. Ihm zärtlich die Schulter tätschelnd, schritt Remus aus dem Salon durch die offene Tür und lehnte sich stehend an die Innenwand, die Fenster und Black nun direkt voraus.

„Es war fürchterlicher Leichtsinn,“ flüsterte Lily, sich mit kraus gezogener Nase diesen langen Riss in James' Unterarm betrachtend, während sie ihn so sorgsam es eben ging mit der Essenz beträufelte und betupfte. Mit Mederi-Zaubern wollte es einfach nicht heilen. Schon den Mund aufmachend, setzte er zu seiner Verteidigung an, schnappte nach Luft und klappte die Kiefer wieder zusammen. Sie klang nicht anklagend dabei, und sie meinte nicht ihn. Was er getan hatte, war lediglich eine Reaktion gewesen, die zwar übertrieben, aber notwendig gewesen war, und die Arme wie die Knöchel überkreuzend, nickte Remus links von ihr, genau wie Pete (wenn auch dank seiner eigenen Verletzung sehr zaghaft) und Sirius.

Das Seufzen, das Mr. Black entkam, war leer und traurig. Auf dem Stuhl zurückkippelnd, dass seine Locken in den leichten Wind in der Gasse gerieten, schüttelte er den Kopf. „Das war viel zu gefährlich,“ meinte sogar er, und das wollte immerhin etwas heißen. Das hier war der Typ, der ganz alleine eine ganze Frontlinie von hinten aufrollte und dabei Voldemorts Adjudanten in den Arsch trat mit einer Eleganz und musketierschem Selbstbewusstsein, von dem sich jeder eine Scheibe hätte abschneiden und noch immer mehr als reichlich für ihn zurück hätte lassen können. Aber er hatte recht. Grunzend in einer Mischung aus Ärger und Sorge, zuckten Potters Schultern hoch, und sofort zuckte er zusammen, weil Lily davon den Stab etwas zu tief in seinem verletzten Fleisch versenkte. Er ließ es sich nicht anmerken, und ihre sanfte Hand drückte entschuldigend seine Finger.

„Wenn sie so weitermacht, bringt sie sich um,“ sprach er an, was sie alle dachten, provozierte erneut diese einmütige Zustimmung von allen Seiten und verpasste jedem Augenpaar einen matten Glanz. Ja, und vielleicht war es genau das, was sie mit diesen halsbrecherischen Nummern erreichen wollte. Das jedoch sagte niemand, obwohl sie es alle dachten. Remus senkte den Blick auf die eigenen, mittlerweile ganz schön ramponierten Schuhspitzen und ignorierte den Gedanken daran, dass bald ein neuer Winter heraufziehen würde. Noch schien dort draußen eine helle Septembersonne, nun golden sichtbar ein Streifen von ihr in den Häuserschluchten, und Black leuchtete davon wie damals der Sirius über dem Nil.

Ihr Verhalten nicht entschuldigen, aber erklären wollend entspannte sich die einzige Frau in diesem erlauchten Kreis ein wenig, ihre Aufgabe dabei nicht aus den grasgrünen Augen lassend. „Sie steht immer noch unter Schock,“ hauchte sie heraus und blinzelte sich die eigenen Tränen weg. Natürlich, das konnten sie ja auch alle verstehen und nachvollziehen, auch für sie war dieser Einbruch in ihre innersten Ränge entsetzlich gewesen, der Verlust von Fabian und Gideon, und das auch noch auf diese Weise, ein Grauen, wie man es sich kaum vorstellen konnte. Das war so, als schaue man nach einem Alptraum unter das Bett, um sich zu vergewissern, dass dort nichts hauste, um ein zähnefletschendes Ungeheuer mit schnappenden Kiefern und Klauen zu finden, das einen packte und zu sich zog. Schauerlich. Und jedem von ihnen rauschte eine Gänsehaut zwischen die Schulterblätter.

In ungewöhnlichem Ernst, sonst nach Schlachten und Scharmützeln in euphorischer Hochstimmung, rollte Sirius den Kopf gegen die eigene Schulter und schnaubte. „Lily, das tun wir alle, aber was Marlene da abzieht ...“ Und James, sein bester Freund, beendete den Satz für ihn: „Ist extrem neben der Spur.“ Dagegen wehrte sich die junge Dame kein bisschen, einfach weil es stimmte, und Remus nahm einen tiefen Atemzug, während Pettigrew traurig quietschte und so laut auf seinen Daumennagel biss, dass es hörbar knackte in der ganzen Küche. Noch immer ruhig, die Stimme gesenkt von Verständnis und Kummer, tauchte Mrs. Potter den Weidenstab wieder in die Heilsalbe. Das hier würde ein paar solcher Kuren vertragen können, bevor es wie neu aussah. Falls es nicht eine ordentliche Narbe ausprägen sollte. „Mit Gids Tod kommt sie einfach nicht zurecht.“

