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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Der Meister und sein Diener

von Teekon

Vorsichtig schlich er die schmalen Stufen hinauf, hielt sich mit beiden zittrigen Händen rechts und links an schlüpfrigen Wänden aus grob behauenem Stein fest. In einer steilen Kurve, so eng, dass man kaum den Absatz erkennen konnte, bog sich die Treppe von den Jungenschlafsälen um eine Säule herum und tauchte in einer dunklen Nische in den Saal hinein. Man konnte den Aufgang nicht einsehen, wenn man bereits oben war, jedoch problemlos von unten in den Gemeinschaftsraum hinein lugen, und so geduckt, wie er sich hielt, hatte er einen guten Überblick. Aber er verbarg sich umsonst. Niemand war dort zu so später Stunde, nicht einmal die Sechst- oder Siebtklässler.

Wie lange er wachgelegen hatte, er hätte es genau sagen können, jede Minute gezählt, jede Sekunde beinahe, eins, zwei, drei, sechzig und wieder von vorn, bis er es nicht mehr ausgehalten hatte. Um ihn herum hatten sie geatmet und geschlummert und geträumt, seine Klassenkameraden, seine Freunde aus dem selben Haus, friedlich, sorglos beinahe, oder zumindest so befreit davon, wie man das als Schüler in diesen Tagen überhaupt nur sein konnte. Und während dessen war draußen vor dem runden Fenster der Regen niedergegangen, dumpf prasselnd gegen das Bullauge in der Seite des harten Felsen von Hogwarts, daran herunter fließend in so dichtem Vorhang, als befände sich das Verließ hinter einem Wasserfall, oder als wären sie 20.000 Meilen unter dem Meer.

Er liebte dieses kleine Zimmer dort unten. Oh, so sehr, es bedeutete seine eigene, kleine, heile Welt, in die nichts und niemand eindringen konnte, nicht einmal das Grauen aus seiner Erinnerung, dieser furchtbare Schatten auf seinem Herzen, dieser Mühlstein auf dem Geist. Die Decke genauso niedrig wie in jedem Raum hier unten, fühlte man sich geborgen, wenn man dort lag auf dem Himmelbett mit dem Baldachin aus grünem Samt, eine silberne Schlange darauf gestickt, drohend aufgerichtet wie eine Kobra, die ihr Gelege verteidigt. Immer hatte er das bewundert, mit den Händen auf der Brust nach oben gestarrt und gelächelt, so stolz, so glücklich, doch jetzt war alles anders.

Nicht das erste Mal, dass er so erwacht war, erschrocken, entsetzt, fast panisch, und er hatte nicht einmal gemerkt gehabt, dass er eingeschlafen war über seinem kreisenden Grübeln. Was nur tun? Wie nur? Zu tief drin, viel zu tief, seine Freunde hatten keine Ahnung. Sie schwärmten davon, wollten dabei sein, sahen ihn mit so viel Respekt und Ehrfurcht an, auch ohne den hochgeschobenen Ärmel, als könnten sie durch seine Schuluniform hindurch auf das nackte Fleisch des Unterarms schauen. Aber die verstanden nichts. Die begriffen nicht, waren zu jung, plapperten nur nach, was sie zuhause gehört hatten, romantische Vorstellungen vom Aufstand der Reinblüter, von der Rückeroberung ihrer Rechte, alles wieder so werden lassen wie früher, vor dem Mittelalter, als Zauberer noch Anführer der Welt gewesen waren.

Viel Gerede. Mehr nicht. Wer nicht gesehen hatte, wie das Leben in den Augen eines Menschen erlosch, wie unendlich langsam einzelne Blutstropfen sickern konnten, bis sie geronnen und stockten und den Mundwinkel verklebten, welch Schreckensanblick darin wohnte, das grüne Feuer eingebrannt in den Tod, der mochte seine Witze reißen und sich übergeben wie jede Seele, sobald ihn dieses Schicksal doch ereilte. Und so wie sie sprachen, so wie sie sich gebärdeten, würde es jedem von ihnen so gehen. Nur machten sie sich keine Vorstellung davon, dass es ihre eigenen Mütter und Brüder sein mochten, die auf dem nassen Kopfsteinpflaster lagen, während der kalte Novemberregen sich in den offenen Augen sammelte.

