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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Zwischen den Stühlen

von Teekon

Golden war nicht das richtige Wort. Viel reicher, diese Farbenpracht, ein sattes Rot-orange wie züngelnde Flammen, angenehm warm und lebendig rauschend, wie sich die Blätter in einem frischen Wind schütteln ließen, und lustig knisterten die Zweige gegeneinander, als wollten sie applaudieren dazu. Maßholder und Felsenbirnen glühten um die Wette, reifende Früchte an den Apfelbäumen bekamen rote Streifen in all dem saftigen Grün, und Astern nickten mit den blühenden Köpfen. Da standen noch Sonnenblumen Spalier hinter dem Haus, der Sonne zugewandt, die sich nun Stück für Stück über die Rundung der Welt schob, und ihre Strahlen brachen wie wärmende Fingerchen durch dünnste Nebelschleier, um sich die Senke hinauf zu arbeiten.

Rauchschwalben sammelten sich hoch oben über den dampfenden Wiesen, wie der Tau dort verdunstete, ihr hohes, zwitschernd schnarrendes Wid Wid singend, und in eleganten Schleifen stoben sie umher, rasch in den Sturzflug fallend und sich sogleich wieder steil nach oben aufrichtend. Dicht bei einander, nur noch hin und wieder äsend im voranschreitenden Morgen, schlüpften ein paar Rehe gemeinsam über den unbefestigten Weg und verschwanden in den Hecken und Sträuchern unterhalb der aufragenden Felsen, um sich von dort in die Wälder zurückzuziehen, ehe das Dorf erwachen würde.

Still und friedlich lagen sie da, die Häuschen aus Naturstein oder englischem Fachwerk mit ihren spitzen Giebeln und Gauben, die Fensterläden noch geschlossen und die Vorhänge zugezogen, eingebettet in ihre hübschen, wohl gepflegten Gärten. Getrimmter Rasen hier und da, Beete voller Anemonen und leuchtender Tagetes, und der Schlangenwurz rankte neben wildem Wein an den Mauern empor, seine winzigen, roséfarbenen Blüten in die Brise haltend. Nur aus wenigen Schornsteinen stieg schon feiner Rauch auf, sich rasch kräuselnd und in weißen Schlieren verwehend.

Kühl war der Morgen, doch der Tag verhieß, noch einmal brüllend heiß zu werden, ein wundervolles Stück Spätsommer, übergehend in den so sehnsuchtsvollen frühen Herbst. Wandern wollte man dann, die Sachen packen, die Schuhe schnüren und einfach los, sich plätschernde Bäche über die Pulse laufen lassen, die Sonne im Nacken spüren und das Fernweh stillen, das diese Witterung mit sich brachte. Kein schlechter Gedanke für einen Sonntag, erst recht nicht nach Feierlichkeit und langem, wohlverdientem Schlaf, egal, ob einen das Licht im wohligen Federbette fand oder in einer dicken Schicht aus duftendem Heu.

Gähnend reckte Peter Pettigrew sich, ohne die Augen aufzumachen, halb noch gefangen in Träumen, einem Gemisch aus Erinnerung der vergangenen Nacht und hinzugereimtem Glück seiner Fantasie. Schon dieser tiefe Atemzug ließ ihn entsinnen, wo er sich befand, und so ausgeruht und gleichzeitig schlaftrunken fühlte er sich, wie es nur an diesem Ort möglich war. Eine Decke brauchte man hier nicht, um warm zu bleiben im Schlaf, das geschnittene Gras, durchsetzt mit Kornblumen und Mohn, speicherte selbst die eigene Körperwärme wunderbar und ausreichend. Die kleinen Fäuste ballend, die Arme weit von sich gestreckt, einen gen der Balken über ihm, einen rechts von sich, bis sich der Ärmel im Heu verfing, machte der junge Mann ein schmatzendes Geräusch und zog die Hände wieder auf den Bauch zurück.