Diese Art von Schweigen ihrer Jungs kannte sie ganz genau. Das war nicht der Ausdruck von sprachloser Bekümmerung, sondern das angespannte Atmen, wenn sie etwas erfuhren, das ihnen neu gewesen war, ohne dass es den Touch von Sensation oder einem guten Lacher hatte. Lächelnd darüber, wie niemand außer ihr das bemerkt hätte, und auch darüber, wie blind diese Kerle doch manchmal waren, schielte sie aus dem Augenwinkel zu jedem von ihnen hinüber, ohne mit Tupfen aufzuhören. Diese Black'schen Schlangenbrauen, das Pettigrew'sche fliehende Kinn, James' zu einem winzigen O geformte schmale Lippen und diese horizontalen Falten auf Remus' Stirn. Wie offene Bücher, sie alle. „Sie hat ihn geliebt,“ sagte sie wie selbstverständlich. „Habt ihr das nicht gewusst?“ Augenblicklich Kopfschütteln zu allen Seiten.

Es erklärte mehr als gut, wieso Marlene McKinnon, im selben Jahrgang gewesen wie die Zwillinge, mit einem Mal so unüberlegt, so ganz anders als man es von ihr kannte, in mörderische Kämpfe zog und vor keinem Gegner mehr zurückschreckte. Sie wussten nicht mit Sicherheit, welche Todesser an der Ermordung der Prewett-Brüder beteiligt gewesen waren, konnten es sich nur denken an kleinen, unbeabsichtigten Hinweisen. Und seit heute gab es zumindest einen Namen: Yaxley hatte sich so unverhohlen damit gebrüstet, dabei gewesen zu sein, dass er froh sein konnte, nicht so fett zu sein wie Dragomir. Nur seine schlacksige Gestalt hatte ihn retten können, hatte er hinter Säulen und Bäume springen können auf seiner Flucht, um sich dahinter zu verbergen. Aber von diesem Tage an, da durfte er sich sicher sein, war er für die Jungriege des Phönixordens ein mehr als lohnendes Ziel. Es war oberste Pflicht, ihn zu fangen, und inoffiziell ... Ja, er sollte darum beten, dass nicht Marlene ihn in die Finger bekam. Sie hatte den blutigen Fleck auf den zersprungenen Fliesen gesehen, in die Dielenfugen gesickert.

Keiner der Anwesenden mochte darüber nachdenken, mochte sich daran erinnern, diese Wunde noch zu frisch und zu tief in die Seele gebrannt, wie sie durch das so vertraute Haus gestolpert waren, zerstört und vernichtet, die beiden Freunde, immer laut und fröhlich, selbst in verzweifeltsten Zeiten, tot und verstümmelt zwischen den Trümmern ihres Heimes. Rache. Die wollten sie. Egal, ob die „Erwachsenen“ sich darüber entsetzten und irgendwas gefaselt hatten von Gerechtigkeit und Besonnenheit. Gerechtigkeit für Gideon und Fabian Prewett würde es nur geben, wenn jeder einzelne Anhänger Voldemorts in Azkaban schmorte. Oder in der Hölle. Dass insgeheim jeder von ihnen Letzteres vorzog, verrieten sie mit keinem Wort. Nur Finger, die sich fester um Zauberstäbe schlossen. Aber nicht jetzt.

Noch immer weit zurückgelehnt in seinem Stuhl, die Arme rechts und links auf dem Fensterbrett ausgebreitet, Töpfe mit Kräutern dabei zurückschiebend gegen das eine geöffnete und das andere geschlossene Fenster in der Dreierreihe, schlug Sirius seine Locken aus und schnaufte erneut. „Habt ihr meine bescheuerte Cousine gesehen?“ wechselte er das Thema gekonnt zurück zu ihrem gerade überstandenen Einsatz, griff sich an das ehemals weiße Hemd und öffnete noch zwei Knöpfe mehr, so dass zu sprießen beginnendes Kräuselhaar auf seinem oberen Brustbein deutlich sichtbar zum Vorschein kam. Sich die Drosselgrube kratzend, konnte er zusehen, wie seine Freunde entsprechende Reaktionen zeigten, und darüber musste er grimmig lächeln.

Remus jaulte regelrecht auf und rollte abwinkend mit den Augen, die Körperhaltung wechselnd, weil ihm der Hintern weh tat. Rechts von ihm stellte Peter das Baumeln der Füße ein und gröhlte, bevor er das Halstuch von seinem Kieferwinkel nahm und begutachtete, ob sich noch frisches Blut zeigte. Offenbar nicht, denn er führte es nicht daran zurück, sondern wickelte es sich um die eine Hand, mit der er sich an der Kante der Anrichte abstützte. Die Potters direkt voraus, James' Rücken und Hinterkopf in seinem Blickfeld, gaben ein synchrones Ekelgeräusch von sich und bewiesen ihm damit sehr gut, dass sie genau das meinten, wovon er gesprochen hatte.