Es schauderte ihn erneut, wie er hier auf der Treppe stand in seinem Pyjama, barfüßig, geduckt in den Aufgang der Treppe, die gekürzten Locken hinter die Ohren zurückgestreift. Auch das war in seinen Träumen vorgekommen, diese Bilder, wie sie wieder hochkamen, nur der Zuschauer bisher, und doch verlangten sie es bald von ihm, das wusste er. Noch ein halbes Kind, ein Zögling, ein Lehrling, der sich abschauen durfte, wie man's macht, wie man 'um seine Rechte kämpft', und dabei doch so durchschaubar die pure Lust an Rache und Quälerei und Mord. Und die silberne Schlange auf dem dunkelgrünen Tuch hatte sich daraus gelöst, die gebleckten Fangzähne präsentiert, wie sie ihm fauchend entgegen gesprungen war, und wie ihr Gesicht sich verwandelte in das eines rotäugigen Mannes, der Bestie so ähnlich, da war Regulus Black aufgewacht.

Oft geschah das nun. Immer häufiger, je weiter fort die Zeit schritt, je mehr Tage verrannen an seinem letzten Schuljahr, entgegen eilend einer Freiheit, die er sich längst nicht mehr wünschte. Hier zu sein, in Hogwarts, bedeutete, ein Kind bleiben zu dürfen, ein unmündiger Jugendlicher, trotz seiner 17 Jahre, und hier war er behütet und beschützt von wachen Augen doch feindlich gesonnener Lehrer, die ihn niemals unbeobachtet ließen. Solange sie da waren, Dumbledore, die McGonagall, Flitwick, Sprout und Slughorn, hatte er das Gefühl, sie könnten ihn niemals vollständig zwingen. Man kümmerte sich um ihn. Es war ihm nicht möglich, immer und überall und zu jeder Zeit an irgendwelchen heimlichen Operationen teilzunehmen, Einschüchterungen, Überfälle, Anschläge. Selbst Planungen waren von hier drinnen heraus, von dieser Warte des Guten, ein zu hohes Risiko. Und gleichzeitig seine Zuflucht.

Die Anderen machten Witze deswegen, die etwas Älteren, Travers, Yaxley, vor allem Crabbe und Goyle, kamen sich toll vor und stark, weil sie dabei sein durften, spotteten über ihn, solange Lucius es nicht hörte oder Severus. Schon merkwürdig, fast zum Lachen. Es war genau wie damals, als sie ihn niedergemacht hatten wegen seines Bruders, dem ach so tollen Gryffindor mit dreifach Outstanding in Astronomie, der jedem von ihnen im Vorbeigehen die Hosen ausziehen konnte. Neid damals, Neid heute. Ihre einzige Möglichkeit, sich höher zu stellen als einen Black. Mit dabei sein solle er, hatten sie gesagt, dann würde er richtig dazu gehören. Aber am Ende alles beim Alten. Regulus, der Schwächling, Regulus, der Rockzipfelhänger, Regulus, der nicht mal eine Ratte töten konnte.

Ein Cocktail aus Emotion tief in ihm drin, eine widerwärtige Mischung aus Angst, aus Wut, aus Scham, aus demselben Rachedurst, den er in den Augen des blonden Russen erkennen konnte, wenn er auszog, und vor dem er sich sonst so fürchtete. Er verdiente das nicht, er war etwas Besseres als Typen wie Druthmar und Victor, das war sein Geburtsrecht. Und selbst wenn nicht, sie durften ihn so nicht behandeln. Er wollte sich das nicht gefallen lassen, er wollte sich beweisen, war genauso ein vollwertiger Zauberer, ein genauso gleichrangiger Mann wie sie. Die Faust ballend, stützte Regulus sich gegen die Wand und nahm einen tiefen Atemzug. Aber das war eben das Problem, sein Zwiespalt, seine große Sorge. Denn wollte er das klarstellen, wollte er sie ein für allemal in ihre Schranken verweisen und sich über sie erheben, wie es dem Sohn von Orion Arcturus Black zustand, dann musste er tun, was der Dunkle Lord von ihm verlangte. Und das würde eine Aufgabe sein, die mit Sicherheit nichts mit Gemüseeinkauf in Covent Garden zu tun hatte.