Kugelrund gefressen. Wie ein Medizinball musste er aussehen, wenn er sich das so betastete, und schon musste Peter kichern. Das Dinner war aber auch fabelhaft gewesen. Und der Kuchen erst. Oder die Würstchen und die Käseplatte zu frisch aufgebackenem Brot am Abend. Sein Magen rumorte schon wieder, als könne er gleich weiter futtern, und vermutlich stimmte das auch. Hey, wo war das Problem? Es gab doch bestimmt bald Brunch! Es sei denn, er wäre viel zu früh (oder zu spät) aufgewacht, dann müsste er warten, und darauf hatte er eigentlich so gar keine Lust. Viel zu behaglich und faul, konnte Pettigrew sich nicht einmal recht herumrollen, um die Aufstehphase einzuleiten.

Vögel sangen ihre Lieder da draußen, er konnte sie hören durch die offene Luke, während die Mäuse über das Gebälk trappelten. Schön war das, dieser würzige Luftzug, verfärbte Blätter und vergehende Feuchtigkeit, schon schwanger von aufgeheizten Sonnenstrahlen, und einmal mehr konnte Peter nicht begreifen, wieso bei Merlins Unterhosen man sich in einem Schlafzimmer verbarrikadierte, wenn man so etwas zum Aufwachen haben konnte. Naja, gut, OK, im Winter, der Schnee aufgetürmt und die Eiszapfen von den Simsen hängend, da war das selbstverständlich was Anderes. Aber sobald doch die ersten Blümchen sprossen, bis zu nebelverhangenen Spinnennetzen in den Hainbuchen, könnte man genießen.

Die offene Fliege rechts und links von seinem Hals hing ihm über die Brust, Hosenträger zum Zerreißen gespannt, und das Jackett – er war mit Sicherheit einer der Wenigen gewesen, die noch ihres getragen hatten – war an den Seiten seines pummeligen Körpers ausgebreitet wie Fledermausflügel. Also, auf dem Bauch liegen, das wäre jetzt absolut unmöglich. Auf der Seite, das dürfte gehen, und wie er sich mehr und mehr aus dem Land seiner Träume zurückzog, drang auch dieses so wohl vertraute, leicht fiepende Atemgeräusch an seine Ohren. Dazu das gleichmäßige Rascheln, immer wenn Remus seine Lungen ausdehnte und wieder zusammen schnurren ließ, und schon musste Pete lächeln. Die Jungs. Hatten also auch hier geschlafen.

Träge, nur mit größter Mühe und deshalb ächzend, gab der dicke Kerl sich ein wenig Schwung, um sich auf die linke Seite zu stemmen. Der Rückenteil seines Sakkos bekam davon echte Probleme, die Nähte quietschten, aber er kriegte das gar nicht recht mit. Erneut schmatzend und lautstark gähnend, faltete Pettigrew die Hände unter der Wange und schlug endlich die Augen auf, sofort konfrontiert mit einem Anblick, den er sonst nur aus dem Gemeinschaftsbad gewohnt war, und er musste fürchterlich gibbeln und sich eine Hand vor den Mund halten. Das war Blacks breites Kreuz, sommersonnengebräunt bis zu einem Streifen über dem Bund, deutlich sichtbar, so tief wie ihm die Hosen in den schmalen Hüften hingen.

Aberwitzig, wie die Füße noch voll in den schwarzen, auf Hochglanz polierten Schuhen steckten, aber das Hemd zusammengeknüllt so eine Art Kopfkissen für ihn bildete. Die schwarzen Locken, ausbleichend zu dunklem Braun so kurz nach der heißen Jahreszeit, fielen ihm verwuschelt über die zuunterst liegende Schulter, Hals und Ohr jedoch frei, als habe er sie sich aus dem Gesicht gewischt, und eigentlich nahm er viel zu viel von dem einfallenden Licht weg. Also, so warm war es nun auch wieder nicht, dass man so spärlich bekleidet schlafen musste. Sich auf die Linke stemmend, drückte Peter sich hoch und überlegte schon, mit welchem bescheuerten Spruch er ihn aufwecken und den irgendwo dahinter leise zirpenden Remus zum Lachen bringen konnte.