Scheußlich genug war sie ja sowieso, keine Frage, darüber musste man sich ja nicht mehr wundern mit der verfilzten Pudelmähne und den dringend Maniküre-bedürftigen Fingernägeln von der Länge einer Tyrannosaurier-Kralle und der Farbe von gut gereiftem Bergkäse, aber dieser Akt da vorhin, der hatte einem echt die Socken nicht aus-, sondern über den Kopf gezogen, damit man sich das nicht antun musste. „Ausgerechnet Rodolphus,“ gruselte sich Lily so sehr, man konnte es an ihrer Stimme hören, und sie wurde ganz grün im Gesicht und schüttelte sich mit blasser Miene. Beruhigend schlang James den gesunden Arm um seine Gattin, um sie an sich zu drücken und ihren Rücken zu streicheln. „Nicht mal du hast es so widerlich getroffen,“ tröstete er und löste damit einen Lachkrampf seiner Freunde aus.

Nein, wirklich. Niemand hatte das sehen müssen, wie Bellatrix Lestrange, geborene Black, ihrem großkopferten Deppen von einem Angetrauten mit spitzer Zunge leidenschaftlich die Koteletten ableckte. Peter machte ein hochgewürgtes „Uuuach“ und sah aus, als wolle er auf den Küchenfußboden spucken, und Remus konnte man dabei zuschauen, wie er eine Gänsehaut bekam und sie sofort wieder abschüttelte, die vor der Brust verschränkten Arme nur noch fester ineinander schiebend, als stünde er hier gerade auf dem Astronomieturm von Hogwarts im schlimmsten Schneesturm Schottlands. Und dabei war das bloße Show gewesen, das wusste jeder Anwesende genauso gut wie die ausführenden Akteure. Vielleicht rafften das nicht alle dieser beknackten Schwarzroben, aber nur darum ging's: Prestige.

„Ne Liebesheirat war das wohl kaum,“ grunzte Sirius und schüttelte schon wieder den Kopf, absolut nicht begreifen könnend, wie man sowas durchziehen konnte. Einen lebenslangen Bund eingehen, der so viel bedeuten sollte, ja, auch körperlich, wenn da keinerlei Gefühl der innigsten Zuneigung bestand. Rein aus Gründen von Geld, Macht und Ansehen zu heiraten. Ekelerregend. Abscheulich. Diese dunkle Stelle ganz hinten im Unterbewusstsein, die sich dabei meldete, klopfend, gegen eine zugemauerte und zementierte Türe schlagend, als wolle sie Einlass gewährt bekommen, die ignorierte er dabei vollkommen und verdrängte die Bilder, die in seinem Geist erscheinen wollten. Ein erwachsener, stolzer Mann mit langer, schwarzer Lockenmähne und stattlichem Schnäuzer in einem repräsentativen Cut auf den Stufen von Grimmauld Place, strahlend mit dieser Lady am Arm. Und der gleiche Mann mit etwas herberem Gesicht verwandelte sich in verbitterte Kälte in lebender Person, wie daraus eine verhärmte Hexe mit gelblichem Teint wurde. Er schüttelte das ab.

„Aber,“ begann James und hob den lang ausgestreckten Zeigefinger seiner verletzten Rechten, immer noch aufgepflanzt auf dem Tisch, „immerhin ein ewiger Quell wunderbarer Lästerei,“ kehrte er die gute Seite an dieser Hochzeit heraus, und laut bejahend stimmten sie alle zu. „Amen!“ proklamierte Remus, während Lily, ganz das Mädchen, schon mal anfing und „vielleicht sucht sie die Haare auf seinem Rücken nach Zecken und Läusen ab“ formulierte. Das von vier Männern gleichzeitig aufbrausende Johlen über einen solchen Tiefschlag, quittierte sie mit einem zufriedenen Lächeln. Nicht, dass irgendwer von ihnen jemals einen Lestrange oben ohne gesehen hätte.

Sogar Pettigrew konnte enorm schlagfertig und recht abartig sein, wenn es um solche Dinge ging. Immerhin hatte er sich vieler Slytherins in der Schule auf diese Weise erwehrt, ehe er mit seinen Freunden hatte drohen müssen, kam seine eigene Zauberkunst mit Flüchen und fiesen Tricks mal nicht aus. „Nachtisch á la Bella?“ grinste er und erntete augenblicklich wieder so eine Laola im Kleinen, auch wenn Remus so angeekelt den Mund verzog, dass sein Bärtchen eine Welle schlug, und Sirius klatschte sich lautstark auf den Oberschenkel, den Flügelschlag an seinem Ohr so gar nicht gleich bemerkend, während James die Zunge herausstreckte und Kotzgeräusche von sich gab.

Es war der Schatten des Vogels, groß genug, um den ganzen Fensterrahmen auszufüllen, und dennoch geduckt und die spitzen Flügel sofort einklappend, der Sirius den Kopf beiseite drehen ließ. Im ersten Moment glaubte er, eine Taube habe sich hierher verirrt, gejagt von einem Greif in den engen Schluchten zwischen den Häusern, doch dafür war das Tier zu schlank, zu hoch aufgeschossen, und er erkannte sofort, worum es sich tatsächlich handelte.