Die Luft war rein. Regulus schüttelte diese wirren Gedanken ab, versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was ihm aufgetragen war, und nun war die Möglichkeit da, sich darum zu kümmern. Es war nicht viel, nichts Großartiges, und es gehörte definitiv nicht in die Kategorie jener Angelegenheiten, mit denen er die ehemaligen Slytherins beeindrucken könnte. Ein Botengang vielmehr, sonst nichts. Einfaches Verfügungsrecht abtreten, für einen Moment. Und überhaupt. Er durfte es niemandem sagen. Keiner sollte es wissen, also wie damit Eindruck schinden? Obwohl genau diese Tatsache, dass Volde... – dass der Dunkle Lord ihm so sehr vertraute, ihm und nur ihm und sonst keinem anderen Todesser, diese Kleinigkeit zu überlassen und auf seine Verschwiegenheit zu bauen, sie alle vor Eifersucht genauso grün hätte werden lassen wie die Farbe ihres Hauses.

Nein, er konnte es ihnen nicht sagen, nicht mal verschlüsselt fallen lassen. Mal abgesehen davon, dass Crabbe, Goyle, Carrow und Konsorten viel zu dämlich waren, um Subtilitäten zu begreifen: Der Dunkle hätte es gemerkt. Er merkte immer alles. Er wusste genau, wann man ihn belog, betrog, nicht ehrlich zu ihm war. Angst durfte man haben, das setzte er offenbar sogar voraus, und das weckte nicht unbedingt sein Misstrauen, wenn man unter seinen so kalten, so durchdringenden, gleichzeitig so heiß brennend leeren Blicken erbebte und ihm nicht in die durchscheinend schimmernden Augen zu schauen in der Lage war. Vielleicht war das sein Glück, dachte Regulus, wie er sich die letzten Stufen hinauf drückte und in der Hocke blieb, in der Nische verbleibend, vielleicht deutete der Meister die Zweifel des Jungen als unterwürfige Ehrerbietung. Beten konnte Regulus Black nur, dass es dabei blieb.

Legilimentik. Natürlich hatte er davon gehört, selbstverständlich kannte er das Geheimnis, wie der Dunkle an seine Informationen herankam, sprach er Auge in Auge mit seinen Hörigen, mit Opfern, und auch das Mittel dagegen kannte der Schüler. Aber wie das ging, wie man das machte, erst recht, ohne dass der Angreifer es bemerkte, davon hatte er keine Ahnung. Oh ja, es gab hervorragende Techniker auf diesem Gebiet. Dumbledore, das war allgemein bekannt, und er selbst kannte einen Okklumentiker, mit dem sich kaum jemand messen konnte: Sein eigener Vater. Orion ließ sich nicht gern in die Karten schauen. Schon gar nicht ungefragt. Und in einer solchen Sippe, wo schwarze Magie und Gesetzesübertretung an der Tagesordnung und ethische Belange nicht unbedingt bindend waren, brauchte man das auch. Wieso hatte er dann niemals seine Söhne darin unterrichtet? Regulus wusste es nicht, und dennoch wünschte er sich aus tiefstem Herzen, sein Vater hätte es getan. Er könnte das gut gebrauchen. Musste es dann nicht das Material dazu geben, zuhause in Bloomsbury? Er würde das im Hinterkopf behalten.

Aber nicht jetzt. Jetzt und hier, heute Nacht, brauchte er etwas ganz Anderes, doch auch das kam aus Bloomsbury, und er trat endgültig aus der Dunkelheit heraus, die zu den Schlafsälen führte und huschte in den langgestreckten Gemeinschaftsraum von Slytherin hinein. Auch den liebte er. Gemütlich, wenn auch für Außenstehende ein wenig schaurig, aber die hatten hier ja sowieso nichts zu suchen, und nicht einmal die Lehrer kamen hier hinein. Slughorn allein hatte das Recht dazu. Fensterlos und tief unter der Erde, in nächster Nähe nur die Privatgemächer des Hauslehrers und sein Klassenraum für Zaubertränke, war stets Beleuchtung vonnöten. Das besorgten grünlich funzlige Lampen mit quallenförmigen Schirmen, die an langen, öligen Ketten von der Decke herab hingen, und dazu knisterte ein fahles Feuer in einem breiten, offenen Kamin.