Gar nicht so weit entfernt entdeckte er den Dritten im Bunde, und wäre er nicht sowieso schon leicht verwirrt gewesen, so war es Pettigrew nun erst recht. Stirn an Stirn. Das war das Erste, was er erkennen konnte. Die beiden Freunde waren dicht aufgerückt, dass keine Katze hätte dazwischen liegen können. Aus seiner Position heraus, so nah am Boden und nicht gerade groß, war er sich nicht sicher, und mit von Herzschlag zu Herzschlag fester ineinander geschobenen Brauen versuchte er, sich mehr Überblick zu verschaffen. Welch seltsames Bild. Und welch merkwürdiges Gefühl.

Das war kein Heuballen und kein Kartoffelsack da zwischen Sirius' Oberschenkeln. Es war die dunkel champagnerfarbene Hose von Remus, sein Knie so weit vorgeschoben, dass er die Wirbelsäule krümmen musste und damit ein paar Zoll breit Platz zwischen den zwei Männern schuf. Gerade Raum genug für ineinander verwobene Hände, die jeweils Linke. Wo Lupins Rechte abgeblieben war, das konnte Peter nicht ausmachen, verborgen hinter Blacks Kreuz und unter seiner vorgebeugten Schulter, die eigene zweite Hand so in Remus' tiefer Taille verhakt, dass kaum ersichtlich war, wie jeder einzelne Knopf des weißen Hemdes offen stand und die Stoffleisten auseinander fielen.

Niemand musste ihm das erklären. Umnebelt vielleicht noch von den ebenfalls nicht gerade geringen Mengen alkoholischer Getränke, die er zu sich genommen hatte in jener Nacht, aber nicht so blöd war Peter. Kein bisschen überrascht. Viel mehr irritiert von sich selbst, von der Tatsache, dass er keinen Gedanken dazu fasste, nicht darüber nachdachte, es eher intuitiv emotional hinnahm als irgendwie anders. Die Stimmen irgendwo da draußen, weit genug weg und außerhalb des Gartens, um übertönt zu werden vom böigen Wind, so dass man kein gesagtes Wort verstehen konnte, nahm er dennoch nicht richtig wahr.

Seine Stimmung indifferent, eigenartig vertraut und gleichzeitig gänzlich neu, drückte Pettigrew seinen schweren Körper noch etwas höher, um sich rückwärts auf den Hintern fallen zu lassen. Im Sitzen, wie früher immer morgens auf dem Bett, noch müde, keine Lust auf Zaubertränke oder Verwandlung, rieb er sich die wässrig blauen Augen. Wie November. Verdrossen, wie ohne besonderen Grund und dennoch real und tief und ganz klar, trüb zugleich, so fühlte er sich mit einem Mal, und dabei sagte sein Verstand noch gar nicht laut genug hörbar für sein Bewusstsein, wieso das so war. Eine Scherbe mehr außen vor, ein wenig weiter weg und das Empfinden, nie mehr aufholen zu können, so weit fort gelaufen endgültig jeder Einzelne von ihnen.

Gleichgültigkeit. Richtigen Appetit hatte er nicht mehr, wie er die Beine in den Schneidersitz zog und sich endlich aufstemmte, nichts einsammeln musste, bevor er gehen konnte. Sie schliefen beide, fest und ruhig, und keiner rührte sich, als er über knarzende Dielen, nur halb geduckt dank seiner geringen Größe, die wenigen Schritte zur Leiter hinüber schlich. Unangenehm, sich im Halbdunkeln der Scheune rückwärts nach unten tasten zu müssen, Sprosse für Sprosse, und er konnte gar nicht anders, musste einen letzten Blick in Richtung der Luke werfen, ehe sein Kopf im unteren Geschoss verschwand. Zwei sich näher angesichts geteilten Verlusts. Und einer, derselbe, immer derselbe, nur noch ein bisschen mehr allein. Peter knirschte mit den Zähnen, nicht richtig traurig, aber niedergeschlagen, senkte die Augen und trat auf die lehmige Tenne.