Eine Eule, ein gut gepflegtes und genährtes Exemplar, stattlich und stolz, unverkennbar. „Hermogenes?“ fragte Black ganz verdutzt, als könne der herrlich dunkel grau-braun gefärbte Vogel mit dem flachen Kopf verbal darauf antworten. Er tat es auf seine Weise, gab einen kurzen, trillernden Ruf von sich, den er so leise hielt, wie er nur konnte, und Sirius' Stirn runzelte sich so kräftig, als habe ein Erdrutsch die Klippen von Dover in ihre Erdschichten zerlegt und ineinander rutschen lassen.

Er war es wirklich. Die würdevolle Sperbereule, die selbe, die ihm vor nunmehr acht Jahren seine Einladung aus Hogwarts gebracht hatte und jede darauf folgende Buchliste. Den ein oder anderen Heuler hatte er ihm in der Großen Halle vor die Spiegeleier geworfen, hatte Lieferungen aus London eingeflogen, Ausgehroben für den Gründungsball mitsamt der grusligen Slytherin-grünen Weste, Briefe von James in entsetzlichen Ferien, und Sirius konnte einfach nicht anders, als den einen ausgestreckten Arm zurückzuziehen und den wunderschönen Greif liebevoll zwischen den Flügeln zu kraulen. Noch während er sich keinen Reim darauf machen konnte, wieso der Bote der Familie Black überhaupt hierher gekommen war, bemerkte er dessen Unruhe, den so charakteristisch für seine Art zuckenden, keilförmigen Schwanz und die merkwürdige Haltung, und er zog sich leicht zurück, um das Tier besser betrachten zu können.

Gehetzt schaute er aus, duckte immer wieder den schlanken Kopf und wandte ihn hierhin und dorthin um 180°, als müsse er den Himmel im Auge behalten, und die eindrucksvollen Krallen klickerten auf dem äußeren Sims, wie er sie auf und nieder senkte. Wie entflammt in Alarm leuchteten seine goldgelben Regenbogenhäute, und Sirius hätte schwören können, er unterdrücke den schrillen Ton der Angriffsbereitschaft, und das nicht nur, weil er sonst seine Botschaft verlieren würde. „Was macht du hier?“ war eine dumme Frage angesichts des Umschlags aus festem Pergament, dass die Eule in ihrem kräftigen Schnabel hielt, und Hermogenes zirpte entsprechend ungehalten. Ob er wollte oder nicht, Sirius musste davon grinsen. Sogar der Vogel ein echter Black.

„Die Hymne der Lestranges,“ stimmte James an und benutzte seinen Zauberstab als Taktstock, mit dem er auf dem Tannenholztisch herumtrommelte, wie er zu singen anfing „mein Vater ist mein Onkel!“, und die Küche dröhnte vor Lachen seiner Freunde. So beschäftigt damit waren sie, dass sie das Fehlen des bissig bellenden Hofhundes gar nicht recht mitbekamen. Dem schwand das Lächeln aus dem Gesicht, wie seine streichelnden Finger die feuchte Stelle knapp unterhalb des unter grauem Federwerk verborgenen Halses berührten, und der Greif quietschte protestierend und knickte noch mehr nach vorne ein. Hastig beugte Sirius sich vor, die Handfläche herum drehend und nur noch unruhiger werdend. Klebrig, schon gerinnend, aber frisch, glitzerte Blut auf seinen Fingerspitzen. Die Eule war verletzt.

Ein so großes Tier, wendig und schnell wie sonst nur Habichte und Falken flogen, nicht aber Käuze und ihre schlankeren Verwandten, was würde so einen Jäger angreifen? Es gab keine Fressfeinde für eine Flügelspannweite von anderthalb Fuß in ganz London, und dennoch war es passiert, und so wie sich Hermogenes verhielt, war sein Verfolger (oder seine Verfolger) nicht allzu weit entfernt. Instinktiv griff Sirius hinaus auf den offenen Sims und bugsierte den Vogel mehr hüpfend als fliegend über den Fensterrahmen hinein. „Komm,“ forderte er ihn dabei flüsternd auf, „komm rein.“ Das ließ sich die Eule nicht zweimal sagen, trillerte zustimmend und ließ sich auf der Rückenlehne des nun wieder auf allen vier Beinen stehenden Stuhles nieder. Der junge Mann schloss schnell, aber nicht übereilt das Fenster und verriegelte es.

Immer noch lachten sich seine Freunde komplett schief – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Remus stand nicht mehr aufrecht, sondern in einem anatomisch absolut unmöglichen Winkel abgeknickt – und Peter kugelte auf der Anrichte herum, dass die Teller im Schrank harmonisch übereinander rollten, als wolle er James' schrecklich schiefen Gesang über generationenübergreifende Inzucht und deren unübersehbare Folgen musikalisch untermalen. Bettelnd nun beinahe, beugte sich der Vogel nach vorne in Richtung von Sirius' Schoß, wiederholte die Geste mehrfach und schaute ihn dabei immer wieder an, wollte so offensichtlich endlich seine Last loswerden. Noch nie zuvor in seinem langen Fliegerleben war etwas wie heute geschehen, und was immer er da trug, durfte eine gewisse Mitschuld daran tragen. Außerdem brauchte er einen freien Schnabel, wollte sich um seine eigene Wunde kümmern, so wie es die Hexe und die Zauberer hier auch gerade taten. Und der junge Meister tat ihm den Gefallen und öffnete demonstrativ die Hände, dass der Bote seine Nachricht übergeben solle.

