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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Blitz und Wolkenbruch

von Teekon

Das Gewitter würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Hoch aufgebauschte Wolken überschlugen sich bereits, wie sie landeinwärts die Themse hinauf stoben, und hin und wieder zuckte eine kurze, grelle Entladung von einem Feld zum anderen, ohne es bis zur Erde zu schaffen. Noch. Der den Tag über wolkenlos gewesen Himmel verdunkelte sich zusehends, ließ den herrlichen blauen Teppich der Nacht von einem düsteren Schwarzgrau überdecken, ohne bedrohlich und finster zu werden. Ein grandioses Schauspiel, wie sich die aufgestaute Sommerhitze irgendwie auslöschen musste.

Man konnte es förmlich riechen in den Straßen, wie sich die Luft verdichtete und schweres Ozon in die Nasen kroch. Drückende Wärme stand in den schmalen Gassen von Soho, die Neonreklamen leuchtend und blinkend und leise flackernd mit den ersten Stromspannungen des aufziehenden Unwetters. Die Laternen summten, umschwebt von Mücken und Motten, tanzender Reigen, so als wären sie die Open-Air-Diskotheken der Insekten, wo die Menschen sich in den Pubs und Bars vergnügten. Noch saßen Grüppchen von ihnen lachend und redend bei einander auf draußen aufgereihten Stühlen unter geöffneten Sonnenschirmen, und die Girlanden aus bunten Lämpchen beschienen ihre Cocktails und Bierkrüge. Nicht mehr lange, sie würden bald erst hineingerufen, um einem sich ankündigenden Platzregen zu entgehen, dann wegen der Sperrstunde.

Wirklich schon recht spät mittlerweile, doch viel zu warm zum Schlafen, erst recht auf Federkernmatratzen und unter Bettdecken. Einfache Laken reichten vollkommen aus. Oder aber man ließ es eben sein, nutzte die bisher so sternklar schöne Nacht, um zu lesen, zu ruhen, ein wenig liegengebliebene Arbeit zu verrichten. Und davon hatte sich, zumindest in Dora Tonks' Schubladen, eine Menge angesammelt in der vergangenen Woche. Niemandem war so recht danach zumute gewesen, irgendwelche Einsätze zu protokollieren, Verhöraufzeichnungen zu unterschreiben, abteilungsinterne Memos zu kennzeichnen und mit dem eigenen Kürzel zu versehen. Gelesen und zur Kenntnis genommen. Zu viel geschehen dafür, zu viele neue Fragen, Diskussionen, erst mit sich selbst, später mit dem ganzen zusammengeschrumpften Orden.

Von Anfang an war klar gewesen, dass es nicht leicht sein würde, so ganz ohne ihn, ohne den Gründer ihres Widerstandes, den Kopf der ganzen Bande von unverbesserlichen Helden. Nur er hatte die Pläne gehabt, nur er hatte verstanden, was zu tun war und wie man einen endgültigen Sieg erringen konnte, und wie es aussah, hatte er diese Ideen nur mit einer einzigen Person geteilt. Einem kaum 17 Jahre alten Jungen mit Rumpelkammer als Hirn.

Und der schwieg sich lautstark darüber aus. Er könne es nicht sagen, es sei geheim und müsse es bleiben. Damit machte er die Sache für diejenigen, die für ihn, die mit ihm kämpfen wollten, nur umso komplizierter. Wie sollte man ihm helfen, wenn man keinen Schimmer hatte, wie das zu bewerkstelligen war? Und konnten sie über den Tod hinaus soweit vertrauen? Das Urteilsvermögen eines alten Mannes weiterhin als das Nonplusultra betrachten, wo er von dem Menschen getötet worden war, dem er selbst unumstößlichen Glauben geschenkt hatte? Was, wenn er sich auch in diesem Falle getäuscht hatte? Wenn Harry einfach nicht in der Lage war, diese Bürde zu tragen? Sie konnten nicht einmal das beurteilen. Denn sie wussten nicht, welcher Art sein Auftrag war. Der letzte Befehl eines sterbenden Generals.