Er mochte den leicht muffigen, öligen Geruch der Maschinen hier unten, die so behütende, von allen Seiten umgebende Düsternis ohne jeglichen Schrecken, und er hätte stundenlang hier verweilen und mit angestrengtem Blick betrachten können, was alles hier von den Balken hing und an Gestellen aufbewahrt lag und lagerte. Düngemittel und abgepacktes Futter, Erntegerät und hölzerne Eimer, und Eggen und Sägen und Rechen. Keine Ahnung mochte Peter von alldem Zeug haben, aber das hatte er ja sowieso selten, befand er einmal mehr für sich, die Gedanken nur für Bruchteile von Sekunden nach oben schweifend, ehe er leise prustete. Auch davon nicht. Wie auch immer. Beide Hände in die Taschen seiner Anzughose stopfend, ballte er die Fingerchen da drin zusammen und stapfte den engen Gang zwischen Traktoren und Brettern hinunter zum Scheunentor.

Im Schatten des Cottages war es recht kühl, die Sonne dahinter verborgen und dennoch schon gleißendes Licht zwischen den Felszacken hindurch werfend. Geflutet in Gold, lag die Straße da, bog sich um die Hecke mit dem schmiedeeisernen Tor der Potters herum und knickte in ihre erste, ausladende Schleife zum Dorf hinunter. Zaunkönige hüpften tschilppend durch das Geäst, aber das bemerkte Peter genau so wenig wie das zerzausende Lüftchen, das ihm die fussligen Haare verwirbelte. Die Schultern eingeknickt, spürte er nun auch ein wenig den Brummschädel, wie sich dumpfes Pochen hinter seinen Schläfen ausbreitete, und seufzend, den Blick nicht einmal zu dem herrlich azurblauen Himmel voller blendend weißer Schäfchenwolken hebend, bog er mit schlendernden Füßen ab, den Hang hinunter, immer über die feuchte Wiese.

Wieso er diesen Weg einschlug, fragte er sich nicht einmal. Es war recht sinnlos. Ein Spaziergang durch die Gassen und Straßen von Godric's Hollow, wo viel zu viele Menschen bald auf den Beinen sein würden. Die Kirchenglocken im Tal dort unten läuteten längst in lockendem, klarem Klang, und nach und nach konnte man zuschauen, wie zuerst die Schornsteine erwachten. Gardinen wurden zurückgezogen, Haustüren aufgestoßen und Katzen hinaus gelassen, von denen die Hälfte eindeutigen Knieseleinschlag trug. Doch Peter lief gar nicht. Er öffnete nur das niemals quietschende Tor und trat hinaus aus Potters Garten, verharrte auf dem ungepflasterten Weg und hob den Kopf. Er sah es zwar, das Dorf, an die Hänge geschmiegt und langsam erwachend, die oberen Fenster nun von gleißender Sonne berührt und reflektierend, doch wahrnehmen tat er es nicht wirklich.

Zu viele Überlegungen auf einmal, mehr Abfolgen, als er es gewohnt war oder damit fertig werden konnte, keiner dieser Gedanken wirklich greifbar, so schnell waren sie vorbei, gingen sie in einander über, verschmolzen sie und taten neue Aspekte auf, und für einen Moment, abseits dieses einen Chaos aus Gefühl und dem Versuch, zu verstehen, fragte er sich, ob das für Andere, für Menschen wie Remus mit seinem ewig rotierenden Hirn, immer so war. Wie konnte man so zu irgendeiner Entscheidung finden? Er hatte keinen Schimmer. Und vielleicht war es das? Vielleicht war sich Moony eigentlich nie sicher, was er tat, tun musste, tun sollte? Weil es gar nicht möglich war, in einer komplett von mit zu viel Emotion vermischtem Intellekt angefüllten Welt ein simples, einfaches Leben zu führen.

Gar nichts war simpel oder einfach. Nichts. Das wusste er nur zu gut. Ja, sicher, OK, er war halt nicht so schlau wie die anderen Jungs, nicht so talentiert und nicht einmal so hübsch, aber er war kein lebensuntüchtiger Kerl. Auch er hatte sein Scherflein zu tragen, auch er kannte das, wenn Dinge nicht so liefen, wie sie sollten. Erst recht nicht, seit Pa von seinem Besen gefallen war. Mutters Angst. Mutters Übervorsicht. Mutters Sorgen. Um Geld. Um ihn. Um sie beide, um sich selbst. Davor, ihn auch noch zu verlieren. Und er konnte das nur schwer ertragen, nein, eigentlich gar nicht, wenn sie traurig oder unglücklich war. Niemals sollte sie das müssen, schon gar nicht wegen ihm. Also behielt Peter für sich, drückte der Schuh, drückten die Noten, drückte das nagend beißende Gefühl, niemals ein Mädchen zu finden, das bei einem so dummen, ungeschickten und hässlichen dicken Jungen bleiben wollte.