Schwer fiel ein Brief in Sirius' Linke, bestes Pergament, gebleicht und säuberlich, dass es eine herrlich weiche Note von geschliffenem Birkenholz angenommen hatte, und das Wasserzeichen darin war so hauchzart eingearbeitet, dass Finger es nicht erspüren konnten. In geschwungener, kräftiger Schrift, pechschwarze Tinte und Goldfeder, prankte nicht nur sein Name - „Sirius O. Black“ - auf dem Umschlag, sondern auch die vollständige und korrekte Adresse hier in Soho. Einen Absender brauchte er nicht. Das in grünen Siegelwachs geschlagene Wappen mit den Windhunden hätte vollkommen ausgereicht, egal, welche Eule ihm diese Botschaft überbracht hätte. In Verbindung mit Hermogenes aber blieb nicht der geringste Zweifel. Und – ganz anders als Sirius es erwartet hätte, sollte jemals so etwas wie das hier geschehen, seit er davon gelaufen war in jener schrecklichen Nacht am Grimmauld Place – schraubte sich seine Herzfrequenz in ungeahnte Höhen. Nein, nicht gleichgültig. Noch lange nicht.

„Rabastan wird das gar nicht gefallen, dass Bella jetzt mit im Bett liegt,“ bemerkte James, mitten drin in seiner abendfüllenden, total geschmacklosen Comedy-Show, und er löste damit einen weiteren Aufschrei von angewidertem Entsetzen und hemmungsloser Belustigung aus, half sich selbst damit hervorragend hinweg über den Schmerz, den seine schwarzmagisch geschlagene Verletzung noch immer verursachte. Was er damit sagen wollte, war definitiv zu deutlich, aber es reichte ihm offenbar nicht aus. „Ich finde, Bruderliebe kann auch echt zu weit gehen.“ Remus verschluckte sich so heftig, dass er das Lachen aussetzen musste, und der ganze Kopf explodierte in Farbe.

Sirius hörte nicht zu. Er drehte diesen großformatigen Brief in seinen Händen, konnte sich nicht dazu entschließen, das Siegel zu brechen. Ob ein Zauber darauf lag, ein Fluch, das war nicht wichtig, solange es keiner war, der den Absender wissen ließ, dass er geöffnet worden war. Brauchte er denn die Ausrede wirklich? 'Hab ich nicht gekriegt, folglich nicht gelesen'? War das nicht absolut egal? Während er noch darüber grübelte, Hermogenes leise krächzende Geräusche machend und immer wieder mit dem gelben Schnabel auf die Botschaft deutend, dass er sie doch endlich anschaue und sein Auftrag damit erfüllt war, agierten seine zittrig werdenden Finger von ganz allein. Wie lächerlich. Keine Ahnung, wovor er mit einem Mal solche Angst hatte. Das war wie damals zur Abschlussfeier, wo er ihn im Gang hatte stehen sehen, O.A.B, das Clansoberhaupt der Blacks. Dieselbe gellende Panik. Obwohl er nicht mal da war.

Nie mehr seine Stimme gehört seitdem. Nie mehr gesprochen, nicht einmal in die Augen gesehen, gekonnt einander ignoriert, sollte jemals der unwahrscheinliche Moment eintreten, sich zu begegnen. Seine letzten Worte an ihn, wie waren die noch gewesen? 'Sirius, bleib'. Mit einem Mal, als hätte er das nie zuvor gehört, wurden sie ihm bewusst, auch der Tonfall, so anders, nicht kalt, nicht befehlend, merkwürdig weich und herausgepresst, und er spürte eine unglaubliche Hitze in seiner Brust aufsteigen, die ihm den Hals zuschnürte und die Wangen mit heißem Blut füllte. Peters wässrige Augen huschten verstohlen hin und her zwischen dem hustenden Remus und dem stummen Sirius.

Und was hatte er zu ihm gesagt? 'Nur einen Grund, nur einen'. Er hatte ihm keinen genannt. Weil es keinen gab. Weil ... Und Sirius begriff, wovor er solchen peinlichen Bammel hatte. Vor diesem einen Grund, den der strenge Mann in dem fabelhaft geschnittenen Cut mit den gleichen, braun-grauen Augen damals nicht hatte über die Lippen bringen können. Wieso jetzt? Wieso musste er ihm ausgerechnet jetzt sagen, was er nicht würde ertragen können zu hören? Keine Wahl. Zärtlich fast zupfte die Sperbereule an seinem Kragen, auffordernd tschillpend, als wäre er eines seiner Jungen oben im Gebälk der georgianischen Villa in Bloomsbury. Und Sirius Black zerriss das Siegel und fingerte den exakt gefalteten Brief aus dem Kuvert.