Und die Spekulationen waren haarsträubend. Nicht nur untereinander, auch in der breiten Öffentlichkeit wurde über das, was dort oben auf dem Astronomieturm geschehen war, heftigst gesprochen und gerätselt, denn niemand war dabei gewesen, keiner konnte so genau sagen, was passiert war, wie Albus Dumbledore, der großartige Bezwinger des Gellert Grindelwald im Krieg der Muggel und Zauberer vor beinahe 60 Jahren schlussendlich gestürzt und gefällt worden war. Auch hier musste Harry schweigen, und nur das glühende Dunkle Mal über den Schlossmauern von Hogwarts ließ keinen Zweifel daran, wer verantwortlich war für das Ableben eines so trickreichen Zauberers, Träger des Merlinsordens erster Klasse. Und zumindest da waren sich alle einig. Wer auch sonst?

„Was für ein hanebüchener Unfug da drin steht!“ fluchte er erneut und schlug die längst knittrigen Seiten des Tagespropheten schon wieder so heftig aus, um den Knick darin zu glätten und auch die Wörter in der Falz lesen zu können, dass die Insassen der sich bewegenden Fotos johlend protestierten. Was konnten sie denn dafür? Diese steile Falte da auf seiner Stirn grub sich wie eine Ackerfurche zwischen die Brauen, und trotzdem war sie nicht Ausdruck von tief empfundenem Zorn. Er war einfach bloß oberflächlich angekratzt, sie brauchte sich darüber weder Sorgen, noch überhaupt Gedanken machen. Viel zu wohlbekannt seine Stimmungen, seine Launen, seine Affekte.

Viel interessanter (und auch lustiger) fand sie gerade sowieso etwas ganz Anderes, kicherte aber nur leise vor sich hin und hielt besser den Mund. Den hatte er ihr wegen genau dieser Sache sowieso schon verboten vorhin, aber es ging eben einfach nicht anders. Sie mochte das Ding, es war unbeschreiblich, und auch wenn es nicht perfekt war, eben nur übernommen und nicht wirklich für ihn angepasst, so half es ihm doch enorm dabei, die kleingedruckten Zeilen zu entziffern. Denn dort thronte eine alte, silbern eingefasste Lesebrille mit eliptischen Linsen auf Remus Lupins knubblig großer Nase und verlieh ihm nur einmal mehr den Anstrich eines Universitätsdozenten.

Er saß oder lehnte vielmehr weit zurückgefläzt im Rahmen ihres langen Schiebefensters, bequem auf dem breiten Sims hinaus zur Straße, wo Menschen flanierten und zum Horizont hinaufschauten, bevor sie einander hastig bei den Händen griffen und loseilten, so schnell wie möglich zur nächsten Bushaltestelle oder in den tiefen Schacht der U-Bahn, ehe das Gewitter losschlagen konnte, das nun schon die ganze Breite des Himmels von Holborn bis Elephants & Castle bedeckte. Leises Grollen vermischte sich hin und wieder mit dem so vertrauten Straßenlärm. Auch das kleinere Fensterchen nach Osten war offen, so dass ein feines Lüftchen, schon mit Feuchtigkeit und Elektrizität gespannt, durch das winzige Schlafzimmer ihrer hübschen Zwei-Zimmer-Wohnung in Londons Vergnügungsviertel streifen konnte.

Und trotzdem viel zu warm, um sich großartig anzukleiden. Ein Kissen unter den Rücken gestopft, hatte er sich gerade mal dazu bequemt, sich sein Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln überzustreifen und drei Knöpfe zu verschließen, damit er dem Techniker auf dem Dach gegenüber, wo die Klimaanlage den Geist aufgegeben hatte, nicht seinen fürchterlich käsigen Oberkörper präsentierte, und die langen Schösse bedeckten die Oberschenkel bis etwa zur Mitte. Das sorgte für den Sichtschutz, wo die so üblichen abgetragenen Cordhosen irgendwo dort vorne bei den Trägern, dem Jacket und der obligatorischen Krawatte über einen Stuhl geworfen waren. Als wären seine Knie weniger weiß gewesen als die Brust.