Wozu auch sie damit behelligen? Er hatte die Jungs. Die sahen es ihm an, lasen es ihm von den Augen ab, wenn es ihm nicht gut ging, das hatten sie doch immer getan. Er musste lächeln, wie er daran zurück dachte, damals vor dem Gründungsball, und wie er geheult hatte, weil er niemanden in Betracht zog, die sich mit ihm auf der Tanzfläche würde sehen lassen wollen. Der hervorragende Moment für Sirius Black, mal wieder seine Qualitäten als Charmeur auszuspielen, und ja, irgendwie hatte sich das auf den echten Peter Pettigrew, den, der auch ohne Vielsafttrank pummelig und zwergwüchsig war, ausgewirkt. Mit Mafalda jedenfalls hatte er immer sehr locker umgehen können. Wär' eh die Einzige, mit der er sich's noch vorstellen könnte, so zu sein wie James und Lily.

Und da kreisten die Gedanken wieder zurück. Denn es war eben nicht mehr so wie früher oben im Turmzimmer. Das hatte nichts mit ihr zu tun. Er wusste nichtmal so recht, woher das eigentlich gekommen war, was der Auslöser gewesen war, wann das angefangen hatte. Und dennoch: Sie sahen einander nicht mehr täglich, nächtlich. Und andere Dinge waren in ihrer aller Fokus gerückt. Nur nicht in seinen. Für Potter gab es nur noch seine neue Verantwortung; während es für Sirius Leere verhieß, die gefüllt werden wollte, und Remus ... So viele Schicksalsschläge in kürzester Zeit; er war nicht mehr er selbst. Zu versunken im Schmerz, zu anfällig und verletzbar. Und dann wieder wie Ma. Er wollte es ihm nicht noch schwerer machen, indem er ihm seine eigene Sorge auflud.

So in sich gekehrt hörte und sah Pettigrew nichts, bis die kleine Meute beinahe in ihn hinein gerannt und ihn einfach über den Haufen gebrezelt hätte. Von oben kamen sie, den Hang hinunter, lachend und schunkelnd und bei einander untergehakt, und sie rissen ihn mit stürmischer Begrüßung aus seinem Trübsinn. „Hey, hey, Petey!“ gröhlten Fab und Gid im Chor, und die Mädchen flöteten ein regelrechtes „juhu“-Konzert für den Kleinsten. Müde schaute er aus und verkatert, da war er nicht der Einzige, doch hatten die Freunde aus dem „Club der roten Hühner“ nicht nur bereits gebruncht, sondern waren auch schon eine ganze Weile auf den Beinen. Längst besser geworden waren ihre Beschwerden da.

„Oh, hi Leute!“ grüßte Pettigrew, lupfte eine Hand mit stummeligen Fingern aus der Hosentasche und winkte bescheuert, stand wie bestellt und nicht abgeholt unterhalb des Gartentores und grinste schwach und gequält. Ein bisschen Farbe schoss in seine Wangen dadurch, aber der Blick blieb glasig, und es war herrlich einfach auf einen ordentlichen Schnapskater zu schieben. Archie gluckste, und Fabian klopfte ihm so hart auf die Schulter und den Oberarm, dass Peter beinahe umgefallen wäre. Dafür war er gerade nicht standfest genug. „Na, Kopf wie Kuharsch?“ zog sein Zwilling einen anschaulichen Vergleich, und am liebsten hätte Pete sich dafür bekreuzigt, schnell genug reagieren zu können. Alle Zähne zeigend, fast noch mitleiderregender als gerade eben schon, nickte er heftig und wischte sich sein dünnes Haar aus der Stirn.