„Sirius.“ Seltsam, diese Mischung aus kindlichem Zorn darüber, so familiär angesprochen zu werden von einem ihm völlig Entfremdeten, und beleidigter Bedrückung, nicht mehr wert zu sein als der eigene Vorname. „Mir ist bewusst, dass ich keinerlei Recht habe, Dich und Dein Leben zu stören, und dennoch muss ich.“ Keinerlei Reaktion im Innern außer Verwirrung. Weil er gar nichts spürte dabei. Wo war diese brennende Wut hin, die ihn dazu veranlassen sollte, es genau dabei zu belassen. Stört. Weg damit. „Ich täte es nicht, hätte ich eine andere Wahl, aber – auch wenn Du Dir das sicherlich kaum vorstellen kannst – ich bin äußerst besorgt und weiß mir nicht anders zu helfen.“ Nicht das, was Sirius erwartet hatte, und mehr und mehr sickerte die Röte aus seinem Gesicht, um ratloser Konfusion zu weichen.

Sorgfältig wie eh und je, die Zeilen, Absatz für Absatz, gut leserlich und beeindruckend, das konnte niemand leugnen. Und dennoch waren feine Schlieren an den Auszügen der Buchstaben zu erkennen, wie er mit dem Finger die Linien abfuhr. „Lass mich rasch zum Punkt kommen, um Deine kostbare Zeit nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, wo Du, wie ich höre, ein ausgezeichneter Fechter geworden bist (was ich nicht ohne Stolz verstanden haben will).“ Für einen kurzen Moment war diese Feuerwalze wieder da, und seine Ohren glühten damit. Keinen Schimmer, wieso. Nur weil dieser so gefühlskalte klassische Slytherin ihn „mit Stolz“ einen „ausgezeichneten Fechter“ nannte?

„Dasselbe gilt für Deinen Bruder, wenn auch auf Seiten weniger edler Gesinnung.“ So heftig beugte Sirius sich nach vorn, die Ellbogen beide auf seinen Knien ablegend, dass der Stuhl über den hölzernen Boden schrammte, und endlich mussten seine Freunde aufmerksam werden. Sich in seiner Position merkwürdig verdrehend, versuchte James, über die eigene Schulter zu schauen, während Lupin sich aufrichtete und einen klareren, gefassteren Blick, deutlicher und ohne schimmernde Hornhäute, zum Fenster hin warf. Die Stirn runzelnd, entdeckte Lily, stehend neben dem gusseisernen Ofen, den Kessel noch in der Hand schwenkend, das Papier in seinen Händen, und Peter reckte auf der Anrichte den Hals, bis die frische Wunde ihn mit einschießendem Schmerz an ihre Existenz erinnerte. Sofort schoss seine Hand nach oben, und er zischelte durch die großen Zähne.

Da saß eine Eule, ein herrlich großes Tier mit geringelter Brust, noch immer nervös mit dem Kopf nickend und den Schwanz zucken lassend, und eine winzige Blutspur verunzierte die schönen Federn. Zwei Schritte nach vorn machend, die Sirius nicht einen Moment von seinem Pergament aufschauen ließen, trat Lily augenblicklich an den Greif heran und berührte ihn sanft, noch immer Murtlap-Essenz an der Spitze ihres Zauberstabs. Diese einfache, nicht von magischem Feuer geschlagene Verletzung heilte innerhalb von Sekunden zu, und Hermogenes bedankte sich quietschend. „Tatze?“ fragte James, sich nun auf seinem Stuhl ihm zu gewandt, dass er sich mit dem vernarbenden Arm auf der Lehne abstützen musste. „Alles OK?“ Fast gleichzeitig erklang das schrille „was hast du da?“ von Peter, während Remus in Schweigen verfiel.

„Genau deshalb muss ich Dir schreiben, gleichgültig, was zwischen uns steht, und ich hoffe, aus Dir ist ein weniger steinherziger Mann geworden als aus mir.“ Es gab nichts, was man dazu denken oder fühlen konnte, zu widersprüchlich, zu unmöglich, diese Worte, erst recht, was sie implizieren sollten, was so schreiend und riesig dahinter sichtbar stand wie St. Pancras Station hinter Moonys Lieblingspommesbude. Nichtmal die Flucht in Albernheit konnte da noch retten. Schlimmer fast als das, was er befürchtet hatte in einem Brief aus diesem verborgenen Reich über der Küche von Grimmauld Place #12. Jeden Jungen in seinem Alter hätte schon alleine die Tatsache fertig gemacht, vom eigenen Vater als „Mann“ bezeichnet zu werden. Ganz zu schweigen vom Rest. Und davon, dass es sich hier nicht um eine gewöhnliche Beziehung handelte. Oder eine normale Familie.