Auch darüber musste sie wieder kichern, störte sich aber bei Merlins Glubschaugen kein Stück daran. Immerhin war das ihre Unterlage, so wie immer, wie sie es beide am liebsten hatten, und für einen langen Moment musste sie die Augen schließen und sich zaghaft vorsichtig anschmiegend bewegen. Viel zu lange vermisst, herbeigesehnt diese Intimität, davon geträumt und in so weiter Ferne gesehen, dass es nur noch als Erinnerung hatte durchgehen wollen. Nie mehr würde sie das zulassen, ohne leben zu müssen. Den Impuls, ihn kurz, aber heftig, an sich zu ziehen, unterdrückte sie nicht, und er wehrte sich nicht dagegen, schien es nicht einmal bewusst wahrzunehmen. Für einen einzelnen Herzschlag huschte ein Kniff in seinen Mundwinkel, der ein verstohlenes Lächeln verriet, und das reichte völlig aus. Sich wieder in die Umarmung zurückgleiten lassend, die sie so sehr in seinen Alltag einschloss mit der Zeitung in beiden Händen, widmete sich Dora wieder ihrem Protokoll.

Außerdem war sie auch kaum gesitteter angezogen als er, befand Remus, als hätte sich diese Beobachtung nicht in ihrem Kopf, sondern laut ausgesprochen zwischen ihnen abgespielt, und er kam nicht umhin, diesen Umstand zu genießen. Man musste nicht reden. Es war alles da. Ja, er war immer noch durcheinander von Dumbledores Ableben, konnte noch immer nicht damit umgehen, dass der Orden so merkwürdig geschlossen auf ihn schaute, sogar die McGonagall, und er fühlte sich mehr als überfordert von diesem Anspruch. Da waren so viele erfahrenere Zauberer und Hexen ringsherum, die sich dem Kampf gegen Voldemort verpflichtet sahen, und er konnte weder begreifen, noch wollte er sehen, warum ihm mit einem Mal ein so großes Mitspracherecht, ja, regelrecht eine Führungsrolle zugesprochen werden sollte. Das war nicht sein Ding, das war ihm zu groß. Aber sie schienen auf ihn zu bauen. Damit fertig werden zu müssen, irritierte ihn und trieb ihn ein wenig in ein Schneckenhaus. Aber nicht bei ihr.

Gleichzeitig blühte Erleichterung in seinem Herzen, seine ganze Seele ausgefüllt mit einem Meer aus im Sommerwind schaukelnden Blumen, blaue Centaurea, roter Mohn, sonnengelber Helianthus in wogendem Gras, weil er hier sein durfte. Nie wieder hinunter nach Canary Wharf, keine kalten, feuchten Kellergewölbe mehr, nur noch sie und er und bis in alle Zeiten. Die selben Ängste noch da, die gleichen Gründe, aber die mussten jetzt still sein. Sie hatte sich entschieden, sie ganz allein, und daran änderte kein Krieg, kein Vorurteil und kein dämliches Gelaber des selben alten Mannes in Lumpen etwas, den sie nun so liebevoll als Luftmatratze missbrauchte. Und er hatte es endlich begriffen. Dazu gehörten sie beide. Und wenn sie das alles auf sich nahm, den Spott und Hohn, die Anfeindungen der Gesellschaft ringsherum, dann war das keine Schwäche, es war Stolz und Mut und aufrichtiges Gefühl. Wie konnte es da irgendwer wagen, nicht einmal er selbst, ihr das wegnehmen zu wollen? Und überhaupt. Es tat so gut, es war zum Niederknien.

Für einen kurzen Moment musste Remus den Blick von dem Artikel auf der zweiten Seite nehmen, der Fortsetzung der Titelstory (fast schon Standard nun, dieses Format), um sie zu betrachten, dieses umwerfende Mädchen da in seinem Arm. Rechts und links abgeschirmt von seinen Ellbogen (die zitterten nicht mal, obwohl das anstrengend sein musste), biss sie auf dem Ende eines Federkiels herum, ehemals Habicht, wie das aussah, die weiche Stirn in unzählige Falten geworfen, und die langen, so in synchroner Perfektion geschwungenen Wimpern zuckten auf und nieder, blinzeln lassend, als wäre ihr ganzes Gesicht der Schirm eines Blitzlichts. Dazu leuchtete ihr lebendig pinkes Haar, durchsetzt mit diesen unzähligen klitzekleinen dunkelbrünetten Strähnchen, und sie kratzte sich umständlich hinter dem Ohr voller Stecker und Kreolchen.