Oft hatte er sich gefragt, wie das wohl in den anderen Häusern war. Ob die Farben vorherrschten, die sie in ihren Schals und an den Bündchen ihrer Kragen, in den Krawatten trugen? Bestimmt. So wie hier, die Sessel und Canapés, die Ottomanen und Liegesofas bespannt mit grünem Brokat oder eingefärbtem Leder, besetzt mit silbernen Nieten, das Holz dunkel, dass es beinahe schwarz wurde. Wie die Mooreiche, aus der Vaters Zauberstab gemacht war. Die Teppiche bedeckten einen steinernen Boden ohne Parkett nur hier und da, und doch genügend, um Wärme in den Raum zu bringen, und die Schilde und gekreuzten Schwerter, die Hellebarden und Morgensterne an den Wänden zeugten nur von Salazar Slytherins Vergangenheit als Soldat. Als er noch mit seinem besten Freund Seite an Seite gestanden hatte. Dem, dessen Schüler nun im obersten Turm lebten.

Und dennoch war heute alles anders. Es war lächerlich und verrückt, wieso er sich solchen Kummer darum machte. Nur eine Winzigkeit, nichts Besonderes, er müsste doch nicht einmal selbst handeln. Und eigentlich hatte er nicht einmal die blasseste Ahnung, um welchen Gefallen es sich genau handelte, den der Dunkle Lord von ihm erbat (wollte man das so nennen). Möglicherweise war es aber genau das. Weil er eben nicht wusste, was auf ihn zukam, nicht auf ihn selbst, auf den armen Kerl, den er nun rufen wollte, und Regulus huschte in gebückter Haltung zwischen der leise knisternden Glut im Kamin und der am nächsten daran stehenden Sitzgruppe hindurch. Weit weg vom Treppenaufgang, ehe er sich halb in eine Ecke hockte und leise flüsternd nach ihm rief: „Kreacher!“

Weit getragen werden musste dieser Appell, das war ihm klar, all die vielen magischen Meilen zwischen ihm und seinem Vaterhaus in Camden, und Regulus begann wieder, Zeit abzuzählen, Herzschläge dieses Mal, wo kein Wecker neben seinem Ohr tickte. Zu lange dauerte es ihm. Die Ungeduld nagend an seinem Inneren, und sich, herumrutschend, rückwärts sinken lassend, kaute Regulus sich auf der Lippe herum und hätte sich beinahe hingesetzt. „Kreacher!“ wiederholte er, einen winzigen Schuss lauter, und so heiser, dass er rot anlief davon. Er klang wie Lupin. Und das erschreckte beinahe so sehr wie die zum Leben erweckte Schlange über seinem Bett.

Daran wollte er nicht erinnert werden. Die Augen schließend, schüttelte sich der Junge, dass ihm die Locken nur so flogen, und er öffnete den Mund und setzte dazu an, ihn wirklich zu rufen, deutlicher, auch auf die Gefahr hin, jemanden aufzuschrecken. Es war nicht nötig. In dem Moment, in dem er Atem holte, knallte die Luft, als habe jemand eine Pferdegerte angeschlagen, und augenblicklich schossen die Lider des Schülers nach oben. Und da stand er, der alt gewordene Hauself in seinem siffigen Trockentuch, die Fingerchen darin verhakt und ganz verwirrt. Offenbar hatte er bereits geschlafen. Sicherlich. Es war entsetzlich spät, und erneut heftigst errötend, fiel Regulus ein, wie schrecklich gedankenlos es war, den kleinen Kerl mitten in der Nacht zu rufen. Am liebsten hätte er sich sofort entschuldigt.