Kaum hielt die Gruppe an, so in einem Trott, der sie zu ihren Hotels und Gaststätten zurückbrachte, denn einige von ihnen hatten Wachdienst oder mussten zurück nach Hause, und das möglichst bald. So viele waren sie, ihre Schulfreunde, die zu der Hochzeit erschienen waren, Meadowes, Vance, die Longbottoms, als würde eine Herde an ihm vorbeiziehen. „Hallo, Peter!“ quietschte auch Mafalda Gainsworth im Vorbeigehen, und einmal mehr konnte er kaum fassen, wie schnell er schaltete und seine Tanzpartnerin am Ärmel erwischte. „He, Falda, wart' mal!“ antwortete er in beinahe dem gleichen Tonfall wie sie, und die junge Frau, die sich zur Schneiderin ausbilden ließ, blieb wie angewurzelt stehen und machte ein fragendes Geräusch.

Dieses Gedankenmonster im Hinterkopf, das war nicht fort, aber er konnte spüren, wie es sich von seinem Bewusstein abhob, zumindest für diesen kurzen Augenblick die Möglichkeit gab, freier und unbeschwerter zu sein. Noch immer ganz eingeknickt jedoch, konnte er die nach außen getragene Bedrücktheit nicht ganz verbergen. Herumdrucksend, die feinen Lippen unter einem noch schmaleren Bärtchen zusammen drückend, zuckte er die Achseln. „'S war echt toll, mal wieder mit dir zu tanzen,“ bedankte er sich bei dem Mädchen, und augenblicklich strahlte Miss Gainsworth wie die helle Sonne da oben am Himmel. Etwas sprang davon höher in seiner Brust, und ein wenig ermutigter, richtete Pettigrew sich auf, zumindest weit genug, um die ebenfalls nicht groß gewachsene junge Hexe ansehen zu können. „Ja, das fand ich auch!“ bestätigte Mafalda. Zum Kaputtfreuen.

Seine blauen Augen bekamen wieder Glanz, während die Begleitung der Schneiderin in gemächlichem Trott in die Knie ging, um den steiler werdenden Abhang der ersten Serpentinenkurve zu meistern. „Ja, ehrlich?“ konnte er sein Glück kaum fassen, und sie nickte nur eifrig. Die Chance nicht zu nutzen wäre verrückt gewesen. Sirius hätte ihm in den Arsch getreten, dass er kopfüber den Hügel hinunter gekullert wäre wie ein Harzer Roller im vollen Schuss, und James hätte ihn sein Leben lang damit aufgezogen. Und überhaupt, hallo? Es ging hier um ihn! Um etwas für ihn! Und zwar was absolut genial Tolles! „Ja, also, wenn du,“ zog er auch noch die zweite Hand aus der Tasche und spielte sich verlegen an den eigenen Fingern herum, „wenn du Lust hast,“ Pettigrew zuckte die Achseln, „dann könnten wir doch am Freitag ...“

Ihr rutschte alles aus dem Gesicht, und noch ehe sie etwas gesagt hatte, begriff er eine Niederlage, die keinen zweiten Versuch zuließ. Auch wenn das mindestens so bescheuert war, wie überhaupt nie zu fragen. „Oh,“ machte Mafalda und bekam ganz rote Bäckchen, selbst peinlich berührt, als wäre sie ihm irgendwie Rechenschaft schuldig. „Das,“ fing sie an und quiekste, „würd' ich wirklich sehr gern, Pete, es ist nur ...“ So verstohlen glitt ihr Blick hinter der Gruppe aus immer noch singenden und viel zu fröhlichen Freunden her, dass es eigentlich nicht mehr richtig wichtig war, wen davon sie nun meinte. „Ich bin am Freitag mit Archie verabredet.“

Prittchard. Prittchard? Ausgerechnet Prittchard, diese blöde Nuss! Der war kein Stückchen intelligenter als Pettigrew, und wo Alice offenbar alles Gute des Familienzweigs geerbt hatte, war bei ihrem jüngeren Bruder nicht mehr viel davon angekommen. Davon konnte er sich jetzt wirklich ein Eis backen. Denn sie ging mit Archie Prittchard aus, nicht mit ihm, und Peter Pettigrew war noch nie gut darin gewesen, um etwas ernsthaft zu kämpfen. Wie denn auch? Wenn man sich nicht gut genug für den Preis war? „Oh,“ wiederholte er exakt so, wie sie gerade noch ihre Überraschung verpackt hatte, und seine Augen suchten die Kiesel im Dreck zu seinen Füßen. „Ja, dann,“ musste er eine Pause machen und sich das Lächeln wieder aufs Gesicht zwingen, „wünsch' ich dir viel Spaß!“