Überkochen mochte man davon, dabei war es so etwas langweilig Normales, was sie da tat. Er konnte sie erkennen, die schwarzen Tintenflecken, wie die Abdrücke von Ameisenfüßchen, die in Stampede über sein ehemals weißes Hemd gelaufen sein mussten, oder wie verwaschene Hieroglyphen auf einem archäologischen Artefakt, denn die Auroren nutzten sehr dünnes Pergament, besser geeignet für so lange Lagerung von Unmengen dieser Zettelchen, und da kam immer etwas durch. Er mochte das so sehr, dieses pieksige Gefühl der gut angespitzten Feder, mit der sie in feinster Miniskulschrift ihre Beobachtungen und Zugriffe verzeichnete, was nicht wenige waren in Zeiten wie diesen. Das kitzelte, das juckte, das brachte ihn zum Lachen und zum Erschauern gleichermaßen, eine wohlige Gänsehaut aus prickelnd aufgestellten Härchen am ganzen Körper.

Überhaupt. Da lag sie, er so weit es ging ausgestreckt in dem Fenster, komplett aufgeschoben der Rahmen vielleicht fünf Fuß fassend, sie mit angewinkelten Knien, die Füße vor und zurück baumeln lassend, auf seinem Bauch und der unteren Brust, so dass Bewegungsfreiheit blieb. Auch nicht viel mehr als ein Schlafhemdchen bedeckte den schlanken Körper, weder mollig noch dürr, und die Zehen mit den dunkel aubergine-farben lackierten Nägelchen verhakten sich hin und wieder spielerisch mit dem Fenster, während seine riesigen Füße aufgestellt auf poliertem Holz links und kühl porösem Stein draußen vor Absturz in die eine oder andere Richtung bewahrten.

Der erste dicke Regentropfen traf Remus genau auf den Spann und lief an krausem, dunkelrotem Haar hinunter, aber er störte sich nicht daran, zuckte nicht einmal zusammen. Nur lächelnd legte er den Kopf schief und wandte sich wieder dem Propheten zu. Augenblicklich musste er schnauben, während dieses volltönende, vereinzelte Plitsch zu rauschen begann, wie er über diese Worte stolperte. „Nicht zu fassen,“ quetschte er aus der Kehle wie jemand, der sich übergeben muss.

Kopfschüttelnd nahm er einen tiefen Atemzug, der das Pergament, den Kiel und die Frau auf seinem Körper anhob wie eine Staustufe in einem Fluss, und nur ein kleiner, unangenehmer Stich, begleitet von süßer Erinnerung fuhr von links oben nach rechts unten durch das Herz. „Dass die immer noch keinen Zusammenhang ziehen zu Ems Tod,“ rollte er mit den Augen hinter den fleckigen Brillengläsern, und dabei vergaß er ganz, dass er einen von „denen“ hier bei sich hatte.

Sie nahm es ihm nicht übel, grinste statt dessen nur und trommelte ihm mit den Überresten von Federast und Hakenstrahl auf eine Rippe. „Andere Abteilung,“ zuckte sie entschuldigend mit den Achseln, als würde das alles erklären, sämtliche Aurorentrupps unfähig und blöd, abgesehen von Kingsleys und ihrem, und sofort musste Remus darüber lachen. Natürlich. Wie sollte es auch sonst sein? Und überhaupt. Das war Propaganda-Strategie, das wussten sie beide ganz genau. Fast ein Jahr nun her, dass Emmeline Vance, Mitglied im ersten Orden des Phönix vor vielen Jahren, damals im Krieg Ende der Siebziger, Klassenkameradin, James' Begleitung zum Gründungsball, in ihrer eigenen Wohnung ermordet worden war. Als hätten Voldemorts Schergen jemals vergessen, wie sie die ganze Nordtreppe von Notts Anwesen in Schutt und Asche gelegt hatte. Nur leise wehmütig dachte Remus an sie zurück. Tolles Mädchen, großartiges Mädchen, ohne zu zögern wieder dabei gewesen. Sie hinterließ zumindest keine trauernde Familie.