„Sirius?“ versuchte es Potter erneut, wo er mit dem Spitznamen keinen Erfolg gehabt hatte. Nichts. Er blieb darin versunken, nun langsam erblassend, während sich die Brauen in Sorge und Zorn gleichermaßen ineinander schoben. Hart wie Felsbrocken stachen seine Kiefermuskeln hervor, wie die Augen hin und her glitten über die Zeilen, bedächtig, jedes Wort förmlich aufsaugend. „Obwohl ich versucht hatte, ihn davor zu bewahren, ist es mir nicht gelungen. Und nun härmt es mich, Deinen Bruder nicht mehr gesehen zu haben seit dem 17. Juli diesen Jahres.“ Wie ein Schlag ins Gesicht. Fast hätte Sirius gelacht, freudlos und erschrocken, so als habe er die gleiche Ohrfeige kassiert wie Regulus damals nach dem Gründerball, und er griff sich mit auf einmal schweißnasser Hand an das bärtige Kinn und rieb so fest, dass sämtliche Härchen in unterschiedliche Richtungen abstanden.

Sechs Wochen. Das waren sechs Wochen. Kein Wort davon im Tagespropheten. „Niemand hat ihn seitdem gesehen, niemand.“ Wenn er sich versteckte? Wenn er Aufträge erledigte für seinen großartigen Meister? Nein. So wahrscheinlich solche Annahmen auch sein mussten – immerhin war er ein Todesser (wie lächerlich, ein 18 Jahre alter Junge) – so sehr wusste er, dass es nicht so war. Und er spürte es durch diesen Brief hindurch, noch ehe er den Absatz zuende gelesen hatte, dass er nicht der Einzige mit diesem Gefühl war. „Ich fürchte das Schlimmste, kann und will jedoch die Hoffnung nicht aufgeben, ehe ich nicht alle Möglichkeiten genutzt habe, ihn zu finden.“ Ein Black, der alle Hebel in Bewegung setzte, konnte die Welt aus den Angeln heben, davon war Sirius überzeugt, egal, wie viel Abneigung er gegen seine Sippe hegen mochte. Was das bedeutete, musste er nicht verinnerlichen. Es stach heraus aus den Zeilen und mitten zwischen die Rippen.

Die Hand fuhr unwillkürlich dorthin und rieb fest durch den weißen Stoff des Hemdes, eine Kugel aus Kork oder Beton tief im Hals, sich langsam hoch arbeitend, wie es nicht besser, sondern grausamer wurde mit jedem weiteren Wort. Es ging nicht. Es konnte gar nicht sein, und dennoch las er es. Wie Eis, geschmolzen unter glühendem Eisen, nicht unter Frühlingssonne, sanft wärmend und Leben spendend, sondern entsetzlich und zerstörerisch, wie es nicht hätte sein sollen. Wider die Natur, Sirius wehrte sich nicht dagegen, es genau so zu sehen. Denn Orion Arcturus Black, der furchtbare O.A.B, dessen arktische Seele ihm Zeit seines Lebens vor Augen gestanden hatte als Mahnmal, als Drohung, zerbröckelte in Verzweiflung. Es war unmöglich.

„Bist Du ihm nicht vielleicht begegnet? War er nicht in einem Deiner letzten Gefechte? Ich weiß, Sirius, es steht mir nicht zu, irgendetwas von Dir zu erbitten, doch solltest Du Nachricht von ihm erhalten, auf welchem Wege auch immer,“ kurz die Augen schließen, nur ganz rasch den Kopf beiseite und die Nase hochziehen, dann ging es wieder, „lass es mich wissen, ich flehe Dich an!“ Den letzten Absatz, die Unterschrift, die drang nicht mehr an sein Bewusstsein, und er bedeckte sich Mund und Kinn mit der ganzen Hand, den Brief sinken und den Blick abschweifen lassend. Das konnte er nicht alles begreifen, nicht auf einmal, vielleicht nie, und Sirius holte so tief Luft, wie er eben nur konnte und richtete sich halb auf, um ein heiseres, kratziges „verfluchte Scheiße“ zu flüstern.

Sie alle saßen oder standen da, Lily die Eule regungslos mit ein paar Speckwürfeln fütternd, die Hermogenes dankbar annahm nach einer solchen Jagd durch die Stadt, James schmerzhaft verdreht am Tisch, Remus vorgebeugt am anderen Ende des Raumes, Peter auf der äußersten Kante der Anrichte hockend. Feiner Sprühregen rieselte gegen die nun geschlossenen Fensterscheiben, ohne dass die Sonnenstrahlen von Wolken verdeckt wurden, wie sie langsam am Horizont hinauf kletterten und London in Tageslicht tauchten, und am Fenster stehend, hätte Lily schwören können, nicht nur einen, sondern drei oder vier rundliche Köpfchen, manche mit, manche ohne Federohren zwischen den Schornsteinen der umliegenden Häuser erkennen zu können.

Sirius sagte noch immer kein Wort, so viel und gleichzeitig gar nichts in seiner Mimik, in den Augen erkennen lassend, was er dachte, was er sich zusammenreimte, um daraus seine eigene Essenz zu kochen, das Black'sche Gefühl, das ihm schließlich Verständnis und Grundlage bilden sollte für alles Weitere. Wo er selbst den größten Unfug als Realität akzeptieren konnte. Sie ließen ihn, kannten ihn zu gut dafür. Nichts und niemand würde ihn beeinflussen, wenn er es nicht von ganzem Herzen zuließ. Und dann schlug er sich mit dem Pergament auf sein Knie und bockte sich regelrecht hoch. Ergebnis erzielt. „Dieser elende Dummkopf!“ brach es aus ihm heraus. Wut war leichter als Nachgeben, das lag in dem Blick, den James aus dem Augenwinkel zu Remus warf, und in der Antwort schwamm das Gleiche.