Sie machte tatsächlich Anstalten, sich ernsthaft entschuldigen zu wollen, und da waren hektische Fleckchen unter ihren Lidern, was beides zusammen dieses nun wieder aufkeimende Gefühl von Schwere und gleichzeitiger Inhaltslosigkeit nur immenser werden ließ. Auf keinen Fall wollte er das. Mit aller Gewalt, die er aufbringen konnte, drückte Pettigrew sich ein Grinsen auf und lachte sie an, auch wenn ihm innerlich davon alles weh tat. „Tja, also dann!“ winkte er schon wieder genau wie zur Begrüßung, und die zufriedene und satte Meute grüßte ihm erneut zu, schon nach ihr rufend. „Mach's gut, Pete!“ brüllte Gideon hinauf, bevor sein roter Haarschopf direkt neben dem seines Bruders unter einen Mauervorsprung tauchte.

Noch überlegte sie, noch war das ein Hin und Her, ob sie akzeptieren sollte, was er ihr da vorspielte, oder ob sie es als Lüge entlarven sollte und konnte (vielleicht war ja auch alles OK und sie bildete sich das nur ein – sie, Mafalda Gainsworth – das langweilige Mädchen mit den Locken und dem blöden Kichern und gleich zwei Jungs), aber dann gab sie sich einen Ruck, quiekste noch einmal und hüpfte mit springendem Rock davon, noch im Umrunden dieser langen Kurve „bis dann, Peter!“ trällernd. Und dann war sie fort. „Ja,“ sagte Pettigrew mehr zu sich selbst. „Bis dann. Oder so.“

Ob er noch lange dort an jener Stelle verharrte, daran konnte er sich im Nachhinein gar nicht mehr recht erinnern. Schon als er die Scheune verließ, hatte er so wenig auf seine Umgebung geachtet, dass er nicht hätte sagen können, wie hoch die Sonne gestanden hatte, wie lichterloh sie Godric's Hollow beschienen hatte oder wie viele Schritte und Stimmen er auf den Wegen gehört hatte. Längst verstummt allerdings für seine Ohren waren die Prewetts, Frank und Alice, ihr Bruder, seine neue Begleiterin, Em und Dennis und wer sonst noch dabei gewesen war, als Peter sich endlich, beide Fäuste wieder in den Taschen, losriss und den Pfad erklomm, der zwischen der Hecke und einem kleinen Gemüsegärtchen von gegenüber hindurch auf die Felsen zuhielt, dort oben nur noch das letzte Haus des Dorfes, das der Potters.

Ganz verschwommen die Sicht, nach innen gekehrt, öffnete Peter geistesabwesend das niedrige Holztörchen, schritt hindurch und ließ es wieder ins Schloss fallen, stapfte den gekiesten Weg hinunter bis zur Haustür. Ob er geklopft hatte? Wusste er nicht so recht, doch herein gebeten hatte man ihn. James war es, sich fast überschlagend, so gut gelaunt klang er, und Pettigrew tapste in die hübsche Wohnstube mit Kamin und Sitzecke, wo direkt voraus, nur durch offenes Fachwerk abgetrennt, sich die Küche präsentierte. Abgefertigt schon zwei Lagen an besonderen Gästen, von denen man in Ruhe hatte Abschied nehmen wollen, und so wie das dort aussah, bereitete man sich gerade auf die wichtigste und letzte Runde vor.