Aus zahmem Rauschen wurde zunehmendes Prasseln, und Tropfen von Dunkelheit auf dem Asphalt verliefen zu nassen Flächen, wie der sich rasch verdunkelnde Himmel über dem Haus in Soho von eiligem Gewitter überzogen wurde. Der erste Vorbote, ein kräftiger Schauer, und ein knallender Blitz donnerte schräg über den St. James Park irgendwo im Südosten, nicht weit von hier. Zählen – eins, zwei, drei Sekunden – und Rumpel – der Schlag aus Schall folgte, vielleicht anderthalb Meilen entfernt. Eine frische Böe sauste durch die Gasse, und Dora kuschelte sich instinktiv ein wenig fester an seinen Körper. Remus richtete sich unwillkürlich auf und versenkte den Blick erneut in seine Zeitung. Wie sie innehielt, lauschend dem herannahenden Sturm, das spürte er kaum.

Entsetzlich langweilig, diese immer wiederkehrenden Formulierungen, dieser bescheuerte Stil, den Scrimgeour eingeführt hatte damals, noch ehe er hochtrabend besserwisserisch Zaubereiminister geworden war. Es machte keinerlei Spaß. Mal abgesehen davon, dass dies für heute alleine der mindestens 25,372. Bericht dieser Art gewesen sein musste. Na gut, vielleicht auch nur der siebte. Aber trotzdem zu viele. Und sie liebte Gewitter. Wie das roch da draußen! Diese schwüle Schwere, ohne zu bedrücken, diese Spannung in der Luft, die einen begreifen ließ, wieso die Muggel diesen Begriff für physikalische Eigenschaften des Stroms verwendeten! Ganz fasziniert, die Ohren gespitzt und jede Faser ihres Körpers angezogen, merkte sie es selbst nicht mal, wie ihre Fingerspitze den gesprungenen Knopf über seinem Schwertfortsatz abzufahren begann. Rund und rund und rund, immer weiter.

Nicht einmal die Stimme hebend, obwohl er schwerer zu verstehen war im fallenden Regen, dicke, pralle Perlen aus Wasser, moserte Remus weiter über die miserable Informationspolitik, egal ob sie ihm zuhörte oder nicht. Auch das einer ihrer schönsten Charakterzüge, dass sie ihm niemals seine Tiraden unterband, dass sie ihn gewähren ließ, wenn er reden, sabbeln, quasseln musste. Manchmal hatte er das Gefühl, sie bekam doch was davon mit, warf eine Bemerkung dazwischen, mal schlagfertig und witzig, mal ernsthaft und seltsam wohlüberlegt, dann wieder albern und kaum auszuhalten verrückt. Und gelegentlich schlief sie dabei ein, als erzähle er die blendendste Gute-Nacht-Geschichte. Das war ihm nichtmal unangenehm.

„Ich kapier' das einfach nicht,“ regte er sich genauso beiläufig auf, wie er es vorhin schon getan hatte, kein bisschen ehrlich wütend, während Dora leise nickte und das Fingerchen zwischen Knopf und Leiste schob, gedankenverloren. „Welchen tieferen Sinn hat es, eine Bevölkerung so unaufgeklärt zu lassen, die sich problemlos verteidigen könnte?“ Jetzt sponn er also langsam eine Rede zusammen. Das kannte sie. Und ihr war schon klar, dass sie nichts daran würde auszusetzen haben. Nicht in diesem Fall. Trotzdem. Es donnerte heftigst, und kreischend rannte eine junge Frau da draußen am Arm ihres lachenden Begleiters über die Straße, um irgendwo Unterschlupf zu suchen, bevor es richtig losging.

Schnaubend, gar nicht bemerkend, dass die sich aufladende Elektrizität sein feines Barthaar Stück für Stück sträubte, brummte Remus. „Wir könnten ein nahezu lückenloses Netz quer durch Großbritannien aufbauen, wenn die Regierung uns ließe,“ stierte er noch immer auf die Zeilen, ohne sie noch wirklich zu lesen. Dieser Plan war seine Idee gewesen, 1980, er entsann sich hervorragend daran, wie es hätte klappen können, schon damals. Die nächste Windböe fuhr ihm durch die offenen Knöpfe auf die Haut und stellte auch die krausen Löckchen am Brustbein auf, ohne dass ihm das bewusst wurde. „Einfach jeden Bürger, vom Greis bis zum Schulkind darauf aufmerksam machen, die Erwachsenen alle ausbilden in Verteidigung, und jeder Schwarzmagier wäre gejagtes Freiwild, statt unsichtbare Bedrohung.“