Vollkommen durcheinander, die schwarzen Kulleraugen wässrig und leise wimmernd, schien Kreacher nicht recht sicher zu sein, wo er sich befand, noch nie hier unten in den Verließen gewesen, und sein Sklaventum hatte ihn ohne sein Zutun hierher befördert auf den Ruf seines Herrn hin. Um halb vier Uhr morgens hatte er nicht wirklich andere Verpflichtungen, die dieser hier höher gestellt waren, und so hatte er kaum eine Wahl gehabt. Dass er auf seinen Füßen stand und nicht zusammengerollt an seinem stummeligen Daumen lutschend unsanft auf den Boden geworfen worden war, das war immerhin ein enormer Glücksfall. Die spitzen Ohren hängen lassend, drehte er sich hierhin und dorthin, dem jungen Mann noch den Rücken zugedreht, und staunend, aber angsterfüllt, schaute er sich um.

„Kreacher, du bist da!“ wisperte jemand hinter ihm, und der Elf fuhr herum und wäre beinahe kreischend rückwärts gesprungen, so sehr erschrak er. Einmal, weil er überhaupt angesprochen war, und dann bei der Erkenntnis, wer ihn hierher gerufen hatte und wie derjenige ausschaute. Es war Freude in seiner Stimme, Erleichterung, er konnte das schon hören und wahrnehmen, und dennoch war etwas falsch daran und darin, und Kreacher presste die Kiefer aufeinander und hoffte, man sähe ihm seine Bestürzung nicht allzu sehr an. Oh nein, er teilte dieses anklingende Gefühl, war froh, seinen jungen Herrn zu sehen, mochte das nicht, wenn er die vielen Monate hier oben in dem Schloss mit diesen vielen grässlichen Kindern und all den Schlammblütern und Blutsverrätern eingesperrt war. Aber Meister Regulus war so schrecklich blass.

Da hockte er, halb zurück gesunken, die Knie angewinkelt bis unter das Knie, nur gehüllt in einen zu dünnen Pyjama aus hellem Stoff, und auf den großen Zehen seiner Füße kräuselten sich schwach kleine Härchen. Feiner Bartflaum glänzte durch die Haut, nicht genug Sonne gesehen in jenem Sommer, wo sie ihn nur in dem Wintergarten berührt hatte, in den er verboten geschlichen war. Als wäre sämtliches Blut aus seinem Gesicht gesickert, so blank waren die Augäpfel, die Iris braun, so tiefbraun wie gebeiztes Holz, und ein gehetzter Blick darin, der von zuwenig Schlaf und zu vielen Sorgen sprach. Ein so junger, so lieber, so grundguter Herr sollte nicht so aussehen müssen. Der Hauself quietschte und zwang sich dazu, seine Erschütterung für sich zu behalten.

„Meister Regulus!“ jammerte er und schlug die Händchen vor dem Gesicht zusammen. „Solltet Ihr nicht im Bett sein, Meister?“ Und am liebsten hätte er sich auf die Zunge gebissen, bis es blutete, man konnte es ihm ansehen. Sich das anzumaßen, so etwas zu sagen, so etwas überhaupt nur zu denken! Er mochte nicht lange erwachsen sein, vielleicht nie in Kreachers runden Augen, aber dennoch war er sein Meister, ein Spross aus dem edlen Hause Black, und dem hatte er sich bedingungslos unterzuordnen. Gern bei diesem hier. Und gerade deshalb wagte er es, griff trotzdem nach dem nächstbesten Gegenstand (in diesem Falle einem potthässlichen Briefbeschwerer) und machte Anstalten, sich damit bestrafen zu wollen, doch Regulus ließ ihn nicht. Sich hastig aufsetzend, nahm er ihm die Marmorkugel weg und packte mit der zweiten Hand den dürren Unterarm, bestimmt, aber nicht grob. Das reichte aus. Der Befehl zog genauso wie der Ruf, der den Elfen hierher gebracht hatte.