Von ganz allein machte Black sich Luft, die Sperbereule neben ihm komplett unbeeindruckt von seiner Unruhe, wie er es ihnen endlich erklärte: „Mein Bruder wird vermisst.“ Stumm. Er konnte es ihnen ansehen, dass sie entsetzt waren und genau dasselbe dachten wie er, wie auch das Clansoberhaupt – auch wenn er sich dagegen so heftig wehrte, selbst die Demütigung vor dem verlorenen Sohn mehr als nur riskierend – wie ihre Augen sich weiteten und Pete so heftig schluckte, dass ihm der mickrige Adamsapfel unter den Mundboden sprang. „Er war seit sechs Wochen nicht zuhause.“ Ohne es recht zu wollen, wurde Sirius tonlos dabei, und sein Kehldeckel schnappte zu.

„Oh, Sirius!“ schluchzte Lily und fing sofort zu weinen an, als wäre es einer von ihnen gewesen, wie bei Fab und Gid, wie bei dem kleinen Montgomery, wie bei Edgars Familie, und sie drehte sich hastig weg und unterdrückte den Krampf, so gut sie konnte. Das war nicht, was der beste Freund ihres Mannes gebrauchen konnte. Sie alle konnten sich an den Winzling erinnern, wie er im dämlichen Matrosenanzug auf dem Bahnsteig gestanden hatte, hüpfend, aufgeregt, ganz aus dem Häuschen, weil sein großer Bruder aus Hogwarts zurückkehrte, vergaßen nicht Momente wie jenen am Zugabteil, wo sich zwei Jungs, die Blacks, voneinander verabschiedeten, bevor das neue Schuljahr begann. Sinnlos zu hoffen.

Ein Todesser verschwand nicht einfach. Sie tauchten unter, sie tauchten auf, mal hier, mal dort, und waren es nur Gerüchte. Man sah sie, man kannte sie, sie waren verwickelt in Kämpfe, an denen man selbst beteiligt war, erkannte ihre Signaturen, ihre ganz spezielle Art zu fechten, ihre persönlichen Lieblingszauber, selbst in Wolken aus Schutt und Staub. Und Regulus Black war nicht irgendein einfacher Schwarzmagier. Er war mit dem gleichen unbändigen Talent gesegnet wie sein Bruder, wie seine Cousinen, wie seine Vorfahren. Ein Fluch von ihm reichte aus, ihn überall zu entdecken, sofort zu wissen, wen man vor sich hatte, das verlor man nie aus dem Gedächtnis. Und so sehr sie sich auch zu entsinnen versuchten, sich regelrecht quälten, irgendwo ein Anzeichen für seine Anwesenheit in ihren Erinnerungen suchend, so war es unumstößlich: Sechs Wochen.

Es gab dazu nichts zu sagen, keinen absurden Versuch des Trostes oder irrwitzige Ideen, was sonst geschehen sein sollte mit einem so weichen, so sensiblen Jungen direkt unter den Augen eines grausamen Hexers ohne jegliches Mitleid, ohne einen Rest Menschlichkeit. Also schwiegen sie, während der September seinen Glanz entfaltete vor den Fenstern. Wie lange sie dort bewegungslos verharrt hatten, ehe Sirius darum gebeten hatte, eine Weile allein sein zu dürfen, interessierte nicht. Sie ließen ihn, gingen einfach, mussten ihm nicht erklären, dass sie bei ihm waren, selbst wenn sie sich jetzt im Tropfenden Kessel zum Frühstück zusammensetzen würden.

Die Wohnung war riesig und leer, war er allein, das befand Sirius oft, und deswegen sorgte er dafür, so wenig wie möglich ohne Gesellschaft zu sein, so selten wie eben machbar rechts, links beide Arme ausbreiten zu können, ohne jemanden zu berühren. Und lange aushalten würde er das auch heute nicht. Aber Hermogenes war bei ihm. Den konnte er nicht hinaus lassen. Die Eulen dort, die warteten nur, wollten nicht zulassen, dass Korrespondenz entstand, und der junge Mr. Black dachte darüber nicht nach. Das weiche Federkleid streichelnd, fütterte er den Greifvogel auf der Stuhllehne, starrte hinaus in die mittlerweile so vertrauten Gassen und fragte sich so Vieles, was er verdrängt und verboten hatte.

Auf die Nacht würde er warten, hinaufschlendern, langsam und bedächtig die alten Pfade gehen, noch einmal. Sicherer so. „Ich bring' dich,“ flüsterte er der Sperbereule zu, und Hermogenes trillerte zustimmend. „ich bringe dich nach Hause.“


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Schon als mir zum ersten Mal klar wurde, dass Bücher von Menschen geschrieben werden und nicht einfach so auf Bäumen wachsen, stand für mich fest, dass ich genau das machen wollte.
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