Hatte er vollkommen recht mit. Nur war's nicht machbar in dieser Konstellation, genauso wie beim letzten Mal. Aber das war nicht der Grund, wieso sie grinsen musste, denn es wäre die Lösung gewesen, und das wusste sie. Sacht wie Schmetterlingstapsen berührte sie mit der Nasenspitze die winzige Kuhle, die sich bei einem so schlanken Kerl gleich unter dem Rippenbogen bildete und schaute hoch. „Willst du mich arbeitslos machen?“ beschwerte sie sich über die Idee, aus jedem Begabten einen Hilfsauror zu machen, und Remus lugte unter dem Tagespropheten hervor und zwinkerte ihr zu, ohne jeglichen Protest. „Dann wärst du immer zuhause,“ offenbarte er einen nicht ernst gemeinten Hintergedanken, und sie musste lachen.

Dass Pergament und Federkiel längst fort waren, dass zu seinen Seiten der dünne Stoff in kräftiger werdendem Wind vorsichtig flatterte, das störte ihn nicht im Geringsten. So geborgen in dieser Position, so natürlich und vertraut, es gab keinen Grund zu Sorge oder Befürchtungen. Dora würde ihn niemals erschrecken, das war felsenfest und unumstößlich. Sich wieder in die Zeitung vertiefend, murrte Remus nur noch leise kopfschüttelnd und fand schon den nächsten Ansatz für ärgerliche Verstimmung. „Scrimgeour ist ein fabelhafter Idiot,“ bemerkte er und provozierte glucksende Zustimmung. Aber mal ehrlich. „Man sollte meinen, er hätt' bei Mad-Eye was gelernt.“

Die steile Grummelfalte brach förmlich zusammen und driftete auseinander zu seinen genauso bekannten Denkrunzeln im Querformat, aber das hatte nichts mit dem ehemaligen Aurorenkapitän zu tun, der nun die Geschicke des magischen Inselreiches lenken sollte in diesen schweren Zeiten. Schon ein bisschen irritiert jetzt, hielt Remus inne und hörte auf, mit dem Papier zu knistern. Was machte sie da eigentlich? Wo war denn das Pieksen und das Kratzen auf Pergament hin? Und wieso zum Donnerdrummel war sein Hemd offen? Und was machte sie da mit ihren Fingerchen und ihrem Näschen an seinem Hosenbund und ... „Dora?“ fragte er mahnend, als wäre er wieder Lehrer in Hogwarts. „Was soll denn das werden?“

Das letzte Wort verschluckte er halb, der Rest davon ging unter in einem Zuschnappen seines Kehldeckels und dem enormen Klong seines Schädels gegen den Rahmen in seinem Rücken, zu dem er augenblicklich hochgreifen und sich den Schmerz wegreiben wollte, wenn nicht gleichzeitig der Befehl gekommen wäre, in die andere Richtung zu steuern und sie irgendwie von dieser entsetzlichen Schandtat abzuhalten. Vergeblich. Beides. Blitz und Donner übertönten ihr feines Kichern, aber er spürte es trotzdem am Vibrieren ihres Körpers und an dem zarten Lufthauch gegen seine Leiste, und der jetzt rauschende Wind packte sich den Tagespropheten mitsamt kreischenden, sich aneinander klammernden Bildbeilagen.

Das war, als wäre das Gewitter von Sohos Himmel nach innen verlagert worden, wie die Nervenimpulse stroboskopartig aufwärts schossen und Muskelfasern zum Zucken brachten, von deren Existenz er bisher gar nichts gewusst hatte. Augenblicklich sprossen immense Schweißperlen rund um den Haaransatz auf Schläfen und Stirn und begannen sofort, in Richtung Ohren und Bart hinunter zu laufen. Keine Chance, auch nur einen Ton dazu zu sagen oder eine Abwehrstrategie zu entwickeln. Wozu auch? Wehrte man sich gegen Wintereis oder das Prickeln in der Achterbahn oder ... oder ... oder ... Wortfindungsstörungen.

Mit der Linken ruckartig die Brille so fest von seiner Nase ziehend, dass Tränen in den Augenwinkeln erschienen, streckte er den Arm nach innen aus, um das Gleichgewicht in diese Richtung zu lenken, während die rechte Hand hastig ins Gesicht fuhr und Augen und Brauen bedeckte. Sinnlos, unterdrücken zu wollen, wie die trockene Kehle zu schlucken versuchte, diese klitzekleinen, mehr als inständigen Bezeugungen entrückter Glückseligkeit mehr und mehr zulassend. Kein Kraut gewachsen gegen ihre fordernden Streichler, die vorsichtigen Zähnchen, die sanft saugenden Lippen, die er sonst nur von viel weiter oben kannte.