Charlus war dort, brühte Tee auf, leise vor sich hin summend, und der frisch gebackene Ehemann in Anzughosen und leger getragenem Hemd verteilte saubere Teller auf dem langen Speisetisch. „Morgen, Wurmi!“ rief er zu ihm herüber und drückte sich die Brille fester gegen die Nase, offenbar selbst nicht so ganz klar in der Birne. So richtig antwortete Pettigrew nicht, reagierte nur mit einem brummenden „hm“, als Lily die Treppe herunter gestoben kam und ihn stürmisch, sich halb bücken müssend, auf die Schläfe knutschte. „Hi, Pete!“ freute sie sich ebenso, das kupferrote Haar offen ohne jegliche Spange, bevor sie gleich in einer Art Schweinsgalopp zu ihrem Gatten eilte.

Viel zu beschäftigt, alle miteinander, um wirklich Zeit für einen kränkelnden Saufkopf zu haben. Und er hatte gedacht, es würde vielleicht anders werden, wenn dieser ganze Rummel erstmal vorbei war. So seltsam, all das. Und keinen Schimmer, ob diese wirren Ahnungen jemals vorüber gehen, jemals eine Lösung finden mochten. Sich ein wenig zwischen ihnen hindurch stehlend, suchte Peter sich ein Plätzchen, an dem er nicht im Wege stand bei den Vorbereitungen für den Brunch, hatte kein Auge für Pfannkuchen und Waffeln, Speck und Eier, Orangensaft und Tee, Sirup und Blaubeermarmelade. Verführerisch roch das, ja, aber ihm war gar nicht recht nach Essen.

Einen Sommer lang hatten sie hier jeden Morgen gefrühstückt, als Dorea noch da gewesen war, immer von der Scheune herüber gelaufen, hier durch die grün angestrichene Klöntür und an die Tafel, bevor es irgendwohin ging, Fliegenfischen, Hirsche Beobachten, Pilze Sammeln, Dämme Bauen auf der Festwiese am Bach. Diesen Garten liebte Peter, mindestens genauso sehr wie die staubige Monkshood Alley in Nether Poppleton und das Kino in Heslington. Weil es, weil das Cottage, weil das Eiscafé, weil Professor Lupins Bibliothek Orte waren, an denen er Geborgenheit verankert hatte, eben durch diese Jungs hier, und er war sich sicher, dass es ihnen ganz genauso ging. Aber die Zeit stand eben nicht still. Man konnte nicht immer ein kleiner Junge bleiben, der auf dem Bürgersteig hockte und an einem Brauselutscher sog. Frei. Ungebunden. Bedingungslos. Und unschuldig.

Aber genauso verhielten sie sich. So ähnlich in der Körperhaltung, was merkwürdig war, noch merkwürdiger als ohnehin schon, diese Sache, schlenderten Remus und Sirius von der Scheune herüber. Nach vorn gebeugt, die Hände in den Hosentaschen, aber nicht niedergeschmettert oder verlegen, nicht so gedrückt wie er es getan hatte, sondern sich unterhaltend dabei, leise lachend sogar. Der eine in Schwarz, der andere in Champagner, weiße Hemden dazu, definitiv mittels Magie geglättet, und keiner hatte sich die Mühe gemacht, die Haare zu ordnen. Dem einen standen sie im Nacken hoch, dem anderen sträubte sich der Schnauzbart, und trotzdem kein Anhalt für Verwirrung oder Reserviertheit. Und auch nicht anders als sonst. Freundschaftlich. Vertraut. Wie immer.

Er würde es herunterschlucken. Hatte einfach nichts gesehen, nichts mitbekommen, wollte das auch gar nicht. Egal, wie wenig Black und Lupin davon berührt zu sein schienen, wie sie da eine Welt auf den Kopf gestellt hatten, ihm würde das viel schwerer fallen. Und er wollte nicht darüber reden, keine Erklärungen oder sonstwas hören. Es würde nichts daran ändern, wie durcheinander er war. Weil er eben nicht wusste, was es für ihn bedeutete, bedeuten sollte oder überhaupt nur konnte.

Links neben ihm hielt James seine Lily im Arm, in einem seiner Hemden unterwegs, und sie kicherten und strahlten. Und die taubenetzte Wiese überquerend, gondelten Remus und Sirius locker und fröhlich, befreit und ohne eine Last, die enorm drückend sein sollte, auf die Küche zu. Nur Peter lehnte sich gegen die Anrichte und schaute hinaus, ohne den traumhaften Septembertag genauso aufzusaugen.


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