Langsam, ihn beschwichtigend mit einer Geste, legte der Schüler den Beschwerer wieder zurück auf den niedrigen Tisch zwischen dem Sessel und der Couch, wie er sich nach vorn auf die eigenen Knie sinken ließ und sich auf seine Unterschenkel setzte. Wie ein Samurai in Meditation. Und er schwieg. Beordert hatte er ihn nun, seinen treuen Diener, und es war doch so einfach. Den Auftrag übermitteln, es einfach befehlen, und das würde genügen. Er wusste, Kreacher hatte kein Mitspracherecht, er würde tun, was immer man ihm auftrug, was immer er ihm auftrug, und gerade deshalb – das bohrte sich wie eine Epiphanie in ihn hinein – wollte er es nicht tun. Es war nicht fair. Es war nicht richtig. Weil er nicht wusste, was auf den Elf zukam. Wie etwas auftragen, das er nicht absehen konnte?

Kein hübsches Geschöpf, oh nein. Die Schlappohren, spitz zulaufend und so leidend und unterwürfig herunter hängend, dass sie beinahe den Boden berührten, wurden geteilt auf einem flachen Schädel mit fliehender Stirn von einem kaum der Rede werten, weißlich-grauen Schopf aus ausgehenden Haaren. Viel zu groß die glänzenden Murmeln seiner Augen, die Pupillen darin von fast der gleichen Farbe und nur zu erkennen, wenn man direkt neben ihm stand und das Licht darauf fiel, und die Nase war lang und wie eine Schnauze gebogen. Ein dünner Hals trug diesen riesigen Kopf, ein Wunder der Physik, dass er ihn mit solcher Muskulatur überhaupt halten konnte, und die schmalen Schultern steckten in nichts weiter als einem speckigen, ehemals gemusterten Geschirrtuch. Bemitleidenswert allerhöchstens, wie abgemagert die Ärmchen, die Beinchen, die schlotternd darunter hervorschauten, knorrige Knie und schließlich breite, platte Patschfüße ohne Schuhe oder nur Sandalen. Bei Merlin, er liebte dieses erbärmliche Ding.

Immer alarmierter sah Kreacher nun aus, und das ersterbende Feuer im Kamin spiegelte sich plastisch gebogen wie in Fluchtpunktmalerei auf den schimmernden Hornhäuten, auf denen sich Wasser aus Tränen sammelte. Meister Regulus machte ihm Angst, er hatte keine Ahnung, wie sehr. Da waren steile Denkfalten auf der Stirn des so jungen Mannes, die gleichen, die er viel zu oft nun, so viele Jahre, über den Brauen des Herrn Orion gesehen hatte, ach, länger nun schon als dieser Bub auf der Welt war, länger, als Meister Sirius lebte. Die gehörten da nicht hin. Fröhlich sollte er sein, zufrieden und ungezwungen, so wie noch im Sommer, so wie früher, als alles noch so gewesen war, wie es sein sollte, bevor der grässliche Junge seinen Eltern das Herz gebrochen und davon gelaufen war. Nie wieder würde es so sein, nie mehr. Und auch nie mehr so wie damals, als es nur einen jungen Mr. Black am Grimmauld Place gegeben hatte, ehe er so furchtbar still und kalt geworden war.

Die winzigen Fingerchen nach ihm ausstreckend, berührte Kreacher zärtlich, so sanft wie er konnte, das Knie seines jungen Meisters, bewegte die Knöchelchen, als wolle er ihn kraulen, und konnte es nicht recht. Es weckte Regulus aus seiner Grübelei, und ruckartig zog er den Kopf zurück, dass der Elf sich erschreckte und das Ärmchen wieder an seiner schmächtigen Brust versteckte. „Hör' mal, Kreacher,“ begann der Schüler vorsichtig, schüttelte den Kopf und hielt erneut inne. „Ich möchte dich um etwas bitten.“ Noch nicht ganz ausgesprochen diese so zögerliche Einleitung, da duckte das Männchen sich schon halb in sich selbst, keine Schläge erwartend, sondern den Mund so breit verziehend zu seinem typischen Lächeln, und die Ohren schlackerten mit, wie er heftig nickte. „Alles, Sir, alles!“ bestätigte er einmal mehr seinen absoluten Gehorsam.