Das trieb so schnell so hoch, er kam sich vor wie ein 15jähriger Bengel beim Anblick von badenden Mädchen am See, genauso ungestüm das Blut, ganz genauso hitzig dieser Rausch, und ihm pochte der Puls in Schläfen und Kieferwinkel so heftig, dass er glaubte, ohnmächtig werden zu müssen. Zu zärtlich, wie sie die äußerste Rundung ihres Zeigefingers die ganze Länge abfahren ließ, bis sie an ihr eigenes Kinn als Hindernis stieß, eine Glut wie eine Stichflamme in seinen Schädel jagend, die jegliches Atmen für zehn, fünfzehn seiner beschleunigten Herzschläge unmöglich machte.

Keine Ahnung, wie man das zurückhalten sollte, zu unerfahren dafür, und es war ihm auch egal. Diese überschwängliche Lust daran, einfach nur zu genießen und sich sowieso nicht so revanchieren zu können, wie er es sonst irgendwann einfach musste, hochkochend, überrollt von dieser seltsamen Mischung aus Dankbarkeit und hämmernder Begierde, ließ das gar nicht zu. Nur mit unkontrolliert in ihrer ungefähren Augenhöhe schlackerndem Handgelenk, das Gewitter nun so heftig, dass der nächste Blitz von knallendem Donnerschlag ohne Verzögerung begleitet wurde, gab er einfach komplett auf. Was immer sie wollte. Alles. Nichtmal fragen, nur so aussehen. Alles.

Es war nicht lächerlich und auch nicht komisch, aber Remus musste trotzdem lachen davon, furchtbar laut und befreit, wie er sich in diesem verdammten Fensterrahmen zurückzulehnen versuchte und sie mit breitem Grinsen, sich so unschuldig auf die Lippe beißend wie ein 11jähriges Mädchen, das im Honigtopf Mundraub begangen hatte, halb von ihm gezogen, halb selbst an ihm hochkrabbelte. Seine Wangen glühten förmlich, die Augen glänzten vom Adrenalin, so ganz anders als im Kampf, und da hatte sie ihn gesehen. „Tschuldigung,“ kicherte sie und konnte kaum verbergen, wie wenig ihr das doch leid tat. „Ich konnt' nicht widerstehen.“

So gruslig schön egal war ihm das gerade. Ihm drehte sich der Kopf wie nach einer trieseligen Karusselfahrt, alles ganz leicht und schwebend, und er hatte so viel auf der Zunge, was er jetzt sagen wollte, sagen könnte, um ihr klarzumachen, wie er sich fühlte, von Fluchen bis klischeehaften Liebesschwüren, von wortlosem Juchzen bis zu noch mehr gelöstem Brüllen vor lauter ganzheitlichem Glück. Keine Ahnung, wieso es gerade das war, was heraus kam. Bekloppt, halb als Witz gedacht, nur der Ausdruck der Plan- und Gedankenlosigkeit, mit der ihn diese herrlich lodernde Zärtlichkeit bedacht hatte, nichts weiter als ein Scherz, und trotzdem so viel mehr. „Heirate mich!“

Ihre verblüffte Stille hielt keine fünf Sekunden, bevor sie beide wieder loslachen mussten, begriffen, warum er das gesagt hatte mit diesem glitzernden Gesicht, die Silberaugen weit und wässrig, diesen fiesen Kniff aus Belustigung und sinnlicher Erfüllung im Mundwinkel. Nur verschmitzt, nicht ernst gemeint, sie beide wussten das, und es war OK. Jetzt fest in seinem Arm, ihre Ellbogen beide auf die Rippen gestützt, dass sie ihn ansehen konnte, beruhigten sie sich nur langsam, aber sein Herzschlag blieb hochfrequent, und ihrer folgte, sich hochschraubend, sich anpassend, wie sie sich die feuchten Lippen leckte und die Blicke mit jedem Atemzug tiefer wurden.

Wieso nicht? Machte es denn einen Unterschied? War das ehrlich nur sein völlig vernebeltes Hirn? Oder sprach da was Anderes, war da irgendwas, ja, dieses sachte, zarte Kneifen da in seiner Brust, als würde ein kleiner Junge an seiner Robe ziehen, um ihn auf irgendwas aufmerksam zu machen. Längst lachten sie beide nicht mehr, lagen nur da, atmend, schnaufend, als habe es sie genauso angestrengt wie ihn. Ihre Augen, diese wunderschönen, unbeschreiblich märchenhaften Regenbogenhäute aus gleichfarbigem Schokoladenton mit winzigen dunkleren Stippen darauf, musterten seine Züge genauso eifrig, genauso forschend wie seine Silbersterne es in ihrem Gesicht taten. Seine im Vergleich zu ihrer so große, langfingrige Rechte griff nach ihren locker zusammengeballten Fingern auf seiner Brust, wo sie unruhig mit den Härchen spielte.

„Ich hab' einen Ring,“ hauchte Remus heiser.
Mutters Ring. Isabels Ring.

Das war kein Anstarren. Nichtmal wirklich Überraschung lag in ihrem Blick, wie sie ihn anschaute, er ihren vierten Finger reibend, das Grundgelenk massierend, als könne er ihn bereits dort fühlen, den filigranen Streifen aus Edelmetall mit dem einen Stein darin, gut verborgen und versteckt noch in seiner kleinen Erlenholztruhe in Aldgate. „Bist du bescheuert?“ fragte sie ganz leise, ganz natürlich, als frage sie ihn nach dem Regen da draußen, ohne den sonst so herben, Black'schen Spott. Das selbe Blut in den Adern. Genauso antwortete er, nickte sacht und schluckte fest. „Ja. Muss wohl.“ Er nahm es nicht zurück. 'Ich hab' einen Ring' – das hieß 'für dich'.

Ganz langsam und leise, das Unwetter nicht mehr wirklich wahrnehmend, obwohl es noch über den Picadilly Circus zog und der Niederschlag nur zögerlich abebbte, die Rinnsteine Sturzbäche, die Kanaldeckel hochgedrückt und regelrecht schwimmend, fingen sie beide wieder zu kichern an. Dieses Mal irgendwie schüchtern, dabei ineinander verdreht und verschlungen, als läge da nur ein Mensch im Fensterrahmen, berührten sich ihre Nasenspitzen. Keiner schloss die Augen. Keine Verlegenheit, keine Angst. „Wann?“ flüsterte sie, als wäre das irgendwie wichtig nach so einem Versprechen, und er zuckte so vorsichtig die Achseln, dass man es kaum sah. „Bald?“ Ja. Einverstanden. Sie nickte und lehnte sich vor, reckte den schlanken Hals, um ihn küssen zu können.

Mit der Rechten hielt er ihre Finger fest, ließ die Linke an ihrem Rückgrat hinuntergleiten, dass sie sich ihm entgegenbog und spürte schon, wie sie das Gewicht verlagerte in den Raum hinein. Diesen Trick kannte er schon, und die Stimmung umschlagen lassend, problemlos, riss er die Augen wieder auf und rief ein erschrockenes „whow!“ ehe sie beide kippen konnten. Augenblicklich lachte Dora wieder so herrlich laut und glockenhell, in ihrer so typischen bellenden Fröhlichkeit des Arbeiterkindes. „Los, komm schon!“ forderte sie prustend und zog an ihm, dass er endlich mit ihr vom Fenstersims ins Bett fallen möge.

„Merlins Socken, Dora, bitte gönn' einem alten Mann eine Pause!“ flehte Remus, aber er hatte keine Chance und wusste das viel zu gut. Erst recht nicht, wenn er solchen Unsinn redete. „Vergiss es!“ erklärte sie gleich klipp und klar, und damit jammerte er nur noch ein letztes verzweifeltes Mal und rollte mit den Augen. Wie sollte man da widerstehen?

Der Regen, ihr treuer Begleiter, kühlend, die Hitze eines glühenden Juli-Tages zu angenehmer Wärme waschend, verzog sich nur langsam und spielte Musik auf den kupfernen Blechen und in singenden Rohren, und wenn es ein bisschen hereintropfte, dann machte das gar nichts. Dann verdampfte das Wasser, sobald es nur berührte.


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