Es versetzte einen Stich, und dennoch flüsterte das Unterbewusstsein. Keine Wahl, auch er nicht. Wie könnte er ablehnen, was sein eigener Herr ihm aufgetragen hatte? Das Mal an seinem Arm brannte plötzlich wie Feuer, und Schweiß schoss ihm aus den Poren und bedeckte Nacken und Schläfen. Als könne er spüren, wie die Gedanken von Lord Voldemort sich auf ihn richteten von Ferne. Eiseskälte. Aber vielleicht war es doch gar nicht so schlimm. Eine wirkliche Kleinigkeit vielleicht nur, so wie er es gesagt hatte, als er ihm den Auftrag gegeben hatte. „Etwas für mich erledigen soll er,“ zischte die so hohle, weiche Stimme, nicht einmal richtig angeschaut hatte er ihn dabei, den Jungen. Natürlich, Elfen hatten andere Magie, sie konnten Zauber umgehen und eigene weben, wo es Hexern nicht möglich war. Wie heute Abend hier. Nach Hogwarts kommen. Was jedem Menschen verwehrt blieb.

Gegen jede Vernunft. Es sich einredend, sich schönredend, damit es leichter fiel, seufzte Regulus leise. „Weißt du,“ erklärte er, als gäbe er keinen Befehl an einen willigen Diener, sondern müsse Überzeugungsarbeit leisten, die längst überflüssig war, selbst wenn Kreacher nicht an sein Sklaventum gebunden gewesen wäre. Herumdrucksend wusste der junge Mr. Black selbst nicht so genau, warum er das tat, und wusste es dennoch sehr genau, ließ die Erkenntnis nicht an sich heran. Er hatte Angst um ihn, und tief in seiner Seele war es ihm klar: Diese Furcht war berechtigt.

„Es ist eine große Ehre für dich,“ sagte er, korrigierte sich einmal, „für mich“, korrigierte sich zwei mal, „für uns alle“, war nicht sicher, wen genau er in diese Gruppe mit einbezog. Der Elf nickte nur eifrig weiter, faltete die Hände vor dem Brustbein und wrung die eigenen Finger aus, an den Lippen seines Herrn klebend. Endlich brachte Regulus es heraus: „Der Dunkle Lord,“ selbst dabei musste man stocken, er hatte doch gar nicht Vol ... de ... mort (es schauerte ihn, das zu denken) gesagt, „hat mich gebeten, dich zu ihm zu schicken.“ Kreacher klappte der Unterkiefer herunter, und er entblößte eine Reihe spitzer, schiefer Zähnchen. Stumm geschlagen, und sein Herr wusste nicht, woran es lag. Schock? Panik? Oder doch der gleiche, leicht schwitzig zitternde Hauch von Stolz, den er selbst dabei verspürt hatte?

Der Hauself hüpfte in die Luft, klatschte leise in die Händchen und strahlte über beide nun steil aufgerichteten Ohren. Antwort genug. Und wenn Regulus ihn beordert hätte, in die Hölle selbst hinabzusteigen und ihm ein Stück vom Thron des Teufels zu holen, er hätte es mit der gleichen Freude getan. „Was ist es, Meister, was soll ich tun für den,“ Kreacher rollte mit den Augen und erbebte förmlich, bevor er das aussprechen konnte, „den Dunklen Lord?“ Wie ein Spiel, ein verbotenes, heimliches Spiel, so wispernd gab er den Namen von sich.

Regulus schüttelte vorsichtig den Kopf, lauschte hinaus in die knisternde Dunkelheit der nächtlichen Verließe, doch außer ihm und dem Elfen war es komplett still. „Ich weiß es nicht,“ gestand er ein, doch das tat der Begeisterung seines Dieners keinen Abklang. „Du sollst zu ihm kommen, hat er gesagt,“ und er erinnerte sich an den genauen Wortlaut des Auftrags, egal wie schwer ihm das fiel, wie sehr sich sein junger Verstand dagegen sträubte, diese Stimme erneut so klar und deutlich zu hören. Sogar Lucius Malfoy knickte ein, wenn Lord Voldemort seine Order ausgab. „Dann wird er dir alles erklären. Zu gegebener Zeit braucht er dich.“ Wann das sein sollte, auch das hatte er ihm verschwiegen. Je weniger Regulus wusste, desto besser für den Dunklen. Und wahrscheinlich auch für ihn selbst.

So einverstanden mit allem, so bedauernswert hörig, nickte Kreacher nur weiter und knabberte sich auf den Fingern herum vor Ungeduld, seinem Herrn zu Diensten sein zu können. Der Junge konnte es sich nicht richtig erklären, wieso dieses schneidend gärende Gefühl mit einem Mal in ihm hochstieg, dieser Ekel, dieser Hass, und er schämte sich dafür, dass ein Teil davon gegen das arme Geschöpf gerichtet war. Er unterdrückte es, schluckte es herunter, spürte einen dicken Klumpen aus Kälte daraus werden, und in seinem Geist flammten für den Bruchteil von Sekunden zwei Gesichter auf. Die Traurigkeit erstickte ihn fast. Vater. Und Bruder.

Taubheit kehrte ein in seinem Inneren, deckte ihm das Herz zu wie eine dichte Decke aus Schnee die schlafenden Blumen im Winter, und er begriff, warum sie das taten, wieso all die Jahre lang, und er schwor sich, es zu zulassen, sobald er wieder lebendig sein konnte: Mehr Respekt für sie beide, mehr Verständnis, mehr Liebe. Wenn auch viel zu spät. Beide Arme ausstreckend, griff er die schmalen Schultern seines Elfen und hielt ihn fest, schaute ihm tief in die Augen. „Hör' mir gut zu, Kreacher,“ bat er ihn, eindringlich, doch ohne Schärfe, und wie konnte es anders sein, der Diener stand stockstill und lauschte.

„Erzähl' niemandem davon, verstehst du mich?“ Er stellte keine Fragen, wollte nicht wissen, wieso er es für sich behalten und nicht einmal seiner Herrin oder Meister Orion sagen durfte, tat einfach, was der Beste, der Großartigste, von ihm verlangte. „Tu' alles, was der Dunkle Lord dir befiehlt, so als wäre es ich, willst du das tun?“ Ein heiliges Versprechen, Kreacher nickte nur umso heftiger, und er sah aus, als wolle er sich die Fingerchen zum Schwur auf die Brust drücken. Oh, er hoffte nur, der Elf würde sich daran halten, er musste einfach, es würde kein 'nein' geben. Ihn bestrafen, die zerbrechliche Gestalt, das würde der Meister, gnadenlos, schonungslos, ohne einen Gedanken zu verschwenden an das Leben, das auch in einem so versklavten Wesen steckte. Und ja, er leugnete es nicht, jedenfalls sich selbst gegenüber, dass auch er die Rache fürchtete, sollte Kreacher versagen.

Minutenlang blieben ihre Blicke aneinander hängen, der des jungen Zauberers, besorgt, traurig, aber so froh, den kleinen Kerl zu sehen, der des Hauselfen, stolz, beseelt, längst hinwegsehend über die Unruhe in seinem geliebten Herrn. Dann erst lächelte Regulus, sacht nur, aber genauso liebevoll wie noch im Sommer, und er klopfte Kreacher auf den Oberarm, der kaum kräftiger war als die Elle darunter. „Geh jetzt nach Hause in die Küche und schlaf,“ entließ er ihn, und der Diener verbeugte sich weit hinunter bis zum Boden, berührte mit Schnauze und Ohrenspitzen den Kelim vor dem Kamin. „Gute Nacht, Meister Regulus!“ wünschte er mit immer noch glasigen Augen, groß wie Christbaumkugeln. „Träumt von Blumenwiesen und Wind in den Zweigen und lauter Schmetterlingen im Flug!“ Und damit disapparierte er und war fort.

Und diese so vertrauten Worte, mit denen ein etwas weniger greiser Elf vor vielen Jahren zwei kleine Jungen mit springenden schwarzen Locken zu Bett gebracht hatte, hallten in Regulus Blacks Gedanken nach, noch lange, nachdem er unter seine Decke geschlüpft war, Erinnerung an unbeschwertere Zeiten. Für immer verloren.


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